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Inhalt: Zeit: Geographie
654
Deutschland.
allerlei Form unter einer Art von Zelten aufgestellt sind. Nach
der südöstlichen Seite des Platzes sind viele Buden erbaut, in
denen man die sogenannten Meßsehenswürdigkeiten zeigt, wahrend
in andern Getränke und Speisen zu haben sind und Trompeten,
Orgeln oder Leierkasten, Harfen, Geigen, Ausruferstimmen rc. auf
die bunteste Weise durch einander tönen. Die Ostermcsse führt
über 400 Deutsche, Französische, Englische und Dänische Buch-
händler hiehcr, welche alle hier ihre Kommissionäre und größten-
thcils ihre Niederlagen haben. Leipzig, wo allein an 00 Buch-
händler wohnen, ist die einzige Stadt Europa's, wo eine Buch-
handlermesse gehalten wird; und sehr bedeutend sind die Buch-
händlergeschäfte, die hier gemacht werden, so daß sie in die Millio-
nen gehen.
Leipzig sah zweimal in seiner Nahe Schlachten liefern, die
von den wichtigsten Folgen auf die Schickfale ganzer Völker waren.
Die erste dieser Schlachten siel im 30jährigen Kriege am 7. Sep-
tember 1651 zwischen den verbündeten Schweden und Sachsen un-
ter Schwedens berühmtem Könige Gustav Adolph, und den Kai-
serlichen und Truppen der Ligue unter dem bekannten Tilly, nörd-
lich von Leipzig bei dem Dorfe Breitenfeld vor, wonach sie
auch oft benannt wird. Keine der sich gegenüber stehenden Ar-
meen betrug über 56,000 Mann, und die beiden Heerführer wa-
ren die größten Feldherrn ihrer Zeit, beide bisher unüberwunden.
Anfangs lächelte in dieser Schlacht das Glück den Kaiserlichen,
indem die Sachsen bald geschlagen wurden und in Unordnung ent-
flohen, aber an den Schweden scheiterten alle Angriffe der Kaiserli-
chen; und zuletzt eroberten die Schweden die Anhöhen, auf denen
das feindliche Geschütz aufgestellt war, und richteten nun dieses auf
den Feind selbst. Dieser entflieht in wilder Flucht, die in völlige
Auflösung ausartet. Die ganze Artillerie, das ganze Lager! der
Kaiserlichen werden erobert, Tilly selbst wird beinahe gefangen,
verdankt feine Rettung bloß dem Ohngefahr und erliegt fast den
erhaltenen Wunden, mehr aber noch dem Schmerz, seinen Ruhm
zu überleben. Gering war der Verlust der Schweden, groß hin-
gegen der Kaiserlichen, deren bis dahin siegreiches Heer, das noch
kürzlich Deutschland in Schrecken gefetzt hatte, nach der Schlacht
sich ganz zersprengt befand. Dies war der erstere wichtige Sieg
der Protestanten in Deutschland über die Katholiken in offenem Felde.
Noch weit wichtiger und folgenreicher war die große Schlacht,
welche 182 Jahre spater, am 16ten, 18ten und 10ten Oktober
1815, auf Leipzigs Fluren, vorzüglich auf seiner Südostseite, zwi-
schen der Parde und Pleiße geliefert wurde, sich aber auch auf
einen Theil der nördlichen Umgegend Leipzigs ausbreitete. Man
nennt diese Schlacht mit Recht die Völkerschlacht, denn die
meisten Völker Europa's, namentlich Franzosen, Italiener, Deut-
sche, Oestecreicher, Preußen, Ruffen, Polen, Schweden kämpften
i /
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolph Gustav Tilly Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Leipzig Europa's Schweden Sachsen Schwedens Leipzig Sachsen Schweden Schweden Deutschland Deutschland Leipzigs Leipzigs Polen Schweden
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682
Deutschland.
reise vom Reichstage zu Worms nach Wittenberg begriffen war und
von Eisenach aus seine Verwandten in Möhra (einem Dorfe, wo-
her Luthers Vater war) besucht hatte, und von da aus über Alten-
stein in die Straße nach Waltershausen reisen wollte, auf Veran-
staltung des Kurfürsten von Sachsen, Friedrich des Weisen, von
zwei verkleideten Edelleuten und nebst 3 Knechten überfallen, und
nachdem man ihm die Mönchskutte aus - und ein Reiterkleid ange-
zogen hatte, in der Nacht heimlich auf die Wartburg gebracht wur-
de, wo er eine Zeitlang in Ritterkleidung, vor allen öffentlichen und
heimlichen Nachstellungen gesichert, im Verborgenen lebte; denn
kaum dort angelangt, erfolgte auch die Nachricht, daß ec und seine
Anhänger vom Kaiser Karl V. in die Neichsacht erklärt worden seyn.
