Izo Vierte? Abschnitt.
unvertilgbar in sein Gedächtniß geprägt/ daß dem
Greise noch manche von ihm, als Jüngling, durch-
reiset Landschaft mit allen ihren Theilen vorschwebte.
Sonderbar überraschte michs, als ich mit ihm durch
eine solche Gegend fuhr, und er unweit einer Brük-
ke — denn er pflegte sich Hann und wann durch
Fragen zu orientiren — mich auf ein vorzüglich
schönes Thal aufmerksam machte. Was die Berg-
kette da für ein Amphitheater bildet! sagte er, und
siehst du dort — indem er mit dem Finger hinwies
— ganz in der Ferne den Berg, der über die an-
dern hervorragt, mit dem alten Castell? u. s. w. —
So trug Pfeffsl überall eine Welt, reich an Wun-
dern mit sich, an welcher sein inneres Auge sich wei-
dete. Auch gab es in dieser Welt der neuen Erschei-
nunaen genug, weil er, um mit den Sehenden fort-
zuleben, sich jeden, auf eine Art interepqnten, Ge-
genstand, dessen man gegen ihn erwähnte, beschrei-
den ließ. Da würd' es denn einer Einbildungskraft,
wie die seinige, nicht schwer, das oft nur Angedeu-
tete sich auszumahlen, und wieder Andern, die es
nicht kannten, durch die Beschreibung desselben
Freude zu machen. Ich hörte ihn mit der Kunst,
die er besaß, alles zu versinnlichen und zu vergegen-
wärtigen, von den neuen Anlagen um Colmar, von
neuen Münzen, Gemählden, Prachtausgaben; von
Uniformen der Regimenter; sogar von ausgezeich-
neten Frauenzimmer - Moden sprechen, und zwar
von den letztern mit einem ganz eigenen Wohlgefal-
len am Farben-Himmel. — Du begreifst, lieber
Bruder, wie dieses schon unserm guten Pfeffel zu
einiger Entschädigung gereichte. Hierzu kam seine
Fertigkeit, Stimmen zu unterscheiden, und im Ge-
dächtnisse zu behalten, so daß er nach Jahren noch
Personen, mit denen- er ein paar Mal geredet hatte,
gleich an der Stimme wieder erkannte. Das Organ
der Sprechenden war für ihn, was für uns Phy-
siognomie ist, in so fern nämlich diese oder jene
Gesichtsbildung uns auf den ersten Blick anzieht
oder zurückstößt. Eine wohlklingende Stimme lenkte
fein Herz zu sich hin; so wie dre kreischende ihm in
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Briefe» H3
schenk des Lebens dankbarer und innsger, als auf
diesen schwimmenden Brettern, und nirgends reicht
uns der Tod näher, schmerzloserund gaukelnder die
Hand, als bei der Punschschaale, die unsere Abende
begeistert, und von der wir nicht eher, als mit dem
letzten Tropfen, in süßer Betäubung nach unserer
Hangmatte taumeln, ohne darauf zu achten, wie
sehr sie einem Leichentuche ähnlich sieht. Wer möchte
nicht lieber in dem freien Weltmeere begraben sehn,
als in einem verschlossenen Sarge unter einer drük-
kenden Erde, — dem Spielplatz aller bösen Nei-
gungen, künstlicher Bedürfnisse und Laster? Wie
verächtlich erscheint einem Beschiffer des Oceans
die übrige Welt mit ihren Eitelkeiten und Freuden!
Der glücklichste Monarch kaun nicht zufriedener von
seinem glänzenden Throne gen Himmel blicken, als
ein Seemann von dem Verdecke seines Schiffs. Tue
stärkende Seeluft, die physische Abgezogenheit von
dem Beginnen der Menschen entwickelt di« schönste
moralische Abgezogenheit in seiner Seele. Großher-
zig und neidlos belächelt er in seiner philosophischen
Cajüte das Wettrennen des Hochmuths nach Rang,
Ehrentiteln und nach den Gängelbändern widersin-
niger Orden, und ärgert sich über gelehrte Flug-
schriften, lügenhafte Zeitungen und das summende
Geschmeiß, das seine faulen Eier chinemlegt, nicht
eher, als bis er gelandet hat. — Dann erst, in
der Nähe geistiger und leiblicher Apotheken, von ei-
nem Sprach- oder Spielzimmer, von einem Tanz-
oder Spiegelsaal in den andern getrieben, und ver-
folgt von dem Zungengeräusch der guten Gesell-
schaft, verläßt ihn sein glücklicher Gleichmuth. Er
sehnt sich ermattet zurück in seine schwebende Klause,
und will lieber um verdiente heitre Tage und vor-
wurfsfreie sternhelle Nächte mit Sturm und wildern
Fluthen kämpfen, als mit den schmeichelnden Ze-
phyren und den glatten Herzensergießungen der
großen Welt um die Zerrbilder ihrer erdichteten
Empfindungen, mit denen sie gegen die verwahrlo-
sten Naturkinder, die, ohne Anspruch auf Glanz,
edel nur denken und handeln, so gern groß thut.
