I. Die Germanen und ihre Staatenbildungen auf römischem Reichsboden.
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Während des 3. Jh. erfolgte aus wirtschaftlich - sozialen und aus militärisch-politischen Ursachen der Zusammenschluß zahlreicher kleiner Völkerschaften zu anfangs losen, allmählich immer fester werdenden Völkerbünden. Solche sind:
1. die Alamannen, zunächst am Main; ihr Kernvolk sind die nach Sw. gewanderten Semnonen; mit ihnen verschmolzen oberrheinische Stämme;
2. die Franken (d. h. die Freien), hervorgegangen aus den Stämmen am Mittel- und Unterrhein;
3. die Sachsen (von sahs = Messer) zwischen Niederrhein und Elbe;
4. die Goten an der unteren Donau, wohin sie von der unteren Weichsel gelangt waren,1 zerfallend in West- und Ostgoten.
Das 3. und 4. Jh. sind von unausgesetzten Grenzkämpfen erfüllt.
Am Oberrhein ging im 3. Jh. das Zehntland verloren (I § 121) und hieß seitdem Alamannia. Nun besetzten die Alamannen das Land zwischen Rhein.- und Wasgenwald (Elsaß aus Alisat = fremder, neuer Sitz) und die Nordostschweiz. Ein Sieg des Cäsar Julianus bei Straßburg (357) über sie hatte keine dauernden Folgen. Am Nieder rhein wurde der Krieg von Diokletian und Konstantin mit unerhörter Grausamkeit geführt. Doch bald darauf überfluteten „ „die Franken das nördliche Gallien.
An der unteren Donau tobten fortwährend Kriege mit den Goten; schließlich mußte ihnen Dacien überlassen werden (I § 121).
Von den genannten Verlusten abgesehen, hatte bis um 370 das Reich seine Grenzen zu schützen vermocht. Um so stärker war das friedliche Eindringen der Germanen in das Römische Reich geworden. Massenhaft hatte man Germanen in den Reichs-xerband aufgenommen, hatte ihnen, zunächst an den Grenzen, dann aber auch in Italien, Land angewiesen und sie zum Kriegsdienst verpflichtet. Germanen waren im Heere und in der Verwaltung bis zu den obersten Stellen emporgestiegen.
Da erfolgte 375 der Einbruch der Hunnen. Sie waren ein mongolisches nomadisches Reitervolk von wjlden Sitten und
1) Die Schicksale der Goten erzählt der Ostgote Jordanis in seinem um 550 geschriebenen Werke.
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Iv. Das fränkische Reich und die Erneuerung des abendländischen Kaisertums. 41
Bevölkerung; Karl Westfranken d. i. das Land westlich von der Rhone, Saone, Maas und Schelde mit romanischer Bevölkerung; Lothar das Mittelsttick zwischen beiden mit gemischter Bevölkerung und Italien nebst der Kaiserkrone. Ein Familienabkommen wie viele andre, wurde dieser Vertrag von weltgeschichtlicher Bedeutung, nachdem er die notwendige Ergänzung erfahren hatte. Zunächst durch den (870 geschlossenen) Vertrag von Mersen (ö. von Maastricht). Nach Lothars I. Tode wurde sein Reich unter seine drei Söhne geteilt; von diesen bekam Lothar Ii. das nach ihm genannte Lotharingien. Nach dessen Tode teilten sich Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle zu Mersen in Lothringen; bald darauf kam ganz Lothringen durch Eroberung an Ostfranken.
Die weltgeschichtliche Bedeutung des Vertrages von Verdun besteht darin, daß er die Grundlage wurde, auf der der deutsche, der französische und der italienische Staat entstanden sind.
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I. Deutschland von 1273 —1493: Zeitalter der ständischen Gegensätze. 97
Das mittelburgundische Reich, im Rhonegebiet seitdem entstehend, war in das Frankenreich aufgegangen (§ 22), hatte sich von ihm losgelöst (§ 33. 38), war als Königreich Arelat an das deutsche Reich gekommen (§ 41) und in der letzten Zeit der Staufer größtenteils abgebröckelt und an Frankreich gefallen.
