Die Lüneburger Heide an der mittleren Luhe. Im Gegensatze zu den beträchtlichen Hügeln an der oberen Luhe zeigt hier die Landschaft eine
sanftwellige Form. In ihrer tiefsten Rinne führt der Flutz seine stets klaren Wasser in Schlangenwindungen durch saftige Wiesen der Ilmenau zu. Wo der
Sandboden lehmhaltig ist, liegen im Windschutze knorriger Eichen, öfter umhegt mit einem Walle von Findlingsblöcken, stets umgeben von Wiesen und Äckern,
niedersächsische Langhäuser. Sie bilden zugleich Wohnstätte, Viehstall und Scheuer der mühsam arbeitenden Heidebauern. Der Schäfer treibt seine Herde auf
die feuchteren Landstriche, wo Binsen, Sauergräser und Sumpfheide (Erica) lockert. Die kiesreichen Stellen schmückt im Frühling gelbblühender Ginster, der
jetzt im Mittsommer dunkle Schoten trägt. Nun ist die Heide am schönsten. Sie schimmert und duftet im Purpurgewande des blühenden Sandheidekrautes
(Calluna), soweit das Auge über die menschenleere, mit silberstämmigen Birken, Eichen, Wacholdern und hier und dort mit Kieferngehölzen bestandene Fläche dringt.
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Höhenvegetation am Roßstein (1700 m) bei Vad Kreuth in den Vahrischen Alpen. Frühlingsbilö.
Vis etwa 1500 m reichen in den nördlichen Alpen die Laubwälder. Fichte, Lärche, Arve steigen gegen 2000 m in geschützten Lagen empor, bis ihre spärlicher
werdenden Vorposten im Kampfe gegen Wind, Schnee und Frost verkrüppeln („Wetterfichten"). Latschen und Zwergsträucher (Alpenrosen), Matten aus Gräsern und
blütenprächtigen Pflanzen breiten sich aus, wo Bodenkrume ist. Endlich erscheinen auf dem Felsboden nur noch verstreute, runde Polster aus Moosen und Flechten.
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A. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge. — 1. Die Alpen.
163
bald abwärts rücken. Der von W nach 0 streichende Teil des Gebirges stellt
in seinen nördlichen und südlichen Randgebieten zwei nach ihrem Klima und
daher auch nach ihrem Pflanzenwuchs grundverschiedene Landschaften
dar. Diese große Verschiedenheit tritt besonders in dem Kulturgürtel der
niederen Tallagen hervor. In den nördlichen Alpentälern reifen Getreide
und Obst, an den Ausläufern bei Wien und 'in der Schweiz lohnt der Wein-
bau. In dem gegen die Nordwinde geschützten 8 bewirken milde, zur Heiluug
von Lnngenkrankheiten günstige Winter sowie die vor allem im Sommer-
geringeren Niederschläge und die größere Sommerhitze, daß in den tieferen
Lagen feurige Weine, deren Trauben auch zur Kur dienen und weithin ver-
schickt werden, und edles Obst, ferner Maulbeerbäume, Feigen, Zypressen und
andere italienische Gewächse gedeihen. Als Brotfrucht wird hier vorwiegend
Mais gebaut.
Auf die Kulturlandschaften folgt aufwärts ein Gürtel vorherrschenden
Waldes. Zunächst überwiegt Laubwald. Seine Buchen, Ahorne und Eichen
treten jedoch mit zunehmender Höhe immer mehr als Einsprenglinge in den
dichten Beständen hoher und sehr harter Nadelhölzer auf und verschwinden
im N in etwa 1300 m, im S in etwa 1550 m Höhe. In den Nadelwäl-
dern, die 500 bis 700 m höher hinaufreichen, bestehen die Zirbelkiefer oder
Arve und die Lärche den Kampf gegen Kälte und Wind am längsten. Weiter
nach oben erscheinen vielfach Streifen niedrigen Gebüsches, das die der Sonnen-
bestrahlung entzogenen Berghänge oft ganz besetzt. Es wird zum Teil von
Alpenrosen, vorzugsweise aber vou den etwa mannshohen Polstern der Leg-
söhre oder des Krummholzes gebildet.