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Dramatische Darstellung. 187
küssend.) O du weißt nicht, wie viel Elend eine
Mutter über der Freude an ihrem Kinde vergißt!
Der Edelknabe (wiedernach ihrerhandgrei-
fend.) Sie nehmens doch aber? — Nehmen Sie's
ja, liebe Mama!
Frau von Detmund. Ich will es nehmen.
Ich darf dich nicht selbst kaufen lassen; denn dw wür-
dest betrogen werden. Ich will für dich kaufen,
mein Kind.
Der Edelknabe. Für mich? Eine Uhr? —
Frau von Detmund. Du wirst hier blei-
den; da brauchst du eine.
Der Edelknabe. Ach nicht doch! nicht doch?
Wozu? Der Fürst hat ja Uhren, wo man nur
hinsieht. Er hat mir ja selbst gesagt, ich brauchte
keine.
Frau von Detmund. Und hat dir doch eine
geschenkt ?
Der Edelknabe. Wirklich, wirklich; Ec
Hats gesagt.
Frauvondetmund. Du betrugst mich, mein
Kind. Du redest die Unwahrheit; und das sollst brr
nie, auch nicht aus Liebe zu deiner Mutter.
Der Edelknabe. Die Unwahrheit? Sie
glauben mir nicht? —- Nun, so wollte ich, daß der
Fürst nur da wäre! daß er nur käme (sich vrsr
sehend.) Er kömmt auch»
Eilfter Auftritt.
Die Vorigen. Der Fürst.
Der Edelknabe (ihm mit ausgestrecktem Fin-
ger entgegen.) Nicht wahr, gnädigster Herr? Sie
haben mir zwölf Dukaten zu einer Uhr geschenkt?
Der Fürst (lächelnd.) Das hab ich, Kleiner.
Der Edelknabe. Sie habenmir gesagt, daß
ich die Uhr nicht nöthig hätte? '
Der Fürst. Ja wohl! Das hab ich gesagt.
Der Edelknabe (schnei herum.) Nun, Ma-
ma? Nun?
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500
thümer zusammenzuscharren. In den üppigen Städten dieses Landes,
besonders in Ephesus, begann Antonius seine frühere ausschweifende
und schwelgerische Lebensweise wieder. Harfeuschläger, Flötenspieler,
Tänzer, Possenreißer und Schmeichler waren in seinem Gefolge. Um-
geben von verkleideten Bacchanten, Satyren und Waldgöttern hielt der
Sieger als Bacchus einen prächtigen Einzug in Ephesus, wo ihn das Volk
einen gütigen Bacchus, einen Vater der Freuden nannte. Als er den
asiatischen Städten eine neue Schatzung auflegte, sagte ihm ein ge-
wisser Hybreas: ,7 Wenn du in einem Jahre die Steuern zweimal
forderst, jo magst du uns auch in jedem Jahre zweimal Sommer und
Herbst machen." Von Ephesus begab er sich, um gegen die Parther
zu Felde zu ziehen, nach Cilicien und ließ hier die Kleopatra vor sich
laden, um wegen ihres Betragens sich zu rechtfertigen, indem sie den
Cassius mit ihrer Flotte unterstützt habe. Mit großen Schätzen und
Geschenken begab sich diese Königin, damals in der Blüthe ihrer Schön-
heit, geschmückt mit der feinsten Bildung, durch ihren Witz und ihre
melodische Stimme bezaubernd, zu Schiffe nach Cilicien. Auf einem
Fahrzeuge, dessen Hintertheil mit Goldblech beschlagen, die Segel von
Purpur und die Ruder mit Silber bedeckt waren, fuhr sie unter dem
Klange von Flöten, Schalmeien und Harfen den Fluß Cydnus hinauf.