Das neuburgundische Reich war im 14. Jh. (1363) dadurch entstanden, daß der König von Frankreich das erledigte französische Kronlehen Herzogtum Bourgogne (w. von der Saone) seinem jüngeren Sohne gab. Dieser und seine Nachfolger hatten dazu durch Heirat, Erbschaft und Kauf ein Gebiet gefügt, das aus der deutschen Freigrafschaft Burgund (Franche-Comt6), der Picardie, Artois, Flandern, den heutigen Niederlanden, Belgien und Luxemburg bestand. Dieses aus deutschen und französischen Lehnsherrschaften bestehende Reich übertraf in Gewerbfleiß und Handel (Gent, Brüssel, Antwerpen, Brügge), in Bildung (Universität Löwen) und Kunst,1 zumal unter der Regierung Philipps des Guten, des Stifters des Ordens vom Goldenen Vließ, alle Länder Europas. Philipps Sohn Karl der Kühne wollte sein Reich zu einem unabhängigen Königtum erheben; der Preis für die Zustimmung des Kaisers dazu sollte die Vermählung von Karls einziger Tochter und Erbin Maria mit Friedrichs Sohne Maximilian sein. Da die Verhandlungen an der Weigerung des Kaisers die Lehnshoheit aufzugeben scheiterten, stürzte sich Karl in einen Krieg mit den Schweizern, ward (1476) bei Granson und Murten völlig geschlagen, warf sich dann auf Lothringen, verlor aber 1477 bei Nancy Sieg und Leben. Nun kam Maximilians Vermählung mit Maria zustande. In dem infolgedessen entstehenden Kriege mit Ludwig Xi. von Frankreich mußte die Picardie und die Bourgogne an diesen überlassen werden. Von da ab beherrscht der Gegensatz zwischen Habsburg und Frankreich auf Jahrhunderte hinaus die Geschichte. Nach Friedrichs Hi. Tode bestieg 1493 sein Sohn Maximilian den Thron; er hat bis 1519 regiert.2
]) In dieser Beziehung natürlich abgesehen von Italien. Unter den niederländischen Künstlern des 15. Jh. ragen hervor die Gebr. van Eyck und Hans Memlinc.
2) Seit 1508 führte Maximilian ohne päpstliche Krönung den Titel „erwählter römischer Kaiser“. Seine Nachfolger nannten sich so gleich nach der Königskrönung.
Brettschneider, Hilfsbuch f. Seminare. Ii. 3. Aufl. 7
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140.
172 Fünfte Periode. Von 1517 —1643.—Zweiter Abschnitt. Von der Mitte des 16. Jh. Ms 1648.
Der Westfälische Friede 1648.
Schon seit dem Beginn seiner Regierung 1640 war der junge Kurfürst von Brandenburg Friedrich Wilhelm nachdrücklich für den auf der Grundlage allgemeiner Amnestie zu errichtenden Frieden eingetreten. Ernstliche Verhandlungen begannen seit 1645 zu Münster zwischen dem Reiche und Frankreich und zu Osnabrück zwischen dem Kaiser, den evangelischen Ständen und Schweden.
a) Territoriale Bestimmungen. Schweden erhielt Vorpommern mit Rügen und den Odermündungen, ferner Wismar, das Erzbistum Bremen und das Bistum Verden, doch als Reichsstand; Frankreich zu voller Souveränität endgültig die Bistümer und Städte Metz, Toul, Verdun, ferner den Sundgau und andre Teile des Elsaß, zum Teil unter unklaren und zweideutigen Bestimmungen; Brandenburg fast ganz Hinterpommern und als Ersatz für das übrige Pommern, dessen Herzogshaus 1637 ausgestorben war, mit Rücksicht auf den Vertrag von 1529 die Bistümer Halberstadt, Minden, Kammin und die Anwartschaft auf Magdeburg; dies wurde 1680 erworben. Bayern blieb im Besitz der Kur und der Oberpfalz. Der Erbe Friedrichs V. erhielt die Rheinpfalz zurück nebst der für ihn geschaffenen (8.) Kur. Die Schweiz und die Niederlande wurden als unabhängig vom Reiche anerkannt, die im Verlauf des Krieges ihres Besitzes beraubten Fürsten durch eine allgemeine Amnestie wieder eingesetzt. — Es waren nun also die Mündungen des Rheins, der Weser, der Oder und der Weichsel in den Händen fremder Mächte.
