149
Friedrich l, der Rothbart.
sein Sohn Heinrich war ihm zwei Jahre vorangegangen, der andere,
Friedrich, noch minderjährig.
Dreizehntes Kapitel.
Friedrich I-, der Rothbart (1152 — 1190).
Die Fürsten hatten nach Konrads Tode nur die Wahl zwischen
Heinrich dem Löwen und dem Hohenstaufen Friedrich; sie entschieden sich
für den letztern, weil von ihm eine Versöhnung mit dem Welfen zu
hoffen war, denn er war mütterlicherseits selbst Welfe und dazu Jugend-
freund Heinrichs des Löwen. Wirklich gab er auf einem Reichstage diesem
das Herzogthum Sachsen zurück und sprach ihm ebenso Bayern wieder zu.
Zur Entschädigung für den Babenberger Heinrich, der um Bayern mit
den Welfen lange Krieg geführt hatte, wurde die Markgrafschaft Oester-
reich zu einem auch in weiblicher Linie erblichen, den Kur- oder Erz-
fürstenthümern gleichgestellten Herzogthum erhoben (1156), dem fast
gänzliche Freiheit von allen Leistungen gegen König und Reich bewilligt
wurde, weil es als Vorwache Deutschlands und von nicht deutschen
Völkern fast ganz umgeben genug zu leisten hatte.
Friedrichs Streben war dahin gerichtet, dem Kaiserthume die Macht
wieder zu verjüngen, welche Karl der Große und Otto der Große geübt
hatten. Wie seine Vorbilder wollte er die kaiserliche Oberherrlichkeit
über die Kirche wieder Herstellen, obwohl er weder wie Karl eine be-
drängte Kirche zu retten, noch wie Otto ihre gestörte Ordnung wieder
herzustellen hatte; dieses Streben mußte ihn zum Bruche mit dem Papste
führen und dadurch wurden dem Kaiser die besten Kräfte entfremdet,
er selbst geradezu an die Gewalt verwiesen. Er wollte Italien erobern,
weil die Weltherrschaft mit dem Namen Rom verbunden schien und die
reichen italienischen Städte die ergibigsten Steuern der damaligen Zeit
abgeworfen hätten, darum sagte er klagenden Lombarden und Siciliern
Hilfe zu, den einen gegen Mailand, den andern gegen ihren König.
Wie schwer Italien zu behaupten sei, hatten alle Nachfolger Karls
des Großen und namentlich die deutschen Könige erfahren. Friedrich
wollte erobern, aber welche Macht stand ihm zu Gebote? Seine
schwäbisch-fränkische Hausmacht, die Lehensmannen, welche durch ihre
Lehen seinem Hause verpflichtet waren. Diese Macht-war eine starke,
konnte aber nicht anhaltend zu auswärtigen Kriegen gebraucht werden,
weil die Lehensleute durch mehrjährigen Kriegsdienst verarmen mußten,
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_l Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Friedrich_I- Friedrich Konrads Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrichs Heinrich Heinrich Friedrichs Friedrichs Karl_der_Große Karl Otto Karl Karl Otto Karls Friedrich Friedrich
152 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden, behaupteten die Lombarden
das Uebergewicht. Der lombardische Adel wohnte in den Städten, frei-
willig oder gezwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aem-
ter. Besonders hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche
ihnen strittige Bischofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen
von seinen Hoheitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften
ihnen dieselben, so daß die Städte in der That Republiken waren. Un-
ter ihnen waren Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich
durch Handel, der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer
Ausdehnung entfaltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mai-
land die mächtigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bo-
logna, Verona, Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo,
Padua und andere waren reich und von einer zahlreichen und streit-
baren Bürgerschaft bewohnt. Waren diese Städte einig gewesen, so
hätten sie in jener Zeit, wo starke Mauern fast unüberwindlich mach-
ten, der ganzen Welt Trotz bieten können; allein sie haderten unaufhör-
lich mit einander. Pavia, als die alte longobardischc Königsstadt, wett-
eiferte mit dem stärkeren und reicheren Mailaud um den Vorrang, und
dieses behandelte die kleineren Städte, welche sich nicht unterordnen woll-
ten, mit grausamem Uebermuthe. Die Bürger von Lodi baten den Kai-
ser um Schutz gegen Mailand, und dieser schickte den Mailändern ein
Schreiben, in welchem er zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie
aber verspotteten das kaiserliche Siegel, beschimpften die Boten und zer-
störten das wehrlose Lodi. Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart
nicht Rache nehmen, weil sein Heer zu klein war, doch verheerte er ihr
Gebiet bis vor die Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und
strafte die Lombarden für die Tücke, mit der sie ihm überall Nachstel-
lungen bereiteten.
Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea-
trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte
dadurch seine Hausmacht beträchtlich (1156). 1157 zwang er den Her-
zog Boleslaw von Polen zur Huldigung und erhob darauf den böhmi-
schen Herzog Wladislaw Ii. für dessen treue Dienste zum König. Im
Jahre 1158 endlich zog er gegen Mailand mit einem gewaltigen Heere
und umlagerte die Stadt so lange, bis sie sich auf Gnade und Ungnade
ergab. Hierauf wurde auf den ronkalischen Feldern bei Piacenza im
November großer Reichstag gehalten, damit festgesetzt werde, was dem
Kaiser in Italien zustehe. Gelehrte Juristen beriethen nun das römische
Recht, und darin fanden sie begreiflich für den Kaiser als den Nach-
folger der Cäsaren sehr vieles: alle Belehnungen sotten dem Kaiser ge-
hören, die Städte sind ihm Heeresfolge schuldig und zu Naturallieferun-
gen an die kaiserlichen Heere verpflichtet; dem Kaiser gehören als Ne-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Bea- Friedrich Boleslaw_von_Polen Boleslaw
Das byzantinische Reich. Die bilderstürmenden Kaiser. 103
an den Thoren Europas und Asiens. Der griechische Kaiser gebot aber auch
über die ganze Kraft seines Reichs und war dabei nicht von dem guten
Willen der großen Lehenträger abhängig, wie die meisten abendländischen
Herrscher; das Reich besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staats-
schatz, daher verfügte der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und
konnte Heere und Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft
wurde zum größten Theil aus Barbaren geworben, -namentlich aus Sla-
ven, welche sich im Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber wa-
ren dagegen meistens Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die er-
erbte römische Kriegskunst noch von keinem andern Volke erreicht war.
Die Vertheidigung des Reiches und Konstantinopels wurde besonders
durch die Lage am Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deß-
wegen auch ihr Hauptaugenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht
glaubten, Konstantinopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei
habe. Diese Hauptfestung war damals zugleich der erste Handelsplatz der
Welt; sie vermittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand
mit dem russischen Novgorod so gut in Verbindung als mit Italien,
Frankreich und Deutschland. Auch der alte Gewerbfleiß hatte sich in
den Städten erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechi-
schen Fabrikate so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen In-
dianer in Amerika und Neger in Afrika die englischen. Handel und
Industrie waren deßwegen die Quellen, welche dem Staatsschätze die
besten Zuflüsse gaben.
Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717
Leo Iii. der Jsaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones be-
mächtigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein
ganzes Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sol-
len, stürzte aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in
Verwirrung. Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen
haben; der Koran verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes
und höherer Wesen, sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Mos-
lemin überall gegen die Bilder, namentlich religiöse, wütheten. Zu
Leo's Zeit ließ der Chalife Iezid (723) alle Bilder in den Kirchen der
eroberten Provinzen zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Ge-
danken brachte, den mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten
Feind dadurch zu entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle
heiligen Bilder weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte
bald (730) ein noch viel strengerer, der Todesstrafe auf die Beibehal-
tung von heiligen Bildern in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen und selbst
in Privathäusern setzte. Dagegen erhob sich Widerstand von Seite des
Volks und der Geistlichen, die Päpste Gregor Ii. und Iii. verwiesen dem
Kaiser seine Gewaltthätigkeit sehr strenge, indem sie ihm die katholische
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Extrahierte Personennamen: Leo_Iii Leo Gregor_Ii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Europas Asiens Konstantinopels Konstantinopel Europa Asien Italien Frankreich Deutschland Amerika Afrika Konstantinopel Gottes
126 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
der Beweis, daß die deutsche Nation die erste in der Christenheit sei.
