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Das Land ist mit kleinen Städten übersäet. Die Haupt- und
Residenzstadt aber ist Stuttgart in einem nach dem Neckar zu-
gehenden Thale, welches mit Reben und Obstbäumen reich bepflanzt ist.
Ihre Einwohnerzahl ist auf 91.000 angewachsen, so daß man sie jetzt
zu den großen Städten zählen kann. Besonders bemerkenswerth für
jeden Deutschen ist das dem aus Würtemberg gebürtigen großen Dichter
Schiller errichtete Denkmal. Er allein würde sein Vaterland allent-
halben berühmt machen; darum wäre es undankbar gewesen, wenn man
sein Andenken in der Hauptstadt von Schwaben nicht geehrt hätte.
Außer Stuttgart sind noch die Universitätsstadt Tübingen und die
Festung Nlm bemerkenswerth. — Durch ein wohlgeordnetes Schul-
wesen hat die würtembergische Regierung sehr viel zur Bildung des
Volkes beigetragen, und eben Würtemberg, das Schwabenland,
ist es, welches dem deutschen Volke viele berühmte Dichter, z. B.
Schiller, Uhland, Justinus Kerner u. a. gegeben hat.
Neben der Anhänglichkeit an ihre Heimath zeichnen den schwäbischen
Volksstamm auch Anhänglichkeit und Treue gegen den Landesherrn und
gegen die Familie aus. So wird von den Frauen des Städtchens
Weinsberg folgendes berühmte Beispiel der,Treue erzählt. Als
nämlich ein deutscher Kaiser die Stadt, welche sich zu seinen Feinden
gehalten hatte, belagerte, wehrten sich die Bürger so verzweifelt, daß
er im Unwillen schwur, wenn er hineinkomme, werde er keinen, der
die Waffen geführt, verschonen. Der Hunger zwang endlich die Stadt,
sich zu ergeben, und kein Bitten und Flehen vermochte nun den Kaiser
zur Gnade zu bewegen. Nur den Weibern, beladen mit ihren besten
Schätzen, wurde freier Abzug bewilligt. Aber als sich das Thor öffnet,
was zeigt sich den mordlustigen Kriegern des Kaisers? Eine lange
Reihe der Weiber, die, mit Zurücklassung ihrer liebsten Habe, ihre
Männer, Vater und Söhne als ihre besten Schätze auf dem Rücken
trugen. Obgleich mancher aus des Kaisers Gefolge diese List nicht
gelten lassen wollte, so erklärte dieser doch, sein kaiserliches Wort
müsse gehalten werden. Die Weiber hatten den Männern das
Leben gerettet, und der Kaiser belohnte diese ihre Treue dadurch, daß
er ihnen auch alle ihre Besitzthümer ließ.
Von der Treue der Schwaben gegen den Landesherrn wird folgende
Geschichte erzählt. Als Graf Eberhard von Würtemberg in
seinem Alter in Wildbad sich erholen und die vielen Wunden, die
er in den Schlachten für sein Land empfangen, heilen wollte, wurde
er plötzlich von feindlichen Rittern dort eingeschlossen und wäre ohne
Zweifel von ihnen gefangen worden, hätte ihn nicht ein treuer Unter-
than gerettet. Ein Hirt war es; dieser eilte athemlos herbei, dem
Grafen die Botschaft von den heranziehenden Feinden zu bringen.
Aber damit begnügte sich der Mann nicht; er zeigte dem alten Herrn
zugleich einen verborgenen Pfad zur Flucht, und als dieser nicht rasch
genug den Berg hinaufsteigen konnte, nahm ihn der kräftige Schwabe
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]
Extrahierte Personennamen: Schiller B.
Schiller Eberhard_von_Würtemberg
— 84 —
Schmutz, an allen Ecken und Enden Fleisch- und Semmelbuden, Höcker«
weiber und dampfende „Würstel".
Wie im Lande, so zeigt sich auch im Charakter des Böhmen noch
mannigfach eine gewisse Natürlichkeit. Ein hervorstechender Zug im
Charakter des ganzen böhmischen Volkes ist jene unterthänige Höflichkeit.
Wenn der Preuße einfach „guten Morgen" sagt, so spricht schon der
Sachse: „schönen guten Morgen", der Böhme aber kann es dabei
nicht bewenden lassen, und vollendet den Satz: „guten Morgen wünsch'
ich", „guten Abend wünsch' ich"; damit indessen noch nicht zufrieden,
nennt er auch noch den gehorsamsten Diener, und ein vollständiger
Nachtgruß lautet: „Gute Nacht wünsch' ich, Ihr gehorsamster Diener,
schlafen Sie wohl!"
