Heinrichs Kamps um die Krone.
135
schen Großen erreicht: Deutschland war ein förmliches Wahlreich, die
regierende Familie besaß kein Anrecht mehr auf die Krone. Dagegen
setzte sich nun Heinrich mit aller Macht, und diese war so gering nicht,
als seine Gegner geglaubt hatten. Unter den Fürsten selbst hielten die
Feinde seiner Feinde zu ihm und diese vertheidigten nun das Königörecht
ungefähr in derselben Weise, in welcher die meisten ihrer Gegner das
Recht der Kirche verfochten; jeder Theil schaute nämlich, wie er am
meisten gewinnen könnte, daher machte es den Herren auch kein Ge-
wissen, ihre Parteistellung zu ändern, von Rudolfen zu Heinrichen und
von Heinrichen zu Rudolfen überzugehen. So hielten in Schwaben selbst,
dem Herzogthume Rudolfs, zu Heinrichen: die Bischöfe von Konstanz,
Augsburg, Straßburg, Basel, die Aebte von St. Gallen und von der
Reichenau; von den Grafengeschlechtern: Nellenburg, Hohenstaufen, Lenz-
burg, Achalm, Buchhorn, Gingen, Lechsgmünd. In ganz Deutschland
erklärten sich aber die Städte für den König; sie benutzten den Krieg
ihrer Herren gegen den König dazu, um von diesem Erweiterung ihrer
Rechte zu gewinnen; es war ja bereits die Politik von Heinrichs Groß-
vater Konrad gewesen, sich der Städte gegen die hohe Aristokratie zu
bedienen. Im alten Alemannien ging Heinrich noch weiter; er bewaff-
nete 12,000 Bauern und schickte sie gegen seine hochgestellten Feinde,
was diese so erbitterte, daß Berthold von Zähringen die gefangenen
Bauern entmannen ließ. Die Bewaffnung der Bauern war allerdings
ein sehr gefährliches Beispiel; daß die sächsischen Gemeinen sich nach
der Schlacht an der Unstrut nur unwillig der Rache an ihrem Adel
enthielten, ist oben gesagt worden, im obern Alemannien aber hatten
sich die Bauern nicht hundert Jahre früher gegen die geistlichen und
weltlichen Herren förmlich empört und waren nur mit Mühe überwun-
den worden, Beweis genug, daß der Stoff zu einem Kriege der Ge-
meinen gegen die Herren vorhanden war; daß Heinrich ihn nicht voll-
ständig in Flammen setzte, daran hinderte ihn einmal die Rücksicht, die
er auf seine vornehmen Anhänger zu nehmen hatte, und sodann war
er eine zu despotische Natur, als daß er eine Revolution von unten
auf hätte machen können; die Unterdrückung der hohen Aristokratie war
Erbpolitik seines Hauses, damit war aber keineswegs eine Erhebung der
niedern Stände gemeint, sondern man ließ diese nur gelegenheitlich gegen
den hohen Adel los, weil dieser sich unmittelbar neben der Königsmacht
behaupten wollte. Was alles Heinrich einem Könige den Bauern ge-
genüber für erlaubt hielt, hatte er hinlänglich durch seinen Burgenbau
und seine ganze Wirthschaft in Sachsen bewiesen.
Das Kriegsglück schwankte; Heinrich verlor die Schlachten von
Melrichsstadt 1078, bei Flarchheim 1080, und am 15. Oktober desselben
Jahres die an der Elster unweit'zeitz; doch alle diese Schlachten hin-
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs_Kamps Heinrichs Heinrich Heinrich Rudolfs Buchhorn Heinrichs Heinrichs Konrad Konrad Heinrich Heinrich Berthold_von_Zähringen Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schwaben Konstanz Augsburg Basel Reichenau Nellenburg Deutschland Sachsen Flarchheim
Der Welthandel und die Kolonkeen.
327
nische Piaster lieferte, was eine Silberkugel von 83,7 Fuß Durchmesser
gäbe. Nehmen wir an, daß aus dem andern Amerika, Asten und Afrika
nur das Doppelte an edlem Metalle nach Europa gekommen ist, so dür-
fen wir die ungeheure Summe von 30 Milliarden rechnen, und haben
jedenfalls noch zu nieder angeschlagen. Viel Geld erzeugt aber auch
viele Bedürfnisse, die sonst unbekannt bleiben, es setzt darum die man-
nigfaltigste Gewerbsthätigkeit in Schwung, der Luxus macht stch mit
neuen Bedürfnissen sichtbar und ruft dadurch neue Thätigkeit in's Leben.