Wöhlsdorf, kleines Dorf in dem Meiningischen Fürsten-
thum Saalfeld, unweit der von Rudolstadt nach Saalfeld füh-
renden Ehauffee, ist merkwürdig wegen des daselbst errichteten
Denkmales von Gußeisen des tapfern Prinzen Ludwig von
Preußen, der hier, beim Ausbruche des Krieges zwischen Frank-
reich und Preußen, am 10. October 1806 kämpfend siel. Es ist
von der Schwester des Prinzen, der Fürstin Louise von Radzivil
1823 errichtet worden, 255 Etr. schwer, 26 F. hoch, zu Berlin
gegossen und enthüllt die einfache Inschrift: „Hier siel kämpfend
für sein Vaterland Prinz Ludwig von Preußen." Um dasselbe
steht ein Halbkreis von hohen Pappeln. Dieser Prinz war ein
Sohn des Prinzen August Ferdinand (Bruders des großen Königs
Friedrichs Ii.) und 1772 geboren. Bei dem Kriege 1806 kom-
mandirte ec die Avantgarde und stand bei Saalfeld, um das
Saalufer zu decken. Ueberzeugt, daß die Franzosen ihn angrei-
fen würden, griff er selbst sie an, die weit stärker als er waren.
Bei dem unglücklichen Ausgange dieses Gefechtes für die Preußen
hätte er sich noch retten können; allein er blieb so lange im Hand-
gemenge, bis er zuletzt ganz allein in einem nahe bei Wöhlsdorf
befindlichen Hohlwege, an welchem das Denkmal steht, von feind-
lichen Husaren umzingelt wurde, nachdem ec sich schon einmal
durch die Feinde durchgehauen hatte. Ec würde sich vielleicht noch
einmal durchgehauen haben, wenn der Stern auf der Brust und
sein schönes Englisches Pferd nicht die Aufmerksamkeit der Feinde
zu sehr auf sich gezogen hätten und der Hohlweg nicht zu tief
gewesen wäre, um über den hohen Rand zur Teite wegsetzen zu
können. Die Feinde suchten ihn zu schonen und boten ihm Par-
don an, den er aber nicht annahm, worauf er einen Stich in
die linke Brust erhielt, während zugleich eine Pistolenkugel ihn
rückwärts vom Pferde stürzte.
Weimar, die Haupt- und Residenzstadt des Großherzog-
thums gl. N., an der Ilm, in einem Thale gelegen, zwischen
dem £ Stunde entfernten 1450 F. hohen Ettersberge im N.
und geringen Höhen im S., von denen das Lustschloß Belvedere
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
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Extrahierte Personennamen: Luthers Friedrich_des_Weisen Friedrich Karl_V. Karl_V. Ludwig_von
Preußen Ludwig Louise_von_Radzivil Ludwig_von_Preußen Ludwig August Ferdinand Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Wittenberg Eisenach Möhra Waltershausen Sachsen Wartburg Meiningischen_Fürsten-
thum_Saalfeld Rudolstadt Saalfeld Frank- Berlin Friedrichs Saalfeld Weimar
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Inhalt: Zeit: Geographie
699
Braunschwelg.
