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1. Die Geologie in der Schule - S. 50

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
50 Werden und vergehen der heimatlichen Gesteine. Und durch diese Belebung wird die Gefahr vermieden, daß das Werden des Gesteins in trockener, dürrer, rein verstandesmäßiger Ideise durchdacht, aber nicht phantasiemäßig mit Einzelheiten ausgemalt wird. Das ist ganz besonders dann der Fall, wenn der Schüler über die Lebensweise der Dorwelttiere, deren fossile Reste er gefunden hat, Einzelheiten erfahren kann, wenn das Tier wie ein Lebewesen der Jetztzeit „biologisch" behandelt werden kann. Idir wissen heute von vielen Vorwelttieren interessante Einzelheiten über ihre Lebensweise, so daß eine solche biologische Behandlung in sehr vielen Fällen durchaus möglich ist.*) Xdie dürftig würde doch das Bild ohne diese belebenden Züge aussallen, wie leer würde es sein! Und wie ganz anders gestaltet es sich, wenn das Zdaffer des Meeres belebt wird mit einem Gewimmel von Fischen, der Boden bedeckt mit bunten Muscheln, das Ufer umsäumt mit grünen Bäumen! Abb. \5. Ceratites im Muschelkalkmeere. Unsere Stellung gegenüber den Versteinerungen ist damit geklärt! Der Steinrest interessiert uns beim Unterrichte zunächst nicht an sich, sondern als Überbleibsel eines Lebewesens, dem allein wir vorerst unsere Aufmerksamkeit widmen. Dieses Lebewesen wird in seiner Lebensweise betrachtet und damit das Bild des Werdens des Gesteins belebt (Abb. J5). Erst nachher gehen wir noch kurz auf die Frage ein, wie es gekommen ist, daß der Rest sich erhalten hat und welcher Art der Erhaltungs- zustand ist, ob die Knochen, die Schalen usw. selbst erhalten sind, ob ein i) lver sich in diesen Gegenstand einarbeiten möchte, den verweise ich auf die Bücher „Tiere der Vorzeit" von L. Haase und „Aus der Vorgeschichte der Pflanzenwelt" von Prof. Dr. Gothan. — Geb. je ; ,80 Itt. — Quelle & Meyer, teipzig.

2. Die Geologie in der Schule - S. 35

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Werden und vergehen der heimatlichen Gesteine. 35 schleppt worden war. Vielleicht gibt uns schon eine benachbarte Ton- oder Sandgrube (Abb. 7.) Gelegenheit, einen solchen Wasserabsatz näher kennen zu lernen und Rückschlüsse auf die Einzelheiten seiner Bildung zu tun. Aber die Regenpfütze zeigt uns noch mehr! Freilich, wer das sehen will, wovon jetzt die Rede sein soll, der muß schon ein wenig Glück haben. Ge- legentlich bietet sich näm- lich das reizvolle Schau- spiel der Wellenfurchen (Rippelmarken) dar. Be- dingungen für ihre Bil- dung siud eine recht große, flache oder wenigstens flach- ufrige Pfütze auf weichein Boden und ein kräftiger, anhaltender Wind, der das Wasser der Pfütze über das flache Ufer hinweg- treibt. Sind diese Bedin- gungen erfüllt, dann wird nach kurzer Zeit der Bo- den der Pfütze flach wel- lig. Diese Wellenfurchung kommt dadurch zuwege, daß die vom Winde vor- getriebenen und die in der Windpause zurückfluten- den Wellen einander be- gegnen. Durch diese Be- gegnung wird in gewissen Abständen, die der Länge der Wellen entsprechen, vorübergehend die Bewe- gung des Wassers aufge- hoben, nämlich an den Stellen, an denen ein Wellental und ein Wellenberg aufeinandertreffen. Dort häuft sich der vom Wasser mitgeführte Schlamm an, und so bildet sich eine Reihe flacher Dämme, durch die der Boden eine wellige Fläche erhält. Diese Beobachtungen gestatten in vielen Gegenden unseres Vaterlandes eine unmittelbare Anwendung auf das Verständnis einiger Erscheinungen an heimatlichen Gesteinen, auf die wir kurz noch eingehen wollen. Rippelmarken sindet man nicht nur auf dem weichen Sande am Gestade stehender Gewässer, sondern auch auf vielen Gesteinsflächen, be? sonders im Buntsandstein. Diese sind in der Zeit ihrer Bildung natürlich Abb. 7. Sandgrube am Sxielberge bei knalle.