Aus den fremden Erdtheilen kamen die verschiedenen Gewürze massen-
chaft nach Europa und fanden Eingang in die Küche des Bürgers und
Bauers; neue Farbestoffe, Holzarten, Arzneien, Blumen und Krauter
gesellten stch zu den europäischen, und endlich kamen auch Zucker, Kaffe
und Tabak, welche in Verbindung mit den Gewürzen das physische Leben
des Europäers wesentlich veränderten; die Küche Karls des Großen
war einfacher bestellt als jetzt die eines mittelmäßigen Bürgers oder
Bauers. Diese Veränderung trat allmälig, aber merkbar genug ein;
Zucker, Kaffe und Tabak bewirkten schon Unglaubliches, eine vollständige
Umwälzung brachte aber in späterer Zeit die Einführung der Kartoffeln
und der Baumwolle zu Stande.
Am wenigsten zu vergessen ist, daß durch die Ausbreitung der Eu-
ropäer über die neue Welt das Christenthum ein unermeßliches Ge-
biet gewann; während es früher mit den Europäern kaum den Saum
des nördlichen Afrikas und westlichen Asiens berührte, siedelt es sich jetzt
an unendlich vielen Küstenpunkten an und behauptet sich durch die Ueber-
legenheit der Europäer gegen gewaltsame Angriffe, in Amerika aber ge-
winnt es einen ganzen Erdtheil, weil er von Europa aus die Haupt-
masse seiner Bevölkerung erhalten hat und erhält. Wäre nur überall
dem armseligen Heidenthume christlicher Bekehrungseifer begegnet! Spa-
nische Mönche haben allerdings viel gethan, aber rauhe Eroberer und
wilde Goldjäger haben wieder viel verdorben; die wunderbare Schöpfung
der Jesuiten, den indianisch-christlichen Staat in Paraguay, zerstörte der
fanatische Jesuitenhaß, und die Presidios in Mexiko, die christlichen Vor-
posten am Rande heidnischer Wüste, wurden von den Revolutionen des
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TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Karls
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Afrika Europa Europa Afrikas Asiens Amerika Europa Paraguay Mexiko
Der cimbrische Krieg.
281
durch seine kriegerische Tüchtigkeit hatte er vor Numantia die Aufmerk-
samkeit des jüngern Scipio auf sich gezogen und wurde der Mann
des gemeinen Volkes, welchem er durch seine Geburt angehörte. Es
machte ihn nach den Zeiten des letzten Gracchus zum Volkstribun und
in diesem Amte zeigte er furchtlosen Trotz und kaltblütige Ent-
schlossenheit gegen alle Drohungen und Ränke der vornehmen Partei;
er brachte sogar ein Gesetz durch, daß kein Bürger bei der Abstim-
mung durch irgend jemand beaufsichtigt werden durfte; denn die Vor-
nehmen hatten es so eingerichtet, daß sie genau wußten, ob ihre er-
kauften Stimmen auch wirklich in ihrem Interesse abgegeben würden.
Dieser Marius war nun der Hoffnungsanker des gemeinen Volkes und
es hob ihn von einer Würde zur andern. Metellus schätzte den Ma-
rius als Kriegsmann, behandelte ihn aber mit Stolz, und als er
Urlaub begehrte, damit er sich zu Rom um das Konsulat bewerben
könnte, versagte ihm Metellus denselben und meinte, daran solle der
Plebejer aus Arpinum gar nicht denken. Nun stiftete aber Marius in
dem Heere eine solche Unzufriedenheit und machte dem Metellus so viel
Verdruß, daß er ihn endlich selbst gehen hieß. Marius wurde zum
Konsul (107) gewählt und gegen alles Herkommen dem Metellus sein
Oberbefehl nicht verlängert, sondern dem Marius übergeben. Me-
tellus weinte vor Zorn, konnte aber den Volksbeschluß nicht ändern,
und der Senat tröstete ihn durch den Beinamen Numidikus. Marius
ließ zu Rom seinem Hasse gegen die Gegner vollen Lauf, durchwühlte
die ganze Schande des L. Bestia und der vornehmen Herren, welche
Iugurtha bestochen hatte; in sein Heer aber nahm er viele oapite
een»! auf, was früher nur in Nothfällen geschehen war. Dem Kriege
in Afrika machte er wirklich, wie er versprochen hatte, ein rasches
Ende; er schlug den Iugurtha und trieb ihn zu seinem Schwiegervater,
dem Könige Bochus von Mauritanien, der ihm denselben auf Zureden
des L. Sulla, den Marius abgeschickt hatte, auslieferte (106). Marius
führte den Iugurtha zu Rom im Triumphe auf; dann wurde der miß-
handelte König in ein Kerkerloch geworfen, in welchem man ihn ver-
schmachten ließ.