ßens, und stellte 42,000 Mann ins Feld. Don seinen Söhnen
folgte Karl Wilhelm Ferdinand ihm in der Regierung;
Friedrich August brachte das Schlesische Fürstenthum Oels an
die Braunschweigische Familie, und Leopold fand 1765 in der
Oder bei Frankfurt seinen Tod, da er aus Menschenliebe den von
der Wassersnoth Bedrängten helfen wollte. Karl Wilhelm
Ferdinand, der unter Deutschlands Fürsten eine ausgezeichnete
Stelle einnahm, ist zugleich als Feldherr bekannt, und zeichnete
sich schon im 7jahrigen Kriege unter seinem Oheim Ferdinand
aus. Allein auf diesen großen Mann, dessen Andenken in dem
Herzen seiner Unterthanen, die unter ihm einen seltenen Wohl-
stand erlangten, nicht verlöschen wird, stürzte sich am Abend sei-
ner Tage das Unglück in vollem Maße. Er sah sich als Greis
von 71 Jahren genöthigt, im Jahre 1806 das Preußische Heer
in die Schlacht bei Auerstedt zu führen. Wenige Wochen vorher
hatte ihn der Tod seines Erbprinzen erschüttert, und noch ehe die
Schlacht sich verbreitete, traf ihn eine Kugel an der Spitze seiner
Truppen an seinem Auge und verwundete ihn tödtlich. Er wurde
unter dem stiehenden Heere nach Braunschweig gebracht und auch
von da flüchtig, starb er am 10. November zu Ottensen bei Al-
tona. Das Herzogthum Braunschweig wurde von den Franzosen
besetzt, als ein erobertes Land behandelt, nach dem Tilsiter Frie-
den 1807 mit dem neugeschaffenen Königreiche Westphalen ver-
einigt, und so seinem rechtmäßigen Herrn, dem Prinzen Fried-
rich Wilhelm, einem Sohne des unglücklichen Herzogs, Karl Wil-
helm Ferdinands, entriffen. Bei dem 1809 zwischen Oesterreich
und Frankreich ausgebrochenen Kriege versuchte Friedrich Wilhelm
sich mit bewaffneter Hand wieder in den Besitz seines Herzogthums
zu setzen, und übernahm die Anführung eines selbst geworbenen
Truppenkorps, womit er den merkwürdigen, ruhmvollen Marsch
von der Gränze Böhmens bis an die Mündung der Weser machte
und daffelbe nach England überführte, wo er blieb, bis die
Schlacht von Leipzig 1813 Deutschland von den Franzosen be-
freite und das Königreich Westphalen auflöste. Kaum war der
Herzog in sein Land zurückgekehrt und hatte daffelbe wieder in
Besitz genommen, so arbeitete er dahin, Antheil an dem fernern
Kriege gegen Napoleon zu nehmen, und brachte eine bedeutende
Kriegesmacht zusammen; doch der zu Paris 1814 geschloffene
Frieden verhinderte für diesmal einen thätigen Antheil seiner
Truppen. Allein bald hot sich die Gelegenheit dazu dar, indem
durch Napoleons Rückkehr von der Insel Elba der Krieg 1815
aufs Neue entbrannte. Friedrich Wilhelm führte 7000 Mann
seiner Truppen zu Wellingtons Heere und starb am 16. Junius
4.815 in der Schlacht bei Quatrebras den Tod für das Vater-
land, nachdem er in demselben Jahre dem Deutschen Bunde bei-
getreten war.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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TM Hauptwörter (200): [T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Wilhelm_Ferdinand Karl Wilhelm Ferdinand Friedrich_August Friedrich August Leopold Leopold Karl_Wilhelm
Ferdinand Karl Wilhelm Ferdinand Ferdinand Wilhelm Karl_Wil- Karl Ferdinands Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleons Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Schlesische_Fürstenthum_Oels Frankfurt Deutschlands Ottensen Oesterreich Frankreich England Paris Elba
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Inhalt: Zeit: Geographie
928
Preußischer Staat.
diese heilige Beute zu entreißen. Um seinen Leichnam entbrennt ein
mörderisches Gefecht, und der entstellte Körper wird unter einem
Hügel von Todten begraben. Die Schreckenspost durcheilt in kurzer
Zeit das Schwedische Heer; wüthend über diesen Verlust verdoppelt
es seine Anstrengungen, schlagt den linken Flügel der Kaiserlichen
gänzlich, nimmt das feindliche Geschütz, bringt den rechten Flügel zum
Weichen, die Schlacht neigt sich zur Entscheidung, und das Schicksal
des Tages hangt nur noch an einem einzigen Augenblicke — Da
erscheint Mppenheim auf dem. Schlachtfelde, mit seiner Kavauerie von
Halle her eilend; eine ganz neue Schlacht fangt an; die errungenen
Vortheile werden den Schweden wieder entrissen. Allein als auch
Pappenheim in der Hitze des Kampfes von 2 Musketenkugeln durch-
bohrt siel, verschwand das Glück der Kaiserlichen, Bestürzung ergreift
ihre Reiterei, wahrend ihre Infanterie verzweiflungsvoll fortkampft.
