Die Zeit der Richter.
51
zu der mosaischen Verfassung. Man beurtheilt die Staatseinrichtungen
gewöhnlich und nicht mit Unrecht nach dem Halte, welchen sie der
Nation geben; auch nach dieser Rücksicht fällt der mosaischen der Preis
zu, denn obwohl die Israeliten ihr in wesentlichen Punkten vielfach
untreu wurden, erhielt sie doch die israelitische Nationalität durch eine
lange Reihe von Jahrhunderten, erhob das Volk aus Knechtschaft
und Schmach, so oft es zu ihr zurückkehrte, und trieb noch in später
Zeit unter den Makkabäern eine Blüte des Heldenchums, nachdem
Asiens alte Nationen untergegangen und Athen und Sparta als welkes
Laub abfielen. Und was hat diese Verfassung nicht aus Palästina ge-
macht ! In den Steppen an der südlichen und östlichen Landesgränze
weideten die Hirten das genügsame Schaf und Kamel; im Berglande
selbst bauten die Israeliten jedes Plätzchen an, das eine zahme Frucht
tragen konnte. An Bergesabhängen, auf Felsenstufen, wohin sie die
fruchtbare Erde auf dem Rücken trugen, zogen sie die köstliche Weinrebe.
Auf den Feldern bauten sie Weizen, der als der beste in Asien gepriesen
wurde. Unzählbar war die Menge der Feigen-, Oel- und Granatbäume,
welche die Thäler und Höhen schmückten; jeder Vater psianzte einen
Baum, wenn ihm ein Sohn geboren wurde. Um Jericho und auf
Gilead wuchs die Balsamftaude, deren duftender Saft im Alterthum
ebenso hoch geschätzt wurde als jetzt das Rosenöl von Schiras. Trotz
seiner großen Bevölkerung führte Palästina Weizen, Wein und Oel
aus, lieferte es Wolle nach den phönicischen Städten, erfreute es sich
eines Ueberflusses an Schlacht- und Lastvieh.
Die Zeit der Richter (von Iosua bis Saul 1500—1095).
Israel blieb seinem Gesetze nicht beharrlich treu. Seine Männer
und Jünglinge besuchten die Feste benachbarter heidnischer Städte und
Stämme; da wurde manche Nacht durchschwärmt und getanzt zu Gesang
und Saitenspiel. Ungebunden durfte man sich da jeder Lust überlassen;
dies war eine den Göttern des Weins und der Liebe dargcbrachte Hul-
digung, wie ihre Gastfreunde sagten. So kam Verderbniß unter einzelne
Stämme; der Wollust zu Liebe huldigten sie den Göttern, vernachläßigten
das Gesetz und lösten so die Bande, welche die Stämme unter einander
zu einem Volke und das Volk an Gott knüpften. Die Strafe zögerte
nie lange; die Uneinigkeit der Stämme reizte benachbarte Völker zu
Angriffen, die immer gelangen, weil das Volk mit seinem Glauben auch
seine Kraft verloren hatte. Ueber hundert Jahre fiel das ganze Volk
oder fielen einzelne Stämme in die Gewalt der Feinde; nach einander
überwältigten die Syrer, die Moabiter, die Kananiter im Norden des
Landes, die Midianiter, die Ammoniter, die Amoriter und die Philister
4*
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Extrahierte Ortsnamen: Athen Sparta Palästina Bergesabhängen Asien Jericho Gilead Israel
32 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
(in Babylon Mylitta genannt), in welchen die Unzucht als eine der
Göttin dargebrachte Huldigung galt. Diesen Lasterdienst brachten die Phö-
nicier überall hin, wo sie sich niederließen, nach Kyprus, Kythera, Eryr,
dem ägyptischen Memphis u. si w., und verführten auch andere Völker
zu denselben Ausschweifungen. Die benachbarten Israeliten wurden mehr
als einmal nngesteckt, besonders wenn einzelne Könige den in Jerusalem
niedergelassenen Phöniciern die Erlaubniß zur Ausübung ihres Götter-
dienstes allzugnädig gewährten; selbst die Opfer des Moloch wurden bei
Jerusalem dargebracht (Gehenna), was bei den Griechen nie geschah,
obwohl sie sonst, besonders die asiatischen, von den Phöniciern viel in
ihren Glauben und Kultus aufnahmen (Adonis, Melicerthes).
