Bonifacius.
15
Sein Leichnam ward nach seinem Willen in Fulda beigesetzt; auf
einem erhabenen Platze vor dem Dome steht, von Erz gegossen, das
Bild des gewaltigen Gottesmannes in langem Mönchsgewande, mit
einem aus zwei Geisern zusammengebundenen Kreuze in der Hand, und
predigt von dort aus dem lebenden Geschlechte: „Sei getreu bis an den
Tod!"
Die Arbeit des „Apostels der Deutschen" ging nicht mit
demselben unter: überall hatte er Bistümer gegründet als Mittelpunkte
großer Sprengel (Diöcesen). An einem Bischofssitze entstand zuerst eine
Kirche, anfangs klein und aus Holz gezimmert, später groß und prächtig.
(Dome, Kathedralen.) Neben der Kirche stand die Pfalz, die Wohnung
des Bischofs. Aus dem Bischofssitze entstand bald eine Stadt, indem
sich Handwerker, ja selbst adelige Vasallen ansiedelten. Darum gehören
die Bischofssitze zu den ältesten Städten.
cl. Klöster. Ebenso wurden durch die Missionare die ersten
Klöster in Deutschland errichtet. Das Klosterwesen entstand schon früh
in Ägypten. Schon in den ersten Jahrhunderten nach Christo zogen
sich hier viele in die Wüste zurück, um sich fern von der Welt in 'der
Einsamkeit Gott zu weihen. Als Stifter des Mönchslebens ist der Ägypter
Antonius zu betrachten. Er teilte sein ganzes Vermögen unter die
Armen und ging in die Wüste. Durch seine große Enthaltsamkeit kam
er in den Ruf eines Heiligen, viele fromme Menschen zogen in seine
Nähe; sie hießen Mönche, d. i. Alleinlebende. Antonius beaufsichtigte
sie und hielt sie zum Fasten, Beten und zur Handarbeit an. Sein
Schüler Pachomius vereinigte die Mönche in gemeinschaftliche Gebäude,
Klöster genannt; der Vorsteher eines solchen Klosters hieß Abt. Auch
Frauen bildeten in Ägypten solche Verbindungen in Nonnenklöstern.
Die Klöster wurden bald in großer Zahl errichtet und zwar nicht immer
in Einöden, sondern auch in den Städten. Aus dem Morgenlande kam
das Mönchswesen nach Europa und erhielt hier eine andere Bedeutung
durch Benedikt von Nursia, der 529 das Kloster Monte Cas-
sin o in Unteritalien stiftete. Er hob das beschauliche Leben der Mönche
auf, indem er in seiner schriftlichen Regel außer Fasten und Beten
namentlich Arbeit und Jugendunterricht zur Pflicht machte. Außerdem
mußte sich jeder Mönch zu den drei Gelübden der Ehelosigkeit,
Armut und des Gehorsams verstehen. Die Regel der Benedik-
tiner wurde auch von vielen andern Klöstern angenommen. Die Bene-
diktinerklöster haben in Deutschland viel Segen gestiftet: sie schufen Heiden
und Wälder in blühendes Ackerland um, sie waren die Stützen der
Armut, die gastlichen Herbergen der Reisenden, und namentlich Pflege-
stätten der Bildung, da die fleißigen Mönche unterrichteten, Bücher ab-
schrieben und vervielfältigten. Die Klöster waren frei von allen Abgaben
und erhielten den Zehnten. Solche Klöster gab es in St. Gallen,
Fulda, Reichenau, Weißenburg und Corvey an der Weser.
Ein Kloster in Irland hatte ums Jahr 600 etwa 2100 Mönche.
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Antonius Antonius Benedikt_von_Nursia
Extrahierte Ortsnamen: Fulda Deutschland Christo Europa Monte_Cas- Unteritalien Deutschland Fulda Reichenau Weißenburg Corvey Irland
26
Mittlere Geschich te.
berief er seinen Sohn Ludwig und die Großen seines Reiches nach
Aachen, stellte seinen Sohn als Mitregenten und Nachfolger in der Kaiser-
würde vor und bestimmte, daß sein Enkel Bernhard, Pipins Sohn,
unter Ludwigs Oberhoheit König von Italien werden solle. Nachdem
alle diese Anordnungen mit einstimmigem Zurufe gebilligt waren, ging
Karl in die Marienkirche, wohin ihm die ganze Versammlung folgte;
dort knieete er vor dem Hauptaltare, auf dem eine goldene Krone lag,
zu inbrünstigem Gebete nieder. Dann erhob er sich wieder und legte
seinem Sohne in einer ergreifenden Rede die Pflichten eines Regenten
ans Herz. „Willst du, mein Sohn," so fuhr er fort, „alle diese Pflichten
gewissenhaft erfüllen?" — „Ja, mit Gottes Hülfe!" war die Antwort.
„Wohlan denn, setze dir selbst die Krone auf, und stets möge sie dich
an dein Versprechen erinnern!" Darauf befahl er allen Anwesenden,
seinen Sohn von jetzt an Kaiser und Augustus zu nennen, und mit
Wehmut entließ er ihn wieder nach Aquitanien — er sah ihn nie wieder.