Zum drittenmal setzen die Schweden über die Graben und zum drit-
tenmal werden die dahinter gepflanzten Kanonen erobert. Die Sonne
neigt sich eben zum Untergang, indem beide Schlachtordnungen au^
einander treffen. Heftiger erhitzt sich der Streit an seinem Ende,
Geschicklichkeit und Wuth thun ihr Äußerstes, in den letzten theuern
Minuten den ganzen verlornen Tag nachzuholen. Endlich setzen Nebel
und Nacht dem Gefecht eine Gränze, dem die Wuth keine setzen
will, und der Angriff hört auf, weil man seinen Feind nicht mehr
findet. Beide Kriegsheere scheiden mit stillschweigender Übereinkunft
auseinander, und jedes, für unbesiegt sich erklärend, verschwindet aus
der Gegend. Die Artillerie beider Theile blieb, weil die Rosse sich
verlaufen, die Nacht über auf dem Schlachtfelde verlassen stehen. Wal-
lenstein kam mit kaum 80 Reitern fliehend in Leipzig an, wohin ihm
am andern Morgen der zerstreute Überrest seines Heeres und seines
Geschützes beraubt, folgte. Von beiden Armeen lagen über 9000 todt
auf dem Schlachtfelde; noch weit größer war die Zahl der Verwundeten,
und unter den Kaiserlichen besonders befanden sich nur wenige, die aus
dem Treffen unverletzt zurückgekehrt waren. Gustav Adolphs Leichnam
fand man erst nach langem Suchen, von Wunden entstellt, von Ros-
sen zertreten, alles Schmucks selbst der Kleider beraubt, unfern der
Lützner Windmühlen, bei einem Steine, der vorher der große Stein
hieß, seitdem aber der Schweb en stein genannt wird.
Großgörschen ist ein Dorf, ß- M. von Lützen entfernt, und
nach demselben wird eine Schlacht benannt, die in dieser Gegend, nur
eine Stunde südlich von dem Schlachtfelde der Lützener Schlacht, am
2. Mai 1813 zwischen den Franzosen und den alliirten Preußen und
Russen vorfiel. Auf Seiten der Franzosen, die 115,000 Mann stark
waren, hatte Napoleon, und auf Seiten der 70,000 Mann starken
Alliirten Wittgenstein das Oberkommando. Die Alliirten griffen die
von Lützen nach Leipzig marschirenden Franzosen im Rücken und in der
Flanke an; der Kampf, der Mittags begonnen hatte, dauerte mit
A
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolphs Gustav Napoleon Wittgenstein
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Inhalt: Zeit: Geographie
930
Preußischer Staat.
hielt auch Wort. Zum Andenken an diese Rettung wird nun das Hufsi-
ten- oder Kirschfest gefeiert, welches sonst ein bloßes Kinderfest war, ge-
genwärtig aber zum allgemeinen Volksfest geworden ist, und viele Fremde
nach Naumburg führt. Die Kinder ziehen mit Fahnen und Musik,
unter Gesang vor die Stadt auf die Vogelwiese, wo sie mit Kirschen
beschenkt werden und sich dann auf verschiedene Weise belustigen.