Sechstes Kapitel.
Aegypten (vor 2000 — 525 v. Chr.).
Die 15 Meilen breite Landenge von Suez zwischen dem rothen und
mittelländischen Meere verbindet Palästina mit Aegypten, Asien und
Afrika, zu welchem Erdtheile Aegypten von den Griechen aber nicht
gerechnet wurde. Aegypten ist das untere Thal des Nils, des größten
Stromes, den die Alten kannten; er theilt sich etwa 20 Meilen vor seiner
Mündung in 7 Hauptmündungen und schließt mit ihnen das Niederland
ein, welches von seiner Form Delta genannt wird und die größte Erwei-
terung des Flußthales ist. Denn einwärts verengt es sich auf mehrere
hundert Stunden zu einem Einschnitte, dessen Durchmesser 1—4 Stunden
beträgt. Längs beiden Seiten des Thales ziehen niedere Fetsgebirge, auf
deren östlicher Seite die unwirthbaren Ufer des rothen Meeres liegen,
wogegen sich westlich die große Wüste ausdehnt, aus deren Meer von
feinem Sand und grobem Kieselgerölle nur wenige Oasen gleich Inseln
hervorragen. Auf jenen Felsrücken, welche das Nilthal einengen, vermag
kein Baum oder Strauch zu wurzeln; sie sind kahl und geben keiner
Quelle den Ursprung. Der Nil allein ist der Geber des Wassers, ohne
ihn wäre das Thal mit dem Sande der Wüste ausgefüllt, leblos und
öde; aber der wunderbare Strom macht es zu einem der fruchtbarsten
Länder der Erde. Er entspringt aus noch nie gesehenen Duellen im
innern Afrika; von den monatlangen Platzregen, welche in dem heißen
Erdgürtel eine erstaunliche Wassermasse herabgießen, schwillt er hoch über
seine Ufer an und beladet sich in den waldigen und sumpfigen Wildnissen
mit fettem Schlamm. ^Diese trübe Fluth steigt nun im Thale Aegyptens
über ihre Ufer und überrieselt die ganze Thalfläche; im Juni, zur Zeit
der Sommersonnenwende, fängt der Fluß in der Regel an zu steigen,
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Extrahierte Personennamen: Kythera Palästina
Extrahierte Ortsnamen: Memphis Jerusalem Jerusalem Suez Asien Afrika Niederland Afrika
60 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
Joas und Ieroboam Ii. (838 — 781) kehrte Israel auf einige Zeit zu
seinem Gotte zurück und fand die alte Kraft wieder, die ihm den Sieg
über seine Unterdrücker gab. Das Unwesen nahm unter einer neuen
Dynastie (771) abermals überhand und nun brach das Verhängniß unauf-
haltsam über Israel herein. Ein Krieg gegen Juda und Syrien führte
den Assyrer Phul herbei, der Israel zinsbar machte; sein Nachfolger
Tiglat Pilesar eilte, abermals auf Judas Hilferuf, herbei, nahm Ga-
liläa und alles Land jenserts des Jordans weg und machte den König
tributpflichtig, einen großen Theil des Volkes aber führte er nach Assyrien.
Israels letzter König, Hosea, warb heimlich um den Beistand Aegyptens;
dafür traf ihn die Rache des Assyrers Salmanassar. Nach dreijähriger
Belagerung fiel Samaria, der König wurde in Ketten nach Mesopota-
mien abgeführt und fast alles Volk mit ihm (722). Israel verschwand
unter den Völkern des inneren Asiens; in seiner verödeten Heimath
aber siedelte der Sultan die Chutäer aus dem Gebiete von Sivon an,
aus welchem das Mischvolk der Samariter erwuchs.
Reich Juda (975-588).