Oberhalb der Waldgrenze breitet sich im N wie im S von 1800 bis 2500 m,
ja in günstigen Lagen bis 3000 m, der Gürtel der Almen aus. Wo hier der
verwitterte Fels Bodenkrume gebildet hat, bedeckt sich die Erde mit nahrhaften
Gräsern und Kräutern und ermöglicht die Almenwirtfchaft der Senner und
der Sennerinnen. Im Frühjahr treibt der Hirt zu den „Niederlegern", den
niedrigern Almeu, im Hochsommer zu den „Oberlegern", wo er nur wenige
Wochen bleibt, um im Herbst wieder zu den „Niederlegern" und im Winter
ins Tal zurückzukehren. So bedingt die Almenwirtschaft einen Zustand be-
grenzten Nomadentnms, an dem oft ganze Ortschaften teilhaben. Almenreich
sind besonders die Algäner und die Schweizer Alpen; dort werden daher
besonders geschätzte Rindviehrassen gezüchtet. Viel höher als die zusammen-
hängenden Grasflächen reichen die immer dürftiger an Wuchs, doch immer
farbenkräftiger werdenden Kräuter und Blumen hinauf bis in Gegenden, wo
der Schnee nur auf wenige Wochen im Jahre schwindet.
Die höchsten Gebirgslagen der Alpen sind Fels- und Eiswüsten.
Den schneefreien Fels und die Schutthalden bekleiden ärmliche Flechten
und Moose, Blütenpflanzen fehlen fast gänzlich; das Tierleben ist nahezu
erstorben. Aber auch das Gebiet des ewigen Schnees ist wirtschaftlich schon
deshalb wichtig, weil es in der trocknen Sommerzeit die Flüsse speist.
(Vgl. Abschnitt ä dieses Paragraphen.)
11"-
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A. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge. — 6. Italien. 207
a) Natnrbeschaffenheit. Norditalien bildet K 130.
eine weite, aus dem Lombardischen und dem
Venezianischen Tieflande bestehende Ebene von
trogsörmiger Gestalt, deren Stelle im Tertiär
ein Busen des Ad riatischen Meer es einnahm. Dieser wurde in der Quartär-
zeit durch eiszeitliche Gletschermoränen und durch Flußablagerungen znge-
schüttet. Um die Ausgänge der bedeutenderen Alpentäler legten sich gewaltige
Moränenwälle, unregelmäßig gestaltete Hügellandschaften, die von kleinen
Seen und Torfmooren erfüllt sind und auch die Südenden der großen
Alpenrandseen abschließen. Auf diese Hügelzone folgt ein Gürtel mit
groben Gerollen und Kiesen, der nach 3 allmählich in einen östlich sich
verbreiternden Streifen diluvialen und alluvialen Schwemmlandes
übergeht.
Die meisten Gewässer der Niederung sammeln sich im Po (vom Monte
Biso), den die wasserreichen und ungestümen Alpenflüsse nach 3 gedrängt und
dem Äpeuuiu näher als den Alpen gerückt haben*. Nördlich von ihm
mündet der zweitgrößte Fluß der Landschaft, die Etsch, die aus den Tiroler
Alpen (Reschen-Scheideck) kommt. Sowohl die Alpen- als auch die Apenmuzuflüsse,
namentlich aber die letztern, führen dem Po zahlreiche Geröllmassen zu; da-
durch ist sein Bett beständig, ja gegen die Mündung hin so bedeutend erhöht
worden, daß der Wasserspiegel dort seine Umgebung überragt. Da zudem
die Wasserführung des Stromes und seiner Nebenflüsse großen Schwankungen
unterliegt und der Po im Frühjahr und Herbst oft plötzlich auf das Fünf-
fache seines gewöhnlichen Wasserstandes anschwillt, so mußte das Land, ähnlich
wie in den Marschen, durch umfangreiche Deichbauten geschützt werden. Aber
nicht nur die Notwendigkeit, sich gegen das Wasser zu schützen, hat die Nord-
Italiener hervorragende Wasserbaumeister werden lassen. Bei dem binnen-
ländischen Klima des Landes mit seinen kurzen, aber oft strengen Wintern und
seinen heißen Sommern bedarf der fette Schwemmlandboden, um ergiebige Ernten
zu liefern (sechsmaliger Grasschnitt auf den Wiesen), der künstlichen Be-
Wässerung. Daher haben die Bewohner die Flüsse in ein Netz von Kanälen
aufgelöst, von denen einige zugleich Schiffahrtsstraßen sind. (So können z. B.