Das Dorf Roßbach, 3 Stunden südwestlich von Merseburg, ist
weltbekannt durch die Schlacht, welche am 5. November 1757 im sieben-
jährigen Kriege hier geliefert wurde. Das Preußische Heer unter Frie-
drich dem Großen war nur 22,000 Mann, das feindliche aus Fran-
zosen und Reichstruppen unter dem Oberbefehl des Prinzen Soubife
stehende Heer hingegen 64,000 Mann stark, und doch siegten die Preu-
ßen mit einem ganz unbedeutenden Verluste. Die Feinde, in dem
Glauben, der König wolle sich zurückziehen, um ihrer Übermacht zu ent-
gehen, verließen ihre vortheilhafte Stellung, und dehnten sich links und
rechts über feine Flanken aus. Mit Erstaunen bemerkten sie, daß bei
diesen drohenden Vorbereitungen die Preußen mit Kochen beschäftigt wa-
ren, hielten diese Ruhe für Verzweiflung, und hofften, daß die Armee
sich ohne Widerstand zu Gefangenen ergeben würde. Allein mit Bli-
tzesschnelle brachen die Preußen ihr Lager ab, und gingen zum Angriff
über, indem ihre Kavallerie unter dem berühmten Seidlitz, hinter verber-
genden Anhöhen den rechten Flügel der Franzosen umging und ihn mit
solcher Gewalt angriff, daß in wenig Minuten die ganze weit stärkere
feindliche Reiterei über den Haufen geworfen wurde. Zugleich rückte die
Infanterie mit der Artillerie vor und eröffnete ein so wohl unterhalte-
nes Feuer, daß die Reichstruppen sogleich ihr Heil in der Flucht such-
ten. Die Franzosen, die noch Stand hielten, wurden jetzt ebenfalls in
der rechten Flanke angegriffen, und der rechte Flügel derselben, der schon
von aller Reiterei entblößt war, warf sich bald in völliger Flucht auf
den linken und verursachte eine schreckliche Unordnung, die durch die An-
griffe der Preußischen Kavallerie auf das furchtbarste vermehrt wurde.
Bald löste sich alles in wilder Flucht auf, nur einige Regimenter thaten
noch einen kurzen Widerstand; die bald einbrechende Nacht allein rettete
das fliehende Heer vom gänzlichen Untergange. Nur \\ Stunde dau-
erte diese Schlacht und bloß 7 Bataillons Preußen kamen in derselben
zum Feuern. Der Preußische Verlust bestand in 91 Todten und 274
Verwundeten, der Feindlichen hingegen in 10,000 Mann, worunter
7000 an Gefangenen. 63 Kanonen und alles was im feindlichen La-
ger sich befand, sielen in die Hände der Sieger. Nach allen Richtun-
gen flohen die Feinde in zersprengten Haufen; denn kein General hatte
an Bestimmung eines Sammelplatzes gedacht, so daß Friedrich für eine
ganze Zeit von dieser Seite nichts mehr zu fürchten hatte. Die Roß-
bacher Schlacht blieb von da an der Schimpf des Französischen Heeres.
Zum Andenken dieses Sieges ist auf dem Schlachtfelde jetzt eine ei-
serne Denkfaule errichtet.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_für Friedrich
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Inhalt: Zeit: Geographie
i
702 Deutsch land.
fern Besitze festgesetzt, als 1806 der Französisch-Preußische Krieg
ausbrach und ein französisches Heer Hannover von Neuem über-
schwemmte und es abermals aussog, bis 1807 der größte Theil
desselben mit dem neuen Königreich Westphalen vereinigt wurde.
Aber zu Ende 1810 nahm Napoleon einen großen Theil des Han-
növerischen von dem Königreiche Westphalen wieder ab und mach-
te ^ daraus Departements seines Französischen Kaiserreichs. Die
Völkerschlacht von Leipzig 1813 gab Hannover seiner angestamm-
Regentenfamilie zurück. 1814 wurde der bisherige Kurstaat zu ei-
nem Königreich Hannover erhoben, dessen Gebiet, vermöge des
Wiener Kongresses 1815, eine bedeutende Vergrößerung erhielt,
indem die Fürstenthümer Ostfriesland und Hildesheim, die Reichs-
stadt Goslar, ein Theil des Fürstenthums Münster und des Eichs-
feldes und die niedere Grafschaft Lingen von Preußen und einige
Aemter von Kurhessen an Hannover abgetreten wurden; auch er-
hielt es die Oberhoheit über die Grafschaft Bentheim, über das
Arembergische Amt Meppen und über einen Theil von Rheina-
Wolbeck, und trat dem Deutschen Bunde bei, wogegen es nur 2
Aemter und den größten Theil des Lauenburgischen an Preußen
überließ. Nach seines Vaters Tode 1820 bestieg der Prinz-Re-
gent, unter dem Namen Georg Iv. als König von Großbritan-
nien und Hannover den Thron, der schon 1819 die landständische
Verfassung des Königreichs Hannover vom I. 1814 dahin abgeän-
dert hatte, daß statt der einen Kammer, zwei gebildet wurden.