Es überlebte unter 20 Königen das abtrünnige Israel um 134
Jahre. Seine Könige waren ans dem Stamme Davids, die meistens
in ruhiger Erbfolge einander ablösten und als Davids Nachkommen bei
dem Volke Gehorsam fanden. Dieses hatte das Nationalheiligthum, den
Tempel zu Jerusalem, um welches es sich zur Feftfeier versammelte;
unter ihm wohnten die Leviten, die Wächter des Gesetzes (doch gab es
auch unter diesen Untreue!) und trat eine Reihe gottbegeisterter Pro-
pheten auf, daher konnte Juda nie so tief fallen wie Israel, und darum
wurde es mit der Strafe der Vernichtung verschont. Denn treu blieb
auch Juda nicht, welchem Salomo so böses Beispiel gegeben hatte. Unter
Roboam mußte es bereits die Zuchtruthe empfinden; der Aegypier Sisak
(israelitischer Bundesgenosse) eroberte und plünderte Jerusalem mit den
salomonischen Schätzen. Das Reich erholte sich wieder unter Abia und
dem frommen Afa (964 — 920), der die Aegypter blutig heimschickte,
und blühte unter Josaphat (920 — 895) neu auf. Aber seine Söhne
und Nachfolger, Joram (895—887) und Ahas (887—886), wurden
Götzendiener, verführten das Volk, verbanden sich mit Ahab, dem Manne
der Jesabel, und verschwägerten sich mit ihm. Die Edomiter fielen ab,
die unversöhnlichen Philister verschworen sich mit arabischen Horden und
verwüsteten Jerusalem und das ganze Land. Eben so unglücklich war
der Krieg, den Ahas mit Joram, Ahabs Nachfolger, gegen Syrien führte,
und mit diesem von Jehu ermordet wurde. Dies benutzte die Königs-
wittwe Athaljah, Ahabs und Jesabels Tochter, ermordete alle davidischen
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Extrahierte Ortsnamen: Israel Israel Juda Syrien Israel Assyrien Israels Hosea Samaria Mesopota- Asiens Juda Israel Davids Jerusalem Juda Israel Juda Jerusalem Jerusalem Ahabs Syrien Ahabs
62 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
Hinterlist und Verrätst mehr auszurichten glaubte als durch die Wahr-
heit, und Aegypten gegen Babylon und Babylon gegen Aegypten brau-
chen wollte, aber nichts erlangte, als daß Juda von beiden zertreten
wurde. Volk und König hörten nicht auf Gottes Stimme und gingen
ihren eigenen Weg, verfolgten die Propheten und tödteten sie; sie er-
litten aber dafür ein um so herberes und auffallenderes Geschick, weil
sie das von Gott auserwählte Volk waren, bestimmt, den übrigen Völ-
kern eine Leuchte zu sein.
Die Zeit des babylonischen Exils (604 — 534).
So viel Unglück brach die Verstocktheit der Juden. An den Flüssen
Babylons gedachten sie der heimathlichen Berge und Thäler, ihrer Wein-
berge und edlen Fruchtbäume, des Aerntejubels, der Sabathruhe, des Fest-
glanzes in Jerusalem, so lange dort ein frommes und freies Volk gebetet
hatte — und nun alles verloren: Heimath, Tempel, Freiheit und Ehre,
zum Spotte der Heiden geworden und zum Spielzeuge ihrer Grausam-
keit! Und alles dies war über das Volk gekommen, weil es seinen Gott
verlassen hatte und die Stimme der Propheten nicht hören wollte, durch
die es der Herr warnte und bedrohte. Jetzt endlich erkannten die Juden
die eigene Verschuldung und sangen die Klagelieder des Jeremias, den
sie, als Jerusalem noch stand, für seinen Schmerz verfolgt hatten. Mit
der Reue erwachte auch die Hoffnung wieder; denn schön Jesaias hatte
verkündet und mit ihm andere Propheten nach ihm, daß der Herr Sein
Volk nicht für immer verlassen, sondern es wieder annehmen wolle, sobald
es sich zu Ihm wende. Gott erweckte auch in dem verbannten Volke neue
Propheten, unter ihnen Daniel und Ezechiel, durch welche er die alten
Verheißungen erneuerte und versprach, daß er den Uebermuth der Chal-
däer strafen werde, welchen sie an dem kleinen Juda verübt hatten. Und
wenn die Tage erfüllt seien, so werde aus dem Stamme Davids ein
König hervorgehen, der ein neues Jerusalem gründen, über alle Völker
gebieten und sie zu einem großen Reiche des Friedens vereinigen werde.
