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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 39 —
Zahlreiche alte Kirchen strecken Türme und Türmchen über die
Dächer. Umfangreiche Paläste heben sich mit starken Mauern über
die Giebel der Häuser. Drüben aber thront die Feste Marien-
berg auf einer vorspringenden Höhe, an deren Südseite
(„Leiste" genannt) der Leistenwein reift. Fruchtgärten umgeben die
schmücken Villen, und hüben kocht die Sonne am Steinberg
den edelsten Trank im „Steinwein". Auch iu Asch äffe n bürg
(12 T.), das am Austritte des Mainstromes aus dem Gebirgs-
raude liegt, hatte eiu Bischof (der vou Mainz) seinen Sommer-
sitz in einem stattlichen Schlosse, das mit seinen starken Mauern
und 4 gewaltigen Türmen noch hente ausdrückt, wie die geistliche
Gewalt sich mit der weltlichen einte. Zugleich aber weist uns die
Forstlehranstalt der Stadt darauf hiu, daß wir uns in der Nähe
reichbewaldeter Gebirge befinden, die der Staat forstmännisch oer*
walten läßt. Saalanfwärts aber treffen wir ans Kissingen (4 T.),
in dessen mineralreichem Wasser nicht bloß der Kanzler unseres
Reiches, sondern neuerdings auch die Kaiserin mit ihren jngend-
lichen Prinzen Heilung und Stärkung suchten. Die Badestadt
der Saale, die Forst- und Bischofs-, sowie die Kreis-
stadt des Maines mögen uns das Bild von Unterfranken
zeichneu.
Und nun noch Mittelfranken einen kurzen Besuch, das sich
vou der Tauber zur Pegnitz zieht und vor allem das sandige
Becken zwischen Kenper- und Jnrastufe umfaßt! Hier hat sich
mitten in waldiger Gegend an der Pegnitz Nürnberg zu der
größten Stadt Frankens (120 T.) erhoben. Schon in grauer Vor-
zeit gründeten hier deutsche Kaiser auf einem Sandsteinselsen eine
Burg, in deren Schutze sich eiu freies Bürgergeschlecht ansiedelte. Hoch-
giebelige Häuser, mit Erkern geschmückt, drängten sich aneinander.
Ehrwürdige Kirchen mit kunstvollen Altären und Grabmäleru, aus
Holz oder Beiu geschnitzt, erhoben sich auf freiereu Plätzen. Präch-
tige Brunnen, aus Metall gegossen, entstiegen den Märkten. Eine
hohe Ringmauer mit Türmen und Thoren umzog das Häusermeer.
Ein Albrecht Dürer entwarf seine Gemälde in einfacher Werkstatt.
Ein Haus Sachs dichtete bei seinem ehrsamen Handwerke lehrhafte
Lieder. Überall saug und klang es; Handel und Wandel blühte;
„Nürnberger Tand ging durchs ganze Land!" Bis auf unsere
-i.age ist die Stadt ein Handelsplatz für Spielwaren und Lebkuchen,
für Biere und Bleistifte (von Faber), für Schmuckwaren und
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht_Dürer Albrecht Sachs
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— 45 —
und Standuhren verwendet worden, ein Erwerbszweig, der heute
uoch Tausende von fleißigen Händen daheim oder in den Fabriken
beschäftigt. Außer für Uhren aber verwendet der Wäldler den
Holzreichtum seines Gebirges auch zur Herstellung von Musikwerken,
die als Leierkästen oder Orchestrions nach Rußland und in die
Türkei, uach Amerika und Australien versendet werdeu. Dort
aber, wo der Wald sich öffnet und grüne Thäler sich erschließen,
wird Feld- und Wiesenbau getrieben. Hafer und Korn reifen auf
den Äckern, die den Hof des Bauern umgeben. Das geräumige
Schwarzwaldhaus ist im Untergrund ans Steinen, im Stockwerk
aus Balken erbaut, die außen und innen mit Brettern belegt sind.