Nach dem 1830 erfolgten Tode Georgs Iv. ist Wilhelm Iv.,
der jetzige König, auf den Thron gelangt. Da derselbe als König
von Großbritannien nicht im Königreiche Hannover sich aufhält, so
vertritt dessen Bruder Adolph Friedrich, Herzog von Cam-
bridge (spr. Kembritsch), als Vizekönig, seine Stelle.
Braunschweig, die Haupt- und Residenzstadt des Her«
zogthums, liegt in einer großen, fruchtbaren Ebene, an der Ocker,
welche die Stadt in mehreren Armen durchfließt, ist statt der vori-
gen Festungswerke, jetzt von schönen Anlagen und Gärten umge-
den, und von 35,000 Menschen bewohnt. In diesen Anlagen
erhebt sich die 1823 errichtete 60 F. hohe eiserne Spitzsäule, auf
einem von 4 eisernen Löwen umgebenen Piedestale von Sandstein,
zum Andenken des am 14. Oktober 1806 bei Auerstädt verwunde-
ten Herzogs Karl Wilhelm Ferdinands und seines Sohnes, des
am 16. Iunius 1813 in der Schlacht bei Quatrebras gefallenen
Herzogs Friedrich Wilhem. Die größtentheils breiten und wohl
gepflasterten Straßen sind an den Seiten mit steinernen Platten
belegt und mit vielen großen ansehnlichen, aber auch noch vielen
altmodischen Häusern besetzt. Das vormalige Residenzschloß, der
graue Ho f genannt, wurde bei dem Aufstande am 7. September
1850 bis auf den linken Flügel eingeäschert. An seiner Stelle
wird jetzt ein ganz neues Schloß gebaut, dessen Bau schon weit
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TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Georg_Iv Wilhelm_Iv. Wilhelm_Iv. Adolph_Friedrich Friedrich Karl_Wilhelm_Ferdinands Karl Wilhelm Ferdinands Friedrich_Wilhem Friedrich
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Inhalt: Zeit: Geographie
926
Preußischer Staat»
sehrten Stiftsornate gekleidet, so wohl erhalten, daß man in den nur
wenig entstellten Gesichtszügen noch Spuren der Schönheit entdecken
kann, wodurch sie sich in ihrer Jugend ausgezeichnet hatte. In einer
andern Abtheilung des Gewölbes sieht man ein vor etwa 70 Jahren
gestorbenes Kind, welches man erst vor kurzer Zeit gestorben glauben
würde, wenn nicht die Inschrift am Sarge den Todestag anzeigte.
Dicht bei der Stadt ist der Brühl, ein mit Spaziergängen und
Alleen durchschnittenes Lustwäldchen, worin auch die Marmorbüste des
zu Quedlinburg 1724 gebornen, berühmten Dichters Klopstocks steht.
Merseburg, eine Stadt von 9000 E., an der Saale in einer
angenehmen Gegend, verspricht durch ihr äußeres Ansehen mehr, als das
Innere derselben gewahrt, und nur sehr wenige ihrer Hauser zeichnen sich
durch ihre Bauart Vortheilhast aus; auch sind die Straßen krumm und
enge. Am sehenswerthesten sind das Schloß, ein altes Gothisches Gebäude
von 3 Flügeln und die Domkirche, welche den vierten Flügel macht;
so daß Schloß und Domkirche zusammen ein Viereck mit 7 Thürmen
bilden, wovon 4 Thürme die Domkirche zieren. Die Orgel derselben
ist eine der größten Deutschlands, und hat 4 Klaviere, 60 Register,
und 4000 Pfeifen. Man zeigt auch, außer andern Alterthümern,
die Hand des Gegenkaifecs Rudolph von Schwaben, der 1080 an
der Elster unweit Gera in der Schlacht gegen Kaifer Heinrich den Iv.
schwer verwundet wurde. Er soll, da ihm seine im Treffen abgehauene
Hand gezeigt wurde, reumüthig gesagt haben: ,,Di/s ist die Hand mit
welcher ich dem König Heinrich Treue geschworen habe". Sein Grab
befindet sich auch in der Kirche. In einem Bosquet des Schloßgar-
tens steht das Denkmal des Grafen Kleist von Nollendorf, nach
Rauchs Modell von Bronze gegossen und mit einem Eifengitter
umgeben.