venezianische Barken bis nach Mailand sowie zum Langen- und Comer See
fahren.) Sie verstanden auch, den Überfluß des Wassers aus den sumpfigen
Flußstrecken durch Entwäffernngskanäle abzuleiten. — Der Verlandnngsprozeß,
der einst die ganze Ebene zur Entstehung brachte, setzt sich noch heute an
der Küste des Adriatischen Meeres fort. Wind und Wellen werfen die von
den Flüffeu herbeigeführten Sand- und Schlammassen zu langen Land-
streifen (Lidi, Einzahl Lido) auf, hinter denen sich Strandseen (Lagunen)
bilden. Diese werden allmählich mit den Sinkstoffen der Wasserlänfe aus-
gefüllt; dann entsteht eine neue Nehrung, eine weitere Lagune, und so rückt
das Land ständig ins Meer vor2.
1 Vgl. Donaulauf in Rumänien (§ 121).
2 Den jetzigen Fortschritt des Po-Deltas schätzt man auf etwa 70 bis 80 m im Jahre.
A. Norditalien.
Das italienische Alpenland.
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242
Länderkunde. — Europa.
4. Königreich der Niederlande (Holland).
33000 qkm, fast 6 Mill. E-. 180 E, auf 1 qkm. Zweimal fo groß wie das König-
reich Sachsen, -f seiner Volkszahl, l^mal so dicht bevölkert wie das D. R.
§ 152. I. Lage. Die Niederlande bilden mit Niederbelgien den südwestlichen
Teil des Norddeutschen Tieflandes. Sie erstrecken sich zwischen dem Parallel
von Hamburg und dem von Göttingen; die östliche Landgrenze verläuft
parallel der Küste, im Durchschnitt von ihr nur so weit entfernt wie Berlin
von Dresden. Die Küste (750 km) ist ebenso lang wie die Landgrenze;
kein Ort liegt weiter als 180 km vom Meere entfernt. So tragen die Nieder-
lande ganz das Gepräge eines Küstenstaates.
Ii. Bodcngcstalt. Wie schon der Name andeutet (Holland = Hohllandl),
ist das Land Tiefebene. Ein Viertel des Bodens, nämlich der ganze von der
Südersee südwestlich gelegene Teil, liegt unter der Höhe des Meeresspiegels. Ohne
den Schutz künstlich hergestellter Deichwälle wäre er längst eine Beute des Meeres
geworden. In der Richtung von Nw nach So steigt die Ebene ganz all-
mählich, aber nur an einigen Stellen zu Höhen über 50 m an. Nach Boden-
gestaltung und Bodenzusammensetzung lassen sich in den Niederlanden drei
Landschaftsgebiete unterscheiden: die Dünen und das Wattenmeer, die
Marschlandschaften und das Geestgebiet.