Sie selbst saß unter einem aus Golde gewirkten Zelte, wie eine Venus
geschmückt; Knaben, wie Liebesgötter angethan, standen ihr zur Seite
und fächelten Kühlung zu; schone Frauen und Mädchen, wie Meer-
gottinnen und Grazien gekleidet, standen theils an den Rudern, theils
an den Schiffsseilen. Angezündetes Räncherwerk erfüllte Alles mit
dem lieblichsten Gerüche. Eine unglaubliche Menge von Zuschauern
bedeckte beide Ufer des Flusses und folgte ihr bis in die Stadt Tar-
sus, wo Antonius gerade auf dem Markte saß und Gericht hielt.
Es lief aber alles Volk hinweg, um die Ankunft der Königin mit an-
zusehen, so daß Antonius ganz allein gelassen wurde.
(Siehe die Abbildung Ns 71.)
Man sagte, die Venus komme zu Asiens Heil zum Bacchus auf ein Freuden-
fest. Antonius ließ sie zum Abendessen einladen; allein sie wünschte, ihn zuerst
bei sich zu sehen, und Antonius gehorchte - aus Artigkeit. Durch die
prachtvolle Bewirthung und reizende Unterhaltung nahm die schöne
Königin den Antonius so sehr ein, daß er seiner in Italien beschäftig-
ten Gemahlin Fulvia vergaß und ein Sklave der Aegypterin wurde.
Den parthischen Krieg gab er auf und begleitete sie nach Alerandrien,
wo er die Zeit mit Festlichkeiten und Schwelgereien verschwendete, und
in einem unmäßigen Aufwande mit der Königin wetteiferte. Die schau-
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Extrahierte Personennamen: Antonius Hybreas Antonius Antonius Antonius Antonius Antonius Fulvia
94
und fünfzig vornehme Tarqmmenser in Rom auf dem Markte enthauptet
wurden. So vergalt man ihnen die Opferung der römischen Gefangenen.
Obgleich der Senat dem siegreichen Diktator den verdienten Triumph
verweigerte, so hielt er ihn doch mit Zustimmung seiner Mitbürger.
Die gedemüthigten Etrusker aber baten um Waffenstillstand und er-
hielten ihn auf vierzig Jahre. Da die seit alter Zeit mit Rom be-
steundete Stadt Care, wo zur Zeit des gallischen Unglücks Roms
Priester und Heiligthümer Aufnahme und Schutz gefunden hatten,
beschuldigt ward, heimlich Autheil au den Streifzügen der Tarquinienser
genommen zu haben, so rüsteten sich die Römer,'sie dafür zu bestrafen.
Die Cariten, zum Widerstände zu schwach, schickten Gesandte nach
Rom, und erhielten, in Rücksicht auf ihre frühem Verdienste, Ver-
zeihung und einen hundertjährigen Waffenstillstand, mußten aber die
Hälfte ihrer Landschaft dafür an die großmürhigen Sieger abtreten.
Xiii.
Der erste samnitische Krieg.
Das mächtige und kriegerische Volk der Samniten war zwar dm
Römern und Latinern an Volksmenge und Ausdehnung des Gebiets
weit überlegen, allein es fehlte diesem vielfach zersplitterten Volke die
feste Vereinigung durch einen gemeinsamen Mittelpunkt, wodurch die
Kräfte dieses großen Stammes hatten können belebt und angewendet
werden. Daher trug Rom, obgleich kleiner, zuletzt den Sieg davon,
indem es von Einem Geiste belebt und unablässig dem vorgesteckten
Ziele nachgehend, selbst unter den feindlichen Siegen erstarkte.
Die Samuiter breiteten sich damals erobernd vom Vulturnus
gegen den Liris aus, wo sich noch ausouische Stamme behaupteten,
deren bedeutendster die Sidiciner mit der Stadt Teanum waren.
Als aber die mächtigen Samniter sie angriffen, suchten sie Hülfe in
Kapua. Diese große und reiche Stadt, welche mit Rom und Kar-
thago zu den drei größten Städten der damaligen Zeit gehörte, lag
in dem reichsten und fruchtbarsten Gefilde der Welt, wo im Jahr drei
Getraideerndten folgten, der vortrefflichste Wein, das feinste Oel ge-
dieh, und wo der Ceres und des Bacchus Wettstreit zu seyn schien.
