§ 104. Die fränkischen Hausmeier. 287
Namen Martell, der Hammer, bekam. Zwar behielten die Araber noch einige Städte im südlichen Frankreich, aber Pipin nahm ihnen in der Folge auch diese ab und trieb sie über die Pyrenäen zurück. Die Kraft der fränkischen Hansmeier hat die Segnungen des Christentums und der Civilisation vor dem Islam gerettet.
Anmerkungen.
1. Austrasien oder Ostland bestand ans den Landschaften Auvergne, Lothringen, Belgien und den fränkischen Besitzungen ans dem rechten Rheinufer. Die Hauptstadt war Metz. Die anstrasischen Völker bewahrten ihre Stammeseigentümlichkeiten und bildeten viele Jahrhunderte Bestandteile des Deutschen Reiches. Nenstrasien (Neustrien) oder das Westfrankenland bildete die eigentlichen französischen Provinzen. Die Hauptstädte waren Paris, Soissons, Orleans und Tours.
2. Der Majordomus war eigentlich bloß der Verwalter der königlichen Einkünfte. Begreiflich wurde aber zu diesem wichtigen Amte nnr einer der vornehmsten Franken genommen. Da der Dienstadel aus jenen Einkünften bezahlt wurde, so stand der Hausmeier an der Spitze desselben. Bis auf Pipin von Landen (613—639) hatte jedes Land seinen eigenen Hausmeier. Pipin von Heristal (einer Burg bei Lüttich) zwang durch den Sieg bei Tetri (687) im Departement Aisne den König Dietrich Iii., daß er ihn als beständigen Majordom und als Herzog und Vordersten (princeps) der Franken anerkannte. Der Widerstand der deutschen Fürsten und Grafen rührt hauptsächlich von dem Widerwillen her, mit dem sie die fränkische Heeresfolge leisteten. Bei der Ausdehnung des fränkischen Reiches war es unmöglich, anch nur einmal im Jahr eine Versammlung aller Freien unter offenem Himmel zu halten, und es erschienen zu diesen Beratungen, die zuerst im Monat März, unter den Hausmeiern aber im Mai gehalten wurden (Märzfeld, Maifeld), nur noch die Fürsten, Lehensleute, Hofbeamte, Bischöfe und Abte. Ein solches Maifeld war die Versammlung zu Soissons, welche Childerich Iii. absetzte. Die Könige gaben als solche schon lange kein anderes Lebenszeichen mehr, als daß sie auf dem Maifelde erschienen.
3. Der gegenwärtige Kirchenstaat besteht eigentlich ans drei Hauptbestandteilen: ans dem Patrimoninm Petri (Eigentum des heiligen Petrus), d. i. aus Besitzungen, welche die Päpste durch ganz Italien zerstreut besaßen und die sie in den Stand setzten, die Wohlthäter von Rom und der Umgegend zu sein, das von den byzantinischen Kaisern ganz sich selbst überlassen war. Dadurch wurden sie thatsächlich die Herren von Rom; denn niemand war da, der im Herzogtum Rom (Ducatus Romanus) eine Gewalt auszuüben vermochte. Als aber die Longobarden auch das Exarchat den Kaisern abnahmen, da sahen die Päpste ein, daß ihre Macht zum Widerstande nicht hinreichte, und mußten sich notgedrungen um Hilfe umsehen. Wenn nun Karl Martell und Pipin das Erarchat wieder von den Longobarden befreiten, so nahmen sie ja den Longobarden nur das, woraus dieselben kein Recht hatten, und wenn sie diese Landschaft dem Papste schenkten, so befestigten sie seine Macht nur zum großen Nutzen der Römer und Italiener selbst und verbanden Stammesgenossen zu einem politischen
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Lothringen Belgien Rheinufer Paris Maifeld Petri Italien Rom Rom Rom Ducatus_Romanus
§ 111. Die Ottone. Heinrich Ii. der Heilige. 305
Anmerkungen..