Achtzehntes Kapitel.
Der cimbrische Krieg (113-101).
Während Marius in Afrika das Ansehen des römischen Namens
wieder herstellte, wurde Rom durch den cimbrischen Schrecken heimgesucht.
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Extrahierte Personennamen: Scipio Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Könige_Bochus_von_Mauritanien L._Sulla Sulla Marius Marius Marius Marius Marius Marius
34
Das Christenthum unter den Germanen und Slaven.
den die Meier zu vornehm um sich mit dem Landbau abzugeben, sie
ließen sich zu Edelknechten machen und verwalteten die Gerichtsbarkeit
in den Streitigkeiten, welche unter den Klosterleuten über Marken,
Weiderechte, Wasserleitungen, Holzfällen u. s. w. entstanden. Wo selche
vornehme Meier waren, wurden Keller (cellarius) angestellt, um den
Einzug der Gefälle zu besorgen.
Wie die Pfarrkirchen entstanden.
Am Sonntage hören wir von allen Seiten her Glockengeläute,
und wenn wir auf einer Höhe stehen, erkennen wir an den Kirchthürmen
die Lage der Dörfer, welche durch Hügel oder Bäume verdeckt sind; aber
im siebenten, achten und neunten Jahrhundert war es anders, da gab
es nur wenige Dorfkirchen; denn von den Dörfern und Gemeinden, die
wir heut zu Tage sehen, waren kaum die ersten Spuren vorhanden. Man
sah nur kleine Weiler, welche einem Gutsherrn gehörten, einzelne Häuser
und Höfe, gewöhnlich Lehen, immer seltener ganz freies Eigenthum;
den größten Theil des Bodens bedeckte Waldung. Hie und da ging es
nun einem Gutsherrn zu Gemüthe, daß so viele seiner Leute ohne
Kenntniß des christlichen Glaubens und ohne Genuß der Heilsmittel auf-
wachsen, heranleben und endlich dahinfahren sollten; das Verderben vieler
Seelen mußte er sich selbst zuschreiben. Darum bauten immer mehr
solche Gutsherren weltlichen Standes (die Stifte thaten es ohnehin)
auf ihren Höfen Kirchen, kleine Häuser in Form eines Schuppen,
hölzern, mit Stroh oder Schindeln bedeckt, lange Zeit ohne Glasfenster.