Aber ihre Bewohner, die Kampaner, schwelgten im höchsten Lurus und
in unmäßiger Ueppigkeit; wie schon der Umstand auf ihr weichliches
Leben hinweiset, daß die Hauptstraße der Stadt, die Sertasia, mit
Buden voll Salben und Wohlgerüchen eingefaßt war. Dabei blühete
die griechische Kunst und Sprache in dieser ganz Hellenismen Stadt
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191
Wie aber der griechische Gotterdienst in Rom und überhaupt in
Italien den alten einheimischen verdrängt oder sich demselben angepaßt
hatte: so fand auch die griechische Literatur bei den mehr mit Ackerbau
und Krieg, als mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigten Römern
eine willige Aufnahme, und die Werke der Griechen, zumal ihre Dichter,
wurden seit der Zeit des zweiten punischen Krieges fleißig übersetzt und
gelesen. Diese Nachbildungen verdrängten aber die alte einheimische
Poesie und der altromische saturnische Vers, in welchem die älteflen
gottesdienfllichen, geschichtlichen und ländlichen Lieder gedichtet waren,
kam außer Gebrauch, seit der Dichter Ennius aus Rudiä in Kala-
brien, ein Freund des ältern Scipio, den griechischen Hexameter einge-
führt hatte. Der Freigelassene Livius Andronicus schrieb und
führte im 1.240 v. Chr. das erste regelmäßige Schauspiel in Rom auf.
Der Kampaner Cnejus Nävius dichtete Lust- und Trauerspiele
nach griechischen Mustern und ein Gedicht über den ersten punischen
Krieg. Der Umbrier P lau tus um 200 v. Chr. und der karthagische
Sklav Publius Terentius Afer, nachher von seinem Herrn frei-
gelassen, des Lälius und des jüngern Scipio Freund, zeichnen sich als
Lustspieldichter aus, doch sind ihre Stücke nur Nachahmungen griechi-
scher Komiker. Doch klagte schon Terentius, daß seine Zuschauer
mehr Wohlgefallen an Fechterspielen, Gauklern und Seiltänzern fänden,
als an den Vorstellungen seiner Stücke, die doch durch Feinheit der
Sprache und des Witzes sich auszeichnen. Jene grausamen Fechter-
spiele (muñera gladiatoria) stammten aus Etrurien, wo ein blutdürstiger
Todtendienst Menschenopfer an den Gräbern tapferer oder vornehmer
Männer forderte. In der ältesten Zeit schlachtete man Gefangene,
nachher ließ man Sklaven auf Tod und Leben kämpfen. Im I. 264
v. Chr. führte dergleichen Spiele ein gewisser Brutus bei der Leichen-
feier seines Vaters zuerst in Rom ein, und dieses blutige Schauspiel
fand Beifall. Es wurden nun Sklaven zu solchen Kämpfen förmlich
abgerichtet. Von ihrer Waffe, dem Schwêrdte (gladius) hießen sie
Gladiatoren. In den letzten Zeiten der Republik und besonders in
den Kaiserzeiten wurden diese Gladiatorenspiele eine wesentliche Volks-
belustigung und mit einer unsinnigen Pracht ausgestattet. Dazu kamen
noch die unmenschlichen Thierkämpfe, welche der Proconsul Metellus
im I. 250 in Rom êinführte, als er einhundert und einundvierzig den
Puniern abgenommene Elephanten zum Schauspiel des Volks erschießen
ließ. Nachher wurden diese sogenannten Jagden (venationeh im
Circus mit ausschweifender Pracht gefeiert. Entweder ließ man die
wilden Bestien unter einander sich bekämpfen, oder Sklaven (daher
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vu
dene» und noch schlechter angewendeten Eintheilung der
Länder nach Naturgrenzen gänzlich enthalten. Man
thut auf diesem Wege wirklich oft der Natur Gewalt
an, und ist nichts weniger, als natürlich." (Not-
gelds Handbuch der Geographie. I. Abth. S.
Vi. d. Vorr.)
—- — Sí quid novisti rectius istis,
Candidus imperti; si von, hic utere mccum.
Hor.
V
Einen kurzen Abriß der Geschichte einem jeden
Lande beizufügen, wie dies in mehrern geographischen
Lehrbüchern gefunden wird, liegt eben so wenig in mei-
nem Plane. Die Geschichte hat in unfern Schulen ihre
besondern Lehrstunden — muß ste haben, und darf nicht
zu einem kraft- und saftlosen Appendix der Geographie
herabgewürdigt werden.
