— 177 —
fuhrartikel sind: Seide und Seidenwaren, Thee, Reis, Kampfer,
Kupfer, Porzellan, Lack- und Papierware!?.
Japan zählt auf einem Flächenraum von 417 000 qkm 45 Mil
lionen E., ist also dichter bevölkert als das Deutsche Reich. — Die
Japaner (Bild 58) sind -— im Gegensatze zu den stammverwandten
Chinesen — dem europäischen Einflüsse leicht zugänglich, sehr gut
begabt und ungemein strebsam, die Errungenschaften der christlichen
Bild 58. Heiden in Japan bei einer religiösen Feier.
Civilisation sich anzueignen. Darum haben sich in Japan so schnell
wie in keinem andern asiatischen Staate europäische Sitten und Ein-
richtungen eingebürgert. Eisenbahnen und Telegraphen durchziehen
das Land; überall erstehen Fabriken; die Staatsverfassung und
Verwaltung, das Heer- und Unterrichtswesen sind nach europäischem
Muster eingerichtet. In ihrem Wesen freundlich und zuvorkommend,
doch mit Würde und Selbstbewußtsein, können die Japaner durch ein
ausgesprochenes Gefühl für Anstand und Schicklichkeit manchem
Europäer zuin Vorbild dienen.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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— 203
Portugal besitzt einen Teil von Senegambien sowie Angola,
das große Gebiet südlich der Kongomündung.
Der uuter der Souveränität des Königs der Belgier stehende
Kongo st aat (auf 2 250 000 qkm und 14 Mill. E. geschätzt)
reicht nur mit einem schmalen Streifen bis an die Mündung des
Kongo, breitet sich aber in Centralasrika über den größten Teil
seines Stromgebietes aus.
(Bodenbeschaffenheit, Klima und Produkte der aufgezählten Ge-
biete sind zumeist ähulich wie in Kamerun, siehe unten.)
Deutsche Schutzgebiete sind: 1. Togo, 2. Kamerun,
3. Deutsch-Südwestafrika.
Togo (82 000 qkm und 21/4 Mill. E., darunter etwa
100 Deutsche) liegt in Oberguinea zwischen der englischen Goldküste
und dem französischen Dahome. Die Küste, nnr etwa 60 km lang,
ist wegen der heftigen Brandung schwer zugänglich. Nach innen
steigt das Land allmählich zu einer fruchtbaren, wohlbebanten Hoch-
ebene und gut bewaldeten Gebirgszügen an. Die wichtigsten Er-
zeugnisse sind Palmöl, Palmkerne und Kautschuk. Haupthafen ist
Klein-Popo (5000 E.), Regierungssitz Lome (4000 E.).
Kamerun (zu 495 000 qkm, also fast so groß wie das Deutsche
Reich, und 3 Mill. E. geschützt, unter denen 250 Deutsche) liegt
am innersten Teil des Guiueabusens zwischen Französisch-Kongo und
Britisch-Nigerland. Die Ostgrenze bildet im allgemeinen der 15.°
östl. L. von Greenwich bis zum Tsadsee. Nach seiner Oberflächen-
gestalt besteht Kamerun aus einem schmalen, sumpfigen, feucht heißen
und ungesunden Küstengebiet, das von einem Urwaldgürtel umschlossen
wird. Jenseits desselben erhebt sich ein grasreiches, ziemlich gesundes
Hochland, das im Norden zu dem Gebirge von Adamaua ansteigt.
Doch steigt auch aus dem Küstenlande das vulkauische Kamerun-
gebirge (4000 in) empor. Die zahlreichen Flüsse sind wegen der
Stromschnellen nur streckenweise schiffbar. Die wichtigsten Ausfuhr-
artikel sind Kautschuk, Palmöl, Palmkerne und Elfenbein. In neuester
Zeit sind mit wachsendem Ersolg Kakao- und Kaffeepflanzuugen an-
gelegt worden. Handelsmittelpunkt und Regierungssitz ist Kamerun.