Der Bauer hat schon seinen Hut unter dem Arme, wenn er seinen
Gutsherrn von Weitem erblickt. Muß er mit ihm sprechen, oder kommt
er sonst in seine Nähe, so begrüßt er ihn mit einem Handkuß. Diese
Sitte hat etwas Patriarchalisches und Zutrauliches und ist viel besser,
als jenes Kniebeugen der Polen. Dem Pfarrer küssen Alt und Jung,
Männer und Weiber, Bursche und Mädchen die Hand, sobald sie ihm
auf der Straße begegnen oder ihn in seinem Hause besuchen. Sämmt-
liches Gesinde nicht nur, sondern auch die obern Hausbeamten küssen
dem gnädigen Herrn, der gnädigen Frau täglich, sobald sie
derselben ansichtig werden, die Hand. In den höhern Ständen küssen
die Söhne und Töchter des Hauses, so lange sie noch nicht das vier-
zehnte Jahr überschritten haben, dem Papa und der Mama, dem Onkel
und der Tante nach jeder Mittagsmahlzeit und vor dem Schlafengehen
erst die Hand und dann den Mund.
Das anziehendste und wichtigste Schauspiel bietet Böhmen dar in
der Mischung zweier grundverschiedenen Nationen, die seine Bevöl-
kerung bilden. Von den fünftehalb Millionen sind nämlich 2,500,009
Czechen (Tschechen), der übrige Theil Deutsche. Wie zwei'feind-
selige Elemente sind jene zwei Völker oft zischend und brausend gegen
einander gefahren, bis der Czeche erlag. Aber seine Hoffnung auf eine
bessere Zukunft lebt in Dichtung und Sage von Geschlecht zu Ge-
schlecht fort. Aus dem reichen Schatze derselben nur ein Beispiel. Im
Taborer Kreise liegt ein Berg, Blanik, aus dem rieselt eine Quelle
hervor mit grünlichem Wasser und weißem Schaume. In alten Zeiten,
wo ein sehr mächtiger Feind das Czechenvolk bedrängte und endlich
unterjochte, hatten sich aus der letzten unglücklichen Schlacht noch einige
tausend Eingeborne gerettet und, vom Feinde hart verfolgt, im Inner::
jenes sonderbaren Berges, der sich plötzlich der Reiterschaar geöffnet,
Schutz und Zuflucht gefunden. Allda schlafen sie nun schon viele hundert
Jahre sammt ihren Pferden, sterben aber nicht, sondern werden wieder
hervorkommen, wenn die Zeit erfüllet ist und Böhmen wieder in der
größten Bedrängniß sein wird; dann aber werden sie siegen. Zuweilen
heben sie die Köpfe empor und fragen, ob es nicht Zeit sei. Dann
spitzen die Pferde die Ohren, aber alsbald fällt auch alles wieder in
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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192
sie schlossen einen Bund und nannten sich alle zusammen Alemannen,
d. i. ganze Männer. Alsbald überstiegen sie kühn die Teufels-
mauer*), brachen die stolzen Burgen der Römer und machten sich auf
ihren Streifzügen denselben furchtbar.
Nicht viel später erhoben sich die deutschen Stämme am Niederrhein,
darunter die kriegserfahrenen Katten oder Hessen. Die machten auch
ein Bündniß und hießen sich Franken, denn sie wollten frank und
freie Leute sein, und waren ein gar kühnes Volk. Weiter nordwärts
aber bis an die Küsten der Nordsee und der Elbe verbanden sich die
Friesen und Cherusker und viele andere und nannten sich Sachsen,
weil sie Sahs, d. i. lange Messer oder Schwerter trugen; die
waren kühne Seefahrer und nahmen den Römern Land und Schiffe an
der Küste weg. Von der Küste der Ostsee aber bis an das schwarze
Meer wurde der Bund der Gothen gewaltig und verdrängte die Römer
vom schwarzen Meere und der Donau.
3. Die Schlacht bei Zülpich.
(496 n. Chr.)
Chlodewtg, der Frankenkönig, sah in Zülpichs heißer Schlacht,
Daß die Alemannen siegten durch der Volkszahl Übermacht.
Plötzlich aus des Kampfs Gedränge hebt er sich auf stolzem Roß,
Und man sah ihn herrlich ragen vor den Edlen, vor dem Troß.
Beide Arme, beide Hände hält er hoch empor zum Schwur,
Ruft mit seiner Eisenstimme, daß es durch die Reihen fuhr:
„Gott der Christen, Gott am Kreuze, Gott, den mein Gemahl verehrt!