1. Memleben, Dorf im preußischen Regierungsbezirk Merseburg. Basautello, h. Sqnillace, eine Stadt in Unteritalien.
2. Otto I. war nicht bloß ein kräftiger König, sondern auch ein frommer und gebildeter Mann, der vier Sprachen redete: deutsch, lateinisch , romanisch und slavisch. Besonders großmütig zeigte er sich gegen feilten Bruder Heinrich, der die königliche Würde beanspruchte. Zur Zeit, als Otto geboren wurde, war Heinrich nämlich noch nicht Kaiser, sondern nur Herzog. Heinrich der Sohn aber wurde nicht dem Herzog, sondern dem Kaiser geboren (912). Viermal zettelte Heinrich Verschwörungen gegeu den Kaiser an und viermal verzieh ihm Otto und gab ihm seine Länder wieder. Aber wie seine Großmnt, konnte er auch feine Kraft zeigen und schonte dann niemanden, wie er denn selbst die Ritter des Frankenherzogs, die seine Botmäßigkeit nicht anerkennen wollten, Hunde tragen ließ, was damals der größte Schimpf bei den Deutschen war.
3. Otto I. ließ sich mit großer Pracht zu Aachen krönen, während die deutschen Könige bisher sich mit der Salbung begnügt hatten. Bei dieser Krönung erscheinen zum erstenmale die Erzämter, da Giselbert von Lothringen das Amt eines Kämmerers, Eberhard von Franken das Amt des Truchseß (Trug 's Eß), Hermann von Schwaben das Amt des Mundschenken und Arnulf von Bayern das Amt des Marschalks verwaltete. Auch zum Könige der Lombarden ließ sich Otto in Pavia krönen. Er nahm zuerst den Titel: „Geheiligte Majestät" an. Von ihm wurden die Bistümer Brandenburg, Havelberg, Meißen, Oldenburg, Zeiz, Merseburg gestiftet und, um diesen Bistümern einen Mittelpunkt zu geben, das Erzbistum Magdeburg gegründet.
4. So anhänglich auch Otto I. an die Kirche war, so hat er doch — wenn auch gegen feinen Willen — Veranlassung zu späteren Streitigkeiten zwischen Kirche und Kaiser gegeben. In Rom wühlten nämlich seit den ältesten Zeiten immer politische Parteien, namentlich waren die römischen Adeligen unter sich beständig uneins und wollten ihren Einfluß auf die Besetzung des päpstlichen Stuhles geltend machen. Während die Päpste auf der Seite der Kaiser standen, waren die Römer selbst — wie alle Italiener — voll Ingrimm gegen die Deutschen, deren Oberhoheit sie nur gezwungen anerkannten. So oft daher die Kaiser Italien den Rücken gewendet, fing die den Deutschen feindlich gesinnte Partei wieder ihre Umtriebe an, daß es nie Ruhe gab, einzelne Päpste sogar in Lebensgefahr kamen und mißhandelt wurden. Das Schlimmste jedoch, was über die Kirche kam, war, daß römische Adelsfamilien soweit gingen, schlechte und lasterhafte junge Verwandte mit Waffengewalt auf den päpstlichen Stuhl zu erheben, um das Besitztum der Kirche an sich ziehen zu können. Ein solcher schlechter Papst war Johann Xii., den sein Vater, der römische Fürst Alberich als Papst einsetzte und mit Gewalt auf dem Heiligen Stuhle hielt. Damit nun so schändliche Greuel, welche schon mehrmals vorgekommen waren, nicht wieder vorkamen, ließ 011oi. die Römer schwören, keinen Papst ohne seine oder seines Sohnes Otto Ii. Zustimmung vom römischen Stuhle Besitz nehmen zu lassen. Begreiflich konnten die Römer nur für sich, ihre jeweilige Person, schwören; der Eid bezog sich ja nur auf die Gegenwart, so lange nämlich Otto I. und Otto Ii. regierten, und durch diesen Eid konnte den Kirchen-
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrichs_I. Alfons_Iii Enrico_Dandolo Kamps Heinrich_Vii Heinrich Matteo_Visconti Franz_Sforza Franz Philipp_Ii Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Italien Spanien Portugal Portugal Lissabon Spanien Republik_Venedig Konstantinopel Genua Genua Genua Amerikas Eroberuna_Konstantinopels Mailand Mailand
292 Die mittlere Zeit.
Gemahlin Karlmanns, Liutberga die des Vayernherzogs Thassilo. Karl selbst begehrte die Desiderata; da dieselbe aber krank war , sandte er sie wieder zurück. So fühlten sich D e s i d e r i u s wie Thassilo gekränkt, und zu der alten Stammesfeindschaft kamen die Familienzwiste, welche durch die Flucht der Gerberg a, der Witwe Karlmanns, welche ganz unnötig war, da sie von niemanden bedroht wurde, sich noch vermehrten. Thassilo hatte schon Pipin den Lehenseid geschworen und gebrochen; ebenso schwur er Karl d. Gr. den Lehenseid zu Compiegne, verband sich aber mit den Avaren gegen ihn. Er wurde deshalb zum Tode verurteilt, jedoch zur Buße in einem Kloster begnadigt.
