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36. Der Handschuh.
Vor seinem Löwengarten,
das Kampfspiel zu erwarten,
saß König Franz,
und um ihn die Großen der Krone,
und rings auf hohem Balköne
die Damen in schönem Kranz.
Und wie er winkt mit dem Finger,
auf tut sich der weite Zwinger,
und hinein mit bedächtigem Schritt
ein Löwe tritt,
und sieht sich stumm
ringsum
mit langem Gähnen
und schüttelt die Mähnen
und streckt die Glieder
und legt sich nieder!
Und der König winkt wieder;
da öffnet sich behend
ein zweites Tor,
daraus rennt
mit wildem Sprunge
ein Tiger hervor.
Wie der den Löwen erschaut,
brüllt er laut,
schlägt mit dem Schweif
einen furchtbaren Reif,
und recket die Zunge,
und im Kreise scheu
umgeht er den Leu,
grimmig schnurrend;
drauf streckt er sich murrend
zur Seite nieder.
Und der König winkt wieder;
da speit das doppelt geöffnete Hans
zwei Leoparden auf einmal aus.
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier
auf das Tigertier.
Das packt sie mit seinen grimmigen
Tatzen,
und der Leu mit Gebrüll
richtet sich auf, da wird's still;
und herum im Kreis,
von Mordsucht heiß,
lagern sich die greulichen Katzen.
Da fällt von des Altans Rand
ein Handschuh von schöner Hand
zwischen den Tiger und den Leu'n
mitten hinein.
Und zu Ritter Delorges, spottender-
weis',
wendet sich Fräulein Kunigund':
„Herr Ritter, ist Eure Lieb' so heiß,
wie Ihr mir's schwört zu jeder Stund',
ei, so hebt mir den Handschuh auf!"
Und der Ritter in schnellem Laus
steigt hinab in den surchtbarn Zwinger
mit festem Schritte,
und aus der Ungeheuer Mitte
nimmt er den Handschuh mit keckem
Finger.
Und mit Erstaunen und mit Grauen
sehen's die Ritter und Edelfrauen,
und gelassen bringt er den Hand-
schuh zurück.
Da schallt ihm sein Lob aus jedem
Munde;
aber mit zärtlichem Liebesblick
— er verheißt ihm sein nahes Glück —
empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins
Gesicht:
„Den Dank, Dame, begehr' ich
nicht!"
Und verläßt sie zur selben Stunde.
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3. Ich zieh' mich in mein Innres still zurück,
der Schleier fällt,
da hab' ich dich und mein vergangnes Glück,
du meine Welt!
52. Die Kreuzschau.
1. Der Pilger, der die Höhen überstiegen,
sah jenseits schon das ansgespannte Tal
in Abendglut vor seinen Füßen liegen.
2. Auf duft'ges Gras im milden Sonnenstrahl
streckt er ermattet sich zur Ruhe nieder,
indem er seinem Schöpfer sich befahl.
3. Ihm fielen zu die matten Augenlider;
doch seinen wachen Geist enthob ein Traum
der ird'schen Hülle seiner trägen Glieder.
4. Der Schild der Sonne wird im Himmelsraum
zu Gottes Angesicht, das Firmament
zu seinem Kleid, das Land zu dessen Saum.
5. „Du wirst dem, dessen Herz dich Vater nennt,
nicht, Herr, im Zorn entziehen deinen Frieden,
wenn seine Schwächen er vor dir bekennt.
6. Daß, wen ein Weib gebar, sein Kreuz hienieden
auch duldend tragen muß, ich weiß es lange;
doch sind der Menschen Last und Leid verschieden.
7. Mein Kreuz ist allzuschwer; sieh, ich verlange
die Last nur angemessen meiner Kraft;
ich unterliege, Herr, zu hartem Zwange."
8. Wie er so sprach zum Höchsten kinderhaft,
kam brausend her der Sturm, und es geschah,
daß aufwärts er sich fühlte hingerafft.
9. Und wie er Boden faßte, fand er da
sich einsam in der Mitte räum'ger Hallen,
wo ringsum sonder Zahl er Kreuze sah.
10. Und eine Stimme hört' er dröhnend hallen:
„Hier aufgespeichert ist das Leid; du hast
zu wählen unter diesen Kreuzen allen."