„So du bist ein Gott der Schlachten, der im Schrecken niederfährt,
„Hilf mir dieses Volk bezwingen, gieb den Steg in meine Hand,
„Daß der Franken Macht erkennen muß des Rheins, des Neckars Sttand!
„Sieh, so will ich an dich glauben, Kirchen und Kapellen bau'n
„Und die edlen Franken lehren, keinem Gott als dir vertrau'»." —
Sprach es, und aus Wolken leuchtend brach der Sonne voller Strahl;
Frischer Muth belebt die Herzen, füllt des schwachen Häufleins Zahl.
Chlodwig selbst ergriff das Banner, trug es in der Feinde Reih'n,
Und die Franken, siegesmuthig, stürzen jauchzend hinterdrein.
Schreck ergriff der Feinde Rotten, feige wenden sie und flieh'n,
All' ihr Kriegsruhm ist erloschen, ihre Macht und Freiheit hin.
König Chlodwig ließ sich taufen und sein edles Volk zugleich,
Und ob allen deutschen Stämmen mächtig ward der Franken Reich. —
„Wenn sie einst den Gott verlassen, der bei Zülpich Sieg verlieh,
„Ist den Alemannen wieder Macht gegeben über sie." — (Simrock)
6. Borrifaeirrs, der Apostel der Deutschen.
(716-755.)
Es waren schon über 600 Jahre seit Christi Geburt verflossen,
und in unserm Vaterlande war das Christenthum noch fast ganz un-
bekannt; hier beteten noch die Heiden die alten Götter an und brachten
ihnen Opfer dar, selbst Menschenopfer. Da kamen aus Irland und
*) So nennt man bis noch vorhandenen Spuren von Wällen und Gräben, welche die Rö-
mer nach der Hermannsschlacht von der Altmühl in Bayern an, östlich am Odenwald vorbei
und vor dem Taunus durch z«im Siebengebtrge ans rechte Rheinufer gezogen hatten,
um dem weitern Bordringen der Deutschen sich hinter Derschanzungen entgegen zu stellen.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Chlodwig Chlodwig Chlodwig Borrifaeirrs Apostel Christi
256
vor; man reitet an dem Saume des so schwer erkansten Waldes ent-
lang, und die glänzenden Reitermassen ergießen sich in ein weites Feld,
das in der Richtung auf Königgrätz zu sich allmählich zu einer langen
Hügelkette erhebt. Dort gehen auch die Geschütze im Marsch! Marsch!
vor und die Infanterie folgt im Geschwindschritt. Alles ist überdeckt
mit todten und verwundeten Feinden, Pferden, Geschützen, Tornistern
und Waffen. Mit Sturmesgewalt ergreift es die Massen der siegen-
den Verfolger und reißt sie unaufhaltsam weiter, als der König in
sausendem Galopp angesprengt kommt und selbst seine Reiter vorführt
zur Verfolgung der Feinde! Keiner, der das Glück gehabt hat, an
diesem Tage mit über das Feld von Sadowa zu gehen, um die ge-
schlagenen Österreicher vor uns her zu jagen, wird es je vergessen,
wie er den greisen Heldenkönig gesehen hat, seine Truppen anfeuernd,
ihnen dankend mit Hand und Wort — wie ein tausend- und tausend-
stimmiges Hurrah! aus den langen Reihen erdonnerte, lauter, kräftiger,
als selbst die Stimmen der krachenden Geschütze — wie die Reiter die
Säbel schwangen und die Infanteristen ihre leichten Mützen, wie die
Offiziere sich um den König drängten, um ihm die Hand zu küssen,
die er jedem Einzelnen hätte hinstrecken mögen: — das Alles in
schnellster, unaufhaltsamer Bewegung über die Trümmer des fliehenden
Feindes hinweg vorwärts, vorwärts, dahin, wo die österreichischen
Massen sich zurückwälzen, und wo die Bahn frei wird für den preußi-
schen Aar!*) —
Ich gestehe es gern, daß mir die Thränen in die Augen getreten
sind auf diesem Ritt, und daß es mir schien, als müßten die Wolken
sich theilen und der große Friedrich auf seine Enkel herunter schauen,
die endlich, endlich die Wege gefunden haben, die er ihnen einst gezeigt.