Ein Sohn des Gutsbesitzers, oder ein Verwandter, oder auch ein Leib-
eigener, der aber alsdann frei wurde, erlernte in irgend einem Stifte
das Nothwendigste von der Theologie, wurde geweiht und diente nun
der neuen Kirche als Priester. Er wohnte auf dem Hofe und bezog
von demselben seinen Unterhalt; dieser wurde ihm entweder in Natu-
ralien verabreicht oder es wurden ihm liegende Güter angewiesen. Letztere
blieben aber so gut als die Kirche ein Eigenthum des Gutsherrn (Pa-
tronus), daher heißt es auch in alten Urkunden: „ich übergebe den Hof
mit der Kirche — oder die Kirche mit dem Hofe — oder den Weiler,
darin die Kirche ist" u. s. w. Die Kirchenstifler waren auch die Kirchen-
herren und verkauften, verpfändeten oder vergabten die Kirche mit dem
Kirchengut, oft so, daß eine Kirche mehrere Kirchenherren erhielt, eine
Uebung, die freilich gegen das kanonische Recht verstieß, aber vorerst
geduldet werden mußte. Auch das Kirchengut war gleich dem der Klöster
nicht immer sicher; vielmal nahmen die Kirchenherren das Einkommen
der Kirche lieber für sich, als daß sie die Kirche im baulichen Zustande
erhielten und einen Priester besoldeten. Es kommen Verbote von Bi-
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138 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
geradezu als Hilfe in der Noth angesehen werden, aber nichts berechtigte
den Helfer, sich als Herrn zu betrachten. Uebrigens regierte Papst
Leo Ix., welchen Namen Bruno als Papst führte, mit Kraft und Weis-
heit und steuerte dem Unwesen, das besonders in Deutschland und Italien
eingerissen hatte, mit großem Erfolge. Mit Kaiser Heinrich gerieth er
jedoch aus mehreren Ursachen in eine bedenkliche Spannung, vorzüglich
aber deßwegen, weil dieser in Mailand einen Erzbischof eingesetzt hatte,
der nichts anderes als eine kaiserliche Kreatur war. Leo Ix. blieb zwar
mit dem Kaiser im Frieden, fand aber doch gerne für den päpstlichen
Stuhl einen Rückhalt in den unteritalischen Normannen, denen er zuvor
feindlich gegenübergestanden hatte.
Äie Normannen in Unteritalirn.
Wilhelm, Graf von Apulien (1047). Schlacht bei Civitella (1053).
Von den französischen Normannen gingen viele in auswärtige
Dienste, weil die nachgeborenen Söhne adeliger Eltern keinen Antheil
an dem untheilbaren Alode bekamen, also ihr Fortkommen anderswo
suchen mußten. Ihre Fahrten in auswärtigen Kriegsdienst begannen sie
in der Regel mit einer Wallfahrt nach dem Monte Gargano in Unter-
italien, und hier lernten sie die longobardischen und griechischen Herren
kennen, die sich noch gegen die Angriffe der Saracenen behauptet hatten.
Die ritterlichen Normannen traten gerne in den Dienst dieser Herren
(z. B. der Herzoge von Benevent, Neapel, Salerno, Amalfi), die ihnen
Sold und Lehen zusagten, und sie schlugen sich dermaßen, daß sie der
Schrecken der Saracenen wurden. Aber nun wurde ihnen nach griechi-
scher Weise nicht Wort gehalten; darum riefen sie andere ihrer tapferen
Brüder herbei und nahmen sich nicht bloß den vorenthaltenen Lohn,
sondern eroberten auch für sich selbst Städte und Landschaften von den
Longobarden, Griechen und Saracenen. Die deutschen Könige und
römischen Kaiser begünstigten aus Feindschaft gegen die Byzantiner die
erobernden Normannen und belehnten sie mit dem, was diese jenen ab-
nahmen, so Konrad Ii. den Rainulf mit der Grafschaft Aversa, welche
der Normanne von dem Herzog Sergius von Neapel für seine Dienste
empfangen hatte. Im Jahre 1043 nannte sich Wilhelm Eisenarm, einer
der zwölf Söhne des Tankred von Hauteville, bereits Graf von Apulien
und erhielt 1047 die kaiserliche Belehnung; als aber Kaiser Heinrich Iii.
den Herrn von Benevent, der seine Mutter bei ihrer Wallfahrt nach
dem Monte Gargano beleidigt hatte, ächtete und der Papst ihn bannte,
bemächtigte sich Wilhelms Bruder, Hunfried, Benevents, das der Kaiser
dem Papste versprochen.
Darüber gerieth nun Leo Ix. mit den Normannen in Krieg. Er
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Leo_Ix. Leo_Ix. Bruno Heinrich Heinrich Leo_Ix Leo Wilhelm Civitella Konrad_Ii Konrad Sergius_von_Neapel Wilhelm_Eisenarm Wilhelm Tankred Heinrich_Iii Heinrich Wilhelms Wilhelms Leo_Ix Leo
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Mailand Apulien Neapel Salerno Amalfi Apulien
König Theodorich. Seine Macht und Staatsweisheit. 5
nahm er ein Drittheil der Ländereien in Anspruch, indem er eine förm-
liche Theilung des Besitzes zwischen Römer und Gothen durchführte.
