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1. Die neue Zeit - S. 373

1877 - Leipzig : Brandstetter
373 seiner Unschuld, trat der König vor die Schranken. „Ludwig" — so redete ihn der Präsident Sarrere an — „die französische Nation beschuldigt Sie; der Konvent will, daß Sie durch ihn gerichtet werden; man wird Ihnen das Verzeichniß Ihrer Verbrechen vorlesen. Sie können sich nun setzen!" Der König setzte sich, hörte ohne sichtbare Bewegung eine lange Anklage, in welcher er des heimlichen Einverständnisses mit Frankreichs Feinden beschuldigt ward, auch alle durch die Revolution herbeigeführten Unglücksfälle ihm zur Last gelegt wurden. Die Ruhe und Klarheit, womit der König jeden Punkt der Anklage beantwortete, fetzte selbst feine Feinde in Erstaunen. Hierauf wurde er unter den Drohungen und Beleidigungen desselben Gesindels, durch dessen Reihen er schon einmal gekommen war, in's Gefängniß zurückgebracht und nunmehr von feinen theuren Unglücks-genoffen, von ferner Gemahlin, Schwester und feinem Sohne völlig getrennt. Nach des Königs Entfernung brach ein großer Lärm im Konvent aus. Die Jakobiner verlangten, man solle augenblicklich das Todesurtheil über den Tyrannen aussprechen und dasselbe noch in dieser Nacht an ihm vollziehen, allein die Girondisten fetzten es durch, daß wenigstens die bei jedem Verbrecher üblichen Formen beobachtet würden. So wurde denn dem Könige erlaubt, sich einen Rath zu feiner Vertheidigung zu wählen. Ludwig's Wahl fiel auf den berühmten Rechtsgelehrten Tronchet, der keinen Augenblick mit der Annahme dieses gefährlichen Prozesses zögerte. Ein durch Talent und Rechtschaffenheit gleich ausgezeichneter Greis, Malesherbes, ein königlicher Minister, bot dem Könige freiwillig feine Dienste an, und diese beiden Sachwalter wählten den jungen talentvollen Deseze zu ihrem Gehülfen. Jedoch gewann der König durch diese Vergünstigung nichts, als den Trost, noch mit einigen edlen Männern zu verkehren in einem Augenblicke, wo keiner feiner Freunde, außer feinem treuen Kammerdiener Clery, sich ihm nahen durfte. Am 26. Dezember wurde der König nebst feinen Sachwaltern vorgeladen. Ehe sie in dem Sitzungssaal erscheinen konnten, mußten sie eine Zeit lang im Vorzimmer warten; sie gingen in demselben auf und ab- Ein Deputirter, der vorüber ging, hörte gerade, daß Malesherbes in der Unterredung mit feinem Schützling sich der Worte: „Sire, Ew. Majestät!" bediente und fragte finster: „Was macht Sie so verwegen, hier Worte auszusprechen, die der Konvent geächtet hat?" — „Verachtung des Lebens!" antwortete der ehrwürdige Greis. — Endlich wurden sie in den Saal gelassen. Malesherbes konnte vor Rührung nicht sprechen, da trat der feurige Defeze auf und vertheidigte feinen König mit so be-wundernswerther Kraft und Gewandtheit, daß Ludwig gerettet worden wäre, hätten die wilden Jakobiner nicht längst feinen Tod beschlossen gehabt. Ludwig wurde wieder abgeführt und das Mordgefchrei der Jakobiner hallte im Saale wieder, an allen Thüren, an allen Fenstern, von der Gallerte herab wurde geschrieen: „Tod! Tod!" Ein Jakobiner, ein ehemaliger Fleischer, verlangte sogar, den König in Stücke zu hauen und in jedes Departement ein Stück zu versenden. Der Kampf der

