128
An der Westseite ist ein beträchtlicher Zwischenraum zwischen den
Apenninen und der Küste, aber er verschmälert sich immer mehr, je
weiter wir gegen S. gehen. Hier hat die Halbinsel ihre bedeutendsten
Flüsse, Tiber und Arno. Niedere Bergketten, die sogenannten Sub-
apenninen, begleiten die Apenninen im W. stellenweise bis an die
Küste; hier war auch der Schauplatz einer ausgebreiteten vulkanischen
Tätigkeit, die sich jetzt nur noch auf drei Punkte beschränkt. Für Ebenen
bleibt nur wenig Raum übrig: die kleine, aber üppige Arnoebene;
an der unteren Tiber die braune, öde und ungesunde Campagna
(kampünja = Flachland) di Roma; bei Neapel die große, im vollsten
Schmucke der südlichen Natur prangende kampanische Tiefebene.
Von der Arnomündung bis zum Golf von Salerno ziehen in schmalem
Gürtel die Maremmen, versumpfte, sieberhauchende Küstenebenen,
nur von Hirten bewohnt; zu ihnen gehören die pontinischen Sümpfe
südlich von Rom.
§ 167. Das jetzige Königreich Italien umfaßt die ganze Po-
ebene und die Halbinsel mit Ausnahme der kleinen Republik San
Marino im mittleren Apennin, sowie die Inseln Sizilien und Sar-
dinien und zählt auf 287000 qkm 33 Mill. fast ausschließlich katho-
tische Bewohner, gehört also zu den bevölkertsten Staaten Europas
(117 auf 1 qkm). Die ehemaligen sardinischen, jetzt italienischen Könige
stammen aus dem Hause Savoyen-Carignan (karinjan).
Erläuterung. Die heutigen Italiener sind zwar die Nach-
kommen der alten Jtaliker, ebenso wie die heutige italienische Sprache
von der lateinischen abstammt, aber im Altertum wie im frühen Mittel-
alter hat Italien wiederholt fremde Einwanderung erhalten. In der
Poebene setzten sich Kelten, später Germanen (Longobarden) fest, in
Süditalien dagegen Griechen (Süditalien hieß im Altertum auch Groß-
griechenland) und später Araber, die sich allerdings nur auf Sizilien
längere Zeit erhielten. Gerade in der Mitte des Mittelländischen
Meeres gelegen und im Besitze der Zugänge zu Mitteleuropa, hat
Italien zu wiederholten Malen in der Geschichte eine herrschende Rolle
gespielt. Im Altertum war es der Mittelpunkt des römischen Weltreiches,
von dem Europa seine Bildung erhalten hat. Im Mittelalter beherrschte
es die christliche Welt durch die Macht des Papstes. Die italienischen
Seestädte, besonders Venedig und Genua, vermittelten den Handel
zwischen dem Orient und dem westlichen und mittleren Europa, und
die Kunst der ozeanischen Schiffahrt haben die Italiener den west-
europäischen Völkern gelehrt (Kolumbus). In Bezug auf geistige Bil-
« düng stand Italien aus Ausgange des Mittelalters und im Beginne
der Neuzeit auf der höchsten Stufe, Künste und Wissenschaften blühten
empor, und die herrlichen Kunstsammlungen und Bauwerke ziehen
noch immer die Reisenoen ebenso mächtig an, wie die ehrwürdigen
Überreste des Altertums und die blühende Natur des Südens.
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Extrahierte Personennamen: Arno Kolumbus
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Salerno Rom Italien Republik_San
Marino Sizilien Europas Italien Süditalien Altertum Sizilien Mitteleuropa Italien Altertum Europa Genua Europa Italien
131
endet am Adriatischen Meere. Ravenna war die Lagunenstadt des
Altertums, ist aber infolge der Ausfüllung der Lagunen eine Landstadt
geworden. (Vgl. D. Sch.-A. 10/11.)
§ 169. In Alittelitalien sind die Berglandschaften der Mitte
und die Küstenlandschaften des Ostens: Umbrien (ümbrien) mit dem
Trasimenischen See, die Marken und das Hochgebirgsland der Abrnzzen,
ohne Bedeutung. Alles Leben drängt sich nach dem W. mit seinen
Ebenen, Hügelländern und großen Flüssen. Toskana (früher Groß-
Herzogtum) ist nächst der Lombardei die blühendste Provinz Italiens.
