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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 110

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
110 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Pisistratus (560-527 v. Chr). Doch wurde Solon seines großen Werkes wenig froh. Die Par- teien waren nicht ganz beschwichtigt; die einen murrten, er sei zu weit gegangen, die anderen aber, er habe nicht genug gegeben. So von allen Seiten bestürmt, verließ er die Stadt auf 10 Jahre und durch- wanderte Jonien, wo er in Thales, einem der sieben Weisen, einen Freund besaß, und Aegypten, das Wunderland, dessen Priester ihn freund- lich ausgenommen haben sollen. Die Athener hatten ihm geschworen, seine Verfassung 100 Jahre lang zu halten, aber schon 561, also nur 33 Jahre nach dem Schwur, seit ihn das allgemeine Vertrauen zum Ordner des zerrütteten Gemeinwesens erhoben hatte, bemächtigte sich sein junger und schöner Verwandter Pisistratus der Gewalt. Dieser stellte sich nämlich an die Spitze der Partei, welche die Sache der armen Bürger gegen die reichen vertrat und gewiß die zahlreichste war. Durch eine List (er ver- wundete sich selbst und sagte die Aristokraten hätten es gethan) gewann er die Erlaubniß, aus seinen Anhängern einige Hunderte bewaffnen zu dürfen, damit sie ihn gegen seine Feinde schützten. Mit diesen besetzte er die Burg und wurde so Tyrann von Athen. Zweimal vertrieben fand er immer wieder so viel Unterstützung, daß er die verlorene Gewalt abermals errang und sie endlich bis an sein Lebensende behauptete. Solches vermochte er nur durch Unterstützung des gemeinen Volkes oder der armen Bürger. Diese liebten ihn und selbst diejenigen, welche es ihm nie verziehen, daß er sich zum Herrscher aufgeworfen hatte, mußten ihm bezeugen, daß er die solonischen Gesetze aufrecht erhielt, den Müssiggang verfolgte und besonders den Ackerbau förderte, den Staatshaushalt trefflich ordnete, die Stadt durch Bauten schmückte und die Dichtkunst ehrte und liebte; er soll die homerischen Gesänge in die Ordnung gebracht haben, in welcher sie auf uns gekommen sind. Seine Gewalt erbten seine Söhne Hippias und Hipparch, welche ihren Vater nachahmten; Hipparch namentlich war ein Freund der Dichtkunst und der Dichter; er verordnte, daß die homerischen Gesänge bei dem Feste der Panathenäen vorgetragen würden und rief den Anakreon, den Sänger des heitern Lebensgenusses, an seinen Hof, ebenso den Simonides, dessen Gedichte das ganze Alterthum bewunderte, aber ihm vorwarf, daß er seine Kunst verkauft habe. Sturz der Pisiftratiden (510 v. Chr). Revolution des Klisthenes. Athen demokratisch. Die Pisistratiden hatten die gleichen Feinde, die ihren Vater zweimal vertrieben hatten; auch das gemeine Volk wurde ihnen wenigstens theil- weise ungünstig aus veränderter Laune und weil sie durch ein neues

