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18* Die Provinz Schleswig - Holstein.
Da, wo die Elbe das Meer erreicht, streckt Deutschland,
als höb' es feinen Arm nach Norden, eine Halbinsel ins Meer
hinaus und theilt durch sie die Wassermaffe, die seine Nordküste be-
spült, in zwei Hälften, in die Nord- und Ostsee. Die südliche
Hälfte dieser Halbinsel ist die Provinz Schleswig-Holstein, die
nördlich? die dänische Provinz Jütland. Außer dem Fest lande
gehören zur Provinz Schleswig-Holstein aber auch noch mehrere In-
seln: Fehmarn und Alsen in der Ostsee — Röm, Sylt, Föhr
und die Halligen in der Nordsee.
Die Oberfläche des Bodens in Schleswig-Holstein ist eine
Tiefebene mit nur unbedeutenden Erhöhungen, denn der Kalkberg
bei Segeberg, der Scheelsberg bei Eckernförde und der Bungs-
berg bei Eutin erreichen nur eine Höhe von 94 bis 156™. Da-
gegen ist das Land reich an Gewässern, an kleinen Flüssen, Land-
seen und Meeresbuchten. Von den Flüssen ergießen sich die
Trave in die Ostsee, die Stör in die Elbe und die Eider in
die Nordsee. Die Eider, der größte Fluß der Provinz und zu-
gleich der Grenzfluß zwischen Schleswig und Holstein, ist durch einen
Kanal mit der Kieler Meeresbucht verbunden, so daß man durch
die Eider und durch diese Kunstwasserstraße aus der Nordsee in die
Ostsee fahren kann. — Der bedeutendste unter den Land feen ist der
von malerischen Ufern umgebene Plöner See, dessen Umfang fünf
Meilen und dessen Fläche eine Quadratmeile beträgt. — Die Ostsee
bildet mehrere tief ins Land dringende Buchten, von denen der
Kieler, Eckernförder und Flensburger Meerbusen sich vorzüglich
zu Hafenplätzen eignen.
Von Süden nach Norden erstreckt sich durch ganz Schleswig-
Holstein ein niedriger, aber ziemlich breiter Höhenzug unfruchtbaren
Landes, welcher aus Moorboden, Sand und Heidestrecken besteht
und die „hohe Geest" genannt wird. Östlich von diesem Höhenzug
dehnt sich bis zur Ostsee eine hügelige, schöne Landschaft aus, die mit
wenigen Ausnahmen einen hohen Grad von Fruchtbarkeit besitzt und
mit herrlichen Buchenwaldungen bekränzt ist. Der ganze Landstrich,
in „Koppeln" eingetheilt und mit Hecken eingefaßt, gleicht einem
großen Garten. Nach Westen hin dacht sich jener dürre Landrücken
in ausgedehnte, tiefe Ebenen ab, welche an der Küste der Nordsee
die „Marschen" bilden. Diese sind im Laufe der Zeit durch einen
angeschwemmten Niederschlag aus dem Meere entstanden und werden
durch Deiche (hohe Erddämme) gegen die Fluthen des Meeres ge-
schützt. Der Marschboden ist fett und daher zu Ackerbau und Vieh-
weiden vorzüglich geeignet. Von dem Saume der Marschen steigen
hin und wieder kleine Hügelketten auf und lagern sich zwischen den
grünen Tiefen. Dieser höher gelegene Boden besitzt eine geringere
Fruchtbarkeit als die Marschen und wird die „Geest" genannt. Zu
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den vorzüglichsten Marschen gehören die Süder- und Norderditmar-
schen in Holstein und die Landschaft Eiderstedt in Schleswig.
Die Provinz Schleswig-Holstein bildet nur einen Regierungs-
bezirk. Mit Einschluß des Herzogthums Lauenburg ist sie 340
Ouadratmeilen groß und hat fast 1 Will. Bewohner. Ackerbau,
Viehzucht und Seefahrt sind die bedeutendsten Erwerbsquellen der
Bewohner.