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75
Z. <£s schauen vom Wappenschilde
die Löwen so traulich mich an;
ich grüße die alten Bekannten
und eile den Burghof hinan.
Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
dort grünt der Feigenbaum;
dort, hinter diesen Fenstern,
verträumt' ich den ersten Traum.
5. Zch tret' in die Burgkapelle
und suche des Ahnherrn Grab;
dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
das alte Gewassen herab.
6. Noch lesen umflort die Augen
die Züge der Znschrift nicht,
wie hell durch die bunten Scheiben
das Licht darüber auch bricht.
7. So stehst du, o schloß meiner Väter,
mir treu und fest in dem Sinn
und bist von der Trde verschwunden,
der sdflug geht über dich hin.
8. Sei fruchtbar, o teurer Boden!
Ich segne dich mild und gerührt
und segne ihn zwiefach, wer immer
den j^flug nun über dich führt.
9. Ich aber will aus mich raffen,
mein Saitenfpiel in der Hand,
die Weiten der Trde durchschweifen
und singen von Land zu Land.
N!. Joseph von Lichendorff. L.
54. Ringlein.
1. In einem kühlen Grunde
da steht ein Mühlenrad,
mein' Liebste ist verschwunden,
die dort gewöhnet hat.
2. Sie hat mir Treu' versprochen,
gab nur ein'n Ring dabei,
sie hat die Treu' gebrochen,
mein Ringlein sprang entzwei.
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5. Laßt klingen, was nur klingen
kann,
die Trommeln und die Flöten!
Wir wollen heute Mann für Mann
mit Blut das Eisen röten,
mit Henkerblut, Franzosenblut. —
O süßer Tag der Rache!
Das klinget allen Deutschen gut,
das ist die große Sache.
6. Laßt wehen, was nur wehen
kann,
Standarten wehn und Fahnen!
Wir wollen heut' uns Mann für Mann
zum Heldentode mahnen:
Aus! Fliege, stolzes Siegspanier,
voran dem kühnen Reihen!
Wir siegen oder sterben hier
den süßen Tod der Freien.
61. Die Leipziger Schlacht.
1. Wo kommst du her in dem roten Kleid
und färbst das Gras- auf dem grünen Plan?
„Ich komm' aus blut'gem Männerstreit,
ich komme rot von der Ehren bahn.
Wir haben die blutige Schlacht geschlagen,
drob müssen die Mütter und Bräute klagen,
da ward ich so rot."
2. Sag' an, Gesell, und verkünde nur,
wie heißt das Land, wo ihr schlugt die Schlacht?
„Bei Leipzig trauert das Mordrevier,
das manches Auge voll Tränen macht,
da flogen die Kugeln wie Winterflocken,
und Tausenden mußte der Atem stocken
bei Leipzig, der Stadt."
3. Wie heißen, die zogen ins Todesfeld
und ließen fliegende Banner aus?
„Es kamen Völker aus aller Welt,
die zogen gegen Franzosen aus,
die Russen, die Schweden, die tapfern Preußen,
und die nach dem glorreichen Östreich heißen,
die zogen all' aus."
4. Wem ward der Sieg iu dem harten Streit,
wem ward der Preis mit der Eisenhand?
„Die Welschen hat Gott wie die Spreu zerstreut,
die Welschen hat Gott verweht wie den Sand;
viel Tausende decken den grünen Rasen,
die übrig gebliebenen entflohen wie Hasen,
Napoleon mit."
ß
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3. Nicht, daß sie unterlegen waren, drückte diesen Männern das
Herz ab, wenn sie in strenger Winternacht um ihre Feuer saßen. Sonst
schauten sie nach einer Niederlage bitter oder trotzig zum Himmel auf,
wo Wodans bekanntes Gejaid wie ergrimmt im Nordsturm fuhr. „Wodan
hat es nicht anders bestimmt," sprachen sie schlicht. Und mit derselben
hartnäckigen Ruhe, mit der sie ihr Letztes und Bestes, ja, sich selbst dem
glücklichen Spieler übergaben, wenn sie im Glücksspiel verloren hatten,
mit derselben gläubigen Hartnäckigkeit schauten sie in ihre Feuer und be-
rechneten die Wege, die trotz alledem noch zur Rettung führen konnten.