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 84

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
84 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. ihr Religionslehrer, als der Träger des religiösen Glaubens der Vor- fahren, da den Hellenen keine Priester in heiligen Büchern die Religion und deren Satzungen aufbewahrten. Durch die homerischen Gesänge wurden die entzweiten Hellenen immer wieder erinnert, daß sie schon in der Vorzeit ein Volk gewesen, welches seine Ehre gemeinschaftlich gegen die Barbaren vertheidigte und durch die Gunst der Götter einen glor- reichen Sieg über Asien errang. Homers Gesänge wurden die Quelle, aus welcher spätere Dichter schöpften und den nationalen Sinn immer wieder erfrischten. Kein Volk hat einen Homer hervorgebracht (die Bibel ist göttlichen Ursprungs und gehört der Menschheit); Ln Asien war es unmöglich, denn unter der Despotie gibt es keine Helden, nur Knechte, welche in die Schlacht getrieben werden; Priefterkaften führen ein Volk bis zu einer gewissen Stufe der Kultur, aber sie dulden die geistige Er- hebung des Einzelnen nicht und ziehen unübersteigbare Schranken zwischen sich und den anderen Ständen, zwischen ihrer Nation und fremden Na- tionen. Die Germanen erscheinen unter allen Völkern den Hellenen am nächsten stehend; allein sie bewohnten Länder, welche von der Natur weniger begünstigt waren als Hellas, und ihre Fortbildung übernahm das Christenthnm, daher konnten ihre Sänger für sie nie das werden, was Homer den Hellenen gewesen. Die alten Könige der Griechen. Allmäliges Aufhören der Königswürde. Die griechischen Stämme und Städte hatten anfänglich ohne Aus- nahme Könige; ihre Herrschaft erstreckte sich aber nie über ein großes Gebiet und war ebenso wenig eine despotische. Der König führte im Kriege die streitbaren Männer an und war mit den andern Edlen Vor- kämpfer in der Schlacht. 2m Frieden saß er mit denselben auf offenem Markte zu Gericht, mit ihnen berieth er die allgemeinen Angelegenheiten. Das Volk hörte dann wohl auch zu und gab durch Beifall oder Murren seine eigene Meinung zu erkennen; jedoch hing die Entscheidung nie von dem Volke ab, sondern diese kam von dem Könige und den Edlen; letztere werden selbst oft Könige genannt und der eigentliche König war auch nur der erste unter ihnen, sowie er auch das größte Grundstück besaß und in dem schönsten Hause wohnte; die Edlen standen ihm durch Grundbesitz am nächsten, wie sie im Felde mit ihm in der Vorderreihe fochten und im Frieden mit ihm im Rathe saßen. Bei den Festen der Götter opferte der König und ordnete das Mahl, das von dem Opfer unzertrennlich war. Von regelmäßigen Abgaben an den König war keine Rede, doch steuerte das Volk bei, wenn er durch irgend ein Ereigniß

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 96

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Mutterlande und den Kolonieen, dessen Regsamkeit sich mit der Zeit ins Unglaubliche steigerte. Durch die Philosophie unterschied sich der Hel- lene von den Barbaren so gut wie durch die Sprache; denn der rohe Barbar dachte nicht in solcher Richtung, der Hindu und Aegppter aber durfte nicht in dieser Richtung denken, weil ihm die Priesterkaste dies als Frevel ausgelegt hätte. Auch die Poesie entfaltete sich in den Kolonieen rascher und leb- hafter als im Mutterlande; denn der Himmel Ioniens war noch reiner als der Griechenlands, die Luft noch milder, der Boden Siciliens und Unteritaliens noch fruchtbarer, der Verkehr noch reger — also das Le- den heiterer und reicher, der Geist lebendiger. Doch blieb das eigent- liche Hellas nicht zurück; mußte es auch den Ionern den Homer als ihren Sohn lassen (sieben Städte stritten um die Ehre sein Heimathsort zu sein: Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos, Athen), so kannte es doch frühe seine Lieder und hatte Sänger in Fülle, welche die Namen der Helden aus dem Gedächtnisse des Volkes nicht ver- schwinden ließen. Hesiod aus Aekrä in Böotien schloß sich an die alten religiösen Dichter an, welche in ihren Liedern den Preis der Götter sangen, indem er in seiner „Theogonie" den Ursprung und die Folge der Göt- ter erzählt, und welcher Götter und Halbgötter Thaten die Erde als Schauplatz diente, ehe der Mensch auf sie gestellt wurde. In seinem andern Gedichte „Werke und Tage" erscheint das Landleben alter Zei- ten vorgeführt mit seinen Arbeiten und Freuden, und der Dichter er- mangelt nicht Lehren der Tugend und Klugheit einzustreuen. Von den lebenslustigen Griechen Kleinasiens tönten auch zuerst die Lieder der Freude und Lust herüber und fanden ihren Widerhall in Griechenland und Italien, wie die Philosophie den gleichen Gang eingeschlagen hatte. So tauschten die Griechen ihre geistigen Erzeugnisse aus, so entwickelte sich ihre herrliche Kraft immer mehr und mehr und verlieh ihnen ein stolzes Bewußtsein der Ueberlegenheit über alle anderen Völker. Dieses steigerte sich später auf den höchsten Grad, als Griechenland seine Kraft mit dem Beherrscher Asiens gemessen hatte; es reihte sich an die alten Dichter und Philosophen eine neue glänzende Schaar an und an diese auch die Geschichtschreiber und Redner. Diese großen Geister, ihre herrlichen Werke in der Sprache der Nation, flochten ein unsichtbares Band, welches < die vielfach getheilten Stämme immer wieder zu natio- nalem Selbstgefühl vereinigte und sie in trüben Zeiten noch einigemal aufrichtete.

4. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 138

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
138 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Theater trat die Geschichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von welcher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als lebendige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das Theater den höchsten Schwung der Poesie in der edel- sten Sprache auf, und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich har- monisch zusammenwirkend Plastik, Gesang und Musik, so daß das athe- nische Theater zu der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürgervolke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vor- zeigung eines Täfelchens. Wer dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des athenischen Theaters und verwechselt das- selbe mit den Schaubühnen unserer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere Athen durch seine Theater- wuth berüchtigt, die so weit ging, daß man die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte bestimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen seine höchsten In- teressen verblendeten? Geschah doch Aehnliches mit den feierlichen Prozessionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Aufgebot aller Künste verherrlichte; auch diese verloren später ihre religiöse Weihe und arteten zu einem Schauspiele aus, das die Staatsgelder verschlang und reiche Bürger zu übermäßigem Aufwande nöthigte, welche dem Miß- fallen des herrschenden Volkes und den Gefahren der Volksungunst ausweichen wollten. Perikles rühmte den Athenern ihre Stadt als die Bildnerin des gesammten Griechenvolkes, und stellte neben ihren Kriegsruhm ihre allseitige Bildung als ebenbürtige Genossin. Athen gab den Perser- kriegen die nationale Richtung, welche durch Kimon zum vollständi- gen Siege, zur Befreiung der asiatischen Griechen und zu dem großen Aufschwünge der ganzen Nation führte. Was wären die olympischen Feste gewesen ohne den Triumph über Asien? Da wurden die Helle- nen sich bewußt, daß sie das erste Volk der Erde seien; denn sie hatten das Größte vollbracht, was je durch eine Nation geschehen. Da- rum rauscht ein Strom hellenischen Volkslebens in den Festgesängen

5. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 361

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Nachblüte der römisch-griechischen Literatur. 361. der zwölf ersten Cäsaren beschrieben, und da er durch Hadrians Gunst die kaiserlichen Archive benutzen konnte, so theilt er manche Notiz mit, geeignet, über den Charakter der Cäsaren und die Beweggründe ihrer Handlungsweise Aufschluß zu geben. Wichtiger ist er uns jedoch durch die Schilderung des Privatlebens der Cäsaren; wir sehen da, wie diese Herren das Gefühl ihrer Allgewalt peinigt, die ihnen alles gegen die Menschen erlaubt, aber die Schranken der eigenen menschlichen Natur doch nicht wegzuräumen vermag. Der Sinnengenuß erschöpft sich in Eckel, der Ehrgeiz erlischt in der Fluth der Schmeichelei, die alle Ehren häuft, ohne eine That abzuwarten, die Achtung vor den Menschen in der Nie- derträchtigkeit, mit der ihnen alles zu willen ist, und selbst der Stolz bricht zusammen, wenn es ihnen plötzlich klar wird, daß sie die betro- genen Werkzeuge ihrer Diener waren. Hat man den Suetonius bis zur Thronbesteigung des Vespasian (der die Strenge des Feldlagers auf Beamte und Volk anwandte), begleitet, so haftet ein Eindruck auf unserm Gemüthe, welcher nur mit dem zu vergleichen ist, den der An- blick und der Geruch einer Stadt in uns erregt, in welcher eine Seuche an dem Leben der Bevölkerung zehrt. Dieses Gefühl wird durch Juve- nal noch erhöht, welcher uns in seinen Satiren den sittlichen Zustand des vornehmen und geringen Römervolks enthüllt. Seine Satire gei- ßelt nicht wie die des Horatius die menschlichen Thorheiten und Schwächen mit geistreichem Spotte, sondern sie zerreißt im Zorne die Hüllen, mit welchen sich das Laster deckt und zeigt es in seiner nackten Häßlichkeit. Trost weiß auch Juvenal keinen; wie Tacituö blickt er in die republika- nische Vergangenheit zurück, wenn er seinen Schmerz ob seiner trau- rigen Zeit kühlen will. Kaiser Hadrian verbannte ihn nach Aegypten; er konnte an einem Dichter kein Wohlgefallen haben, der das Haus der Cäsaren als eine überfließende Quelle der Laster bezeichnet und die dem Kaiser so lieben Griechen als Betrüger, Gauner, Glücksritter und Wind- beutel darstellt, die an Rom wie ein Schmarotzergewächs an einem edeln Baume zehren. Zu diesen Dreien, denen die bessere Zeit des Cäsarenreiches erlaubte, das ungeheure Verderben, welches die schlechteren Herrscher angerichtet hatten, mit dem Griffel der Wahrheit zu zeichnen, gehört in mancher Hinsicht auch der ältere Plinius, der Naturforscher, der bei dem Ausbruche des Vesuvs umkam, als ihn seine Wißbegier zu nahe führte. In seiner Naturgeschichte gab er den Römern seine Aus- beute aus 2000 Schriften, einen Inbegriff von allem, was griechischer Fleiß und Scharfsinn über Erde und Welt erforscht oder erdacht hatte. Sein Werk ist keineswegs ausschließlich eine Naturgeschichte; die freie Form, die er ihm gab, erlaubte ihm vieles andere in seinen Bereich zu ziehen; so überliefert er die werthvollsten Notizen über Kunstwerke und Kunstgeschichte, über Ackerbau und Baumzucht, Geräthe, Lebensweise

6. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 375

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Julian der Abtrünnige. Jodian. 375 unter der Gelehrtenwelt einen bedeutenden Anhang und berühmte Schulen in Athen, Alexandrien, Pergamus, Nckomedia, wo sich auch Christen- jünglinge in der Rhetorik und den Wissenschaften unterweisen ließen, welche ein damaliger Rechtsgelehrter und Beamter erlernen mußte. Die heidnischen Gelehrten freuten sich der Neigung, welche den Julian zu dem verbotenen Genüsse der heidnischen Früchte trieb, in ihm schien ein Stern der Hoffnung aufzugehen. Den Prinzen bezauberte die alte klassische Welt, und jene Heiden, die Großes gethan hatten, wurden seine Ideale; den ungeheuren Schatten der alten Größen aber sah er nicht, weil sie nur von einem Standpunkte betrachtet und zu betrachten gelehrt wurden und auch deßwegen, weil der politische Zustand seiner Zeit jedenfalls unerfreulicher war als je ein vergangener. Die alte Zeit, glaubte er mit Recht, sei durch den alten Glauben geschaffen worden, und weil dieser verdorben und vernachläßigt wurde, sei auch die alte Thatkraft versiegt und das Glück von den Römern gewichen. Nun bewiesen ihm ferner die Philosophen, daß der klassische Glaube durch ihre Vorgänger und sie selbst gründlich reformirt worden sei! Philosophie und Religion seien nun in schönster Harmonie (die Neuplatoniker leisteten in dieser Hinsicht sehr viel), die alten Mythen, deren Mißver- ständniß im Munde der Dichter und im Volksglauben so viele Verständige geärgert und zum Unglauben verleitet habe, hätten ihre Deutung ge- funden, der Zwiespalt der verschiedenen Religionen, welcher die Welt verwirrt und dem Juden- und Christenthum so vielen Vorschub gethan habe, sei versöhnt, denn alle Religionen seien nur Bäche, die, aus einem Quelle entsprungen, einen verschiedenen Lauf genommen hätten und von den Un- kundigen als einander fremde Fluchen betrachtet worden wären. Julian, der das Wesen des Christenthums niemals erfaßt hatte, verstand es ebensowenig, das Neuheidenthum, die philosophische Vielgötterei, in ihrer Blöße zu erkennen und sie von den Hüllen zu entkleiden, welche ihr die Gelehrten mit Kunst und wissenschaftlichem Aufwand angelegt hatten. Sein Ehrgeiz erblickte ein fast göttliches Werk in dem Unternehmen, den alten Glauben in seiner geläuterten Gestalt wieder herzuftellen, die Tempel wieder zu öffnen, die Opferflammen der Altäre wieder anzu- fachen und das ganze Reich zu verjüngen. Er fiel frühzeitig insgeheim von dem Christenthume ab, ließ sich in die Mysterien einweihen und opferte den Göttern, während er öffentlich als Christ sich gebärdete. So hielt er es auch als Cäsar in Gallien, und als Augustus betete er noch an dem Tage Epiphania in der Kirche zu Vienne. Als er endlich die Maske abwarf, gebot er allgemeine Religionsfreiheit, womit er aber unter anderem die Absicht hatte, und so weit er konnte auch ausführte, die Häresieen gegen die Kirche zu unterstützen; ebenso verbot er den christ- lichen Lehrern der Rhetorik und Grammatik den Katheder, damit die

7. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 263

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Hussitenkrieg. 263 dies hin unterhandelten die Prager, denen die Herrschaft der fanatischen Bauern nicht zusagte, abermals mit Sigismund; sie bestanden auf vier Artikeln: 1) Freier Predigt für die hussitischen Priester im ganzen Lande. 2) Dem Kelch im Abendmahle für alle Christen. 3) Die Geistlichen sollen keine Güter besitzen und keine weltlichen Dinge treiben. 4) Tod- sünden und Gesetzwidrigkeiten sollen bei Geistlichen und Laien bestraft, keine Kirchen- und Ablaßgelder entrichtet werden. („Wer diese Artikel wehrt, ist der Antichrist.") Sigismund konnte unmöglich darauf ein- gehen, aber eben so wenig länger vor Prag liegen, daher ließ er sich eilig auf dem Wischehrad krönen und zog nach Kuttenberg ab. Den vier Prager Artikeln stellten die Taboriten zwölf andere gegenüber, in denen es unter anderem heißt: „Offenbare Sünder, Ehebrecher, Hurer, Räu- der, Gotteslästerer und Müßiggänger werden nicht geduldet. Schlechte Häuser und Schenken sind verboten, ebenso kostbare und prächtige Klei- dung. Betrug ist streng zu bestrafen. Heidnische und deutsche Gesetze, die gegen die Bibel sind, werden abgeschafft. Die Priester müssen nach dem Vorbilde Jesu leben. Die Lehrer und Vorgesetzten sollen dem göttlichen Gesetze unterworfen sein und ihre Vorschriften demgemäß ge- prüft werden. Alle früheren geistlichen Güter sind Gemeindegut. Alle Feinde des hussitischen Glaubens werden vertrieben. Die Klöster und überflüssigen Kirchen mit ihren Altären, Bildern u. s. w. werden ver- nichtet." Diesen Artikeln gemäß hausten die Taboriten in Prag; Sigismund, dessen Truppen auseinander liefen, als sie nicht mehr be- zahlt wurden, behauptete nur noch einige Gränzplätze, worauf sich der Wischehrad ergab, so daß nur noch das Schloß auf der Kleinseite in den Händen der Königlichen war. Zur Rache für die Verwüstung des Palastes auf dem Wischehrad verbrannte - Sigismund hussitische Dörfer, was Ziska mit noch größeren Verheerungen vergalt. Durch den Tod des Riklaus von Hussinecz wurde Ziska von einem Nebenbuhler befreit und war nun unbestrittenes Oberhaupt; er führte den Titel: Johannes Ziska vom Kelch, Hauptmann der Taboriten in der Hoffnung Gottes. Die gemäßigteren Prager unterhandelten mit den Taboriten wegen einer Glaubensformel, und bei diesem Anlaß stellten letztere auch den Satz auf: jeder Studierte und Graduierte ist ein Heide. Während Ziska ganz Böh- men eroberte, wurde die Spaltung unter den Hussiten immer ärger und ein gewisser Loquis verkündete ein Reich der Heiligen ohne Obrigkeit, ohne Priester und Sakramente und fand großen Anhang; nebenher that sich die Sekte der Adamiten auf, welche die paradiesische Unschuld dadurch nachahmten, daß sie nackt einhergingen und in Weibergemeinschaft lebten. Nun griff aber Ziska mit fester Hand ein; er vertilgte die Adamiten (sie starben jubelnd den Feuertod), erklärte sich für die Prager Artikel und vereinigte unter dieser Formel die Böhmen; selbst der Erzbischof

8. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 93

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Orakel und Mysterien. 93 Ruhm; der Name des Siegers wurde durch den Herold ausgerufen, und auch die Stadt genannt, deren Sohn sich unter allen Hellenen als der gewandteste oder stärkste hervorgethan hatte. Die Dichter priesen die Sieger und deren Vaterstadt, ihre Namen wurden in die Jahrbücher eingetragen und in der ganzen Griechenwelt genannt. Orakel und Mysterien. Dem Griechen waren seine Götter keine dunklen in den Elementen verkörperte Mächte, sondern persönliche Wesen, welche die Elemente be- wegen und beherrschen, ähnlich wie der Mensch mit seiner geringeren Kraft über ein kleineres Gebiet herrscht. Die hellenischen Götter waren nichts anderes als vollkommenere Hellenen, nur viel gewaltiger an Macht und Wissen, den Leiden des menschlichen Lebens nicht unterworfen, welche als Hunger, Krankheit und Tod beständig drohen; immer Freude ge- nießend, wenn sie ihre Glückseligkeit nicht selber trüben, was wohl geschehen kann, wenn sie sich den gleichen Leidenschaften hingeben, durch welche sich der Mensch so viel Uebel bereitet. Weil die Hellenen ihre Götter nicht anders dachten, denn als Herrscher über die verschiedenen Elemente, so konnten sie dieselben auch nicht anders abbilden, denn in menschlicher Ge- stalt. Zeus erschien ihnen nicht als Donner, Blitz und Regen, sondern Zeus als unsichtbare Person blitzte, donnerte und regnete nach seinem Wohlgefallen; Apollo und Artemis lenkten die Sonne und den Mond mit goldenen Gespannen am Himmel dahin; Poseidon bewegte oder sänfligte die Wellen des Meeres und erschütterte die Erde; der Flußgott schleu- derte seine Fluthen über das Ufer, oder sandte sie ruhig in ihrem Ge- leise, Boreas trieb aus dem Norden die erstarrende Luftmasse herbei u. s. w. Die Götter beherrschten aber nicht bloß die Elemente, sondern auch die Thierwelt; Zeus liebte den Adler, der in der Gewitterwolke schwebt, Apollo den schnellen Habicht, Pallas Athene die das Dunkel durchblickende Nachteule, und durch sie machten sie dem Menschen ihren Willen viel- mal kund, gerade wie durch Blitz, Donner, Erdbeben, Ueberschwem- muug, Sturm u. s. w. Denn nach dem Glauben der Hellenen sahen die Götter auf den Menschen, liebten oder haßten ihn je nach seinem Thun und Treiben, und ob ein Unternehmen gelingen oder mißlingen sollte, das stand in dem Willen der Götter. Diesen Willen zu erkennen mußte also der Wunsch eines jeden sein; die Götter aber offenbarten denselben durch Zeichen, welche sie in der Natur gaben, durch Sonnen- finsternisse, Erdbeben, Ueberschwemmungen, Blitz und Donner, Unfrucht- barkeit, Krankheit u. s. w., indem sie ihre Thiere als Boten sandten: den Adler, Habicht, die Nachteule, die Schlange, den Wolf, oder durch Zeichen an den Opferthieren u. s. w. Der Mensch brauchte also nur

9. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 163

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die griechischen Philosophen und Sophisten. 163 hatte, obwohl Griechenland von streitbaren Männern noch wimmelte. Das Volk ist nicht mehr da, welches so Großes dachte und ausführte, mit Griechenlands nationaler Größe geht es offenbar zur Neige. Seine Helden werden immer seltener, auch seine hohe Poesie verstummt, desto mächtiger aber schafft und zerstört die griechische Philosophie, welche ein Theil des großen Erbes ist, das Griechenland der Nachwelt hinterließ. Vierzehntes Kapitel. Die griechischen Philosophen und Sophisten. Die Griechen Asiens standen in lebhaftem Verkehr mit den alten Völkern dieses Erdtheiles, und mußten zugeben, daß die religiösen Ein- richtungen dieser Völker in eine viel frühere Zeit zurückgehen als selbst die hellenischen Mythen reichen, daß die ägyptischen und babylonischen Könige früher auf der Welt gewesen als die olympischen Götter, wenn die Genealogieen derselben als Maßstab angelegt wurden. Alle Griechen, die in solche Berührung kamen, schloßen sich darum an die Religion der Asiaten an und bequemten sich willig zu der Annahme, die Kenntniß der Götter so wie ihr Dienst sei von diesen alten Völkern zu den Griechen gekommen und habe bei ihnen einige Abänderungen und Mißverständnisse erlitten. Scharfsichtige Männer erkannten aber wohl, daß die mit einander verschmolzenen Religionen eigentlich doch verschiedene seien, daß der griechische Zeus ein ganz anderer Gott sei als der ägyptische Ammon und der dorische Apollo ein anderer als der Baal in Babylon und Tyrus u. s. w.; es entging ihnen nicht, daß jedes Volk sein Land zum Schauplatz der Thaten der Götter machte und deren Walten auf dasselbe beschränkte; diese Widersprüche führten sie zu der Ueberzeugung, daß von den widersprechenden Mythen der Griechen und der alten Völker die eine so wenig eine wirklich ge- schehene Sache berichte als die andere, sondern daß alle Poesieen seien, zu welchen sich die Gedanken der Völker über den Ursprung der Dinge gestaltet hatten. Zu dieser Ueberzeugung kamen sie um so leichter, wenn sie den Unterschied der Volksreligion und der Priesterreligion betrachteten; kein ägyptischer Priester hielt den Apisstier für einen wirk- lichen Gott, wohl aber das ägyptische Volk; der Priester stellte in dem Apis ein Symbol der Sonne auf, welche die Erde befruchtet, das Volk dagegen sah in ihm eine neue Erscheinung seines Gottes, ihm wurde das Symbol zu einem Ereignisse, und eine Reihe solcher Sym- 11*

10. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 139

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Periklcs. 139 des Pindar aus Theben, obgleich diese Stadt in dem großen Kampfe für Hellas nichts gethan hatte; der Thebaner war Hellene geworden; er feiert die Siege des Syrakusiers Hieron über die Etrusker, welche die Hellenen in Italien angegriffen hatten, erhebt den Ruhm der Spartaner von der Schlacht am Kithäron (Platää), vor allen aber preist er das herrliche Athen, die Retterin aller Hellenen. Die Thebaner straften ihn dafür, aber Athen lohnte ihn. In noch engerer Verbindung mit Athen steht der Halikarnasfier Herodot, der Vater der Geschichte; ihn erweck- ten die Perserkriege, wie den Homer die erste nationale That des Hellenen- volkes, der Kampf gegen das asiatische Troja. Unter Agamemnon und Achilleus waren die Väter einst nach Asien gezogen, um die Schmach des Menelaus zu rächen; sie hatten gesiegt und in Homer den Sänger ihrer Thaten gefunden. Noch größeres aber thaten die Enkel; sie gewannen große Schlachten, eroberten unzählige Städte, besiegten den größten König der Erde. Herodot sah den großen Kampf von Hellas gegen die Völker des Morgenlandes — Perser, Meder, Babylonier, Phönicier, Lydier, Aegypter, Saken; das war ein allgemeiner Krieg, ein Krieg des da- maligen Menschengeschlechtes, ein weltgeschichtlicher; diese Anschauung führte Herodot auf den Gedanken, die Schicksale der verschiedenen Natio- nen zu erzählen und uns mit ihrem Wesen und ihren Einrichtungen be- kannt zu machen. Als die Waffen ruhten, durchwanderte er Asien und Aegypten, den Schauplatz der alten Geschichte, lernte und forschte und gibt uns in wunderbar klarer, natürlicher und doch so volltönender Rede die erworbene Kunde; er schämt sich nie, seine Unwissenheit oder seine Zweifel einzugeftehen, die neueste Zeit aber mit ihren Entdeckungen der Europäer in der Länder- und Völkerkunde Asiens gewährt dem Forschungsgeiste Hero- dots ein glänzendes Zeugniß und seiner Wahrheitsliebe die früher viel- fach versagte Anerkennung. Auch er feierte in Olympia seinen Triumph, als er aus seinen neun Musen (so betitelt er die neun Bücher seines Geschichtswerks) den versammelten Griechen vorlas und sie die Freude über ihren nationalen Ruhm durch den Beifall laut werden ließen, mit dem sie den Erzähler überhäuften. Herodot wandte sich nach Athen, Grie- chenlands erster Stadt, und von Athen zog er mit athenischen Kolonisten nach Thurii in Unteritalien, wo er sein Geschichtswerk vollendete. Als er in Olympia die Griechen entzückte, entstürzten den Augen des athenischen Jünglings Thukydides heiße Thränen, erzählen spätere Schriftsteller. Gerade so geschah es nun wohl nicht, aber das Beispiel Herodotö eiferte den in den Geschäften des Kriegs und des Friedens wohl erfahrenen Thukydides an, den Griffel der Geschichte ebenfalls in die Hand zu nehmen. Ihm war es aber nicht vergönnt, wie Herodot den Auf- schwung von Hellas zu beschreiben, er bekam vielmehr die Aufgabe, den Fall seines Volkes darzustellen. Er erfüllte dieselbe, ohne daß er in Haß
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