Bald darauf warf ihn ein hitziges Fieber auf das Krankenlager;
alle Heilmittel wollten nicht mehr helfen. Da beschäftigte er sich nur
noch mit dem Heile seiner Seele; zwei Tage vor seinem Tode erhielt er
das heilige Abendmahl. Mit der letzten Kraft erhob er seine Hände,
machte auf Stirn und Brust das Zeichen des heiligen Kreuzes, schloß
die Augen, sprach mit leiser Stimme: „Vater, in deine Hände befehle
ich meinen Geist!" — und verschied. — Noch an demselben Tage ward
814 er in der Gruft der Marienkirche zu Aachen beigesetzt.
Er saß im Grabe auf einem goldenen Throne in vollem Kaiserschmuck, auf bcm
Haupte die goldene Krone und ein Stück vom heiligen Kreuze; in der Hand hielt er
einen Kelch, an der Seite hing das Schwert, um die Huste die goldene Pilgertasche;
zu den Füßen lagen Scepter und Schild, auf den Knieen ein Evangelienbuch. Über
der Gruft errichtete man einen vergoldeten Bogen mit der Inschrift: „Hier unten liegt
der Leib Karls, des großen und rechtgläubigen Kaisers, der das Reich der Franken
herrlich vergrößert und 47 Jahre hindurch glücklich regiert hat. Er starb, ein 70jähriger
Greis, im Jahre des Herrn 8l4 am 28. Januar." — Jetzt ist die Grabstätte nur
noch an einer einfachen Marmorplatte kenntlich, welche die kurze Inschrift trägt:
Carolus Magnus.
3) Karls nächste Nachfolger.
Karls Sohn und Nachfolger Ludwig war sehr gutherzig, besaß
aber zu wenig Willenskraft, das große Reich zu regieren. Der Geist-
lichkeit gegenüber war er freigebig und lenksam, wofür er den Beinamen
der Fromme erhielt. Für die Mission nach dem skandinavischen
Norden hat er viel gewirkt; zur Stütze derselben ward das Erzbistum
Hamburg gegründet. Von hier aus brachte Ansgarius (Anschar),
der Apostel des Nordens, das Christentum nach Dänemark und Schweden.
Das Bistum Elze ward nach Hildesheim verlegt. Die von seinem Vater
gesammelten Heldenlieder ließ Ludwig als heidnisch verbrennen.
Anschar ward 83í der erste Erzbischof von Hamburg; als diese Stadt von nor-
männischen Seeräubern verwüstet wurde, rettete Anschar kaum sein Leben. Eine
fromme Frau schenkte ihm das Gut Ramelsloh, südlich von Hamburg; dort gründete
er ein Kloster. Als bald darauf der Bischof von Bremen starb, wurde dessen Bistum
mit dem Erzbistum Hamburg vereinigt, und Anschar nahm seinen Wohnsitz in Bremen.
(854.) Roch einmal trieb es ihn hinaus auf die Stätte seiner Missionsthätigkeit,
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Bernhard Ludwigs Karl Karl Augustus Karls Carolus_Magnus Magnus Karls Karls Ludwig Ludwig Apostel Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Aachen Italien Marienkirche Aachen Karls Karls Karls Hamburg Dänemark Schweden Hildesheim Hamburg Hamburg Bremen Hamburg Bremen
Karl der Große.
27
nach Dänemark und Schweden. Er starb 865 zu Bremen, wo er auch begraben liegt,
und wo ihm ein Denkmal errichtet ist.
Im Jahre 817 teilte Ludwig das Reich unter seine drei Söhne
Lothar, Pipin und Ludwig. Als ihm später aus einer zweiten
Ehe noch ein Sohn geboren wurde, Karl, der Kahle genannt, hob
er die erste Verteilung wieder auf, um auch diesem einen Teil geben zu
können. Da ergriffen die Söhne die Waffen gegen ihren eigenen Vater.
Aus dem „Rotfelde" im Elsaß wurde Ludwig von seinem Heere
treulos verlassen, von seinen Söhnen gefangen genommen und zur
Kirchenbuße gezwungen.» Durch Ludwig wieder befreit, teilte der Vater
von neuem, und zwar zum Schaden Ludwigs. Da griff dieser wieder
zu den Waffen; aber vor der Entscheidung starb der Vater. Nun 840
kehrten die Brüder die Schwerter gegen einander, bis der Vertrag
zu Verdun ^ 843 endlich dem Lande Frieden gab. Lothar erhielt 843
Italien und den Länderstreifen westlich des Rheines und östlich der
Rhone von der Nordsee bis zum Mittelmeere * nebst der Kaiserwürde.
Karl der Kahle bekam Westfranken, das eigentliche Frankreich,
Ludwig Ostfranken, Deutschland, und heißt deswegen Ludwig
der Deutsche. Er war der beste Herrscher Deutschlands unter den Nach-
kommen Karls des Großen, den Karolingern. Nach ihm herrschte
Unordnung im Reiche; die Magyaren'» oder Ungarn machten häufig
Einfälle, und die Normannen plünderten auf ihren kleinen Schiffen
die Küsten der Nordsee, liefen in die Flüsse ein und beraubten und ver-
wüsteten die an denselben liegenden Städte. 911 starb der letzte Karo-
linger in Deutschland, Ludwig das Kind. *
Vi. Die sächsischen Kaiser.
1) Heinrich I.; 919—936.