Er würde sich heute ihrer nicht geschämt haben! Er hätte eine Armee
gesunden, würdig in jeder Beziehung, daß er sie führte — und einen
König Lei ihr, würdig, daß er sein Ahne ist." —
Mehr denn 1000 Kanonen hatten an diesem denkwürdigen Tage
gegen einander gedonnert, daß die Erde davon erbebte. Der Gesammt-
verlust der österreichischen Armee betrug 38,000 Mann an Todten,
Verwundeten und Gefangenen; 174 Geschütze, 400 Wagen, 40,000
Gewehre, 18,000 Gefangene und 11 Fahnen fielen den Preußen in
die Hände, die diesen glänzenden Sieg mit 10,000 Todten und Ver-
wundeten erkauft hatten. — Mit vollem Rechte konnte der König in
dem Armeebefehl am 4. Juli seinen tapferen Truppen den Dank für
ihre Leistungen mit den eben so schönen, als wahren Worten aus-
sprechen: „Der Tag von Königgrätz hat schwere Opfer ge-
kostet, aber er ist ein Ehrentag für die ganze Armee, auf
welche das Vaterland mit Stolz und Bewunderung blickt."
*) Aar — Adler.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Königgrätz
269
Bataillone werden hinweggemäht,
Schwadronen vernichtet — die Schlacht sie steht!
Mit Trauern sieht es der König.
Die Kugel zischt, die Kanone kracht,
Die Mitrailleuse zerschmettert mit Macht.
Schon sind Regimenter in Splitter zerschellt,
Und immer neue rücken in's Feld,
Sie stürmen hinan die tödtlichen Höh'n,
Sie stürmen und sallen — die Schlacht bleibt steh'n l
Mit Trauern sieht es der König.
Die Sonne neigt sich — noch steht die Schlacht!
Was dröhnet dort dumpf aus der Waldesnacht?.
In blauen Säulen lautlos und stumm
Bricht's vor und schwenkt sich mächtig herum,
Die Erde zittert — Feind, zitt're mit! —
Es ist der wuchtige Massenschritt
Der pommerschen Grenadiere'
In breiten Kolonnen Mann an Mann,
Im Sturmschritt geht es die Höhen hinan.
Es kracht keine Salve, es füllt kein Schuß,
Bajonett und Kolben sie machen den Schluß,
Die Schlacht rückt vorwärts, es weicht der Feind —
Sie haben's ihm gar zu ernst gemeint
Die pommerschen Grenadiere.
Und nun mit Hurrah! hinter ihm drein,
Und werft ihn vollends in Meß hinein!
Kanonen blitzen noch durch di? Nacht,
Das grause, das Llut'ge Werk ist vollbracht.
Die Schlacht ist gewonnen, verloren Bazame —
Im Auge des Königs die Thränen steh'n:
Gott lohn euch, ihr tapfern Todten! (Franz Iahn)
60. Die Gefangennahme des Kaisers bei Sedan.
(2. Septbr. 1870.)
Der Kaiser Napoleon hatte Metz schon am 16. August ver-
lasien und sich ins Lager von Chalons begeben, wo Mac Mahon
wieder eine Armee von 150,000 Mann gesammelt hatte. Nachdem
Prinz Friedrich Karl mit einem Theile seiner Armee die Cernirung*)
von Metz übernommen, und nachdem unter dem Oberbefehl des Kron-
prinzen von Sachsen eine neue, vierte Armee gebildet worden war,
setzte die Hauptmacht der deutschen Heere ihren Vormarsch nach Westen,
auf Paris zu, fort.
Der Kronprinz von Preußen hatte bereits das von Mac Mahon
verlassene Chalons erreicht, als man erfuhr, dieser habe sich nicht nach
Paris zurückgezogen, sondern nach Norden rechts abgeschwenkt, um im
Rücken der vordringenden deutschen Armeen auf Umwegen an der belgi-
schen Grenze vorbei nach Metz zu marschiren und die dort einge-
schlossene Armee Bazaine's zu befreien. Sobald die deutschen Heer-
führer hiervon Kunde erhielten, wurde in einem am 25. August ab-
*) Cernirung = Umkreisung, Einschließung einer Festung.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Franz_Iahn Franz Napoleon August Chalons Friedrich_Karl Friedrich Karl Metz August
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Mahon Sachsen Paris Paris
283
2. Als der Brucken nun war geschlagen, dass man kunnt mit Stuck und
"Wagen frei passir’n den Donaufluss, hei Semlin schlug man das Lager, alle
Türken zu verjagen, ihn’n zum Spott und zum Verdruss.
3. Am einundzwanzigsten August so eben kam ein Spion hei Sturm und
Regen, schwur’s dem Prinzen und zeigt’s ihm an, dass die Türken futragiren,
so viel als man kunnt verspüren, an die dreimalhunderttausend Mann.
4. Als Prinz Eugenius dies vernommen, liess er gleich zusammenkommen
seine General’ und Feldmarschall. Er that sie recht instruiren, wie man sollt’
die Truppen führen und den Feind recht greifen an.