2. Teil 3 - S. 249

1893 - Leipzig : Brandstetter
— 249 — Spannung feiner in Wien tagenden Verbündeten Feinde sehr erfreut, hielt der entthronte Kaiser die Zeit günstig, noch einmal fein altes Glück zu versuchen und durch eine kühne That die verlorene Krone wieder zu gewinnen. Heimlich verließ er Elba mit 900 Mann feiner getreuen Garde, entging glücklich den im Mittelmeer kreuzenden Schiffen der Engländer und landete am 1. März 1815 an der Südküste Frankreichs. „Der Kaiser ist wieder da!" Das war die frohe Kunde für die zahlreichen Anhänger und Verehrer Napoleons in Frankreich. Bald fiel ihm, dem mit Ruhm gekrönten Herrscher, Volk und Heer wieder zu. Überall mit dem Rufe: „Es lebe der Kaiser!" empfangen, durcheilte er im Triumphzuge das Land. Durch klug berechnete Bekanntmachungen wußte er Volk und Heer, besonders das letztere, aufs neue für sich zu begeistern, so daß er zuversichtlich prahlen konnte: „Mein Adler wird von Turm zu Turm fliegen, bis er sich auf Notre Dame in Paris niederläßt!" Mit Schrecken gewahrte Ludwig Xviii. die wetterwendische Art feines Volkes. Als nun auch Marfchatt Ney, der sich vermessen hatte, den Thronräuber gefeffelt nach Paris zu bringen, in Lyon samt feinen Truppen zu feinem früheren Herrn und Waffengenoffen überging, als unter allen Ständen eine Begeisterung laut wurde, wie in den schönsten Tagen der vergangenen Siegeszeit, da hatte der schwache König nichts Eiligeres zu thun, als mit feinem Hofe die Stadt Paris und das Land zum zweiten-male zu verlassen und in Gent in den benachbarten Niederlanden die weitere Entwickelung der Dinge abzuwarten. Schon am 20. März hielt Napoleon feinen Einzug in die jubelnde Hauptstadt. 2. Vorbereitungen zum Kriege. Die Nachricht von Napoleons Rückkehr, die mit Windeseile durch ganz Europa ging, überraschte besonders die in Wien versammelten Fürsten. Schnell vergaßen sie allen Streit und Hader; gegen ihn, den alten Feind, erklärte sich ganz Europa einig. Einmütig erhoben sich die Fürsten zu einem großen Entschluß: sie erklärten Napoleon, als einen Störer der Ruhe und des Friedens in Europa, von aller Gemeinschaft der Guten ausgeschlossen und gerechter Strafe verfallen, feierlich in die Acht aller europäischen Volker. Zwar versicherte Napoleon nach allen Seiten, seine Absicht sei nicht, zu erobern, sondern Frankreich in den nun festgestellten Grenzen im Frieden zu regieren. Aber kein Mensch glaubte jetzt dem Manne, der so oft mit Eid und Treue freventlich gespielt hatte. Unverzüglich wurde daher von neuem zum allgemeinen Kampfe gerüstet. Zuerst war das benachbarte England auf dem Platze, das feine Truppen in das neugebildete Königreich der Niederlande (Belgien und Holland) warf. Sie führte Wellington, der feit Jahren Napoleons Heere in Spanien bekämpft hatte. Sein Heer bestand zur kleineren Hälfte aus Engländern und