1. Der Dünenwall, der die ganze Küste begleitet, ist im Mündungsgebiete
der Schelde, der Maas und des Rheins vielfach durchbrochen; dann bildet
er bis Helder einen geschlossenen Zug. Seine Fortsetzung findet er in
den Westfriesischen Inseln, den zerstückelten Resten des früheren Küsten-
sanmes. Zwischen ihnen und dem Festlande breitet sich ähnlich wie an der
deutschen Nordseeküste ein seichtes Wattenmeer (§ 234) aus. Das Meer vor
den Dünen ist überall flach und erreicht erst in 15 bis 20 km Entfernung von
der Küste 20 m Tiefe. Die Versandung wird nicht nur durch eine nördlich
ziehende Küstenströmuug, sondern auch durch die längere Daner der Ebbe
begünstigt. Im nördlichen Teile der Küste greift die Südersee tief in das
Land hinein. Früher ein Binnensee, erhielt sie durch die landzerstörende
Wirkung der Sturmfluten in der Zeit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert
im wesentlichen ihre heutige Gestalt. Den großen Verlusten, die das Land
in geschichtlicher Zeit durch die Einbrüche des Meeres erlitten hat, steht aber
ein nicht unbedeutender Landgewinn infolge Eindeichens und infolge Entwäfse-
rnng von Binnenseen gegenüber; die planmäßige Znrückerobernng des Landes
beginnt mit dem 16. Jahrhundert. So wurden durch Trockenlegung des
Haarlemer Meeres fast 200 qkm fruchtbares Ackerland gewonnen, während
die in Angriff genommene Eindeichung und Entwässerung großer Teile der
Südersee einen noch bedeutend größeren Landzuwachs und eine sehr beträcht-
liche Verkürzung der gefährlichen Küste (um 280 km) in Ausficht stellt. Der
Flächenraum des in den letzten drei Jahrhunderten dem Meere abgerungenen
Bodens wird auf 3000 qkm (= 11% der Gesamtfläche) angegeben.
i Der Name Holland wird auch als Holtland = Holzland gedeutet.
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Holland Sachsen Hamburg Berlin Dresden Holland Rheins Westfriesischen Haarlemer_Meeres Holland
262
Länderkunde. — Europa.
höhe — und an ihren Flanken stürzen zerstäubende Wasserfälle in die Tiefe.
Nur selten hat der Aufschüttungskegel eines wilden Baches in den Fjorden
Raum für ein paar Fischerhütten geschaffen. Der längste und zugleich tiefste
Meereseinschnitt ist der Sogue-Fjord (160 Km; an einer Stelle 1240 m
tief), der geräumigste der noch von Obstpflanzungen umkränzte Trondhjem-
Fjord. Die Ausgänge der Fjorde und die ganze Küste werden von
Tausenden kleiner Felsinseln, den Schären (Bild 313), umlagert, zwischen
denen ein Netzwerk von Kanälen und Sunden zum Festlaudssaume führt.
Die Wasserscheide zwischen der Ostsee und dem Atlantischen Ozean ver-
läuft in vielfach gewundener Linie, nur etwa 60 bis 100 km von der Westküste
entfernt, in südnördlicher Richtung. Daher ist die Bildung größerer Flüsse
an der atlantischen Seite verhindert, und so hat Norwegen nur einen an-
sehnlicheren Wasserlauf, den Glom.
fo) Klima. Das Klima der norwegischen Küste ist durch den Einfluß des Golf-
stroms ein ozeanisch mildes mit geringen Gegensätzen. Da zudem das Hoch«
laud Schutz gegen die rauhen Nordostwinde gewährt, so geht das Jahresmittel der
Temperatur über das der Breitenlage des Gebietes entsprechende bedeutend hinaus.
Bis in den hohen Norden bleiben daher die Häfen auch im Winter eisfrei, und
Wiesen, Gersten- und Kartoffeläcker gibt es sogar noch jenseits des Polarkreises.
