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Das muß Jeder im Volke anerkennen, daher ging auch Entsetzen
und Entrüstung durch unser ganzes Vaterland, als man hörte, daß
ein junger, verruchter Mensch, Namens Becker, nach dem Könige,
welcher in Baden»Baden das Bad gebrauchte, mit einer Pistole
geschossen habe. Die Kugel hatte dem Könige die Halsbinde zer-
rissen und oben den Hals gestreift. Der Mörder wurde gleich er-
griffen und die Gerichte haben ihn zu lebenslänglicher Zuchthaus-
strafe verurtheilt.
Im Laufe des Jahres beschloß der König, sich in Königsberg
krönen zu lassen. Am 13. October reifete er mit der Königin und
dem ganzen Hofstaate von Berlin ab und hielt in Königsberg einen
feierlichen Einzug. Ueberall, wo der Königliche Zug auf der Reise
durch Städte und Dörfer kam, waren die Straßen und Häuser mit
Kränzen und Ehrenpforten geschmückt. Die Unterthanen jubelten
dem Königspaare entgegen und wünschten Glück und Segen zur
Reise. Die Stadt Königsberg hatte sich prächtig herausgeputzt und
die Leute waren bis auf die Dächer geklettert, um das Königspaar
und den Königlichen Zug zu sehen. Alle Regimenter hatten zu dem
Feste die Fahnen, alle Großmächte in Europa besondere Krönungs-
botschafter geschickt, und auf Einladung des Königs waren die Mit-
glieder des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten, so wie
noch andere Abgeordnete aus den Provinzen erschienen. Tausende
von Fremden kamen nach Königsberg, um der Feier beizuwohncn.
Am 18. October begann um 10 Uhr die feierliche Krönung.
Vom Schlosse aus ging der glänzende Zug unter dem Donner der
Kanonen und dem Geläute der Glocken nach der Schloßkirche. Der
König und die Königin wurden an der Kirchthür von den ver-
sammelten Geistlichen empfangen und nach dem Altäre zu den
Thronseffeln geführt. Hier nahmen sie Platz. 'Die Kirche füllte
sich mit Tausenden von Menschen, so daß Kopf an Kopf stand.
Der Gottesdienst begann mit Absingung des Kirchenliedes: „Komm,
heil'ger Geist, Herre Gott!" und mit der Krönungspredigt.
Dann folgte die feierliche Krönung. Der Domchor sang: „Du
Hirt Israels, höre, der du Joseph hütest, wie die Schafe! Er-
scheine, der du sitzest über Cherubim!" Der Oberhofprediger sprach
folgendes Krönungsgebet:
„Ewiger, allmächtiger, allein weiser und großer Gott, der du bist unsere
Zuflucht für und für, ein König der Könige und ein Herr aller Herren, auch
ein Vater der Barmherzigkeit in Christo, deinem Sohne, wir erkennen in tiefer
Demuth, daß es bei dir allein steht, Jemand groß und stark zu machen, und
daß es deine Gnade und Treue ist, wenn du deinem Volke Könige und Fürsten
giebst, die dein Reich auf Erden fördern. Es erscheint jetzt in deinem Heilig-
thume unser theurer Herr, dein Knecht, Wilhelm I., König von Preußen, um
seine Hoheit und Macht und deren Zeichen — Krone, Scepter und Schwert,
die er auö deiner Hand empfangen, in tiefer Demuth zu deinen Füßen zu
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
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Extrahierte Personennamen: Namens_Becker Joseph Demuth Wilhelm_I. Wilhelm_I. Demuth
Extrahierte Ortsnamen: Königsberg Berlin Königsberg Königsberg Europa Königsberg Israels Christo
9^
letzen. Doch die Monarchen des Wildes faßten den Entschluß, dem
Mhestöker nach der einsamen Insel Helena, 800 Mtilen von un ferm
Erdtheite zu schicken. Als Napoleon das erfuhr, wollte er sich diesem
Beschlüsse nicht unterwerfen, allein man hörte nicht auf ihn und
brachte ihn nach dem fernen Insellande. Dort hat er noch sechs
Jahre gelebt und ist am 5. Mai 1821 am Magenkrebse gestorben.
5o. Wie König Friedrich Wilhelm Iii. das Kriegswesen
eingerichtet hat.
Es war am 18. Januar 1816, als in unferm Vaterlande das
Friedensfest gefeiert wurde Jeder steute sich, daß nun Ruhe und
Frieden sei, und daß das uns von Gott gegebene Fürstenhaus
wieder über uns herrsche. Und obschon an den Grenzen unsers
Landes die Franzosen, die Belgier und die Polen sich gegen ihre
Fürsten empörten und Mcnschcnblut iu Strömen floß; wir Preußen
blieben in Ruhe, denn König Friedrich Wilhelm 111. erhielt uus
mit kräftiger Hand den Frieden.
