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oder Gesetze der Sitte und toller Uebermnt der Mächtigen" kennzeichnen die Rokokozeit, die Zeit Ludwigs Xv. von Frankreich, in dem fast alle damals lebenden Fürsten ihr Vorbild sahen.' Gleich ihm suchten sie, sich das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Wie in einem steten Rausche mußten ihnen die Tage, von denen jeder „neue Lustbarkeit, neue Zerstreuungen, neue Torheiten" zu bringen hatte, vergehen. Alles diente ihnen nur zum Zwecke des Vergnügens.
Schloß Molsdorf und sein Besitzer: Ein rechtes Muster
jener leichtsinnigen Zeit war Graf Götter1) anf Schloß Molsdorf in Thüringen. Sein Andenken lebt heute noch im Volke. Noch immer ist das Schloß mit seinem Parke ein beliebtes Ziel der wanderlustigen Erfurter, zumal im Frühling. Dann durchschreitet mancher die Gänge des Parkes, schaut die Ueberreste ehemaliger Bildsäulen und bedauert, daß durch den Zahn der Zeit die Statuen geborsten und durch den Mangel an Pflege die Anlagen verwildert sind. Er ahnt aber nicht, daß er hier nur die Reste verschwundener Pracht schaut, jener Pracht, die einst Graf Götter mit feinem Kunstsinn sür seinen Landsitz in üppiger Fülle schus.
Aeutzere Bauart: Um sich aus einem Leben nach strenger Hos-sitte in die Bequemlichkeit ländlicher Umgebung flüchten zu können, kaufte Graf Götter (1733) vom Prinzen Wilhelm von Sachsen-
^ Gustav Adolf Götter wurde am 26. März 1692 als Sohn des hzgl. Kammerrates Johann Michael Götter in Altenburg geboren. Er studierte mit gutem Erfolge in Jena und Halle die Rechte und etaatswiffenstiboften. Zu seiner weiteren Ausbildung unternahm er mit seinem Studienfreunde, dem Baron v. Münchhausen, Reisen ins Ausland. Später unterstützte er seinen Vater in Geschäften des gothaischen Hofes am Kaiserhofe in Wien und wurde hier durch seine Fähigkeiten im gesandtschaftlichen Verkehr, die Schönheit seiner Erscheinung und die Feinheit seines Auftretens bald die einflußreichste Persönlichkeit. Mit packender Beredsamkeit verstand der „donnernde Jupiter", seine Angelegenheiten zu vertreten und zu einem günstigen Abschluß zu führen. Der Kaiser und die Fürsten würdigten ihn ihres Vertrauens, belohnten seine Dienste aufs reichste und schmückten seinen bürgerlichen Namen mit Titeln und seine Brust mit Orden. 1724 erhob ihn der Kaiser in den erblichen Freiherrnstand, und König Friedrich Wilhelm I ernannte ihn zum preußischen Staatsrat und schlug ihn zum Ritter des schwarzen Adlerordens. Später wurde er sogar preußischer Minister am kaiserlichen Hofe, und König Friedrich Ii. ernannte den durch kaiserliche Huld inzwischen zum Reichsgrafen erhobenen Götter zum Oberhofmarschall und Geheimen Staats- und Kriegsrat in Berlin. Als solcher fiel ihm Die wichtige Aufgabe zu, Preußens Anspruch auf Schlesien in Wien endgültig zu regeln. Doch vermochten feine geschickten Verhandlungen, die er absichtlich in die Länge zog, ferne ausgezeichnete Beredsamkeit und selbst die Hilfe alter Freunde nicht, die Kaiserin umzustimmen. Er mußte binnen 48 Stunden Wien verlassen, und der Schlesische Krieg begann. König Friedrich, der die Erfolglosigkeit der Verhandlungen vorausgesehen hatte, hat Gotters Bemühungen trotzdem wohl gewürdigt; dankte er doch der hinzögernden Tätigkeit desselben Die Möglichkeit zur Festigung Der Kriegsstellung in Schlesien. Den Friedensschluß Des Siebenjährigen Krieges, Durch Den Schlesien Preußen als neue Provinz einverleibt wurde, sollte Graf Götter nicht mehr erleben. Am 28. Mai 1762 rief ihn Der Tod aus Dem Leben, Das ihm in reichem Maße Glück und Freude, aber auch manche Enttäuschungen und Seiden gebracht hatte.