3. Geschichtsbilder für Volksschuloberklassen und Schulaspiranten - S. 124

1905 - Nagold : Zaiser
124 Dampfes als bewegende Kraft (Motor) ist der Schottlnder ^ames Watt zuerst gekommen. Im Jahr 1833 erfanden tue Professoren Weber und Gan in Gttingen die elektro-magnetische Telegraphie, die aber erst, nachdem der Amerikaner Morse auch den Schreib- oder Druckapparat hergestellt hatte, in den Dienst des Weltverkehrs trat Dampfmaschine, Eisenbahn und Telegraph haben aus den Land- und Seeverkehr und damit auf den Handel einen unermelichen Eiuflu ausgebt. Das erste' Dampfschiff befuhr den Rhein 1835. Zur Abkrzung des Seewegs nach Ostindien wurde 1869 der Suezkaual erffnet. Im Znsammenhang mit der Beschleunigung und Erleichterung des Verkehrs nahm das Po st Wesen einen ungeahnten Ausschwung. Seit 1873 verbindet ein Weltpostverein fast alle Kulturvlker des Erdballs. Seit etwa 10 Jahren dient auch das Telephon (Fernsprecher) dem Verkehr innerhalb groer Städte und auch aus grere Entfernungen (erfunden von Lehrer Reis in Friedrichsdorf b. Hamburg). Au der Herstellung lenkbarer Luftschisse wird emsig gearbeitet. \0. Linigungsbestrebungen von *8487* und das neue Deutsche Reich". Die Revolution in Paris 1848 fegte das Knigtum (L. Philipp) hinweg und brachte Napoleon Iii. an die Spitze Frankreichs (Prsident bis 1852, dann Kaiser bis 2. Sept. 1870). Wie ein Funke, der in ein Pulversa fllt, wirkte die Pariser Revolution. In Sddeutschland (besonders in Baden) kam es zu blutigen Austritten, und die Regie-rnngen muten Prefreiheit und Schwurgerichte ge-whren. Eine ergtzliche Komdie war der blinde Lrm vom Anmarsch der Franzosen (Franzosenfeiertag 25. Mrz 1848). In Verlin kam es zu einem verzweifelten Straen-kmpf; Barrikaden ( Versammlung einer Strae, Sperre) wurden errichtet, und der 200 Personen blieben tot auf dem Platz. Jetzt endlich gab Friedrich Wilhelm Iv. auch seinen Preußen eine Verfassung. Die ihm von der Nationalversammlung (586 Vertreter des deutschen Volks) angebotene Kaiserkrone schlug er aus, weil er es vor allem mit Osterreich nicht verderben wollte. Auch die brigen deutschen Fürsten, z. B. Wilhelm I. von Wrttem-

4. Deutsches Lesebuch für Volks- und Bürgerschulen - S. 206

1873 - Leipzig : Wartig
206 ^riebrid) mürbe fogleid) berlmftct, und als iijn die Sßac^e bor den König braute, geriet^ biefer fo in 3orn, baff er den fßrinzen mit bent Degen burcbboijren toohtc. Der (General von der Gjtofel [prang jebod^ mutlng bazmifdhen und erftärte: „Sire, burdjbofyren Sie midi; aber Personen (Sie 3hre* Sohnes!" Der Völlig nannte jebocb) von jet$t an den Kronprinzen nur „den entlaufenen Dberfttieutenant 3ri|" und liefe ibn in ein enges (Gefängnife auf die Heftung Küftrin bringen. (Sin fiöigerner Stemel mar fein Sib, der gufeboben fein Veit, gang magere Koft feine Giahrung. Katt marb in der f^rii^e an einem Gtobembertage bor feinem $enfter als Deferteur ent= bauptet. Stuf bes garten Vaters Vefef)t muffte griebrich der blutigen ¿Qanblung am $enfter §ufe£>cn. „Verzeihung, theurer Kattrief er dem Unglüdlidfen zu. „Der Dob für einen fotdjen Prinzen ist füfe", gab biefer zur Stntmort. 2iis bes ¿genlers Sd;mert bas tfjeure ^aupt bes $reunbes trennte, [an! griebrid) ohnmächtig zufammen. Seines Sohnes megen berfammette barauf der König ein Kriegsgericht und berlangte, bafe „der Delinquent, der ent- laufene Dberfttieutenant grib", megen Defertion ebenfalls zum Dobe berurtheilt merben fohte. (Ss fehlte and) nicht an fol= dien, die dem Könige beiftimmten; aber der ebrmiirbige (Ge; neral von Vubbenbrod rib feine Sbefte auf und fagte uner; fdiroden: „Sßenn (Sm. Üdtajeftät Vlut bedangen, fo nehmen Sie meines; jenes belommeit Sie nicht, fo lange ich uod) fprechen barf." Gtadjbem ficfi bes Königs gotn mieber etmas gelegt hutte, mürbe der iprinz aus dem (Gefängniffe enttaffen, mubte jebodj noch längere $eit als Gtath bei der Dontaineniammer in Küftrin arbeiten. Der Vermähtungstag feiner Scbmefter Sßilbelmine mar fein Vefreiungstag. Der König Imite den Sohn fontmen taffen. 2lm Stbenb trat er mit ihm plöblid) in den Speifefaal und [teilte ihn der hochbeglüdten Butter mit den Sborten bor: „Seht 3hr/ Gftabam, ba ist nun der $rib mie; der!'' — (Sin 3ahr fpäter mürbe 'griebridj mit der ^ßringeffin (Slifabetl) von Vebern bermählt. Obgleich es gegen feine Vei= gung mar, fo fügte er [ich hoch den 2sünfd)en feines Vaters. ^m 3abre 1740 ftarb ^riebridj Sbilhelm. (Sr haüe fid? m feinen lebten 3ahren immer mehr mit dem Sohne ausgcföhnt, ba griebrid) leine (Gelegenheit mehr berfäumte, ihm 3mt^e