Und so wandere denn hin, mein Büchlein! Nütze,
wo und soviel du nützen kannst, der blühenden Jugend
meines Vaterlandes! Nur aus Liebe zur Sache — zu
der Wissenschaft, der ich so viele Jahre meines Lebens
widmete — schrieb ich. Und wie kann dies auch anders
/
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Igo
Kunst. Handel und Gewcrdsteiß.
zu hoher Vollendung. Neben der Münchener Malerschule, an deren
Spitze P. v. Cornelius stand, blühte die Düsseldorfer Schule unter
W. Schadow's Leitung. Geschmack und Sinn für die Kunst ver-
breiteten die reichen Gemäldegallerien in Dresden, München, Berlin,
Wien, die vielen Privatsammlungen und die allenthalben entstande-
nen Kunstvereine, nicht wenig aber auch die Leichtigkeit der Verviel-
fältigung der Kunstwerke durch den Steindruck — eine deutsche Er-
findung (Sennefelder's in München) — und durch den in England
erfundenen Stahlstich. Mehr noch als in den übrigen Künsten, ragte
Deutschland im letzten Jahrhundert in der Musik hervor; denn
ihm gehören die genialsten Componisten neuerer Zeit an: Mozart
(-s 1791), Haydn (-s 1809), van Beethoven (7 1827) und ne-
den diesen lloch eine Menge anderer von ebenfalls europäischem Rufe.
Zur Verbreitung und höhern Ausbildung der Tonkunst dienen die
zahlreichen Singacademien, Liedertafeln, die großartigen Musik- und
Gesangfeste, der vorherrschende Geschmack an Operndarstellungen re.
7) Handel und Gewerbfleiß. Die Umgestaltung des
Welthandels in Folge der Entdeckung Amerikas und der Auffindung
des Seeweges nach Indien blieb auch für Deutschland nicht ohne
Rückwirkung, indem der deutsch-italienische Welthandel an Portugal
und Spanien überging. Der Versuch der Häuser Fugger und Wel-
ser in Augsburg Deutschland an dem Seehandel auf dem Ocean
und an der Colonisation in Amerika zu betheiligen, war nur ein vor-
übergehender. Die deutsche Hanse hatte in: Auslande allmälig ihre
Privilegien verloren, sie löste sich (1630) bis auf drei Städte auf,
und ein späterer Versuch (1669) den Bund herzustellen blieb erfolg-
los. Der 30jährige Krieg vernichtete den deutschen Handel und Ge-
werbsteiß vollends auf längere Zeit, deshalb nahm die Einfuhr aus-
ländischer Natur- und Kunstprodukte immer mehr zu, wodurch sich
vorzüglich diejenigen Städte hoben, welche den Verkehr mit dem
westlichen Europa betrieben, wie Hamburg und Bremen, und die
Meßplätze, wie Frankfurt, Leipzig und Braunschweig. Einzelne Maß-
regeln der Regierungen (wie Friedrich's Ii. und Joseph's Ii.) reich-
ten nicht hin, der deutschen Industrie einen neuen Aufschwung zu
geben, um so weniger als gleichzeitig England in Folge der Erfin-
dung der Spinnmaschinen und der Verbesserung der Dampfmaschinen
anfing Europa mit wohlfeilen Manufakturen zu überschwemmen. Erst
nach der Ausschließung englischer Fabrikate durch die Continental-
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Extrahierte Personennamen: Cornelius Mozart Haydn Beethoven
Extrahierte Ortsnamen: Dresden Berlin Wien England Deutschland Amerikas Indien Deutschland Portugal Spanien Wel- Augsburg_Deutschland Amerika Europa Hamburg Bremen Frankfurt Leipzig Braunschweig England Europa
293
Truppen und Kanonen hatte besetzen lassen, in Begleitung
einiger Offiziere in den Neichsrath. Hier schilderte er in ei-
ner kraftvollen Rede die traurige Lage des Reiches, die Noth-
wendigkeit einer Umänderung, versicherte seine gemäßigten Ab-
sichten und ließ eine neue Verfassung verlesen, die von dem
erschrockenen Reichsrathe augenblicklich angenommen und durch
Unterschrift und Eid bekräftigt wurde.