5. Bei der Parole that er befehlen, dass man sollt die Zwölfe zählen hei
der Uhr um Mitternacht. Da sollt all’s zu Pferd aufsitzen, mit dem Feinde
zu scharmützen, was zum Streit nur hätte Kraft.
6. Alles sass auch gleich zu Pferde, jeder griff nach seinem Schwerte, ganz
still rückt man aus der Schanz. Die Musketier, wie auch die Reiter, thäten
alle tapfer streiten, ’s war fürwahr ein schöner Tanz.
7. Ihr Constahler auf der Schanze, spielet auf zu diesem Tanze mit Car-
thaunen gross und klein! Mit den grossen, mit den kleinen auf die Türken,
auf die Heiden, dass sie laufen all’ davon.
8. Prinz Eugenius wohl auf der Rechten that als wie ein Löwe fechten,
als Gen’ral und Feldmarschall. Prinz Ludewig ritt auf und nieder: Halft
euch brav, ihr deutschen Brüder, greift den Feind nur herzhaft an!
9. Prinz Ludewig, der musst’ aufgehen seinen Geist und junges Lehen,
ward getroffen von dem Blei. Prinz Eugen war sehr betrübet, weil er ihn
so sehr geliehet, liess ihn bringen nach Peterwardein. (Volkslied.)
7. Der reichste Fürst.
1. Preisend mit viel schönen Reden ihrer Länder Werth und Zahl, ihrer
Länder Werth und Zahl, sassen viele deutsche Fürsten einst zu Worms im
Kaisersaal, einst zu Worms im Kaisersaal.
2. „Herrlich“, sprach der Fürst von Sachsen, „ist mein Land und seine
Macht, Silber hegen seine Berge wohl in manchem tiefen Schacht.“:,:
3. „Seht mein Land in üpp’ger Fülle,“ :,: sprach der Pfalzgraf von dem
Rhein „gold’ne Saaten in den Thälern, :,: auf den Bergen edler Wein.“ :,:
4. „Grosse Städte, reiche Klöster,“ :,: Ludwig, Herr zu Bayern, sprach, :,:
„schaffen, dass mein Land dem euern :.: wohl nicht steht an Schätzen nach.“ :,:
5. Eberhard, der mit dem Barte, :,: Würtemberg’s geliebter Herr, :,: sprach:
„Mein Land hat kleine Städte, :,: trägt nicht Berge, silberschwer.“
6. „Doch ein Kleinod hält’s verborgen: — :,: dass in Wäldern, noch so
gross,:,: ich mein Haupt kann kühnlich legen, :,: jedem Unterthan in Schoss 1“ :,:
7. Und es rief der Herr von Sachsen, :,: der von Bayern, der vom Rhein:
„Graf im Bart! ihr seid der Reichste, :,: Euer Land trägt Edelstein!“ :,:
(Just. Keraer.)
8. Die Lore-Ley.
(Alte Sage vom Lurlei-Felsen.)
1. Ich weiss nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin?
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig Hiesst der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
2. Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar;
Ihr gold’nes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei,
Das hat eine wundersame,
Gewalfge Melodei.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: August Eugenius Eugenius Ludewig Ludewig Eugen Eugen Ludwig Ludwig Eberhard Melodei
434
Zeit aus dm Knaben große, schone Jünglinge geworden waren, fragte
sie einmal ihr Pflegevater: „Nicht wahr, ihr meint, ich sei euer Vater?
— Es ist aber nicht also. Ihr seid Prinzen. Der arme Numitor ist
euer Großvater, und Amulius hat ihn abgesetzt!" Das betrübte die
kühnen Jünglinge. Sie sammelten die Hirten der Umgegend, ihre
Freunde, erzählten ihnen die ganze Geschichte, gingen nach Alba, er-
schlugen den Amulius und setzten ihren Großvater wieder auf den Thron.
Erkenntlich für solche Wohlthat gab ihnen Numitor einen Fleck Landes
an der Tiber und erlaubte ihnen, eine Stadt zu bauen. Hier nun,
an dem Orte, wo sie als Hirten gewohnt hatten, legten Romulus
und Remus, in Verbindung mit vielen Bewohnern der Umgegend, den
Grund zu der Stadt, aus welcher später das so mächtige Rom wurde.
Gleich im Anfange war unter den Brüdern Streit, wer von ihnen die
Stadt benennen, wer sie als König beherrschen sollte, und der Streit
endete mit — Todschlag. Romulus schlug seinen Bruder Remus todt
und nannte die Stadt nach seinem Namen Rom. Dem Brudermörder
ging's indeß am Ende, ,wie er's verdiente. Er ward zwar König der
neuen Stadt, aber die Ältesten (lat. Senatoren) hatten auch ein Wort
mit zu reden. Und als Romulus ihnen einmal nicht recht zu Willen
sein wollte, stachen sie ihn todt und sagten aus Furcht vor dem Volke:
„Die Götter haben ihn abgeholt und in ihre Mitte versetzt." — Und
fortan hieß der Brudermörder Romulus ein Gott.
10. Pyrrhus und Fabrr'eirrs.
(283—272 v. Chr.)
Romulus' Stadt war von Tag zu Tag mächtiger geworden, und von ganz
Italien gefürchtet stand das kriegerische Rom da. Da kam etwa 300 v. Chr. aus
Epirus, einer Landschaft des nördlichen Griechenlands, ein mächtiger König über
das Meer; er hieß Pyrrhus; er wollte sich mit den Römern messen. In der
ersten Schlacht siegte er hauptsächlich durch Hülfe gewisser Thiere, welche die Rö-
mer mit dem höchsten Erstaunen betrachteten; denn noch nie hatten sie solche zu
Gesicht bekommen. Es waren Elephanten. Lus den Rücken dieser ungeheuren
Thiere waren hölzerne Thürmchen befestigt, von welchen herab 16 Soldaten mit
Lanzen und Pfeilen stritten; auch die Elephanten selbst, namentlich wenn sie erst
durch Wunden gereizt waren, packten mit ihrem Rüssel feindliche Soldaten, schmet-
terten sie zu Boden und zermalmten sie mit ihren Füßen, die eher dicke Säulen
als bewegliche Glieder eines Thieres zu sein schienen. Trotz des ungewohnten
Anblicks, des geheimen Grauens vor diesem unbekannten Feinde, hatten die Römer
mit aller Tapferkeit Widerstand geleistet, und Pyrrhus rief voll Bewunderung
aus: „Mit solchen Soldaten wollte ich die ganze Welt erobern!" — Mit »inem
solchen Feinde wünschte er doch Frieden zu haben und knüpfte Unterhandlungen
an. Ber diesen Verhandlungen kam ein Römer als Abgesandter in des Pyrrhus
Lager, Fabricius mit Namen, der durch seine Rechtschaffenheit sich die allgemeine
Achtung erworben hatte. Da der König wußte, in welchem Ansehen er in Rom
stand, so suchte er ihn zu gewinnen, um durch ihn den Frieden zu bewirken. Er
ließ ihn daher allein zu sich kommen und sprach zu ihm: „Ich weiß, lieber Fa-
bricius, daß du ein kriegserfahrener und tugendhafter Mann, aber dennoch arm
bist; das thut mir leid. Erlaube mir daher, daß ich dir von meinen Schätzen so
viel gebe, daß du reicher seiest, als die anderen Senatoren. Denn das ist der
beste Gebrauch, den Fürsten von ihren Reichthümern machen können, daß sie großen
Männern damit aushelfen. Ich verlange von dir dafür nichts Entehrendes, fon-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T27: [Krieg Römer Rom Hannibal Karthager Karthago Jahr Scipio Spanien Rmer], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Italien Rom Epirus Griechenlands Rom
519
vorgestern hier gewesen wärest, so wüßte ich auch jemanden, der den
ganzen Vormittag nicht vom Fenster gekommen wäre. Du sollst nämlich
wissen, daß an diesem Tage drei Cavallerie- und vier Infanterie-
Regimenter durch unsern Ort zogen, um sich zur Musterung nach B.
zu begeben; und wenn du aufmerksam List, so will ich dir etwas davon
erzählen. Daß dein Brüderchen schon um 4 Uhr Morgens auf der
Beinen war, um ja nichts zu versäumen, kannst du dir leicht denken.
Aber es dauerte noch eine geraume Zeit, bis die Herrlichkeit anging,
und fast wäre ich übellaunig geworden. Da — auf einmal — ich
stand gerade unter der großen Linde auf dem Kirchhofe — steigt im
fernen Felde eine lange, lange Staubwolke auf! drinnen funkelt und
blitzt es, daß es eine Lust war. Sie kommen! jauchzten wir alle, eil-
ten von der Höhe hinunter auf die Landstraße, und schlossen uns gleich
an die ersten Krieger an. Es waren Grenadiere, lauter große,
schnurrbärtige Männer mit gewaltigen Federbüschen auf den Helmen.