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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— 207
Nördlich schließt sich daran das deutsche Schutzgebiet Deutsch-
Ostafrika (941000 qkm, also fast zweimal so groß als Deutschland,
und 3 Mill. E., darunter etwa 700 Deutsche). Das Gebiet erstreckt
sich an der Küste vom Rovuma bis zum Wangafluß und landeinwärts
über den Kilima-Ndscharo quer durch den Victoriasee und entlang
dem Tauganyika- und Nyassasee. Die politischen Grenzen sind:
Im Norden Britisch-Ostasrika, im Westen der Kongostaat, im Süden
Britisch-Centralasrika und der portugiesische Freistaat von Ostafrika.
Bild 75. Abessinier (König Menelik Ii.). und reichlichen Ertrag. Bei dem
lichen Verkehrsweges in das Innere kann der in Aussicht genommene
Bau einer Eisenbahn für die Erschließung des Landes und Förderung
des Handels von großer Bedeutung werden. Ausfuhrartikel siud: Elfen-
bein, Kautschuk (verdickter Saft einer Schlingpflanze), Kopal (bernstein-
artiges Harz) und Tabak. Der Regierungssitz ist Dar-es-Saläm
mit 6000 E. (Bild 74). Größere Handelsplätze sind: Tanga (4000 E.),
Pangani (4000 E.) und vor allem Bagamoyo (10000 E.).
Britisch-Ostasrika (über 1 Mill. qkm mit angeblich
6 Mill. E.) umschließt das Saud nördlich von Deutsch-Ostafrika bis
zum Jubfluß. Hauptort ist Mombasa (15 000 E.).
Das Kaiserreich Abessinien (Habesch) (508 000 qkm, 41f2 Mill.
E.) auf dem mächtigen, schwer zugänglichen Hochland gl. N. ist ein
Wie Kamerun, so hat auch
Deutsch-Ostafrika einen schmalen,
stark bewässerten, fruchtbaren,
aber ungesunden Küstenstrich, dem
sich nach innen ein grasreiches,
von Gebirgen durchzogenes Hoch-
land anschließt. An der Nord-
grenze erhebt sich die vulkauische
p fruchtbar. Die Anpflanzung von
Kaffee und Tabak verspricht guten
Masse des Kilima-Ndscharo bis
zu 6130 m. Das Gebiet ist
vollständigen Mangel eines natür-
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Tauganyika- Süden
Britisch-Centralasrika Ostafrika Britisch-Ostasrika Deutsch-Ostafrika Mombasa Abessinien Kamerun Deutsch-Ostafrika
— 200 —
zerstörten frühern Hauptstadt Chartum gegenüber angelegte Omdnr-
man, nnweit des Znsammenflusses des Weißen und Blauen Nils.
Das eigentliche Ägypten breitet sich am Mittel- und Unter-
lause des Nils aus; es reicht östlich bis zum Roten Meere, westlich mit
unbestimmter Grenze bis in die Libysche Wüste. Den Kern des Landes
bildet das Nilthal, das in Oberägypten nur eine Breite von 15 bis
20 km hat, in Unterägypten aber mit der Spaltung des Stromes sich
bedeutend erweitert. Nur das Nilthal (ungefähr 30 000 qkm)
ist anbaufähig; die regelmäßigen jährlichen Überschwemmungen
Bild 72. Pyramiden.
erzeugen eine außerordentliche Fruchtbarkeit. Die wichtigsten Pro-
dnkte sind: Baumwolle, Getreide, Reis und Zucker. Der Handel
hat dnrch die Erbauung von Eisenbahnen wie auch durch Eröffnung
des Sueskanals in neuester Zeit einen lebhaften Aufschwung genommen.