Unser Kriegsheer gehört zu den besten in Europa. Das Gesetz
bestimmt: Jeder Preuße ist Soldat und dient vom 20. bis 27.
Jahre in dem stehenden Heere. Diese jungen Leute sind drei
Jahre beständig unter den Waffen, die letzten Jahre gehen sie
nach Hanse und gehören zur Kriegs-Reserve. Gebildete Jüng-
linge dienen nur ein Jahr im stehenden Heere, müssen sich aber
selbst bekleiden und besolden, und kommen dann in die Kriegsreserve.
Aus der Kriegsrcserve treten die Dienstpflichtigen in die Land wehr,
welche alle Mannschaft vom 27. bis 37. Jahre und diejenigen aufnimmt,
welche dieser und jener Ursachen wegen nicht im stehenden Heere die-
nen. Ein Theil der Landwehr kommt alle Jahre einmal auf einige
Wochen zur Uebung zusammen; ist diese vorbei, so gehen die Sol-
daten in die Heimath und arbeiten in ihrem bürgerlichen Berufe.
Den Landsturm bilden alle Männer unter fünfzig Jahren. —
Diese Einrichtung des Kriegswesens ist vortrefflich. Preußen stellt
jetzt an 700.000 Mann, und, was das Merkwürdigste dabei ist,
die ganze Masse steht in 14 Tagen, wohl bewaffnet und eingeübt,
schlagfertig da. Kleidungsstücke und Waffen, Kanonen, Kugeln,
Pulver, kurz Alles, was zum Kriegsdienste gehört, ist in den
Vorrathshäusern in großer Menge vorhanden. Die Festungen im
-Lande sind ausgebcssert und verstärkt, und dazu noch viele neue
gebaut. Die Blüthe des Volks steht unter den Waffen, nicht des
Soldes wegen, sondern voll des Gedankens: Mit Gott für König
und Vaterland.
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Extrahierte Personennamen: Helena Napoleon Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Gott Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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Bei dem Aufruhr in Frankreich blieb es nicht stehen. Schon
die Jahre vorher waren Franzosen nach Deutschland gekommen,
hatten ihre Lehren, welche alle Welt glücklich machen sollten, still
verbreitet und leider bei vielen Menschen willige Aufnahme gefunden.
In verschiedenen Gegenden Deutschlands warteten verdorbene und
verkommene Leute darauf, daß der Sturm in Frankreich losbrcche,
dann sollte ein Gleiches in den deutschen Landen geschehen. Und
als nun im Februar das Erwartete geschah und der Aufruhr über
alle Erwartung gelang, da brausete das Unheil auch in Deutsch-
land auf. Zuerst ging es am Obcrrhcine in Baden, Würtemberg,
Darmstadt, Nassau los, und die Fürsten dieser Länder gaben in
ihrer Bestürzung den Aufrührern nach. Die bisherigen Minister
wurden abgedankt, die Demokraten — so nannten sich die ver-
meintlichen Volksbcglücker — suchten sich überall der Regierungs-
gewalt zu bemächtigen und nach ihren Lehren neue Reichsgrundgesetze
zu geben. Bald erhob sich der Ansruhr in Wien und gewann auch
hier die Oberhand. Der Kaiser von Oesterreich floh nach Tyrol.
Aengstlich sah man auf Preußen und nach Berlin, was da
werden würde. Unser König suchte dem Vordringen jener aufrüh-
rerischen Grundsätze und des Aufruhrs selbst dadurch zu wehren, daß
er am 17. März 1848 versprach, ein Reichsgrundgesetz zu geben,
das alle Klassen im Volke berücksichtigen und die ausgesprochenen
Wünsche erfüllen sollte. Jubelnd zog das Volk in Berlin einher
und brachte dem Könige ein Lebehoch über das andere. Den Demo-
kraten, d. h. Volksfreunden, denn dafür wollten sie gern gelten, ob-
schon sie nur ihren Vortheil im Auge hatten und beim Aufruhr im
Trüben zu fischen gedachten, — war dies nicht nach dem Sinne.
Es sollte der Aufruhr daher brausen. Am 18. März Abends sam-
melte sich das Volk vor dem Schlosse und jubelte dem Könige ent-
gegen, — da fielen plötzlich zwei Schüsse in die Volkshaufen, und
gleich hörte man das Geschrei: „Zu den Waffen! Zu den Waffen!