9. Die Wahl. Heinrich 1. war der erste deutsche König aus
dem Stamme der Sachsen. Karl der Große hatte einzelne Geschlechter
derselben durch die Grafenwürde und durch Belehnung zu hohem An-
sehen emporgehoben, besonders auch das Geschlecht der Ludolfinger,
das von einem Sachsenherzog Ludolf abstammte. Dessen Sohn, Otto
der Erlauchte, sollte nach dem Wunsche des Volkes schon 911 deutscher
König werden; weil er sich aber zu alt fühlte, wandte er die Krone
Konrad I. von Franken (911 — 918) zu, nach welchem Heinrich I. 919
den Thron bestieg. bis
Als Konrad nach einer unglücklichen Regierung zum Sterben kam, rief er
seinen Bruder Eb erha rd ans Totenbett und sprach zu ihm: „Die Zukunft des Reiches
steht bei den Sachsen. Nimm also diese königlichen Abzeichen, gehe hin zu Heinrich
und mache Frieden mit ihm, auf daß du ihn fortan zum Freunde habest." Dies
1 Das Rotseld heißt seitdem Lügenfeld. 2 jpr. Wärdöng. 1 * 3 Das heutige
Lothringen gehörte dazu: Lothringen oder Lotharingen — Lotharii regnum — Lothars
Reich. 4 spr. Maddjaren. 5 Die deutschen Karolinger sind: Ludwig der Fromme
(814—840), Ludwig der Deutsche (843—876), Karl der Dicke (876 —887), Arnulf
von Kärnthen (887—899), Ludwig das Kind (899—911).
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Extrahierte Personennamen: Karl Ludwig Ludwig Lothar Ludwig Ludwig Karl Karl Ludwig_von Ludwig Ludwig Ludwig Ludwigs Lothar Karl_der_Kahle Karl Ludwig_Ostfranken Ludwig Ludwig
der_Deutsche Ludwig Karls Ludwig Ludwig Heinrich_I. Heinrich_I. Heinrich_1. Heinrich Karl_der_Große Karl Ludolf Otto Konrad_I. Konrad_I. Heinrich_I. Konrad Konrad Heinrich Heinrich Ludwig Ludwig_der_Deutsche Ludwig Karl_der_Dicke Karl Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Dänemark Schweden Bremen Italien Nordsee Frankreich Deutschland Deutschlands Nordsee Deutschland Sachsen Sachsen Lothringen Lothringen
Der schmalkaldische Krieg.
123
allen den reichsten Ablaß, welche diesen Kreuzzug gegen „die verstockten
Ketzer" durch Gebete, Fasten und Almosen befördern würden. Trotzdem
wollte der Kaiser den Krieg nicht als Religionskrieg gelten lasten, londern
erklärte, daß er nicht gegen Religion und Freiheit, sondern nur gegen
einige ungehorsame Stände das Schwert ziehen werde. Dadurch gab
er dem ehrgeizigen Moritz von Sachsen den erwünschten Vorwand,
aus der Seite des Kaisers gegen den schmalkaldischen Bund zu fechten.
Moritz, aus der Albertinischcn 1 Linie, ebenfalls Protestant, war der Vetter des
Kurfürsten Johann Friedrich (aus der ernestinischen Linie) und der Schwieger-
sohn Philipps von Hessen. Trotz dieser nahen Verwandtschaft mit den Häuptern des
schmalkaldischen Bundes gehörte Moritz demselben doch nicht an, sondern blieb auf
des Kaisers Seite, so lange er von demselben Vergrößerung seiner Macht hoffte.
Karl, der sonst keinen Deutschen achtete, machtp Moritz zu seinem Freunde; denn er
schätzte ihn als einen Mann von seinem Verstände, großer Geistesgegenwart und feu-
rigem Ehrgeiz. Moritz hatte den Blick, die Brust und den Gang eines Helden; schon
im Kriege gegen die Türken hatte er sich ausgezeichnet und Karls Aufmerksamkeit auf
sich gelenkt.
Der schmalkaldische Krieg begann damit, daß der Kaiser die
beiden Herrscher von Kursachsen und Hessen „als Rebellen und Verbrecher
des gemeinen Landfriedens" in die Acht erklärte, als ste sich weigerten,
das Trientiner Konzil zu beschicken. Während nun die beiden Fürsten
sich rüsteten, versammelten auch die oberländischen Stände (Württemberg,
Augsburg, Ulm, Straßburg, rc.) ein Heer und machten Sebastian
Schärtlin von Burtenbach, einen klugen und kriegserfahrenen
Mann, zu dessen Anführer. Die Verbündetet? standen dem, Kaiser, der
in Ingolstadt eine feste Stellung hatte, mit einem ihm weit überlegenen
Heere gegenüber; aber Unentschlossenheit und ihre Scheu, den Kaiser
anzugreifen, ließen diesem Zeit, seine Hülfstruppen aus Italien, Spanien
und den Niederlanden an sich zu ziehen. Da erhielt der Kurfürst die
Nachricht, sein Vetter Moritz, der von dem Kaiser mit der Vollziehung
der Reichsacht beauftragt war, sei in Kursachsen eingefallen. Sofort
verließ er Oberdeutschland und eilte an die Elbe. Auch Philipp von
Hessen zog ab. Nun war es dem Kaiser ein Leichtes, die oberländischen
Stände zu unterwerfen; durch tiefe Demütigung und große Geldsummen
mußten ste Verzeihung erkaufen.
b. Schlacht bei Mühlberg. Nach kurzer Zeit hatte Johann Friedrich
sein Land zurückerobert und Moritz in dessen eigenem Lande bedrängt.