Die Bevölkerung — an 10 Millionen auf 1 Million
qkm — ist in Unterägypten am dichtesten, wo auf 1 qkm un-
gefähr 250 Menschen treffen. Mehr als 3/4 der Bewohner bilden
die Fellachen (— Pflüger), größtenteils Taglöhner. — Herrschende
Religion ist der Islam; doch giebt es über 1/2 Million Christen,
zumeist Kopten, daneben an 60 000 Katholiken.
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— 202 —
welche in früher Jahreszeit nach Europa versandt werden, ferner von
Getreide, Wein, Olivenöl, Vieh, Korkholz und Halfa, d. i. Steppen-
gras, welches zur Papierbereitnng verwendet wird. — Die Haupt-
stadt Algier (alsche, arabisch El-Dschesair) mit 92 000 E. steht in
lebhafter Handelsverbindung mit Marseille. — Andere größere Orte
sind: Oran mit 81 000 und Konstantine mit 48000 E.
Marokko
(812 009 qkm und 8 Millionen E.)
ist ein Snltanat, dessen mohammedanische Einwohner dnrch ihren
wilden Haß gegen die Christen berüchtigt sind. Das Land ist mit
Ausnahme des südlichsten Teiles sehr fruchtbar, wird aber schlecht ver-
waltet. — Hauptort ist das gewerbereiche Fes. zugleich wichtigster
Handelsplatz des Innern, mit etwa 150 000 E. Von dieser Stadt
haben die roten türkischen Mützen ihren Namen. — Die alte Haupt-
stadt Marokko (ca. 50 000 E.) liegt prächtig am Fuße des schnee-
bedeckten Atlas. — Tanger (20 000 E.), unfern der Straße von
Gibraltar, ist der bedeutendste Seehandelsplatz.
West- und Südafrika.
Mit Ausnahme der Negerrepnblik Liberia an der Pfeffer-
küste (85 000 qkm und 2 Mifi. E.) ist das ganze Gebiet in den
Händen europäischer Mächte.
Frankreich besitzt: 1. Senegambien und dessen Hinterland
am Niger bis zu der bedeutenden Karawanenhandelsstadt Timbnktu,
2. die Elfeubeiuküste und Dahoine in Oberguinea, 3. Französisch-
Kongo in Niederguinea.
Zu Großbritannien gehört: 1. das Land am untern
Gambia, 2. Sierra Leone, 3. die Goldküste, 4. Lagos mit der
lebhasten Handelsstadt gl. N. (37 000 E.) und das Gebiet des
untern Niger, 5. die Kapkolonie und Natal, endlich 6. Britisch-
Süd- und Centralasrika, das sich vom Kapland nordwärts bis
Deutsch-Ostafrika und dem Kongostaat erstreckt.
1
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
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Extrahierte Personennamen: Sierra_Leone Lagos
Extrahierte Ortsnamen: Europa Algier Marseille Marokko Marokko Tanger Negerrepnblik_Liberia Frankreich Niger Karawanenhandelsstadt_Timbnktu Oberguinea Niederguinea Gambia Niger Deutsch-Ostafrika
203
Allgemeiner Ucberblick.
Uebungen — waren mehrere Spiele — wie die pythischen — aus-
schließend, oder wenigstens vorzugsweise, gewidmet. Zwar erlangte
niemals der Dichter, der die beste Hymne gesungen, oder der Tonlünst-
ler, der die schönste Melodie erdacht, die ausschweifende Lobpreisung
Desjenigen, der am schnellsten das olympische Stadinm durchlaufen (*):
aber dennoch Ruhm genug, um die Seele der Preiswerber durch Nach-
eiferung zu entzünden, und ihr Genie znm kühnsten Fluge zu starken.