Die Hauptstadt der Provinz, der Sitz des Oberpräsidenten,
ist die Universitätsstadt Kiel, mit 32,000 Einwohnern und dem
besten Hafen an der Ostsee, der darum auch zum Kriegshafen für
die Flotte des „Norddeutschen Bundes" bestimmt ist. Die am
Westende der Schlei gelegene Stadt Schleswig, mit 14,000 Ein-
wohnern und dem altberühmten Schloß Gottorf, ist der Sitz der
Regierung für Schleswig-Holstein. Ansgar, der Apostel des
Nordens, verbreitete ums Jahr 826 von hier aus das Christen-
thum. —• Die größte Stadt der Provinz ist Altona an der Elbe,
mit über 73,000 Einwohnern, bedeutenden Fabriken und wichtigem
Seehandel. Die übrigen bemerkenswerthen Städte sind: Glückstadt,
Itzehoe, Neumünster und Rendsburg in Holstein — Haders-
leben, Apenrade, Flensburg, Husum und Tönning in Schles-
wig — und Sonderburg auf Alsen.
Ls. Die Überschwemmungen der Halligen.
An der Westküste von Schleswig liegen, umfluthet von den Wogen
der Nordsee, mehrere Inseln, die als Überreste einer zusammenhän-
genden, dem Meere zum Raube gewordenen Landstrecke anzusehen sind.
Die größern dieser Eilande sind durch Deiche vor den Meeresfluthen
geschützt, welche täglich neue Versuche machen, den letzten Brocken ihres
großen Raubes zu verschlingen. Die kleineren derselben führen den Na-
men „die Halligen". Eine solche Hallig ist ein flaches Grasfeld, das kaum
zwei oder drei Fuß höher liegt, als der gewöhnliche Stand des Meeres,
und daher sehr oft, besonders in den Wintermonaten, von der wogenden
See überfluthet wird. Diese Überschwemmungen steigen häufig,
alles flache Land überwogend, bis an die Fenster der darauf befindlichen
Hütten. Man glaubt dann nicht, daß diese Wohnungen menschliche
Wesen bergen, daß Greise, Männer, Frauen und Kinder ruhig um
ihren Tisch sitzen und kaum einen flüchtigen Blick auf den sie um-
drängenden Ocean werfen. Manches aus seiner Bahn verschlagene
Schiff segelte schon in solchen Zeiten bei nächtlicher Weile über eine
Hallig hinweg, und die erstaunten Seeleute glaubten sich von Zauberei
umgeben, wenn sie auf einmal neben sich ein freundliches Kerzenlicht
durch die Fenster einer Stube scheinen sahen, die keinen andern Boden
als die Wellen zu haben schien. Mit der Fluth bricht oft zugleich
der Sturm auf das Eiland ein. Die Wasser steigen gegen 6 Meter
über ihren gewöhnlichen Stand hinauf. Das Meer sendet in immer
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beiden Seiten der Oder, welche hier in die Ostsee mündet. Olschon
der Boden nicht sehr fruchtbar ist, so nährt doch der Ackerbau die
Bewohner der Provinz; Fische, darunter auch Häringe, Holz, pom-
mersche Gänsebrüste und stettiner Federn sind die bedeutendsten
Erzeugnisse, welche nach andern Gegenden verkauft oder ausgeführt
werden. Handel und Schifffahrt sind ziemlich bedeutend, besonders
in Stettin, Stralsund, Greifswald , Colberg und Rügen-
walde. — Zu der Provinz Pommern gehört auch die in der Ostsee
gelegene Insel Rügen, welche durch eine schmale Meerenge von dem
festen Lande geschieden ist. Sie zeichnet sich durch Naturschönheiten
aus. Denn sie ist von Hügeln durchzogen, welche Kreidefelsen enthalten
und sich zum Theil als Vorgebirge über das Meer erheben, und die
herrlichsten Aussichten über den Wasserspiegel der Ostsee gewähren. Des-
halb wird sie von vielen Fremden besucht, welche zum Theil auch das
schön eingerichtete Seebad benutzen.
Die Hauptstadt der Provinz Pommern — der Sitz des Ober-
präsidenten und eines evangelischen Consiftoriums — ist Stettin,
zugleich eine starke Festung mit 76,000 Einwohnern. Stralsunds
ebenfalls stark befestigt, hat 27,000 Einwohner. Bemerkenswerth sind
noch: die Universitätsstadt Greifswald , die Festung Colberg,
am Ausflusse der Persante in die Ostsee gelegen, und die Regierungs-
bezirks-Hauptstadt Köslin.