b) Kirchliche Bestimmungen. Die Gleichberechtigung der Bekenntnisse wurde von neuem festgestellt und auf die Reformierten ausgedehnt und die Glaubensfreiheit nicht bloß den Reichsständen, sondern mit gewissen Einschränkungen auch den Untertanen gewährleistet — außer in Österreich; seitdem schied Österreich aus der Gemeinschaft deutschen Lebens. Als Norm für den Besitz geistlicher Güter wurde der 1. Januar 1624 festgesetzt. So hatte sich die Reformation die europäische Anerkennung errungen.
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Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Frankreich Schweden Wismar Bremen Frankreich Verdun Elsaß Brandenburg Hinterpommern Pommern Minden Magdeburg Rheinpfalz Niederlande Rheins
____Sechste Periode. Von 1648- 1789. - Erster Abschnitt. Von 1648-1740.
sein Bruder Cornelius wurden im Haag ermordet (1672) — und so Einheit in die Kriegführung gebracht; wieder (Ii § 126c} durchstachen die Holländer die Dämme; der Krieg kam zum Stehen. Friedrich Wilhelm hatte mit dem Kaiser einen Vertrag zur Aufrechterhaltung des Westfälischen .Friedens geschlossen; da aber Leopold zugleich im Bunde mit Frankreich war, diente die Hilfe des kaiserlichen Feldherrn Montecuccoli nur dazu, den Feldzug am Mittelrhein und in Westfalen scheitern zu lassen,, so daß der Kurfürst 1673 sich zu dem wenig rühmlichen Frieden zu Vossem (ö. von Brüssel) genötigt sah.
Aber nun entschloß sich der Kaiser endlich gegen Ludwig" zum Kriege, dem auch Spanien und das Reich und als Glied des Reiches der Kurfürst von Brandenburg beitraten. Während die Franzosen unter Turenne, Cond6 und dem Marschall von Luxemburg Fortschritte machten, wurde Friedrich Wilhelm durch den Einfall der von Ludwig aufgereizten Schweden in die Marken genötigt zum Schutz seiner Länder 1675 dorthin aufzubrechen und blieb dem weiteren Kriege gegen Frankreich fern. Dieser wurde nun mit wechselndem Glück und ohne entscheidenden Erfolg weitergeführt. 1678 gelang es der französischen Diplomatie in Nimwegen die Verbündeten zu trennen: Holland ließ gegen sehr günstige Bedingungen seine Verbündeten im Stich; Spanien trat an Frankreich die Franche Comtö und mehrere feste Plätze ab. Diesem Frieden trat 1679 auch der Kaiser und das Reich bei.
§n. c) Frankreichs Vorherrschaft in Europa war durch den Nim-weger Frieden begründet; Ludwig war der Gebieter Europas, geworden. Er benutzte seine Machtstellung zu neuem Länderraube und neuer Gewalttat. Gestützt auf die zweideutigen Bestimmungen des Westfälischen Friedens (Ii § 140a) hatte er zehn elsässische Reichsstädte schon eingezogen. 1680 wurden in Metzr Breisach und Besan^n sog. Reunionskammern eingesetzt, die alle angeblichen Lehen der Bistümer Metz, Toul und Verdun und der Landgrafschaft Elsaß für französische Gebiete erklärten; diese wurden sofort besetzt. Die ärgste Gewalttat war der Raub von Straß bürg am 30. Sept. 1681; von Kaiser und Reich verlassen, mußte sich die Bürgerschaft der Übermacht beugen.
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Iii. Die Genesis der französischen Revolution.
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als Indianer verkleidete Männer im Hafen von Boston die Tee-ladung dreier Scbiffe ins Meer; die Regierung antwortete mit der Schließung des Hafens und der Beschränkung der freien Verfassung von Massachusetts und fing ernstlich an zu rüsten und deutsche Truppen, besonders Hessen, ihren Landesherren abzukaufen (§ 55). Ein Kongreß von Abgeordneten der Kolo- _ f
nien trat zu Philadelphia zusammen. f J
Der Krieg begann 1775. An die Spitze des Kolonialheeres trat George Washington, während Benjamin Franklin, der Erfinder des Blitzableiters, in London und Paris diplomatisch zu wirken suchte („Eripuit caelo fulmen sceptrumque tyrannis“).