Zudem waren solche Spiele für sich selbst, als Schauplaze aufgereg-
ter Leidenschaften, so wie unverhüllter Menschenformen und lebendi-
ger Kräfte, als Versammlungspnnkte ungezählter Volkshaufen ans
alten Ländern der griechischen Zunge, auch für die trägste Phantasie
erhebend, für die reizbare begeisternd. Endlich fanden hier der Redner,
der Philosoph, der Historiker, so auch der bildende Künstler, die herr-
lichste Gelegenheit, die Schöpfungen ihres Genies — wenn sie auch
ohne Beziehung auf den eigentlichen Wettkampf waren — einer ge-
drängten und geschmackvollen Versammlung vorzulegen, und durch
ihren lohnenden Beifall zu neuer Anstrengung sich zu ermuntern.
Von diesen griechischen Spielen waren die r ö m i sch e n durchaus
an Charakter und Zweck verschieden. Die griechischen Athleten waren
freie Bürger; an einigen Spielen nahmen die vorneh msten Män-
ner, ja selbst Könige der griechischen Zunge, wenigstens durch Stell-
vertreter, Theit. Bei den Römern waren die Spiele blose Volksbe-
lustigung, die durch gedungene Leute vom niedrigsten Pöbel oder durch
abgcrichtete Sklaven geschah. Anstatt, wie bei den Griechen, die edle
Ruhmbegierde zu entzünden, durch Wetteifer das Talent zu erhöhen,
und ein Band der Vereinigung für freie Völker zu scyn, bewirkten
die römischen Spiele späterhin das Vergessen der Freiheit, und nähr-
ten zugleich die Frivolität und die Barbarei des Charakters. Von
den Ausschweifungen und den selbst staatsvcrderblichen Faktionen
des Circus wird noch in der späteren Kaisergeschichte die Rede seyn.
Eine noch schärfere Rüge verdienen die amphitheatralischen
Spiele, welche wir schon in den Zeiten der Republik in ihrer empö-
renden Abscheulichkeit erblicken. Im 490stcn Jahre nach Erbauung der
Stadt wurden znm erstenmal öffentliche gladiatorische Spiele gege-
den. Als eine barbarische Privatleichenfeier waren sie schon von
(*) Wahrhaft abenteuerlich ist die Ehre, die solchen olympischen Siegern
widerfuhr. Sie wurden von den größten Dichtern besungen, in die Annalen
verzeichnet, im Triumphgepränge von ihren Mitbürgern eingeholt, oft mit
reichen Gaben belohnt und lebenslang verehrt. Es war unmöglich für den
Retter des Vaterlandes niehr zu thun. Aber gerade durch solche Ver-
herrlichung der olympischen Sieger übte und vervollkoirmmete sich die bildende
und redende Kunst.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Schöne Künste und Wissenschaften. 287
Das Detail der Kunstgeschichte überlassen wir den Acsthetikern.
Unserem Zwecke mögen weinige Säze genügen.
1) Von eben so rohem Anfänge, als bei den barbarischen Völkern,
ging die griechische Kunst ans. Phönizier mögen sie etwas
verbessert haben. Aber ihre eigentliche Weihe und ihre charakteristi-
sche Gestalt erhielt sic durch die Mythologie oder durch die Göt-
ter- und Heroen-Geschichte, welche ihrerseits der Poesie den Ur-
sprung dankte. Was Phidias laut bekannte, daß er das Ideal sei-
nes olympischen Jupiter in Homer gefunden, das mochte von allen
griechischen Künstlern gelten. Nicht die Natur, die sie umgab, so an-
muthig sie war, nicht die Menschengestalten in Hellas, so schön sie
sich entfalteten, wurden hie Modelle ihrer Werke. Etwas Höheres,
was nur in der Dichterphantasie, nicht in der Wirklichkeit lag,
schwebte als Urbild den Künstlern vor, und ließ sich selbst in jenen
Gestalten erkennen, deren äußeren Umriß oder deren einzelne Züge
sie von Sterblichen entnommen.