Die Beschütznng des hl. Stuhles, die Verteidigung der Kirche gegen
innere und auswärtige Feinde war allerdings eine ebenso schöne als
hohe Pflicht, aber weil mit ihr zugleich die Oberherrlichkeit über Italien
verbunden war, so führte dies zu unaufhörlichen Kämpfen mit den ita-
lienischen Städten und Fürsten und mit dem Papste selbst, wenn der
Kaiser seine sehr beschränkte Gewalt ausdehnen wollte.
Papstthum und Kaiserthum.
Die Idee einer ros pulilioa ellristinnu, eines allgemeinen christ-
lichen Staatenbundes unter der Oberleitung des Papstes, gehörte ur-
sprünglich der Hierarchie an und wurzelte in den christlichen Völkern
um so tiefer ein, als die weltlichen Gewalthaber nur zu gerne die
Schranken des göttlichen und menschlichen Rechtes durchbrachen und da-
durch au die Nothweudigkeit eines höhern Richters mahnten. Das geist-
liche Oberhaupt der Christenheit erschien durch seine Unabhängigkeit
von dynastischen sowie nationalen Interessen und Leidenschaften, durch
die heiligen Pflichten, die ihm seine hohe Würde auferlegten, eigentlich
zum Vermittler und Versöhner zwischen feindlichen Fürsten oder Völ-
kern , zum gemeinschaftlichen Friedensrichter und Hüter des Völker-
rechtes berufen, und kein Mensch bestritt damals auch nur von ferne
die Berechtigung des Nachfolgers des Apostels Petrus, für die unter-
drückte Unschuld einzuschreiten und zu dem gekrönten Frevler zu sprechen
wie Nathan zu David, wie Johannes der Täufer zu Herodes. Die
natürliche Folge dieser Stellung war, daß ein ächter Papst, der nicht
gewaltsam B. durch Faktionen in Rom und Italien) in seiner
Thätigkeit gehemmt wurde, um so energischer eingriff, je mehr durch
Despotismus oder Anarchie die gesetzliche Ordnung der christlichen
Staaten gebrochen war, und darum wurde der Papst gerade in solchen
Zeiten zu dem Mittelpunkte, d^ durch seine Macht es verhinderte, daß
die christliche Weltordnung nicht in Trümmer auseinander fiel. Ein
solches Einschreiten des Papstes war ein Verdienst um die Christenheit,
was die Völker dankbar anerkannten, und darum wuchs die Macht oder
das Ansehen des Papstes gegenüber der kaiserlichen bei jedem derartigen
Ereignisse.
Gerade als die Karolinger das Werk ihres großen Ahnen zer-
störten , vollendete oder befestigte vielmehr Papst Nikolaus I. die hier-
archische Ordnung im Abendlande und erwirkte für das oberste Richter-
amt des Papstes die allgemeine Anerkennung. Auf der einen Seite
leitete er die Bekehrung der Bulgaren mit apostolischer Weisheit, auf
der andern setzte er gegen den anfänglichen Widerspruch des Erzbischofs
Hinkmar von Rheims die Anerkennung des päpstlichen oberhirtlichen
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Extrahierte Personennamen: Apostels Petrus David David Johannes Nikolaus_I. Nikolaus_I. Hinkmar_von_Rheims
Otto römischer Kaiser.
127
Rechtes über die Bischöfe durch und schützte Bürger und Senatoren
von Ravenna gegen die Gewaltthätigkeiten des Erzbischofs. An ihn
wandte sich Dietberga, Lothars U. Gemahlin, als sie von diesem un-
schuldig verfolgt und angeklagt auf einem Reichstage von den geist-
lichen und weltlichen Großen geopfert wurde, als sie auch keinen Schutz
bei Kaiser Ludwig U. fand, und der Papst half mit dem Aufgebot
aller seiner Kraft dem verfolgten und verrathenen Königsweibe zu seinem
Rechte.
Das Papstthum errang sich auf diesem Wege bei den christlichen
Völkern des Mittelalters den Vorrang vor dem Kaiserthum, was man
bildlich so ausdrückte: Wie Gott zur Erleuchtung der Welt zwei große
Lichter geschaffen hat, die Sonne und den Mond, so hat er für die
Christenheit zwei Gewalten angeordnet, die päpstliche und die kaiser-
liche; wie aber der Mond von der Sonne sein Licht empfängt, so der
Kaiser seine Weihe von dem Papste. Oder: zwei Schwerter hat Gott
für die Welt bestellt, nämlich das geistige, das empfängt der Papst
von Christus, und das weltliche, das verleihet der Papst dem Kaiser zum
Schutze der Christenheit, zur Strafe des Frevels und zum Kampfe gegen
die Ungläubigen. Deßwegen gab es auch keinen gebornen Kaiser, son-
dern der Monarch, der Kaiser sein und von den christlichen Völkern als
solcher anerkannt sein wollte, mußte die Kaiserkrone von dem Papste
empfangen.
Die Gefahr eines Streites zwischen den beiden höchsten Würde-
trägern der Christenheit lag schon nahe genug als eine Folge der
Schwächen, die jedem Menschen anhaften; sie rückte aber um so näher,
seitdem die geistlichen Würdeträger durch den Besitz von Land und
Leuten fürstliche Lehenträger der Krone geworden waren, denn bei diesem
Doppelverhältnisse konnte der Papst, wenn er in Sachen der Metropoliten,
Bischöfe und Aebte richtete oder vermittelte, leicht in das Gebiet der
Kronrechte übergreifen. Andererseits war der Kaiser der Versuchung aus-
gesetzt, die geistlichen Würdeträger ganz wie die weltlichen zu behandeln
und die kirchlichen Rechte zu verletzen, ganz gewiß aber gerieth er mit
dem Papste in einen förmlichen Kampf, wenn er sich die unmittelbare
Oberherrschaft über Italien und Rom verschaffen, die Selbstständigkeit
der italienischen Staaten vernichten wollte; denn dadurch wäre der Papst
iu die Gewalt des Kaisers gekommen, wäre als kaiserlicher Papst oder
als Diener des Kaisers von den andern christlichen Nationen betrachtet
worden und hätte auf diese Weise mit seiner Unabhängigkeit und Ma-
jestät die eine Grundlage (die weltliche, von den Weltverhältnissen be-
dingte) seiner universalen Wirksamkeit verloren. Deßwegen sprachen sich
alle andern christlichen Nationen für den Papst und gegen die Kaiser aus,
welche die kaiserliche Oberherrlichkeit über Italien mit Gewalt in die
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Extrahierte Personennamen: Otto Dietberga Ludwig_U Ludwig Christus
Extrahierte Ortsnamen: Ravenna Italien Rom Italien
168
Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Krieg gegen die lombardischen Städte (1155).
Weit schwerer als die republikanisierenden Römer waren die freien
Städte der Lombardei zu bezwingen, über die Friedrich als Nachfolger
Karls des Großen die Oberherrschaft ansprach. Diese waren seit Hein-
rich Iii. gewohnt sich selbst zu regieren, weil keiner der nachfolgenden
Kaiser im Stande gewesen war, eine feste Herrschaft über sie geltend
zu machen, und um die kaiserlichen Titel kümmerten sich die Städte
wenig. Sie waren reich durch Gewerbe und Handel, namentlich machten
die Lombarden fast alle Geldgeschäfte; hierin hatten sie nur die Juden
zu Nebenbuhlern; da diese aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden,
behaupteten die Lombarden das Uebergewicht.