Ein hohes, seitlich vorspringendes Dach deckt eine Gallerie oder
einen Laubeugaug und reicht nach hinten wohl bis zur Erde herab,
so daß es zngleich Stall und Scheuer mit überziehen kann. In
den Stubeu wurde früher der Kienspahn gebrannt, das Spinnrad
gedreht und dabei ein Märchen erzählt. Gegenwärtig dringen mit
neuen Erwerbsarten, z. B. der Strohslechterei, auch neue Lebens-
formen in die Waldorte der Thäler und Höhen vor und drohen
die Herzlichkeit und Gutmütigkeit, den Frohsinn und die Frömmig-
keit, wie auch die Biederkeit und Offenheit der einfachen Bewohner
des Schwarzwaldes zu verwischen. Zusammenfassung der Lage,
der Ausbreitung, Thalbildung, Bewaldung, Höhennatur und Be-
schüftigungsweise im Schwarzwalde.
Nördlich vom Schwarzwalde erhebt sich als zweites Gebirgs-
glied der westlichen Randstufe der Odenwald. Auch dieses Ge-
birge baut sich aus Granit und Gneis und buntem Sandstein auf.
Daher zeigt es ebenfalls gewölbte Kuppen und gestreckte Rücken
wie sein südlicher Nachbar. Aber es erreicht in seiner Höhenaus-
dehuuug nur etwa die Hälfte der Kammhöhen des Schwarzwaldes.
Auch fehlt ihm der volle, dunkle Mantel des Waldes, da das Ge-
birge im westlichen Teile namentlich Buchen und Eichen und nur
im Südosten größere Bestände von Nadelholz trügt. Eine Thal-
spalte (Weinheim—reinheim) gliedert den Odenwald in einen klei-
neren nordwestlichen und einen größereu südöstlichen Teil, den
„vorderen und hinteren Wald". Jener zeigt schöne Kegelberge,
unter denen sich der Melibokns oder Malchen am höchsten
(520 in) erhebt. In diesem aber drängen sich massigere Bergzüge
aneinander, über die sich der sanftgebogene Rücken des Katzen-
buckels (620 in) krümmt. Am reichsten ist das Gebirge am
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Schwarzwalde Odenwald Weinheim—reinheim Odenwald
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 60 —
erfahren, die zur Zeit der Römerherrschaft auf dem tinfeit Ufer
tag, feit einigen Jahrhunderten auf die rechte Stromseite gerückt
ist und im Mittelalter eine Rheininsel war. Erst bei Straßbnrg,
das aber selbst noch den Rhein flieht und seinen Stadtkern an die
ruhigere Jll aulegt, beruhigt der Strom mehr und mehr seine
Wasser, um ein gemäßigter Strom des Tieflandes zu werden.
Nun dieut er deu Schiffern bereitwillig zur Thal- und Bergfahrt,
läßt Brücken leichter von Ufer zu Ufer spannen und größere
Städte au sich herantreten. Fließen ihm doch nicht bloß aus dem
Schwarzwalde, sondern auch aus dem Wasgau eiue Reihe Berg-
flüffe zu, welche die Jll sorglich sammelt und in ihrem nach
Norden gerichteten, vom Rheine gleichsam verschleppten Laufe dem
Hauptstrome zuführt. Um deu eigenwilligen Strom einzudämmen
und die Sicherheit seiner Ufer zu mehren, ist seine gewundene
und geteilte Rinne gerade gelegt und durch Ufermauern befestigt
worden, so daß wir gegenwärtig in dem Rheinstücke von Basel
bis Mainz die größte Strecke eines geregelten Stromes ans der
Erde vor uns haben. Nun rollt der Rhein feine Wasser in ge-
schlossenem Bette dahin und verwendet alle seine Kräfte darauf,
das Geröll der Berge weiter fortzufchaffeu und feine Riune immer
mehr nach der Tiefe hin auszugraben. Jetzt werden auch feine
Ufer, soweit sie uicht mit Steiugeröll, Saudauhäusuugeu und
Schlammresten bedeckt sind, fleißig bebaut, da durch die Regulie-
ruug des Stromes zugleich viel Weide-, Wald- und Weizeulaud
gewouueu worden ist. Da wird er zu einem wirklichen Segens-
ströme für die Anwohner, zu deueu er auf großeu Schiffeu Wolle
und Getreide aus deu ferueu ozeauifcheu Ländern heranführt, die
er zu Städtegrüuduugeu anlockte und deren Gewerbe (Farben-
industrie) er mächtig förderte. Denn in dem Tieflaude wächst ja
feine Wassermenge in heroortreteuder Weise. Hat er dann seine
Wasserfülle durch die Nebeuflüsfe des Schwarzwaldes und der Vo-
gesen bis Speier schon verdoppelt, so spendet ihm überdies der Neckar
bei Mannheim, der Main bei Mainz noch weitere Schätze. In
einer Breite von 300 m kann er dann aus der Tiefebeue treteu,
die er vou dem Ost- uach dem Westraude hiu durchfurcht hat, und
die nun nach ihm deu Namen „oberrheinische" erhält, wenn wir