Als sie vor dem Thore anlangten, machten sie Halt und erwarteten die
Übrigen, dann stellten sie sich in Reihe und Glied und marschirten nun
in Parade durch den Ort. Wie wirbelten da die Trommeln, wie
brauste die Janitscharenmusik dazwischen! Wie blinkten die Ge-
wehre und die Degen der Offiziere! Aber das war alles noch nichts
gegen die Reiter. Die hättest du sehen sollen! Zuerst kamen die Hu-
saren, zuletzt Kürassire. Welch' prächtige Pferde, welch' glänzendes
Geschirre! Und nun erst die Reiter selbst! Ich konnte mich gar nicht
satt sehen an den Säbeln, den wehenden Federbüschen, den glänzenden
Achselbändern, der Stickerei und den Ordenssternen. Vor allen gefielen
mir die Kürassire mit ihren blitzenden Panzern und Helmen; ich dachte
dabei immer an die alten Ritter. Und nun vollends die Trompeter!
Als die anfingen, hörte und sah ich nichts anderes mehr. Da nun die
Krieger vorbei waren, kamen Kanonen, Pulverwagen, Packpferde, — und
so ging es bis zum Abende. Ich war vom vielen Sehen und langen
Stehen recht müde, aber es war doch ein herrlicher Tag. Mehr als
zehnmal habe ich dich hergewünscht. Leider konntest du nicht zugegen sein
Fnd mußt dich daher begnügen mit der unvollkommenen Beschreibung
deines
N. dich liebenden Bruders
Fritz.
13. Wohlthätigkeit.
(Xv. Muster stück von Kellner.)
§. 1. „Die armen, unglücklichen Menschen!" sprach Alwine zur
Frau Hold, ihrer Mutter. „Du solltest sie sehen! Vierzehn Meilen
weit sind sie vor dem Feinde geflohen. Er soll sengen, brennen und
plündern, wohin er kommt."
§. 2. „Ach, meine Tochter!" versetzte Frau Hold, „der Krieg ist
eines der größten Übel, das die Menschheit drückt. Du hast Recht,
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O nein! Man verfolgt und quält mich entsetzlich. Hunde und
Jäger und Bauern sind säst immer hinter mir her, und jagen und ver-
folgen mich oft ganze Tage lang in einem fort. Man legt mir Schlingen
und Fallen und schießt und prügelt mich zu Tode. So lange ich aber
noch Kräfte und Athem habe zu laufen, lasse ich mich nicht so leicht
gefangen nehmen. Überfällt man mich in meinem Baue, so grabe ich
mir geschwind einen andern Ausgang, und fliehe mit Weib und Kind
davon, und betrüge den Jäger, der nun vergebens auf meinen Pelz
lauert. Ist auch gleich meine ganze Höhle .mit Fallen umgeben und
mir zur Flucht fast gar keine Hoffnung mehr übrig, so leide ich doch
lieber den grausamsten Hunger, ehe ich mich in den ersten 14 Tagen
zum Gefangenen ergebe, und versuche alles Mögliche, noch zu entkommen.
Hilst aber alles nichts , je nun, so ist es endlich einerlei, ob ich in
einer Höhle verhungere, oder in der Falle eines gewaltsamen Todes
sterbe. Ich klaffe und seufze eher nicht, als wenn man mich leben-
dig ergreift und zu Tode prügelt. Und auch das hält schwer, denn ich
habe ein sehr zähes Leben; oft scheine ich todt, wenn ich nur auf
einen günstigen Augenblick warte, meine Feinde zu beißen und zu entfliehen.
Ich lebe ungefähr zwanzig Jahre und lasse mich nicht leicht zähmen.
Schlägt man mich des Winters todt, so giebt mein Balg treffliche
Pelzkleider, und auch mein Schwanz thut dann allerhand Dienste.
Ermordet man mich aber des Sommers, so kann nur der Hutmacher meine
Haare gebrauchen. In vielen Gegenden ißt man auch mein Fleisch.
Du hast ganz recht, schlauer Fuchs, dein Sommer La lg ist weit
schlechter, als dein Winterbalg. Ei, weißt du auch wohl, was der
Winterbalg eines deiner schönsten schwarzen Kameraden in Norwegen,
Lappland oder Sibirien kostet?
Nein. Wie viel denn?
Dreißig bis vierzig und einige Leute sagen sogar sechshundert bis
tausend Thaler. Ei, das wäre sehr viel! —
10. Der Spielmann in -er Wolfsgrube.
Vor nicht so gar langer Zeit gab es auch noch in unseren deutschen
Wäldern viele Wölfe, und mancher Bauer weiß noch die Geschichte
von jenem Geiger in der Wolfsgrube so gut, als wäre sie gestern
geschehen, obgleich sie ihm schon sein Großvater erzählt hat. Es ging
nämlich einmal ein Geigers mann von einer Kirchweih nach Hause,
auf welcher er den Leuten bis tief in die Nacht aufgegeigt hatte.