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs_Xv._von_Frankreich Ludwigs_Xv. Graf Graf_Götter Wilhelm Gustav_Adolf_Götter Gustav Adolf Kammerrates_Johann_Michael_Götter Johann Friedrich_Wilhelm_I Friedrich Wilhelm Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Gotters_Bemühungen Graf_Götter
Extrahierte Ortsnamen: Molsdorf Molsdorf Thüringen Altenburg Jena Wien Berlin Wien Wien Schlesien
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schafl schon Anteil an der Leitung der städtischen Angelegenheiten und ließ ihn durch ihre Vertreter ausüben. Um die Mitte des 13. Jhrhdts. war der Stadtrat bereits unabhängig von Mainz und vom Erzbischof anerkannt. Er bestand aus 14 Personen, den Konsuln, die aus ihrer Mitte zwei Ratsmeister als Vorsteher wählten. Nach Verlauf von je vier Jahren wurde der alte Rat zumeist wiedergewählt, wie es aus den Aufzeichnungen jener Zeit ersichtlich ist. Neben dem „sitzenden Rat" war also ein „weiterer Rat" vorhanden, der freilich nur bei besonderen Anlässen in Tätigkeit trat. 1283 wurde durch eine Erhebung der Handwerker gegen die Gesrunden die Zahl der Ratsmitglieder aus 24 erhöht und ein fünffacher Trausitus (Wiederwahl nach 5 Jahren) gebildet. Jeder Rat bestand aus 14 von den Geschlechtern und 10 von den Zünften. Er hatte geschickt viele erzbischöflichen Rechte an sich gebracht. So besaß er seit 1289 die Polizeigewalt; er konnte Angeklagte verhaften und in den Gefängnissen unter dem Rathause (erbaut um 1250) verwahren lassen. Auch hatte er das Steuerrecht auf alles Eigentum, auf Wein, Bier und alles, was sonst noch der Besteuerung unterliegen kann. Er konnte das Aufgebot der Bürger erlassen, die Stadtmauern erhallen und verteidigen und über die Stadtkasse verfügen. Ihre Füllung wurde ihm leicht, da er von dem Geld bedürftigen Erzbischof Gerhard Ii. von Eppenstein das Recht der Münzprägung und der Zollerhebung zuerst auf 6 und dann auf weitere 14 Jahre (bis 1305) gepachtet hatte.1)
Durch die Weiterverpachtung dieser Rechte an Mitglieder der Gesrundensippe aber kam es bald zu innerem Zwist. Sie trieben mit der Zollerhebung Mißbrauch, ließen sich bei der Münzprägung Unredlichkeiten zu schulden kommen und waren parteiisch beim Rechtsprechen. Außerdem behandelten sie die einfachen Bürger nur noch wie Hörige. Sie legten um geringer Ursache willen Verhaftete solange in den Block, bis sie lahm waren, oder ließen ihnen Hände und Füße abhauen. Selbst die barbarische Strase des Augenausstechens verhängten sie ohne hinreichende Ursache. Das alles kam der aus den Umsturz der Rats'versassuug hinarbeitenden Partei der Zünfte im höchsten Grade gelegen. Ihr Wühlen und Aufreizen trug bald die besten Früchte. Dazu kam noch, daß die äußeren Feinde der Stadt den Unfrieden zwischen Rat und Gemeinde schürten. Landgraf Friedrich schrieb der Gemeinde, daß er nicht mit ihr, sondern mit dem Rat, der ihm sein Eigentum widerrechtlich vorenthalte, Krieg führe. Gegen Ende des Jahres 1309 kam es zu offenem Aufruhr der Gemeinde gegen den Rat, dem nichts anderes übrig blieb, als die Forderungen der Zünfte zu gewähren. So billigte er zur Sicherstellung der Rechte der Gemeinen die Wahl von vier Männern aus deren Mitte (Januar 1310). Sie, die Viere von der Gemeinde, unsere Herren die Viere .