in hergebrachter Weise den Strom zwischen Basel und Biugeu
den deutschen Oberrhein nennen. Ehe er aber unser Gebiet
verläßt, fafseu wir uoch eiumal kurz zusammen, was wir
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
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— 130 —
an der Stelle, wo der Zacken sich in den Bober ergießt. Eine
katholische Kirche mit gotischen Formen und eine protestantische mit
schöner Kuppel heben sich über die schmücken. Häuser der Stadt
empor. Die Bewohner derselben fertigten im vorigen Jahrhnn-
derte besonders zarte Schleier, weben gegenwärtig aber feine Lein-
wand und kostbare Spitzen. Südwestlich von Hirschberg breitet
sich Warmbrunn (2,5 T.) in dem lieblichen Thale des Zacken-
flnsses ans. Blnmige Wiesenflnren, Obstgärten und Saatfelder
umkränzen den Ort. Waldhöhen umsäumen die Aue, und die Rnine
des sageureicheu Kynast (Theodor Körner: „Der Kynast") blickt
ans bläulichen Fernen in das fruchtreiche Thal herein. Zwei
warme Quellen sprndeln ans der Sohle desselben auf, siu'd in
Granitbecken gefaßt und mit einem großen und einem kleinen Bade-
Hanse überbaut worden. — Noch näher am Gebirge dehnt sich der
Ort Schreiberhan (5 T.) als Eingangspforte zur Besteigung des
Riesenkammes ans. Der Onarzreichtnm des Bodens und der Holz-
reichtnm des Waldgebirges haben hier zur Anlage der Josephinen-
Hütte geführt, in deren Öfen jährlich viele Centner von Quarz und
Kalk, Potasche und Soda zu einer glasigen Masse geschmolzen
werden, ans der geschickte Bläser Glasgefäße formen. Zahlreiche
Schleifereien, vom Wasser der Berge getrieben, geben dem rohen
Glase im Orte dann weiter die feinere Form und den rechten Glanz.
So tritt uns im westlichen Sudetengliede neben der
Leinenstadt Hirschberg und dem Badeorte Warmbrunn
der Gebirgsort Schreiberhau mit seiner hochentwickelten
Glasindustrie entgegen. Zusammenfassung.
In dem mittleren Gliede des Sudeteuzuges bilden die
Waldenburger Berge die stadtreichste Gegend. Hier haben besonders
die Kohlenflöze eine zahlreiche Bevölkerung in die Thäler gezogen.
Mit emsigem Geiste arbeitet diese unter und über der Erde. Tiefe
Schächte wurden in den Boden gesenkt, die Kohlen zu heben. Hohe
Öfen entfachen ihre Glitten, um aus den Kohlen Coaks zu bereiten.
Dampfessen qualmen und treiben Maschinen, die Flachs und Baum-
wolle spinnen, Fäden mit bunten Farben tränken und zu kleidsamen
Stoffen verwebeu. Der Bergbau wird besonders dnrch die Stadt
Waldenburg (13 T.) selbst, Spinnerei und Weberei hingegen
in deu Dörfern getrieben, die sich von Waldenburg aus in langen
Linien durch die Thäler der Berglandschaft ziehen. Unter diesen
heben wir Waltersdorf als eins der belebtesten Weberdörfer hervor.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
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— 94 —
so werden wir auch in den württembergischen Dörfern und Städten
umsomehr dieselben vielfältigen Wald-, land- und Viehwirtschaft-
lichen, sowie gewerblichen und fabrikmäßigen Betriebe, wie in dem
genannten Narbarlande antreffen. Um die Forst- und Landwirt-
schaft des Königreiches zu heben, ist in dem Schlosse Hohenheim
bei Stuttgart eine Hochschule für Forstbeamte und Landwirte ge-
gründet worden. In der Nahe der Lehranstalt befinden sich Muster-
wirtschaften für Landbau und Pferdezucht. Den Salzreichtum des
Landes sucht seit alter Zeit die Stadt Hall (Schwäbisch-Hall an
der Kocher) zu verwerten. Die reichen Eisenschätze des Jurage-
birges haben in der Stadt Eßlingen und in dem Bezirke von
Aalen zur Anlage von Hüttenwerken und großen Maschinenwerk-
statten geführt. Die Blechwaren und der Schaumwein der erfteren
Stadt werden nach allen Gauen Württembergs und über die Gren-
zen desselben hinaus in weitere Fernen geführt. Besonders aber
hat sich Heilbroun am Neckar zu einer bedeutenden Industriestadt
erhoben. War es früher vor allem durch seine Quellen bekannt,
die unter dem Altarplatze der Kilianskirche rauschten und aus einem
Brunnen rannen, so ist die Stadt heutigen Tages, nachdem die
Heilquelle versiegt ist, besonders durch die gewerblichen Betriebe
berühmt geworden, die sie in den vielartigsten Zweigen pflegt.