Auch scharten sie sich wohl auf entlegner Waldlichtung um ihre Opfer-
feuer, die Männer in den rauhen Fellgewanden, die Frauen in ihrem
stolzen Goldhaar, und mit dem Opferrauch stiegen eine Nacht lang ihre
Gebete zu den schlafenden Göttern. Gegen Morgen dann, wenn der Wald
wach wurde, gingen sie mit kräftigem Händedruck und ruhigem „Heil!"
zu neuer Umschau und Arbeit an ihr Tagewerk.
4. Nichts mehr von alledem! Ein schlimmerer Feind als der Franke
hatte in ihre Herzen Eingang gefunden. Die Säule Jrmins hatte Karl
gestürzt — auch in ihren Herzen! Ihre Heiligtümer waren vernichtet,
ihre Götter verspottet. Und das Unglaubliche war geschehen: — nicht
einen Finger hatten die beschimpften und entehrten Germanengötter ge-
rührt! Wann hatte man solche Ehrlosigkeit, solche Feigheit im Nordland
erlebt?! — Da zog ein großes Irrewerden über dies Land des graden
Glaubens; ein bisher unbekanntes Unkraut, der Zweifel an den eignen
Göttern, sproßte nun im Sachsenland in allen Herzen auf, ausgesät
von den Priestern des Südens.
5. Lüge war, was sie bis jetzt geliebt. Der Schwur, den der
Mann dem Manne geschworen bei den Göttern des freien Waldes, der
Schwur war Lüge. Donar, der im Wetter dahinfuhr; Wodan, der mild-
starke Mantelgott mit Speer und Sonnenauge; Freya, die Liebliche:
die Prophetinnen und weißen Frauen am Waldquell; die Nixe der Wasser,
die Kobolde und Zwerge der Waldklüfte, die Elfen in den Weiden der
Nebeltäler — Lüge! Leer wie eine Winternacht lag die deutsche Welt.
Nichts mehr, das diese Enttäuschten freute, nichts mehr, für das sie glühen
und um das sie kämpfen mochten. Denn nicht für seine Scholle bloß
kämpft ein Volk, für seine Götter kämpft ein Volk. Für seine Welt-
anschauung, für seine ganze äußere und innere Welt kämpft ein Volk.
Niemals hätte des Franken Schwert das Sachsentum zerrüttet, wäre ihm
nicht der stärkere Bundesgenosse zur Seite gezogen: die Gedankenmacht
des Christentums. Sie machte das unbeholfne Sachsenvolk an seiner
eignen Welt irre, kränkelte sie an mit des Zweifels Blässe und entwand
ihnen mit lächelnder Überlegenheit die Streitaxt. „Wenn alle unsre Götter
nichts sind, wenn das da erst, was die Franken an goldnen Kreuzen
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55
10. „Und würfst du die Krone selber hinein
und sprächst: Wer mir bringet die Krön',
er soll sie tragen und König sein! —
mich gelüstete nicht nach dem teuren Lohn.
Was die heulende Tiefe da unten verhehle,
das erzählt keine lebende, glückliche Seele.
11. Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt,
schoß jäh in die Tiefe hinab;
doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast
hervor aus dem alles verschlingenden Grab. —
Und Heller und Heller, wie Sturmes Sausen,
hört man's näher und immer näher brausen.
12. Und es wallet nud siedet und brauset und zischt,
wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt;
bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
und Well' auf Well' sich ohn' Ende drängt.
Und wie mit des fernen Donners Getose,
entstürzt es brüllend dem finstern Schoße.
13. Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß,
da hebet sich's schwanenweiß,
und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß,
und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß,
und er ist's! und hoch in seiner Linken
schwingt er den Becher mit freudigem Winken. —
14. Und atmete lang und atmete tief
und begrüßte das himmlische Licht.
Mit Frohlocken es einer dem andern ries:
„Er lebt! er ist da! es behielt ihn nicht!
Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle
hat der Brave gerettet die lebende Seele!"
15. Und er kommt, es umringt ihn die jubelnde Schar;
zu des Königs Füßen er sinkt,
den Becher reicht er ihm knieend dar,
und der König der lieblichen Tochter winkt;
die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande;
und der Jüngling sich also zum König wandte:
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11. Versuchend ging er da, unschlüssig fast,
von einem Kreuz zum anderen umher,
sich auszuprüsen die bequemre Last.