Die Hauptlebensader ist der Arno, in dessen ölbaumreicher Ebene die
bedeutendsten Städte liegen. Florenz!) im oberen Talbecken, einst
der Mittelpunkt der italienischen Bildung und noch im Besitz außer-
ordentlicher Kunstschätze, stritt mit Pisa (bekannt durch seinen schiefen
Turm) in der Mündungsebene um die Herrschaft, bis Pisa erlag und
Florenz den neuen Hafen Livorno anlegte. Die latinische Ebene
am Unterlaufe des größten Flusses der Halbinsel, genau in der Mitte
der Westküste gelegen, wurde durch die Römer der politische Mittelpunkt
Italiens. Zu beiden Seiten der Tiber erhebt sich auf elf Hügeln Rom,
seit 1870 die Hauptstadt Italiens und Residenz des Königs, als
Sitz des Papstes (im Vatikan) zugleich der kirchliche Mittelpunkt
der katholischen Welt. Im Altertum Beherrscherin des blühendsten
Weltreiches, das je bestanden hat, und im Mittelalter Sitz einer geistigen
Weltherrschaft, enthält die „ewige Stadt" Kunstschätze und Bauwerke
aus allen Epochen, von den römischen Tempeln, die teilweise in christ-
liche Kirchen umgewandelt sind, bis zu den Schöpfungen unserer Zeit
(die Peterskirche, der größte Tempel der Christenheit). Daher ist es
von jeher ein Ziel der Reisenden gewesen, an deren Augen hier Ver-
gangenheit und Gegenwart in stets wechselnden Bildern vorüberziehen.
§ 170. Süd- oder Unteritalien bildete bis 1860 mit Si-
zilien das Königreich Neapel. Die westliche Abdachung des Apennin
heißt Kampanien^); die kampanische Ebene ist auch jetzt noch der
Garten Italiens, das Paradies Europas, überall sorgfältig angebaut
und mit Städten, Dörfern und Villen dicht bedeckt. Nur die vulkanische
Kraft stört manchmal das behagliche Leben in dieser üppig-schönen Natur.
Isoliert erhebt sich aus der Ebene der Vesuv bis nahezu 1300m; er
galt im Altertum als erloschen, bis der gewaltige Ausbruch im Jahre 79
n. Chr., dem die Städte Pompeji und Herculanum zum Opfer fielen,
5 Lateinisch, = Blumenstadt.
*) Lateinisch, --- Flachland.
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Extrahierte Personennamen: Arno
Extrahierte Ortsnamen: Adriatischen_Meere Ravenna Alittelitalien Umbrien Toskana Italiens Florenz Florenz Livorno Italiens Rom Italiens Vatikan Unteritalien Neapel Italiens Europas Pompeji
132
eine Periode der Tätigkeit eröffnete, die mit Unterbrechungen bis zum
heutigen Tage andauert. (Vgl. D.-Sch.-A. 2/3.) Auf der nördlichen der
beiden die Bucht von Neapel begrenzenden Landzungen liegt eine zweite
Vulkangruppe: die sogenannten phlegräischen^) Felder, von denen
nur die Solfatara noch Dämpfe und Gase aushaucht; doch entstand»
hier noch im 16. Jahrhundert ein neuer Vulkan (Monte nuovo), der seit-
dem aber erloschen ist. Auch die Insel Jschia (iskia) ist ein erloschener
Vulkan, dagegen Capri mit der berühmten Blauen Grotte ein abgetrenntes
Stück der Apenninen. Zwischen den beiden Vulkangebieten liegt Neapel
in wunderbarer Umgebung (daher das Sprichwort: Vedi Napoli e poi
mori, d. h.: Sieh Neapel und dann stirb), die größte Stadt Italiens
und einer seiner bedeutendsten Handelshäfen. In der Nähe die jetzt
zum Teil ausgegrabenen Ruinen der Römerstadt Pompeji. Salerno
war im Mittelalter die Pflanzschule der medizinischen Lehranstalten
Europas.