Die Blätter des Tabaks schneiden die Ortsbewohner oder wickeln
sie zu Rollen, und aus dem Safte der Rüben sieden sie Zucker.
Das Getreide der fruchtbaren Umgebung wird in großen Mühlen-
werken gemahlen und die Felle der Rinder zu Leder gegerbt. Aus
Lumpen und Holz wird das Papier, aus Papier und Farbe die
Tapete bereitet. Die Wolle spinnt Heilbronn zum Faden, und den
Faden webt es zu wollenen oder baumwollenen Stoffen. Aus
dem Erz gewinnt es das Eisen und aus dem Eisen den Draht
und den Stahl. Allerlei Instrumente fertigt es aus Metall, und
Schmucksachen aus Silber. In benachbarten Brüchen wird der Sand-
stein und in ansehnlichen Lagern der Gips gefunden. Kähne und
Schiffe, mit den Erzeugnissen des In- und Auslandes reich be-
laden, fahren den Neckar hinab. Und bei all dem Getriebe hat
die innere Stadt, ihren schon genannten schwäbischen Schwestern
bis hinauf zur Königstadt gleich, ,das Aussehen der altdeutschen
Reichsstädte treu bewahrt. Da stehen noch die Bürgerhäuser mit
ihren Erkern und Türmchen am Markte und kehren ihre hohen Giebel-
seiten dem Brunnen zu! Da sind die Hausgiebel noch kunstvoll
x
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral]]
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— 158 —
über einem Schachte im Stadtgebiete, der Ruf der Bergglocke
im Petridom, der freundliche Gruß des Bergmannes („Glück auf!")
beim Schichtenwechsel, die Parade der Bergleute am „Streittage"
und die metallene Figur eines wehrhaften Bergmannes am
Schwedendenkmal im grünen Ringe der Promenade, besonders
auch die Schutthalden in der Umgebung der Stadt, die dunklen
Schachthäuser der Mulden Hütten und die reizlose Umgebung,
welcher der Wald genommen wurde, erinnern uns daran, daß
Freiberg die alte, echte Bergstadt Sachsens ist. Zusammenfassung.
2. In dem östlichen Flügel des erzgebirgischen Kohlenbeckens
ist als die größte Fabrikstadt Sachsens Chemnitz (135 T.) ein-
porgeblüht. Es liegt in einer langen Thalweitung eines gleich-
namigen Flusses („Steinbach"), der nach der Zwickauer Mulde
geht. Der flache Thalkessel legt sich zwischen das gewerbreiche
Erzgebirge im Süden und das fruchtreiche Mittelgebirge im Norden
ein. Hier kreuzten sich schon frühzeitig zwei alte Handelsstraßen,
von denen die eine von Süddeutschland nach Schlesien, die andere
aber aus dem böhmischen Landbecken zur sächsisch-thüringischen Bucht
bei Leipzig führte. Der dadurch ermöglichte Durchgangsverkehr
trug dazu bei, in der Stadt einen regen Handel und Gewerbe-
betrieb zu vermitteln. Durch die Thatkraft einzelner unternehmender
Bürger, wie auch durch die Geschicklichkeit eiuer verständnisvollen
Arbeitermenge und dnrch das Wohlwollen der Landesregierung ist
Chemnitz besonders in den letzten 20 Jahren zu der bedeutendsten
Industriestadt Sachsens erwachsen. Um den Stadtkern mit der
Jakobskirche legen sich lange, einförmige Hänserreihen. Zwischen
diesen rollen Lastwagen, Dampfzüge schnauben, Geschäftsleute eileu
nach den Geschäftsräumen, und Arbeiterscharen ziehen nach den
Fabriken. Ein Wald von Schornsteinen entsteigt den Dächern,
und der Rauch senkt sich bei trübem Wetter in die Straßen herab.