23. Blick vom Rugard auf Rügen.
Der Rugard ist ein Berg auf der Insel Rügen, einige tausend
Schritte von der Stadt Bergen. Von hier aus übersieht man im
Kreise nicht nur den größten Theil dieser Insel, sondern auch südlich,
südöstlich und südwestlich einen ansehnlichen Theil von Pommern. Ob-
gleich die Stadt Bergen selbst schon hoch liegt, so ragt doch der Ru-
gard genug über sie empor, um von hier über die Dächer hin Stral-
sund und eine unabsehbare Fläche von Neuvorpommern zu überblicken.
Rechts und links begrüßt das Auge eine Menge von Dörfern und meh-
rere Städte, unter welchen Greifswalde besonders hervorsteht. Östlich
hat man gleich unter den Füßen schöne Ackerfelder, auf die man wie
auf einen arlsgebreiteten Teppich hinabsieht. Im Sommer stechen das
gelbe Korn, die dunkelgrüne Gerste, der bläuliche Hafer, der goldene
Weizen und die bunten Wicken, dio kaum vor den gelben Wucherblumen
aufkommen können, auf das Mannigfaltigste von einander ab. Weiter-
hin, wo sich der Boden bald senkt, bald erhebt, wechseln Hügel, deren
Gipfel nackt und deren Lehnen bebaut sind, mit kleinen und großen
Gebüschen. Am stärksten fesselt die Aussicht nordostwärts. Eine Menge
von Erd zun gen strecken die Spitzen weit in die grünlichen Fluchen.
Die eine ist bis an den äußersten Rand mit Getreide besäet, eine an-
dere wird mit Gebüschen bedeckt, auf einer dritten stehen kleine, ländliche
Häuser, die von Obstgärten umgeben sind.
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Soldaten „Marschall Vorwärts" genannt; der König aber gab chm
den Ehrentitel: „Fürst von Wahl statt".
41. Der Trompeter an der Katzbach.
Von Wunden ganz bedecket,
Der Trompeter sterbend ruht,
An der Katzbach hingestrecket,
Der Brust entquillt das Blut.
Brennt auch die Todeswunde,
Doch sterben kann er nicht,
Bis neue Siegeskunde
Zu seinen Ohren bricht.
Und wie er schmerzlich ringet
In Todesängsten bang,
Zu ihm heruberdring et
Ein wohlbekannter Klang.
Das hebt ihn von der Erde,
Er streckt sich starr und wild.
Dort sitzt er aus dem Pferde
Als wie ein steinern Bild.
Und die Trompete schmettert —
Fest hält sie seine Hand —
Und wie ein Donner wettert
Victoria in's Land.
Victoria — so klang es,
Victoria — überall,
Victoria — so klang es
Hervor mit krästgem Schall —
Doch als es ausgeklungen,
Setzt die Trompet' er ab,
Das Herz ist ihm zersprungen,
Vom Roß stürzt er herab.
Um ihn herum im Kreise
Hielt's ganze Regiment.
Der Feldmarschall sprach leise:
Das heißt ein selig End'i
(I. Mosen.)
42. Die Völkerschlacht bei Leipzig.
(16.-18. Oktober.)
In der Mitte Oktobers zogen sich die gewaltigen Heere in der
Gegend von Leipzig zur großen Entscheidung zusammen; die Öster-
reicher unter Schwarzenberg, die Preußen unter Blücher, die
Russen unter Wittgenstein, die Schweden unter ihrem Kronprinzen,
zusammen an 300,000 Mann, die Franzosen über 200,000 Mann,
aber unter der einzigen Führung ihres ruhmreichen Kaisers. Auf beiden
Seiten ahnte man, daß hier über Europa's Geschick die blutigen Würfel
fallen sollten. Fürst Schwarzenberg rief es dem verbündeten Heere
mit ernsten Worten ins Gedächtniß. Am 16. Oktober begann die große
Völkerschlacht bei Leipzig. So schrecklich war der Kanonendonner,
daß die Erde im weiten Umkreise erbebte: auf drei Seiten zugleich ent-
brannte der furchtbare Kampf, im Südosten der Stadt bei Wachau,
im Westen bei Lindenau und im Norden bei Möckern, wo Blücher
mit seinen braven Preußen eine besondere Schlacht schlug. Mit uner-
hörter Anstrengung und rühmlichem Heldenmuth wurde auf beiden Seiten
der Kampf geführt; am Nachmittage des 16. schien es, als sollten die
Franzosen siegen, aber zu zeitig triumphirte Napoleon, denn bis zum
Abend errang Blücher bei Möckern die größten Vortheile. Dort hatten
die Preußen den blutigsten Kamps des ganzen Krieges zu bestehen:
dreimal mußten sie das Dorf in Sturm nehmen, und dreimal wurde
es ihnen wieder entrissen, aber zuletzt behielten sie dennoch den Sieg.