Er gewann Halle und zog vor Leipzig, das er indessen vergeblich beschoß.
Der Kaiser schickte dem Moritz dessen Freund, den Markgrafen Albrecht
von Brandenburg - Kulmbach (S. 127), zu Hülfe; aber der
Kurfürst nahm denselben gefangen und entließ dessen Krieger mit weißen
Stäbchen, dem Zeichen der Verschonung. Bald aber nahte der Kaiser
selbst. Von Nürnberg kam er mit seinem wohlversorgten Heere bis nach
der Gegend von Meißen, nachdem in Eg er Moritz zu ihm gestoßen
1 Ein sächsischer Ritter, Kunz von Kauffungen, hatte in einem Kriege gegen
den Kurfürsten von Sachsen dessen beide Söhne, Ernst und Albert, zu rauben
gesucht. (1455). Diese beiden Prinzen wurden die Begründer der beiden sächsischen
Linien, der ernestinischen, der älteren, mit Wittenberg, und der albertinischcn,
der jüngeren, mit Dresden und Meißen.
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Extrahierte Personennamen: Moritz_von_Sachsen Moritz Johann_Friedrich_( Johann Friedrich Philipps Moritz Karl Karl Moritz Moritz Karls Sebastian
Schärtlin_von_Burtenbach Moritz Philipp_von
Hessen Philipp Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritz Moritz Albrecht
von_Brandenburg Albrecht Moritz Kunz_von_Kauffungen Ernst Albert
Der schmalkaldische Krieg,
125
schlug tapfer auf sie ein. Dabei erhielt er einen Hieb in die linke Wange; in dem-
selben Augenblicke fragte ihn ein Ritter in deutscher Sprache, ob er sich nicht ergeben
wolle. Weil der Kurfürst an der Sprache diesen Feind als Deutschen erkannte, zog
er zwei Ringe vom Finger und gab sie ihm zum Zeichen seiner Gefangenschaft. Dieser
brachte ihn zum Herzog Alba. Der Kaiser hielt zu Pferde mitten auf der Heide und
gab eben den Befehl, das zerstreute Heer zu sammeln. Da kam Alba langsam mit
dem Gefangenen heran. Des Kurfürsten Gesicht blutete stark, und sein ganzes Panzer-
hemd war mit Blut bedeckt; sein Anblick erregte allgemeines Mitleid. Als er den
Kaiser erblickte, hob er die Augen gen Himmel und sagte: „Herr Gott, erbarme dich
meiner, nun bin ich hier!" Alba half ihm vom Pferde und führte ihn an seiner
Rechten vor den Kaiser. Der Kurfürst wollte aufs Knie sinken und seinen Blech-
handschuh abziehen, um Karl nach deutscher Sitte die Hand zu reichen. Aber Karl
litt keins von beiden, sondern wandte sich mit bitterer Miene ab. „Großmächtigster,
allergnädigster Kaiser!" sprach der Tiefgebeugte. „So", fiel ihm der stolze Sieger ins
Wort, „bin ich nun euer gnädigster Kaiser? So habt ihr mich lange nicht geheißen.
Vor Ingolstadt war ich nur Karl von Gent und gewesener Kaiser." Der Kurfürst
fuhr fort: „Ich bin Ew. kaiserlichen Majestät Gefangener und bitte um ein fürstliches
Gefängnis." — „Wohl", war die Antwort, „ihr sollt gehalten werden, wie ihr es
verdient habt." Der Kaiser verließ das Schlachtfeld mit den Worten: „Ich kam, ich
sah und — Gott siegte." —
c. Folgen der Schlacht. Nach zweitägiger Rast zog Karl über
Torgau, das stch sogleich ergab, gegen Wittenberg. Hier geriet
alles in Verwirrung; die Universität war schon im Winter geschlossen,
Melanchthon war gleichfalls nicht mehr anwesend. Aber des Kurfürsten
wackere Gemahlin und ihre Söhne beschlossen die Verteidigung der festen
Hauptstadt. Da forderte der Kaiser den Kurfürsten auf, den Seinigen
die Übergabe zu befehlen, und drohte ihm, als er sich weigerte, mit dem
Tode. Allein Johann Friedrich entgegnete standhaft, das Unglück habe
ihm den Mut nicht geraubt. Da ließ ihn der Kaiser durch ein Kriegs-
gericht förmlich zur Strafe des Schwertes verurteilen. Das Urteil wurde
ihm mitgeteilt, als er eben mit einem Mitgefangenen, Herzog Ernst
von Braunschweig-Lüneburg, am Schachbrett saß. Ruhig und
fest erwiderte er: „Ich kann nicht glauben, daß der Kaiser dermaßen mit
mir handeln werde; ist es aber gänzlich also bei der kaiserlichen Majestät
beschlossen, so begehre ich, man soll es mir fest zu wissen thun, damit
ich das, was meine Gemahlin und Kinder angeht, bestellen möge."
Auf diese Nachricht hin kamen der Kurfürst Joachim U. von
Brandenburg und Herzog Wilhelm von Kleve, der Kurfürstin
Bruder, zum Kaiser und baten um Gnade für den Verurteilten. Der
Kaiser versprach endlich Begnadigung, wenn Johann Friedrich die Kur-
lande abträte und Gefangener des Kaisers bliebe. Nach langer Zögerung
unterzeichnete derselbe den Vertrag, die Wittenberger Kapitulation.
