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35. Karl der Große.
Pipin starb zu Aachen im Jahre 768 und hinterließ das
Reich seinen beiden Söhnen Karl und Karlmann. Als aber
Letzterer schon im dritten Jahre nach des Vaters Tod gleichfalls
starb, wurde Karl der alleinige Regent der großen Monarchie.
Dieser Fürst ist einer jener außerordentlichen Männer, die unsere
Bewunderung rmd unsern Dank zugleich in Anspruch nehmen und
deren Fehler und Schwächen man bei ihren überwiegenden Verdien-
sten gerne vergißt. Schon seine äußere Gestalt gab den Herrscher
zu erkennen. Er maß sieben Fuß; sein Leib war vollkräftig und
ebenmäßig, sein Auge groß und lebhaft, seine Stirne breit, seine
Haare blond. Bei Tisch war er mäßig, und mehr als Speise und
Trank behagte ihm während des Mahles das Saitenspiel oder die
Vorlesung der Thaten alter Helden. In Führung der Waffen, im
Jagen, Reiten und Schwimmen galt er für den Besten der Franken.
Unablässig war er bemüht, sich und sein Volk auszubilden und seine
Kenntnisse zu vermehren; deshalb gieng er gerne mit gelehrten Män-
nern um und lernte selbst noch im Alter schreiben. Mit größter
^ Sorgfalt betrieb er die Erziehung der Jugend und legte nicht nur
* in Städten und Klöstern, sondern auch in Dörfern Schulen an, die
er öfters selbst besuchte, um sich von den Fortschritten der Schüler
zu überzeugen.
Als Karl nun einst bei einem solchen Besuche wahrnahm, daß
die Kinder der Reichen meistens faul und unwissend, die der Ar-
men aber fleißig und geschickt waren, stellte er diese zur Rechten
und jen-e zur Linken und sprach zu den Kindern der Armen:
„Ihr lieben, guten Kinder armer Leute, der allmächtige Gott
wolle euern Verstand und euern Fleiß segnen und vermehren! Fahret
fort wie ihr angefangen k>abt und lasset die Furcht Gottes in euern
Herzen wohnen, so will ich euch ein guter und gnädiger Herr seyn
und euch einst mit Gut und Ehrenstellen lohnen." Darauf wandte
er sich aber zürnend zu denen, die zur Linken standen und sprach
mit donnernder Stimme: „Ihr aber, ihr geputzten, zarten Herrlein,
die ihr auf den Glanz und den Reichthum eurer Eltern stolz seid
und den Müßiggang und andere Laster den Wissenschaften und der
Tugend vorzieht; bei dem König des Himmels! wofern ihr eure
Faulheit nicht bald durch Fleiß wieder gut macht, so werdet ihr an
mir einen strengen Richter finden."
Karl bewies sich als Regent besonders thatkräftig. Schon
früher hatten nämlich die neben den Franken wohnenden Sachsen
wiederholte Einfälle in das fränkische Reich unternommen; er hatte
sie deshalb mehrere Male hart gezüchtigt; aber dennoch erhoben sie
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karlmann Karlmann Karl Karl Karl Karl Karl Karl
104
Haltung guter Zucht und Sitten. In seinem Rathe saßen jederzeit
die Bischöfe des Reiches. In seinem Testamente gedachte er nebst
der Armen auch der Kirche und schenkte ihnen zwei Dritttheile seines
gesammten Schatzes, seines Hausrathes und seiner Kostbarkeiten.
Er stiftete Klöster, die zur Verbreitung der Religion und Bildung
sehr Vieles beitrugen; er errichtete viele Bisthümer und jedes Blatt
seiner Geschichte beweist, wie sehr er bemüht war, seine Völker zum
wahren Glauben zu führen und ihre Wohlfahrt in jeder Richtung
zu fördern.
Als Karl das Ende seines Lebens nahe fühlte, berief er eine feier-
liche Versammlung der Großen des Reiches nach Aachen. Da,
nachdem er in der Kirche sein Gebet verrichtet hatte, ermahnte er
seinen Sohn Ludwig: Gott zu fürchten, sein Volk zu lieben wie
seine Kinder, den Armen Trost zu verschaffen. Recht und Gerechtig-
keit zu üben und selbst vor Gott und den Menschen unsträflich zu
wandeln. Unter Thränen versprach Ludwig alles dieses zu halten,
und Karl hieß ihn sich selbst die Krone aufsetzen und seines Ver-
sprechens stets zu gedenken.