Das Männlein ging ohnehin nicht gern auf dem geraden Wege und
kam daher auch in dem dicken Forste, durch den es mußte, bald so
weit zur Seiten ab, daß es am Ende in eine Grube flel, welche der
Jäger zum Wolfsfange gegraben hatte. Der Schreck war schon groß
genug für den Geiger, da er so ohne weiteres von der ebenen Erde
in die Tiefe fuhr, wurde aber noch größer, da er unten auf etwas
Lebendiges auffiel, was wild aufsprang, und da er merkte, daß es ein
Wolf sei, der ihn mit glühenden Äugen ansah. Der Mann hatte
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Oberhaupt dieses Volkes, unterstützt, sogar an, den Herrn zu spielen,
römisches Gerichtswesen gewaltsam einzuführen und den freien Deutschen
Stockschläge und Henkerbeil aufzudringen. Da regte sich der Groll be-
trogener Gutmüthigkeit Lei dem Volke, und es dachte darauf, den zu-
dringlichen Fremdling los zu werden. Unter dem Volke der Cherusker
stand ein Jüngling auf, der schon eine Zeit lang in römischen Heeren
gedient, die Kunst des Krieges gelernt und selbst die römische Ritter-
würde erlangt hatte. Er hieß Hermann oder Armin. Ein schöner
und gewaltiger Held, edeln Geschlechtes, untadelig an Sitten, klug wie
wenige seines Volkes, von feuriger Beredsamkeit und glühend für die
Freiheit, gewann er leicht die Herzen aller freigesinnten Männer und
Jünglinge, und war der Stifter einer großen Verschwörung. In
einer nächtlichen Versammlung im Walde schwuren sie allen Römern in
Deutschland den Untergang. So geheim indeß diese Unternehmung be-
trieben wurde, so erfuhr sie doch Segest, und weil dieser ehrgeizige
Mann nichts so sehr als die Freiheit des Volkes haßte und überdem
mit Armin, der ihm seine schöne und freigesinnte Tochter Thusnelda
entführt hatte, in bitterer Fehde lebte, so verrieth er sogleich das
ganze Vorhaben. Varus aber lachte darüber und hielt die Deutschen
für dümmer und sich für mächtiger, als daß er irgend eine Gefahr
hätte fürchten dürfen.
Als der Herbst des Jahres 9 nach Chr. gekommen war und die
in Norddeutschland gewöhnlichen langen Regengüsse bevorstanden, schritt
Hermann zur Ausführung des Planes. Varus wurde von allen Seiten
angegriffen. Der Himmel selber war mit den Deutschen zum Unter-
gänge der Römer verschworen. Ungewitter brachen los, unendlicher Regen
strömte nieder und die Gebirgswässer schwollen zu Strömen an. Plötzlich
erscholl in dem Brausen des Waldes und der Gewäffer der fürchterliche
Kriegsgesang der Deutschen. Erschrocken standen die Römer, die sich
durch die engen Thäler mühsam fortschleppten. Da wurden sie von
allen Seiten mit einem Hagel von Steinen, Pfeilen und Wurflanzen
überschüttet. Dann stürzten die Deutschen von den Höhen nieder zum
Handgemenge. Grauen und Entsetzen ergriff die Römer. Sie zogen
auf einer waldlosen Ebene (an der Werra) hin und hielten so ziemlich
Ordnung, erlitten aber auch hier Verlust und kamen aufs neue in die
Waldgebirge (bei Detmold). Da öffnete sich ihnen ein unwegsames
Thal, in dem ihnen aufs neue große Schaaren von Deutschen auf-
lauerten und ihre Niederlage vollendeten, im tcutoburger Walde.
Varus stürzte sich in sein Schwert. Nur wenige Römer entkamen; alle
andern wurden erschlagen oder gefangen.
Hermann feierte den Göttern große Opferfeste und weihte ihnen
alle Todten und alle Beute, also daß die Römer unbegraben auf dem
Felde liegen bleiben mußten. Die Hauptleute unter den Gefangenen
wurden am Opferaltar geschlachtet.
Als die Römer am Rhein von dieser Niederlage hörten, verstärkten
sie sich in aller Eile; denn sie glaubten nicht anders, als daß die Deut-
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Extrahierte Personennamen: Hermann Armin Armin Thusnelda Varus Hermann Varus Varus Hermann
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Norddeutschland Werra) Detmold Rhein