2) Die Kunst war nach ihrer Anwendung und ihren Gegenstän-
den ganz oder größtcntheils öffentlich. Nicht zur Ausschmückung
von Privathänsern, zur Befriedigung der Liebhaberei oder der Laune
der Reichen, sondern einzig und allein zum öffentlichen Genuß
und zum öffentlichen Bedürfniß arbeitete sie. Die Kunst wurde,
fo wie die Wissenschaft, als etwas Hohes, dem ganzen Volke oder
der Menschheit Angehörigcs betrachtet; und so konnten auch ihre
Produkte nicht Privateigenthum seyn. Sie erbaute Tempel für Göt-
ter; Hallen, Theater, Gymnasien, Odeen für's Volk und die Ma-
gistrate; sie verherrlichte solche Gebäude und die öffentlichen Pläze
durch Statuen der Götter und Heroen oder der Sieger in Kampf-
spielcn, durch Abbildung mythologischer und Helden-Geschichten, durch
sinn - und geschmackvolle allegorische Verzierung; gewöhnlich auf
öffentliche Anordnung, oft auch auf jene von Privaten, welche die
Andacht zu Weihgeschenken, patriotische Freigebigkeit oder Eitelkeit
zur Errichtung von Denkmalen trieb. Es ist wohl begreiflich, daß
solche Zwecke und Darstellungen geeigneter seyen, den Künstler zu be-
geistern, als die knechtische Arbeit im Dienste von Privaten oder zu
alltäglichem und unedlem Gebrauche. Indessen hatte freilich der all-
gemeine Kunstsinn der Nation auch ans geringere Produkte, auf Ge-
räthsehaften und Fabrikate Einfluß; selbst der Gcwerbsmann in Grie-
chenland arbeitete mit Geschmack. Die Schmeichelei gegen die Ge-
waltigen, denen man Statuen bei ihrem Leben schon errichtete, und
die Portraitmalerei, endlich der überhandnehmende Lnrus führten die
Kunst allmälig auch in'ö Privatleben ein. Jedoch im eigentlichen
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
202
Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft.
Nicht blos die eigentliche Tonkunst wurde darunter verstanden; ge-
wöhnlich rechnete man auch Deklamation, Tanz und Geber-
dcnspiet, Poesie und Redekunst dazu (*); oder überhaupt alle
geistige Uebungen (daher die uyooyss /jcva/Kc), im Gcgensaze
der yvvvty.c'y, oder endlich in noch größerer Allgemeinheit Alles,
worauf sich der Begriff der Harmonie natürlich oder figürlich au-
wenden laßt, sonach fast das ganze Gebiet sowohl der spekulativen
Wissenschaften, als der praktischen Philosophie und die wirkliche Tu-
gendübung. Diese schwärmerische Erweiterung des Begriffes galt vor-
züglich in der pythagoreischen Schule, wie wir unten bemerken wer-
den. Für sezt haben wir nur von der Tonkunst zu reden.
Schon in frühen Zeiten lernten die Griechen dieselbe kennen,
im Geleite der Poesie und der sanfteren Gesittung. Die ältesten Dich-
ter und so auch die meisten ihrer Nachfolger waren zugleich Tonkünst-
ler, was den Eindruck ihrer Gesänge verstärkte. Daher der Musik
nicht minder, als der Dichtkunst die erste Civilisirung der Nation
zugeschrieben wird. Deßwegcn, und weil man ihre mächtige Wirkung
auf die Gemüther fortwährend erkannte, hielten die größten Gesezge-
der und einsichtsvollsten Magistrate für uothwendig, sie durch Anstal-
ten und Verordnungen zu begünstigen, und nn't Strenge über ihrer
Erhaltung zu wachen (**). Man gebrauchte sie beim Gottesdienste,
bei Volksversammlungen, bei jeder öffentlichen und Privatfeicr; un-
wissend darin zu seyu, war Schande. Aber ihr Charakter war Würde
und Ernst, Vergnügen nur ein untergeordneter Zweck. Den Sturm
der Leidenschaften sollte sie besänftigen, nicht erregen. So wurden bei
Gastmalen Götter- und Heldenhymnen gesungen, um die Ausschwei-
fungen des Trunkes zu verhindern; so folgte eine Zahl Flötenspieler
den Spartanern in die Schlacht, um den Ungestüm der jungen Krie-
ger zu mäßigen u. s. f. Bei solcher Anwendung schien auch wichtig,
den wohlbcrechneten Erfolg durch unveränderte Beibehaltung dersel-
den Instrumente, Tonarten und Saugweisen zu sichern. Aber die
Einführung der Musik auf das Theater, mehr noch der allgemein ein-
reißeude Hang des Vergnügens, änderte nach und nach ihren Cha-
rakter. Die Musik wurde künstlicher, vollkommener, aber auch wei-
cher, üppiger, gefährlicher für Phantasie und Herz. Solche Aende-
(*) Die Wunder, die man von der Musik erzählt, konnten nur von der
vereinten Wirkling jener Künste herrühren. So muß die Mythe von der
Lever Amphion's, so die Sage von Terpander, der durch die Musik
einen Aufruhr dämpfte, verstanden werden.