Auf der Ostseite der Apenninen dehnt sich die Ebene von Apulien
aus. Tarent oder Taranto (täranto) an der Spitze des gleichnamigen
Golfes war einst eine der ersten griechischen Kolonien; Brindisi (Brun-
dusium im Altertum) ist der wichtige Ausgangspunkt der nach Alexan-
drien verkehrenden Dampfer (f. S. 129). Die zweite Halbinsel Süd-
italiens, Kalabrien, hat keine hervorragenden Städte.
§ 171. Die dreieckige Insel Sizilien, nur durch die schmale
Straße von Messina (Scylla und Charybdis, im Altertum wegen ihrer
Strömungen gefürchtet) von Kalabrien getrennt, ist ungefähr so groß
wie Westpreußen und bildet ein wichtiges Mittelglied zwischen Europa
und Afrika. Vom nördlichen Gebirgsrande, einer Fortsetzung der
Apenninen, senkt es sich allmählich nach S. und So.; im O. erhebt
sich der 3300m hohe Vulkankegel Ätna, seit Menschengedenken tätig
(Vulcanus und die Cyklopen). Schon im Altertum war Sizilien be-
rühmt als die Kornkammer Roms, und auch jetzt ist es reich an Weizen
und Baumfrüchten; sogar die Baumwollstaude und das Zuckerrohr ge-
deihen hier. Beigirgenti (dschirdschenti) birgt es die reichsten Schwefel-
tager der Erde. Mit Ausnahme der Hauptstadt P a l e r m o an der Hafen-
reichen Nordküste liegen die bedeutendsten unter den zahlreichen Städten
an der Ostküste: Messina an der Italien benachbartsten Stelle und
Eatania (katania) in der fruchtbaren Ebene am Fuße des Ätna. Die be-
rühmte griechische Kolonie des Altertums: Syrakus ist jetzt zu einem
kleinen Städtchen herabgesunken. Unter den Liparischen Inseln im N.
i) Griechisch, --- Brandfeld.
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Extrahierte Personennamen: Brandfeld
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Capri Neapel Neapel Italiens Pompeji Salerno Europas Apulien Brindisi Altertum Kalabrien Sizilien Messina Altertum Kalabrien Europa Afrika Altertum Sizilien Messina Italien Syrakus
142
mit Asien zusammen und tritt an zwei Punkten, bei Sizilien und
Gibraltar, sehr nahe an Europa heran, aber dann folgt die große Wüste,
die selbst nach der in nachchristlicher Zeit erfolgten Einführung des
Kamels ein großes Verkehrshindernis geblieben ist. Das Negerland ist
daher eigentlich nur vom Meere aus erreichbar, aber der Mangel an
tiefeinschneidenden Buchten und die Unterbrechung der Schiffbarkeit der
Ströme in ihrem Unterlaufe machen Afrika auch von der See aus wenig
zugänglich. Dazu kommt das ungesunde Klima in den heiß-feuchten
Küstenländern, das dem Europäer keine dauernde Ansiedelung gestattet.
Endlich ist das tropische Afrika auch verhältnismäßig arm an begehrens-
werten Naturerzeugnissen, es spielte in früherer Zeit nur durch den
Sklavenhandel (besonders nach Amerika) und spielt in der Jetztzeit
hauptsächlich durch den Elfenbein- und Kautschukhandel eine
Rolle auf dem Weltmarkte. Der Sklavenhandel gab Veranlassung zu
beständigen Kriegen, abscheulichen Greueltaten und zur Entvölkemng
des Landes; er hat jetzt zwar seine Bedeutung eingebüßt, ist aber im
Innern noch nicht völlig abgeschafft. Erst seit den siebziger Jahren be-
ginnt die christlich-europäische Zivilisation langsam von der Küste nach
dem Innern des tropischen Afrika vorzurücken, wozu die Gründung
zahlreicher Kolonien wesentlich beigetragen hat.
Aordafrika.
(Für die Küstenländer vgl. auch D. Sch.-A. 18/19.)
§ 181. Nordaftika nimmt die große Wüstenplatte der Sahara
(sähara) ein. Im O. ist in diese das Niltal eingesenkt. Am Nord-
Westrande erhebt sich ein Kettengebirge, der Atlas, der dem benach-
barten Ozean den Namen gegeben hat.