Mit der Kulturgrenze rücken auch die menschlichen Wohnstätten in hohe Breiten
vor, so daß an der norwegischen Küste die nördlichsten Städte der Erde
liegen (Hammerfest fast 71° N). Westliche, besonders südwestliche Winde herrschen
vor und bringen den steil emporragenden Bergwänden, an welchen die über dem
Golfstrome erwärmten Luftströme sich abkühlen, namentlich im Herbst und Winter
sehr reichliche Niederschläge (Bergen 170 cm). Daher sind die Flüsse Wasser-
reich und die Hochflächen mit Firn- und Eismassen bedeckt.
§ 166. c) Erwerbsleben. Das atlantische Küstengebiet bietet dem Pflanzen-
bau nur wenig Raum (3°/0 der Bodenfläche); denn der Boden ist größten-
teils felsig, die Bergabhänge sind steil und die großen Täler von Wasser
erfüllt (75 °/0 Unland). Nur am Kristiania-Fjord breiten sich größere Acker-
flächen aus. Der Anbau von Brotgetreide wird durch die geringe Sommer-
wärme beeinträchtigt; bester gedeiht die Kartoffel. In den nach 3 ge-
öffneten Fjordstrecken ist der Obstbau von Bedeutung. Fast ganz ungeeignet
für die Kultur erweisen sich die Fjelde des Gebirgslandes; sie erheben
sich mit ihren Eis- und Schneefeldern, ihrem nackten, von Granitblöcken
übersäten Felsboden, ihren Sümpfen und Seen fast sämtlich über die
Baumgrenze: trostlose, menschenarme Einöden. Die Täler sind ergiebiger,
aber auch wieder zu eng, um einen Anbau größeren Maßstabes zu ermög-
lichen. — Günstiger als für den Pflanzenbau liegen die Verhältnisse für die
Viehzucht. Sie dringt bis in den höchsten N und auch ins Hochland vor,
wo dürftige Bergweiden eine Art Sennwirtschaft gestatten. Der Rindvieh-
bestand ist im Verhältnis zur Volkszahl recht bedeutend. Statt des Rind-
viehs züchten die Lappen im nördlichen Norwegen das Renntier.
Einen wertvollen Schatz besitzt Norwegen in seinen Wäldern (22% der
Bodenfläche), die in der Mitte und im 80 des Landes fast zwei Drittel der
Bodenfläche bedecken. Sie bestehen vorherrschend aus Nadelhölzern, aus
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Ostsee Atlantischen_Ozean Norwegen Hammerfest Kristiania-Fjord Norwegen Norwegen
264
Länderkunde. — Europa.
der Hummer- und Austernfang, und im Nördlichen Eismeer macht man Jagd
auf Seehunde und Wale. Im hohen N nisten an der atlantischen Küste zahl-
reiche Polarvögel, von denen die Eiderente die wertvollen Daunen liefert. Die
Landgewäfser Norwegens sind durch Lachs- und Forellenreichtum ausgezeichnet.
Der Bergbau sendet vorwiegend Kupfererze, der Steinbruchbetrieb neuerdings
viele Granitsteine ins Ausland. Die Industrie arbeitet, mit Ausnahme der-
jeuigen, die sich auf die Forstwirtschaft und Fischerei gründet, fast ausschließ-
lich für den einheimischen Bedarf. Als Betriebskräfte benutzt sie bei dem
Mangel an Kohle die wasserreichen, durch starkes Gefälle ausgezeichneten Flüsse.
Die Nähe des Meeres und der Hafenreichtum der Küste lockten die Bewohner
Norwegens fchon sehr früh auf das Meer hinaus. Schiffahrt und Handel
ernähren heute ein Sechstel der gesamten Bevölkerung. Die norwegische
Handelsflotte * übertrifft an Zahl der Schiffe, auch der Dampfer, die deutsche
Flotte; aber sie erreicht, da die Norweger meist kleinere Schiffe verwenden, noch
nicht die Hälfte des Tonnengehaltes unserer Handelsmarine. Schon die kleinere
Hälfte der norwegischen Handelsflotte reicht für die Bedürfnisse des eigenen
Handels aus; die meisten Schiffe stehen in fremden Diensten, weshalb die
norwegische Flagge in allen Meeren der Erde anzutreffen ist. Der Außen-
Handel ist seit 1885 auf das Doppelte gestiegen; er übertrifft im Ver-
hältnis zur Bevölkerungszahl noch den deutschen. Die Hauptverkehrsländer
find Deutschland und England; dieses hat den Hauptanteil an der Aus-
fuhr, jenes an der Einfuhr Norwegens. Deutschland bezieht aus Nor-
wegen Fische, Tran, Holz, Eis und Steinmetzarbeiten und führt
dorthin landwirtschaftliche Erzeugnisse und Industriewaren aus.