Doch mußte Moritz den Kindern des Gefangenen eine jährliche Einnahme
von 50 0o0 Gulden anweisen und ihnen zur Sicherstellung dieser Summe
die Gebiete von Weimar, Jena, Gotha, Eisenach und einige
andere Plätze einräumen. (Aus diesen entstanden nachher die jetzigen
sächsischen Herzogtümer.) Der größte Teil der Länder aber und die Kür-
würde ging von der ernestinischen auf die albertinische Linie über.
Einige Wochen darauf wurde Moritz noch im Lager zum Kurfürsten
ausgerufen und bald nachher in Augsburg öffentlich belehnt, wobei der
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl_von_Gent Karl Karl_über
Torgau Karl Melanchthon Johann_Friedrich Johann Friedrich Ernst
von_Braunschweig-Lüneburg Ernst Wilhelm_von_Kleve Wilhelm Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritz Moritz
102
Neue Geschichte.
Obwohl Maximilian I. seine Hauptsorge den östreichischen Ländern
zuwandte, verdankt ihm Deutschland doch den Segen des inneren Frie-
dens und des gesicherten Rechtes. Er war der letzte ritterliche Kaiser
im Sinne des Mittelalters, wie man ihn denn auch mit Recht den
„letzten Ritter" genannt hat. Eine neue Zeit war inzwischen ange-
brochen, hauptsächlich herbeigeführt durch die Erfindung des Pulvers und
der Buchdruckerkunst und durch die Entdeckung Amerikas; schon über ein
Jahr vor Maximilians Tode hatte Luther feine 95 Thesen angeschlagen.
Daher schließt man mit Maximilian die Geschichte des Mittelalters, und
es beginnt die neue Geschichte.
8. Die Neuzeit.
I. Die Reformatio».
1) 0r. Martin Luther. (Bis 1517.)
a. Jugendzeit. Bor etwa 400 Jahren lebte in dem Dorfe Möhra
bei Eisenach ein armer Bergmann Hans Luther mit seiner Ehefrau
Margareta. Diese frommen Eheleute zogen nach Eisleben, wo der
Bergbau damals in Blüte stand, und hier wurde ihnen am 10. November
1483 ein Sohn geboren, der, weil er gleich am folgenden Tage, dem Martins-
tage, getauft wurde, den Namen Martin erhielt. Als der Knabe
ein halbes Jahr alt war, zogen die Eltern nach dem Städtchen Mans-
feld; auch hier hatten sie zuerst mit Nahrungssorgen zu kämpfen.
Luther sagt darüber: „Meine Eltern sind anfangs arm gewesen; mein
Vater war ein armer Hauer (Schieferhauer), und die Mutter hat ihr
Holz auf dem Rücken getragen." Allmählich gestalteten sich ihre Ver-
hältnisse günstiger. Der Vater erhielt von dem Grafen von Mansfeld
zwei Schmelzöfen in Pacht, erwarb sich ein eigenes ansehnliches Wohn-
haus und wurde in den Rat der Stadt gewählt. Strenge Zucht übten
die Eltern an ihren Kindern. Der Sohn schreibt später darüber: „Meine
Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das
Blut floß; mein Vater stäupte mich einmal so sehr, daß ich ihn floh
und' ward ihm gram, bis er mich wieder zu sich gewöhnte." Der kleine
Martin wurde schon sehr früh mit Fleiß zur Schule angehalten; bei
schlechtem Wetter trug ihn sein Vater auf den Armen hin. Auch hier
war die Zucht übermäßig streng, denn Luther wurde in derselben an
einem Vormittage ohne sein Verschulden fünfzehnmal nach einander ge-
strichen. In dieser Schule lernte er die zehn Gebote, den Kinderglauben,
das Vaterunser und christliche Gesänge, Lesen, Schreiben und etwas
Latein. In seinem vierzehnten Jahre brachten ihn die Eltern auf die
lateinische Schule zu Magdeburg, die damals berühmt war. Dort
blieb er aber nur ein Jahr und kam dann aus die Schule zu Eisenach,
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Amerikas Dorfe_Möhra Eisenach Eisleben Martins- Mansfeld Magdeburg Eisenach
Der schmalkaldische Krieg.
12?
Abends aß Philipp mit Moritz und Joachim Is. beim Herzog Alba.
Als er jedoch aufbrechen wollte, wurde ihm gesagt, daß er verhaftet bleiben
solle, und Alba forderte ihm den Degen ab. Seine Freunde waren
darüber sehr erbost und versprachen, am folgenden Tage mit dem Kaiser
zu sprechen. Ihnen sagte der Kaiser, er habe dem Landgrafen nur ver-
sprochen, daß derselbe nicht „zu ewigem Gefängnis"1 * * * verurteilt werden
solle. Als die beiden Kurfürsten am folgenden Tage nochmals für den
Gefangenen baten, drohte der Kaiser, denselben nach Spanien abzuführen,
falls sie ihre Bitte wiederholen würden. Wohin nun der Kaiser zog,
mußten ihn die beiden Gefangenen begleiten; Philipp mußte die lästigsten
Beschränkungen und rohe Geringschätzung von seinen Hütern erdulden.
ci. Der Augsburger Religionsfriede. So war der schmalkaldische
Bund vernichtet. Böhmen und die Lausitz wurden unterworfen und ge-
züchtigt; nur Niederdeutschland, insbesondere die niedersächsischen Städte
Bremen, Braunschweig, Magdeburg und Hamburg widerstanden noch.