Die ursprünglichen Bewohner Nordafrikas sind mittelländische Völker
von hamitischer Abstammung^), denen sich im Laufe der Zeit auch viele
semitische Einwanderer aus Asien zugesellt haben. (Vgl. D. Sch.-A. 4».) Im
Altertum 'waren die Länder am Mittelmeere der Sitz einer blühenden
Kultur, und auch das Christentum hatte hier große Ausbreitung gewonnen.
Der Einbruch der Araber vernichtete beides; seitdem herrschen in ganz
Nordafrika die mohammedanische Religion und die arabische Sprache.
§ 182. Das Atlasgebirge wird auf der dem Meere zugekehrten
Seite genügend bewässert und ist hier fruchtbar; die inneren, zwischen
1) Die mittelländische oder helle (weiße) Rasse teilt man in drei große Sprach-
aruvpen, die nach den Söhnen Noahs benannt sind: Semiten, Hamiten und
Japhetiten oder, wie man sie meistens nennt, Jndoeuropaer.
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Extrahierte Personennamen: Aordafrika
Extrahierte Ortsnamen: Sizilien Europa Afrika Afrika Amerika Afrika Sahara Nordafrikas Asien Altertum Nordafrika Noahs
144
Im No., jenseits einer tief (zum Teil unter dem Meeresspiegel)
liegenden Oasenkette (Oase Siwah mit dem Ammonstempel im Altertum)
erhebt sich das Barka-Plateau; zwischen diesem und dem Atlasende
bildet das Mittelmeer die breite Einbuchtung der Syrien. Die Ebene
von Tripolis (tripolis)*) an den Syrien, das dahinter liegende Oasen-
land Fessan (fessan) und Barka (an dessen Nordrande die Griechen
im Altertum Kolonien hatten) bilden zusammen die türkische Provinz
Tripolis, deren gleichnamige Hauptstadt der Ausgangspunkt der wich-
tigen Karawanenstraße ist, die von Oase zu Oase und endlich zum
Tschadsee führt.
§ 184. Der einzige Fluß, der die ganze Wüste durchquert und
das Meer erreicht, ist der Nil (vgl. auch D. Sch.-A. 32/33), der längste
Strom Afrikas (doppelt so lang wie die Donau). Seine Quellen liegen
jenseits des Äquators im Gebiete der großen Seen, zwischen denen
einige Berge über die Schneegrenze emporsteigen. Der vereinigte Abfluß
des Victoria-, des Albert- und des Albert-Edward-Sees^)
heißt der Weiße Nil3) im Gegensatze zum Blauen3), der vom
abessinischen Hochlande kommt. Bei 18° n. B. betritt er die regenlose
Hone und empfängt keinen Nebenfluß mehr. Das untere Niltal oder
Ägypten wäre ebenso wie das umliegende Land Wüste, wenn es nicht
alljährlich im Spätsommer und Herbste von dem durch die tropischen Regen-
güfse angeschwollenen Flusse überschwemmt und durch fruchtbaren Schlamm-
absatz gedüngt würde. Im Herbste ist Ägypten ein See, im Winter ein
wogendes Fruchtland, im Frühjahr eine Wüste. Das dreieckförmige
Tiefland (Delta), durch das der Nil in zwei Haupt- und zahlreichen
kleineren Armen dem Meere zuströmt, ist Anschwemmung des Flusses,
so daß der Ausspruch der alten Griechen, Ägypten sei ein „Geschenk
des Nils", eine doppelte Bedeutung hat.
Ägypten, eines der ältesten Kulturländer der Erde, hat zwar mit
den Wüstenplatten zu beiden Seiten des Niltales über xk Mill. qkm,
aber das Kulturland ist nur ungefähr so groß wie die Rheinprovinz und
ernährt doch 10 Millionen Menschen (die Dichte größer als in Belgien!),
teils Nachkommen der alten hamitischen Ägypter (mohammedanische
Fellachen und christliche Kopten), teils Araber. Im Altertum
eine der Hauptkornkammern des Römischen Reiches, liefert Ägypten
1) Griechisch, --- Dreistadt.
2) Die Seen wurden von ihren englischen Entdeckern nach Mitgliedern der
englischen Königsfamilie benannt. Statt „See" fügt man auch häufig den ein-
heimischen Namen „Njansa" hinzu (z. B. Victoria-Njansa).