0 Am 16. Nov. 1354 kaufte der Rat für 3000 Mark Silber die Münze.
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Extrahierte Personennamen: Gerhard_Ii Eppenstein Friedrich Friedrich
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noch erhalten. Er liegt in der Augustinerkirche unmittelbar vor den Stufen des Altars. Auf ihm empfing Luther feine ersten Weihen (f. Luthers Aufenthalt im Kloster, Nr. 38c). — Der Reichsversammlung in Konstanz wohnten mehrere Erfurter Ratsherren bei, doch haben sie sich nicht an den Sitzungen beteiligt. Ueber-hanpt war dem Rat wenig daran gelegen, Erfurt als Reichsstadt bezeichnet zu sehen. Er wollte nicht, daß die Stadt zu den großen Kriegsleistungen herangezogen wurde, und lehnte darum alle weiteren Einladungen zur Beschickung von Reichstagen mit folgender Begründung ab: „daz unser stait Erffurt keyn rych stait nicht en ist unde wir an daz riche auch nicht gehören, sundern an unsern gnedigen hern von Mencz unde sinen stifft, als daz kuntlich und uffenbar gnug ist.“ Dadurch freilich hat die Stadt selbst für die späteren Streitigkeiten mit dem Mainzer Stift bezüglich des Herrscherrechtes über Erfurt den Mainzer Rechtsgelehrten das beste Beweismittel in die Hand gegeben. — Wie hoch man die Macht der Stadt einsetzte, das beweisen am besten die Bündnisse, welche benachbarte Städte und Fürsten mit Ersurt zu schließen suchten; auch vertraute man ihr in dem drohenden Hussitenkriege die gemeinschaftliche Kriegskasse an. — Von ihrem Reichtum gab die Stadt oft öffentlich Zeugnis durch die glänzenden Feste, die sie feierte (s. 1. Die große Prozession, Nr. 35 n. 2. Schützenseste und Turniere, Nr. 36).
Beginnender Niedergang: Der sächsische Bruderkrieg, der
von der Stadt noch so rühmlich geführt wurde, war der Wendepunkt ihres Glückes. Es rächte sich jetzt, daß sie es versäumt hatte, Reichsstadt zu werden. In den Streitigkeiten um die gegenseitigen Rechte, welche Ersurt mit dem Erzbischos Dieter von Mainz auszusechten hatte, gelangte sie nicht zum Siege. Zwar vermochte sie den Einritt des Erzbischofs zu hindern (s. Das Einreiten der Erzbischöfe, Nr. 30), auch baute sie gegen den Willen desselben die Eyriaksburg. Aber der Schaden, welchen er der Stadt zufügte, war weit größer. Er schloß mit dem Kurfürsten Ernst von Sachsen ein Bündnis unter dem Versprechen, daß dessen Sohn Albert einst sein Nachfolger auf dem erzbischöflichen Stuhl werden sollte. Dafür begann der Kurfürst sofort, der Stadt den ausgedehnten Handel zu unterbinden. Er sperrte den Erfurtern feine eigenen Straßen und veranlaßte andere Fürsten, dasselbe zu tun. Als dann bald daraus Herzog Wilhelm von Thüringen starb und Kurfürst Ernst sich mit seinem Bruder Albert in die herzoglichen Länder teilte (1482), sperrte er auch die Thüringer Straßen, so daß die Zu- und Abfuhr gänzlich stockte. Noch ungünstiger wurde Erfurts Lage, als Erzbischof Dieter in demselben Jahr starb und Albert, des Kurfürsten Sohn, sein Nachfolger wurde. Ohne zu zögern, schickte sich jetzt Kurfürst Ernst an, aus dem heimlichen Krieg einen offenen zu machen, so daß dem Rat nichts weiter übrig blieb, als mit Mainz und Sachsen Frieden zu schließen
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Extrahierte Personennamen: Mencz Dieter_von_Mainz Ernst Albert Wilhelm Ernst Albert Dieter Albert Ernst
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Wegen der Beule, die auf der Burg gemacht worden toat,
kam es in der Stadt zu einem Streit, indem die Söldner alles
für sich beanspruchten, während die beteiligten Bürger auch ihren
Anteil verlangten. Nur mit Mühe konnte der Rat die Parteien
besänftigen. ^
Bald darauf trat die Stadt die Wachfenburg an ihren Eigen-tiinier, den Herzog, ab, wofür dieser das von ihm eroberte Kapellendorf zurückgab, welches die Stadt (1446) unter der Bedingung der Straßensicherheit und der Offenhaltung für ihre Truppen auf eine Reihe von Jahren dem Apel von Viztum wiederkäuflich überlassen hatte. «Nach Prof. Dr. Earl Beyer.)
30. Das Einreiten der Erzbischöfe.
Seit der Zeit, von welcher es einen Rat gab (Mitte des 13. Jhrhdts.), konnte der Erzbischof bei feiner ersten Ankunft in Thüringen nicht mehr ohne weiteres in Erfurt einreiten. (Stst mußte er alle Freiheiten und Gewohnheiten anerkennen, ehe ihm ein Ehrbarer Rat das Recht des Eintritts gewährte.