12. Dies Kreuz war ihm zu groß und das zu schwer;
so schwer und groß war jenes andre nicht,
doch scharf von Kanten drückt' es desto mehr.
13. Das dort, das warf wie Gold ein gleißend Licht,
das lockt ihn, unversucht es nicht zu lassen;
dem goldnen Glanz entsprach auch das Gewicht.
14. Er mochte dieses heben, jenes fassen,
zu keinem neigte noch sich seine Wahl,
es wollte keines, keines für ihn passen.
15. Durchmustert-Hatt' er schon die ganze Zahl;
verlorne Müh', vergebens war's geschehen!
Durchmustern mußt' er sie zum andern Mal.
16. Und nun gewahrt' er, früher übersehen,
ein Kreuz, das leidlicher ihm schien zu sein,
und bei dem einen blieb er endlich stehen.
17. Ein schlichtes Marterholz, nicht leicht, allein
ihm Paßlich und gerecht nach Kraft und Maß.
„Herr," rief er, „so du willst, dies Kreuz sei mein
18. Und wie er's prüfend mit den Augen maß,
es war dasselbe, das er sonst getragen,
wogegen er zu murren sich vermaß.
Er lud es auf und trug's nun sonder Klagen.
53. Das Schlosz Boncourt.
\. Ich träum' als Aind mich zurücke
und schüttle mein greises Haupt:
wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
die lang' ich vergessen geglaubt?
2. Hoch ragt aus fchatt'gen Gehegen
ein schimmerndes schloß hervor;
ich kenne die Türme, die Zinnen,
die steinerne Brücke, das Tor.
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Sprach's und faßte dem Manne die Hand; die führende Mutter
Öffnete leise die Tür und ließ die Kinder hineingehn,
aber die juuge Frau, voll Lieb' im lächelnden Antlitz,
hüpfte voraus und küßte den Greis. Mit verwunderten Augen
sah er empor und hing in der trautesten Kinder Umarmung.
^ Gottfried August Bürger. 2^
8. Der wilde Jäger.
1. Der Wild- und Rheingraf stieß ins Horn:
„Hallo, hallo zu Fuß und Roß!"
Sein Hengst erhob sich wiehernd vorn;
lautrasselnd stürzt' ihm nach der Troß;
laut klifft' und klafft' es, frei vom Koppel,
durch Korn und Dorn, durch Heid' und Stoppel.
2. Vom Strahl der Sonntagsfrühe war
des hohen Domes Kuppel blank.
Zum Hochamt rüste dumpf und klar
der Glocken ernster Feierklang.
Fern tönten lieblich die Gesänge
der andachtsvollen Christenmenge.
3. Rischrasch quer übern Kreuzweg giug's
mit Horrido und Hussasa!
Sieh da! Sieh da, kam rechts und links
ein Reiter hier, ein Reiter da!
Des Rechten Roß war Silberblinken,
ein Feuerfarbner truz den Linken.
4. Wer waren Reiter links und rechts?
Ich ahn' es wohl, doch weiß ich's nicht.
Lichthehr erschien der Reiter rechts
mit mildem Frühlingsangesicht.
Graß, dunkelgelb der linke Ritter-
schoß Blitz' vom Aug' wie Ungewitter.
5. „Willkommen hier zu rechter Frist,
willkommen zu der edeln Jagd!
Auf Erden und im Himmel ist
kein Spiel, das lieblicher behagt." —
Er rief's, schlug laut sich an die Hüfte
und schwang den Hut hoch in die Lüfte.
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4. Der andre sprach: „Das Lied ist aus,
auch ich möcht' mit dir sterben,
doch hab' ich Weib und Kind zu Haus,
die ohne mich verderben."
5. „Was schert mich Weib, was schert mich Kind,
ich trage weit bess'res Verlangen;
laß sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind —
mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!
6. Gewähr mir, Bruder, eine Bitt':
wenn ich jetzt sterben werde,
so nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
begrab mich in Frankreichs Erde.
7. Das Ehrenkreuz am roten Band
sollst du aufs Herz mir legen:
die Flinte gib mir in die Hand
und gürt' mir um den Degen.