3) Weißer Nil, auch Bach? (Fluß) el abiad (abiad -- weiß, Rat); Blauer
Nil Bachr el asrek (= blau, trübe).
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146
§ 186. Am wichtigsten ist Westsudan, wo die hellbraunen,
viehzüchtenden Fulb e oder Fell ata (selläta), eifrige Anhänger der
mohammedanischen Religion, die Herrschaft über die ackerbauenden Neger
an sich gerissen haben. In einem großen, nach N. gerichteten Bogen
durchströmt der Niger hart bis an die Wüstengrenze, wo die Handels-
stadt Tim buk tu liegt, das nach N. sich abdachende Hochland. Die
andere Abdachung, die zum Ozean gerichtet ist," führt verschiedene
Namen: im Nw. Senegambien (nach den Flüssen Senegal und
Gambia), dann folgt die Sierra Leoneküste^) (mit der Neger-
republik Liberias) und endlich Oberguinea (ginea) bis zum Niger-
delta, das Hauptgebiet der Ölpalme, die das für die Stearinkerzen-
und Seifenfabrikation unentbehrliche Material (Palmöl) liefert und
neben der hauptsächlich in Senegambien angebauten Erdnuß (Frucht
der schmetterlingsblütigen Krautpflanze Arachis hypogaea, die eben-
falls Öl liefert) zu den wichtigsten Nutzpflanzen Afrikas gehört.
Die Küstenlandschaften sind schon seit ein paar Jahrhunderten von
Europäern kolonisiert; Franzosen, Engländer, Portugiesen und
Deutsche haben hier Besitzungen, aber nur den beiden ersteren ist es
in neuester Zeit gelungen, ihre Herrschaft bis in die inneren Nigergebiete
auszudehnen. Die französische Hauptkolonie ist Senegambien mit
der Hauptstadt St. Louis (ßäng lui); von hier aus erstreckt sich die
französische Macht über das ganze obere Nigergebiet und über alle
Negerfürsten im S. des Niger bis an die Elfenbeinküste (Oberguinea)
und Dahome. Den Engländern gehört neben Besitzungen am
Gambia, an der Sierra Leone- und der Goldküste (Oberguinea) das
ganze östliche Nigergebiet mit Lagos^), dem Haupthandelsplatze von
ganz Oberguinea, und sie haben ihre Herrschaft jetzt auch über die
Haussastaaten (benannt nach den Haussanegern) ausgedehnt.
§ 187. Die Mulde des tropischen Südafrika wird im W.
von Gebirgsketten, im O. von dem ausgedehnten Seenhochlande ein-
geschlossen, an das sich weiter nach N. das abessinische Hochland und das
Somali (somali) - Land anschließen. Mit Ausnahme der letztgenannten
Länder wird das tropische Südafrika von den B antunegern (bäntu)4)
bewohnt, einem trägen, aber kräftigen Menschenschlage, der von Ackerbau
(D u rr a, das afrikanische Hauptgetreide) und Viehzucht lebt, dem niedrigsten
Aberglauben (Fetischdienst) ergeben ist und durch die beständigen
*) Spanisch, = Löwengebirge.
a) Lateinisch. = Land der Freien, weil hier befreite Negersklaven angesiedelt
wurden.
3) Portugiesisch, --- Seen.
4) abäntu bedeutet in der einheimischen Sprache Leute.
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148
Meere. Gewaltige, mit ewigem Schnee bedeckte erloschene Vulkanberge
erheben sich westlich und östlich vom Victoria-See; die bekanntesten
darunter sind der Kenia (kenia) und der Kilima Ndscharo *) (kilima-
ndscharo, 5900 m), den man für den höchsten Berg Afrikas hält.
Auch Ostaftika steht unter der Herrschaft europäischer Mächte, die
ihren Einfluß freilich nur stellenweise in größerer Entfernung von der
Küste ausüben können: 1) im S. Portugiesifch-Ostafrika, mit
der Hauptstadt Mozambique (Mosambik); 2) Deutsch-Ostafrika
innerhalb der großen Seen und der Küste; 3) Britisch-Ostasrika
nördlich davon und bis zum Nil reichend. Unter englischer Oberherr-
schaft steht auch der arabische Sultan der gewürzreichen Insel Sansi-
bars (sänsibar), die wegen ihrer Lage im Innern einer flachen Bucht
der wichtigste Handelsplatz Ostafrikas ist und früher der Mittelpunkt
des arabischen Sklavenhandels nach dem mohammedanischen Asien war.