Der lombardische Adel wohnte in den Städten, freiwillig oder ge-
zwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aemter. Besonders
hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche ihnen strittige Bi-
schofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen von seinen Ho-
heitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften ihnen dieselben,
so daß die Städte in der That Republiken waren. Unter ihnen waren
Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich durch Handel,
der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer Ausdehnung ent-
faltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mailand die mäch-
tigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bologna, Verona,
Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo, Padua und andere
waren reich und von einer zahlreichen und streitbaren Bürgerschaft be-
wohnt. Wären diese Städte einig gewesen, so hätten sie in jener Zeit,
wo starke Mauern fast unüberwindlich machten, der ganzen Welt Trotz
bieten können; allein sie haderten unaufhörlich mit einander. Pavia,
als die alte longobardische Königsstadt, wetteiferte mit dem stärkeren und
reicheren Mailand um den Vorrang, und dieses behandelte die kleineren
Städte, welche sich nicht unterordnen wollten, mit grausamem Ueber-
muthe. Die Bürger von Lodi baten den Kaiser um Schutz gegen Mai-
land, und dieser schickte den Mailändern ein Schreiben, in welchem er
zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie aber verspotteten das kai-
serliche Siegel, beschimpften die Boten und zerstörten das wehrlose Lodi.
Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart nicht Rache nehmen, weil
sein Heer zu klein war, doch verheerte er Mailands Gebiet bis vor die
Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und strafte die Lombarden
für ihre Tücke, mit der sie ihm überall Nachstellungen bereiteten.
Friedrich erwirbt Burgund (1156). Er züchtigt Polen (1157).
Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea-
trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Karls Friedrich Friedrich Friedrich_Bea- Friedrich
50 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
größte Theil seines Vermögens verschwand. Das Beispiel der prote-
stantischen Fürsten wirkte jedoch' merkbar auf manchen katholischen; der
Erwerb des ganzen Stiftsgutes, die Lust, auch in geistlichen Dingen zu
befehlen, war Kaisern und Fürsten ohnehin nie ganz fremd gewesen, und
mußte forthin durch das naheliegende Beispiel genährt werden.
Daö Kaiserthum war nun auch in der Idee vernichtet; was sollte
die päpstliche Krönung, die kaiserliche Schirmvogtei der Christenheit in
den Augen der Protestanten bedeuten? Gerade dies war ihnen ein
Gräuel; der Kaiser durfte eine Kirchenspaltung nicht zugeben, wenn er
seinen Eid nicht verletzen wollte, darum konnten ihn auch die Protestan-
ten nicht als Kaiser anerkennen, und damit unterstützte die Religion das
Gelüsten der Fürsten nach Selbstherrlichkeit. So brachte die Kirchen-
spaltung auch einen Riß durch die deutsche Nation; Karl V. war der
letzte Kaiser, der von dem Papste gekrönt wurde, er war auch der letzte
Kaiser nach Willen und Wirken, wie Karl der Große der erste gewesen.
Karls V. Abdankung und Tod (21. September 1558).
Karl machte noch einige schwache Versuche, seinem Sohne Philipp
die deutsche Krone zu verschaffen, aber als er bemerkte, daß die deutschen
Fürsten, katholische wie protestantische, nie darauf eingehen würden, über-
ließ er Deutschland seinem Bruder Ferdinand und ging in die Nieder-
lande. Er war krank, und noch mehr schmerzte ihn wohl das Mißlingen
seiner großen Plane: die Kirchenspaltung war nicht gehoben, Frankreich
gefährlicher als je, Solyman jeden Augenblick bereit, sich auf Wien zu
stürzen, und Karl selbst sah sich in Deutschland verrathen und verlassen.