Am 28. Januar 814 fühlte der große Kaiser, daß die letzte
Stunde seines Lebens nahe sei; er empfieng aus den Händen seines
Freundes, des Bischofs Hildebold, die heiligen Sterbsakramente.
Zum letzten Male erhob er die Hand, die so kraftvoll Schwert und
Scepter geführt hatte, das Kreuz auf Stirn und Brust zu zeichnen,
sprach leise die Worte des Psalms: „In deine Hände, o Herr, em-
pfehle ich meinen Geist!" und entschlief in dem Herrn im 72. Jahre
seines Alters.
In der Marienkirche zu Aachen wurde Karl begraben; im
vollen kaiserlichen Ornate auf einem goldenen Sessel sitzend, mit
einem Schwert umgürtet, das Haupt mit einer Krone geschmückt,
das Evangelienbuch auf dem Schooße und eine Pilgertasche an der
Seite hängend — so ward der glorreiche Kaiser in die Gruft ge-
senkt; aber er lebte fort in der Liebe und Verehrung des deutschen
Volkes, dessen Regenten in ihm fortan ein Vorbild erblicken mögen,
dem sie zum Wohle ihrer Völker nachahmen sollen.
Karl's Nachkommen, die Karolinger genannt, regierten bis zum
Jahre 911, wo sie ausstarben. Die Deutschen wählten einen frän-
kischen Herzog, Conrad I-, zum Könige. Seine Regierung war
kraftvoll, aber zu kurz, um die vielen Unordnungen, die sich seit
Karls des Großen' Tode im Reiche und unter den übermüthigen
Großen eingeschlichen hatten, abzuschaffen. Als er im Jahre 918
starb, forderte daher der edle Mann seinen Bruder Eberhard auf,
den biedern und weisen Herzog Heinrich von Sachsen, seinen
bisherigen Feind, zur Wahl zu empfehlen, weil er nur diesen für
fähig hielt unter den damals so schwierigen Verhältnissen das deutsche
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Karl Karl Hildebold Karl Karl Conrad I- Karls Eberhard Heinrich_von_Sachsen Heinrich
134
herab hieng. Sein Kleid und seine Beinkleider waren von grünem
Atlas nach spanischem Schnitt. Im Gürtel trug er blos eine Pi-
stole, in der Hand eine Reitgerte, und fast immer ritt er in der
Schlacht auf einem kleinen Grauschimmel. Als Feldherr war er
äußerst pünktlich und strenge; in seinem Leben sittlich, reli-
giös und mäßig. Er kannte keine Art von Wohlleben, trank nie-
'mals Wein, und Eigennutz, Stolz und Hochmuth waren ihm ganz
unbekannt. Als der Kaiser ihn für seine treuen Dienste irk den
Reichsfürstenstand erheben wollte, verbat er sich die Ehre und gab
dem Schreiber d<er Kanzlei 500 Thaler, damit er das Patent nicht
ausfertigen solle. Eine goldene, mit Diamanten besetzte Kette, die
er von der Regentin der Niederlande erhalten hatte, schenkte er so-
gleich dem Kloster Alt-Oetingen, und der Stadt Hamburg, die ihm
aus Dankbarkeit 1000 Rosenobel zustellen ließ, schickte er dieselben
unverweilt wieder- zurück.
Dies war der Held, dem man zwei Jahrhunderte lang un-
gerechter Weise die Grausamkeiten zur Last legte, die bei der Ero-
berung Magdeburgs (1631) begangen wurden, was jedoch un-
partheiische Geschichtsforscher neuerer Zeit glänzend widerlegten.
Seit dem Monate Dezember 1630 hielt nämlich Tilly Magde-
burg enge eingeschlossen und beschoß es fast täglich. In mehreren,
noch vorhandenen Briefen an den Administrator der Stadt, den
Markgrafen Christian Wilhelm, sowie an den Befehlshaber Falken-
berg und an den Magistrat hatte er zur Uebergabe aufgefordert und
selbst beigesetzt, daß die Stadt dadurch billige Bedingungen erlangen
und nur so einem sehr harten und traurigen Geschicke entgehen könne.