5. Heft 1 - S. 80

1893 - Merseburg : Stollberg
— 80 — Krieges. Daß er die höchste militärische Würde nicht erreicht, den Marschallstab nicht in feiner Hand getragen, hat nur fein früher Tod verschuldet! — Eine sorgfältige Erziehung im elterlichen Hanse gab dem Knaben die Vorbildung zu seinem Berufe. Noch nicht 14 Jahre alt, trat er in ein Berliner Regiment ein, in welchem er langsam von Stufe zu Stufe stieg. Mit 23 Jahren erst ward er Lieutenant, mit 35 Jahren Stabskapitän. Die Güte seines Vaters, der bis 1791 lebte, hatte dem jungen Offizier gern die Mittel dargereicht, daß er in der Hauptstadt ohne Sorgen leben konnte; ein ernstes Streben hatte den Sohn nicht untergehen lassen in einem bloßen Leben des Vergnügens. Bülow trieb mit Eifer die Kriegswiffenschaften und benutzte auch sonst feine Zeit, sich auszubilden. Er war bei Hofe ein gern gesehener Offizier, so gern gesehen, daß er 1793 dem Prinzen Louis Ferdinand zum militärischen Begleiter gegeben wurde. An dessen Seite machte er den Feldzug gegen Frankreich mit und zeichnete sich namentlich bei der Belagerung von Mainz so aus, daß er schon damals den Verdienstorden erhielt. Mitten aus dem Hos- und Lagerleben führte ihn fein Dienst in eine einsame Gegend Preußens, wo er sich mit emsigem Eifer die Ausbildung feiner Truppen angelegen fein ließ, und, ohne durch Strenge und schwere Zucht die Untergebenen zu drücken, sich Anhänglichkeit und Liebe durch feine väterliche Fürsorge erwarb. Der Krieg 1806 fand ihn als Obrist. Den Unglückstagen des Jahres 1806 blieb er fern; aber noch .1807 sollte er es erfahren, wie schwer es fei, gegen die Franzosen Erfolge zu erringen. Als Befehlshaber einer Vorpostenbrigade unter L'estoeqn mußte er den Schmerz erleben, daß fein Bataillon in einem Treffen (5. Februar bei Woltersdorf) fast aufgerieben wurde. Die dabei empfangenen Wunden kümmerten ihn wenig. Mut, Kameraden! so rief erden übriggebliebenen Offizieren in feinem Quartiere zu, so wahr die Kerls uns heute tüchtig geprügelt haben, prügeln wir sie dafür ein anderes Mal! Aber ähnlich wie bei Woltersdorf erging es ihm bei Entfatzverfuchen Danzigs! Tief gebeugt trug auch er dann den schmachvollen Frieden, um so tiefer gebeugt, als er kurz vorher auch die Nachricht von dem Tode feiner Gattin erhalten hatte. So verflochten häusliches und öffentliches Unglück sich in feiner Brust zu gemeinsamem Schmerze! Nach dem Frieden ward er zu der Kommission herangezogen, welche das Verhalten der Offiziere im Kriege zu untersuchen hatte. Er folgte dem Rufe des Königs, aber doch nur unmutsvoll, denn es erschien ihm eine harte Pflicht, gegen die früheren Kameraden oder gar gegen Vorgesetzte die Schärfe der Militärgefetze zu beantragen. Nicht als ob er die Feigheit gebilligt hätte; aber er sah in so manchem Fehler doch mehr eine Folge der Gesamtschulb, als eine Pflichtverletzung des einzelnen. Auch darin dachte er anders wie die meisten der führenden Persönlichkeiten, daß er sich fern von jedem Versuche zur gewaltsamen Änderung der Sage hielt. Wohl brannte auch in feinem Herzen Haß und Zorn gegen das fremde Joch, wohl erhoffte auch er die künftigte Befreiung feines Vaterlanbes, auch schätzte er die Tüchtigkeit und eble Gesinnung von Männern wie Blücher, Scharnhorst und Gneifenau, genähert hat er sich ihnen und ihren Plänen nicht. Bülow glaubte genug zu thun, wenn er sich auf feinen Dienst beschränke. Daß fein König ihm feine

6. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 422

1853 - Essen : Bädeker
422 war die Reiterei erschienen und jagte die Meuterer auseinander. Peter versprach Verzeihung, wenn die Anführer ausgeliefert würden. 30 wur- den hingerichtet; die Ruhe ward wieder hergestellt. Peter wuchs kräftig heran. Sein Lieblingslehrer und Freund wurde Lefort, ein Kaufmannssohn aus Genf, der nach mancherlei Schicksalen und Reisen endlich nach Moskau gekommen war, und nun dem wiß- begierigen Peter von fremden Ländern und Gebräuchen stets erzählen mußte. Als er ihm einst die Einrichtung des europäischen Militärs lebhaft befchrieben hatte, sprang Peter begeistert auf und rief: „Das will ich auch versuchen!" In einem Dorfe bei Moskau errichtete er eine Compagnie von 50 Jünglingen seines Alters: Lefort ward ihr Hauptmann, und Peter diente selbst als Gemeiner; denn nur Verdienst, nicht aber Zufall der Geburt sollte zur Auszeichnung führen. Dies alles betrachtete Sophia im Anfang nur als ein Kinderspiel, bis in ihr der Verdacht aufstieg, es könne doch eine ernstere Bedeutung haben. Abermals entwarf sie mit ihren Vertrauten den Plan, Peter mit der Mutter zu ermorden. Peter, zeitig gewarnt, floh wieder nach jenem Kloster und rief seine 50 Freunde herzu. Diese mit vielen anderen kamen. Die Verschworenen wagen keinen Angriff; Peter aber läßt die treulose Schwester ergreifen und unter strengem Gewahrsam in ein Klo- ster bringen. Rußland war damals noch nicht das großmächtige Land, das es jetzt ist. Es hatte weder am schwarzen Meere, wo die Türken, noch an der Ostsee, wo die Schweden herrschten, Häfen. Asow, die be- deutende Hafenstadt, hatten früher die Russen besessen; Peter mußte es aber erst den Türken wieder entreißen. Um Seeleute zu gewinnen, sandte er ganze Schaaren junger Leute nach Venedig und Livorno, wo sie den Seedienft erlernen mußten. Doch dies alles befriedigte seinen Geist noch nicht. Er fühlte, er müßte selbst mit dem Beispiel vorangehen, wenn seine am alten Her- kommen klebenden Russen aus ihrem Schlaf sollten aufgerüttelt werden. Zugleich trieb ihn sein wißbegieriger Geist, fremde Länder zu sehen, fremde Sitten und Einrichtungen kennen zu lernen. Er beschloß daher, eine Gesandtschaft durch einen Theil Europas reisen zu lassen, und sich unter sie zu mischen, um den Ehrenbezeugungen und Festlichkeiten zu entgehen, die er sonst auszustehen gehabt haben würde. Lefort führte die Gesandffchaft. Holland, als der erste Handelsstaat damaliger Zeit, zog ihn vor allen an. In Saardam, einem großen Dorfe, Amster-, dam gegenüber, wohnte er 7 Wochen lang in einer armseligen Schif- ferhütte. Jeden Morgen ging er mit dem Beile in der Hand nach den Schiffswerften, arbeitete wie der gemeinste Zimmermann und ließ sich Peter Michaeloff nennen. Auch in der Schmiede arbeitete er mit, und erlernte auch die Chirurgie. Von Holland ging er nach Eng- land, um das englische Seewesen kennen zu lernen, und äußerte bei

7. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 316

1872 - Essen : Bädeker
316 peten, eine große Menge Wollen- und Baumwollenzeuge u. s. f. Und wie viele andere Galanterie- und Modewaaren verfertigen und verkaufen nicht die Franzosen? Die Pariser Modewaaren sind in der» Kaufläden aller Länder zu finden. Der Bergbau will aber in Frankreich weit weniger besagen als bei uns in Deutschland; denn der Metallreichthum ist — außer dem Eisen — nicht groß. Den Ertrag der Steinkohlen schätzt man auf 16 Millionen Centner jährlich, und doch muß eine noch größere Quantität für den Bedarf der vielen und großartigen Fabriken aus England eingeführt werden. Paris, diese Weltstadt, mit 70,000 Häusern, 1150 Straßen, 300 Kirchen, 25 Hospitälern und Krankenhäusern und 20 großen und kleinen Theatern, ist die Hauptstadt Frankreichs. Sieben bis acht Stunden hat diese große Stadt im Umfange, und fast zwei Mil- lionen Menschen wohnen und leben hier. Wie es in den mitunter engen und krummen Straßen wimmelt von geputzten Herren, Damen und Soldaten; von prächtigen Kutschen und Karosien; von schmutzigen Wasserträgern und Schuhputzern, von fleißigen Einwohnern, wie von Faulenzern und Bettlern; von ehrlichen Leuten, wie von Betrügern und Diebesgesindel! Obwohl Paris im Allgemeinen unregelmäßig ge- . baut ist und eine nicht kleine Anzahl krummer und enger Straßen enthält, so findet man daselbst doch auch viele neu angelegte, breite, schöne und höchst regelmäßige Straßen mit den stattlichsten und groß- artigsten Palästen besetzt, unter denen gar manche wahre Wunder der Baukunst sind. Die Pariser selbst sind ein unruhiges und höchst reizbares Volk, und was in großen, wichtigen Augenblicken die Bevölkerung von Paris thut und beschließt, heißt gewöhnlich das ganze große Frankreich gut. Daher ist der Ausspruch entstanden: Paris ist Frankreich! Nach Paris sind die bedeutendsten Städte Frankreichs: Lyon — Bordeaux (spr. Bordoh) — Marseille (spr. Marsällj') — Nantes — Orleans — Calais (spr. Kalläh) — Versailles (spr. Werßaij). — Lyon ist durch seine vortrefflichen Seidenfabriken weltberühmt. Bor- deaux treibt großartigen Handel mit Wein, der in der Umgebung dieser Stadt wächst. Marseille liegt am Mittelmeer und ist eine starke Seefestung. Orleans hat einen prachtvollen Dom und ist in geschichtlicher Hinsicht durch die Jungfrau von Orleans bekannt. Die Mehrzahl der Bevölkerung Frankreichs (über Vs derselben) ist katholisch. — Zu Frankreich gehört auch die Insel Corsica mit der Stadt Ajaeeio (spr. Ajatscho), wo Napoleon I. geboren. ■Wiederholungssragen! — Zeichnen und Beschreiben! —

8. Enthaltend: Welt-, Erd-, Geschichts- und Vaterlandskunde, nebst einer Zugabe vom Calender - S. 110

1834 - Celle : Schulze
110 und einer Linnenlegge. Es wird Mer sehr schöne .Klempnerarbeit verfertigt, namentlich lackirte Lampen. Hoya ist der Geburtsort Joh. Beck- mann’s, der sich durch mehrere treffliche Werke im Fache der Naturwissenschaft und Landwirth- sbhait grossen Ruf erworben hat, und als Pro- fessor zu Göttingen 1811 gestorben ist, Hämel- see, zwar nur ein Vorwerk aus Einer Feuer- stelle bestehend, aber merkwürdig als Geburts- ort eines grossen, und wahrhaft Deutschen Man- nes. Diess war Gebhard David von Scharnhorst, der sich als Hannoverscher Officier bei der Be- lagerung von Menin in Frankreich unter dem berühmten General Hammerstein so tapfer be- wies, dass er votn Könige Georg Iil einen Eh- rensäbel empfing und zum Major im General- stabe ernannt wurde. Er trat in der Folge in Preussische Militairdienste, schwang sich dort durch Verdienste und Tapferkeit zum General- Leiutenant hinauf, und starb 1813 zu Prag an einer bei Gross-Görschen erhaltenen Wunde. Liebenau, ansehnlicher Flecken. Unter den Einwohnern sind viele Schmiede, welche gute Eisenwaaren, besonders ganz vortreffliche Sensen liefern. Stolzenau, gleichfalls ein Flecken, an beiden Seiten der Weser. Beträchtlich ist die Pferdezucht und der Lachsfang. Weltliche Behörden. kr. Städte. 6. Hoya, l. Nienburg. 7. Nienburg. b. 21 ernt er. 8- Siedenburg. 1. Bruckhausen. 9. Steyerberg und Liebenau. 2 Diepenau. lö- Stolzenau, o. Ehrenburg und Bahrenbnrg- n- Syke. . 4■ Freudenberg. J2. Uchte. . 5. Harpstedt. i3, Westen und Thedinghausen'