Große Fabrikhäuser erhebeu sich mit ihrem umfänglichen Gehöfte
hinter einer Umzäunung aus Eifenftüben. In der Aktienspin-
nerei wird die rohe Baumwolle gereinigt, geschlagen und gepreßt,
wieder aufgelockert, auf 65 Tausend Spindeln gesponnen und ans
Spulen gewickelt. Aus baumwollenen Fäden, wie auch aus Wolle
und neuerdings ans Seide werden aus mechanischen Stühlen gegen-
wärtig besonders schöne Möbelstoffe gewebt. In der sächsischen
Maschinenfabrik wird Eisen geschmolzen und geschmiedet, zu
Platten gewalzt und mit Bohr- und Stoßmaschinen durchlöchert,
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
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— 159 —
zu Walzen gedreht und zu Gewinden geschnitten. Die einzelnen
Eisenglieder werden dann in einem großen Saale zu Lokomotiven
oder Maschinen für Weberei, Stickerei und Landwirtschaft zusammen-
gestellt. Ju den Werkzeugfabriken entstehen allerlei Geräte
für das Haus und die Werkstatt, wie für den Land- und See-
verkehr der Erde. Vor allem aber ist Chemnitz der Sitz für die
Wirkerei geworden. Aus Wolle, Baumwolle und Seide werden
auf Maschinen und durch Handbetrieb Handschuhe und Strümpfe,
Unterkleider und Taillen in allen Formen und Farben hergestellt.
An dieser Herstellung beteiligt sich aber nicht nur die Stadt
Chemnitz selbst, sondern vorzugsweise auch die zahlreiche Bevöl-
kerung in den Dörfern und kleineren Städten im Umkreise der
Stadt. Gegen 40 Tausend Abeiter sind hier im Wirkbetriebe
thätig, dessen Erzeugnisse zumeist über den Ozean nach Nord- und
Südamerika versendet werden. Zur Erhaltung und Hebung dieses
vielseitigen Betriebes der Großgewerbe siud vom Staate eine
höhere Gewerbeschule, eine Werkmeister-, eine Gelverbezeichen- und
eine Baugewerbeschule errichtet worden. Die Handwerker der
Stadt unterhalten selbst eine starkbesuchte Fortbildungsschule. Lange
Züge aber führen Rohstoffe für die Fabriken von dem Central-
bahnhofe der Stadt Chemnitz zu, und reichbeladene Wagen fahren
wiederum die Erzeugnisse der Fabriken von dem Bahnhofe aus
nach allen Euden der Erde hin. So ist Chemnitz durch den
Betrieb der Wirkerei, wie durch Herstellung von Möbel-
stoffen und einen vielseitigen Maschinenbau zu einem
ansehnlichen Wohlstande gelangt. Znr gewerblichen Be-
deutung der Stadt hat neben dem Scharfsinn und der
unternehmenden Thatkraft einzelner Bürger besonders
der Fleiß und die Geschicklichkeit einer zahlreichen Ar-
beiterbevölkerung, sowie auch die Förderung beigetragen,
welche die Regierung dem industriellen Auffchwunge an-
gedeihen läßt. Nur ist das Großgewerbe nicht bloß auf
die Stadt selbst beschränkt, sondern zieht auch meilen-
weit die Umgebung derselben mit in das fleißige Schaffen
ein. Zusammenfassung.