Die langschmale Erstreckuug Norwegens längs einer mit tiefen Einschnitten
versehenen Meeresküste und die Schwierigkeit der Anlage von Eisenbahnen,
besonders auch in der Richtung der Küstenerstreckung, bringen es mit sich,
daß ein Teil des Binnenhandels durch die Seeschiffahrt bewältigt wird.
Im Verhältnis zur Flächeugröße — nicht aber im Verhältnis zur Ein-
wohnerzahl — ist die Eifenb ahn länge gering. Das Land besitzt nur
zwei größere Bahnen: die von Kristiania nach Bergen und die wundervolle Ge-
birgsbahn Kristiania—trondjhem. Dagegen ist ähnlich wie in der Schweiz das
Telegraphen- und Telephonnetz weit ausgedehnt. Für die Deutschen bildet
das Land der Fjorde und der Mitternachtssonne ein bevorzugtes Reiseland.
(I) Bevölkerung. Die Norweger sind nordgermanischer Abstammung.
Rauhes Klima und harte Lebensbedingungen haben sie zu körperlich kräftigen und
geistig hervorragenden Menschen erzogen. Seetüchtigkeit und im Seeleben ge-
wonnener Wagemut2 ließen berühmte Polarforscher (Nausen, Amuudsen) erstehen
und gaben dem ganzen Volke einen ausgesprochenen Freiheits- und Unabhängig-
keitssinn. Die Volksbildung steht auf hoher Stufe, obwohl das Wohnen in
Einzelhöfen und die weiten Entfernungen einem geordneten Schulunterricht große
Schwierigkeiten bereiten (Wanderlehrersystem). Die alte norwegische Sprache
1 Vgl. §§ 145, 414.
2 Als Normannen oder Wikinger waren sie im Mittelalter gefürchtete Seeräuber;
ihre kühnen Fahrten führten sie auch uach Island, Grönland, ja selbst nach Nordamerika,
das die Norweger schon ein halbes Jahrtausend vor Kolumbus entdeckten und besiedelten.
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Extrahierte Personennamen: Kolumbus
Extrahierte Ortsnamen: Europa Norwegens Norwegens Deutschland England Norwegens Deutschland Norwegens Nausen Island Nordamerika
C. Die Skandinavisch-Russische Tafel. — 2. Rußland. _271
Größe des Reiches ist die Küstengliederung gering. Die Mittlern Gegen-
den sind fünfmal so weit vom Meere entfernt wie jene Englands. Für
Moskau, den Mittelpunkt der russischen Kultur, beträgt die Entfernung
bis zum nächsten Meere 650 km. Die ozeanische Küste gehört dem die Hälfte
des Jahres vereisten Nördlichen Eismeere an. Die übrigen Küsten werden von
Binnenmeeren gebildet. Darum steht Rußland nicht unter der Einwir-
knng des belebenden Meeres. Sein Handel und Verkehr leiden
unter der Ungunst der Lage und entwickeln sich nur langsam^.
Wolga
2000-1 Njer"er> Dnjepr Oka Bergufer\ Urai
O-Q___^ i ^ --- ■ -Q
t f t
Königsbg. Wuna Wesenufer
140. Höhenquerschnitt durch Osteuropa auf der Linie Königsberg—wilna—ural.
12-|fach überhöht.
Ii. Bodengestaltung. Zu der Größe der ununterbrochenen, einheitlichen
Landmasfe tritt eine außerordentliche Einförmigkeit der Bodenoberfläche
(Fig. 140). Gebirge erheben sich nur an den Grenzen: Ural, Kaukasus,
Jailagebirge. Alles übrige besteht aus niedrigem Flachland, das zum
größten Teile Tiefebene ist. Nur sanfte und kaum merkbare Boden-
anschwellnngen bringen einige Abwechslung hervor. In meridionaler
Richtung verlaufen die Wolgaplatte und die Mittelrussische Boden-
schwelle, in westöftlicher Richtung die West- und Nordrussische Land-
höhe. Im Sw reicht das Vorland der Karpaten nach Rußland hinein.
Die höchsten Erhebungen liegen in der Mittelrussischen und der Wolga-
schwelle, steigen jedoch nur bis 350 m auf. Die Wald&thöhe bildet trotz ihrer
geringen Höhe (320 m) ein wichtiges Quellgebiet. So bietet das Land dem
Reisenden tagelang immer dasselbe einförmige Bild der Bodengestalt, des
Pflanzenlebens, der Kultur dar. Jenseits einer Linie, die man sich vom Finni-
schen Meerbusen über den Ladoga-See zum Weißen Meer gezogen denkt,
erstreckt sich die Finnische Landbrücke, eine bucklige, überaus seenreiche
Granitplatte, zum Teil mit Wald, Heide oder Moor bedeckt, zum Teil
kahler Felsboden. Sie wird durch die Einbettung des flachen Bosnischen
Busens von dem ihm verwandten skandinavischen Osten getrennt. Mit die-
fem bildet sie den sanft nach der Mitte hin absinkenden Baltischen Schild.
Während in Finnland die alt- und mittelzeitlichen Formationen fehlen,
lagern über dem Urgestein des Russischen Flachlandes, weithin tafelartig
ausgebreitet, paläozoische und mesozoische Schichtgesteine und
darüber wieder jüngere Bodenarten. Nur in der Schlinge des Dnjepr
und östlich davon tritt ein Granitzug zutage. An der Oberfläche herrschen
im Nw die Ablagerungen der skandinavischen eiszeitlichen Gletscher
und ihrer Schmelzwasser ^ vor; nach 3 folgt der breite, fruchtbare Gürtel der
1 Daher das Bestreben Rußlands, sich günstigere Zugänge zum Meere zu öffnen (vgl.
die schwedisch-russische Grenze, die russische Politik in Ostasien); es blieb aber zumeist erfolglos.
^ Die Waldächöhe ist wie der Turmberg in Westpreußen aus Moränenschutt aufgebaut.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
360
Länderkunde. — Europa.
Klimas gefriert die Ostsee in den drei nördlichen Meerbusen regelmäßig;
weiter nach 8 vereisen wenigstens die Buchten und Küsten. Im deutschen
Anteil erhalten die Seebuchten uur für kurze Zeit eine Eisbedeckung;
länger verharrt sie in den weit ins Festland hineinreichenden Binnenhäfen.
Die Ostsee, wegen der Nähe ihrer Gegengestade, ihrer schwachen Flut, ihrer
reichen Gliederung und der großen Zahl einmündender Flüsse einst die Wiege
des deutschen Seehandels und der Seeschisfahrt (Hanfe), hat von ihrer früheren
Verkehrsbedentung verloren, seit das Weltmeer zur Hochstraße des Weltver-
kehrs wurde. Durch die Anlage des Kaiser-Wilhelm-Kanals (f. § 227), der
die Ostsee dem Ozean bedeutend näher gerückt hat, durch die Verbesserung
der Binnenschiffahrtsstraßen und die Entwicklung der Industrie im
deutschen Hinterlande (Brandenburg, Schlesien) ist der Ostseeverkehr jedoch
neuerdings wesentlich belebt worden. — Der Ertrag der deutschen See-
sischerei im Ostseegebiete (einschließlich der Haffe) bezifferte sich 1910 auf
rund 8 Mill. Mark (gegen 28 Mill. im Nordseegebiet).
