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1. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 25

1901 - Halle : Gesenius
— 25 — hundertsiebzig Jahre früher einer seiner Vorfahren König von Preußen geworden war. ^ r lfy Der König hatte sein Hauptquartier in der Stadt Versailles nahe bei dem belagerten Paris aufgeschlagen. Versailles war die prachtvolle Residenz der früheren französischen Könige gewesen. In dem ungeheuern Schlosse ist ein großer Saal, dessen eine Wand aus lauter Spiegeln besteht und der deshalb der Spiegelsaal heißt. Dort sollte die Feierlichkeit vor sich gehen. Alle deutschen Regimenter hatten ihre Abgesandten und ihre Fahnen geschickt; auch die Abgeordneten des Volkes und fast sämtliche Generale und fürstlichen Räte waren zugegen. Der König trat mit den deutschen Fürsten oder deren Vertretern in den Saal und nahm einen erhöhten Platz ein. Zuerst wurde von einem Sängerchor von Soldaten ein feierliches Lied vorgetragen. Dann predigte des Königs Feldgeistlicher über das Wort: „Von Gottes Gnade bin ich, was ich bin." Darauf trat der König vor und verkündete selbst mit lauter Stimme die Errichtung des deutschen Kaiserreichs. Der neue Reichskanzler, Graf von Bismarck, erhielt den Befehl, die Kundgebung des ersten Kaisers an das deutsche Volk zu verlesen. Der Kaiser sagte darin, daß er die Kaiserwürde übernehme im Bewußtsein seiner Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren und mit Hilfe feines Volkes die Unabhängigkeit Deutschlands zu verteidigen. Er wünschte ferner, daß das deutsche Volk fortan in Frieden genießen möge, was es im Kampfe erworben habe und versprach, allezeit ein Mehrcr des Reichs zu sein, nicht in kriegerischen Eroberungen, sondern an Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete der Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. Stolz aufrecht zwischen seinem Sohne, dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, und seinem Schwiegersöhne, dem Großherzoge Friedrich von Baden, stand der alte Kaiser da. Die ganze Versammlung war tief ergriffen. Als nun der Großherzog rief: „Der Kaiser Wilhelm lebe hoch!" da fielen alle Anwesenden mit brausendem Jubel ein. Alle Glocken in Versailles läuteten, und rund um Paris verkündete der rollende Kanonendonner, was sich in dem alten Schlosse soeben zugetragen hatte. Dann aber flog die Nachricht aus dem Kriegslager durch Frankreich hinüber ins deutsche Land und wurde auch dort mit höchster Freude aufgenommen. In allen Kirchen dankte man Gott, daß nunmehr das Reich einig und mächtig geworden sei, und daß man hinfort keinen fremden Eroberer mehr zu fürchten habe.! Als der Friede zu Frankfurt a. M. 1871 geschlossen wurde, mußte Frankreich Elsaß und Lothringen ans Deutsche Reich abtreten und viertausend Millionen Mark Kriegskosten zahlen. Der König ernannte Bismarck zum Fürsten. Kronprinz Friedrich Wilhelm und Prinz Friedrich Karl sowie Roon und Moltke wurden General-seldmarschälle.

2. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 24

1901 - Halle : Gesenius
— 24 — nur tüchtig auf die Franzosen ein, damit diesen Kerlen recht bald das große Maul gestopft werde!" Der König gab den Brief zurück und ritt weiter. Es währte aber nicht lange, so wurde der Soldat von seinem Posten abgelöst. Er erhielt vierzehn Tage Urlaub und konnte auf Kosten des Königs die Reise nach Mecklenburg antreten. 2. [Der Verwundete. Eines Tages durchschritt Kaiser Wilhelm die Lazarettsäle zu Versailles, wie er häufig zu thun pflegte. Überall tröstete er, und oft war es schon der bloße Anblick seines lieben, freundlichen Gesichts, der die armen Verwundeten auf Augenblicke ihre Schmerzen vergessen ließ. — So trat er diesmal auch zu der Lagerstätte eines jungen verwundeten Infanteristen. Der war infolge eines Schlafpulvers eingeschlummert und hatte ein Album von Gedichten auf dem Bette offen liegen lassen. Der König trat leise hinzu, um den armen Verwundeten nicht zu stören, nahm den neben dem Album liegenden Bleistift und schrieb die wenigen Worte hinein: „Mein Sohn, gedenke Deines treuen Königs! Wilhelm." Der Soldat erwachte, und viele Thränen perlten ihm beim Anblicke dieser Zeilen aus den Augen. Wenige Tage darauf besuchte der Kaiser wiederum das Lazarett und trat sofort auf den Infanteristen zu, drückte ihm freundlich die Hand und tröstete ihn. Dieser war indes schon vom Tode als sichere Beute erlesen worden; wachsbleich, mit halbgebrochenen Augen starrte er ins Leere. Kaum jedoch hatte er seinen König erkannt, als er sich mit der letzten Kraft feines Körpers emporrichtete. Er blickte den König mit leuchtenden Augen an und sagte: „Majestät, ich werde Ihrer ewig gedenken, auch bort oben. — Amen!" Dann sank er ermattet zurück, und ein leises Röcheln verkündete, daß er ausgelitten hatte. Der Kaiser trat hinzu, drückte ihm die Augen sanft zu, und eine Thräne rollte dem greisen Fürsten in seinen weißen Bart. Unterdes hatte sich Straßburg ergeben und dann Metz, wo noch einmal soviel Franzosen gefangen wurden wie bei Sedan. Festung auf Festung wurde erobert und ein neues Heer der Franzosen nach dem andern besiegt. Die Stadt Paris litt viel durch Hunger und Krankheiten. Zuletzt wurde sie auch noch von den deutschen Kanonen stark beschossen. Da konnte sie sich nicht mehr halten und ergab sich auch. Der Krieg war zu Ende. Aber noch ehe es soweit war, hatte sich im deutschen Lager ein großes Ereignis zugetragen. Norddeutsche und Süddeutsche hatten beschlossen, sich zu einem Reiche zu verbinden. Das neue Deutsche Reich sollte einen Kaiser bekommen, und dieser Kaiser sollte König Wilhelm von Preußen sein. Die Kaiserproklamation. Es war zu Anfang von 1871, "als der König die Kaiserwürde annahm. Er setzte den Tag feiner Proklamation (Ausrufung) zum deutschen Kaiser auf den 18. Januar fest. Das war der Tag, an dem

3. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 33

1901 - Halle : Gesenius
— 33 — 3. König und Königin in den Tagen des Unglücks. Aber die Tage des Glückes sollten nicht dauernd sein. Es lebte damals in Frankreich der mächtige Kaiser Napoleon I. Der besiegte den Kaiser des alten Deutschen Reiches mehrmals und eroberte das ganze linke Rheinufer. Dann schloß er sogar mit den süddeutschen Staaten einen Bund. Da legte der deutsche Kaiser seine Krone nieder und nannte sich bloß Kaiser von Österreich. So hörte das alte Deutsche Reich auf. Nun reizte Napoleon auch Preußen zum Kriege. Im Jahre 1806 brach dieser aus. Eine einzige große Schlacht, die Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt vernichtete das preußische Heer. Was dabei von Soldaten nicht fiel oder gefangen genommen wurde, ergriff die Flucht. Eine Festung und eine Stadt nach der andern ergab sich. Nur einige kleine hielten sich tapfer gegen die Franzosen. Napoleon zog in Berlin ein. König und Königin aber mußten mit den Kindern fliehen. Sie hatten fast alles verloren, und nur durch die treue Bevölkerung wurden sie vor ärgster Not geschützt. Die treuen Unterthanen. Als die Königsfamilie flüchtete, kam sie einst in die Nähe von Danzig. Dort wohnen viele Mennoniten, brave Christen, die zu jedermann Du sagen. Sie sind arbeitsame, sparsame Leute und haben viel Vermögen. Eines Tages kam nun ein solcher Mennonit, Namens Abraham Nickel, der ein einfacher Bauer war, mit seiner Frau zum Könige. Er sprach: „Lieber König und Herr! Deine treuen Unterthanen haben mit tiefer Betrübnis erfahren, daß es Gott in seiner unerforschlichen Weisheit gefallen hat, große Not über Dich und Dein Haus zu verhängen. Es schmerzt uns das tief. Da haben wir in unserer Gemeindeversammlung Geld zusammengelegt, das ich Dir hiermit überreiche. Du wirst es eben wohl gebrauchen können. Die Brüder bitten Dich, Du wollest die kleine Gabe annehmen. Die kleine Gabe aber betrug ungefähr dreitausend Goldfriedrichsthaler, d. i. mehr als fünszigtaufend Mark. Dem Könige traten die Thränen in die Augen. Er drückte dem Bauern die Hand, nahm das Geld an und ergriff Feder und Papier. Dann schrieb er folgendermaßen: „Mit Dank habe ich die Gabe meiner treuen mennonitischen Unterthanen in Preußen, dreitausend Goldfriedrichsthaler, empfangen. Ich sehe darin ein Darlehn, das sie von gutem Herzen mir anbieten. In besserer, glücklicherer Zeit, so Gott sie mir beschert, werde ich es mit Zinsen abtragen. Der Herr segne meine treuen mennonitischen Unterthanen." Das Papier gab er dem Bauern. Als die Frau des Nickel sah, daß der König das Geld nahm, kam sie mit einem Korbe herzu. Sie sagte: „Liebe Frau Königin, ich weiß, daß Du gute, frische Butter liebst, und daß Deine Kinder gerne ein Butterbrot essen. Deshalb habe ich die Butter selbst bereitet und dachte, da sie jetzt so selten Spielmann, Schülerheft. I. Z

4. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 80

1901 - Halle : Gesenius
— 80 — fürstlichen Räte waren zugegen. Der König trat mit den deutschen Fürsten oder deren Vertretern in den Saal und nahm einen erhöhten Platz ein. Zuerst wurde von einem Sängerchor von Soldaten ein feierliches Lied vorgetragen: dann predigte des'königs Feldgeistlicher besonders über den Vers: „Von Gottes Gnade bin ich was ich bin". Darauf trat der König vor und verkündete selbst mit lauter Stimme die Errichtung des deutschen Kaiserreichs. Der neue Reichskanzler, Graf von Bismarck, erhielt nun den Befehl, die Kundgebung (Proklamation) des neuen Kaisers an das deutsche Volk zu verlesen. Der Kaiser sagte darin, daß er die Würde übernehme im Bewußtsein seiner Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und feiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft seines Volkes, zu verteidigen. Er wünschte ferner, daß das deutsche Volk fortan in Frieden genießen möge, was es im Kampfe erworben habe und versprach allezeit ein Mehrer des Reichs zu fein, nicht in kriegerischen Eroberungen sondern an Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete der Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. _ Stolz ausrecht zwischen seinem Sohne, dem Kronprinzen Friedrich, und seinem Schwiegersöhne, dem Großherzoge Friedrich von Baden, stand der alte Kaiser da. Die ganze Versammlung war tief ergriffen. Als nuu der Großherzog rief: „Der Kaiser Wilhelm lebe hoch!" da fielen alle Anwesenden mit brausendem Jubel ein. Alle Glocken in Versailles läuteten, und rund um Paris verkündete der rollende Kanonendonner, was sich in dem alten Schlosse soeben zugetragen hatte. Dann aber flog die Nachricht ans dem Kriegslager durch Frankreich hinüber ins deutsche Land und wurde auch dort mit höchster Freude aufgenommen. In allen Kirchen dankte man Gott, daß nunmehr das Reich einig und mächtig geworden fei und daß man hinfort keinen fremden Eroberer mehr zu fürchten habe. Wiedergabe. Befestigung des Thatsächlichen. (Kaiserproklamation.) Vertiefung. Merkwürdig war es doch wie das Schicksal Deutschlands von Gott dem Herrn gelenkt wurde. Der französische Kaiser war ausgezogen, um Preußen zu demütigen und Deutschland zu zersplittern und zu verkleinern. Frevelhaft hatte er den Krieg vom Zaune gebrochen und großes Elend über zwei Völker gebracht. Nun saß er als Gefangener und Entthronter auf Wilhelmshöhe im Feindeslande, und der, den er verderben wollte, der König von Preußen, war in feinem Lande Herr. Und während jener feinen Kaiserthron verlor, gewann dieser einen andern. Und das geschah in demselben Schlosse, in welchem die französischen Herrscher schon vor-

5. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 100

1901 - Halle : Gesenius
— 100 — Iii. Stufe. I. 1. Thatsächliches: Kaiser Wilhelm und sein Verhältnis zu seiner Familie (©attin, Sohn, Enkelkinder). Kaiser Wilhelms Leben verglichen mit dem seines Sohnes — mit dem seines Enkels. Kaiser Wilhelms I. und Kaiser Friedrichs Tod. 2. Ethisches: Die Pflichttreue des Kaisers, im Leben, im Tode. Ii. 1. Historische Ereignisse. Tod des Prinzen von Baden. Krankheit des Kronprinzen Friedrich. Tod des Kaisers Wilhelm I., 9. März 1888. 2. Ethische Sätze: „Ich habe keine Zeit müde zu sein." „Sei getreu bis in den Tod" u. s. w. Iv. Stufe. I. 1. Charakterbild des Kaisers Wilhelm. 2. Kaiser Wilhelm als Vorbild für uns. Ii. Aufsätze: Kaiser Wilhelm und Kaiserin Augusta. Der Kaiser und die Urenkel. Des Kaisers Tod. Des Kaisers Begräbnis. Kouzentrationsstoff: Alle weinen um den Vater, der sein Volk so warm geliebt, Trauern um den weisen Herrscher, der das Recht so treu geübt, Klagen um den starken Helden, der sein Schwert so mächtig schwang, Klagen um den edeln Fürsten, der den Haß zur Liebe zwang. Hehres Urbild deutscher Treue, deutschen Fleißes, deutscher Kraft, Urbild deutscher Zucht und Sitte, echter deutscher Ritterschaft! Wie des Himmels lichte Sterne, keinem Wandel Unterthan, Durch den Lauf der Weltgeschichte zieht er glänzend seine Bahn. (Nach Lew in.)

6. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 279

1901 - Halle : Gesenius
— 279 — was sie mit mir anfangen, ob sie mir das Meinige lassen ober nehmen wollen." Und später meinte er: „Wenn ich die biblischen Geschichten lese, so will mich bünfen, als sei niemals ein Fürst in einer ähnlichen Bedrängnis gewesen wie ich. Weber Davib noch Salomo haben es jemals so schwer gehabt." Erzähle: 1. Wie es in der Mark aussah. 2. Wie der Große Knrfürst sich barütier äußerte. Überschrift: Wie Kurfürst Friedrich Wilhelm sein Land üb ernährn. Ii. Stufe. b. Aber den Mut verlor der junge, zwanzigjährige Fürst nicht. „Herr, thue mir funb den Weg, den ich gehen soll", das würde sein Üeibspruch. Der tröstete ihn in allen Dingen. Es kam baraus an, Drbnung zu schaffen; alles mußte anders werben. Da bürste aber auch die alte Regierungsweise nicht beibehalten werben. Der Kurfürst sorberte den Grafen von Schwarzenberg zur Rechenschaft aus. (Wilbenbruch, Der neue Herr, S. 165 ff.) Mit Willen und Wissen Habt Ihr mich um mein Land gebracht. Hier steh' ich, von dem lebend'gen Gott Zum Kurfürsten von Brandenburg gesetzt. 5 Und was bin ich jetzt? Der leibhaftige Spott Auf Fürstengewalt und Herrschermacht! Wo ist mein Land, daß es mich stütze? Wo ist mein Volk, daß ich ihm nütze? 10 Gestohlen ist mir's und entrissen. Mann mit dem ruhigen Gewissen Seht mich an! Das habt Ihr mir gethan! — Was ist aus diesem Volke geworden? 15 Eine Bettlerhorde! In seinem Leibe die Hungersnot, In seiner Seele der Tod! Ein Haufe von Hundehütten, Das ist Berlin. 20 Wie eine Zwingburg in der Mitten, Leuchtend in Festesglaft, Grasen Schwarzenbergs Palast! Der meines Vaters Anseh'n und Habe Ihr so treulich bewacht, 25 Was habt Ihr aus meinem Volke gemacht? Zwanzig Jahr lang saht Jhr's an, Wie sein Schweiß in die Erde rann, Blind für das Elend, in dem's verdarb, Taub für das Röcheln, mit dem es starb! 30 Zwanzig Jahr' lang in Euer in Palast Habt Ihr in diesem Volk gesessen

7. Theil 3 - S. 73

1880 - Stuttgart : Heitz
Huldreich Zwingli. 73 seiner Wohnung auf dem Stiftplatze sammelte sich das Kriegsvolk. Das Pferd, welches ihn tragen sollte, ward herbeigeführt; er schnallte sich den Panzer um und sprach nun zu seiner treuen Frau: „Die Stunde ist gekommen, daß wir uns trennen! Es sei so! Der Herr will es so! Er sei mit dir, mit mir und mit den Unsern!" Und als er sie zum letzten Mal in seine Arme schloß und sie vor Schmerz kaum sprechen konnte, blickte sie weinend gen Himmel und fragte: „Und wir sehen uns wieder?" — „Wenn der Herr es will!" antwortete Zwingli voll festen Vertrauens, „sein Wille geschehe!" — „Und was bringst du zurück, wenn du kömmst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Dann küßte er die Kleinen, riß sich los und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit gepreßtem Herzen nach, und als er um die Ecke der Straße bog und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte — da hatten sich beide hienieden das letzte Mal gesehen. Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen Kammer auf die Kniee und betete zu dem, der im Gebete Kraft giebt: „Vater, nicht mein, dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekommen sei. . Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappel, zwischen Zürich und Zug, am südlichen Abhange des Albis, zur Schlacht gekommen, die Züricher wurden von der Uebermacht der katholischen Cantons besiegt; auch Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wunden bedeckt, sein Pferd getödtet; zuletzt sank er selbst nieder. Eben erst hatte er einem Sterbenden trostreiche Worte zugerufen. Mehrere der Feinde umstanden den edlen Mann, der mit heiterm Gesicht, den Blick gen Himmel gerichtet, dalag, und fragten ihn, ob er einen Beichtiger verlange? Da er dies, so wie die Anrufung der Heiligen, die man ihm zumuthete, ablehnte, rief ihm der Haupt-mann Vockinger aus Unterwalden zu: „So mußt du sterben, du hartnäckiger Ketzer!" und durchstach sein treues Herz. Erst nach der That erkannte man ihn, und nun strömten auf die Nachricht, der Ketzer Zwingli liege draußen erschlagen, Unzählige herbei und starrten mit wahrer Schadenfreude die Leiche des braven Mannes an. Nur ein Einziger zeigte Gefühl, ein Eonventual; ihm traten die Thränen in die Augen und gerührt sprach er: „Welches auch dein Glaube gewesen ist, ich weiß, daß du ein frommer Eidgenosse warst. Gott sei deiner Seele gnädig!" Der Leichnam wurde noch

8. Theil 3 - S. 266

1880 - Stuttgart : Heitz
266 Neue Geschichte. 2. Periode. Deutschland. trifft, so ist sie nicht aufzuzählen, unter anberm ein Gürtel von Diamanten, zwei mit Diamanten besetzte Uhren, fünf Köcher mit Rubinen, Saphiren und Perlen, bte schönsten Zobel von der Welt und tansenb Kleinigkeiten." Am andern Tage hielt Sobieski mit dem Kaiser und den andern Fürsten seinen Einzug in Wien. Das Volk jubelte, aber sah nur aus den tapfern König, nicht auf den schwachen Kaiser, der in der Stunbe der Noth sein Volk im Stiche gelassen hatte. Mit Inbrunst stimmte Sobieski in der Augustinerkirche das „Herr Gott, bich loben wir" an, und bankbar sang ihm das gerührte Volk nach, währenb alle Glocken jubelnb brein tönten. Karct Mustapha würde auf des Sultans Befehl enthauptet; aber leiber hatten die Türken 6000 Männer, 11,000 Frauen, 14,000 Mäbchen und 50,000 Knaben aus Oestreich in die Sklaverei geschleppt, von benen nur 600 auf dem Schlachtfelbe gerettet würden. — Seitbem fittb die Türken nicht wieber nach Dentschlanb gekommen. Ueberhanpt hörten sie auf, für Europa ein Gegenstanb des Schreckens zu sein, seitbem Prinz Eugen ihnen einige schwere Nieberlagen in Ungarn beigebracht hatte. Der tapfere Sobieski starb 1696,*) und sogleich begann unter den nie einigen Polen das Ränkespiel Über die Königswahl. Zwei Bewerber, ein französischer Prinz (von Conti) und Kurfürst August von Sachsen, boten den Polen Gelb über Gelb; enblich siegte August, mit dem Beinamen: der Starke. Er hat von 1697—1733 regiert. Um König von Polen zu werben, mußte er sich zux römischen Kirche bekennen. Das that er auch ohne viel Bebenken. Zur Beruhigung seiner Sachsen erklärte er, daß er nie katholische Minister annehmen wolle. Beibe Länber hat er aufs gewissenloseste regiert; unbekümmert um das Wohl seiner Unterthanen, sann er nur auf die Befriebigung feines Ehrgeizes und seiner Prunksucht und vergeubete das ihnen abgepreßte Gelb durch Jagben, Schwelgereien und anbete Ergötzlichsten. Währenb des spanischen Erbfolgekriegs starb der unfähige *) König Sobiesky, 1674—1696, war ein ausgezeichneter-Kriegsmann, aber als Regent ließ er es nicht selten an der Unparteilichkeit und Gerechtigkeit fehlen, welche in dem Parteigewirr zur Behauptung des königlichen Ansehns nothwendig war. Er machte sich Gegner durch auffallende Begünstigung seiner Anhänger und war zu nachgiebig gegen die Habsucht und die Ränke seiner Gemahlin, der Tochter eines französischen Marquis, welche an den französischen Umtrieben in Polen so leidenschaftlich sich betheiligte, daß sie sogar die Wahl ihres Sohnes zum Nachfolger des Vaters verhindern half.

9. Theil 4 - S. 187

1880 - Stuttgart : Heitz
Verfassung. >187 beralismus verwickelt gewesen waren, besonders den General von Boyen (als Kriegsminister) und den Dichter E. M. Arndt, in den Staatsdienst zurück. Die Hoffnungen des Volks steigerten sich zu einer lebhaften Begeisterung, als Friedrich Wilhelm Iv. bei den Huldigungen in Königsberg und in Berlin selbst mit erhabenen Worten die Ueberzeugung von seinen hohen Regentenpflichten und den ernsten Willen aussprach, dieselben mit Gottes Hülfe zu erfüllen; als er gelobte „ein gerechter Richter, ein treuer, sorgfältiger, barmherziger Fürst, ein christlicher König zu sein" wie sein unvergeßlicher Vater; als er in Königsberg die schönen Worte sprach: „Bei uns ist Einheit an Haupt und Gliedern, an Fürst und Volk, im großen und ganzen herrliche Einheit des Strebens aller Stände nach einem schönen Ziele: nach dem allgemeinen Wohl in heiliger Treue und wahrer Ehre!" — und in Berlin: „Ich gelobe mein Regiment in der Furcht Gottes und in der Liebe der Menschen zu führen, mit offenen Augen, wenn es die Bedürfnisse meiner Völker, mit geschlossenen, wenn es die Gerechtigkeit gilt. — Ich will vor allem dahin trachten, dem Vaterlande die Stelle zu sichern, auf welche es die göttliche Vorsehung durch eine Geschichte ohne Beispiel erhoben hat, auf welcher Preußen zum Schilde geworden ist für die Sicherheit und für die Rechte Deutschlands. In allen Stücken will ich so regieren, daß man in mir den echten Sohn des unvergeßlichen Vaters, der unvergeßlichen Mutter erkennen soll, deren Andenken von Geschlecht zu Geschlecht in Segen bleiben wird." Schon zu Königsberg waren jedoch einige Mißtöne mitten in der allgemeinen Freude laut geworden; bei der Versammlung der preußischen Stände war eine Adresse an den König beschlossen worden, in welcher er zwar in der Form einer vertrauensvollen Bitte, aber doch sehr nachdrücklich an das Versprechen seines Vaters erinnert wurde, eine ständische Verfassung für Preußen ins Leben zu rufen. Der König erwiederte darauf im wesentlichen, daß schon sein Vater in Betracht der Ergebnisse, welche er in andern Ländern wahrgenommen, den Gedanken einer allgemeinen Volksvertretung aufgegeben, dagegen in Uebereinstimmung mit der geschichtlichen Entwickelung Preußens allen Theilen der Monarchie Provinzial- und Kreisstände gegeben habe. Dieses Werk immer treu zu pflegen und einer für das geliebte Vaterland immer ersprießlichern Entwickelung entgegen zu führen, sei eine der wichtigsten und theuersten Pflichten seines königlichen Berufs. Er fügte