(**) Plato behauptete, daß Neuerungen in die Musik einführen so viel
heiße, als die Grundfesten des Staates erschüttern.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
223
Kultur überhaupt.
Feine Formen , Ucbcrsiuß an Bildungsanstalten, Politur der Sitten;
aber wenig Leben, lauter Maschinenartiges und Armuth an Geist und
Herz. Nicht also die Griechen. Keine Kraft, weder der Seele noch
des Körpers, blieb unentwickelt (*), keiner war die Form der Ent-
wicklung vorgeschriebe«; jeder Bürger, jede Gemeinde war selbststän-
dig, und aus dem bauten Gemische der persönlichen und der Votkscha-
raktere ging als allgemeiner Charakter die Regsamkeit, Vielseitigkeit,
das stolze Selbstgefühl und das rivalisirende Streben nach Vervoll-
kommnung hervor.
2) Dieses Alles ist schon vielmal gesagt worden; aber es ist der
Wiederholung werth. Nicht zu oft kann die Freiheit gerühmt werden.
Einige der neuesten Schriftsteller, um ja nicht zu sagen, was andere,
haben das Verdienst der griechischen Kultur lediglich oder doch vorzüglich
der — Poesie zugcschricbcn. Allerdings hat dieselbe Vieles gewirkt
(s. das folgende Kapitel Iii. und schon I. B. S. 306.), aber darum
Alles? — Sie hat der griechischen Kultur einen eigenen Ton und
einen höheren Schwung gegeben, sie aber nicht erschaffen. Ja sie selb st
war ein Kind der Freiheit, oder doch des Freiheitsinn es. Die älte-
sten Dichter sangen in Zeiten noch ungebündigter Natursreiheit, und ein
Homer, wiewohl er theoretisch die Fürstenmacht verthcidigte [f. Jl. Ii.
204.] (doch lebte er gerade in der Periode ihres Sturzes in Grie-
chenland), würde wohl so wenig, als seine großen Nachfolger unter
einem Sklaveuvolke erstanden, oder doch ohne mächtige Wirkung für
ein solches geblieben seyn. Anstatt allso die Poesie zur Hauptquclle der
griechischen Kultur zu machen, mögen wir lieber behaupten, daß der
allzupoetische Sinn der Griechen, während dem er den Künsten
förderlich war, die ernsten Disciplinen in ihrem Fortgange zurückgc-
halten habe, und daß durch ihn die Kultur zwar ästhetischer, schimmern-
der, aber minder solid, ja zum Theil frivol geworden.