Die Römer mußten dem Ackerbau, den Gewerben, dem Handel, der
Kunst und Wissenschaft leben, während jene, auf Ackerbau und Vieh-
zucht beschränkt, den Waffen treu bleiben und Italiens Heer und Land-
wehr bilden sollten (also eine Kriegerkaste). Er selbst schätzte Kunst und
Wissenschaft (er hatte als Geißel längere Zeit in Konstantinopel gelebt),
unterstützte die Schulen in Rom und anderen Städten, verwandte große
Summen auf die Erhaltung und Wiederherstellung der römischen Bau-
werke, verschloß aber seinen Gothen den Zugang zu der höheren römi-
schen Kultur, weil er glaubte, die Schulzucht und die Beschäftigung mit
den Wissenschaften schwäche den kriegerischen Geist. Deßwegen waren
seine Minister und Gesandten meistens Römer, so z. B. leitete Liberius
die Vertheilung der für die Gothen bestimmten Grundstücke, Kassiodor,
ein sehr reicher, gebildeter und strengkatholischer Geschäftsmann, war
sein erster Minister und Reichskanzler.
Die Civilgewalt in einer Provinz hatte der römische Praeses, die
Militärgewalt ein Gothe (mit dem römischen Amtsnamen Dux oder
dem vornehmeren Com68). Neben dem römischen Prae868 bestand eine
eigene gothische Obrigkeit, welche in Streitigkeiten zwischen Gothen nach
gothlschem Rechte richtete, in Streitigkeiten zwischen Gothen und Römern
mit Zuziehung eines römischen Beamten nach eigens zu diesem Zwecke
von Theodorich erlassenen Gesetzen entschied. Er unterwarf auch die
Gothen der gleichen Besteuerung wie die Römer, so daß jenen einzig
das Vorrecht des Kriegsdienstes blieb, um welches sie die unkriegerische
römische Bevölkerung keineswegs beneidete. Obgleich Theodorich wie
das ganze gothische Volk Arianer war (ohne Zweifel hatte dies der Einfluß
arianischer oströmischer Kaiser, z. B. des Valens bewirkt), so kränkte
er doch die kirchlichen Rechte der Katholiken nicht im mindesten, ehrte
den Papst und nahm im Jahre 500 einen sechsmonatlichen, von Festen
und Spenden verherrlichten Aufenthalt in Rom.
Theodorichs Macht und Staatsweisheit.
In seinen Beziehungen zu den anderen Herrschern bewies er eben
so viele Klugheit als Festigkeit. Mit den königlichen Geschlechtern der
Vandalen, Westgothen, Burgunder, Franken und Thüringer trat er in
Blutsfreundschaft, den König der Heruler (diese hausten damals in
Oberpannonien) nahm er in seinen Schutz auf und richtete sein Haupt-
bestreben dahin, den Frieden zwischen den germanischen Reichen zu er-
halten sowie Italien vor neuen Stürmen zu sichern. Die Vandalen
traten ihm gutwillig Sicilien, Malta, Korsika und Sardinien ab, weil
diese Inseln von der Natur zu Schutzwehren für die italienischen Küsten
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Extrahierte Personennamen: Dux Theodorichs
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Konstantinopel Rom Rom Oberpannonien Italien Sicilien Malta Korsika Sardinien
150 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Reichenau; von den Grafcngeschlechtern: Nellenburg, Hohenstaufen, Lenz-
burg, Achalm, Buchhorn, Gingen, Lechsgmünd.
Die deutschen Städte. Die alemannischen Bauern.