§ 190. Die Nordostecke des tropischen Afrika wird nicht von
Negern, sondern ebenso wie das außertropische Nordafrika von mittel-
ländischen Völkern bewohnt. Die wichtigsten sind die hamitischen und
mohammedanischen Somali, die nomadisch das Osthorn Afrikas
durchgreifen, und die semitischen Ab essinier, die auf ihrer schwer zu-
gänglichen Hochburg das Christentum seit den ersten Jahrhunderten unserer
Zeitrechnung bewahrt haben und jetzt wieder geeinigt unter einem Könige
leben. Abcssinien oder Äthiopiens ist ein Hochland von 1500 bis
2000 m Höhe, über das abgeplattete Berge sich noch bis zur Alpenhöhe
erheben. Mauergleich steigt es aus den östlichen Ebenen an und senkt
sich auf der andern Seite stufenförmig nach den Nilflächen, zu denen es
den Blauen Nil, den Abfluß des Tanasees, in einem tief einge-
schnittenen Tale entsendet.
Die Küstenstriche am Roten Meere und am Golfe von Aden
(vgl. auch D. Sch.-A. 32/33) beherrschen eine der wichtigsten Seestraßen
(Mittelmeer-Suezkanal, die Straße Bab-el-Mandeb, d. h. Pforte der
Tränen, Indien). Daher haben hier Franzosen und Engländer
Besitzungen, die wichtigste Kolonialmacht ist aber Italien, dem die
Landschaften am Roten Meere (Erythräa, nach dem Roten oder
Erythräifchen Meere benannt, mit der Jnfelstadt Massaua) und die
Ostküste des Somalilandes gehören.
i) Bedeutet in der einlheimischen Sprache Berg (lrilima) des Regengottes.
a) Arabisch, --- Negerküste.
3) Griechisch, --..Land der Schwarzen. Die Alten nannten alle Neger, so«
weit sie sie kannten, Äthiopen.
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160
fast ganz Mesopotamien. Mit der alten Kultur ist auch die Frucht-
barkeit geschwunden; das Land ist jetzt verödet und kann erst wieder
Bedeutung erlangen, wenn einmal die geplante Bagdadbahn (im Anschluß
an die kleinasiatische) gebaut sein wird. (Vgl. D. Sch.-A. Il/19.)
§ 293. Syrien (vgl. D. Sch.-A. 18/19) hat nur im N. (Taurus)
und W. (Meer) feste Grenzen, gegen Mesopotamien sowohl wie gegen
Arabien findet ein ganz allmählicher Übergang statt. Die syrischen
Kulturländer bilden eine Bodenanschwellung am Rande des Mittellän-
dischen Meeres, das ihnen Feuchtigkeit zuführt. Eine ununterbrochene
Talspalte (Orontestal, Jordantal, Wadi el Araba) trennt dieses
Hochland in eine östliche und eine westliche Hälfte, die beiderseits nach
innen steil, zum Meere und zur Wüste aber stufenförmig abfallen. Wir
unterscheiden zwei Teile: Nordsyrien und Palästina.
1. In Nordsyrien erreicht das Küstenhochland seine höchste Erhebung
im S., in den parallelen Gebirgszügen des 2- bis 3000m hohen Li-
banon^) (libanon; ehemals mit einem berühmten Zedernwalde, von
dem nur noch wenige Reste vorhanden sind) und des niedrigeren Anti-
libanon, der im Hermon endigt. Die Hauptstadt Aleppo oder
Haleb nimmt die wichtige Stelle in der Mitte zwischen der Orontes-
mündung und der Annäherung des Euphrat ein (vgl. § 202). In
einer herrlichen Oase liegt Damaskus^, eine der ältesten Städte der
Erde. Den Küstenstrich längs des Libanon bewohnten einst die Phö-
nicier, das größte See- und Handelsvolk des Altertums, das durch
die nahe Kupferinsel Cypern auf das Meer gelockt worden ist. Die
ehemals großen Emporien (Tyrus^), Sidon*), Tripolis) sind alle ver-
fallen mit Ausnahme von Beirut (beirüt5), früher Beritus), als
Hafenstadt von Damaskus, mit dem es durch eine Eisenbahn verbunden
ist, ein Hauptstapelplatz des Levantehandels.