2. Im Jahre 750 waren in Damaskus die Omaijaden sämtlich niedergehauen worden, und es gelangte der Begründer der Dynastie der Abbassiden, Ab ul Abbas Abdallah, zum Kalifat. Nur einer von den Omaijaden, der Knabe Abderrhaman, entkam nach Spanien. Spanien war seither von Statthaltern der Kalifen regiert worden, bis die Araber endlich einen Emir wählten, um sich von Damaskus unabhängig zu machen. Jnfsuf, so hieß der Emir, kam im Kampfe gegen Abderrhaman um. Die Abbassiden schickten ein Heer nach Spanien, wurden aber geschlagen. Doch gab es noch eine Partei, die sich dem Abderrhaman nicht unterwerfe» wollte. Hussein, das Haupt dieser Partei, rief die Franken zu Hilfe.
3. Das Heer Karls hatte bei seiner Heimkehr ans Spanien die Pyrenäen schon überstiegen, als die Nachhut im Thale Roncev alles überfallen wurde. Unter den fränkischen Helden, welche hier der Übermacht unterlagen, wird vorzüglich Karls Schwestersohn, der Graf Roland, genannt, dessen Ruhm der Gegenstand verschiedener Sagen und Lieder des Mittelalters ist. Geschichtlich wissen wir nur von ihm, daß er der Befehlshaber einer fränkischen Heeresabteilung war. Die Sage zählt ihn zu den Palatinen Karls (d. h. zu den Vornehmen, welche in Karls Hofstatt (palatium) zu wohnen und den Kaiser zu begleiten pflegten) und jchreibt ihm riesige Kraft und wunderbare Tapferkeit zu.
4. Der rechtmäßig gewählte Papst Leo Iii. wurde von vornehmen Römern, welche den römischen Stuhl mit einem der Ihrigen zu besetzen wünschten, verschiedener Verbrechen angeklagt. Als nun Karl nach Rom kam, versammelte er die höchsten geistlichen Würdenträger und gab ihnen in Gegenwart Leos auf, dessen Ankläger zu hören. Da erhoben sich sämtliche Bischöfe und Ä6ie und erklärten einstimmig, daß sie kein Recht hätten, über den Papst zu Gericht zu sitzen. „Niemand," riefen sie, „darf es wagen, den heiligen Vater anzuklagen. Der apostolische Stuhl ist, wie früher, so jetzt noch der oberste Schiedsrichter und kann von niemanden gerichtet werden "
5. Durch die Ernennung zum römischen Patrizier wurde Karl der Oberbefehl im Kriege und die oberste Gerichtsbarkeit, aber so wenig die Herrschergewalt übertragen, daß Karl, als er das zweite Mal nach Rom kam, die Stadt nicht betrat, ohne vorher die Erlaubnis des Papstes erhalten zu haben. Durch die Übertragung der Kaiserwürde wurde der Kaiser das weltliche Oberhaupt der Christenheit, wie der Papst das geistliche war. Es lag dem vom Stellvertreter Christi ausgerichteten Kaisertums die Idee einer von Gott verliehenen christlichen Weltherrschaft zu Grunde. Dem Papste stand für die Zukunft das Recht der
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Extrahierte Ortsnamen: Gerberg Damaskus Spanien Spanien Damaskus Spanien Karls Spanien Karls Karls_Hofstatt Rom Rom
306 Die mittlere Zeit.
gesetzen nichts vergeben werden. Demnngeachtet nahmen nachstehende Kaiser hiervon Veranlassung, in die Papstwahl sich einzumischen, obwohl zudem Otto I. selbst eidlich versprochen hatte, daß die Papstwahl frei sein und der Gewählte nur in Gegenwart eines kaiserlichen Kommissärs sich verpflichten sollte, nach Gesetz und Recht zu regieren.