Zn ganz Deutschland erklärten sich aber die Städte für den König;
sie benutzten den Krieg ihrer Herren gegen den König dazu, um von
diesem Erweiterung ihrer Rechte sich urkunden zu lassen; es war ja be-
reits die Politik von Heinrichs Großvater Konrad gewesen, sich der
Städte gegen die hohe Aristokratie zu bedienen. Zm alten Alemannien
ging Heinrich noch weiter; er bewaffnete 12,000 Bauern und schickte
sie gegen seine hochgestellten Feinde, was diese so erbitterte, daß Berthold
von Zähringen die gefangenen Bauern verstümmeln ließ. Die Bewaff-
nung der Bauern war allerdings ein sehr gefährliches Beispiel; daß die
sächsischen Gemeinen sich nach der Schlacht an der Unstrut nur unwillig
der Rache an ihrem Adel enthielten, ist oben gesagt worden, im obern
Alemannien aber hatten sich die Bauern kaum hundert Jahre früher gegen
die geistlichen und weltlichen Herren förmlich empört und waren nur
mit Mühe überwunden worden, Beweis genug, daß der Stoff zu einem
Kriege der Gemeinen gegen die Herren vorhanden war; daß Heinrich
ihn nicht vollständig in Flammen setzte, daran hinderte ihn einmal die
Rücksicht, die er auf seine vornehmen Anhänger zu nehmen hatte, und
sodann war er eine zu despotische Natur, als daß er eine Revolution
von unten auf hätte machen können; die Unterdrückung der hohen Aristo-
kratie war Erbpolitik seines Hauses, damit war aber keineswegs eine
Erhebung der niedern Stände gemeint, sondern man ließ diese nur ge-
legentlich gegen den hohen Adel los, weil dieser sich unmittelbar neben
der Königsmacht behaupten wollte. Was alles Heinrich einem Könige
den Bauern gegenüber für erlaubt hielt, hatte er hinlänglich durch seinen
Burgenbau und seine ganze Wirthschaft in Sachsen bewiesen.
Das Kriegsglück schwankte; Heinrich verlor die Schlachten bei Mel-
richsstadt 1078, bei Flarchheim 1080, und am 15. Oktober desselben
Jahres die an der Elster unweit Zeitz; doch alle diese Schlachten hin-
derten ihn nur an seinen Unternehmungen gegen Norddeutschland, beug-
ten ihn aber nicht, denn in Schwaben und am Rhein behauptete er die
Oberhand.
Ueberspannung der päpstlichen Ansprüche.
An der Elster blieb der Gegenkönig Rudolf, nachdem ihn kaum
vorher der Papst anerkannt hatte. Die Anerkennung geschah in einer
Weise (mit der auch andere Handlungen des Papstes übereinstimmten),
daß daraus hervorging, er wolle das deutsche Königreich zu einem päpst-
lichen Lehen machen, wie es Neapel, Dalmatien, und Kroatien bereits
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Extrahierte Personennamen: Buchhorn Heinrichs_Großvater_Konrad Heinrichs Konrad Heinrich Heinrich Berthold
von_Zähringen Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Rudolf Rudolf
Karl als Regent.
75
Das Heerwesen beaufsichtigte in jedem Gaue der Graf. Karl stellte
also den urdeutschen Heerbann wieder her, eine bedeutende Last für die
Freien; doch ist der Vorwurf ein ganz unbegründeter, als habe er da-
durch die minder begüterten Freien zu Grunde gerichtet. Denn vor
wie nach Karl waren Kriege an der Tagesordnung, denen sich die Freien
nicht entziehen konnten, wie diese auch später, nachdem sie zu Dienst-
leuten geworden waren, in das Feld ziehen mußten, freilich nicht mehr
für Kaiser und Reich, sondern in die unaufhörlichen Kriege und Fehden
ihrer Herren. Doch wird schon nach Karl geklagt, daß die Grafen ein-
zelne Freie zum Auszuge nöthigten, wenn sie die Reihe nicht getroffen
hätte und andere übergingen, von denen sie Geschenke erhalten hatten.
In Gränzbezirke (Marken), welche dem Feinde abgenommen waren,
setzte er Markgrafen (marelliones, auch duces limitis genannt, weil ihr
Gebiet mehrfach größer war, als das der andern Grafen), welche mit
den Kolonisten die Gränzwache hielten.
Gerechtigkeitspflege.
Es war für Karl eine Hauptsorge, daß in seinem Reiche jedem sein
Recht werde. Denn es geschah gar oft, daß der Stärkere den Schwä-
cheren unterdrückte. Der reiche Herr z. B., der viele Knechte hatte,
trieb sein Vieh auf die Weide des Nachbars, oder wehrte ihm, in dem
Walde zu jagen, Holz zu fällen, die Schweine zur Eichelmast zu treiben
u. s. w. Wie häufig solche Unbilden armen Freien mögen angethan
worden sein, können wir daraus schließen, daß in den Urkunden der
Klöster eine Menge dergleichen Beschwerden und Schiedssprüche Vorkom-
men, und doch waren die Stifte in dem Genüsse ihrer Rechte durch den
Glauben jener Zeit viel sicherer. Solche Klagen kamen auch zu Ohren
des Kaisers, und er that, was er konnte, um das Recht zu schirmen;
auf vielen Reichstagen ermahnte er ernst und drohend und erließ Ver-
ordnungen gegen den Mißbrauch der Gewalt.