Man mordet uns!" — Die Aufwiegler sagten nachher, die auf-
gestellten Soldaten hätten auf die Bürger geschossen, obschon dies
unwahr war; man weiß bis jetzt noch nicht, woher die Schüsse
kamen. Sie hatten aber eine entsetzliche Wirkung. Ueberall ver-
rammelte man die Straßen, griff zu den Waffen und verhöhnte
diejenigen, die zur Ordnung aufforderten. Die Regimenter rückten
gegen die Aufrührer heran und schlugen sie in der Nacht vom 18.
auf den 19. März fast ganz zurück. Der König, dessen Herz bei
dem Gedanken blutete, daß Bürgerblut vergossen würde und so
mancher Verirrte umkäme, befahl den Soldaten, vom Kampfe abzu-
laffen und aus Berlin sich zurückzuziehen. Statt durch diese Milde
zur Einkehr zu kommen, stieg nun der Uebermuth der Aufrührer
über alle Maßen. Sie meinten, sie hätten gesiegt und Alles müsse
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Deutschlands Frankreich Deutsch- Baden Würtemberg Darmstadt Nassau Wien Oesterreich Tyrol Berlin Berlin Berlin
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nach ihrem Willen gehen. Es begann in Berlin eine Herrschaft
des Pöbels. Im Mai wurden aus dem ganzen Lande Deputirte
nach der Hauptstadt gesendet, um ein Staatsgrundgesetz (Constitution)
zu entwerfen. Aber die meisten dieser Männer kannten weder Maß,
noch Ziel. Da sollte das Bestehende fast ganz über den Haufen
geworfen werden, die königliche Macht ein Schatten sein, ja, es
mögen manche wohl den Gedanken gehegt haben, den König und das
Königliche Haus zu beseitigen und aus dem Königreich Preußen
eine Republik zu machen. Männer, die dem Könige Treue und
Gehorsam geschworen hatten, vergaßen ihren Eid; Behörden, die
mit kräftiger Hand Recht und Ordnung handhaben sollten, verloren
die Besinnung. Aufrührerische Massen führten das große Wort
und gebehrdeten sich, als ob sie die Herren des Landes wären.
Die National- Versammlung, so hieß die Versammlung der
Deputirten in Berlin, überstürzte sich ganz in ihren Befehlen und
in ihrem Uebermuthe. Alle Augenblicke mußte der König die Mi-
nister wechseln, weil bald diese, bald jene den Widerstrebenden nicht
gefielen. Die treuen Männer, welche in der Versammlung saßen,
vermochten gegen die Widerstrebenden nichts auszurichten, ja, sie waren
ihres Lebens nicht sicher. Endlich konnte der König nicht umhin,
dem gesetzlosen Treiben ein Ende zu machen. Er ernannte Minister,
welche Leib und Leben einsetzten, um Recht und Ordnung in das
Land zurückzuführen. Der König hatte bald nach dem Aufruhre in
Berlin mehrere Garde-Regimenter und einige Heerhaufen aus West-
falen nach'schleswig-Holstein gesandt, um den dortigen Landen
gegen die Dänen zu helfen. Die Preußen gingen unter Anführung
des Generals von Wrangel auf die Feinde los. „Drauf" hieß es,
und die Dänen wurden geschlagen. Jetzt rief man die Regimenter
nach Berlin zurück, um dort Ruhe zu schaffen, man erklärte die
Hauptstadt in Belagerungszustand und machte der Pöbelherrschaft
ein Ende. Dann löste man im December 1848 die National-
Versammlung auf, gab ein Staatsgrundgesetz und befahl im Jahre
1849, daß statt der bisherigen National-Versammlung zwei Kam-
mern als Vertreter des ganzen Volks einberufen werden und diese
die gegebene Verfassung Nachsehen und festsetzen sollten. Gegen
Ende des Jahres waren die Deputirten mit dieser Arbeit fertig.
Am 6. Februar 1850 beschworen der König, die Königlichen Prin-
zen, die Minister, die Kammern und viele hohe Beamte feierlich
die Verfassung. Bald nachher geschah es also im ganzen Lande.
Jedes Jahr versammeln sich die beiden Kammern, von welchen
die erste „das Herrenhaus", die zweite „das Haus der Abgeordneten"
heißt, in Berlin. Das preußische Volk wählt für daß Haus der Ab-
geordneten alle drei Jahre Männer, „Deputirte" oder „Abgeordnete"
genannt, welchen man die Papiere über Einnahme und Ausgabe,
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin