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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 394

1890 - Gotha : Behrend
394 Bilder aus der norddeutschen Tiefebene. Menschen, der seine Absicht nicht verhehlt: „Hei geit np Holfchen" (er- geht ans Holzschuhen), d. h man errät seine Gedanken und Pläne von ferne. Wenn auch in einigen Familien, namentlich in einsamen Gehöften, man sich das nötige Schuhwerk selbst zurecht klopft und bohrt, so er- fordert es doch seinen eigenen Mann, um allen Anforderungen, deren diese Kuust fähig ist, genügen zu können. Man findet daher auch in den meisten niedersächsischen Dörfern kleine Leute angesiedelt, die aus besagter Kunst ein besonderes Gewerbe machen und nebenbei ihr Gürtchen und Feld bestellen — die sogen. Holzschuhmacher. Man erkennt ihre kleinen Werkstätten und Wohnungen bald an den Birken-, Erlen- und Pappelklötzen, die sie umstehen, und aus deuen die Holz- schuhe verfertigt werden. Die Holzschuhmacher haben allerlei sehr sonderbar gestaltete Instrumente, die mit denen des Tischlers und Drechslers die meiste Ähnlichkeit haben. Wie diese gebrauchen sie das Beil, die Säge und den Hammer. Aber die Aushöhlung des Schuhes, die vornehmste Aufgabe des Holzfchnfters. ist eine Arbeit so eigentüm- licher Art, daß sie auch ganz eigentümliche Werkzeuge nötig macht, die zum Teil sehr wunderlich aussehen. Das wichtigste darunter ist der sogenannte „Holschen-Bohrer", mit dem der zum Schuh bestimmte Klotz zunächst sowohl in der Richtung des Hackens als nach den Borderfüßen zu angebohrt wird, um vor allen Dingen das Grobe auszuräumen und ein wenig Platz zu schaffen für die feinere Ausarbeitung. Danach kommt das sogenannte „Holschen- Isen", ein Messer, nm die Hackenhöhlung auszuarbeiten, und dann das sogenannte „Holschen-Messer", das sehr wunderlich gestaltet ist und dazu dieut, die Haupthöhlung für den Borderfuß zuftaude zu bringen. Sach, Hartmann und Kohl. 3. Die Moore Norddeutschlands. 1. Entstehung und Verarbeitung des Moores. — 2. Das Teufelsmoor. 1. Im Gegensatz zu den über Sümpfen gebildeten Grünlandsmooren des östlichen Deutschlands (Oderbruch, Warthebruch, Luch, sowie nach Jahren auch dem Steinhnder Meere) sind die Moore Westdeutschlands aus der hohen Geest entstanden und heißen deshalb Hochmoore. Über die Entstehung derselben sind srüher nicht selten die abenteuerlichsten Be- hauptuugen aufgestellt; bald ward das Moor für eine besondere, mit Schwefel und Erdöl durchsetzte mineralische Substanz gehalten, bald sollte es aus nördlichen Gegenden auf Erdschollen Hergetrieben oder bei großen Fluten angeschwemmt sein, oder man sah darin eine Strafe Gottes und glaubte, das Moor sei von Uranfang an vorhanden ge- Wesen. Wir wissen heutzutage, daß das Moor ein vegetabilisches Ge- bilde ist, in welchem die Pflanzen meistens vermodert, teils aber noch deutlich zu erkennen sind. Auf alle Fälle hat die Moorbildung still-

2. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 98

1890 - Gotha : Behrend
98 Bilder vom deutschen Rhein. deren Gebiete sie lag, erhielt sie den Namen. Diese legten Befestigungen an, um den wichtigen Übergang nicht in die Hände der Feinde geraten zu lassen, und wo schützende Mauern waren, da ließ sich der friedliche Händler und Handwerker gern nieder. Eine Ortschaft entstand, und schon in der Zeit Ludwigs des Frommen wird die Ansiedlnng ein locu« celeber (ein volkreicher Ort) genannt. Doch eilen wir nun der Stadt zu! Der Weg sührt uns nach Sachsenhausen. Seiue Bewohner, wie man sagt Nachkommen der von Karl dem Großen hier angesiedelten Sachsenkolonie, meist Obst- und Gemüsegürtuer, Fischer, Schiffer und Tagelöhner, sind als ein kerniges und derbes Geschlecht bekannt, aber auch gutmütig und fleißig, und jeder, der die geräumige Verkaufshalle der Sachfenhünserinnen in Frankfurt aufsucht, wird seine Freude haben an den wohlgediehenen Gartenge- wachsen, die ihr Fleiß dem Boden abgewonnen hat. Über die alte Brücke gelangen wir nach Frankfurt. Wie lange schon dient der ehrwürdige Bau dem friedlichen Verkehr zwischen Nord- und Süddeutschland! Aber auch schwere Kämpfe sah die Brücke im Laufe der Jahrhunderte. Sie könnte uns erzählen von den streitenden Parteien bei so mancher Kaiserwahl; sie war Zankapfel zwischen Kaiserlichen und Schweden; sie sah in endlosen Zügen unsere westlichen Nachbarn sich in unser unglückliches Vaterland ergießen; auf ihr wogte noch der Kampf zwischen Bayern und Franzosen nach der Schlacht bei Hanau. Heute aber — welch buntes Treiben auf und unter diesem Fluß- Übergänge! Die Brücke, deren Mitte jetzt durch das Standbild Karls des Großen geschmückt ist, war eine derjenigen Stätten, die der Knabe Goethe auf den Streifereien mit seinen Gespielen am liebsten aufsuchte, und weuu auch die zwischen Frankfurt und Mainz verkehrenden Markt- schiffe, deren Ankunft ihn besonders unterhielt, ihre Fahrten längst ein- gestellt haben, so bietet sich uns doch immer noch ein belebtes Flußbild dar. Die Brücke besteht noch so, wie sie Goethe gesehen; lange Zeit genügte sie für den Verkehr. Jetzt führen weiter abwärts noch drei, aufwärts noch eine Brücke über den Strom. Wenn wir unseren Weg fortsetzend das eigentliche Stadtgebiet be- treten und an dem rechten Mainufer auf dem stattlichen Quai abwärts geheu, fällt uns das hohe Gebäude des Saalhofs in das Auge, an der Stelle» wo früher die Sala Ludwigs des Frommen stand, die Ge- burtsstätte Karls des Kahlen und der Sterbeort Ludwigs des Deutschen. Dann wenden wir uns rechts, und nach wenigen Schritten erhebt sich vor uns der Dom. Welche Fülle nicht für Frankfurt, sondern für ganz Deutschland bedeutungsvoller geschichtlicher Erinnerungen knüpft sich an den Dom! Schon lange ehe durch die goldene Bulle Frankfurt zur Wahlstadt bestimmt wurde, kürte man hier bereits den Kaiser. Diese feierliche Handlung wurde in einer schmucklosen Kapelle des Doms vor- genommen. Dann zog der Neugewählte nach Aachen, um sich dort krönen zu lassen. Später wurde auch die Krönung hier im Dome voll- zogen. Eiuer der deutschen Kaiser, Günther von Schwarzburg, liegt hier auch begraben.

3. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 322

1890 - Gotha : Behrend
322 Bilder aus dem norddeutschen Gebirgslande. zünden. Jeder Karren mußte deshalb früher ein Fäßchen mit Wasser und einen Eimer mit sich sühren. Aber trotz dieser Vorsichtsmaßregeln konnte es geschehen, daß das ganze Fahrzeug plötzlich so iu Glut geriet, daß dem Kohlenfuhrmann nichts übrig blieb, als sein Pferd zu retten. — Da die unwegsamsten und entlegensten Teile des Gebirges die Haupt- statten der Köhlerei abgaben, so war die Abfuhr der Kohlen ebenso be- schwerlich wie gefährlich. Der Fuhrmann mußte auf schmalen, steilen Wegen, die diesen Namen überhaupt nicht verdienten, mit zwei, auch wohl drei hintereinander gehenden Karren zu Thale fahren. Kreischend, ohne Hemmung drehten sich die Räder aus der hölzernen Achse. Hätte man sie mittels einer Schraube, des Hemmschuhes oder durch ein langes, quer durchgestrecktes Stück Holz hemmen wollen, so würde die ganze Last dem Pferde auf dem Rücken gelegen und dieses zu Boden gedrückt haben. Nur durch ein hinten an den Korb gebundenes und mit Erde beschwertes „Schleifreisig" von Hecke war es möglich, den Karren auf das allernotdürftigfte zu hemmen und zugleich das Pferd wenigstens etwas zu entlasten. Die „Folgepferde", die Pferde des zweiten und dritten Karrens, die der Fuhrmann fast sich selbst überlassen mußte, waren so abgerichtet, daß sie nicht auf das nachschleppende Reisig traten. Die Heimat der Köhler sind die Waldarbeiterdörfer des Harzes. Meistens hat sich das schwarze Gewerbe durch Jahrhunderte stets vom Vater auf den Sohn vererbt; und ein Adreßkalender der Köhler selbst aus der Blütezeit der Köhlerei würde nur wenige Familien- namen enthalten. (Im Jahre 1780 waren unter den Köhlermeistern, welche in der Gegend von Klausthal in fiskalischer Arbeit standen, fünf Gärtner, drei Schubert, drei Benshausen, zwei Kratsch.) Ein richtiger Köhlermeister wird auch nur, wer die ganze Schule vom Haijuugeu durch den Gehilfen („Hulpert") durchgemacht hat. Und der alte erfahrene Henning Calvör sagt, daß ein Köhlermeister Zeit seines Lebens nicht auslerne. Das Leben der Köhler gehört dein Walde noch in viel höherem Grade an, als das der Waldarbeiter. Während diese wenigstens ein- mal allwöchentlich mit ihrer Familie unter einem Dache weilen, sehen jene ihr Dorf im ganzen Sommerhalbjahr nur bei besonderem, hoch- wichtigem Anlasse, denn die Meiler brennen am Sonntage wie in der Woche, und wenn einer derselben ausgeladen wird, stehen andere schon wieder im Brande. Aber einmal wöchentlich macht sich die Frau des Köhlers mit der Kiepe auf, um diesen mit Brot und „Zubrot" und anderen Vorräten zu versorgen. Die Köteu der Köhler sind denen der Waldarbeiter gleich, nur sieht man ihnen in etwas an, daß sie für mehr dauernden Aufenthalt eingerichtet sind. Im Innern sind rechts und links vom Eingange einige Schränkchen und Vorratskasten angebracht, und die Hausgenossen- schast kann sich, weil weniger zahlreich, etwas wohnlicher einrichten. Jeder Zeltgenoß hat seinen bestimmten Platz am nie verlöschenden Feuer: die Bank zur Rechten gehört dem Meister, die zur Linken dem oder den Gehilfen, und die Köhlerbuben sitzen und schlafen im Hintergrunde jenseit

4. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 317

1890 - Gotha : Behrend
Bilder aus dem Waldleben des Oberharzes. 317 derselben, längere und kürzere. Andere Stämme werden nicht zerstückt, sie sollen als Schacht- oder als Bau- und Nutzholz Verwendung finden. — Die Stukeuroder, denen der schwerere Teil der Arbeit zufällt, sind einen Hai weiter zurück. Dort ist das Scheit- und Knüppelholz schon zum größten Teil abgefahren, und an seiner Stelle stehen bereits viele geschickt ausgemeterte Stukenbänke. An jenem vor dem Winde etwas geschützten Rande der Hauung, da wo das Feuer qualmt, steht die Bucht oder Köte der Waldarbeiter, mit deren Erbauung die Arbeit auf dem Hai begonnen hat. Viel Kunst und Mühe hat sie nicht erfordert: junge armdicke Fichten sind in Kreisform in den Boden geschlagen, oben zu einem Kegel zusammengebogen, außen mit großen Stücken Baumrinde bekleidet und innen in den Zwischen- räumen mit Moos verstopft. Eine niedrige verschließbare Öffnung dient als Thür und Fenster. In der Mitte der Bucht sind Steine zu einem Feuerherde zusammengelegt, und rings um denselben herum, dicht an der Außenwand, sind breite, niedrige Bänke angebracht. Mit Tannen- hecke, Heidekraut und einigen Moossäcken überdeckt, dienen sie besonders als Schlasstätten — Hier um das knackende und prasselnde Feuer, dessen Rauch vergeblich zu entweichen sich bemüht, lagern sich am Abend die ermüdeten Arbeiter, bereiten sich ihre beliebte Scheibensuppe und schließen ihr Mahl mit einem Stück Brot nebst Wurst und einem Schluck Branntwein. Dann wird das Feuer von neuem geschürt, die Thür verschlossen, und bald verkünden nur noch die Atemzüge der Schlafenden, daß die Waldeinsamkeit nicht völlig ausgestorben ist. „Wir essen ein saures Stück Brot." sagte ein alter Waldarbeiter. Und wer möchtge die Wahrheit dieses Wortes abschwächen, wenn er die Alten unter den Holzfällern, deren Rücken das Geradestrecken längst verlernt hat, mit ihren schwieligen, von tiefen Borsten durchfurchten Händen ihre schwere Arbeit verrichten, wenn er am Sonnabend sie müden Kniees ihrem Heimatdorfe zuwandern sieht? Während der Bergmann und der Hüttenmann nur ihre „Schicht zu verfahren" haben, darf der Wald- arbeiter sich vom Morgen bis zum Abend keine Ruhe gönnen, wenn er feinen Lohn nicht schmälern will. Und wenn im Winter die Höhen und Gründe tief im Schnee liegen, ist er oft lange Zeit arbeits- und verdienstlos, wofern es ihm nicht gelingt, sich in der nahen Stadt mit dem Zerkleinern des Brennholzes einen willkommenen Tagelohn zu er- werben. Eins aber hat der Waldmann vor dem Berg- und Hütten- mann voraus, und es ist nicht hoch genug anzuschlagen, die uuver- fälschte gesunde Luft. So findet man denn auch verhältnismäßig viel mehr hoch betagte Wald- als Bergarbeiter. Auch Unglücksfälle kommen beim Holzfällen viel seltener vor, als man anzunehmen geneigt sein möchte. Der Feind, den der Waldarbeiter besonders zu fürchten hat, und der ihn auf seinem mangelhasten Lager in zugiger Köte früher oder später sicher überfällt, ist das Rheuma. So mancher Harzer, der von Kindesbeinen an im Walde lebte und arbeitete, verwächst nach und nach so völlig mit diesem, daß er sein Haus im Heimatdorfe nur noch als Absteigequartier ansieht; wenn seine

5. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 47

1890 - Gotha : Behrend
Petersburg. 47 Peterhof, Oranienbanm, Strelna, Kolameja, Nuove, Derevnie, Kei- stophski, Kameneostroph, auf der Sechziger Kolonie (deutsche) in Lachta (an der See), auf der vierzehnten Werst (nahe beim Jrrenhause), auf der Apothekerinsel :c. wohnen? Im Sommer aber kann man in dem menschenleeren Petersburg oft die notwendigsten Handwerker nicht haben, weil sie auf dem Lande wohnen; mit Mühe einen Geistlichen oder Arzt finden, weil sie eine Datsche bezogen; kein Geschäft ab- schließen, weil Beamte, Kaufleute sich des Lebens im Grünen freuen. Doch kommt der strenge Geschäftsmann, der vielbeschäftigte Arzt, der Beamte während der Woche, der Geistliche am Sonntage in die Stadt, dort seinem Beruf einige Stunden zu widmen. Aber meist fchon zum Mittagsesfen um 4 oder 5 Uhr erscheinen sie wieder auf dem Lande, wo alsdann Dampfschiffe, Eisenbahn, Omnibus, Equipagen, besonders aber eine Anzahl von Einspännern die Väter und Gatten den Ihrigen und den Fleischtöpfen Ägyptens zuführen. In den geöffneten Zimmern zu ebener Erde, auf den breiten Holzbalkons, in den Gärten der Dat- schen harren gedeckte Tische des Essens und der Essenden. Gegen Abend sitzen die Familien kartenspielend, oder plaudernd, wenn es nur halbwegs kühl ist, im Pelzkragen um ihr Häuschen herum oder gehen einmal ihr Dörfchen auf und ab, denn große Spaziergänger find die Petersburger nicht. Um 9 Uhr versammelt der Samowar alle Be- wohner des Hauses um sich im Junern der Wohnung oder wieder auf dem Balkou. Derselben besitzt jede Datsche wenigstens einen, meistens viere. Indem mau einen oder den andern mit Leinwandwäuden um- giebt und beinahe luftdicht verschließt, gewinnt man nur so viel Zimmer mehr, die einen, namentlich zur Theestunde, ganz zweckmäßigen Über- gang vom Freien zum geschlossenen Räume darstellen. Gewöhnlich ist der Parterrebalkon nach der Strciße — nicht etwa der schönere nach der Landschaft — der Lieblingssitz der Hausfrau, der Sammelort der Familie. Nicht bloß, weil man von da aus das oft staunenswert geräuschvolle Leben des Dorfes, Kommen und Gehen der Nachbarn, Essen und Trinken der Gegenüber am besten beobachten, sich selbst samt Angehörigen und Gästen, Mahlzeit und Service am besten präsentieren kann, sondern auch, weil man von hier aus den Eingang des Hauses und Gartens im Auge hat, und seinen eigenen Portier und seine eigene Polizei — sehr wichtig! — zu spielen vermag. Da giebt man den suchenden Fremden Auskunft, den Bettelnden ein Almosen, den Musikanten Gehör und Lohn, kontrolliert, verscheucht oder ruft die Passanten oder Einkehrenden. Wichtig ist es besonders, uuter den hausierenden Bäuerinnen, Armeniern, Juden, Odstleru, Fischern, Metzgern, Bäckerjungen, Grünkerls (wie die Gärtner genannt werden) sich diejenigen heranzulocken und heranzugewöhnen, deren man bedarf. Denn von morgens bis abends durchzieht eine solche Schar die Dörfer, Chausseeeu, Einöden, Inseln und bringt den Landbewohnern, was sie bedürfen oder nicht bedürfen: Himbeeren, Erdbeeren, Melonen, Apfel, Schnürriemen, Bänder, Spitzen, französisches Brot, Wiborger Kringel, Moskauer Zwieback, Leinwand, Tabak. Thee, Nadeln, Blumen-

6. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 183

1890 - Gotha : Behrend
Neapel. 183 niemals unterbrochen wird, es bald so weit bringen, daß sie ihr Gewerbe ansehnlich erweitern. Ich würde zu weit aus meinem Wege gehen, wenn ich hier von der mannigfaltigen Kramerei sprechen wollte, welche man mit Vergnügen in Neapel, wie in jedem andern großen Orte bemerkt; allein ich muß doch hier vou den Herumträgern sprechen, weil sie der letzteren Klasse des Volks besonders angehören. Einige gehen herum mit Fäßchen Eis- Wasser und Citronen, um überall gleich Limonade machen zu können, einen Trank, den anch der Geringste nicht zu entbehren vermag; andere mit Kredenztellern, auf welchen Flaschen mit verschiedenen Liqneuren und Spitzgläser in hölzernen Ringen vor dem Fallen gesichert stehen; andere tragen Körbe allerlei Backwerks, Näscherei, Citronen und anderes Obst umher, und es scheint, als wolle jeder das große Fest des Genusses, das in Neapel alle Tage gefeiert wird, mit genießen und vermehren. Wie diese Art Herumträger geschäftig sind, so giebt es noch eine Menge kleiner Krämer, welche gleichfalls herumgehen und ohne viele Umstände auf einem Brett, in einem Schachteldeckel ihre Kleinigkeiten, oder auf Plätzen geradezu auf flacher Erde ihren Kram ansbieten. Da ist nicht von einzelnen Waren die Rede, die man auch in größeren Läden fände, es ist der eigentliche Trödelkram. Kein Stückchen Eisen, Leder, Tuch, Leinewand, Filz n. s. w., das nicht wieder als Trödelware zu Markte käme, und das nicht wieder von einem oder dem andern ge- kauft würde. Noch sind viele Menschen der niedern Klasse bei Handels- lenten und Handwerkern als Beiläufer und Handlanger beschäftigt. Es ist wahr, man thnt nur wenig Schritte, ohne einen sehr übel- gekleideten, ja sogar einem zerlumpten Menschen zu begegnen, aber dieser ist deswegen noch kein Fanlenzer, kein Tagedieb! Ja, ich möchte fast das Paradoxon aufstellen, daß zu Neapel verhältnismäßig vielleicht noch die meiste Industrie in der ganzen niedern Klasse zu finden sei. Frei- lich dürfen wir sie nicht mit einer nordischen Industrie vergleichen, die nicht allein für Tag und Stunde, fondern am guten und heitern Tage für den bösen und trüben, im Sommer für den Winter zu sorgen hat. Dadnrch, daß der Nordläuder zur Vorsorge, zur Einrichtung von der Natur gezwungen wird, daß die Hausfrau einsalzen und räuchern muß, um die Küche das ganze Jahr zu versorgen, daß der Mann den Holz- und Fruchtvorrat, das Futter für das Vieh nicht aus der Acht lassen darf n. s. w.; dadurch werden die schönsten Tage und Stunden dem Ge- miß entzogen und der Arbeit gewidmet. Mehrere Monate lang entfernt man sich gern aus der freien Luft und verwahrt sich in Häusern vor Sturm, Regen, Schnee und Kälte; unaufhaltsam folgeu die Jahreszeiten aufeinander, und jeder, der nicht zu Grunde gehen will, muß ein Hanshälter werden. Denn es ist hier gar nicht die Frage, ob er ent- behren wolle; er darf nicht entbehren wollen, er kann nicht entbehren wollen, denn er kann nicht entbehren; die Natur zwingt ihn, zu schaffen, vorzuarbeiten. Gewiß haben die Naturwirkungen, welche sich Jahr- tausende gleichbleiben, den Charakter der in so manchem Betracht ehr- würdigen nordischen Nationen bestimmt. Dagegen beurteilen wir die

7. Deutschlands Kolonieen - S. 28

1889 - Gotha : Behrend
28 Deutschlands Kolonieen. [292 sie sind hier aber eigentlich nur Leibeigene, welche von ihren Herren mild behandelt und nicht übermäßig angestrengt werden, Haus- dienste und den Feldbau gemeinschaftlich mit den Weibern ver- richten, nicht selten auch in den Faktoreien der europäischen Kauf- leute gegen Tagelohn beschäftigt werden. Die meisten Sklaven kommen aus den Reichen Dahome und Aschanti und sind Kriegs- gefangene, welche nach den Küstenländern verkauft werden. Doch können auch Landeskinder durch Gerichtsbeschluß infolge mancher Vergehen zu Sklaven erklärt werden. Die Ausfuhr von Sklaven hat seit 1863 aufgehört, weil es seit der Abschaffung der Sklaverei in Nordamerika kein Absatzgebiet für die schwarze Ware mehr gab und die englischen Schiffe mit durchgreifendem Erfolg die Sklaven- schiffe abfingen. Im Küstengebiet besteht aber der Handel weiter. Zuweilen kaufen Missionare Negerkinder, um sie zu erziehen und ihnen dann die Freiheit zu schenken. Die Sklaverei ist dort ein tiefgewurzeltes Übel, durch tausend Fäden verknüpft mit den Ver- Hältnissen des Landes und der umliegenden Negerreiche. Werden doch heutzutage alljährlich in Dahome Tausende von Kriegsge- fangenen niedergemetzelt, weil man sie nicht alle verkaufen kann, wie ehedem. Die Stellung der Frauen ist keine angenehme. Die Ein- gebornen pflegen alles, was sie ersparen, zum Ankauf von Sklaven oder — Frauen anzuwenden. Wer ans Heiraten denkt, muß sich eine Frau kaufen, und die Wohlhabenden haben eine große Anzahl derselben. Sie werden häufig schlechter behandelt als die Sklaven. Ihnen fällt die Hauptarbeit in Haus, Hof und Feld zu, und auch der größte Teil des Handels liegt ihnen ob, indem sie die Früchte von den Feldern zu Markte bringen und das Öl auf ihrem Kopfe den Faktoreien zutragen müssen. Die Herrschaft wird von Häuptlingen und Königen aus- geübt. Aber der Umstand, daß jeder größere Ort seinen eigenen König besitzt, läßt dieses Herrschertum nicht gerade bedeutungsvoll erscheinen. Die Anerkennung des Vorortes Togo als Oberherr- schaft ist bei den übrigen Städten und Dörfern nur dem Namen nach vorhanden. Der König erhebt keine Steuern, sondern stützt seine Macht auf den Ertrag seiner Handelsgeschäste und die Arbeit seiner zahlreichen Weiber und Sklaven. Zu seinen Einkünften ge- hören noch Zolleinnahmen. Seine hauptsächliche öffentliche Wirk- samkeit besteht in der Schlichtung von Streitigkeiten und in der

8. Deutschlands Kolonieen - S. 55

1889 - Gotha : Behrend
319] Die deutschen Kolonieen in Afrika. 55 Küstenebene hat eine Breite von 50—80 Seemeilen und ist außer einzelnen Hafenorten fast gar nicht bewohnt. Das Innere des Landes ist bereits vor der deutschen Be- sitzergreifung von deutschen Missionaren, englischen, französischen und deutschen Forschern durchzogen (Livingstone, Burton, Stanley, Thomson, Girand, v. d. Decken, Pogge, Denhardt, Wißmann :c.), und seitdem das Gebiet unter deutschem Schutze steht, haben zahl- reiche Forschungsreisen nach dem Innern die Ergebnisse jener Forschungen vermehrt. So besitzen wir über die Natur jener Landschaften ziemlich sichere Kunde. — Jenseit der Küstenebene steigt das Land terrassenförmig zu ausgedehnten Hochebenen von 1500—1800 m Höhe auf, welche von Höhenzügen durchlagert und von bedeutenden Gebirgen unterbrochen sind. Weiter nach dem Innern zu senkt sich das Land nach dem Gebiet der großen Seeen. Die Natur der einzelnen Landschaften ist sehr verschieden. Wüstenartige Wildnisse mit Mimosen, Dorngestrüpp und Akaziengebüsch wechseln mit tropischen Urwaldgebieten, welche den üppigsten, farbenprächtigsten Pflanzenwuchs aufweisen, die verschiedenartigsten Palmen, sowie Tamarinden, Affenbrot- bäume und andere Baumarten enthalten und von Schlingpflanzen aller Art durchwuchert sind. An den sumpfigen Ufern der Flüsse und Seeen finden sich große, ungesunde Dschungelgebiete mit strotzender Sumpfoegetation und vielgestaltiger Tierwelt. Weite, wellenförmige Savannen, von tiefen Furchen durchschnitten, in der heißen Zeit von der Sonnenhitze ausgetrocknet, zur Regenzeit mit saftigem Graswuchs und Buschwerk bedeckt, wechseln mit den Ansiedelungen der Eingebornen, welche mit Fruchtgärten und Getreidefeldern umgeben sind. Oft bauen die Bewohner im Überfluß, weit über ihren Bedarf, Mais, Reis, Hirse, Sorghum, Bohnen, Kürbisse, Knollengewächse, Zuckerrohr, Bananen und Tabak. Die Eingebornen halten es nicht (wie sonst fast überall) für eine Schande, den Spaten zur Hand zu nehmen. Männer und Frauen, Herren und Sklaven bringen den größten Teil des Tages auf ihren Feldern zu, verstehen es auch, ihre Grundstücke bei eintretenden Dürren künstlich zu bewässern, wenn die quellen- reichen Abhänge der Gebirge in der Nähe sind. Solche frucht- bare, wohlbevölkerte Landschaften sind die Gebirgsländer Khutu, Nguru und Ufa gar a. Die Gebirge erreichen hier eine Gipfel- höhe von 2000 bis 2400 m, sind mit prächtigen Nutzhölzern,
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