3. Die Geologie in der Schule - S. 39

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
werden und vergehen der heimatlichen Gesteine. 39 die der Wind in einer Sekunde aufwirbelt, und die vielleicht wirklich recht unbedeutend ist, bei gleichbleibender Wirkung des Windes in einer Stunde 3600nial so groß sein wird. Um ihm diese Wirkungen vor Augen zu sichren, muß man einige Beobachtungen auch nach dieser Richtung hin aus- gestalten. Man muß sie durch Zahlenangaben deutlicher machen, muß sie rechnerisch klären. Bei Betrachtung des Staubwindes erscheint in unsern Gegenden die Leistung der bewegten Luft nicht bedeutend; denn die Staub- decke, die am Schlüsse überall liegt, ist nur dünn. Aber man lasse einmal die Staubmasse nach ihrem Volumen abschätzen (aus der Größe der be- fallenen Fläche und der Dicke der Staubschicht). Bei einer Dicke von nur ^ mm liegt auf jedem qkm J cbm Staub, das ist beinahe ein halber Acker- wagen voll. Und wieviel qkm gehören zur Flur eines Ortes! Und nun verweise man auf die gewaltigen Leistungen der Staubstürme in Wüsten und Steppen. Noch klarer treten die Erscheinungen bei den Leistungen des fließen- den Wassers auf. Zur Besprechung regt uns vielleicht ein Hochwassertag an. Zur Zeit der Schneeschmelze oder nach starken Regengüssen sind ja solche Tage, an denen der heimische Dorfbach große Wassermassen führt, nicht selten. Was beobachten wir dann? Der weite Graben, in dem sonst nur am Grunde ein seichtes, klares Wässerlein hinschlich, ist bis zum Rande gesüllt mit Fluten, die reißend dahinschießen. Und diese Fluten sind trübe und schlammig. Der Schmutz, den das Wasser mit sich führt, bildet für uns einen Gegen- stand interessanter Betrachtungen. Zunächst die Frage: Woher kommt er? Darüber belehrt uns das Aussehen des Wassers sogleich. Solche braun- gelben Lehmmassen gibt es hinter dem Vrte in dem Tälchen, durch das der Bach fließt. Auch die Stoppeln, die hier und da im Wasser treiben, stammen zweifellos von dort. Dort hat das Wasser die Erde losgerissen, und die abgerissenen Teile werden nun von dem strömenden Wasser weiter- getragen, bis einmal die Strömung zur Ruhe kommen wird. Dann werden die Erdteilchen zu Boden sinken. Wo das sein wird, das läßt sich nicht ohne weiteres sagen, vielleicht erst im Meere. Unser Bach ist also wie ein Güterzug. Draußen an den Abhängen des Tälchens werden die Erdmassen aufgeladen, und nun fährt der Zug los, lustig in die Welt hinein, bis er auf der Endstation ausgeladen wird. Wieviel Erde mag wohl der Bach auf diese Weise fort- führen? Wir wollen versuchen, das sestzustellen. Zunächst wollen wir sehen, wieviel Erde in jedem Liter Wasser ist. Wir schöpfen zu diesem Zwecke einen Eimer voll Schmutzwasser heraus und messen daraus, noch ehe der Schmutz sich gesetzt hat, ein Liter ab. Dann lassen wir dieses Wasser ruhig stehen, bis alle Erdteilchen sich abgesetzt haben, 3f* das der Fall, ist das Wasser völlig klar, so gießen wir es ab, vorsichtig, daß kein Schlamm mit ausstießen kann, und darauf lassen wir den Schlammrest völlig aus-