Er fühlte es, daß seine Rolle zu Ende sei, seitdem er die Gewalt eines
Kaisers verloren hatte, darum wollte er sich für den Rest seines Lebens
zurückziehen und auf den Tod vorbereiten. Den 25. Oktober 1555
überließ er in einer feierlichen Versammlung zu Brüssel die Negierung
seiner lieben Niederlande seinem Sohne Philipp, und bald darauf ent-
sagte er dem spanischen Throne; den 7. September 1556 legte er auch
die Kaiserkrone nieder. Den 17. September 1556 schiffte er sich in
Seeland nach Spanien ein und begab sich in das Kloster St. Just bei
Placentia unweit Valladolid, wo er den 24. Februar 1557 ankam. Hier
lebte er mit wenigen Dienern in völliger Abgeschiedenheit, indem er sei-
nem Sohne nur in wichtigen Angelegenheiten erbetenen Rath gab; einen
Theil seiner Tageszeit widmete er dem Gebete oder dem Lesen frommer
Bücher, namentlich St. Augustins und St. Bernhards, oder er pflegte sei-
nen kleinen Garten, oder versuchte sich in mechanischen Arbeiten. Er starb
den 21. September 1558, seines Alters 58 Jahre, 6 Monate, 25 Tage,
betend für die Einheit der Kirche.
Karl hat noch selten gerechtes Urtheil gefunden. Die Protestanten
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TM Hauptwörter (200): [T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Karl_der_Große Karl Karls_V. Karl Karl Philipp Philipp Ferdinand Karl Karl Philipp Philipp Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Karls Deutschland Frankreich Wien Deutschland Seeland Spanien Valladolid Bernhards
Rußland.
441
der Menschenverlust wurde um so mehr empfunden, als die Bevölkerung
des Reichs ohnehin eine dünne ist, und die finanziellen Kräfte waren so
abgespannt, daß sie allein schon den Frieden als das einzige Heilmittel
rathsam machten. Unter Alerander ruhten daher von 1815 bis 1825
die russischen Waffen und die seit Peter I. traditionelle russische Politik
zeigte sich während dieses Decenniums nur dadurch, daß 1824 die Nord-
westküste von Amerika zum großen Aergeruisse der Briten und Nord-
amerikaner förmlich in Besitz genommen wurde; wie das Augenmerk der
russischen Herrscher unverrückt gegen Centralasien schaut, bewies die Ge-
schicklichkeit, mit der im gleichen Jahre 7 kirgisische und kalmückische Hor-
den sich dem chinesischen Reiche entziehen und zu russischen Schützlingen
machen ließen. Für den Ackerbau sorgte der Kaiser, insoweit dies über-
haupt ein Fürst thun kann, in dessen Lande die Mehrzahl der Bauern
Leibeigene sind. Den Ausfuhrhandel mit den Erzeugnissen des Acker-
baues, der Viehzucht, der Jagd, des Fischfangs, des Bergbaues (Hanf,
Lein, Talg, Häute, Pelzwerk, Hausenblase, Kaviar, Holz, Theer, Kupfer),
beförderte er durch weise Gesetze; die Industrie, die den Bedürfnissen
Rußlands bei weitem nicht genügte, versuchte er bereits durch die un-
mittelbare Betheiligung des Staats zu heben, indem er z. B. Wollen-
tuchfabriken auf Regierungskosten anlegte. Erst 1823 jedoch wurde durch
den Finanzminister Kankrin (einen Deutschen aus Hanau) das System
der russischen Handelspolitik in seinen Grundzügen aufgestellt, das jetzt
vollendet dasteht: Ausschließung jedes fremden Fabrikats, dessen Erzeu-
gung in Rußland nur irgendwie möglich ist; Herstellung einer einheimi-
schen Industrie nicht allein durch diese Sperre gegen das Ausland, son-
dern nöthigenfalls dadurch, daß aus den Leibeigenen Arbeiter für die