Karl ging nach Augsburg und ließ daselbst durch Geistliche beider
Kirchen eine einstweilige Glaubensvorschrift aufstellen. (1548.) Diese
hieß das Augsburger Interim. Dasselbe war für die Protestanten
ungünstig, denn es ließ ihnen wenig mehr als Priesterehe, Laienkelch und
die eingezogenen Kirchengüter. Viele weigerten sich, dasselbe anzu-
nehmen, auch Moritz machte schriftliche Einwendungen. Die süddeutschen
Städte ließen sich durch die Gegenwart des Kaisers einschüchtern und
fügten sich dem Interim; ihre Geistlichen aber blieben fest, und gegen
400 derselben mußten deshalb mit Weib und Kind ins Elend wandern.
In Norddeutschland aber widerstanden alle Städte; Bremen und Magde-
burg widersetzten sich mit bewaffneter Hand. Der Kaiser hatte letztere
Stadt im schmalkaldischen Kriege nicht bezwungen und nicht bedacht, daß
er sie „als einen Dorn in seinem Fuße stecken ließ, der ihm nachher sehr
schmerzhaft werden sollte." Der Kaiser erklärte die Stadt in die Acht
und übertrug Moritz die Ausführung derselben. Dieser war ergrimmt
über die schimpfliche Gefangenschaft seines Schwiegervaters. Philipp war
nämlich, als er in die Niederlande zu entfliehen versucht hatte, in die
Festung Mecheln (südlich von Antwerpen) gesetzt. Hier bewohnte er
ein nur zehn Fuß langes Kämmerlein, dessen Fenster man sogar ver-
nagelt hatte. Den Bitten Moritzens gegenüber blieb der Kaiser unzu-
gänglich; das schmerzte Moritz, auch bereute er seinen Abfall vom Glauben.
So wurde der frühere Freund des Kaisers jetzt dessen Feind. Moritz
zog die Belagerung Magdeburgs absichtlich in die Länge und schloß einen
Bund mit dem Söldnerführer Albrecht Alcibiades von Branden-
burg -K ul mb ach. * Als zu derselben Zeit König Heinrich Ii. von
Frankreich Karl den Krieg erklärte, zog Moritz auch diesen in den Bund;
durch Frankreichs Geld und Unterhandlungskunst kam im stillen ein ge-
fährliches Bündnis gegen Karl zustande. Von den deutschen Fürsten
1 Der Bischof Granvella soll für die Worte „nicht zu einigem Gefängnis"
gesetzt haben: „nicht zu ewigem Gefängnis." Ob der Kaiser darum gewußt hat, ich
zweifelhaft. Das Volk war wegen dieser Überlistung sehr entrüstet. 8 Kulmbach in
Franken stand seit 1470 unter einer Seitenlinie der Hohenzollern.
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Moritz Joachim_Is Philipp Philipp Karl Moritz Moritz Philipp Moritz Moritz Albrecht_Alcibiades Albrecht Heinrich_Ii Heinrich Karl Karl Moritz Karl Karl Granvella
ns
Neue Geschichte.
gehörten außer Albrecht noch Johann von Küstrin, sowie Philipps
Sohn, Wilhelm von Hessen, und ein Herzog von Mecklenburg
zu den Verbündeten. Leider gestatteten diese Fürsten dem französischen
König die Besetzung der deutschen Städte Cambrai, Metz, Toul
und Verdun, dereu Bewohner französisch redeten.
Moritz hatte seine Bündnisse mit so bewunderungswürdiger Vorsicht
abgeschlossen, daß weder seine eignen Räte, noch der Kaiser etwas davon
gemerkt hatten. Als Magdeburg sich unter günstigen Bedingungen er-
gab, behielt er sein Heer zusammen und führte es nach Süddeutschland.
Die geistlichen Kurfürsten schrieben dem Kaiser vom Konzil zu Trient
aus ihren Verdacht; er aber erwiderte ihnen, sie sollten sich nicht durch
jedes Gerücht in Furcht setzen lassen. Er meinte, eine solche Verstellung
sei bei einem deutschen Fürsten unerhört, und er habe Moritz nie Anlaß
zur Unzufriedenheit gegeben. Letzterer wußte sich schriftlich zu rechtfertigen
und den Kaiser in Sicherheit zu wiegen. Zum Scheine ließ er sich
sogar in Innsbruck, wo der Kaiser war, eine Wohnung mieten. Auf
der Reise dahin stellte er sich plötzlich krank und ließ den Kaiser davon
benachrichtigen. Dann zog er im März 1552 seine Truppen zusammen
und trat offen gegen den Kaiser auf. Er beschuldigte diesen, daß er ihre
wahre christliche Religion, wie sie dieselbe zu Augsburg bekannt, ausrotte;
die Gefangenschaft Philipps nannte er eine „Infamie und Unbilligkeit."
Namentlich beklagte er sich über die grausamen spanischen Truppen,
die Karl gegen seinen Schwur ins Land geführt habe; er wolle die
Deutschen „zu einer solchen unerträglichen, viehischen, erblichen Servitut,'
Joch und Dienstbarkeit bringen, wie bei andern Nationen vor Augen sei."