3. Nordwestlich von dem sächsischen Mittelgebirge liegt die
Stadt Leipzig in dem Niederungsbecken, welches Sachsen mit
Thüringen und Norddeutschland verbindet. Hier vereinigen die
auenreiche Pleiße und die wiesengrüne Part he ihre langsam
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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— 162 —
englischen Gardinen, Stickereien und Weißwaren berühmt, zu denen
leichte Kleiderstoffe und Wäschestoffe, Putzartikel und Konfektions-
waren gehören. Die „Planeuscheu Waren" kommen ans den Jahr-
markten des Ortes, dann auf den größeren Messen, vor allem aber
durch Reisende und Ausfuhr bis nach den entferntesten Erdteilen
in den Handel. Dafür empfängt Plauen ans den wärmeren Erd-
strichen Kaffee und Gewürze, Tabak und Zucker und versorgt mit
diesen Kolonialwaren das gesamte westliche Vogtland. Dieses führt
ihm wiederum Getreide und Holz, Schlacht- und Nutzvieh zu.
Eine Handelskammer und Handelsschule wollen den Handelsbetrieb
der Stadt immer noch heben, wie denn auch eine Gewerbekammer
und eine Vereinigung für die vogtländische Industrie bemüht sind,
mit vollen Kräfteu besonders die Weberei und Stickerei des Vogt-
landes zu fördern.
In alter Zeit bewegte sich anch der Verkehr besonders auf
zwei belebten Straßeu, die hier die Elster überschritten. Die eine
zog von Nürnberg nach Leipzig, die andere von Böhmen nach
Thüringen. Für den Po st verkehr ist in Plauen ein stattliches
Gebäude errichtet worden, das in bezeichnender Weise zwei guß-
eiserne Adler ans dem Mittelbane trägt. Dem Bahn verkehre aber
dienen die Linien nach Eger und Hof, nach Greiz und Reichenbach
(Leipzig, Dresden).
Die rührige Stadtverwaltung hat im Rathause ihreu Sitz,
an dem wir auch das Wappen der Stadt, eine kunstvolle Uhr und
eine Mondkugel als Wahrzeichen bemerken. Das Schloß (Hrad-
schin) ist eine alte slavische Feste und diente im 13. Jahrhunderte
als Sitz der Vögte, der „Herren von Planen". Im 15. Jahr-
hunderte wurde es von den Hnssiten, im 1l>. von aufständischen
Bauern bestürmt. Bald daraus hat es Kaiser Karl V. bewohnt.
Jetzt aber sind die Schloßräume dem Amts- und Landgerichte
überlassen worden.
Im Südosten der Stadt erhebt sich der Kemmler, ein
kahler und steinichter Aussichtsberg, von dem ans wir das Vogt-
land mit seinen Bergen und Thälern, Wiesen und Wäldern, Brücken
und Burgen, Dörfern und Städten, darunter vor allem die Stadt
Plauen selbst, gut überblicken können.
Diese bildet in ihrer Lage an der Elster, mit ihrem
Gewerbe und Handel, mit ihrem Post- und Bahnverkehre,
mit ihrem geschichtlichen Schlosse und dem Landgerichte
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V.
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Leipzig Plauen Eger Greiz Leipzig Dresden
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— 244 —
Königliche Pracht hat sie entfaltet, als in ihr römische Kaiser
wie in einem zweiten Rom ihren Hof hielten und Erzbischöfe mit
fürstlichem Range später hier ihren Sitz aufschlugen.
Königliche Macht hat sie erlangt, seitdem sie — neben Kob-
lenz — ein Waffenplatz der Könige von Preußen und nun mit
der Stadt Dentz anf dem rechten Ufer des Rheines eine der ersten
Festungen des deutschen Reiches geworden ist.
Zur Königin am Rheine aber ist sie, begünstigt durch ihre
Lage, vor allem durch den Gewerbefleiß, Handelsgeist und Kunst-
sinn ihrer Bewohuer geworden, die sie znr wichtigsten Stadt des
Verkehrs in der Rheinprovinz erhoben.
Köln liegt ans dem linken Ufer des Rheines, dort, wo der
Strom die engen Gebirgsschranken verlassen hat und nun seine
Wasser in breiter, ruhiger Fülle zwischen niederen Uferrändern er-
gießt. Hier haben sich die Gebirge anf beiden Seiten zurückge-
zogeu, und die Niederung buchtet sich zwischen die abseits dahin-
streichenden Höhenränder ein. Die niederrheinische Bucht findet
aber bei Köln ihren Mittelpunkt, und von den seitlichen Höhen
werden die Schätze der Erde an diese Stelle des Stromes gebracht,
damit der Umtausch, die Verarbeitung oder Verschiffung derselben
hier vorgenommen werde.
In früheren Jahrhunderten erwarb sich die Stadt Köln durch
ihre Tücher und Teppiche schon hohen Ruhm. Auch wurden ihre
Gold- und Glaswaren bis nach den Märkten Italiens und Hollands
hin versandt. Nachdem aber der Seeweg nach Ostindien aufge-
fluiden und im Westen des atlantischen Ozeans in Amerika ein
neuer Erdteil entdeckt worden ist, empfängt nunmehr die Stadt
Köln aus Indien besonders den Zucker zur Reinigung und die
Baumwolle zum Verspinnen und Weben. Gewürze und Farbhölzer
werden auf Seeschiffen nach der Stadt geführt und allerlei Metall-
waren wiederum vom Strome hinab nach den Ländern am Ozeane
getragen. Köln ist der bedeutendste Handelsplatz am deutschen
Rheine geworden.
Aber nicht bloß durch das natürliche Wasser des Rheinstromes
hat Köln seine Bedeutung erlangt, vielmehr ist es durch ein
künstliches Wasser fast noch bekannter geworden. Unter dem
Namen „Kölnisches Wasser" (eau de Cologne) wird seit Ende
des 17. Jahrhunderts durch ein ursprünglich italienisches Geschäfts-
haus (Farina) ein wohlriechendes Wasser hier bereitet, das sich
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Extrahierte Personennamen: Farina
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rheines Rheine Rheinprovinz Rheines Italiens Hollands Ostindien Amerika Indien Rheine Rheinstromes
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
zu werden. Als ein solcher hat die Stadt auch wirklich bis zum
Jahre 1873 hohe Wälle und starke Mauern getragen. In dem
genauuteu Jahre aber wurde die Stadt ihres Festungsgürtels ent-
kleidet, da im neuen Reiche die Hauptfestuugeu mehr in den
Grenzbezirken desselben augelegt wurden.
An Stelle der niedergelegten Befestigungen sind im Norden
der Stadt schmucke Landhäuser mit Türmchen und Erkern er-
richtet wordeu. Eiues derselben diente im Sommer 1889 zum
Aufenthalte unseres Kaisers, der die alte Stadt mit ihren roten
Ziegeldächern aufsuchte, nachdem er bei den Feldübuugen in den
Söhnen der Wesergegend tüchtige Soldaten erkannt hatte. Wir
teilen den Wuusch des Kaisers, daß die Stadt Minden mit der
Provinz Westfalen wachsen und blühen möge und es ihren Söhnen
nach wie vor beschieden sei, Ruhm und Sieg an ihre Fahnen zu
heften.
Durch freundliche Lage am Strome, als Vorort
eiues Bistumes, sowie als Verkehrsstadt und Festung ist
dieser Sitz einer preußischen Regierungsbehörde zu der
wichtigsten Weserstadt in der Provinz Westfalen ge-
wordeu. Zusammenfassung.
2. Gehen wir dann weiter in das Innere des Regieruugs-
bezirkes Minden, so begegnen wir am Fuße des Teutoburger
Waldes der Stadt Bielefeld (35 T.). Wir wissen bereits, daß
sie an derjenigen Gebirgslücke liegt, welche den südlichen und mitt-
leren Teil des Waldgebirges scheidet.
Hier hat sich der Ort unter dem Schutze eiuer Burg (Feste
Sparreuburg) zu eiuer berühmten Leineustadt Westfalens er-
hoben. Denn auf den Feldern des westfälischen Gebirgsrandes
gedieh der Flachs in ganz besouderer Güte. Die Faser desselben
wurde früher vou den Landleuten gesponnen und als Leinengarn
nach der Stadt Bielefeld gebracht. Schon seit dem 13. Jahr-
hunderte blüht hier ein lebhafter Garnhandel. Das Garn wurde
auf Handstühlen auch zu Leinewand gewoben und iu großeu Ballen
besonders nach dem Norden Deutschlands versendet. Die Leine-
Weberei nahm einen hohen Aufschwung, als im 16. Jahrhun-
derte Auswanderer der Niederlande sich in Bielefeld niederließen
und feinere Sorten webten. Besonders aber wurde iu uuserm
Jahrhunderte das Leinengewerbe immer mehr ausgebildet, da
durch Maschinen neue Kräfte iu Bewegung gesetzt und durch
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