Am 4. Juli 1776 wurde die Unabhängigkeitserklärung von "den Abgeordneten der 13 Kolonien unterzeichnet; auf die natürlichen Menschenrechte der Gleichheit und Freiheit mit kluger Berechnung sich berufend, was in dem gärenden Frankreich
mit vulkanischer Gewalt wirkte, folgerte sie aus der Tyrannei
Georgs Iii., was so doch eine Unwahrheit war, die Notwendigkeit der Trennung vom Mutterlande. Zur Unterstützung der Amerikaner brachte der Dichter Beaumarchais große Opfer,
wofür ihm später mit Undank gelohnt wurde; der Marquis
v. Lafayette und der Baron Steuben, früher Offizier im Dienste Friedrichs d. Gr., erschienen in den Reihen der Kämpfer;
Steuben wurde der eigentliche Organisator des Heeres. Der erste große Erfolg der Aufständischen war die Kapitulation von Saratoga (1777). Nun trat Frankreich offen auf ihre Seite, was ihre Rettung war, und als auch Spanien und Holland, diese aber ohne Glück — heldenmütig verteidigte Elliot Gibraltar gegen Spanier und Franzosen — Englands Feinde wurden, erhielt der Krieg eine große Ausdehnung. Die Entscheidung brachte die von Washington und Lafayette bewirkte Kapitulation von Yorktown. Im Frieden von Versailles wurde 1783 die Unabhängigkeit der 13 Kolonien anerkannt.
b) Die Verfassung der Union. Nun aber entstanden in dem § 62. neuen Staatswesen schwere Kämpfe über die Verfassung unter den Anhängern des Einheitstaats- und des Sonderstaatsprinzips.
Endlich fand man den vermittelnden Ausweg. Die Verfassung der United States of America legt die gesetzgebende Gewalt iq
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Ii. Napoleons Militärdespotismus 1799 —1812. 103
der schon 1804 den Titel eines Kaisers von Österreich angenommen hatte, der römischen Kaiserkrone am 6. Aug. 1806; als Franz I., Kaiser von Österreich, regierte er noch bis 18jö. Eine der ersten Taten des „Protektors“ Napoleon war die Erschießung des Nürnberger Buchhändlers Palm, der einige freiheitliche Schriften verbreitet hatte (darunter die anonyme, an sich unbedeutende Schrift „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“).
5. Der unglückliche Krieg Preußens und Rußlands 1806/7.
a) Friedrich Wilhelms Iii. Charakter. Friedrich Wilhelms Ii. § 88. Sohn und Nachfolger, Friedrich Wilhelm Iii., der von 1797—1840
regierte, war ein Fürst von großem sittlichem Ernst, unbeugsamer Pflichttreue und Wahrheitsliebe, durchaus bieder und laute^' aber vv-. in seiner Gewissenhaftigkeit ängstlich und schüchtern, ohne rechtes Zutrauen zu sich selbst und ein Feind folgenschwerer Entschlüsse. Vermählt mit der hochsinnigen, durch Schönheit, Anmut und Liebenswürdigkeit ausgezeichneten Prinzessin Luise von Mecklen-burg-Strelitz, gab er als Kronprinz — das junge Paar lebte damals gerne auf dem Landgute Paretz — wie als König seinem Yolke das Beispiel einer glücklichen, sittenreinen Ehe. In seiner übergroßen Yorsicht blieb er der seit 1795 von seinem Vorgänger befolgten Neutralitätspolitik treu und gab dem Drängen der Kriegspartei erst da nach, als er zu der Überzeugung gelangte, daß Napoleon den Untergang Preußens beschlossen habe.
b) Beweggründe Friedrich Wilhelms zur Kriegserklärung.