Von Augsburg rückte er vor die Ehrenberger Klause (im'norden
Tirols, am Lech), die von Kaiserlichen besetzt war. Ein Schäfer zeigte ihm
in der Nacht einen geheimen Pfad auf den Felsen; ein verwegener Sturm
öffnete die Pforten, und die überrumpelte Besatzung ergab sich. Als aber
die Soldaten den Lohn nicht gleich bekamen, den Sturmlaufende nach
alter Sitte erhalten mußten, entstand eine Meuterei, durch welche Moritz
einen Tag aufgehalten wurde. So hatte Karl Zeit, sich zu retten. Nachts,
bei schrecklichem Regenwetter, brach er auf. Seine Diener trugen ihn in einer
Sänfte nach Villach in Kärnthen, 30 Meilen von Innsbruck; mit Fackeln
in der Hand fanden sie ihren Weg durch die Pässe der Tiroler Alpen.
Karl mußte nachgeben. Auch sein Bruder Ferdinand war insgeheim mit
Moritz im Bunde, weil Karl feinen Sohn, den finstern Philipp, zu
seinem Nachfolger im Reich machen wollte, während Ferdinand gleich-
falls auf die deutsche Krone hoffte. So kam es zum Passau er Ver-
1552 trage, durch welchen vorläufig jeder Kampf aufhörte und die gefangenen
Fürsten freigegeben wurden; das Interim ward aufgehoben, und die
vertriebenen Geistlichen kehrten zurück.
Moritz' früherer Waffengefährte, Albrecht Alcibiades, ließ sich
durch den Passauer Vertrag vom Kampfe nicht abhalten. Zunächst unter-
stützte er den Kaiser, der leider vergeblich versuchte, Metz den Franzosen
wieder abzunehmen, so daß diese wichtige Stadt dem Reiche verloren 1
1 Knechtschaft.
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_noch_Johann_von_Küstrin Albrecht Johann Philipps Philipps Wilhelm Moritz Moritz Philipps Philipps Karl Karl Moritz Karl Karl Karl Karl Ferdinand Ferdinand Moritz Karl Karl Philipp Philipp Ferdinand Ferdinand Albrecht_Alcibiades Albrecht
Der dreißigjährige Krieg.
137
Stadt war lutherisch. Friedrich ließ die Bilder und Zieraten aus der
Domkirche entfernen und richtete den Gottesdienst nach streng reformier-
ter Weise ein. „O wie schad', o wie großer schad'," schrieb ein luthe-
rischer Theologe, „um soviel edle Länder, daß sie alle dem Calvinismus
in den Rachen sollen gesteckt werden!" Der Kurfürst von Sachsen war
eifersüchtig auf Friedrichs neue Würde und besetzte sogar Schlesien und
die Lausitz für Ferdinand.
e. Schlacht am weißen Berge. Maximilian rückte in Böhmen
ein und zwar gerade aus die Hauptstadt Prag los, wohin sich Friedrich
zurückgezogen hatte. Auf dem weißen Berge bei Prag ordnete dessen
Feldherr und Ratgeber, Christian von Anhalt, das Heer. Tilly eröffnete
das Gefecht mit seinen Geschützen; aber der heftige Angriff durch Christian
von Anhalt brachte die Kaiserlichen zum Weichen. Da brachte ^Maxi-
milian mit gezogenem Degen die fliehenden Regimenter zum Stehen
und führte die Seinen zum Siege. Das protestantische Kriegsvolk floh
in wilder Unordnung und konnte weder durch Drohungen, noch durch
Bitten zur Schlacht'gebracht werden. Christian von Anhalt schrieb:
„Und wären Alexander, Cäsar und Karl der Große dabei gewesen, sie
hätten dieses Volk nicht zum Stehen gebracht." In einer Stunde war
das Unglück Böhmens und seines Königs entschieden: 4000 Böhmen
blieben auf dem Platze, zehn Kanonen und hundert Fahnen sielen dem 1620
Feinde in die Hände.
Friedrich, der die Nacht auf dem Prager Schlosse zugebracht
hatte, stand eben von der Tafel auf und ging auf den Wall, als ihm
die Flüchtigen entgegen kamen. Maximilian gab ihm acht Stunden Be-
denkzeit, ob er der Krone entsagen wolle. ' Friedrich war noch nicht
ohne Hülfe; denn Mansfeld hielt mit 8000 Mann Pilsen und andere
Punkte besetzt, 8000 Ungarn standen unter Bethlen Gabor vier Mei-
len von Prag, und in Prag selbst waren die Bürger zur Verteidigung
bereit. Aber noch in derselben Nacht floh der unmännliche König,
Krone und Land opfernd; er ging über Breslau nach Berlin und von
hier nach Holland, wo sein Schwiegervater Jakob l. ihn unterhielt. Der
Kaiser sandte ihm die Achtserklärung nach; das Volk nannte ihn spöttisch
den „Winterkönig", weil er nur einen Winter regiert hatte. Maximilian
zog noch an demselben Tage in Prag ein; die Katholiken jubelten, der
Papst hielt in Rom einen feierlichen Umzug. Erst nach drei Monaten
folgte das Gericht über Böhmen, weil man bis dahin die Truppen der
Protestanten gefürchtet hatte. Über Böhmen kam die Ruhe eines Kirch-
hofes. Die Union löste sich auf.