Die Pfalzgrafen (Pfalzen, vom lateinischen palatium, hießen die
kaiserlichen Burgen in den verschiedenen Gegenden des Reichs) verwal-
teten nicht bloß das kaiserliche Einkommen aus dem zu einer Pfalz ge-
hörigen Bezirke, sondern sie vertraten auch den Kaiser als obersten Richter
und bildeten also eine Art höherer Instanz. Er erwählte auch Männer,
denen er sein ganzes Vertrauen schenkte, und schickte sie in die verschie-
denen Gaue, um die Gerichte zu beaufsichtigen, und den Gewaltthätig-
keiten zu steuern; dieses waren die sogenannten Sendboten (misst do-
minici). Sie hielten Gauversammlungen (placita), bei denen Bischöfe,
Aebte, Grafen und alle Beamten zu erscheinen hatten und sich vertreten
lassen mußten. Da wurden die Klagen des Volkes gehört, die Amts-
führung der Magistrate untersucht, Ungerechtigkeiten bestraft, überhaupt
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
360
Europa der dominierende Erdiheil.
legen, daß es eines dreißigjährigen Krieges bedurfte, um den National-
wohlstand zu ruinieren.
Europa der dominierende Erdtheil.
Mit dem Seewege nach Ostindien und der Entdeckung Amerikas
beginnt die Herrschaft Europas über die andern Erdtheile. Europa ver-
mittelte seitdem den Verkehr des ganzen Menschengeschlechtes (erst in
unseren Tagen tritt Nordamerika mit Macht als Nebenbuhler auf) und
damit beginnt für die Völker Asiens, Amerikas und Afrikas eine neue
Zeit; sie werden Europa genähert und können sich seiner Einwirkung
in ihr innerstes Leben nicht länger mehr entziehen. Portugiesen und
Spanier gründen ungeheure Kolonialreiche; ganze Ströme europäischer
Bevölkerung ergießen sich nach Amerika und legen den Grund zu einer
neuen europäischen Welt, während Ostindien wenigstens tributpflichtig
wird und große Ansiedelungen so fest gegründet werden, daß sie keiner
asiatischen Macht mehr unterliegen können.
Der europäische Handel wird zum Welthandel und Europa zum
reichsten Erdtheile. Denn nun erschließt auch Amerika aus seinem Schooße
eine Masse edler Metalle, welche über den Ocean nach Europa wandern,
daselbst Handel, Gewerbe beleben und eine Lebensweise schaffen, von der
die Vorfahren keine Ahnung besaßen. Von der Masse des über den
Ocean gebrachten edlen Metalls kann man sich einen Begriff machen,
wenn Aler. v. Humboldt angibt, daß das spanische Amerika bis 18l 3
an Silber 5940 Mill. spanische Piaster lieferte, was eine Silberkugel
von 83,7 Fuß Durchmesser gäbe. Nehmen wir an, daß aus dem an-
dern Amerika, Asien und Afrika nur das Doppelte an edlem Metalle nach
Europa gekommen ist, so dürfen wir die ungeheure Summe von 30
Milliarden rechnen, und haben sie jedenfalls noch zu nieder angeschlagen.