4. Die Geologie in der Schule - S. 46

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
46 Werden und vergehen der heimatlichen Gesteine. beschränkt. Vielfach sind dazu Apparate erforderlich, über die die Schitie in der Regel nicht verfügt. Es kann sich für uns auch hier nur um die einfachsten Versuche dieser Art handeln. Aber was geschehen kann, muß ge- schehen, damit auch auf diesem Gebiete alles bloße Worttum vermieden wird. Um darzutun, wie diese Art des Experimentes in den Unterricht ein- greift, sei an die obige Darstellung der Bildung von Rippelmarken erinnert (S. 35). Dort ist gesagt, daß hin- und zurückflutendes Wasser jene eigentümlichen Aräuselungen hervorrufen kann. Um die Richtigkeit dieser Erklärung zu ergründen, stellen wir folgenden Versuch an: In ein Waschbecken tun wir etwas lockere Erde oder feinen Sand, so, daß der Boden kaum bedeckt ist. Dann gießen wir Wasser in das Becken und setzen es in der Weise in Bewegung, daß wir das Becken erst auf der einen, dann auf der entgegengesetzten Seite ein we- nig anheben und sogleich wieder niedersetzen. Wir erhalten auf diese Weise eine Wellenbewegung, die aus zwei einander begegnenden Wellen besteht, die- selbe Bewegung, die nach der früheren Erklärung am Ufer der Regenpfütze stattfindet. U)enn sich das Wasser beruhigt hat, sehen wir die Erde am Grunde in mehr oder minder parallelen Zügen angeordnet; es bietet sich uns völlig das Bild der Rippelmar- ken dar. Em weiteres charakteristisches Experiment dieser Art ist der Geiserversuch nach Andrae (Abb. \2): „Ein J,5 cm breites und 2 m langes Glasrohr trögt oben einen 70 cm breiten flachen Blechtrichter und geht unten durch einen Stopfen in eine starkwan- dige Flasche von 3,25 Litern Inhalt, die in einem mit Sand gefüllten Teller von unten her durch eine starke Gasflamme (Bunsenbrenner) erhitzt wird. Das Unterende der Röhre muß etwa 2 cm tief in das Wasser tauchen. Das Wasser wird durch einige Tropfen roter Tinte gefärbt. Sobald das Wasser in der Flasche kocht und in dem leeren Räume dar- über Dampfdruck entsteht, wird die im Rohre stehende Wassersäule herausgeschleudert und fließt nach einer kurzen Zwi- schenzeit wieder in die Röhre; nach wenigen Minuten beginnt das Spiel von neuem." (Walther, Vorschule der Geologie, S. J65.) Hierher gehört auch das Absetzenlassen von schlammigem Wasser, ein bedeutsamer Versuch, der sich an die Betrachtung der Regenpfütze an- schließt und die Schichtenbildung versinnlicht. Zuan benutzt dazu am besten Abb. \2. Geiseroersuch.

5. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 396

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
396 eingreifen. Ein kalter Westwind mit kaltem Regen oder Tau kann die ganze feindliche Armee bis auf den letzten Streiter über Nacht vertilgen, fo daß nur noch ihre zahlreichen Leichname bezeugen, wer das arme Land so schrecklich verwüstet hat. Ludwig Schneller. 237. In Benares, dem indischen Mekka, an der heiligsten Stätte des Ganges. 1. Das größte Interesse in Benares bietet eine Fahrt auf dem Ganges in Booten, hart am Ufer entlang. Hier entwickelt sich das Volks- leben, und hier strömen die Tausende und Hunderttausende von hindosta- nischen Pilgern zusammen (so wie in Mekka die Muhammedaner), um im heiligen Ganges zu baden, von dem heiligen Wasser zu trinken und einen Krug davon mit heim ins Haus zu bringeu, wo dieses Wasser das vertritt, was in der katholischen Religion das Weihwasser bedeutet oder versinnbildlicht. Ist dort das Wasser des Jordans besonders geheiligt, so hier das Wasser des Ganges, aber nur das an der kurzen Userstrecke unterhalb des Goldenen*) und der anderen Tempel; denn jenseits am rechten Ufer geschöpft, oder weiter stromaufwärts und stromabwärts, ist es nicht mehr dasselbe. Just nur an dieser kurzen Uferstrecke wird dem Wasser heilige Kraft beigemessen. Hier zu sterben, dann sofort den toten Leib in den Ganges, da wo er am heiligsten ist, legen und, noch triefend vom geheiligten Wasser, auf dem Holzstoß verbrennen zu lassen, das bringt dem Hindu das, was wir als die „Seligkeit", als das „ewige Leben" be- zeichnen. Deswegen sehen wir auch hier eine ganze Anzahl größerer und kleinerer Paläste, die noch bewohnbar sind und von ihren Besitzern be- zogen werden, wenn infolge hohen Alters oder Krankheit der Tod voraus- sichtlich nahe bevorsteht. 2. Da die Uferböschung auf dem heiligen linken Userrande eine ziem- lich steile ist, sind längs der ganzen Stadt vom westlichen bis zum östlichen Ende sozusagen Sockel von Granitstusen errichtet, die treppenartig fast bis zum Grunde des Flusses hinabführen. Vom Wasser aus gesehen erscheint Benares dadurch, als wäre es auf diesem Riesenpostament aufgebaut. Diese in langer Reihe sich fortsetzenden, hochhinansührenden Steinstiegen, die sogenannten „Ghäts", deren es nicht weniger als 47 gibt, dienen dazu, die Gläubigen hinab in die Fluten des heiligen Flusses zu bringen. Jeder Hindu, der in Benares lebt, und die Tausende und Abertausende von Pilgern, die tagtäglich in der heiligsten Stadt ein- und ausgehen, lassen *) Der Goldene Tempel, der dem Gotte Shima, dem Zerstörer und Wiedererzeuger, geweiht ist, hat seinen Namen von den mit massiven Goldplatten gedeckten Kuppeln.

6. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 448

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
448 stabte von der größten Wichtigkeit. Bis zum Ende des zwölften Jahr- hunderts zog der Fisch längs der Küste von Pommern in 'so dichten Massen, daß man im Sommer nur den Korb ins Meer zu senken brauchte, um ihn gefüllt herauszuziehen. Damals wuchsen Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit wunderbarer Schnelligkeit zu hohem Wohlstände. Im dreizehnten Jahrhundert verlegte der Hering seine Seewege und strich längs der flachen Küste von Schonen und am norwegischen User. Da eilten alle seetüchtigen Völker in sein Fahrwasser und die deutschen Hansestädte kämpften um seinetwillen blutige und sieg- reiche Kriege mit den Dänen, Engländern, Schotten und Holländern., Sie brachen den dänischen Königen ihre festen Schlösser, besetzten ihre Inseln und behaupteten Jahrhunderte hindurch die Herrschaft in Gotland, Schonen und Bergen. Das war die große Zeit der deutschen Hansa. Nach 1400 aber änderte der Hering wieder seine Züge und ging an die holländische Küste, seitdem wurden die holländischen Städte reich und mächtig. 3. War der hanseatische Kaufmann daheim, so zeigte er gern seinen Wohlstand durch stattliche Kleidung, kostbare Pelze und bunte Farben. Er trug das Schwert an der Seite und am reichverzierten Gurte die Geldtasche und den Siegelring, worin das wichtige Zeichen seines Geschäftes, die Hansmarke, eingegraben war. Denn nicht jeder Kaufherr war des Schreibens mächtig, und durch dieselbe Marke, die von seinen Fässern und Ballen her an allen Ecken und Enden der Welt bekannt war, bestätigte er Geldanweisungen und Urkunden, die er durch seinen Schreiber ausstellen ließ. Aber derselbe Mann trug zur See auch die Friesjacke des Schissers und das Panzerhemd des Kriegers. Denn wenn er auf seinem rund- bauchigen, hochbordigen Fahrzeuge das Meer durchstrich, hatte er nicht selten mit verwegenen Seeräubern zu kämpfen. Auch in fremden Ländern mußte er manchen blutigen Strauß bestehen. Doch trug er mit seiner zähen Ausdauer stets den Sieg davon, und im Gefolge seiner kauf- männischen Arbeit brachte dann auch das Christentum seine Segnungen in Länder, die bis dahin völlig unbekannt gewesen waren. So trugen bremische Kaussahrer in das heidnische Livland Christentum und deutsches Wesen. 4. Die Blüte der Hansa dauerte dreihundert Jahre. Erst nach Auffindung neuer Seewege, als dem Handel neue Bahnen eröffnet waren, geriet sie in Verfall und hielt 1630 ihre letzte Tagsatzung. Noch heute führen Hamburg, Lübeck und Bremen den alten Namen „Hansestädte" fort. Gustav Freytag.

7. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 53

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
53 22. Und lauter immer wird die Frage, und ahnend fliegt's mit Blitzesschlage durch alle Herzen: „Gebet acht, das ist der Eumeniden Macht! Der fromme Dichter wird gerochen, der Mörder bietet selbst sich dar; — ergreift ihn, der das Wort gesprochen, und ihn, an den's gerichtet war!" 23. Doch dem war kaum das Wort entfahren, möcht' er's im Busen gern bewahren; umsonst! der schreckenbleiche Mund macht schnell die Schuldbewußten kund. Man reißt und schleppt sie vor den Richter, die Szene wird zum Tribunal, und es gestehn die Bösewichter, getroffen von der Rache Strahl. 35. Der Taucher. 1. „Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp', zu tauchen in diesm Schlund? Einen goldenen Becher werf' ich hinab; verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund. Wer mir den Becher kann wieder zeigen, er mag ihn behalten, er ist sein eigen!" 2. Der König spricht es und wirft von der Höh' der Klippe, die schroff und steil hinaushängt in die unendliche See, den Becher in der Charybde Geheul. „Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, zu tauchen in diese Tiefe nieder?" 3. Und die Ritter, die Knappen um ihn her vernehmen's und schweigen still, sehen hinab in das wilde Meer, und keiner den Becher gewinnen will. Und der König zum drittenmal wieder fraget: „Ist keiner, der sich hinunterwaget?"

8. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 58

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
58 36. Der Handschuh. Vor seinem Löwengarten, das Kampfspiel zu erwarten, saß König Franz, und um ihn die Großen der Krone, und rings auf hohem Balköne die Damen in schönem Kranz. Und wie er winkt mit dem Finger, auf tut sich der weite Zwinger, und hinein mit bedächtigem Schritt ein Löwe tritt, und sieht sich stumm ringsum mit langem Gähnen und schüttelt die Mähnen und streckt die Glieder und legt sich nieder! Und der König winkt wieder; da öffnet sich behend ein zweites Tor, daraus rennt mit wildem Sprunge ein Tiger hervor. Wie der den Löwen erschaut, brüllt er laut, schlägt mit dem Schweif einen furchtbaren Reif, und recket die Zunge, und im Kreise scheu umgeht er den Leu, grimmig schnurrend; drauf streckt er sich murrend zur Seite nieder. Und der König winkt wieder; da speit das doppelt geöffnete Hans zwei Leoparden auf einmal aus. Die stürzen mit mutiger Kampfbegier auf das Tigertier. Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen, und der Leu mit Gebrüll richtet sich auf, da wird's still; und herum im Kreis, von Mordsucht heiß, lagern sich die greulichen Katzen. Da fällt von des Altans Rand ein Handschuh von schöner Hand zwischen den Tiger und den Leu'n mitten hinein. Und zu Ritter Delorges, spottender- weis', wendet sich Fräulein Kunigund': „Herr Ritter, ist Eure Lieb' so heiß, wie Ihr mir's schwört zu jeder Stund', ei, so hebt mir den Handschuh auf!" Und der Ritter in schnellem Laus steigt hinab in den surchtbarn Zwinger mit festem Schritte, und aus der Ungeheuer Mitte nimmt er den Handschuh mit keckem Finger. Und mit Erstaunen und mit Grauen sehen's die Ritter und Edelfrauen, und gelassen bringt er den Hand- schuh zurück. Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde; aber mit zärtlichem Liebesblick — er verheißt ihm sein nahes Glück — empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht: „Den Dank, Dame, begehr' ich nicht!" Und verläßt sie zur selben Stunde.

9. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 66

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
66 41. Der Kaufmann. Wohin segelt das Schiff? Es trügt sidonische Männer, die von dein frierenden Nord bringen den Bernstein, das Zinn. Trag es gnädig, Neptun, und wiegt es schonend, ihr Winde, in bewirtender Bucht rausch' ihm ein trinkbarer Quell. Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter zu suchen, geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an. 42. Macht des Weibes. Mächtig seid ihr, ihr seid's durch der Gegenwart ruhigen Zauber; was die stille nicht wirkt, wirket die rauschende nie. Kraft erwart' ich vom Mann, des Gesetzes Würde behaupt' er; aber durch Anmut allein herrschet und herrsche das Weib. 43. Die Worte des Glaubens. 1. Drei Worte nenn' ich euch, inhaltschwer, sie gehen von Munde zu Munde, doch stammen sie nicht von außen her; das Herz nur gibt davon Kunde. Dem Menschen ist aller Wert geraubt, wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt. 2. Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, und würd' er in Ketten geboren, laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei, nicht den Mißbrauch raseuder Toren! Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht, vor dem freien Menschen erzittert nicht! 3. Und ^>ie Tugend, sie ist kein leerer Schall, der Mensch kann sie üben im Leben, und sollt' er auch straucheln überall, er kann nach der göttlichen streben, und was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt. 4. Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt, wie auch der menschliche wanke; hoch über der Zeit und dem Raume webt lebendig der höchste Gedanke, und ob alles in ewigem Wechsel kreist, es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.

10. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 73

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
73 3. Ich zieh' mich in mein Innres still zurück, der Schleier fällt, da hab' ich dich und mein vergangnes Glück, du meine Welt! 52. Die Kreuzschau. 1. Der Pilger, der die Höhen überstiegen, sah jenseits schon das ansgespannte Tal in Abendglut vor seinen Füßen liegen. 2. Auf duft'ges Gras im milden Sonnenstrahl streckt er ermattet sich zur Ruhe nieder, indem er seinem Schöpfer sich befahl. 3. Ihm fielen zu die matten Augenlider; doch seinen wachen Geist enthob ein Traum der ird'schen Hülle seiner trägen Glieder. 4. Der Schild der Sonne wird im Himmelsraum zu Gottes Angesicht, das Firmament zu seinem Kleid, das Land zu dessen Saum. 5. „Du wirst dem, dessen Herz dich Vater nennt, nicht, Herr, im Zorn entziehen deinen Frieden, wenn seine Schwächen er vor dir bekennt. 6. Daß, wen ein Weib gebar, sein Kreuz hienieden auch duldend tragen muß, ich weiß es lange; doch sind der Menschen Last und Leid verschieden. 7. Mein Kreuz ist allzuschwer; sieh, ich verlange die Last nur angemessen meiner Kraft; ich unterliege, Herr, zu hartem Zwange." 8. Wie er so sprach zum Höchsten kinderhaft, kam brausend her der Sturm, und es geschah, daß aufwärts er sich fühlte hingerafft. 9. Und wie er Boden faßte, fand er da sich einsam in der Mitte räum'ger Hallen, wo ringsum sonder Zahl er Kreuze sah. 10. Und eine Stimme hört' er dröhnend hallen: „Hier aufgespeichert ist das Leid; du hast zu wählen unter diesen Kreuzen allen."
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