War der Erzbischof in Heiligenftadt, wo ihm das Eichsfeld huldigte, angekommen, so erschien vor ihm eine Gesandtschaft dcs Erfurter Rates und überbrachte zwei Faß Wein. Sie wurde von einem der vier Domherren des Mainzer Kapitels, die den Erzbischof begleiteten, mit folgenden Worten begrüßt: „Liebe Ge-
treue! Wir bringen Euch unfern gnädigsten Herrn von Mainz, den wir einträchtiglich gekoren haben und der von unserem heiligen Vater, dem Papst, bestätigt worden ist, daß ihr ihn als Euren gnädigen Herrn aufnehmt." Darauf erteilte der Wortführer der Gesandtschaft folgende Antwort: „Gnädige, liebe Herren! Wir sind willig, unfern gnädigen Herrn von Mainz aufzunehmen, doch also, daß er die Stadt Erfurt läßt bleiben bei aller Gerechtigkeit und Freiheit, die sie von unfern heiligen Vätern, den Päpsten, und allen unfern gnädigsten Herren, den Kaisern, und den Bischöfen von Mainz hat, und daß er uns und die Unfern bei der Stadt Erfurt Gewohnheit und Recht läßt bleiben und getreulich helfe, uns die zu erhalten und behalten."
War die Zusage erfolgt, so reifte der Erzbischof zunächst bis Ilversgehofen weiter. Dort hielt er eine Messe und empfing al» Geschenk aus den Händen einer Abordnung des Rates ein Pallium (erzbischöfliches Gewand) und zwei Pelzhüte. Nach Wiederholung des Versprechens erfolgte dann der Einzug durchs Johannestor, die Johannesstraße, den Anger und die Lange Brücke. Der Erzbischof trug dabei den Kurfürstenhut und den Mantels Er war von einem glänzenden Gefolge umgeben und ließ sich Schwert und Kreuz vorantragen. War der von Geistlichkeit und Bürgerschaft begleitete Zug am Fuße des Petersberges angelangt, so wurde
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Das Unkraut überwucherte die Fluren, und die Wölfe wurden auch bei uns auf dem Lande so gemein, daß sie des Abends auf den Höfen und unter den Fenstern umhergingen und Speise suchten wie die Hunde. Niemand durfte dann allein ausgehen, um nicht von ihnen angefallen zu werden. Auch die wilden Schweine liefen im Felde umher, als ob sie geweidet würden.
Roheit der Jugend und Aberglaube: Besonders schlimm stand es um Kirche und Schule. Die Schuljugend lies auseinander und blieb ohne Unterricht. Ein ganzes Geschlecht wuchs in dieser fried- und ruhelosen Zeit fast ohne Unterweisung auf, zumal auf den Dörfern. An die Stelle von Bildung traten Unkenntnis und Roheit, an die Stelle von Glauben Unglaube und Aberglaube. So lesen wir in der Chronik von Falckenstein:
„Anno 1641 liess sich im Junio zwischen der Stadt Erffurth
und der Cyriakus-Burg, in einem stehenden Quell-Wasser Blut sehen, dergleichen zur Ankunft des Königs in Schweden, und als der General Baner die Stadt occupirt, an selbigen Ort auch gesehen worden. Der damahlige Kommandant liess es biss auf den Grund ausschöpfen, und den Ort bewachen; es wurde aber nichts destoweniger andern Tages in vieler Leute Gegenwart, und noch öffters hernach Blut gesehen.“
Erfurts Niedergang: Großes Elend herrschte aus den
Dörsern und bitterste Not in der Stadt. Die mehrere Millionen Taler betragenden Kriegsabgaben, welche an Freund und Feind, an die Schweden und Kaiserlichen und vor allem an den Landesherrn, den Kurfürsten von Mainz, geleistet werden mußten, hatten das Vermögen der Stadt und ihrer Bewohner verschlungen. Die Kassen füllten sich auch nicht wieder. Bei der Unsicherheit der Straßen und dem Mangel einer kaufkräftigen Bevölkerung war in den 30 langen Kriegsjahren der Erfurter Handel zugrunde gerichtet worden, und mit dem Gelde hatten die Erfurter Kaufleute auch den Mut und die Lust zu neuen Unternehmungen verloren. Aus der reichen Handelsstadt, die Erfurt noch vor dem Kriege gewesen war, war eine einfache Landstadt geworden.
