344
Gefallenen suchten sie den Leichnam des Gothenkönigs und hielten ihm ans
dem Schlachtfelde ein feierliches Leichenbegängnis unter Wehklagen und
Waffengetön, geschmückt mit Hunnenbeute, angesichts Attilas, der ' bte Be-
stattung nicht zu stören wagte. Attila kehrte unverfolgt über den Rhein
zurück.
Im folgenden Jahre machte er noch einen Ranbzug nach Italien, er-
oberte Aquileja und zerstörte die Stadt gänzlich. Damals flohen viele
Römer auf die kleinen sumpfigen Inseln des adriatischen Meeres und
legten daselbst den ersten Grund der Stadt Venedig. Attila zog gegen
Rom. _ Schon war man auf den Untergang bereitet, als plötzlich Rettung
vom Himmel kam. Leo, Bischof von Rom, ein gottbegeisterter Greis,
zog an der Spitze der römischen Geistlichkeit, in priesterlichcm Schmuck
und mit feierlichem Gesänge, einer Taube des Friedens oder einem gott-
gesandten Engel gleich, den wilden, mordbegierigen und bluttriefenden
Hunnen entgegen. Niemand wagte, die frommen Priester anzutasten. Sie
kamen ungehindert vor Attila selbst, und dieser ward durch den Anblick
und die Worte Leos bewogen, Rom zu verschonen und sogleich den Rück-
weg einzuschlagen. Die innere geistige Gewalt, womit die Erscheinung des
heiligen Greises auf den Helden wirkte, ist in der Sage dergestalt be-
zeichnet worden, daß Attila über dem Haupte des Greises einen ungeheuren
Riesen gesehen, der ihn drohend zurückgeschreckt habe.
Aus dem Rückwege aus Italien starb Attila plötzlich. Er wurde mit
großer Feierlichkeit zur Erde bestattet. Sein ganzes Heer ritt um seine
Leiche. Sie ward in einen goldenen Sarg gelegt, der wieder in einen
silbernen und dieser in einen ehernen. Alle, die an seinem Grabe ge-
arbeitet hatten, wurden umgebracht, damit niemand es entdecken könne.
Nach Kohlrausch.
7. Bonifacius, der Apostel der Deutschen.
1. Das Christentum in Deutschland. — Zur Zeit Pipins
herrschte das Christentum bereits bei den meisten deutschen Völkern. Die-
jenigen von ihnen, welche in fremde Länder eingewandert waren, hatten es
durch die Römer kennen gelernt und sich leicht und rasch von ihren alten
Göttern zu Christo, dem Heilande bekehrt. Unter den Franken war das
Christentum seit Chlodwig verbreitet. Im Innern Deutschlands dagegen
dauerte es länger, bis das Licht des Evangeliums das Heidentum besiegte.
Über das Meer her aus Irland und England kamen die Glaubensboten,
welche hier das Wort vom Kreuze verkündeten. Denn ans jenen Inseln
hatte das Christentum kräftig Wurzel gefaßt; es blühten dort zahlreiche
Kirchen und Klöster, und in den Mönchen lebte ein heiliger Eifer, die
Segnungen des Evangeliums auch andern Völkern zu bringen. Lo zogen
viele von ihnen nach Deutschland, wanderten unter mancherlei Mühselig-
keiten, Entbehrungen und Gefahren durch die dunkeln Wälder, verkündeten
den rohen Volksstämmen die Lehre von Christo und legten in der Wildnis
Klöster an, damit in ihnen das christliche Leben feste Stätten habe, von
denen aus es immer weiter dringe. Der thätigste unter allen diesen
Männern war der englische Mönch Winfried, der um seines wohlthätigen
Wirkens willen den Namen Bonifacius, d. i. Wohlthäter, erhalten hat.
Mit Recht wird er als der eigentliche Apostel der Deutschen gepriesen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Attila Attila Leo Attila Leos Attila Attila Bonifacius Apostel Christo Chlodwig Christo Winfried Winfried Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Attilas Rhein Italien Venedig Rom Rom Rom Italien Deutschland Deutschlands Irland England Deutschland
160
auch gethan und getreu ihrem Missionsberufe das Wort des Lebens unter
Juden und Heiden verkündigt.