9. Vaterländische Geschichte - S. 168

1912 - Leipzig : Dürr
— 168 — 3. Lin Zeughaus baut er auch fürwahr, 5. <£r sollte doch wohl in Berlin Daran in Stein viel Waffen. <£in wenig häuslich wohnen; Zöas soll das für die kleine Schar? Der deutsche Kaiser kann zu Wien ’s ist traun ein eitel Schaffen! 3n solcher pracht nicht thronen. H. Und gar wie für ein Kaisertum 6. Der König hört es wohl und spricht: will er ein Schloß erbauen. Nicht mir! Für die da kommen — Verschwenden ist kein großer Ruhm; 3ch hatte so ein Traumgesicht — Laßt, wo das endet, schauen! fjab’ ich das Ihcxß genommen. Friedrich Gruppe. friedrid) Wilhelm l. 1713—1740 schafft die Mittel zur Erkämpfung der Großmachtstellung. I. Stärkung der Wehrkraft. 1. was ein preußischer Rekrut erzählt. Ulrich Brücker war in Toggenburg, seiner Heimat, mit dem Vater beim Holzfällen beschäftigt, als ein Bekannter der Familie, ein umherziehender Müller, zu den Arbeitenden trat und Ulrich den Rat gab, aus dem Tal in die Städte zu ziehen, um dort sein Glück zu machen. Unter den Segenswünschen der Eltern und Geschwister wandert der ehrliche Junge mit dem Hausfreunde nach Schaffhausen: dort wird er in ein Wirtshaus gebracht, wo er einen fremden Offizier kennen lernt. Als fein Begleiter sich zufällig auf kurze Zeit entfernt, wird er mit dem Offizier handelseinig, als Bedienter bei ihm zu bleiben. Ulrich lebt eine lange Zeit lustig bei seinem Herrn, dem Italiener Marconi, ohne sich sonderlich um die geheime Dienfttütigkeit desselben zu kümmern. Er fühlt sich in feinen neuen Verhältnissen sehr wohl und schreibt einen freudigen Brief nach dem andern an feine Eltern. Endlich wird er mit einer Lüge von feinem Herrn tiefer in das Reich und zuletzt bis Berlin geschickt, und erst dort erkennt er mit Schrecken, daß fein ganzes luftiges Leben nichts als ein Betrug war, der mit ihm gespielt worden ist. Sein Herr ist ein Werbeoffizier, er selbst ein preußischer Rekrut. Von hier an soll Ulrich selbst feine Schicksale erzählen: „Es war den 8. April, da wir zu Berlin einmarschierten, wo ich vergebens nach meinem Herrn fragte, der doch, wie ich erfuhr, schon acht Tage vor uns dort angelangt war. Mein Begleiter wies mir ein Quartier an und verließ mich dann kurz mit den Worten: „Da bleib er bis auf ferneren Befehl!" Der Henker! dachte ich, was soll das? Ist ja nicht einmal ein Wirts- haus. Wie ich so staunte, kam ein Soldat, Christian Zittemann, und nahm mich mit auf feine Stube, wo sich schon zwei andere Soldaten befanden. Nun ging es an ein Wundern und Ausfragen: wer ich fei, woher ich komme und dergleichen. Ich antwortete kurz: Ich komme aus der Schweiz und bin Sr. Exzellenz des Herrn Leutnants Marconi Bedienter; die Serganten haben mich hierher gewiesen, ich möchte aber lieber wissen, ob mein Herr schon in Berlin angekommen ist, und wo er wohnt. Hier fingen die Kerle ein Gelächter an,