Selbst den einzigen Vorteil, den die Stadt beim Friedens^ schluß erhofft hatte, erlangte sie nicht. Die eifrigen Bemühungen des Rates, Erfurt zur freien Reichsstadt zu machen, blieben ohne Erfolg, trotzdem sie von den Schweden kräftig unterstützt wurden. Schuld daran hatten die beiden alten Nebenbuhler um den Besitz der thüringischen Hauptstadt, Mainz und Sachsen ls. S. 116). Dieses bekämpfte sowohl Erfurts Bestrebungen, als auch die Ansprüche des Mainzer Erzstifts, jenem aber stand der schlaue Staatsmann Johann Philipp von Schönthal vor, der allmächtig beim Kaiser war. Seinen Bemühungen gelang es, daß Erfurt mainzisch blieb. (Nach Prof. A. Kirchhoff.)
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Extrahierte Personennamen: Johann_Philipp_von_Schönthal Johann Philipp A._Kirchhoff
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zur Residenz, das dadurch fast ein Jahr des Deutschen Reiches Hauptstadt wurde.
Ankunft: Am 14. Dezember 1289 hielt der König mit einem glänzenden Gefolge von Fürsten und Edelleuten seinen Einzug. Er selbst trug nur das gewohnte schlichte Gewand, das mächtig gegen die herrlichen Waffenrüstungen und bunten Wappenschilde seiner Begleiter abstach. Trotzdem ruhten aller Blicke aus ihm, dem langen, hageren Mann, dessen blasses Gesicht mit der gewaltigen Adlernase so freundlichen Auges die Menge anblickte. Auf seine schon bewährte Regentenkraft fetzten die fo übelgeplagten Erfurter und Thüringer, sür welche die kaiserlose, die schreckliche Zeit noch immer nicht zu Ende war, ihre letzte Hoffnung.
Erste Taten: Sie wurde auch erfüllt. Kaum waren die
Jubelgesänge zum Empfange in der Domkirche verklungen, da rückten auf König Rudolfs Befehl die streitbaren Bürger Erfurts mit den Rittern über die Schneefelder nach dem Thüringer Walde zu aus. Sie wollten dem strengen Landfriedensgebote Achtung verschaffen. Und schon am 20. Dezember wurden 29 Raubritter, die man auf der lustigen Ausfahrt in Ilmenau gefangen batte, auf dem Rabenstein hingerichtet. Vor solchem Ernst zerstoben die Wegelagerer und Raubburg-Jusassen gar bald und brachten ihren Hals in Sicherheit. Damit ihnen aber die Lust zur Wiederkehr auf lange Zeit verging, erließ der König am 12. März 1290 an Ritter und Volk innerhalb und außerhalb des Erfurter Weichbildes das Aufgebot zum Niederreißen der etwa 66 Raubburgen, in welchen sich hauptsächlich das sriedhässige Gesindel barg. Außerdem gelang es dem Könige, Frieden zwischen dem Thüringer Landgrafen Albrecht dem Unartigen und seinen Söhnen zu stiften. Dadurch wurde der eigentliche Herd des Unfriedens, ans dem sich nur zu oft die Fehdelust im ganzen Lande entzündet hatte, zerstört. Leider dauerte die Einigkeit nur bis nach dem Tode Rudolfs. Ferner stellte der König das Landfriedensgericht wieder her, das unter dem Vorsitze des Landfriedenshauptmannes mit 12 Land-friedenspflegeru als Beisitzern über alle Fälle von Landsriedens-brnch urteilte. Dazu rechnete man selbst unbefugte Erhebung von Zoll und Geleit, unberechtigte Münzprägung, Hehlerei, unbefugtes Waffentragen und unbefugte Pfändungen. Das Gericht konnte Abbruch von Burgen anordnen, die Landesacht verhängen und Landstreicher ausweisen. Zn seiner Erhaltung schrieb Rudolf eine Steuer aus, zu welcher ganz Thüringen, Klöster und Kirchen nicht ausgenommen, beisteuern mußten.
Der Reichstag: Auf den Weihnachtstag des Jahres 1289
hatte der König einen Reichstag in Erfurts Mauern anberaumt. Aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes strömten darum die geistlichen und weltlichen Großen zusammen, und die Erfurter hatten in diesen Tagen manche Augenweide. So sahen sie den Thüringer Landgrafen Albrecht friedlich neben feinen Söhnen
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Extrahierte Personennamen: Rudolfs Ernst Albrecht Albrecht Rudolfs Rudolf Rudolf Albrecht
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Geldnot befand, die Mühlburg, auf der nun weit über 200 Jahre Erfurter Amtleute saßen und mit einer Anzahl Reisigen für die Sicherheit der Straßen sorgten. Da sich Erzbischof Gerlach aber das Aviederkaufsrecht vorbehalten hatte, forderte 1592 einer seiner Nachfolger, Erzbischof Wolfgang, die Burg zurück und überließ sie dem Herzog Wilhelm von Sachsen, der sie ohne weiteres den Erfurtern abnahm.