Dann sei der Bund, den Jehova mit den Vätern geschlossen, vollendet
und die ganze Menschheit als ein großes Israel zur Gnade und zum
Heile berufen« Geläutert und getröstet harrten die Verbannten der Zeit,
wo sie vom Euphrat nach dem Heimathlande geführt würden, wie vor-
dem die Väter vom Nile. Es vergingen zehn Jahreswochen, wie Daniel
geweissagt hatte, da erhob sich das Volk „in den Bergen" und stürzte
unter dem Perser Kyrus die Herrschaft der stolzen Babel.
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Extrahierte Personennamen: Daniel Ezechiel Davids Daniel Kyrus
Extrahierte Ortsnamen: Juda Gottes Babylons Jerusalem Juda Davids Jerusalem
66
Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
der dritte der großen asiatischen Herrscher sein, welche dem Kyrus unter-
lagen. Letzterer besiegte das babylonische Heer in einer Feldschlacht und
legte sich vor die große Stadt. Die Einwohner verließen sich auf ihre
Mauern, Thürme und ehernen Thore, und spotteten der Perser; denn
sie meinten, dieselben würden in der verheerten Umgegend bald keine
Lebensmittel mehr auftreiben und abziehen, nachdem sie die Mauern satt-
sam mit den Augen gemessen hätten. Allein Kyrus wußte Rath; er grub,
um den Euphrat abzuleiten, einen Kanal, ohne daß es die Babylonier
merkten. Als diese eines ihres üppigen Feste feierten und nachts
berauscht durch die Gassen schwärmten, ließ Kyrus den Kanal öffnen, in
welchen sich nun ein großer Theil des Flusses ergoß, und die persischen
Krieger drangen in dem Flußbette gehend in die Stadt. Die trunkenen
Babylonier wurden auf den Gassen niedergehauen oder in die Häuser
gejagt; die königliche Burg, welche gleich der Stadt mit Festtaumel erfüllt
war, wurde rasch überfallen und der König selbst getödtet. So voll-
streckte Kyrus das Gericht an Babylon, wie es die Propheten ver-
kündet hatten.
Heimkehr der Juden (334).
Die Worte der jüdischen Seher wurden dem Kyrus kund und
erfüllten ihn mit Ehrfurcht vor dem Gotte des jüdischen Volkes. Da
gab er den Verbannten die Erlaubniß, in ihr Vaterland heimzukehren,
und wies ihnen auch Unterstützung an. Viele zogen unter Anführung
Zorobabels in die verödete Heimath zurück und legten Hand an den Neu-
bau von Stadt und Tempel. Die Samariter aber beunruhigten sie in
diesem Werke und erwirkten durch Verleumdungen sogar einen Befehl
von dem Perserkönig, welcher Einstellung der Arbeiten gebot. Doch
unter Darius Hyftaspis, dem vierten Könige (515), wurde das Verbot
aufgehoben; Esra und Nehemia führten aus Babylonien neue Schaaren
gläubiger Israeliten herbei und vollendeten das angefangene National-
werk. Seitdem lebten die Juden in Frieden unter persischer Botmäßig-
keit, welche sie nicht drückte, da sie nur den bestimmten Tribut bezahlen
mußten und sonst ungestört den Geschäften des Friedens leben durften.
Geläutert durch schwere Leiden hielten sie treuer als vorher an dem Glau-
den ihrer Väter; damit die Kenntniß des Gesetzes allen zugänglich würde,
errichteten sie in den Gemeinden Synagogen, in welchen das Gesetz vor-
gelesen und erklärt, Gott mit Gesang und Gebet gedient wurde.
Des Kyrus Ende (529).
Die Bewohner von Persien, Medien und Baktra, die Arier oder
Jranier, lebten seit uralter Zeit in unaufhörlicher Feindschaft mit den
Hirtenvölkern der nördlichen Steppen und Gebirge; diese feindlichen
Länder am Kaukasus, dem kaspischen Meere, dem Orus und Jarartes
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Extrahierte Personennamen: Kyrus Kyrus Darius_Hyftaspis Darius
Extrahierte Ortsnamen: Europas Asien Babylonien Persien Baktra Kaukasus
Heinrichs Kamps um die Krone.
135
schen Großen erreicht: Deutschland war ein förmliches Wahlreich, die
regierende Familie besaß kein Anrecht mehr auf die Krone. Dagegen
setzte sich nun Heinrich mit aller Macht, und diese war so gering nicht,
als seine Gegner geglaubt hatten. Unter den Fürsten selbst hielten die
Feinde seiner Feinde zu ihm und diese vertheidigten nun das Königörecht
ungefähr in derselben Weise, in welcher die meisten ihrer Gegner das
Recht der Kirche verfochten; jeder Theil schaute nämlich, wie er am
meisten gewinnen könnte, daher machte es den Herren auch kein Ge-
wissen, ihre Parteistellung zu ändern, von Rudolfen zu Heinrichen und
von Heinrichen zu Rudolfen überzugehen. So hielten in Schwaben selbst,
dem Herzogthume Rudolfs, zu Heinrichen: die Bischöfe von Konstanz,
Augsburg, Straßburg, Basel, die Aebte von St. Gallen und von der
Reichenau; von den Grafengeschlechtern: Nellenburg, Hohenstaufen, Lenz-
burg, Achalm, Buchhorn, Gingen, Lechsgmünd. In ganz Deutschland
erklärten sich aber die Städte für den König; sie benutzten den Krieg
ihrer Herren gegen den König dazu, um von diesem Erweiterung ihrer
Rechte zu gewinnen; es war ja bereits die Politik von Heinrichs Groß-
vater Konrad gewesen, sich der Städte gegen die hohe Aristokratie zu
bedienen. Im alten Alemannien ging Heinrich noch weiter; er bewaff-
nete 12,000 Bauern und schickte sie gegen seine hochgestellten Feinde,
was diese so erbitterte, daß Berthold von Zähringen die gefangenen
Bauern entmannen ließ. Die Bewaffnung der Bauern war allerdings
ein sehr gefährliches Beispiel; daß die sächsischen Gemeinen sich nach
der Schlacht an der Unstrut nur unwillig der Rache an ihrem Adel
enthielten, ist oben gesagt worden, im obern Alemannien aber hatten
sich die Bauern nicht hundert Jahre früher gegen die geistlichen und
weltlichen Herren förmlich empört und waren nur mit Mühe überwun-
den worden, Beweis genug, daß der Stoff zu einem Kriege der Ge-
meinen gegen die Herren vorhanden war; daß Heinrich ihn nicht voll-
ständig in Flammen setzte, daran hinderte ihn einmal die Rücksicht, die
er auf seine vornehmen Anhänger zu nehmen hatte, und sodann war
er eine zu despotische Natur, als daß er eine Revolution von unten
auf hätte machen können; die Unterdrückung der hohen Aristokratie war
Erbpolitik seines Hauses, damit war aber keineswegs eine Erhebung der
niedern Stände gemeint, sondern man ließ diese nur gelegenheitlich gegen
den hohen Adel los, weil dieser sich unmittelbar neben der Königsmacht
behaupten wollte. Was alles Heinrich einem Könige den Bauern ge-
genüber für erlaubt hielt, hatte er hinlänglich durch seinen Burgenbau
und seine ganze Wirthschaft in Sachsen bewiesen.
Das Kriegsglück schwankte; Heinrich verlor die Schlachten von
Melrichsstadt 1078, bei Flarchheim 1080, und am 15. Oktober desselben
Jahres die an der Elster unweit'zeitz; doch alle diese Schlachten hin-
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs_Kamps Heinrichs Heinrich Heinrich Rudolfs Buchhorn Heinrichs Heinrichs Konrad Konrad Heinrich Heinrich Berthold_von_Zähringen Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schwaben Konstanz Augsburg Basel Reichenau Nellenburg Deutschland Sachsen Flarchheim
Der Welthandel und die Kolonkeen.
327
nische Piaster lieferte, was eine Silberkugel von 83,7 Fuß Durchmesser
gäbe. Nehmen wir an, daß aus dem andern Amerika, Asten und Afrika
nur das Doppelte an edlem Metalle nach Europa gekommen ist, so dür-
fen wir die ungeheure Summe von 30 Milliarden rechnen, und haben
jedenfalls noch zu nieder angeschlagen. Viel Geld erzeugt aber auch
viele Bedürfnisse, die sonst unbekannt bleiben, es setzt darum die man-
nigfaltigste Gewerbsthätigkeit in Schwung, der Luxus macht stch mit
neuen Bedürfnissen sichtbar und ruft dadurch neue Thätigkeit in's Leben.