Brennende Dörfer beleuchteten das blutige Schlachtfeld, als die
Nacht heraufgezogen war; wie Leichenkerzen flackerten die Nachtfeuer
in der weiten Todtenstille, die nur von dem Winseln der Sterbenden
Haesters' Yesehuk für Okerkk. Simnuan^Ansq. 16
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Victoria Victoria_— Victoria_— Schwarzenberg Wittgenstein Schwarzenberg Napoleon
235
Und jede endete auch in 'nem Klex,
So schickt er den Bogen dem alten Re;.
Der schüttelt den Kopf gedankenvoll,
Fragt bei der Revue dann den Alten:
„Zum Schwernoth, Ziethen, ist er toll!
Was soll ich vom Wische da halten?"
Den Bart streicht sich Ziethen: „Das ist bald erkläre,
Wenn Euer Majestät mir Gehör gewährt."
„Der große Klex in der Mitte Lin ich,
Der Feind einer dort von den Vieren,
Der kann nun von vorn oder hinten auf mich,
Von rechts oder links auch marschiren.
Dann rück' ich aus einein der Striche vor,
Und hau' ihn, wo ich ihn treffe, aufs Ohr."
Da hat der König laut aufgelacht
Und Lei sich selber gemeinen
„Der Ziethen ist klüger, wie ich es gedacht,
Sein Geschmier sagt mehr, als es scheinet.
Das ist mir der beste Reitersmann,
Der den Feind schlägt, wo er auch rückt heran."
______________ (Fr. v. Saller.)
Fr; 6 di ich Ii. hinterliess keine Kinder, und es folgte ihm auf dem
Throne seines ältesten Bruders Sohn, Friedrich Wilhelm Il, der von 1786
bis 1797 als König von Preussen regierte.
36. Der Kaiser Franz Ii.
(Ende de§ 1000jährigen deutschen Reichs —1806.)
Im Jahre 1789 waren in dem benachbarten Frankreich große
Unruhen ausgebrochen. Die Franzosen empörten sich gegen ihren
König, stürzten die bisherigen Einrichtungen im Staate um und wollten
eine ganz neue Ordnung der Dinge Herstellen. Man nennt diese Be-
gebenheit die französische Revolution. Aus derselben gingen viele
langwierige und blutige Kriege für unser deutsches Vaterland her-
vor. Weil die deutschen Staaten nicht zusammen hielten, wurden sie
von den Franzosen überwältigt, und ein großer Theil Deutschlands kam
unter französische Herrschaft. Napoleon, der Kaiser der Fran-
zosen, besiegte in der Schlacht bei Austerlitz (1805) die Öster-
reicher so, daß der deutsche Kaiser, Franz Ii-, nur mit dem Ver-
lust mehrerer Besitzungen den Frieden wieder herstellte. Der Kurfürst
von Baiern, von Napoleon mit Tyrol beschenkt, und der Kur-
fürst von Würtemberg nannten sich nun „Könige" und erklärten
damit ihre Unabhängigkeit von Kaiser und Reich. Um aber die
Schmach unseres so tief gebeugten deutschen Vaterlandes zu vollenden,
stiftete Napoleon (1806) den Rheinbund, durch welchen 16 deutsche
Fürsten im südwestlichen Deutschland sich förmlich vom deutschen Reichs-
verbande lossagten und Napoleon als ihren Protektor (Beschützer)
anerkannten. Für diesen Schutz versprachen sie, ihm mit 32,000 Mann
in allen seinen Kriegen beizustehen. Am 6. August 1806 legte daher
Franz Ii. die deutsche Kaiserkrone nieder, indem er erklärte, daß
diese Krone keinen Werth mehr für ihn haben könne, nachdem sich
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Schwernoth Saller Friedrich_Wilhelm_Il Friedrich Wilhelm Franz_Ii Franz Napoleon Franz_Ii- Franz Napoleon Napoleon Napoleon August Franz_Ii Franz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschlands Fran- Baiern Rheinbund Deutschland
254
gen Gefechten wurden die Österreicher binnen 8 Tagen auf allen
Punkten mit einem Verlust von 22,000 Mann an Todten, Verwunde-
ten und Gefangenen gegen 14 Meilen weit zurückgedrängt, und da-
durch zugleich die Vereinigung aller drei preußischen Armeen
hergestellt. Mit dieser Vereinigung war der Zeitpunkt gekommen,
wo der König Wilhelm den Oberbefehl über die Gesammt-Armee
übernehmen sollte. Am 30. Juni verließ derselbe Berlin und traf am
2. Juli in Gitfchin bei der Armee ein, sofort das Ober-Kommando
übernehmend. Viernndzwanzig Stunden später hatte der König mit
diesem größten preußischen Heere, welches je auf einem einzigen Schlacht-
felde versammelt war, eine der glänzendsten Schlachten geliefert, welche
die Kriegsgeschichte kennt — und das rvar:
31. Die Schlacht bei Königgrätz.
(3. Juli 1866.)
(Son einem Augenzeugen.)
„Nachdem am Nachmittag des 2. Juli dem Ober-Kommandeur der
I. Armee, Prinzen Friedrich Karl, gemeldet worden, daß die öster-
reuwche Armee sich vor Königgrätz in bedeutender Stärke conzentrirt*)
habe, und nachdem die Befehle des Königs eingeholt waren, wurde der
Beschluß gefaßt, es nicht auf einen feindlichen Angriff ankommen zu
lassen, sondern sofort selbst anzugreifen.
In der Nacht vom 2. zum 3. Juli rückte Prinz Friedrich Karl mit
der 1. Armee in gerader Richtung auf Königgrätz vor. Der erste Ka-
nonenschuß fiel gegen 7 Uhr Morgens. Der Feind entwickelte von An-
beginn des Artilleriekampfes an eine wahrhaft furchtbare Macht an Ge-
schähst. Er stand bei Sadowa vor einem dichten Gehölz, das seine
Batterien**) vorzüglich bestrichen und das allem Vordringen ein un-
überwindliches Hinderniß entgegenzusetzen schien. Bald nach 8 Uhr erschien
vor Sadowa, von wo aus Prinz Friedrich Karl das Gefecht dirigirte,
Se. Majestät der König Wilhelm, begleitet von einer zahlreichen
Smte***), in welcher sich u. A. Prinz Karl, der Großherzog von
Mecklenburg-Schwerin, Graf von Bismarck, General von
Moltke, der Kriegsminister General von Roon befanden. Der
König leitete und verfolgte vom Augenblick seiner Ankunft an mit ge-
spanntester, ernstester Aufmerksamkeit die Schlacht. Seine Erscheinung,
die im Verlaufe dieses denkwürdigen und glorreichen Tages noch so
v«l dazu beitragen sollte, den herrlichen Erfolg unserer Waffen zu
sichern, war majestätisch und schön, wie immer, aber ganz besonders
erfüllt von dem Ausdrucke einer Festigkeit und eines selbstbewußten
Muthes, wie ihn nur der Kriegsherr einer solchen Armee in sich tragen
kann. Man sah und fühlte: So sieht ein König aus, der siegen will!