§ 225. Ii. Natur und Verlauf der Küste. Die Ostseeküste ist meist eine Flachküste
(Buutbild S. 368); sie liegt jedoch höher als die der Nordsee. Weite Strecken
sind durch Dünen gegen das Meer geschützt. An verschiedenen Stellen der Küste
kommen die Reste des alten Grundgebirges, das hier aus Kreide und jüngeren Ge-
steinen besteht, zum Vorschein, so auf den Dänischen Inseln, auf Rügen (Bild 311),
im nördlichen Vorpommern und auf Samlaud. Mancherorts steigen die Kreide-
gesteine klippenartig steil empor (Stubbenkammer auf Rügen 125 m, Buntbild).
Im ganzen bildet die jütisch-deutsche Ostseeküste eine große Bogenlinie
von Skagens Horn bis zum Memeler Tief; im einzelnen lassen sich drei
Bogen erkennen^
1. die inselreiche Südwestbucht vom Ostpunkte Jütlands bis zur Insel Rügen,
2. die inselarme Pommersche Bucht von Rügen bis Rixhöft,
3. der insellose Doppelbogen der Preußischen Bucht von Rixhöft bis zur
russischen Grenze.
Iii. Küstenformen. Die deutsche Ostseeküste ist durch einen ausfallenden
Wechsel der Formen ausgezeichnet und besonders im W reich gegliedert.
Da stets eine Form auf weite Strecken vorherrscht und die Gliederung der
Küste bestimmt, so kann man eine Förden-, eine Bodden-, eine glatte
und eine Haffküste unterscheiden.
1. Der Fördenküste sind zahlreiche, lange und schmale Buchten (Förden)
eigentümlich. Sie erstreckt sich südwärts bis zur Lübecker Bucht. Die laud-
einwärts sich zuspitzenden Förden sind unter das Meer getauchte Flußtäler.
So stellt die Kieler Förde das Urstromtal der Eider dar, der durch Auf-
schüttung eiszeitlicher Moränen der jetzige Lauf nach W gewiesen wurde.
Vermöge ihrer Tiefe und ihres lockeren Ankergrundes bieten die Förden
meist prächtige Hafenbuchten (Kiel), denen die Moränenwälle auch Schutz
gegen westliche Winde gewähren. Der Lim-Fjord im nördlichen Teile der
Jütischen Halbinsel wurde durch Sturmfluten im 19. Jahrhundert zur Meeres-
straße mit seichtem, oft sich veränderndem Westeingang (vgl. § 155, Ii.)
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Ostsee Weltver- Brandenburg Schlesien Buntbild Ostpunkte_Jütlands Kiel Jütischen_Halbinsel
Das Deutsche Reich. — E. Norddeutsches Tiefland. 365
176. Geest und Marsch an der Niederelbe.
Vor den sandigen Harburger Höhen des Hintergrundes fließt die eingedeichte Elbe. Zwischen ihnen und
der Geestwelle des Vordergrundes hat der Strom einst das ganze Gebiet mit seinen Wassern erfüllt und
ein Gemisch von feinen Ton- und Sandteilen als Schlamm abgesetzt. So entstand hier der fruchtbare
Marschboden. Die Bauernhäuser sind stets an den Rand der Geest gebaut, weil sie gutes Trinkwasser bietet.
177. Viehweide bei Eutin.
Im Gebiete der Holsteinischen Seenplatte sind vier Fünftel des aus fruchtbarem Lehm bestehenden Bodens
der Landwirtschaft nutzbar gemacht. Meist wich der Ackerbau der Viehzucht, und überall tummeln sich
Rinderherden auf den grünen Wiesen. Knicks oder Hecken, die dem Vieh Schutz gegen kalte Winde
gewähren, grenzen die Weideflächen der einzelnen Besitzer gegeneinander ab.
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