So endete, ohne alles Blutvergießen, diese Staatsum-
wälzung — Revolution genannt, — durch welche die ur-
sprünglichen Rechte des Königes wieder hergestellt wurden.
Rach derselben regierte der König noch zwanzig Jahre mit
Milde und Weisheit. Allein der übermüthige Adel konnte den
Verlust seiner großen Vorrechte nicht verschmerzen und wurde
noch erbitterter, als der König auch Bürgerliche zu solchen
Aemtern und Würden aufsteigen ließ, die früher ein ausschließ-
liches Eigenthum des Adels gewesen waren. Endlich entstand
eine Verschwörung gegen sein Leben, und der 16. März (1792),
an welchem der König gerade einen großen Maskenball im
Opernhause gab, ward zur Ausführung des Mordanschlages
festgesetzt. Kurz vor der Eröffnung erhielt der König einen
mit Bleistift geschriebenen Warnungszettel, diesen Abend nicht
im Opernhause zu erscheinen; denn man trachte ihm nach dem
Leben. Dennoch begab er sich unverzagt mit dem Grafen
Essen um elf Uhr dahin, trat zunächst in seine Loge und, da
Alles ruhig blieb, in den Saal selbst. Hier umringt ihn plötz-
lich ein Gewühl von Masken, und, indem ihm eine derselben,
der Graf Horn, mit den Worten: „Gute Nacht, Maske!"
auf die Schulter klopft, fällt ein Pistolenschuß, und der König
sinkt mit dem Rufe: „Ich bin verwundet durch eine schwarze
Maske!" in Essen's Arm. Man trug ihn schleunigst in ein
besonderes Zimmer, welches er im Opernhause hatte, und ließ
Wundärzte herbeiholen. Im Augenblicke dieser hochverräthe-
rischen That hatten die Verschworenen, um im Getümmel zu
entkommen, einen Feuerlärm erhoben; allein die Wache hielt
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203
deutendes Städtchen auf der schwedischen Insel Gothland ist,
wohnten damals zwölftauseud Kaufleute. Vorzüglich berühmt
wurde diese Stadt durch „dat Mater-Recht, dat de Kooblüde
und de Schipers gemaket hebben to.wisby". Auch mit dem
russischen Nowgorod wurde eine höchst ergiebige Verbindung an-
geknüpft, und auf den Wegen des Handels zugleich auch das
Christenthum in ferne Heidenländer gebracht. — In den Nieder-
landen blühete der Handel am meisten zu Brügge, Brüssel und
Antwerpen. In Antwerpen insbesondere schwang er sich bald
zu einer fast unglaublichen Höhe empor. In dem Hafen desselben
sah man oft über zwölfhundert Schiffe. Kein Tag verging, an
dem nicht fünfhundert Schiffe ein- und ausliefen; an den Markt-
tagen stieg diese Anzahl auf acht- bis neunhundert. Täglich
fuhren in 'der Regel zweihundert Kutschen durch die Thore der
Stadt. Ueber zweitausend Frachtwagen und zehntausend Bau-
ernkarren kamen wöchentlich nach Frankreich, Deutschland und
Lothringen.
Der Reichthum, welcher auf diese Art in die Städte floß,
erhöhete der Bürger Selbstgefühl und weckte in ihnen das
Streben nach immer größerer Freiheit und Selbständigkeit. Die
' Schwäche der damaligen Fürsten begünstigte ein solches Streben.
Die lombardischen Städte gingen allen übrigen mit ihrem Bei-
spiele voran. Sie machten sich los vom Kaiser und Reich und
bildeten eben so viele Freistaaten. Solche waren Mailand,
Pavia, Tortona, Asti und mehrere andere. In Deutschland gab
ebenfalls der Reichthum der Bürger die Mittel her, mit welchen
sie sich bei ihren Fürsten, die sich oft in großer Geldverlegenheit
befanden, Freiheit und Unabhängigkeit erkauften. Eine solche
Stadt erkannte alsdann nur den Kaiser als ihren Oberherrn an
und hieß sreie Reichstadt. Die Kaiser begünstigten die Städte
ganz vorzüglich, um an ihren Einwohnern eine desto festere
Stütze gegen den unruhigen und mächtigen Adel zu haben.
Dieser sah deshalb mit neidischen Augen auf den Reichthum
und Glanz der Städte herab, beobachtete genau ihr Treiben und
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