*"> eonzentrirer, «= auf einem Punkte zusammenziehen/ vereinigen
**} Batterien --- Geschntzstand, die Geschütze selbst.
***) Suite --- Gefolge, Begleitung.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T198: [Friedrich Schlacht Heer Schlesien Sachsen Armee Sieg General Mann Feind], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Karl Friedrich Karl Wilhelm Karl Karl Graf_von_Bismarck General_von
Moltke General_von_Roon
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Gitfchin Mecklenburg-Schwerin
255
- Der Kampf im Centrum drehte sich im Verlauf der nächsten Stun-
den um das Gehölz von Sadowa. Kaum kann es eine schwierigere
Stellung geben, als sie sich hier den immer wieder mit der helden-
müthigsten Bravour*) anstürmenden Truppen entgegenstellte. Der Wald
bestand aus dichtem Laubholz und Gebüsch; die ganze Lisidre**) war
umgehauen und zur natürlichen Verschanzung gemacht, hinter welcher
die Infanterie feuerte. Außerdem aber waren an den Bäumen durch
Schälung Markzeichen zum Zielen für die feindlichen, seitwärts auf der
Höhe postirten Geschütze angebracht, so daß ein Granatfeuer von der
entsetzlichsten Wirkung darauf unterhalten werden konnte, sobald die
Stellung von der Infanterie geräumt war. Der Wald kostete uns
viel Zeit und viel Blut, aber er wurde genommen. — Während hier
die Entscheidung noch schwankte, war die Herwarth'sche Armee auf
dem rechten Flügel vorgedrungen. Wenn wir auch danach schon am
Nachmittage sicher waren, daß die Schlacht unser sei, so fehlte doch zu
einer schnelleren und kräftigeren Vollendung des blutigen Werkes noch
immer die auf dem linken Flügel durch die Armee des Kronprinzen
erwartete Verstärkung. Es ist schwer zu beschreiben, mit welcher
Spannung und Erwartung die Blicke aller derer, welche dem Verlaufe
des Ganzen von dem Felde bei Sadowa aus folgen konnten, sich nach
der Gegend hin richteten, wo der Kronprinz erwartet wurde.
Kommt er? Ist er da? war die Frage, die tausendmal von Mund
zu Mund ging.
Er kam, und er kam noch zu rechter Zeit, um auf die allerkräftigste
und entscheidendste Weise einzugreifen und die Niederlage des Feindes
zu einer ganz vollständigen zu machen. — Gegen 3 Uhr zeigte der
auf der Höhe von Lippa aufsteigende Pulverdampf, daß dort die
Armee des Kronprinzen in das Gefecht eingetreten sei. Die Fortschritte
auf dieser Stellung gingen reißend vor sich; unsere immer siegreichen
Garden stürmten die Hügel hinan und warfen über den Haufen, was
sich ihnen entgegenstellen wollte. — Um diese Zeit war auch im
Centrum das Gehölz von Sadowa genommen; General v. Herwarth
zog sich immer mehr heran und kam durch eine bogenförmige Bewegung
dem Feinde in die Flanke***); der kronprinzlichen Armee fehlte noch
wenig, um die entscheidende Position bei Lippa ganz zu beherrschen;
kurz, dem Feinde blieb nur noch der Rückzug auf allen Punkten. Die
Schlacht war entschieden. Das furchtbare Kanonendonnern verstummte
plötzlich beinahe überall; der Feind trat seinen Rückzug an. Der Rest
des Tages gehörte jetzt der Verfolgung! Bereits seit langen Stunden
standen, mit Ungeduld auf diesen Moment wartend, zwei Cavallerie-
Brigaden bereit. Der Prinz Friedrich Karl, welcher dem letzten
Kampfe in der vordersten Gefechtslinie beigewohnt hatte, sprengt zurück
und holt seine Reiter zur Verfolgung. Unter Hurrah! trabt Alles
*) Bravour = Tapferkeit, Heldenmuts.
**) Lisiöre -- Einfassung, hier Waldessau«.
***J Llanke -- die Seite.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose]]
Extrahierte Personennamen: Herwarth Friedrich_Karl Friedrich Karl
256
vor; man reitet an dem Saume des so schwer erkansten Waldes ent-
lang, und die glänzenden Reitermassen ergießen sich in ein weites Feld,
das in der Richtung auf Königgrätz zu sich allmählich zu einer langen
Hügelkette erhebt. Dort gehen auch die Geschütze im Marsch! Marsch!
vor und die Infanterie folgt im Geschwindschritt. Alles ist überdeckt
mit todten und verwundeten Feinden, Pferden, Geschützen, Tornistern
und Waffen. Mit Sturmesgewalt ergreift es die Massen der siegen-
den Verfolger und reißt sie unaufhaltsam weiter, als der König in
sausendem Galopp angesprengt kommt und selbst seine Reiter vorführt
zur Verfolgung der Feinde! Keiner, der das Glück gehabt hat, an
diesem Tage mit über das Feld von Sadowa zu gehen, um die ge-
schlagenen Österreicher vor uns her zu jagen, wird es je vergessen,
wie er den greisen Heldenkönig gesehen hat, seine Truppen anfeuernd,
ihnen dankend mit Hand und Wort — wie ein tausend- und tausend-
stimmiges Hurrah! aus den langen Reihen erdonnerte, lauter, kräftiger,
als selbst die Stimmen der krachenden Geschütze — wie die Reiter die
Säbel schwangen und die Infanteristen ihre leichten Mützen, wie die
Offiziere sich um den König drängten, um ihm die Hand zu küssen,
die er jedem Einzelnen hätte hinstrecken mögen: — das Alles in
schnellster, unaufhaltsamer Bewegung über die Trümmer des fliehenden
Feindes hinweg vorwärts, vorwärts, dahin, wo die österreichischen
Massen sich zurückwälzen, und wo die Bahn frei wird für den preußi-
schen Aar!*) —
Ich gestehe es gern, daß mir die Thränen in die Augen getreten
sind auf diesem Ritt, und daß es mir schien, als müßten die Wolken
sich theilen und der große Friedrich auf seine Enkel herunter schauen,
die endlich, endlich die Wege gefunden haben, die er ihnen einst gezeigt.