Das 3|- Stunden von Merseburg entfernte und von 1700
Menschen bewohnte Städtchen Lützen ist durch die am 6. November
1632 vorgefallne Schlacht merkwürdig, in wrlcher der vortreffliche
König von Schweden, Gustav Adolph umkam. Das Heer der Kai-
serlichen unter dem berühmten Wallenstein und das Schwedische Heer,
jenes gegen 40,000, dieses gegen 27,000 Mann stark, von ihrem
Könige angeführt, waren beim Anfange der Schlacht durch die von
Weißenfels über Lützen nach Leipzig führende Landstraße getrennt, doch
hatte Wallenstein sich derselben Abends vorher bemächtigt, die zu beiden
Seiten laufenden Graben vertiefen und durch Musketiere besetzen lassen,
daß der Übergang mit Mühe und Schwierigkeiten verbunden war. Die
kaiserliche Infanterie, in 5 große Vierecke getheilt, stand 300 Schritte
hinter der Landstraße in Schlachtordnung, und die Reiterei deckte die
Flanken. Zwei der größten Feldherren damaliger Zeit standen hier
einander gegenüber, die im ganzen Laufe des Krieges noch in keiner
offenen Schlacht mit einander ihre Kräfte gemessen hatten. Ein
undurchdringlicher Nebel bedeckte am Morgen des verhängnißvollen
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Rudolph_von_Schwaben Heinrich Heinrich Heinrich_Treue Heinrich Gustav_Adolph Gustav
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Preußischer Staat.
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abwechselndem Glücke fort, bis Abends um 6 Uhr auf dem linken Flü-
gel der Franzosen der Vizekönig von Italien mit einem neuen Korps
Franzosen ankam, worauf Napoleon einen neuen Angriff auf das Cen-
trum der Alliirten unternahm, und sie zum Rückzüge nöthigte, der in
größter Ordnung erfolgte. Zwar hatten die Alliirten einen geringem
Verlust (gegen 10,000 an Todten und Verwundeten) als die Franzosen,
bei weichen er 10,000 Mann betrug, allein die Alliirten waren doch
durch diese Schlacht genöthigt, Sachsen bis jenseits der Elbe zu raumen
und sich bis in die Stellung von Bautzen zurück zu ziehen, wohin ihnen
Napoleon folgte. In dieser Schlacht blieb auch der Preußische General,
Prinz von Hessen-Homburg, dem auf einem Hügel als Denkmal, eine
11 F. hohe eiserne Pyramide, mit einem eisernen Kreuze errichtet wor-
den ist.
Naumburg hat eine unmuthige Lage zwischen Weinbergen und
Wiesengründen, in geringer Entfernung von der Saale und ist von
11,000 Menschen bewohnt. Das merkwürdigste Gebäude ist die alte
ehrwürdige, im Gothischen Style erbaute Domkirche. Von den 3 Thür-
men, welche dieselbe zieren, ist der eine von besonderer durchsichtiger Bau-
art. Ihre Lange betragt 159 urrd ihre Breite im Mittelschiffe mit Ein-
schluß der beiden Seitengange 78 Ellen. Zwanzig schlanke, in Grup-
pen verbundene Säulen tragen im Innern das eigentliche Kirchenge-
wölbe und gewahren einen sowohl gefälligen als erhabenen Anblick. Diese
Kirche enthalt mehrere schöne Altäre und viele kostbare Denkmäler alt-
deutscher Kunst an Statüen, Schnitz- und Gußarbeiten, Gemälden, Glas-
malereien. Besonders zeichnet sich die Taufkapelle durch 12 schöne Bild-
säulen aus. Unter dem hohen Chore befindet sich die Unterkirche, eine
unterirdische auf Säulen ruhende Kirche. — Jährlich wird zu Naum-
burg das Hussiten- oder Kirsch fest zur Erinnerung an den Kinder-
auszug am 28. Julius 1432 gefeiert. Man erzählt nämlich, ohne daß
jedoch die Begebenheit für gewiß behauptet werden kann, daß im Jahre
1432, Prokopius, der Anführer der Hussiten (s. S. 614) mit einem
Heere Naumburg belagert und die Verwüstung der Stadt beschlossen ge-
habt habe, weil er glaubte, daß der kürzlich verstorbene Bischof von Naum-