1. Als Bernadotte auf seinem Zuge nach Süddeutschland mit Verletzung des Völkerrechts durch das preußische Ansbach zog, war der König über diesen Rechtsbruch so empört, daß er den Minister Grafen Haugwitz an Napoleon schickte und ihm Vermittelungsvorschläge machen ließ; für den Fall der Ablehnung drohte er sich der dritten Koalition anzuschließen. Napoleon hielt den preußischen Gesandten so lange hin, bis durch den Tag von Austerlitz der ganze Krieg entschieden war. Da schloß Haugwitz mit dem Kaiser im Dez. 1805 den Vertrag zu Schönbrunn (bei Wien), in dem Preußen Ansbach an Bayern, das rechtsrheinische Kleve und Neuchätel an Napoleon ab trat, von diesem Hannover erhielt und mit Frankreich ein Bündnis einging.
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106 Siebente Periode. Von 1789 bis zur Gegenwart. — Erster Abschnitt. Von 1789—1815.
Um England zu vernichten, gebot Napoleon im Nov. die Festlandsperre, die jedes^ englische Schiff von den Häfen des europäischen Festlandes ausschloß. Freilich wurde dadurch der englische Handel geschädigt, aber auch die betroffenen Festlandstaaten wurden wirtschaftlich zerrüttet.
Anfang 1807 erschien ein russisches Heer unter Bennigsen in Ostpreußen und vereinigte sich mit dem kleinen Korps L’Estocqs. Am 7. und 8. Februar wurde eine unentschiedene Schlacht bei Preußisch-Eylau (s. von Königsberg) geliefert; schon war der linke Flügel der Russen geschlagen, als die Tapferkeit der Preußen — der Ruhm dieser glänzenden Heldentat gebührt Scharnhorst — Napoleon den Sieg aus den Händen wand. Der Umstand, daß eine Schlacht, zum erstenmal war es geschehen, nicht mit seinem Siege geendet hatte, machte einen solchen Eindruck auf den Kaiser, daß er, um Friedrich Wilhelm von Rußland zu trennen, ihm den Frieden anbieten ließ. Doch der König hielt Alexander die Treue. Nach dem Falle von Danzig, das Kalckreuth übergab, durch das freigewordene Belagerungsheer verstärkt, siegte Napoleon entscheidend bei Friedland an der Alle am 14. Juni über Bennigsen. Königsberg und alles Land bis zur Memel fiel in seine Hand. Da wurde Alexander I. wortbrüchig und ging einen Waffenstillstand ein; bei einer persönlichen Zusammenkunft auf der Memel ließ er sich von Napoleon ganz gewinnen und schloß mit ihm am 7. Juli zu Tilsit Frieden und enge Freundschaft; Rußland trat der Festlandsperre bei.
Am 9. Juli folgte zu Tilsit der Friede mit Preußen. Vergebens hatte die Königin Luise durch eine Zusammenkunft mit Napoleon die Bedingungen zu mildern gesucht; es war eine nutzlose Demütigung gewesen.
Preußen trat ab: 1. alles Land links von der Elbe; aus dem größten Teil dieser und ändern Gebieten wurde ein Königreich Westfalen mit der Hauptstadt Kassel gebildet, das Napoleons Bruder Jeröme erhielt; 2. alle ehemals polnischen Länder außer dem größten Teil Westpreußens; daraus wurde ein Herzogtum Warschau für den König von Sachsen geschaffen, der auch Kottbus von Preußen bekam. Ferner mußte Preußen der Festlandsperre beitreten und hatte schwere Kriegskosten zu zahlen.
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Ii. Napoleons Militärdespotismus 1799—1812. Jot
So hatte der Staat mehr als die Hälfte seines Ländergebiets verloren und eine unglückliche Territorialgestalt erhalten; sein Handel und seine Industrie waren vernichtet. Alles seufzte unter der Gewaltherrschaft eines das Recht mit Füßen tretenden und das Unglück verhöhnenden Despoten. Bis alle Kriegskosten bezahlt wären, blieben mehrere Festungen von den Franzosen besetzt. Im ganzen haben diese dem armen, ausgesogen^n Lande mehr als 1 Milliarde Mark erpreßt. Auch mußte (1808) der König sich verpflichten, höchstens 42000 Mann Soldaten zu halten.