10. Kaisers Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte - S. 153

1906 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
69. Peter der Große von Rußland (1682—1725). 153 eiqenen Augen zu schauen. Da er alles Aufsehen haßte, bildete er aus vornehmen Rassen eine große Gesandtschaft, stellte sie unter Leforts Leitung und schloß sich selbst unter dem Titel eines Generals derselben an Schon am preußischen Hofe in Königsberg wurde er indessen erkannt und vom Kurfürsten (Friedrich Iii.) hoch geehrt. Dann ging es über Berlin und Hannover nach Amsterdam. Diese Stadt war für ihn eine neue Welt. Das Gewühl der Kaufleute und Schiffer, die Werkstätten der Handwerker und Künstler, die Mühlen, die Schiffe, die Dämme und Schleusen, alles erfüllte ihn mit freudigem Erstaunen. Um nicht erkannt zu werden, kleidete er sich wie ein holländischer Schiffszimmermann und war nun von früh bis spät auf den Beinen, um alles genau zu sehen. Als das Schönste von allem erschienen ihm doch die stolzen Seeschiffe. Solche mußte er auch noch einmal haben; ja, er beschloß, sie bauen zu lernen. So trennte er sich von seiner Gesandtschaft und begab sich nach der Hauptwerft der Holländer, dem Dorfe Zaandam (fpr. Sahndam), nordwestlich von Amsterdam. Hier ließ er sich in einem kleinen Hause, welches noch gezeigt wird, nieder und arbeitete sieben Wochen als gemeiner Schiffszimmermann. Er machte sich auch gar nichts daraus, mit seinen kaiserlichen Händen selbst sein Bett zu machen und seine Speise zu bereiten. Jeden Morgen erschien er mit der Axt auf der Werft und arbeitete unverdrossen. Die andern Zimmerleute kamen wohl dahinter, wer er war, durften sich's aber nicht merken lassen, sondern mußten ihn „Meister Peter" nennen. Eins der Schiffe, an denen er gearbeitet hatte, schenkte ihm die Stadt Amsterdam; das schickte er mit vielen geworbenen Matrosen, Schiffszimmerleuten und Künstlern nach Archangel. Von Holland ging er nach England. Was gab es in London nicht wieder alles zu sehen! Den ganzen Tag streifte er in der ungeheuren Stadt umher, besuchte Uhrmacher, Seidenweber und konnte des Schanens und Lernens nicht satt werden. Um ihm eine besondere Freude zu machen, veranstaltete der König Wilhelm Iii. ein Seetreffen. Dieses Schauspiel entzückte Peter dermaßen, daß er ausrief: „Fürwahr, wenn ich nicht Zar von Rußland wäre, so möchte ich ein englischer Admiral sein!" Über 500 Engländer nahm er in seine Dienste. Nach einem dreimonatlichen Aufenthalte begab er sich nach Dresden und Wien und gedachte noch Italien zu besuchen, als plötzlich seine Heimkehr notwendig wurde. 7. Letzte Empörung der Strelitzen (1698). In Rußland war während seiner Abwesenheit wieder eine Empörung der Strelitzen — es war die vierte — ausgebrochen. Voll Grimm eilte Peter nach Moskau zurück, fand aber den Aufruhr schon unterdrückt und hielt nun ein furchtbares Gericht über die Schuldigen. Wohl 2000 der Rebellen ließ er köpfen, rädern und hängen; einigen schlug er selbst das Haupt ab und zeigte so deutlich, daß er in den zivilisierten Ländern den Barbaren noch nicht ausgezogen hatte. Das Korps der Strelitzen hob er ganz auf. Für die Hauptschuldige hielt er seine Schwester Sophie; er hätte sie mit dem Schwerte durchbohrt, wenn nicht ein Kammermädchen sich mit dem Rufe: „Halt, es ist deine Schwester!" dazwischen-geworfen hätte. Nachher dankte Peter der mutigen Dienerin, daß sie
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