24 der vornehmsten Böhmen, unter ihnen ein neunzigjähriger Greis, wurden
auf dem Markte zu Prag öffentlich hingerichtet; aber alle zeigten Mut und Stand-
haftigkeit. Dann versprach man den Böhmen Verzeihung, wenn sic sich selbst anklagen
würden. 728 Adelige erschienen darauf hin; aber man beraubte sie ihrer Güter. Auch
mußten die evangelischen Prediger und Lehrer das Land räumen; dafür kamen die
Mönche und Jejuiten ins Land, welche alle evangelischen Bücher verbrannten. Die
Protestanten wurden vom städtischen Rat ausgeschloffcn; die, welche nicht freiwillig
katholsich wurden, bekamen Einquartierung, „damit ihre Drangsale ihnen Einsicht ver-
Ichaffen möchten." Vielen aber ging der evangelische Glaube über Heimat und Besiü,
an 30 000 Familien verließen Böhmen, darunter 185 alte Adelssamilien. Ähnlich
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrichs Ferdinand Maximilian Maximilian Friedrich Friedrich Christian_von_Anhalt Tilly Christian
von_Anhalt Christian_von_Anhalt Alexander Alexander Cäsar Karl_der_Große Karl Friedrich Friedrich Maximilian Maximilian Friedrich Friedrich Gabor Jakob_l Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Domkirche Sachsen Friedrichs Prag Prag Prag Prag Berlin Holland Prag Rom
Der dreißigjährige Krieg,
139
für den Kaiser, und dieser gab ihm für seine Treue die Herrschaft Fried land in
Böhmen, Bei der Austreibung des böhmischen Adels bereicherte er sich aufs neue.
Wallenstein war ein Feldherr wie wenige; er sprach wenig, aber mit Nachdruck;
dem Tapfern versagte er nie verdientes Lob; gegen Hohe und Niedrige war er frei-
gebig, gegen jedermann strenge. Feigheit ward sogleich mit dem Tode bestraft,^ und
bei dem geringsten Ungehorsam war sein Wort: „Laßt die Bestie hangen!" Schon
sein Äußeres hatte etwas Düsteres und Unheimliches: er war lang und hager, sein
Blick finster und argwöhnisch, die Gesichtsfarbe gelblich, sein schwarzes Haar kurz ge-
schnitten. In Scharlach war er gekleidet, auf dem Haupte trug er eine blutrote
Feder. Ein Grauen kam alle Krieger an, wenn er durch das Lager schritt. Sic
hielten ihn für unverwundbar, für „fest", mit bösen Geistern im Bunde.
Wallenstein schlug in Böhmen, Franken und Schwaben seine Werbe-
platze auf. Biele folgten seinen Fahnen; denn sein Name war den Kriegs-
völkern bekannt und die Zeit reich an unbeschäftigten Leuten. Er ver-
langte vom Kaiser unumschränkten Oberbefehl und erhielt den Titel
„Kaiserlicher Generalissimus". Auch wollte er später durch
eroberte Länder und Provinzen entschädigt werden. Fast scheute sich der
Kaiser, es mit dem kühnen Abenteurer zu wagen. Man sprach von
20 000 Mann, allein das verwarf Wallenstein, indem er sagte: „Ein
Heer, wie dieses, muß vom Brandschatzen leben. 20 000 Mann kann
ich nicht ernähren, wohl aber 50 000; denn wo jene bitten, können diese
gebieten." Der Kaiser mußte darein willigen.
Til ly stand an der Weser, während Wallen st ein an der Elb-
brücke bei Dessau Stellung nahm. Mansfeld griff ihn an, erlitt aber
eine empfindliche Niederlage. Dennoch beugte dies seinen Mut nicht.
Im Brandenburgischen verstärkte er sein Heer, und nachdem noch 5000
Dänen zu ihm gestoßen waren, ging er nach Schlesien und wollte
dann nach Ungarn, um sich dort mit Beth len Gabor zu vereinigen.
Wallenstein verfolgte ihn bis tief nach Ungarn. Bethlen Gabor trat in
Unterhandlungen mit dem Kaiser und schloß Frieden ohne Rücksicht auf
Mansfeld. Dieser wollte zur See über Venedig nach England entfliehen;
doch erlag sein starker Körper schon in Bosnien den Anstrengungen und
dem feuchten Herbstwetter. Ein Fieber raffte ihn in seinem 46. Jahre hin
(1626). Als er den Tod kommen fühlte, ließ er sich — so wird er-
zählt — den Panzer anlegen und erwartete stehend, auf zwei Offiziere
gestützt, den Tod. Seine Scharen zogen sich nach Schlesien zurück. —
In demselben Jahre war auch der wilde Christian von Braunschweig
gestorben.
Während Wallenstein Mansfeld verfolgt hatte, war Tilly vor
Christian Jv. nach dem Eichsselbe zurückgewichen. Schon wollte letzterer
Thüringen und Franken besetzen, als Tilly einen zurückgelassenen Wallen-
steinschen Heereshaufen an sich zog und gegen Christian aufbrach. Nun
wollte dieser über den Harz in sein festes Lager bei Wolfenbüttel zurück-
weichen, wurde aber am nordwestlichen Ende dieses Gebirges, bei Lutter 1626
am Barenberge, von Tilly gänzlich geschlagen.
Unterdessen kam Wallenstein über Schlesien wieder zurück; sein Heer-
wuchs unterwegs wieder auf 40 000 Mann an; bei Lauenburg an
der Elbe kam er mit Tilly zusammen. Die vereinigten Feldherren ver-
jagten die Dänen aus ihren Schanzen bei Hamburg und drangen in
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