3) Auch mittelst der Religion, welche großcntheils aus Poesie
hcrvorgegangen, hat leztere die Eigenthümlichkeit der griechischen Kultur
bestimmt. Wir kennen diese griechische Religion (s. B. I. S. 272 ff.),
wir wissen, wie sehr sie in's Privat- und iu's öffentliche Leben Angriff,
aus die Poesie selbst, von welcher sie ihre Gestaltung empfangen, ver-
edelnd zurückwirkte, den Künstlern Stoff und Begeisterung gab, und
die Menschen durch einen fortwährenden Zauber in einer Welt von
Göttern und Halbgöttern erhielt. Allerdings erhebend für's Gefühl und
. (*) Hievon machen etlicl'e Staaten, die, wie Sparta, eine auf ein-
seitige Zwecke berechnete Gelezgebung hatten, eine Ausnahme. Auch gab
es Stämme, wie die Aetolier, deren hartnäckige Wildheit die Kultur
nicht aufkommen ließ.
Ii.
15
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
260
Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft.
§. 10. Beredsainkeit.
Nicht minder, als durch die Dichtkunst glanzten die Griechen
durch Beredsainkeit hervor. Wenn jene in einer glücklichen Na-
turanlage und in der Harmonie der schönsten, klangvollsten aller
Sprachen eine mächtige Begünstigung fand: so war diese vorzugs-
weise die Frucht der freien Verfassung. Gleichwohl hob sich, bei
der Leidenschaft der Griechen für Poesie, die Prose nur langsam; selbst
Gescze wurden in Versen abgefaßt. Empedoklcs und Parmeni-
dcs trugen die Lehrsäze ihrer Philosophie in dichterischer Sprache vor.
Endlich bewirkten Pherccydes aus Scyros und Kadmns von Milet
die Aufnahme der ungebundenen Rede. Schriftsteller aller Art, be-
sonders Geschichtschreiber, vervollkommneten sie, und die lebendige
Beredsamkeit blühte auf in Volksversammlungen, Senaten und Ge-
richten. Auch die Redekunst gedieh, und verstärkte die Kraft der
natürlichen Suade. In Sicilien stiftete Korar von Syrakus die
erste Schule der Rhetorik; bald kamen ähnliche in Griechenland auf.
In diesen, wie in den philosophischen. Schulen herrschten aber nur
allzulang die Sophisten, welche mit ihrer spizfindigen und feilen
Kunst dem Verstand und Herzen schadeten. Gorgias vor den meisten
Anderen war berühmt in derselben, und erwarb sich großen Reichthum.
Die edlere Beredsamkeit siegte jedoch im Ganzen, und auch hier, wie
sonst allenthalben, hat der Ruhm Athens den der übrigen Griechen
überstrahlt. Kaum mögen neben den athenischen Rednern noch
andere genannt werden.
Wir haben der merkwürdigsten unter denselben — von Solon
und Pisistratus an durch alle Zeiten der Freiheit —, als eines
Thcmistokles, Perikles (des Donnernden), Alcibiades, Äschi-
nes, vor Allen aber des großen Demosthenes (*), theils in der
politischen Geschichte, theils in jener der Staatsverfassnng (S. 232)
gedacht. Auch Antiphon, Andocides, Lysias, Lykurgus, Dc-
m ades und viele Andere haben Ruhm erlangt; aber Mehrere schän-
deten denselben durch feile Gesinnung. Nicht also der ehrwürdige Iso-
krates, welchem jene zum Theil ihre Bildung verdankten. Isokra-
ste den Römern gefallen sollte, erheischte, konnte die Sitte anfkommen, die
Deklamation der Rolle davon zu trennen, und einem anderen Schauspieler
zu überlasten. Endlich machte die Vervollkommnung der Geberdensprache die
Deklamation ganz entbehrlich. Von dem Künstler Memphis wird behauptet,
daß er nicht nur leidenschaftliche Rollen, sondern sogar Lehrsäze einer abstrak-
ten Philosophie durch Mimik dargestellt habe! —
(*) Diesem herrlichen Manne hat Heeren (Ideen Iii. Thl. S. 411 f.)
ein würdiges Denkmal gesezt. Und auch Sich selbst. In der Auswahl der
Lieblingecharaktere spiegelt stch die eigene Seele des Schriftstellers.
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