Aus den fremden Erdtheilen kamen die verschiedenen Gewürze massen-
chaft nach Europa und fanden Eingang in die Küche des Bürgers und
Bauers; neue Farbestoffe, Holzarten, Arzneien, Blumen und Krauter
gesellten stch zu den europäischen, und endlich kamen auch Zucker, Kaffe
und Tabak, welche in Verbindung mit den Gewürzen das physische Leben
des Europäers wesentlich veränderten; die Küche Karls des Großen
war einfacher bestellt als jetzt die eines mittelmäßigen Bürgers oder
Bauers. Diese Veränderung trat allmälig, aber merkbar genug ein;
Zucker, Kaffe und Tabak bewirkten schon Unglaubliches, eine vollständige
Umwälzung brachte aber in späterer Zeit die Einführung der Kartoffeln
und der Baumwolle zu Stande.
Am wenigsten zu vergessen ist, daß durch die Ausbreitung der Eu-
ropäer über die neue Welt das Christenthum ein unermeßliches Ge-
biet gewann; während es früher mit den Europäern kaum den Saum
des nördlichen Afrikas und westlichen Asiens berührte, siedelt es sich jetzt
an unendlich vielen Küstenpunkten an und behauptet sich durch die Ueber-
legenheit der Europäer gegen gewaltsame Angriffe, in Amerika aber ge-
winnt es einen ganzen Erdtheil, weil er von Europa aus die Haupt-
masse seiner Bevölkerung erhalten hat und erhält. Wäre nur überall
dem armseligen Heidenthume christlicher Bekehrungseifer begegnet! Spa-
nische Mönche haben allerdings viel gethan, aber rauhe Eroberer und
wilde Goldjäger haben wieder viel verdorben; die wunderbare Schöpfung
der Jesuiten, den indianisch-christlichen Staat in Paraguay, zerstörte der
fanatische Jesuitenhaß, und die Presidios in Mexiko, die christlichen Vor-
posten am Rande heidnischer Wüste, wurden von den Revolutionen des
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TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Karls
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Afrika Europa Europa Afrikas Asiens Amerika Europa Paraguay Mexiko
Babylonien- Assyrien. Medien.
23
stadt Jerusalem erlag 588 v. Ehr.; Stadt und Tempel wurden zu Schutt-
haufen und viele tausend Juden mußten dem fremden Heere an den
Euphrat und Tigris folgen. Doch dauerte auch der Glanz der baby-
lonischen Herrschaft nicht lange, nur 70 Jahre (von 608—538), dann
war seine Frist abgelaufen, und der persische Held Kyrus strafte den
Uebermuth, welchen Babylon gegen andere Völker ausgeübt hatte.
Das assyrisch - babylonische Volk gehört zu den merkwürdigsten
Völkern der alten Welt; es beschränkte sich nicht wie der Hindu und
Chinese auf das Land, welches ihm die Natur als Gränze angewiesen
hatte, auf das Gebiet des Euphrat und Tigris, sondern drang erobernd
nach allen Richtungen vor; seine Sultane hatten es aber nicht auf
Zerstörung und Plünderung entfernter Länder abgesehen, wie Attila
und die mongolischen Weltstürmer, sondern sie wollten in ihrem verfei-
nerten Despotismus deren Hilfsquellen ausbeuten und damit ihre Macht
um so fester gründen. So ist ihr Streben unverkennbar, den ganzen
Welthandel in ihre Gewalt zu bringen und von jedem Zweige desselben
goldene Früchte für ihre Schatzkammern zu pflücken. Babylon war in
jener Zeit ein Brennpunkt des Weltverkehrs und durch seine Lage vor-
züglich dazu geeignet. Auf dem Euphrat kamen die Erzeugnisse aus
den Gcbirgsländern herunter, als: Felle, Eisen und andere Metalle, in
Fahrzeugen, die aus Fellen und Weidengeflechten zusammengemacht und
bei aller Unbehilflichkeit gegen das Umschlagen gesichert waren und eine
ziemliche Ladung trugen. Den Euphrat herauf kamen die Maaren