burg mit für die Verbrennung von Huß gestimmt hatte. Vergebens
stellten die Bürger vor, daß sie dafür nichts könnten; der Feldherr blieb
unerbittlich. Endlich sey ein kluger Bürger auf den Einfall gekommen,
sämmtliche Kinder der Stadt, in weiße Sterbegewander gekleidet, mit
Citronen in der rechten und grünen Zweigen in der linken Hand, -hinaus
in das feindliche Lager zu schicken, um knieend den furchtbaren Feld-
herrn um Gnade für die Eltern und für die Stadt anzuflehen. Dieser
sey auch dadurch so gerührt worden, daß er die Bitte der Kinder nicht
nur erfüllt, sondern sie sogar mit Kirschen und Wein bewirthet, unter
der Musik seiner Hussiten im Lager tanzen lassen und sie erst gegen
Abend den angstvollen Eltern mit der Nachricht zurückgeschickt habe: er
werde von Naumburg abziehen, ohne ein Huhn mitzunehmen; und er
59
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Kirsch
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
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Preußischer Staat.
zur Fortsetzung des Kampfes auf den folgenden Tag zu haben, zog
sich in der Nacht nach Königsberg, ohne daß Napoleon im Stande
war, ihn lebhaft zu verfolgen; denn die Korps von Augereau und
Davoust waren fast ganz aufgerieben und nur das Korps von Ney
und die Garde befanden sich noch im schlagfertigen Stande. Der
Rückzug der Russen war daher Napoleon sehr willkommen.
Auch die kleine, von 2300 Menschen bewohnte und an der
Alle, 6 M. südöstlich von Königsberg gelegene Stadt Fried land
ist durch eine große Schlacht am 14. Junius 1807 bekannt. 75,000
Franzosen unter Napoleon schlugen hier 66,000 Russen unter Ben-
uingsen. Die letztem standen längs des linken Ufers der Alle, und
hatten diese und die Stadt Friedland hinter sich. Die Franzosen tref-
fen erst nach und nach von früh Morgens bis Nachmittags um 3
Uhr auf dem Schlachtfelde ein. Daher haben die Russen Vormittags
einige Vortheile und dringen vor. Damit begnügt sich Benningsen,
und statt die schöne Gelegenheit zu benutzen, die eintreffenden Franzo-
sen im Einzelnen zu schlagen, laßt ec sich durch das Geschützfeuer der-
selben und ihre Plankeleien hinhalten und sieht ruhig zu, wie die
feindliche Armee sich immer mehr verstärkt. Diese geht, nachdem end-
, lieh ihr letztes Korps angekommen ist (Nachmittags um 3 Uhr) zum
kraftvollsten Angriff über und wirft sich auf die Mitte der Russischen
Stellung, wahrend der rechte Französische Flügel unter Ney in die
linke Seite der Russen dringt. Deßhalb zieht sich der linke Flügel der
Russen nach Friedland zurück und da gleichzeitig auch ihr Mittelpunkt
gedrängt wird, so müssen die Vortheile, welche ihr rechter Flügel über
die Franzosen erhalten hat, aufgegeben werden, und der allgemeine Rück-
zug des Heeres wird nun nothwendig. Der Übergang über die Alle,
welche hier steile Ufer hat, ist für die hart bedrängten Russen mit groß-
ßem Verluste verbunden; viele ertrinken darin. Der Verlust der Russen
betrug 20,000 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen, der
Französische nur 6000 Mann nach ihren Berichten. So hatte Napo-
leon den vollständigsten Sieg erfochten, allein den Ruhm der verzweif-
lungsvollen Tapferkeit mußte er selbst seinen Gegnern zollen, sie hatten
sich aufs tapferste geschlagen, sich durch das brennende Friedland und
mitten durch die Franzosen einen Weg gebahnt, und lieber den Tod
in den Fluthcn gesucht, statt sich gefangen zu geben. Die Folge die-
ses Siegs war das Ende des Kriegs und der Frieden zu Tilsit (s.
S. 868).
Ende des ersten Bandes.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon