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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 493

1890 - Gotha : Behrend
Die ungarische Pußta. 493 den nächtlichen Himmel ab. Die Hirten bereiten und verzehren ihr Nachtmahl; einige Kühe und Mutterschafe werden gemolken, und nach- dem alles besorgt ist, besuchen manche Hirten ihre Nachbarn und plaudern oder spielen, um das Feuer gelagert. Auf die Bitteu der Hirten er- zählt der Oberhirt seinen Gehilfen uralte Sagen und Märeu, z. V. wie die Magyaren in ihre jetzige Heimat eingewandert und sie mit dem Schwerte erkämpft, aus dem Leben der großen Helden der Vorzeit n. a. Rings herrscht tiefes Schweigen, und keiner der Lauschenden wagt es, ihn zu unterbrechen. Erst spät in der Nacht verstummt sein beredter Mund, und bald umfängt alle der süße Schlaf. Nur der Sonntag macht einen Abschnitt in dem Leben auf der Pußta; dann begeben sich die Hirten, an denen gerade die Reihe ist, auf flinken Rossen — nur der Schafhirt trottet auf seinem bedächtigen Grautier — in die Dorfschaft zu den Ihrigen, oder in die Csarda.*) Die Burschen tanzen aufjauchzend und unermüdet auf einem Fleck in der dunstigen Stnbe und schwingen in der einen Hand ihre Tänzerin, in der anderu die lang- und breithalsige Flasche. Die Alten setzen sich in einer Ecke auf die Bank und lassen sich ihre Lieblingslieder vor- geigen und versinken bei den wehmütig-klagenden Tönen in Gedanken an die entschwundenen schönen Tage der Jugend, bis die Musik in tollen Weiseu auflodert und die Tänzer lustberauscht den Boden klirrend stampfen; dann stoßen sie wohl die Flasche kräftig nieder und springen mit leuchtenden Augen auf, hingerissen von den uralteu heimischen Klängen. 2. So sehr sich Ungarn in neuerer Zeit au die hochzivilisierten Länder Europas anschließt, so viele Elemente sind doch noch in ihm vom orientalischen Nomadentum zu finden. Ein solches Element sind vor allein seine Hirten; ehe wir aber von diesen insbesondere sprechen, wollen wir erst einen Blick werfen auf diejenigen Landesverhältnisse, welche den Grund zu dem Hirtenwesen legen. Die Bevölkerung des Königreichs Ungarn ist im allgemeinen von jeher dünn gewesen, und wenn sie auch in einigen Komitaten sich derjenigen von Deutschland gleichstellte, so erreichte sie doch in den meisten nicht die Hälfte der Stärke, als sie nach der Frucht- barkeit des Landes sein könnte, und noch viel dünner ist sie dnrch den Krieg von 1849 geworden. Dies gilt besonders von den ausgedehnten Ebenen an der untern Donau und au der Theiß mit ihren Neben- flüssen. Dort liegen die Ortschaften so weit von einander, daß zwischen vielen ein Raum von drei bis vier deutscheu Meilen ist, und daß man solche, die nur eine Meile auseinander lägen, gar nicht kennt. Daher kommt es denn, daß manche Dörfer einen Hottar**) von zehn bis zwölf Quadratmeilen haben. Sind nun auch diese Ortschasteu meist stark bevölkert, so daß es Flecken und Dörfer giebt, die 10 bis 12 000 Einwohner zählen, so ist es doch geradezu uumöglich, daß sie *) Wirtshaus. — **) Feldmark.

2. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 78

1890 - Gotha : Behrend
78 Bilder aus Ost-Europa. 4. Von allen Insekten der südrussischen Steppe erscheint keines in so nngehenern Massen, und keines tritt deshalb und wegen seiner ungemein großen Freßgier mit dem Menschen in so gefährliche Berührung, wie die Heuschrecke. Die Heuschrecken sind keineswegs eine alljährliche Plage der süd- russischen Steppe. Es giebt Jahre, wo sie ganz ausbleiben oder wenigstens sich nicht zu jenen verheerenden Wanderungen zusammen- finden. Ja, es giebt sogar ganze Perioden von Jahren, in denen sie nicht erscheinen, und dann eben solche Perioden, in denen sie jedes Jahr in größeren oder geringeren Massen zum Vorschein kommen. Wenn jemand in einer deutscheu Kolonie auf deren Gebiete oder in ihrer Nachbarschaft ein nahendes Heuschreckenheer entdeckt, so ist er verbunden, dies so schnell als möglich dem Schulzen der Kolonie auzu- zeigen. Dieser entbietet alsdann flugs die ganze Gemeinde, und als- bald bewaffnet sich alles mit Glocken, Kesseln, Flinten, Pistolen, Peitschen, Trommeln und andern Dingen, die knallen und schallen und vor deren starken Tönen die Heuschrecken fliehen. Als die Kaiserin von Ruß- land 1828 auf dem Landgute des Herrn Raynaud am Schwarzen Meere bei Odessa wohnte, wurden die Heuschrecken mit Trommeln aus den Gärten verscheucht. Wenn die Heuschrecken schon niedergefallen und nicht gar zu matt sind, so werden sie von den Tönen aufgescheucht; wenn sie aber noch fliegen, vom Niederlassen abgehalten und zum Höherfliegen gezwungen. Außer diesen klangreichen Dingen schleppen die Leute auch Stroh und alles, was brennend einen starken Rauch macht, mit sich. Denn den Rauch vertragen die Heuschrecken noch weniger als den Lärm; insbesondere fliehen sie den von Weinrebenzweigen. So ausgerüstet rücken die Kolonisten ins Feld und ergreifen nun verschiedene Maßregeln, je nach der verschiedenen Lage und Stellung, in welcher sie den Schwärm sinden. Hat er sich bereits auf dem Gebiete der Nachbarn niedergelassen und schreitet er nun beständig grasend gegen das Gebiet, das sie schützen wollen, vor, so machen sie schnell an den Grenzen herum kleine Feuer, die von besonderer Wirkung sind, wenn der Wind den Heuschrecken Rauch entgegenführt. Es gelingt ihnen dadurch oft, den betreffenden Wanderern eine andere Richtung zu geben oder sie wenig- stens zum Halten zu bringen. Können sie aber nicht schnell und scharf genug feuern, oder ist der Heuschreckenschwarm zu mächtig — sie liegen oft bis 10 Centimeter hoch — so geschieht es wohl, daß, wenn auch die vordersten halten, doch die Hinteren nachflattern, zu Taufenden ins Feuer fallen, das sie mit ihren Leichnamen auslöschen und dem Reste zum Weiterschreiten Bahn schaffen Finden die Leute den Schwärm schon auf ihren eigenen Feldern niedergelassen, so umzingeln sie ihn sogleich und machen rund herum ebenfalls kleine Feuer, um ihn zuvörderst in diefer Feuerkette zu fesseln und zum Anhalten zu bringen. Alsdann zünden sie kleine Stroh- bündel und andere Feuerbrände an und Wersen sie in den einge-

3. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 198

1890 - Gotha : Behrend
198 Bilder aus Süd-Europa, blauen Jacken und rundem Hut, bepackt mit Ackergerät, kommen aus den weißen Häuschen von Somma. Der fressende Lavastrom ist ins Thal geflossen und hat mit unwiderstehlicher Gewalt ihre Gärten und Felder überschwemmt und ihre Hänser verbrannt; sie werden niemals wieder ihren Acker bebauen, er ist mit Lava bedeckt. Noch am vorigen Abende leuchtete der friedliche Vollmond über dieser zauberischen Landschaft, über diesen rebenumsponnenen Hängen des Vesuvs. Niemand kümmerte sich um den gefährlichen Nachbar, der schon jahrelang gespukt und dann wieder geschwiegen hatte. Alles schlummerte in den umlaubten Hütten. Da um Mitternacht erhob der Berg ein dumpfes Grollen und rüttelte an den Fenstern und Thören. Ein Sturm brauste dazu, daß die Wände zitterten. Der besorgte Haus- vater sprang ans und stürzte vor die Thür. Er wußte nach dem ersten Blick, was ihm bevorstand. Sie kommt, die uuentfliehbare Lava, die Verwüsterin der Städte und Dörfer! Nicht wie die züngelnde Flamme, die nur das Haus bedroht, sondern wie eine mächtige Feuermauer, purpurrot, rauschend und rasselnd und unter ihrem langsamen Schritt alles begrabend und vernichtend, Häuser und Bäume, Äcker und Gärten, — unlöschbar und nnbesieglich. Die Kräuter und Sträucher knistern stammend vor ihr auf, ihr Feeur kriecht an den Ranken der Reben in die Höhe und knistert in den Ästen der Bäume. Nichts kann ihr widerstehen. Schon hat der Bauer die Seinigen vom Lager aufgestört. Die Frau schreit und ruft alle Heiligen an, die Kinder weinen und starren mit ängstlichen Blicken in den Feuerschein. Hier gilt kein Säumen, denn schon prasseln Schlacken und Steine, welche der Berg in großen Bogen ausschleudert, um das Haus und auf das Dach, fchou brennt es bei den Nachbarn. Schnell werden die notdürftigen Habseligkeiten zu- sammengerafft und das blökende Vieh an den Strick gelegt. So geht's zur schleunigen Flucht. Von allen Seiten strömen die Flüchtigen zu- sammeu. Laute Zurufe, Geschrei und Blöken, Jammern und Weinen vermischen sich mit einander und mit den dumpfen Klängen der Kirchen- glocken, welche in den Thülern geläutet werden. Geängstigt bleich und schweißtriefend — so eilen die Vertriebenen thalabwärts, nach den? Meere, nach Portici, nach Neapel. In der Stadt ist meines Bleibens nicht, es zieht mich nach dem Berge, nm der Verwüstung und dem Greuel ins Angesicht zu sehen. Hinter Resiua sührt eiu Weg zwischen Weingärten aufwärts. Hier haben Soldaten einen Cordon gezogen, um die verlasseueu Häuser zu überwachen und den Dieben und Strolchen zu wehren, welche sich das Unglück zu nutze macheu und zu plündern versuchen. 'Je höher ich steige, desto mehr erdröhnt der Boden, desto lauter brüllt der Donner des Berges, desto schwärzer erscheint die Wolke. In einer Dorfkapelle liegen drei Opfer des Ausbruches, ein Land- mann, ein zerlumpter Bauernknabe und ein fein gekleideter junger und schöner Mann. Man fand sie erschlagen, erstickt, halb verbrannt unter den Schlacken. Viele andere hat ein grausamer Feuertod iu der Lava

4. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 72

1890 - Gotha : Behrend
72 Bilder aus Ost-Europa. lebhaft ist's im Schilfwalde geworden, wo mit Schilf ein großer Handel getrieben wird, weil es als Hausdach und Hauswand dient, als Gartenzaun und Brennmaterial benutzt wird. Ganze Regimenter sendet die Krone zum Schilfschneiden, ganze Städte und Dörfer wandern aus; da werden Wege durch Sumpf und Fluß mittelst der Schilfbündel gebaut, da rauscht es von Sensenhieben, vom Jubel der Arbeiter, da schwirrt es von aufgescheuchten Enten, Gänsen und Pelikanen, da giebt es mit- unter ein Wolftreiben oder einen Jagdfang, bis nach wenigen Wochen der Erntejubel auf der Steppe und am Fluß verstummt, die Menschen verschwinden, um den Herden wie dem Wild freien Raum zu gewähren. Schweigend liegt die Steppe in der Sonnenglut; aus den Regen- schluchten steigt ein glühendheißer Luftstrom, weite Risse klaffen auf am steinharten Boden, das Gras verdorrt, Teiche und Brunnen verdunsten, das Vieh magert ab und erträgt mit Ungeduld Hitze und Durst in schattenloser Steppe. Unaufhaltsam trabt die sonst so langsame Herde dem Tränkplatz zu und tritt regelmäßige geradlinige Pfade aus; am Brunnen des Dorfes steht sogar eine Schutzwache. Schwarzer Staub steigt bei jedem Schritte empor und mehrt die Qualen der Hitze; das Gras zerfällt mürbe in Asche, die Luftspiegelung zeigt ihre trügerischen Wasser- und Baumlandschaften, träge liegen die Herden den Tag über in der Sonne, verlieren den Appetit und die Lebenslust. Erst mit Ansang des Septembers kühlt sich die Luft ab, Nachttau und mit- uuter ein Regen erquicken die Pflanzen, die von neuem grünen, die Herden werden mnnterer, der Übermut der Steppenwildheit erwacht wieder in ihnen, und bald tönt die Steppe wieder vom Hufschlag flüchtiger Roßherden, vom Brüllen und Blöken der Rinder und Merinos, vom Kläffen der Hunde, vom langgezogenen eintönigen Zuruf der Hirten, mit welchem sie sich und die Herde leiten, von Vogelgeschrei, Tierkämpfen und Jagdlärm der Kosaken. Doch die Tage werden kürzer, die kalten Nächte länger, und das sreie Steppenleben geht zur Neige. Langsam treibt der Roßhirt seine schwer zu bändigende Herde nach der Dreschtenne oder dem Roßmarkt, der Rinder- und Schafhirt die seinige nach dem Schlachthause. Sieh, dort der Dreschplatz von Leinen, Pfählen und Planken eingefaßt, sein Boden mit tausend Garben bedeckt. Der Hirt hält die Herde beisammen, die scheuen Tiere drängen und stoßen einander, steigen empor, kreischen und schlagen aufeinander. Aber alle Gegenwehr ist vergeblich, die Hälfte der Herde muß in die Tenne. Wild stürzt sie hinein, daß die Garben hoch auffliegen, und die ausgetretenen Körner knisternd umher- fliegen. Dadurch werden die Tiere noch scheuer, springen in tollen Sätzen die Tenne auf und nieder, indem sie einen Ausweg suchen, bis sie von Schweiß triefend herausgelassen werden, und die andere Hälfte der Herde die Arbeit des Austretens vollenden muß. Ähnlich ergeht es den Rosien auf dem Markte, in dessen Umzäunung sie sich drängen und tummeln, während der Hirt mit der Schlinge dieses und jenes sängt, es durch einen Ruck zu Boden wirft und dem Käufer überliefert, der es zähmt. Viel eruster wird der Herbstschluß für die fetten Rinder

5. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 73

1890 - Gotha : Behrend
Die südrussischen Steppen. 73 und Schafe. Sobald diese in die Nähe der weiten Schlachthöfe ge- kommen sind, aus denen ihnen der faule Blutgeruch entgegen weht, sträuben sie sich, wollen nicht weiter, brüllen und stöhnen und können nur durch List und Gewalt abteilungsweise in den Hof gebracht werden. Hier befällt sie Zagen und Zittern, sie verschmähen das dargebotene Futter, hängen den Kopf in banger Todesangst und müssen mit Ge- walt in den Schlachtsaal getrieben werden, wo ihnen die rohen Schlacht- knechte mit schwerer Axt das Rückgrat zerschmettern, daß die Tiere mit unsäglichen Schmerzen verenden. Bis an die Knöchel waten die Schlächter mit den Stulpstiefeln in Blut, auf dem Hofe sammeln sich Blutlachen, schleppen Huude, Geier, Nabeu, Seemöwen sich mit Ein- geweiden und Fleischresten umher und raucht es in den Talgsiedereien Tag und Nacht. Ahnliche Schrecknisse erlebt das Wild in der Steppe, denn der Herbst bringt die Steppenbrände, die absichtlich und unabsichtlich an- gelegt werden. Meilenweit ist die Steppe ein Fenermeer, welches den nächtlichen Himmel rötet. Knisternd und fußhoch züngelnd schreitet der Brand vor, hier schnell über dichtes Gras laufend, dort langsamer am holzigen Gestrüpp zehrend oder von einer Schlucht oder von einem Wege aufgehalten. Funken fliegen empor, dort knistert die dünne Königs- kerze wie eine Rakete, hier zischt das feine Büschel des Seidenkrantes, und ein schwüler Gluthauch weht von der Flamme herüber. Da fliehen Wolf und Hund, Vogel und Amphibie, da stürzen wilde Herden in wildem Jagen davon und müssen sich oft durch einen kühnen Lauf durchs Feuer retteu. Noch grauenhafter wird der Brand, wenn ein Schilfwald brennt, und ein Feuerstrom knisternd und prasselnd das Thal herabzieht. Wie schwirren da die Bogelscharen schreiend empor, kommen Wölse aus dem Dickicht geschossen und stürzt mancher fliegende Pelikan oder Hänfling in das Feuer! Nach dem Brande erscheinen endlich die Winterstürme und fegen die Steppe rein. Sie brechen das dürre Schilf, knicken der Windhexe den Kopf ab und treiben ihn hüpfend wie einen Federball über die Steppe, bis er in ganzen Wolken ins Meer fällt. Bald sinkt auch Schnee nieder und deckt die Steppe zu, so daß sich die Herden ihr karges Futter unter dem Schnee hervor- scharren müssen. Jetzt treibt sie der Hirt in die Umzäunung des Winterschuppens, der nur zum kleinsten Teil bedeckt ist. Frierend und hungernd drängen sich die Tiere aneinander, um sich zu erwärmen, doch manches erliegt dem Klima und dem Mangel. Auf der Steppe aber treiben die rafenden Schneestürme ihr Spiel, welches denen Ver- derben bringt, die von ihnen überfallen werden. Bei heiteren Himmel bricht der Schneesturm heulend herein und rast gewöhnlich drei Tage. Er hebt den lockern Schnee vom Boden aus, wirbelt ihn durcheinander und sendet dann zugleich aus schweren Wolken ein furchtbares Schneewetter herab, daß Erde und Himmel in wirbelnde Schneewogen aufgelöst scheinen. Da kann man °kein Auge öffnen, keine Richtung finden, sondern wird vom Sturm willenlos fort- getrieben. Werden Herden von ihm auf der Steppe überfallen, so sind

6. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 233

1890 - Gotha : Behrend
Madrid. 238 bereit jedoch nur wenige sich blicken lassen, und diese sehen allerdings zurückstoßend genug aus, in braune Mäntel gehüllt, die Montera oder den breitrandigen Hut iu die Stirn gedrückt. — Lebendiger wird die Landstraße selbst, je" mehr man sich der Hauptstadt nähert. Lange Züge oou hochbepackten Maultieren kreuzen sich, dereu Führer in ihrer Tracht sogleich die Provinz erraten lassen, deren Produkte sie uach der Haupt- stadt bringen — kürzere Züge von Karren und sogenannten Galeeren (vierräderige Fuhrmanuswagen) mit Maultieren bespannt, bewegen sich langsam einher — dann erhebt sich plötzlich eine Staubwolke, die rasselud und klingend sich nähert und eiue coche de colleras mehr erraten als erblicken läßt — ein kolossales, ungeschlachtes Gebäude, welches das Hans Österreich noch auf dem spanischen Thron gesehen zu haben scheint, — von sieben raschen, reichgeschmückten Manltieren gezogen, von einigen bewaffneten Reitern umgeben, rollt in tollem Galopp weiter, auf einige Minuten alles in eine Staubwolke hüllend. — Aus dieser entwickeln sich bald auch andere einzelne Reisende. Weltgeistliche und Ordensgeistliche auf stattlichen Maultieren — auch wohl ein Franziskaner auf einem Eselein, behaglich zwischen den frommen Spenden sitzend, die er seinem Kloster zuführt — gauze Banernfamilien, auf einem Tiere reitend —- oder ist es ein Esel, so sitzt die Mutter mit den Kindern darauf, und der Vater schreitet rüstig nebenher — doch muß es dem fremden Reisenden bald auffallen, daß er öfters zwei als eiueu Reiter auf einem Pferde oder Maultiere sieht, ja uicht selten wird die Zahl der Haimonskinder fast voll. Schon erblicken uufere Reifenden die puerta de Alcala vor sich, die mit dreifachen maurischen Triumphbogen, Trophäen, Pilastern, In- schristen u. s. w. einen sonderbaren Abstich gegen die Wüste bildet, die bis an die Mauern der Stadt reicht. Eine zahlreiche Herde Ziegen und einige Stiere, die, für das nächste Stiergefecht bestimmt, soeben vom Gebirge heruntergetrieben worden waren und mit Mühe von den Treibern gebändigt wurden, hatten sich mit einer Herde von Eseln, die ledig aus der Stadt uach den benachbarten Windmühlen zogen, im Thore gekreuzt, und die daraus eutsteheude Verwirruug zwang den Post- wagen, etwa hundert Schritt vom Thore zu halten, und trennte ihn von seiner Eskorte, die schon voran und zum Thore hineingeritten war. Eine Staubwolke umgab und bedeckte diese ganze verworrene Masse von Menschen und Vieh. Das Brüllen der Stiere, das Schreien der Esel, das Schelten und Rufen der Treiber zwang die Reifenden bald, alle Hoffnung aufzugeben, sich hier Gehör oder gar freien Durch- gang zu verschaffen, und sie waren entschlossen, ruhig die Entwirrung dieses Knäuels abzuwarten, als sie sehr unerwartet aus dieser Rolle philosophischer Zuschauer gerissen wurdeu. Um den Postwagen drängten sich plötzlich einige bewaffnete Reiter, von denen einer blitzschnell die Stränge der Maultiere abschnitt, während zwei andere den Majoral und Zagal*) und zwei die Reisenden unter Vorhaltung sehr eindring- *) Kutscher und Kondukteur.

7. Deutschlands Kolonieen - S. 28

1889 - Gotha : Behrend
28 Deutschlands Kolonieen. [292 sie sind hier aber eigentlich nur Leibeigene, welche von ihren Herren mild behandelt und nicht übermäßig angestrengt werden, Haus- dienste und den Feldbau gemeinschaftlich mit den Weibern ver- richten, nicht selten auch in den Faktoreien der europäischen Kauf- leute gegen Tagelohn beschäftigt werden. Die meisten Sklaven kommen aus den Reichen Dahome und Aschanti und sind Kriegs- gefangene, welche nach den Küstenländern verkauft werden. Doch können auch Landeskinder durch Gerichtsbeschluß infolge mancher Vergehen zu Sklaven erklärt werden. Die Ausfuhr von Sklaven hat seit 1863 aufgehört, weil es seit der Abschaffung der Sklaverei in Nordamerika kein Absatzgebiet für die schwarze Ware mehr gab und die englischen Schiffe mit durchgreifendem Erfolg die Sklaven- schiffe abfingen. Im Küstengebiet besteht aber der Handel weiter. Zuweilen kaufen Missionare Negerkinder, um sie zu erziehen und ihnen dann die Freiheit zu schenken. Die Sklaverei ist dort ein tiefgewurzeltes Übel, durch tausend Fäden verknüpft mit den Ver- Hältnissen des Landes und der umliegenden Negerreiche. Werden doch heutzutage alljährlich in Dahome Tausende von Kriegsge- fangenen niedergemetzelt, weil man sie nicht alle verkaufen kann, wie ehedem. Die Stellung der Frauen ist keine angenehme. Die Ein- gebornen pflegen alles, was sie ersparen, zum Ankauf von Sklaven oder — Frauen anzuwenden. Wer ans Heiraten denkt, muß sich eine Frau kaufen, und die Wohlhabenden haben eine große Anzahl derselben. Sie werden häufig schlechter behandelt als die Sklaven. Ihnen fällt die Hauptarbeit in Haus, Hof und Feld zu, und auch der größte Teil des Handels liegt ihnen ob, indem sie die Früchte von den Feldern zu Markte bringen und das Öl auf ihrem Kopfe den Faktoreien zutragen müssen. Die Herrschaft wird von Häuptlingen und Königen aus- geübt. Aber der Umstand, daß jeder größere Ort seinen eigenen König besitzt, läßt dieses Herrschertum nicht gerade bedeutungsvoll erscheinen. Die Anerkennung des Vorortes Togo als Oberherr- schaft ist bei den übrigen Städten und Dörfern nur dem Namen nach vorhanden. Der König erhebt keine Steuern, sondern stützt seine Macht auf den Ertrag seiner Handelsgeschäste und die Arbeit seiner zahlreichen Weiber und Sklaven. Zu seinen Einkünften ge- hören noch Zolleinnahmen. Seine hauptsächliche öffentliche Wirk- samkeit besteht in der Schlichtung von Streitigkeiten und in der

8. Deutschlands Kolonieen - S. 55

1889 - Gotha : Behrend
319] Die deutschen Kolonieen in Afrika. 55 Küstenebene hat eine Breite von 50—80 Seemeilen und ist außer einzelnen Hafenorten fast gar nicht bewohnt. Das Innere des Landes ist bereits vor der deutschen Be- sitzergreifung von deutschen Missionaren, englischen, französischen und deutschen Forschern durchzogen (Livingstone, Burton, Stanley, Thomson, Girand, v. d. Decken, Pogge, Denhardt, Wißmann :c.), und seitdem das Gebiet unter deutschem Schutze steht, haben zahl- reiche Forschungsreisen nach dem Innern die Ergebnisse jener Forschungen vermehrt. So besitzen wir über die Natur jener Landschaften ziemlich sichere Kunde. — Jenseit der Küstenebene steigt das Land terrassenförmig zu ausgedehnten Hochebenen von 1500—1800 m Höhe auf, welche von Höhenzügen durchlagert und von bedeutenden Gebirgen unterbrochen sind. Weiter nach dem Innern zu senkt sich das Land nach dem Gebiet der großen Seeen. Die Natur der einzelnen Landschaften ist sehr verschieden. Wüstenartige Wildnisse mit Mimosen, Dorngestrüpp und Akaziengebüsch wechseln mit tropischen Urwaldgebieten, welche den üppigsten, farbenprächtigsten Pflanzenwuchs aufweisen, die verschiedenartigsten Palmen, sowie Tamarinden, Affenbrot- bäume und andere Baumarten enthalten und von Schlingpflanzen aller Art durchwuchert sind. An den sumpfigen Ufern der Flüsse und Seeen finden sich große, ungesunde Dschungelgebiete mit strotzender Sumpfoegetation und vielgestaltiger Tierwelt. Weite, wellenförmige Savannen, von tiefen Furchen durchschnitten, in der heißen Zeit von der Sonnenhitze ausgetrocknet, zur Regenzeit mit saftigem Graswuchs und Buschwerk bedeckt, wechseln mit den Ansiedelungen der Eingebornen, welche mit Fruchtgärten und Getreidefeldern umgeben sind. Oft bauen die Bewohner im Überfluß, weit über ihren Bedarf, Mais, Reis, Hirse, Sorghum, Bohnen, Kürbisse, Knollengewächse, Zuckerrohr, Bananen und Tabak. Die Eingebornen halten es nicht (wie sonst fast überall) für eine Schande, den Spaten zur Hand zu nehmen. Männer und Frauen, Herren und Sklaven bringen den größten Teil des Tages auf ihren Feldern zu, verstehen es auch, ihre Grundstücke bei eintretenden Dürren künstlich zu bewässern, wenn die quellen- reichen Abhänge der Gebirge in der Nähe sind. Solche frucht- bare, wohlbevölkerte Landschaften sind die Gebirgsländer Khutu, Nguru und Ufa gar a. Die Gebirge erreichen hier eine Gipfel- höhe von 2000 bis 2400 m, sind mit prächtigen Nutzhölzern,
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