5. Die Reichskleinodien waren: die goldene Krone, das vergoldete Zepter, der goldene Reichsapfel, den Otto I. vom Papste Leo Viii. J6ei der Kaiserkrönung erhielt, das Schwert Karls des Großen, das Schwert des Hl. Moritz, die vergoldeten Sporen und die Dalmatika, die der Kaiser bei der Krönung trug. Wenn der Kaiser persönlich beim Heere war, so wehte ihm die Reichsfahue voran (wie z. B. in den Schlachten Heinrichs I. und Ottos I. wider die Ungarn). Zur Zeit dieser Kaiser war auf derselben der Erzengel Michael abgebildet, unter Friedrich I. ein Adler, unter Otto Iv. ein Adler über einem Drachen schwebend, seit Sigismund der Reichsadler. Auf den „Reichs sturm-fahnen" dagegen, deren es mehrere für die einzelnen Ritterschaften gab, war das Bild des heiligen Ritters Georg. Des Kaisers Schild trug den einfachen schwarzen Adler im goldenen Feld. Die Reichsfahne war ein schwarz-roter Wimpel; die Farben waren senkrecht geteilt, bald schwär; voran, bald rot.
§ 112.
Die sali sch en (fränkischen) Kaiser, konrad Ii. (1024—1039).
Heinrich Iii. (1039—1056).
316) Da mit Heinrich dem Heiligen das Geschlecht der sächsischen Kaiser erlosch, so vereinigten die acht Herzoge Deutschlands mit den geistlichen Würdenträgern sich zur freien Wahl und erkoren angesichts des versammelten Heeres auf einer Rheininsel bei Oppenheim den Herzog Konrad von Franken zum deutscheu Könige. Der neue Herrscher fing sein Amt damit an, daß er durch das deutsche Reich ritt, um sich Kenntnis von dessen Zuständen zu verschaffen und vorkommenden Klagen abznhelfen. Um vielem Unfrieden ein Ende zu machen, erklärte er, daß die Nachkommen der Vasallen für ewige Zeiten lehensberechtigt sein sollten. Unter ihm fiel Burgund an das Deutsche Reich, doch mußte er gegen den Herzog Ernst von Schwaben und gegen Odo von Champagne, die ebenfalls Anspruch auf Burgund erhoben, Kriege führen, deren Schauplatz die deutsche Schweiz war. Ans seinem Römerzuge lernte er Kan nt den Großen kennen, der gerade als Pilgrim zu Rom war. Beide verständigten sich und Konrad gab Schleswig an Kaimt, doch nur als Reichslehen. Dagegen hatte er schwere Kämpfe mit den Slaven zu bestehen, die in Deutschland eingebrochen waren. Konrad starb zu
1039. Utrecht 1039 und wurde im Dome zu Speier begraben, dessen lose. 33au er neun Jahre vor seinem Tode begonnen hatte.
317) Heinrich Iii. oder der Schwarze kämpfte glücklich
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Extrahierte Ortsnamen: Ottos Ungarn Deutschlands Oppenheim Burgund Deutsche_Reich Burgund Rom Deutschland Utrecht
956
Die Zeit der siegreichen Revolution.
Oberhaupte der Kirche geleitet würde, als Mittel borgen zu müssen.