Die Kirche des Herrn hob in Jerusalem an und breitete sich dann
nach Syrien und Kleinasien ans. In Babylonien entstanden Gemeinden;
in Egypten wurde das Evangelium verkündigt, und der Kämmerer brachte
es sogar nach Mohrenland. Auch in Europa wurde es vernommen: in
Philippi, Thessalonich, Bcröa, Athen, Korinth. In Rom bildete sich eine
Christengemeinde, an welche Paulus seinen herrlichen Brief schrieb. Das
war die jugendliche Blütezeit, das apostolische Zeitalter der Kirche und
Mission.
Im zweiten Jahrhundert finden wir Christengemeinden im südlichen
Frankreich; auch dringt die Predigt des göttlichen Wortes nach England
vor. Das nördliche Afrika mit seiner berühmten Hauptstadt Karthago
beugte sich der Macht des Evangelii. Allmählich wurde das Christentum
die herrschende Religion in dem Römerreiche; alle Verfolgungen hatte es
siegreich überstanden. Nach Zertrümmerung der Herrschaft Roms wurden
germanische Völker: die Franken, die Alemannen, die Angelsachsen bekehrt;
auch Irland wurde gewonnen. Mit dem siebenten Jahrhundert drangen
aus England, Schottland und Irland Boten des Friedens in die deutschen
Wälder. Bonifacius erwarb sich den Ruhm eines Apostels der Deutschen.
Das war ein Ersatz für die schweren und großen Verluste, welche die Kirche
im Morgenlande erlitt, wo die Religion Muhameds die Christengemeinden
zertrümmerte. Bald wird Polen, Ungarn, Rußland, Pommern, Preußen,
Lievland und Norwegen, ja selbst das ferne Grönland mit der Predigt des
göttlichen Wortes erfüllt.
Aber nun kamen auch die Zeiten des Papsttums. Das Wort Gottes
blieb der Christenheit unbekannt; die Hauptlehre des Evangelii, daß der
Mensch nicht durch des Gesetzes Werke, sondern durch den Glauben an
Jesum Christum vor Gott gerecht werde, ward vergraben und vergessen.
Die Sündenvergebung war für Geld zu haben. Man suchte nicht mehr,
wie sonst, die Seelen der Menschen durch die Verkündigung des lauteren
Gotteswortes zu gewinnen und zu retten.
Da erbarmte sich Gott seiner Kirche, erweckte sich in Dr. Luther ein
gewaltiges Rüstzeug und zog durch ihn das reine Evangelium an das Licht.
Man las wieder die Bibel, man wußte wieder, was Christus gesagt hatte
und was im alten und neuen Testamente von den Heiden und ihrer Be-
kehrung steht. Die evangelische Kirche gab in der Mitte des 16. Jahr-
hunderts ihr erstes Lebenszeichen für die Heidenwelt, indem im Jahre 1556
vierzehn Sendboten von Genf aus nach Südamerika sich wendeten, von
Schweden aber drei Jahre später ein Missionar nach Lappland zog. Aber
erst im 18. Jahrhundert zeigte die evangelische Kirche rege Thätigkeit ans
dem Felde der Heidenbekehrung. Die Engländer schritten im Jahre
1701 voran mit der Gründung der Gesellschaft für Verbreitung des Evan-
geliums im Auslande; der fromme, glaubensstarke Stifter des halleschen
Waisenhauses, August Hermann Francke, folgte 1705; Dänemark
reichte seine Hand, und die apostolischen Männer Ziegen balg und
Gründler verließen Vaterland und Freundschaft und zogen als evange-
lische Missionare nach Indien. Bald ward auch den Indianern in Ame-
rika das Evangelium gepredigt; Hans Egede ging nach dem kalten
Grönland mit dem Worte vom Kreuze. Und nun fuhr der Missionsgeist
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein]]
TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Bonifacius Apostels Christus August Hermann_Francke Hans_Egede
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Syrien Kleinasien Babylonien Mohrenland Europa Philippi Thessalonich Bcröa Athen Korinth Rom Frankreich England Afrika Karthago Irland England Schottland Irland Morgenlande Ungarn Pommern Norwegen Gottes Jesum_Christum Genf Südamerika Lappland Indien
2. Bonifacius fällt die Donnereiche. — Er kam nach Dentsch-
land zur Zeit des Hansmeiers Karl Martell. Zuerst wirkte er unter dem
wilden Friesenvolke in Holland; dann ging er nach Hessen und Thüringen,
lehrte und predigte und taufte viele tausende. Voll kühnen Glaubens-
mutes zertrümmerte er die Altäre der heidnischen Götter und fällte die
heiligen Bäume, unter denen das Volk ihnen Opfer darbrachte. Bei dem
Dorfe Geismar im Hessenlande stand eine uralte, wunderbar große Eiche,
die war dem Donnergotte geheiligt und galt für unverletzlich. Bonifaeins
aber ergriff selbst die Axt und half seinen Begleitern den Baum fällen.