Lage und Einrichtung: Tie Mühlburg ist eine der ältesten Burgen Thüringens. Sie wird urkundlich schon im Jahre 704, als dem Bischof Willibrord von Utrecht gehörig, erwähnt. Dieser hatte sie mit anderen Orten von einem Thüringer Herzog Heden geschenkt erhalten. Heute ist sie nur noch ein Trümmerhaufen, aus dem der etwa 25 Meter hohe Bergfrit als der letzte Zeuge einstiger Pracht hervorragt. Gegen Ende des Mittelalters war sie, wie aus alten Beschreibungen hervorgeht, von bedeutendem Umfange und sehr stark befestigt.
Sie erhebt sich auf dem westlichen Ende der Schloßleite, eines langen, licht bewaldeten Höhenzuges, der von der Wachsenburg herüberführt. Am Fuße des hier ziemlich steilen Bergzuges liegt der Marktflecken Mühlberg, der vor Jahrhunderten selbst mit einer Ringmauer und einem Graben befestigt war, wie vorhandene Reste beweisen. Einige altertümliche Gebäude, teils vom ehemaligen Mainzer Hofgut, teils von kleineren Lehengüter herstammend, zeugen ebenfalls noch von der Stärke und Bedeutung des Ortes in früherer Zeit. Am Fuße des Burgberges steht auch noch eine Linde, umgeben von einer Steinbank. Hier hielten in früheren Zeiten der Erfurter und dann der Mainzer Vogt Gericht über geringe und schwere Vergehen, wobei die bäuerlichen Schöffen das Urteil fanden. Hier läßt auch Gustav Freytag in feinem Nest der Zaunkönige" das Gericht des Königs Heinrich tagen.
„Dort wurde innerhalb gezimmerter Schranken dem König der Richterstuhl erhöht und Sitze für die Großen des Reiches, welche in feinem Gefolge ritten. Die Diener breiteten Teppiche und Polster auf das Holzwerk, das Banner des Königs ward aufgestellt, der Rufer trat an den Eingang des Geheges und die Leibwächter schritten mit ihren Spießen in die Runde, das versammelte Volk abzuwehren. Nachdem dann der Ruser Stille geboten und des Königs Gericht nach den vier Winden ausgerufen hatte, setzte sich der König auf den Richterstuhl und ergriff den weißen Stab, an welchem das goldene Königszeichen einer Lilie ähnlich glänzte."
Die Burg selbst war von einer doppelten Ringmauer mit Zwinger umgeben, wodurch ein Eindringen von den steilen Abhängen des Burgberges her unmöglich gemacht wurde. Gegen einen Angriff von der Schloßleite schützte der tiefe Graben und die Torbefestigung, ein starker, viereckiger Turm, von dem keine Reste mehr vorhanden find. Ueber den Graben führte eine Bogen-
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Extrahierte Personennamen: Gerlach Wolfgang Wilhelm Willibrord Willibrord Gustav_Freytag Gustav Heinrich
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peitschen u. bergt, fanben ihre Erlebigung am Henkerhaus auf dem Markt vor den Graben. Nach Beenbignng der Bestrafung würden die Verurteilten für immer aus der Stadt verwiesen. Zuchthäuser kannte das Mittelalter nicht. Die der menschlichen Gesellschaft gefährlichen Mitglieber beseitigte man durch den Tod; solche Leute zu bessern, baran buchte niemanb. — Mit der eigentlichen Rechtsprechung hatte der Rat nichts zu schaffen. Das Gericht, das Urteilsprechen, die Strafvollstreckung und die Stellung des Henkers waren des Erzbischofs Sache. Nur die Verhaftung war allmählich an den Rat übergegangen, das Einsperren in die Tem-nitz und das peinliche Fragen. Zuletzt aber zeigte sich das mainzische Gericht so unselbstänbig, daß es des Rates Urteil ohne nähere Untersuchung bestätigte.