8. So will ich liegen und horchen still
wie eine Schildwach im Grabe,
bis einst ich höre Kanonengebrüll
und wiehernder Rosse Getrabe.
9. Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
viel Schwerter klirren und blitzen;
dann steig' ich gewaffnet hervor aus' dem Grab —
den Kaiser, den Kaiser zu schützen!"
79. Du bist wie eine Blume.
1. Du bist wie eine Blume
so hold und schön und rein;
ich schau' dich an, und Wehmut
schleicht mir ins Herz hinein.
2. Mir ist, als ob ich die Hände
aufs Haupt dir legen sollt',
betend, daß Gott dich erhalte
so rein und schön und hold.
80. Leise zieht durch mein Gemüt.
1. Leise zieht durch mein Gemüt 2. Kling hinaus bis an das Haus,
liebliches Geläute. wo die Blumen sprießen.
Klinge, kleines Frühlingslied, Wenn du eine Rose schaust,
kling hinaus ins Weite. , sag, ich laß sie grüßen.
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ins Laboratorium gekommen bin — und jetzt hat sich heut' schon der
Kerl da an mich angehaftelt und hat gemeint, er braucht nur seine Brief-
tasch' aufzumachen, daß ich meine Ehr' hineinfallen lass' zwischen seine
Hundertguldenzetteln."
Ausatmend schwieg er. Seine junge Frau erwiderte kein Wort. Sie
stand auf einem Stuhl und klebte die bunten Kerzlein auf die obersten
Zweige des Baumes. Dabei zitterten ihre Hände — und nach einer
stummen Weile fuhr es ihr plötzlich heraus: „Robertl! Wenn du zu einer
solchen Schlechtigkeit hätt'st ja sagen können — der liebe Gott soll mir
helfen, aber ich glaub', da wür's aus gewesen mit meiner Lieb'."
Er nickte nur, als hätte sie etwas Selbstverständliches gesagt.
6. Nun sprang sie vom Stuhl, und die Kerzen wurden angezündet.
Robert öffnete die verschlossene Tür, der Großmutter voran stürmten die
„drei Wilden" herein, und lachende, jauchzende Freude füllte die Stube,
die vor wenigen Minuten noch so ernste Worte gehört. Als sich der
erste Jubel der Kinder ein wenig gelegt hatte, kam mit der Bescherung
die Reihe an den Vater. Mit lächelnder Zufriedenheit betrachtete er eine
nach der andern von den zwölf brettdicken Socken, welche die Großmutter
ihm gestrickt hatte — eines nach dem andern von den sechs rot ein-
gestickten, sorgfältig gesäumten Taschentüchern, die ihm seine Frau beschert
hatte. Dann kam aber erst die Hauptsache — die Vorführung der „in
Freiheit dressierten Wilden". Die siebenjährige Elise brachte ein Paar
gestickte Schuhe und deklamierte dazu eine Pautoffelhymne, als deren
Dichterin sich mit verlegnem Erröten die Großmutter bekannte:
„Lieber Vater, diese Schuh'
trag in Gesundheit und Ruh',
die Kindeslieb', wo mein Herz beglückt,
hab' ich drinnen hineingestickt.
Drum, wenn sie dir warm halten die Füß',
denk an deine Tochter Elis'."
Diese Verse haperten zwar, aber sie kamen von Herzen. Dann rückte
die dreijährige Mariedl an. Sie konnte nur mit einem vom Lernen noch
warmen Vaterunser aufwarten. Der fünfjährige Fritzl hinwieder hatte
sich statt auf die Religion auf die Kunst verlegt. Mit seinem piepsenden
Stimmlein sang er das Fiakerlied herunter, und als hierüber das stolze
Entzücken des Vaters kaum noch Grenzen kannte, kam erst der Knalleffekt:
die „Banda". Den drei Alten verging vor Lachen fast der Atem, als der
kleine Käsehoch unter dem Refrain des lustigen Liedes mit tragisch ernster
Miene und in steifem Hochschritt zweimal um den Tisch marschierte.
„Kinder! Kinder! her zu mir!" schrie der junge Vater, in dessen
Lachen sich längst schon rinnende Zähren gemischt hatten. Mit beiden
Armen faßte er die drei Knirpse zusammen, und während er sie so eng
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TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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