Zudem hoffte man von der Mitwirkung des Papstes eine günstige Wir-
kung auf die der Kirche nicht Entfremdeten, deren Gemüther man da-
durch am leichtesten dem Herrscher unterwerfen würde. Nachdem das
Kaiserthum verkündet, nachdem eine Anzahl von Veränderungen, durch
welche die monarchische Gewalt Verstärkung erhielt, mittelst eines Se-
natsbeschlüsses angeordnet worden, sollte eine Kaiserkrönung das neue
Werk beschließen. Doch wollte der neue Kaiser nicht so weit gehen,
durch Empfang der Krone eine Sendung von dem Papste anzunehmen,
auch nicht dadurch, daß er nach Rom reiste, sich vor dem Oberhaupte
der Kirche beugen. Die Unterhandlungen zielten darauf, daß Papst
Pius Vh. nach Paris kommen und nicht die Krönung, sondern Salbung
und Segnung verrichten möge. Viele Bedenken stellten sich in Nom
dem Eingehen auf Napoleons Wünsche in den Weg. War schon die
Art, wie der Papst sich bei der Feier betheiligen sollte, eine dem Ver-
hältnisse zwischen Papst und Kaiser nicht entsprechende, so war die
Macht Napoleons, welche nach Entstehung und Wirksamkeit mehr von
der Macht der römischen Imperatoren als von der Macht der römischen
Kaiser hatte, welche durch den Gegensatz zu einem Berechtigten, selbst
mit Cäsars und Auguftus' Macht verglichen, im Nachtheile stand, nicht
der Art, daß der Papst ihr die geforderte kirchliche Weihe zu ertheilen
geneigt sein konnte. Dazu kam die Frage, wie der Papst der vertrie-
benen Familie der Bourbonen gegenüber den Kaiser salben könne, der
sich Kaiser der Franzosen nannte, und ungeachtet dieser Benennung war
die Stellung zweifelhaft, die der neue von Plänen der Weltherrschaft
erfüllte Kaiser dem wirklichen Kaiser gegenüber einnehmen würde. Alle
diese Gegengründe wurden in der Seele des sanften Pius Vii. von
den Vorstellungen erschüttert, durch welche seine Räthe unter dem Ein-
drücke der bereits in Napoleons Händen ruhenden Gewalt, der an seine
Freundschaft geknüpften Hoffnungen und der von seinem Unwillen be-
fürchteten Gefahren ihn zum Nachgeben zu stimmen suchten. Auch wur-
den von Paris aus die lockenden Worte, durch welche dem Papste das,
was man begehrte, als der größte Gewinn für die Kirche dargeftellt
wurde, nicht gespart, und die Entscheidung im Sinne des Kaisers wurde
dadurch herbeigeführt, daß gegen den Sinn des Kaisers der Erzbischof
von Lyon, Cardinal Fesch, der Stiefbruder von Napoleons Mutter Lä-
titia, in Rom die Erklärung abgab, der Papst solle dem Kaiser auch die
Krönung ertheilen. Der Papst kam, und Napoleon setzte am 2. De-
cember sich und seiner Gemahlin selbst die Krone auf. Der Papst hatte
sich erniedrigt, und die für die Kirche gehofften Vortheile blieben aus,
weil die zur Ausführung des Concordats erlassenen Verordnungen, oie
organischen Artikel genannt, dem Sinne des Concordats entgegen die
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleons Cäsars Napoleons Cardinal_Fesch Napoleons Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Rom Paris Napoleons Napoleons Paris Lyon Napoleons Rom
Das Karolingische Reich.
181
gelangte der Herzog von Spoletum zu einer fast unabhängigen Stel-
lung. Im Kirchenstaate walteten in einzelnen Gebietsteilen Häupter
des Adels und mischten sich selbst in die Papstwahl ein. Die Päpste
waren so von einer Willkühr bedroht, während die Abhülfe, die sie von
dem Kaiser verlangen konnten, die Gefahr einer neuen Willkühr mit
sich brachte. Zugleich war Rom ein Hauptziel saracenischer Angriffe.
Allen diesen Erscheinungen gegenüber vermochte Ludwig Ii. nur wenig
Kraft zu entwickeln, da die einzelnen Gewalthaber, so verschieden auch
ihre Vortheile und ihre dadurch begründeten gegenseitigen Stellungen
waren, das gemeinschaftliche Ziel hatten, die kaiserliche Macht nicht auf-
kommen zu lassen. Die Erstürmung von Barium im Jahre 872 war
die einzige Unternehmung, die ihm gelang. Die Folge von des Kaisers
Schwäche war, daß in Italien die Vasallen eine abgesonderte Stellung ein-
nahmen, durch Immunitäten aus dem Kreise der von dem Kaiser geführten
Negierung heraustraten und selbst zu der pflichkmäßigen Lehenshülfe
wenig Bereitwilligkeit zeigten. Diejenigen von ihnen, welche als Grafen
die eigentlichen Beamten des Kaisers bildeten, lernten so den Bezirk,
über den sich ihre Amtsgewalt erstreckte, mit demjenigen, welchen sie
als Lehen besaßen und für welchen sie meist Immunität hatten, auf
gleiche Weise behandeln. Da so in der allgemeinen Auflösung die
Einzelnen ihre besonderen Zwecke verfolgten, war man überall auf
Selbsthülfe angewiesen. Wer es vermochte, umgab sich mit Mitteln der
Vertheidigung, und es zerfiel das Land in zahllose Gebietstheile, die
besonderen Staaten glichen. Als nun Ludwig Ii. im Jahre 875 zu
Briria gestorben, war zwar, da das Bedürfniß nach Schutz an vielen
Orten gefühlt und selbst für eigennützige Bestrebungen die Unterstützung
durch eine gesetzliche Obermacht gewünscht wurde, die Nothwendigkeit,
ihm einen Nachfolger zu geben, einleuchtend, man verlangte aber nach
einem solchen, der die Auflösung zu hemmen nicht die Macht hätte.