Er würde sich heute ihrer nicht geschämt haben! Er hätte eine Armee
gesunden, würdig in jeder Beziehung, daß er sie führte — und einen
König Lei ihr, würdig, daß er sein Ahne ist." —
Mehr denn 1000 Kanonen hatten an diesem denkwürdigen Tage
gegen einander gedonnert, daß die Erde davon erbebte. Der Gesammt-
verlust der österreichischen Armee betrug 38,000 Mann an Todten,
Verwundeten und Gefangenen; 174 Geschütze, 400 Wagen, 40,000
Gewehre, 18,000 Gefangene und 11 Fahnen fielen den Preußen in
die Hände, die diesen glänzenden Sieg mit 10,000 Todten und Ver-
wundeten erkauft hatten. — Mit vollem Rechte konnte der König in
dem Armeebefehl am 4. Juli seinen tapferen Truppen den Dank für
ihre Leistungen mit den eben so schönen, als wahren Worten aus-
sprechen: „Der Tag von Königgrätz hat schwere Opfer ge-
kostet, aber er ist ein Ehrentag für die ganze Armee, auf
welche das Vaterland mit Stolz und Bewunderung blickt."
*) Aar — Adler.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Königgrätz
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Bataillone werden hinweggemäht,
Schwadronen vernichtet — die Schlacht sie steht!
Mit Trauern sieht es der König.
Die Kugel zischt, die Kanone kracht,
Die Mitrailleuse zerschmettert mit Macht.
Schon sind Regimenter in Splitter zerschellt,
Und immer neue rücken in's Feld,
Sie stürmen hinan die tödtlichen Höh'n,
Sie stürmen und sallen — die Schlacht bleibt steh'n l
Mit Trauern sieht es der König.
Die Sonne neigt sich — noch steht die Schlacht!
Was dröhnet dort dumpf aus der Waldesnacht?.
In blauen Säulen lautlos und stumm
Bricht's vor und schwenkt sich mächtig herum,
Die Erde zittert — Feind, zitt're mit! —
Es ist der wuchtige Massenschritt
Der pommerschen Grenadiere'
In breiten Kolonnen Mann an Mann,
Im Sturmschritt geht es die Höhen hinan.
Es kracht keine Salve, es füllt kein Schuß,
Bajonett und Kolben sie machen den Schluß,
Die Schlacht rückt vorwärts, es weicht der Feind —
Sie haben's ihm gar zu ernst gemeint
Die pommerschen Grenadiere.
Und nun mit Hurrah! hinter ihm drein,
Und werft ihn vollends in Meß hinein!
Kanonen blitzen noch durch di? Nacht,
Das grause, das Llut'ge Werk ist vollbracht.
Die Schlacht ist gewonnen, verloren Bazame —
Im Auge des Königs die Thränen steh'n:
Gott lohn euch, ihr tapfern Todten! (Franz Iahn)
60. Die Gefangennahme des Kaisers bei Sedan.
(2. Septbr. 1870.)
Der Kaiser Napoleon hatte Metz schon am 16. August ver-
lasien und sich ins Lager von Chalons begeben, wo Mac Mahon
wieder eine Armee von 150,000 Mann gesammelt hatte. Nachdem
Prinz Friedrich Karl mit einem Theile seiner Armee die Cernirung*)
von Metz übernommen, und nachdem unter dem Oberbefehl des Kron-
prinzen von Sachsen eine neue, vierte Armee gebildet worden war,
setzte die Hauptmacht der deutschen Heere ihren Vormarsch nach Westen,
auf Paris zu, fort.