Viel Geld erzeugt aber auch viele Bedürfnisse, die sonst unbekannt blei-
den, es setzt darum die mannigfaltigste Gewerbsthätigkeit in Schwung,
der Luxus macht sich mit neuen Bedürfnissen sichtbar und ruft dadurch
neue Thätigkeit in's Leben. Aus den fremden Erdtheilcn kamen die ver-
schiedenen Gewürze massenhaft nach Europa uild fanden Eingang in die
Küche des Bürgers und Bauers; neue Farbestoffe, Holzarten, Arzneien,
Blumen und Kräuter gesellten sich zu den europäischen, und endlich
kamen auch Zucker, Kaffee und Tabak, welche in Verbindung mit den
Gewürzen das physische Leben des Europäers wesentlich veränderten;
die Küche Karls des Großen war einfacher bestellt als jetzt die eines
mittelmäßigen Bürgers oder Bauers. Diese Veränderung trat allmählig,
aber merkbar genug ein; Zucker, Kaffee und Tabak bewirkten schon Un-
glaubliches, eine vollständige Umwälzung brachte aber in späterer Zeit
die Einführung der Kartoffeln und der Baumwolle zu Stande. -
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Extrahierte Personennamen: Karls
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Ostindien Amerikas Europas Europa Nordamerika Asiens Amerikas Afrikas Europa Amerika Ostindien Europa Amerika Europa Amerika Amerika Asien Afrika Europa Europa
88 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
stand sich daher in jener Zeit wohl von selbst, daß er sich am Klerus er-
holte und deßwegen zum „Evangelium" griff; aber er that es mit äußer-
ster Behutsamkeit, denn er mißtraute dem Adel, der die Königsmacht
nicht gehoben sehen wollte, und den Bauern, welche dem alten Glauben
treu waren. Zuerst ließ er das „Evangelium" nur da und dort verkün-
den, sorgte für eine Bibelübersetzung in das Schwedische und erst 1526
ließ er in Upsala disputieren. Den Hauptschlag führte er auf dem
Reichstage von Westeräs 1527. Er erklärte, daß er nicht mehr
König sein wolle; er habe genug gethan für das Land und wolle sein
Vermögen nicht vollends ruinieren, denn die Krone habe keine Einkünfte,
aber Ausgaben genug; auch Thränen standen ihm zu Gebote, als die
Bürger und Bauern ihn baten, er möchte die Last der Königswürde
noch länger tragen. Er aber entgegnete, daß er Bürger und Bauern
nicht höher besteuern dürfe (von Besteuerung des Adels war keine Rede)
und daß der Krone nur zu helfen sei, wenn ihr von dem großen Gute
der Geistlichkeit nachgebessert werde. Als Bauern und Bürger dergestalt
lediglich die Wahl zwischen neuen Steuern oder der Abdankung des
Königs vor sich sahen, auf welche unfehlbar die alte Adelswirthschaft
mit Dänenherrschaft und Bürgerkriegen gefolgt wäre, opferten sie die
geistlichen Herren, welche sich um so weniger ernstlich zu wehren getrau-
ten, als sie Christian Ii. unterstützt hatten. Den Herren vom Adel,
welchen eine Abdankung des Königs, wenn sie je daran glaubten, nicht
halb so leid, als den Bürgern und Bauern gewesen wäre, hielt er einen
Köder vor: sie sollten die Kirchengüter, welche ihre Ahnen einst gestiftet
hätten, wieder an sich nehmen, sofern sie ihre Ansprüche Nachweisen könn-
ten. Dies wirkte; die Herren griffen zu und nahmen so viel an sich,
daß der König ihnen spater wieder das meiste entreißen mußte und den
Termin der Vergabung auf 1453 setzte; was seit dieser Zeit an die
Kirche gestiftet worden war, das allein blieb den Adeligen. Gustav ließ
bei seiner Reformation eine Art von Bischöfen bestehen, gab ihnen jedoch
Konsistorien bei und machte sie von der Krone abhängig, so daß ein
solcher Bischof sich von einem deutschen Superintendenten außer dem
alten Namen nur dadurch unterschied, daß er ein Neichsstand war und
auf dem Reichstage neben dem Adel saß. Daß die katholische Religion
aufs strengste, bei Landesausweisung, verboten wurde, versteht sich von
selbst (erst 1857 schlug der König den Reichsständen die Abschaffung
der Landesverweisung vor); einige unfügsame Geistliche wurden hinge-
richtet. Den Lübeckern bezahlte Gustav seine Schulden mit Kirchen-
glocken, und zum Danke für ihre Unterstützung entzog er den Hanseaten
ihre Handelsvortheile in Schweden und legte ihnen Zölle auf, während
er den schwedischen Handel entfesselte; ebenso schloß er zu Schwedens
Vortheil, aber zum großen Schaden der Hanseaten, einen Handelsver-
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Extrahierte Personennamen: Christian_Ii Gustav Gustav Gustav Gustav