Fabriken wie Rekruten ausgehoben, gedrillt und eingetheilt werden; Ver-
schließung des alten Handelswegs nach Centralasien über Kolchis und
das kaspische Meer für alle nichtrussischen Maaren. Dadurch strebte Ruß-
land sein ungeheueres Gebiet der Abhängigkeit von fremder Industrie
zu entziehen, wie es auch andererseits als eine eigene Welt dastehen und
dem, was man in dem andern Europa den Zeitgeist zu nennen pflegt,
keine Opfergaben oder Tribute darbringen wollte. Anfangs gehörte Ale-
rander selbst der liberalen Richtung an (das beweisen die finnländische
und polnische Verfassung, die Manifeste im Kriege von 1812—15 re.),
er entzog ihr jedoch bald seine Gunst. Er gründete allerdings 5 Uni-
versitäten, 50 Gymnasien, 100 Kreis- und mehrere tausend Volksschulen,
aber er ließ den öffentlichen Unterricht streng überwachen und führte
eine scharfe Censur ein, Maßregeln, die unter seinem Nachfolger bis zur
äußersten Konsequenz ausgebildet wurden, so daß der Umfang des Wis-
sens jedem Russen der unteren Stände genau zugemessen ist. Religiö-
sen Bewegungen und Differenzen wurde er schon 1816 sehr abhold; in
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag]]
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Hanau Kolchis Europa
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Uneinigkeit hatte schon frher (um 370) dem Fürsten Jason von Pher in Thessalien den Gedanken eingegeben, sich bte Fhrerstelle in Griechenland zu erringen: aber er war einer Verschwrung zum Opfer gefallen, wie er eben im Begriffe stand, seine ehrgeizigen Plane zu verwirklichen. Diese nahm jetzt Philipp, seit 359 König von Macedonien, wieder auf. Das Knigreich Macedonien im Norden von Thessalien, ein Land von etwa 1200 ? Meilen, beherrscht von einem aus Argos eingewanderten Frstengeschlecht, das seinen Stammbaum auf den griechischen Halbgott Herakles zurckfhrte, dnn be-vlkert, wenig fruchtbar, von wilden Barbarenstmmen um-geben und noch wenig kultiviert, spielte bis dahin in der grie-chischen Geschichte nur eine untergeordnete Rolle. Philipp, 3ter Sohn des Knigs Amyntas, kommt in seinem lten Lebensjahr als Geiselnach Theben, zur Zeit der Blthe dieses Staates unter Epanimondas und Pelopidas. Zurckgekehrt besteigt er nach dem Tode seines Bruders Perdiceas den Thron, welchen er gegen eingefallene Barbarenschwrme und gegen einige Glieder des kniglichen Hauses, welche Ansprche auf denselben machen, vertheidigt und behauptet. So im eigenen Lande Herr geworden, denkt er seine Macht zu erweitern, wozu ihm tier Parteienkampf in Thessalien und Griechenland die nchste Gelegenheit gibt. Anla sich in Griechenland einzumischen, bietet ihm der 356 ausbrechende phoeische oder 3te hei-lige Krieg.
2) Der 3te heilige Krieg 356 346.
Die Ph o et er, wegen Bebauung des dem Apollo ge-Weihten Feldes vou Kirrhavom Amphiktyonengericht nn-ter thebanischem Einflu in eine unerschwingliche Geldstrafe v e r-urtheilt, greifen zu den Waffen, bemchtigen sich Del-phis und der an dieser heiligen Sttte niedergelegten Schtze und Weihegeschenke, und werben mit diesen ein stattliches Sldner-Heer. An der Spitze ihrer Gegner steht Theben: der Krieg nimmt einen wilden und grausamen Charakter an: die Sldner
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Extrahierte Personennamen: Jason_von_Pher Philipp Philipp Philipp Philipp