So schrieb er einmal an Falkenberg, der die Einwohner immer mit
falschen Nachrichten über die Ankunft des Schwedenkönigs täuschte
und dadurch zum Widerstände ermuthigte: Er werde bei so be-
schaffenen Dingen wohl selbst erwägen können, daß es weder christ-
lich noch billig, viel weniger vor Gott und dem Gewissen zu
verantworten sei, durch Rath und That dazu beizutragen, daß so
viele unschuldige Menschen in das äußerste Elend gestürzt werden
und Gut und Leben verlieren sollten. Als aber all' seine Mah-
nungen fruchtlos blieben, wurden am 20. Mai 1631, Morgens um
7 Uhr schnell die Sturmleitern angelegt; die Soldaten erstiegen die
Mauern, schlugen die obcnstehenden Wächter zurück; alle Kanonen
wurden gelöst, die Thore.eingeschlagen, und ehe noch die Bürger
sich zum Widerstände sammeln konnten, waren Tilly's Truppen
Meister der Stadt. Falkenberg, der vom Rathhause herbeieilte,
wurde gleich auf der Straße erschossen. Immer heftiger ward die
Wuth der Stürmenden, als sie aus allen Häusern Widerstand fan-
den und Gasse für Gaffe einzeln einnehmen mußten. Wer auf der
Straße sich blicken ließ, wurde niedergestochen; wie hungrige Tiger
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Extrahierte Personennamen: Wohlleben Hochmuth Tilly Christian_Wilhelm Wilhelm Falkenberg Falkenberg
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14. „Eure Väter, die Gefang'nen, mordete der Türke hier,
„Ihr, die liebsten aller Schätze, kommt, ihr Armen, kommt zu mir."
15. Als der Bischof dies gesprochen, milde und voll heil'ger Ruh':
Liefen froh dreihundert Kinder ihrem neuen Vater zu.
16. Und von dannen gieng der Bischof, der der Armuth sich vermählt,
Mit der-Beute, die er siegend aus den Schätzen sich erwählt.
Von nun an begann die Macht der Türken zu sinken. Treff-
liche Feldherrn, wie Herzog Carl von Lothringen, Max Ema-
nuel, Kurfürst von Bayern, vor Allen aber Oesterreichs großer
Held, Prinz Eugen von Snvoyen, führten die Christen von Sieg
zu Sieg. Schrecken kam über Constantinopel, als die Nachricht
einlief, daß der Kurfürst von Bayern das für unüberwindlich ge-
haltene Belgrad erstürmt habe, und Eugen's glorreiche Siege bei
Zeutha, bei Peterwardein und bei Belgrad belehrten die
stolzen Osmanen, daß die Zeit ihrer Herrschaft und Macht vor-
über sei.
57. Der spanische Erbfolgckrieg.
Glücklicherweise genoß Deutschland nach dem Abschlüsse des
westphälischen Friedens längere Jahre Ruhe, um sich von den Schreck-
nissen des Krieges erholen zu können. Allein auf einmal riß der
raubsüchtige König Ludwig Xiv. von Frankreich, mitten im Frie-
den, ' die Stadt Straßburg von Deutschland ab und verwüstete die
Gegenden der Rheinpfalz, um, wie er sagte, Frankreich durch
eine Wüste zu decken. Kaiser Leopold I. hatte zu gleicher Zeit
mit den Türken, die zum zweiten Mal Wien belagert hatten, blutige
Kämpfe und mußte daher den Franzosen die gemachten Eroberungen
größtentheils überlassen. Er schloß deshalb mit Ludwig einen 20jäh-
rigen Wassenstillstand, der indeß bald durch den spanischen Erb-
folgekrieg unterbrochen wurde.
Der König von Spanien, Karl Ii., war nämlich kinderlos ge-
storben und hatte aus Betreibung des ränkevollen französischen Kö-
nigs dessen Enkel Philipp zu seinem Nachfolger ernannt. Allein
Kaiser Leopold glaubte als Verwandter des verstorbenen Königs
gerechtere Ansprüche aus Spanien zu haben und machte diese sofort
auch geltend. Hiedurch entstand ein schwerer Krieg, in welchem
Bayern zu Frankreich hielt, wodurch der Kriegsschauplatz abermals
nach Deutschland verlegt wurde. Nach zwölfjährigem Kampfe wurde
endlich Friede geschlossen und bestimmt: daß Philipp Spanien be-
halten, dagegen aber Belgien, Mailand, Neapel und Sar-
dinien an Oesterreich abtreten solle.