Erschrocken standen die Heiden umher und meinten, der Zorn ihres Gottes
werde alsbald Feuer auf den Verwegenen herabschleudern. Aber siehe, die
Eiche stürzte krachend nieder, und Bonifacius blieb unverletzt. Da erkannte
das Volk die Ohnmacht seiner Götzen, sagte sich von ihnen los und nahm
willig die Taufe an. Bonifacius aber ließ ans dem Holze der Eiche eine
Kapelle bauen, die er dem Apostel Petrus weihte.
3. Bonifacius oberster Bischof in Deutschland. — Das Werk
der Bekehrung gewann immer größere Ausdehnung. Eine Menge von
Gehilfen sammelte sich um Bonifacius, die ihn in seiner Arbeit unter-
stützten. Keine Beschwerde, keine Gefahr konnte seine Wirksamkeit hemmen.
„Laßt uns," sagte er zu seinen Begleitern, „laßt uns für den Herrn streiten;
denn wir leben in Tagen der Trübsal und Angst. Laßt uns sterben, so
es Gott gefällt, für unsern Glauben. Laßt uns nicht sein, wie schläfrige
Wächter oder selbstsüchtige Mietlinge, sondern wie eifrige und wachsame
Hirten, und allen Menschen predigen, so uns Gott Gnade dazu gibt."
Vom Papste zum Erzbischöfe von Deutschland erhoben, errichtete er in den
bekehrten Gegenden eine Anzahl Bischofssitze und gründete Kirchen und
Klöster zur Befestigung des neuen Glaubens. Seine Lieblingsstiftnng war
das Kloster Fulda, wo unter einem seiner Schüler eine berühmte Schule
für Geistliche aufblühte. Er selbst hatte später seinen Sitz in Mainz,
und alle Bistümer Deutschlands waren ihm untergeordnet.
4. Sein Märtyrertod. — Aber nicht in äußerem Glanze suchte
er seine Ehre, sondern einzig in der Ausbreitung des christlichen Glaubens
Daher entsagte er als stebenzigjähriger Greis seinem erzbischöflichen Stuhle
um noch einmal zu den Friesen zu gehen und ihre Bekehrung zu vollenden.
Von einer Anzahl Gehilfen begleitet, kam er in ihr Land, und seine Predigt,
schaffte viele Frucht. Tausende von Männern, Frauen und Kindern wurden
getauft. An^einem festgesetzten Tage sollten die Nenbekehrten von ihm den
bischöflichen Segen empfangen. Er erwartete sie in seinem Gezelt, das
auf freiem Felde aufgeschlagen war. Kaum dämmerte der Morgen, da
strömte schon eine ganze Menschenschar herzu. Aber welch ein Anblick!
Es waren nicht die erwarteten Freunde, es waren wilde Heiden, die mord-
gierig ihre Waffen schwangen. Die Begleiter des Bonifacius wollten sich
zur Wehr setzen; aber er rief ihnen zu: „Lasset ab vom Kampfe; denn
die Schrift sagt: vergeltet nicht Böses mit Bösem. Der Tag ist gekommen,
den ich lange erwartet habe, hoffet ans den Herrn, er wird eure Seele
erretten." Kaum hatte er diese Worte geredet, da stürzten die Feinde daher
und erschlugen den Bonifacius mit seinem ganzen Gefolge. Seine Leiche
wurde später nach dem Kloster Fulda gebracht, das er sich selbst zur letzten
Ruhestätte auserkoren hatte. Andrä.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Bonifacius Karl_Martell Karl Bonifaeins Bonifacius Apostel Petrus Bonifacius Gott
Extrahierte Ortsnamen: Holland Hessen Hessenlande Deutschland Deutschland Fulda Mainz Deutschlands Bonifacius Fulda