10. Theil 4 - S. 434

1880 - Stuttgart : Heitz
434 Neueste Geschichte. 3. Periode. großer Spiegel in goldenem Rahmen. Das Deckengemälde zeigt Ludwig Xiv., wie ihn die olympischen Götter beglückwünschen; in demüthiget Haltung ringsumher stehen die Figuren von Deutschland , Spanien und Holland. Welch ein Contrast zwischen diesem übermüthig prahlenden Bilde und der Wirklichkeit dieses Tages! Ein einfacher Mar war hergerichtet, links und rechts davon standen die Truppen, welche die Fahnen nach Versailles gebracht hatten, die Fahnenträger mit den Fahnen waren auf einer Estrade an einer der schmalen Seiten aufgestellt. Dem Altar gegenüber nahmen der König, der Kronprinz und die vielen fürstlichen Personen ihren Platz, umgeben von zahlreichen Generalen und Osfi-ciereu. Ein Gebet eröffnete die Feier, dann folgte die Predigt auf Grund des 21. Psalms: „Du überschüttest ihn mit Segen und setzest eine goldene Krone auf sein Haupt. Groß ist sein Ruhm durch deine Hülfe, Würde und Hoheit legtest du auf ihn. Der König vertraut auf den Herrn. Sie spannten dir Netze des Unheils, sannen Anschläge, aber vermochten es nicht." Mit dem mächtig hinaufschallenden Liede: „Nun danket alle Gott" war die religiöse Feier beendet. Der König schritt zur Estrade; dort stand der greise Heldenfürst, zu seiner Rechten der Kronprinz, zur Linken Fürst Bismarck; die Fürsten traten hinter den König., Mit bewegter Stimme verkündigte er, daß er die ihm dargebotene Kaiserkrone annehme und ertheilte dem Fürsten Bismarck den Befehl, die Proclamatiou an das deutsche Volk zu verlesen. Darauf trat der Großherzog von Baden vor und rief mit lauter Stimme: „Es lebe hoch der König Wilhelm, der deutsche Kaiser!" Unter dem langen, markigen Jubelrufe der ganzen Versammlung erschütterte sich die stattliche Gestalt des Kaisers vor Rührung, helle Thränen stürzten ihm ans den Augen und in tiefer Bewegung schloß er den Kronprinzen in seine Arme, als dieser zuerst ihm durch Handkuß huldigte. Auch die andern Fürsten und alle Anwesende brachten dem Kaiser ihre Huldigung dar; dann schloß diese denkwürdige Handlung. Das war ein Tag, wie ihn die Geschichte Deutschlands lange nicht gesehen und auf den späte Jahrhunderte mit freudigem Stolze zurückschauen werden. Mit ihm war nicht allein für die deutsche .Nation der Abschluß einer langen, unruhvollen Entwickelung erreicht und die Sicherung einer kraftvollen Zukunft gewonnen, auch dem Frieden Europas war durch das geeinigte Deutschland eine machtvolle Bürgschaft gegeben. Den tapfern Kriegern, welche mit unsäglichen Anstrengungen, mit Blut und Leben
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