2. Palästina, „das gelobte Land", die ewig denkwürdige Heimat
der jüdischen und christlichen Religion, wird jetzt größtenteils von
Arabern, aber auch von Juden und Christen aller Konfessionen bewohnt.
Es ist ein Plateau, in der Mitte von Ghor (gor) durchschnitten, im
W. von einer hafenarmen Küstenebene (im Altertum das Land der
Philisters) begleitet.
%
*) Semitisch, ----- weißes Gebirge (von seinem hellen Kallgestein).
2) Hebräisch, ----- Ort der Betriebsamkeit.
8) Phönicisch, = Fels.
4) Phönicisch, ----- Fischfang.
°) Phönicisch, = Brunnen.
®) Philister ----- Auswanderer: aus dem Namen Philistäa hat sich Palästina
gebildet, und diese Bezeichnung ist dann auf das ganze Land ausgedehnt worden.
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161
Das Gh or ^), von dem am Hermon entspringenden Jordans
durchflössen, ist eine tiefe und breite Erdspalte, deren Boden unter dem
Spiegel des Mittelländischen Meeres liegt: so der See Genezareth
(See von Tiberias^) oder Galiläisches Meer), —200 m, das Tote
Meer, —400m4); das letztere ist ein gesättigter Salzsee und die
tiefste sichtbare Depression (oder Landsenke) der Erdrinde.
Da das Tal hierauf wieder ansteigt, so endigt der Jordan im Toten
Meere. Jericho (jerichö) war einst die wichtigste Stadt in dieser jetzt
menschenleeren Gegend.
Das West-Jordanland, eine größtenteils wüste Hochfläche, die
nur in ihren tief eingeschnittenen Tälern noch Spuren früherer Frucht-
barkeit zeigt, zerfällt in drei Landschaften: a)Judäa, die südliche Land-
schast, hat steinigen Boden und rauhes Klima, war aber trotzdem der
wichtigste Teil des alten Judenreiches. Hier liegt Jerusalem5),
ein heiliger Ort für die Bekenner aller drei Religionen, die nur einen
Gott verehren, einst die glänzende Residenz der jüdischen Könige. Zwei
Stunden davon liegt Bethlehems. Am philistäischen Küstensaume
ist die Hafenstadt Jaffas (Joppe) jetzt durch eine Eisenbahn mit
Jerusalem verbunden, d) In Samaria, der mittleren Landschaft,
befindet sich Nablus (das alte Sichem), wo noch Nachkommen der
alten Samaritaner leben, c) Galiläa8), die nördliche Landschaft,
wird durch das Gebirge Karmel von Samaria geschieden; im Innern
Nazareth.
§ 204. Arabien, die größte Halbinsel der Erde, fünfmal so groß
wie Deutschland, teilt die Natur der Sahara, von der sie nur durch den
schmalen Graben des Roten Meeres geschieden ist. (Vgl. D. Sch.-A. 32/33.)
Steil erhebt sich daraus der Westrand, um sich allmählich nach O. hin
zu senken (ebenso wie Syrien). Was hinter diesem westlichen Hochlande
liegt, ist Wüste mit vielen Oasen, mit Dattelpalmen, Kamelen und edlen
Pferden, die ebenso schlank, beweglich und ausdauernd sind wie die
Beduinen (d. h. die Söhne der Wüste). Die Regenarmut kommt am
klarsten dadurch zum Ausdrucke, daß Arabien trotz seiner Größe keinen
einzigen das ganze Jahr hindurch Wasser führenden und überhaupt
keinen größeren Fluß hat, der das Meer erreicht.
i) Arabisch, = Ebene.
s) Hebräisch, ---- Abfluß.
s) Eine Stadt des Altertums, nach dem Kaiser Tiberins benannt.
4) Das Minuszeichen bedeutet Lage unter dem Meeresniveau.