Indiens, Arabiens und der nächsten afrikanischen Küsten: Gold und
Silber, Edelsteine, Perlen, Elfenbein, Gewürze, Räucherwerk, Gewebe,
auch verschiedene Thiere. Daden (wahrscheinlich die Bahareinsmseln)
hieß der Stapelplatz, wo die Maaren in Schiffe umgeladen wurden, die
für den Euphrat und den großen Königskanal geeignet waren. Am
oberen Euphrat waren wohl Thapsakus und Charchemisch (Circesium)
die letzten Stapelplätze für die Flußschifffahrt. Die Schiffsladungen
wurden nun an die Kamele der Karawanenführer abgegeben, welche
sie über Tadmor (Palmyra) nach Damaskus, Baalbek (Heliopolis) und
von da in die Städte der Phönicier und Syrer, in die Häfen des
mittelländischen Meeres, lieferten. Diese große Handelsstraße suchten
die babylonisch-assyrischen Sultane bis an ihre Ausmündung am mittel-
ländischen Meere in ihre Gewalt zu bringen. Daher wurden von ihnen
so viele Feldzüge gegen Phönicien und Syrien unternommen, selbst dann
noch, als ihre Macht bereits durch den Anfall der Meder geschwächt
war. Von Phönicien und Palästina aus richteten sie ihre Angriffe gegen
Aegypten, welches durch das rothe Meer und die Häfen der arabischen
und abyssinischen Küste an dem Handel mit dem fernen Morgenlande
Theil nahm, so wie es über Meroö und die Oase des Ammonium mit
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34 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
aus Merov gekommen. Das alte Aegypten reichte nämlich am Nil
bis Syene hinauf; dort fing das Land der Aethiopen an, und zwischen
den Hauptstämmen des Nilstromes (Astapus und Astaboras der Alten)
lag Meroe, eine uralte Priesterstadt und Handelsplatz für das innere
Afrika. Hier langten mit ihren Ladungen die Karawanen an, welche
aus Abysstnien und seitwärts über die Oase Ammonium (eine Grün-
dung von Meroe, mit einem berühmten Heiligthum des Ammon, wo
die Karawanen von dem Zuge aus der Wüste rasteten und Wasser und
Lebensmittel fanden) kamen oder vom rothen Meere her über Arum
indische und arabische Erzeugnisse führten. Zahllose Trümmer von
Städten und Tempeln, Pyramiden, Felsengräber, die sich im Nilthale,
auf der Oase und bei Arum finden, geben Zeugniß, daß in diesem Theile
Afrikas vor alter Zeit ein Volk gewaltet hat, von dem heutigen so
weit unterschieden als seine armseligen Hütten von jenen Bauwerken,
welche der Zerstörung seit mehr als einem Zahrtausend trotzen. Bei
den ältesten Dichtern der Griechen galten „die Aethiopen" als die
gerechtesten unter den Menschen, als Lieblinge der Götter; ihre späteren
Geschichtschreiber erzählen uns von einem Kulturstaate, welchen eine
Priesterschaft unter wilden, höhlenbewohnenden Völkern gegründet und
mit Weisheit regiert hatte. Die Priesterschaft hielt die ganze Ordnung
dieses Staates in Händen; sie erwählte auch den König aus ihrer
Mitte, der nichts ohne den Rath des Priesterkollegiums thun durfte;
ja der König mußte sich selbst den Tod geben, wenn ihm das Orakel
durch den Mund der Priester verkündete, daß seine Negierung nicht
mehr wohlgefalle. Aethiopische Könige erscheinen in der ägyptischen
Geschichte als Beherrscher und Beschützer Aegyptens; Herodot nennt
uns Sabakon als vieljährigen Herrn Aegyptens, das er aber räumte,
als ihm ein Traum-Orakel verkündete, er könne nur durch den Mord
aller ägyptischen Priester seine Herrschaft behaupten. Dieser Sabakon
ist wahrscheinlich derselbe König, den die Bibel Thirhaka nennt, vor
dem der Assyrer Senaharib floh, ohne eine Schlacht zu wagen. Nach
ihm verlieren wir jede Kunde von Aegyptens Hinterlande, bis 290 v.