Es bildeten sich zwei Parteien, deren eine auf das westfränkische, die
andere auf das oftfränkische Reich ihre Augen richtete. Es erschien auch
sowohl Karl der Kahle in Italien, als König Ludwig erst Karl den
Dicken, dann Karlmann nach Italien schickte. Karl der Kahle erhielt,
nachdem er von seinen Gegnern den ersten durch den Schein eines An-
griffes auf Deutschland, den zweiten durch einen Waffenstillstand ge-
täuscht hatte, von Papst Johann Viii., der ihm den Vorzug gab, die
Krönung. Karl wahrte das kaiserliche Ansehen in Italien nicht besser
als das königliche in seinem Reiche. Nach seiner Rückkehr vertrat ihn
Herzog Boso, der Gemahl von Kaiser Ludwigs Ii. Tochter Irmengarde,
der im nördlichen Italien nur einen sehr beschränkten Einfluß ausübte.
Nachdem der neue Kaiser im Jahre 876 um Lotharingien gekämpft,
zog im Jahre 877 des Papstes Hülferuf gegen die Saracenen ihn wieder
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Extrahierte Ortsnamen: Karolingische_Reich Rom Italien Italien Italien Deutschland Italien Italien Hülferuf
200 Das deutsche Reich bis zum Ende des elften Jahrhunderts.
Ulrich von Augsburg die Verzeihung seines Vaters suchte. Arnulf war
bei einem Ausfälle aus dem von Otto belagerten Regensburg umge-
kommen, und Konrad und Friedrich hatten schon früher Versuche gemacht,
sich mit dem Könige zu vergleichen. Die Sache wurde im Jahre 954
auf einem Reichstage zu Arustadt beendet. Das Herzogthum Schwaben
ging an Burkards gleichnamigen Sohn über, Konrad verlor Lothringen,
und dieses wurde in zwei Herzogthümer, Oberlothringen an der Mosel
und Niederlothringen an der Maas, getheilt, deren beide aus den Grafen
des Landes gewählte Herzoge unter die Aufsicht des Erzbischofs Bruno
kamen. Als aber Heinrich sein Herzogthum, in welchem er als Sachse
immer noch eine Partei gegen sich hatte, mit Gewalt in Besitz nahm,
erschienen die Madscharen wieder. In diesem neuen Kriege jedoch ward
der Strom der von Osten andringenden Völkerwanderung für immer
gehemmt, da die Feinde im Jahre 955 bei Augsburg in einer entschei-
denden Schlacht besiegt wurden, wo Ludolf und Konrad durch Tapferkeit
ihre Schuld bezahlten, Konrad sie auch durch den Tod sühnte. Es folg-
ten bald Zeiten, wo die Madscharen aus ihrem Nomadenzustande in
geordnetes Leben übergingen. Wie die Deutschen, so waren auch die
Böhmen, von denen eine Hülfsschaar bei Augsburg mitgestritten hatte,
von dem furchtbaren Feinde befreit und ihr Reich dehnte sich auf Kosten
der Madscharen über ganz Mahren aus.
9. Noch harrten die Angelegenheiten Italiens ihrer Entscheidung.
Während des Krieges in Deutschland hatte Berengar ohne Rücksicht
auf Otto walten können. Da von seiner Willkühr namentlich auch die
zwischen den Apeninnen und dem adriatischen Meere gelegenen Gebiete
des Kirchenstaates, die man in der Erinnerung an die dereinstige ost-
römische Herrschaft Romania nannte, hart betroffen wurden, ging von
dem Papste eine Aufforderung an Otto um Abhülfe aus. In Rom
war auf Alberich, der von der festen auf der Moles des Hadrian er-
richteten Engelsburg Rom unter dem Namen eines Senators beherrscht
hatte, sein Sohn Octavianus gefolgt. Dieser hatte, um der Herrschaft
desto gewisser zu sein, das in Rom thätige Parteieugetriebe benutzt, um
sich zum Papste wählen zu lassen, und als solcher führte er den Namen
Johann Xii. Wie die päpstliche Würde im Laufe des zehnten Jahr-
hunderts ein Spiel der Ehrsucht und Herrschsucht römischer Adelsfami-
lien war, wurde der päpstliche Stuhl auch mehr als einmal während
dieser Zeit durch Männer von ganz ungeistlichem Charakter und Leben
geschändet. Der schlimmste unter ihnen ist Johann Xii., der jedoch,
ohne es zu wollen, eine günstige Wendung herbeiführt, indem er
zur Erneuerung des Kaiserthums Anlaß gibt. Ludolf, der im Jahre
956 zuerst mit einem deutschen Heere über die Alpen ging, erlag schon
im Jahre 957 dem dortigen Klima, und Berengar hatte wieder freie
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Extrahierte Personennamen: Ulrich_von_Augsburg Arnulf Otto Otto Konrad Konrad Friedrich Friedrich Konrad Konrad Bruno Heinrich Heinrich Ludolf Konrad Konrad Konrad Otto Otto Alberich Johann Johann Johann_Xii Johann Ludolf Berengar
Extrahierte Ortsnamen: Regensburg Lothringen Niederlothringen Augsburg Augsburg Italiens Deutschland Rom Engelsburg_Rom Rom
238 Frankreich bis zum Ende des elften Jahrhunderts.
neuer Verhältnisse bemerkbar macht, hoch anzuschlagen, insofern es das
Eintreten einer besseren Zeit möglich machte und eine Menge von Ein-
zelnen den Bedrückungen der Gewalt und dem sittlichen Verderben entzog.
4. Das Geschlecht, das der gefährlichste Gegner der Karolinger
gewesen war, trat durch die Annahme der Königswürde, obgleich für
seine Anerkennung die Bischöfe des Reiches thätig waren, auch seiner-
seits in schwierige Verhältnisse, da nicht allein die andern großen Va-
sallen durch das Bemühen um Behauptung ihrer Unbeschränktheit seine
Gegner wurden, sondern auch die Vasallen, die der Herzog von Fran-
cien hatte, dem Könige gegenüber schwieriger wurden. Seine nächste
Stütze suchte Hugo an dem Erzbischöfe von Sens oder Senones, dessen
Metropolitansprengel den größten Theil seines Herzogthums umfaßte.
Um die Gegenpartei, die auf die noch lebenden Karolinger weniger aus
Anhänglichkeit als aus Verlangen, dem Widerstande den Schein des
Rechtes zu verleihen, hinblickte, theilweise zu entwaffnen, gestattete er,
daß ein unächter Sohn Lothars, Arnulf, zum Erzbischöfe von Rheims
erhoben wurde. Dadurch verwickelte er sich aber in einen langen
Kampf. Denn als endlich doch Karl einen Versuch auf den Thron
machte und sich der Stadt Laon bemächtigte, trat Arnulf auf seine Seite
und öffnete ihm Rheims. Zwar kam Karl durch den Bischof von Laon
in Hugo's Gewalt und starb als sein Gefangener zu Orleans oder
Aurelianum, worauf der mächtigste Vasall des Südens, Wilhelm Iv.
von Aquitanien, sich zur Anerkennung des neuen Königs verstand. Da
aber Hugo durch ein von ihm nach Rheims berufenes Concilium die
Absetzung Arnulfs, dessen Bestrafung er vergebens von Papst Johann Xv.
verlangt hatte, zuwege brachte, und der gelehrte Gerbert an dessen
Stelle kam, entwickelte sich ein Streit zwischen ihm und dem Papste,
der den Eingriff in seine oberrichterliche Gewalt nicht dulden wollte.
Der Streit wurde bedeutsam dadurch, daß Bischöfe auf des Königs Seite
traten. In Folge desselben leistete Gerbert, um das Aergerniß aufzu-
heben, auf den Stuhl von Rheims Verzicht und ging nach Deutschland
zu Otto Iii. In diesem Streite wurde öffentlicher Gebrauch von einem
das kirchliche Recht betreffenden Werke gemacht, auf welches schon
unter Papst Nikolaus I. in dem lotharingischen Ehescheidungsstreit zu
Gunsten der päpstlichen Befugnisse hingewiesen worden war, und welches
nicht sowohl die Stellung der Päpste in Fragen der Diöciplin begrün-
den geholfen, als die desfalls geltenden Grundsätze ausgesprochen und
durch Anwendung auf einzelne Fälle erläutert hat. Es sind dies die
unächten Isidorischen Dekretaleu, benannt nach dem im Jahre 636 ge-
storbenen Erzbischöfe Jsidorus von Hispalis. Entstanden in den Rhein-
gegenden um die Mitte des neunten Jahrhunderts umfaßt es nach Art
einer von Jsidorus veranstalteten Sammlung, aus der es auch Vieles
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Extrahierte Personennamen: Hugo Arnulf Karl Karl Arnulf Karl Karl Wilhelm Hugo Arnulfs Johann_Xv. Rheims Otto Nikolaus_I. Nikolaus_I. Jsidorus_von_Hispalis
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rheims Laon Rheims Laon Wilhelm Rheims Deutschland Rhein-
432 Das römisch-deutsche Reich in den beiden nächsten Jahrhunderten
knüpften sich noch Befugnisse genug, die sich für jenen chm näher
liegenden Zweck benutzen ließen. In Italien hatten die Ereignisse
im neapolitanischen Reiche dessen Einfluß auf die Angelegenheiten der
übrigen Staaten abgeschnitten. Im Norden des Landes entwickelte
sich die Macht des Hauses Visconti mit einer solchen Gewalt, daß
selbst andere gibellinische Herrscherfamilien, wie die zur Herrschaft
von Mantua gelangten Gonzaga und die in Reggio an ihre Stelle
getretenen Este, die Macht des Herrschers von Mailand als eine feind-
liche fürchten mußten. Einer fürstlichen Gewalt gingen die gibellinischen
Häupter, vor allen die Visconti, dadurch entgegen, daß das Söldner-
wesen einriß und nicht mehr die Bürger der Städte die Kriege führten.
Denn durch eine besoldete Truppenmacht konnte der Führer von der
Partei, die ihn erhoben hatte, unabhängig werden, und das Besoldungs-
wesen gab ihm Einfluß auf die Geldmittel der Städte, so daß er an die
Spitze der Verwaltung trat, wie die richterliche Gewalt, früher von dem
Podefta geübt, schon an ihn übergegangen war. Die Ausdehnung des
Gebietes wurde sodann ein fernerer Schutz für das Haupt des neuen
Staates, da etwanige Versuche einer einzelnen Stadt, sich der willkühr-
lichen Herrschaft zu entziehen, durch die Kräfte der übrigen unterdrückt
werden konnten. Schon griff die Macht der Visconti über die Lombardei
hinaus. Auf der einen Seite faßten sie in der Romagna festen Fuß
und auf der andern Seite beugte sich das von innerer Parteiung zer-
rissene Genua so vor ihnen, daß es im Jahre 1353 sich förmlich unter-
warf. Auch die Welfen in Tuscien oder Toscana wurden von ihnen
bekämpft. Nur der Markgraf von Montserrat leistete ihnen noch nach-
drücklichen Widerstand. Während so im nördlichen Italien eine neue
große Macht sich bildete, war der Kirchenstaat im Begriff in eine
Menge kleiner Herrschaften sich aufzulösen. In Rom selbst aber, wo man
den zu Avignon wohnenden Gebieter fast vergessen hatte, tauchte ein
abenteuerlicher Versuch auf, die Herrlichkeit des alten weltbeherrschenden
römischen Volkes zu erneuern. Ein kühner und kluger Mann aus nie-
derem Stande, Cola di Rienzi, lieh den träumerischen Erinnerungen an
Roms alte Größe begeisterten Ausdruck und stieg zu solchem Ansehn
empor, daß er im Jahre 1342 als Mitglied einer Gesandtschaft, die Papst
Clemens Vi. zur Rückkehr nach Rom einladen sollte, das Wort führte,
obgleich der große Dichter Petrarca aus Arezzo (geboren im Jahre
1304, gestorben im Jahre 1374) dabei zugegen war. Im Jahre 1347
riß er das Volk zur Herstellung der Republik hin und bewirkte eine
Anzahl von Gesetzen, die auf Beseitigung der eingerissenen Unsicherheit
zielten. Seine Macht stieg so schnell, daß die Häupter des römischen
Adels die Stadt verließen. Gefeiert als Befreier Roms, das er unter
dem Namen eines Tribuns regierte, machte er allen Fürsten, auch dem
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