°) Hebräisch, --- Wohnung des Friedens.
•) Hebräisch, ----- Brothaus.
7) Hebräisch, --- Schönheit.
8) Hebräisch, = Kreis (Kreis der Heiden).
Supan, Deutsche Schulgeographie. jj
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Die Araber sind Semiten (vgl. D. Sch.-A. 48) und halten sich selbst
für Nachkommen Jsmaels, des verstoßenen Sohnes Abrahams. Gering
an Zahl und in ihrer Wüstenheimat abgeschlossen, bewahrten sie treu die
Sitten ihrer Väter, bis sie Plötzlich, durch den Islam (islam)') be-
geistert, hervorbrachen, um im Sturme ein Weltreich zu gründen. Die
arabische Sprache wurde die herrschende von Mesopotamien bis Marokko,
einst auch auf Sizilien und in Südspanien. Zur Zeit ihrer höchsten
Blüte haben die Araber in Kunst und Wissenschaft viel geleistet. Im
Vaterlande verharren sie noch jetzt in ursprünglicher Einfachheit. Sie
sind in zahlreiche Stämme zersplittert; an der Spitze eines jeden steht
ein Schech (schech), an der Spitze mehrerer Stämme ein Emir (emir), der
den Titel Im am (imam) sührt, weil er zugleich geistliches Oberhaupt ist.
Die hohen Randländer haben mehr Regen und sind daher frucht-
barer und seßhaft bewohnt. Die Landschaft Hedschas im W. steht unter
türkischer Oberherrschaft und enthält die heiligen Städte der Mohammedaner:
Mekka, den religiösen Mittelpunkt der ganzen mohammedanischen Welt,
und Medina (med1na)2) mit dem Grabe Mohammeds. Mekka, der Geburts-
ort Mohammeds, besitzt die Kaaba (ka-aba) mit dem schwarzen Steine, das
uralte Nationalheiligtum der Araber, zu dem jeder Mohammedauer ein-
mal im Leben zu wallfahrten verpflichtet ist; jedes Jahr kommen große
Scharen hierher. Mekka wird in kurzer Zeit durch die Hedfchasbahn
mit Damaskus—beirut verbunden sein. Im Sw., ganz innerhalb der
heißen Zone, liegt Jemen (jemen)^), mit Recht das „glückliche Arabien"
genannt. Es ist die wahre (obwohl nicht ursprüngliche) Heimat des Kaffee-
baumes, welche die berühmte Mokkabohne (nach dem Ausfuhrhafen Mocha
benannt) liefert, der Dattelpalme und Balsambäume, des Gummi arabi-
cum und des Weihrauchs. Die Insel Per im inmitten der Straße Bab-
el-Mandeb^) und Aden (edn) sind englische Besitzungen zum Schutze
der Straße von Suez nach Indien, das letztere eine wichtige Kohlen-
station für die Schiffe und der bedeutendste Handelshafen Arabiens. Das
Randland Oman (oman) im So. beherrscht der Imam von Maskat.
Die Bahrein-Jnseln im Persischen Golfe, bekannt durch ihre er-
giebige Perlenfischerei, stehen unter englischer Oberhoheit.
i) Der Islam (d. b. Ergebung in den Willen Gottes) oder die moham-
medanische Religion, em Gemisch aus Juden- und Christentum, wurde im
7. Jahrhundert n. Chr. von Mohammed gegründet. Mit Feuer und Schwert
verbreiteten ihn die Araber über Westasien und Nordafrika, wo er auch bis zum
heutigen Tage noch herrscht. (Vgl. D. Sch.-A. 49.) Das Symbol der Moham-
medaner ist der Halbmond, ihre Bibel der Koran (korän), dessen Lehre in dem
Satze gipfelt: Es ist nur ein Gott (Allah), und Mohammed ist sein Prophet.
Mohammedanische Tempel nennt man Moscheen (mosche-en).
») Arabisch, ----- Stadt.
») Arabisch, ----- die Rechte (das rechts oder im S. gelegene Land).
4) Arabisch) — Tor der Tränen (angeblich wegen der vielen Schiffbrüche).
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Extrahierte Personennamen: Abrahams Mohammeds Mohammeds Mohammed Mohammed