Außerhalb des Hauses: Abenbs gingen die Bürger in die Kneipen ober Tabernen. Das waren cntweber Wirtshäuser, wo auch Frembe wohnten, ober die Gaststuben der Biereigen, bic nicht nur das Recht des Bierbrcmens, fonbcrn auch des Bierausschankes hatten. Die Unterhaltung würde sehr laut geführt, utrxb cs kam babei leicht zu heftigen Zusammenstößen. Drum hatte der Rat das Mitbringen von Waffen verboten, das sonst das Recht der Bürger und ritterlichen Frembcn war. Auch das Spiel gestattete der Rat nicht, weil cs bic Ursache zu Raufereien und tätlichen Angriffen war. Um 9 Uhr forberte der Wirt die Gäste zum Nachhaufegehen auf und zog den Strohwisch ober Kranz, (noch an manchem Biereigenhaufe sichtbar) das Zeichen der Schankgerechtigkeit, ein, das er durch Die Luke neben der Haustür herausgesteckt hatte. Spätere Gäste nahm die Nachtwache fest. —
Nach 9 Uhr im Winter und im Sommer nach 10 bürste sich niemanb mehr ohne Licht ober Laterne auf der Straße blicken lassen. Die Nacht war verrufen und ein Nachtlnanbler verbächtig. Er mußte im Parabiese (Gefängnis), wohin er von der Nachtwache gebracht würde, am andern Tage ein langes Verhör vor feiner Entlassung aushalten. Nur Aerzte, ober wer sich ausweisen konnte, bürste ruhig seines Weges ziehen.
Kleidermode: Besonbers ergötzlich schilbert Stolle bic der-
schwenberischen Kleibennobcn der bantaligen Zeit. Im Jahre 1410 trugen die Männer noch vorn zugeknöpfte Röcke mit gestickten Aer-meln. Einige trugen auch Barchentjoppen, niemanb aber lange Hofen, sonbern jeberrnann halblange, die am Knie zugebunben waren, und barüber einen Mantel ohne Schnürwerk. Die Frauen trugen Röcke mit Kragen, die bis zum Halse hinaufreichten, und Schuhe ohne Schäfte. Die Mäbchen trugen das Haar züchtig in Zöpfen, mit wenig Bänbern burchflochten. Auch trug man in jenen Zeiten noch die schon im 14. Jahrhundert üblichen Schnabelschuhe, die aber im 15. Jahrhundert spitz und säst ellenlang waren. — Plötzlich, zwischen 1480 und 1490, gab man sie auf, ging aber ins Gegenteil über, nämlich zu breiten, fast entenschnabelförmigen,
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war im Rat die Hoffnung gekeimt, daß Erfurt doch noch eine Reichsstadt werden könne. Aber trotz aller Anstrengungen der Er-surter Abgesandten brachte der Friedensschluß zu Münster 1648 nicht die Erfüllung dieser Hoffnung. Erfurt blieb beim Mainzer Stift, dessen staatskluger Erzbischof Johann Philipp von Schönborn die Stadt bald ganz unter seine Herrschaft zwang.
Restitution (Mainz erlangt seine alten Rechte zurück): Die durch die Lasten des 30jährigen Krieges und die Stockung von Handel und Gewerbe verarmte Bürgerschaft geriet wie vor 150 Jahren in einen heftigen Streit mit dem Rat, dem sie Ueber-schreitung seiner Befugnisse, Uebermut gegen die Bürger und Mißbrauch der allgemeinen Not zu eigenem Vorteil zum Vorwurf machte. Sie verlangte wie damals (1309) die Einführung der Vierherren-Wahl und eine Stadtregiernng, wie sie die sogenannte Regimentsverbesserung von 1510 vorgesehen hatte. Es war nämlich im Laufe des Krieges üblich geworden, neben den alljährlich wechselnden Räten eine Anzahl der vornehmsten Mitglieder, die sogenannten Aeltesten, beizubehalten. Man wollte stets Männer an der Spitze haben, die in den schweren Zeiten mit dem Gange der Geschäfte vertraut waren. Die Aeltesten hatten aber zuletzt die Herrschaft ganz an sich gerissen und schalteten und walteten ausschließlich nach eigenem Ermessen. Anfangs widersetzte sich der Rat den Forderungen der Bürger. Später aber gab er zu, daß Abgeordnete gewählt wurden, die an der Regelung der öffentlichen Verhältnisse teilnehmen sollten. Ferner erhielt der kaiserliche Ausschuß den Auftrag, den Streit zwischen Rat und Bürgerschaft zu schlichten. Er war auf Verlangen des Erzbischofs zur Berichtigung seiner Ansprüche, die er auf Grund der Restitution an Erfurt gestellt hatte, eingesetzt worden. Es gelang ihm auch, die Streitigkeiten zu beseitigen und eine Vierherrnwahl zu Gunsten der Bürgerschaft herbeizuführen (Wahl des ehemaligen Rektors der Andreasschule, Volkmar Limprecht, zum Obervierherrn). Aber bald loderte die Flamme der Zwietracht von neuem empor. Die Forderung des Erzbischofs um Ausnahme in das Kirchengebet bildete den Zündstoff für den neuen Streit, der zum zügellosesten Volksaufruhr wurde, und in dem wie ehemals einzelne für Mainz, andere für Sachsen Partei ergriffen. Obervierherr Limprecht, bislang ein Liebling des Volkes und Parteigänger des Erzbischofs, wurde ins Gefängnis geworfen und nach greulichen Mißhandlungen vor dem Rathaufe enthauptet. Der Stadtfvndikus (Rechtsrat) Abianus und andere, die auf der Seite Sachsens standen, konnten sich vor gleichem Schicksal nur durch die Flucht retten, während das Volk ihre Häuser und Gärten zerstörte. Sogar ein kaiserliches Friedensgebot blieb ohne Wirkung. Da traf die Stadt die Reichsacht. Statt aber die Bürger zu beruhigen, erregte die Achterklärung ihre Wut noch höher. Sie vergaßen sich soweit, den kaiserlichen Herold zu verhöhnen und
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Extrahierte Personennamen: Johann_Philipp_von_Schönborn Johann Philipp Volkmar_Limprecht
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erleichtern und „durch die Häuser der Reichen laufen", um Hab und Gut zu nehmen.