Ehr., als Aegypten griechische Könige hatte, ein König von Meroö mit
dem griechischen Namen Ergamenes auftritt; von diesem heißt es, er
habe von den Griechen „philosophieren" gelernt und die gesammte Priester-
schaft in Meroö ermordet, oder was dasselbe heißt, sich zum unum-
schränkten Herrn aufgeworfen. Nach diesem Philosophen hören wir von
Meroö und Aethiopien nichts mehr, und nur aus dem N. T. erfahren
wir von einer äthiopischen Königin Kandake, deren Kämmerer durch den
Apostel Philippus zum Chriftenthume bekehrt wurde. Merotz verschwindet
aus der Geschichte; die Mohammedaner scheinen den Ruin des Landes
vollendet zu haben, ohne daß sie jedoch den gutartigen Charakter der
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Reich Juda.
61
Prinzen und bemächtigte sich des Thrones. Nur Joas wurde von den
Priestern gerettet und sechs Jahre lang in dem Tempel verborgen; dann
wurde Athaljah getödtet und Joas (870—840) auf den Thron gesetzt.
Aber auch dieser wandte sich wieder von Gott ab und sein Sohn Amasia
that dasselbe; beider Ausgang war unglücklich, indem sie durch Mörder-
hand starben. Usia hingegen (811 — 759) und dessen Sohn Jotham
(759—743} regierten besser und unter ihnen hatte Juda eine glückliche
Zeit. Aber unter Ahas (743—727) wurde es abermals von allem Unheil
heimgesucht. Sein Sohn Hiskia (727—698), sonst ein guter Fürst,
beging den großen Fehler, sich mit Aegypten gegen Assyrien zu verbünden
und wurde nur durch ein Wunder von Senaharibs Heere befreit. Sein
götzendienerischer Sohn Manasse (698—643), welcher den eignen Sohn
dem Moloch opferte, fiel in assyrische Gefangenschaft, aus der er je-
doch bekehrt nach Jerusalem zurückkam, als ihn der Assyrer wieder zu
Gnaden annahm. Unter seinem Sohne Josias (641 — 609) brach der
eroberungslustige Pharao Necho ein und besiegte ihn bei Megiddo (609);
Josias starb an der Wunde, die er in der Schlacht erhalten hatte.
Necho erhob Jojakim auf den Thron, aber nach der Schlacht bei
Charchemisch (606) kam der siegreiche Nebukadnezar nach Jerusalem;
Jojakim wurde sein Vasall, den Tempelschatz raubte der Eroberer und
schleppte mehr als 18,000 Juden nach Babylon; mit dieser Zeit (604)
beginnt die 70jährige babylonische Gefangenschaft. Nur vier Jahre nach
Nebukadnezars Einfälle hielt sich Jojakim wieder zu Aegypten, wurde
aber durch die Bundesgenossen Nebukadnezars, Ammoniter, Moabiter
und arabische Stämme gestürzt. Sein Nachfolger Jojachim fiel gleichfalls
ab und brachte eine schwere Strafe über sich und sein Volk; er und alle
Vornehmen und die meisten Kriegsleute wurden nach Babylon abgeführt
(599). Nichts desto weniger schloß sich Zedekia nochmals an die Aegypter
an; nun kam Nebukadnezar abermals mit Heeresmacht, schloß Jerusa-
lem ein und bezwang es nach anderthalbjähriger Belagerung durch
Hunger (588). Zedekia hatte zu entfliehen versucht, er wurde aber
eingeholt und mußte Zusehen, wie seine Kinder hingerichtet wurden;
dann stach man ihm die Augen aus und schickte den Geblendeten mit
Ketten beladen nach Babylon. Auch das Volk mußte seiner Mehrzahl
nach in die Ebenen Mesopotamiens wandern, nachdem Jerusalem und
der Tempel zerstört und ausgeraubt waren. Dies Schicksal hatte Juda,
weil es nicht treu geblieben war, sondern vielfach seinen Hort verlassen
hatte. Es fiel gewarnt wie Israel; denn in Juda erstanden Prophe-
ten und verkündeten dem König und dem Volke Gottes Strafgerichte für
seine Abtrünnigkeit, so Jesaias und Jeremias, welch letzterer den Unter-
gang der Stadt und des Tempels mit ansehen mußte. Umsonst mahnten
die Propheten die Könige von ihrer heidnischen Politik ab, welche durch
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