Der Kronprinz von Preußen hatte bereits das von Mac Mahon
verlassene Chalons erreicht, als man erfuhr, dieser habe sich nicht nach
Paris zurückgezogen, sondern nach Norden rechts abgeschwenkt, um im
Rücken der vordringenden deutschen Armeen auf Umwegen an der belgi-
schen Grenze vorbei nach Metz zu marschiren und die dort einge-
schlossene Armee Bazaine's zu befreien. Sobald die deutschen Heer-
führer hiervon Kunde erhielten, wurde in einem am 25. August ab-
*) Cernirung = Umkreisung, Einschließung einer Festung.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Franz_Iahn Franz Napoleon August Chalons Friedrich_Karl Friedrich Karl Metz August
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Mahon Sachsen Paris Paris
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gehaltenen Kriegsrathe beschlossen, den französischen Marschall aufzu-
suchen und abzufangen, bevor er Metz erreichen könne. Schon am
27. August bekamen unsere kühnen und flinken „Ulanen" „Fühlung
mit dem Feind"; am 29., 30. und 31. August kam es an verschie-
denen Punkten zu ernsten Gefechten, und am 1. September wurde
die Hauptschlacht, die weltberühmte Schlacht Lei Sedan*) geschlagen.
Der Mittelpunkt der Aufstellung des Feindes war die Stadt
Sedan. Von y27 Uhr Morgens bis 1 Uhr Nachmittags wurde mit
äußerster Heftigkeit gekämpft und der Feind immer mehr auf Sedan
zurückgedrängt. Wie zwei riesige Arme legten sich die deutschen Armeen
um den französischen Heerkörper, ihn fest und immer fester umschnürend,
bis die Finger der Riesenarme sich berührten. Um 2 Uhr war die
Umzingelung vollendet. Im heftigsten Kampfe drangen jetzt die deut-
schen Heere von allen Seiten unaufhaltsam vor. Die Franzosen,
ringsum von den Höhen herabgeworfen, hatten nur noch eine einzige
Zufluchtsstätte, die Festung Sedan. Einem umstellten Löwen gleich,
versuchten sie bald hier, bald dort einen Vorstoß zu machen; aber
überall wurden sie in den Kessel zurückgetrieben, wo Tod und Ver-
derben ihrer wartete. Auf einem verhältnißmäßig kleinen Raum kämpften
hier 350,000 Mann, die Deutschen siegesgewiß heranstürmend, die
Franzosen trotzig jeden Fuß Raum auf das äußerste vertheidigend. Im
Norden und Westen stürmte der Kronprinz von Preußen, im
Süden General von der Tann mit den Bayern auf sie ein; süd-
östlich standen die Sachsen und im Norden und Nordosten die preu-
ßische Garde unter dem Kronprinzen von Sachsen. Über
dem da unten ringenden Menschenknäuel lag eine weiße Wolke,
aus der von den Höhen herab unsere Artillerie unaufhörlich
donnerte und blitzte, bis der Feind gegen 4 Uhr in die enge
Festung Sedan zurückgeworfen war. „Großer Sieg!" ließ der
Kronprinz um diese Zeit ins Hauptquartier melden. Gegen Ü Uhr
begann die Beschießung von Sedan, und erst als die Flammen in der
Stadt emporschlugen und der Feind in Todesangst die weiße Fahne
aufzog, erst jetzt kam mit dem Parlamentär**) zugleich die über-
raschende Kunde, daß der Kaiser Napoleon sich inmitten der Besatzung
von Sedan befinde. Der Jubel unter den Truppen bei dieser Nach-
richt war unbeschreiblich. Stürmische Hurrah's wechselten mit der
Volkshymne und der Wacht am Rhein, und in den Augen der Schwer-
verwundeten, der Sterbenden erglänzte ein lichter Freudenstrahl. Gegen
Abend erschien ein französischer General und überbrachte dem Könige
ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers, das mit den.worten begann:
,Da es mir nicht vergönnt war, an der Spitze meiner Armee
zu sterben, so lege ich meinen Degen zu Eurer Majestät
Füßen." -
•) Sprich: Sedan». _ _
•*j Parlaments, da Unterhändler, ei» -riegsbete »m Unterhandlung Ich er Waffe»stil>
stand oder Ergebung.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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TM Hauptwörter (200): [T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: August August Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Sedan Sedan Sachsen Sachsen Sedan Sedan Sedan Rhein