Der Rat verhandelt mit den Bauern: Darüber waren
Rat und Bürger in großer Angst, zumal die Zahl der Bauern, die aus Kerspleben, Tonndorf, Kirchheim und Mühlberg herbeieilten, von Tag zu Tag wuchs. Am 28. April glaubte man, das Schlimmste befürchten zu müssen, da mehr als 4000 Bauern in Aufruhr vor dem Außentor der Stadt lagerten. So faßen denn an diesem Tage Rat und Bürgerschaft schon seit dem frühen Morgen in eifriger Besprechung aus dem Rathaus zusammen. Doch niemand wußte ein und aus, zumal auch die von auswärts, von den sächsischen Fürsten, erbetene Hülfe sernblieb. Ta erschien auf einmal, wie gerufen, ein Nothelfer in der Person des beim Volke sehr beliebten Predigers Hans Eberlin von Günzbnrg. Sofort redete ihn ein Ratsherr an: „O Herr, tut an uns als ein Bie-
dermann; Ihr könnt Wohl helfen."
Ohne sich lange zu besinnen, übernahm Günzburg das schwierige Amt. Mit mehreren Begleitern, befreundeten Predigern und Ratsherren, giug er zum Augusttor, um die Vortorer zu beruhigen. Von der Mauer neben dem Torturm ries er ihnen seine Worte zu. Er ermahnte sie herzlich, Ruhe zu halten; denn die Schmach sei groß, welche sie mit ihrem Ausruhr dem Evangelium auflegten. Zum Schluß rief er: „So leget euer Banner nieder
und hebet zum Zeichen des Friedens eure Hände empor!" Die Menge war gerührt, auch nicht einer widersprach. Alle taten gehorsam, was er verlangte. Darüber war niemand froher als die geängsteten Ratsherren, da sie glaubten, mit den Bauern leichteres Spiel zu haben. Um sie günstig zu stimmen, hatte ihnen der Rat schon am Abend vorher fünf Faß bestes Erfurter Bier und fünf Wagen mit Brot ins Lager geschickt. Hans Baltzer, der Wirt zum grünen Schild (Marstallstraße), hatte mit seinen Knechten den gefährlichen Auftrag ausgeführt. Doch die Sendung hatte nicht den Erfolg, den der Rat erhoffte. Statt der hungrigen und durstigen Menge durch die Füllung des Magens die Güte eines Ehrbaren Erfurter Rates vor Augen zu führen, halle das Bier die Köpfe nur noch mehr erhitzt, die Sinne nur noch begehrlicher gemacht. Noch beim Umtrunk der guten Erfurter Schlunze setzten die Bauern in selbiger Nacht die obengenannten Beschlüsse sest, die heute zur Ausführung kommen sollten. Auch war man einig geworden, falls der Rat nicht gutwillig das Tor öffnen würde, es mit Gewalt zu nehmen.
Zum Glück für die Stadt trat aber in letzter Stunde eine Verzögerung ein. Gerade als die Vorstädter den Andringenden das Spielbergtor gewaltsam öffnen wollten, erschien im Lager der Bauern der Stadthauptmann Hoff. Seiner Überredungskunst gelang es, Tunger, einen der Hauptansührer der Bauern, zu bestimmen. nichts gegen den Rat zu tun und nicht ohne dessen
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