Infolge des Krieges traten alle norddeutschen Staaten außer Preußen und den Hansastädten dem Rheinbunde bei.
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( 6. Die Niederlage Österreichs 1809. (hvy^'
Lvjajln/* ^^rseit dem Tilsiter Frieden schaltete'napoleon in Europa
und besonders in Deutschland immer rücksichtsloser. Im Herbst 1808 erschien er in Erfurt, umgeben von einer großen Fürstenversammlung, einem „Parterre von Königen“, erneuerte mit Alexander I. das Bündnis und lockte ihn ganz in seine Netze, indem er ihm von der Teilung der Weltherrschaft unter sie beide vorschwärmte. Die Rheinbundfürsten überboten sich samt ihren Yölkern in Schmeicheleien gegen den Imperator, der doch die . Rheinbundstaaten nur als die ergiebigste Quelle für Soldaten und Steuern ansah.
b) Da machte Österreich noch einen letzten Yersuch, der ~ Gewaltherrschaft Napoleons ein Ende zu bereiten. Der leitende Minister Graf Stadion war bemüht, durch wohltätige Reformen die innere Kraft des Staates zu stärken und rüstete eifrig zum
Kriege. Manche Umstände schienen einem solchen Unternehmen
günstig zu sein. . . i . : K’ •
1. Portugal hatte ’ Napoleon i durch Junot besetzen lassen („La dynastie de Bragan9a a cesse de r§gner“). In Spanien hatte er die Bourbonen entthront und seinen Bruder Josef zum König gemacht; König von Neapel war Murat geworden. Doch hatte gegen diese Gewalttat das spanische Volk sich heldenmütig erhoben und führte, unterstützt von der Gunst der natürlichen Beschaffenheit des Landes und einem englischen Heere unter
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Ii. 'Mflit^rde^potismfas l?99^-'l&fe.' • 109
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lang überraschende Erfolge, mußte aber dann vor der Überzahl der feindlichen Truppen an die Küste flüchten, von wo es ihm gelang nach England zu entkommen.
d) Die Tiroler versuchten nach dem Wiener Frieden den Kampf auf eigene Hand fortzusetzen, erlagen aber schließlich der Übermacht. Andreas Hofer wurde verraten, gefangen und zu Mantua 1810 erschossen.
7. Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht 1809 — 12. §91.
In den Jahren 1809 —12 stand Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht. Den Kirchenstaat zog er ein und ließ Pius Vh. gefangen fortführen; schon früher waren Piemont, die Liguf » n.
rische Republik, Parma und Toskana dem Kaiserreich ein-verleibt worden. Schweden kam unter französischen Einfluß, nachdem es in einem Kriege gegen Rußland Pinnland verloren hatte; der französische Marschall Bernadotte wurde zum Kronprinzen gewählt. Als Napoleons Bruder Ludwig, König von Holland, in der Erkenntnis, daß die Festlandsperre den Handel und Wohlstand seines Landes vernichtete, dieser Maßregel widersprach, wurde er abgesetzt, und Napoleon verleibte, um die Sperre nachdrücklicher durchzuführen, Holland und alles Land n. von ' einer Linie von Wesel nach Lübeck, darunter also Oldenburg und die Hansastädte, dem Kaiserreich Frankreich ein.
Gegen Preußen wurde er immer herrischer. Der König mußte den „Tugendbund“ auflösen und (Ende 1809) von Königsberg nach Berlin zurückkehren. In trübster Zeit starb Königin Luise am 19. Juli 1810 in Hohenzieritz bei ihrem Yater, dem Herzog von Mecklenburg-Strelitz, aus Gram über das Unglück des Vaterlandes.
Alle Staaten Europas standen jetzt entweder unmittelbar oder mittelbar unter Napoleons Herrschaft außer England, Rußland und der Türkei.
Nur eins fehlte ihm zu seinem Glücke, ein Thronerbe. Da seine Ehe mit Josefine kinderlos war, schied er sich von ihr und heiratete Marie Luise, die Tochter Kaiser Franz’ I. (1810). Sie schenkte ihm einen Sohn, den Napoleon schon in der Wiege zum „König von Rom“ machte (Napoleon n.).
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