f
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Carl_von_Lothringen Max_Ema- Max Eugen_von_Snvoyen Eugen Ludwig_Xiv Ludwig Leopold_I. Ludwig Ludwig Karl_Ii Karl Philipp Philipp Leopold Leopold Philipp_Spanien Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreichs Constantinopel Belgrad Zeutha Belgrad Deutschland Frankreich Deutschland Rheinpfalz Frankreich Wien Spanien Spanien Frankreich Deutschland Belgien Mailand Neapel Oesterreich
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ihrer Conmon bauen zu dürfen. Die Protestanten giengen hierin
aber bald weiter, als ihnen eingeräumt worden war, und erbauten
auf dem Gebiet des Erzbischofs von Prag und des Abts von Braunau
zwei Kirchen. Der Erzbischof und der Abt untersagten den Bau,
aber vergebens. Darauf ließ der Erzbischof, mit Bewilligung des
Hofes, die auf seinem Gebiet erbaute Kirche niederreißen, und der
Abt von Braunau ließ die dortige sperren. Dadurch wurden die
Protestanten auf's Höchste erbittert, drangen in das Schloß zu Prag
ein, warfen die kaiserlichen Räthe zum Fenster hinaus, kündigten
dem Kaiser den Gehorsam auf und drangen selbst m die österreichi-
schen Staaten ein.
In dieser gefahrvollen Zeit kam, nach dem Tode des Kaisers
Mathias, Ferdinand 11. auf den Thron. Dieser unterdrückte schnell
den Aufstand und verlangte durch das Restitutionsedikt (oder
Wiederherstellungsgesetz), daß die protestantischen Fürsten alle seither
eingezogenen katholischen Kirchengüter zurückgeben sollten. Die Pro-
testanten waren aber hiezu nicht geneigt, riefen den schwedischen
König Gustav Adolph um Hilfe an, und dieser landete bald
mit 15,000 Mann ausgesuchter Truppen in Deutschland. Er ver-
band sich mit den Protestanten und erhielt selbst von Frankreich
Unterstützung, woraus der Krieg mit der größten Heftigkeit fort-
geführt wurde. Schlachten um Schlachten wurden geschlagen; Städte
und Dörfer wurden eingeäschert, Mord und Raub waren überall
an der Tagesordnung. Zwei Drittheile der Bevölkerung Deutsch-
lands kamen während dieses unheilvollen Krieges durch das Schwert,
durch Seuchen, Hungersnoth und Elend aller Art um das Leben.
Die Fluren unseres unglücklichen Vaterlandes lagen öde; die einst
so wohlhabenden Städte waren verarmt; Handel und Gewerbe
lagen darnieder; Gottesdienst, Schulen und Iustizpflege hatten aus-
gehört; Noth und Elend waren allgemein: kurz, Deutschland stand
am Rand des Verderbens, und sein Wohl schien für alle Zukunft
vernichtet zu seyn.
Als Heerführer hatten sich in diesem Kriege auf Seite der Pr o te-
st anten nebst dem Könige Gustav Adolph, der in der Schlacht bei
Lützen, unweit Leipzig, das Leben verlor, Herzog Bernhard von Sachsen-
Weimar, kath olischerseits aber die Feldherren Wallenstein und
Tilly ausgezeichnet. Besonders aber ist es Letzterer, der durch seinen
Heldenmuth, seinen biedern Charakter und seine Frömmigkeit unsere
Hochachtung und Bewunderung in vollem Maaße in Anspruch nimmt.
Tilly war ein Mann von hagerer Statur mit derben Knochen,
eingefallenen Wangen, großer Nase und lebhaft blitzenden Augen.
Das graue Haar hieng ihm stets borstenartig über die gerunzelte
Stirne und um dm Kopf, auf dem er einen grauen, spitzigen Hut
trug, von welchem seitwärts eine rothe Straußseder über den Rücken
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Mathias Ferdinand Ferdinand Gustav_Adolph Gustav Gustav_Adolph Gustav Bernhard_von_Sachsen-
Weimar Tilly Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Prag Braunau Braunau Deutschland Frankreich Deutschland Leipzig
28-
Wer Nachbarn und Vettern die Hilfe vertraut,
Dem wird nur ein Schloss in die Lüfte gebaut;
Doch unter dem Streben der eigenen Hand
Erblüht ihm des Werkes vollendeter Stand.
Die Wachtel entfloh mit den Kleinen geschwind,
Und über die Stoppeln gieng Tag’s d'rauf der Wind.
(Langbein)
32. Der Gotteskasten.
Es war einmal ein wohlhabender, angesehener Mann, deß'
Namen hieß Benediktus, das heißt Sessenreich. Solchen Na-
men führte er mit Recht; denn Gott hat ihn reichlich mit Gütern
gesegnet, und alle Welt segnete ihn desgleichen.. Darum suchte er
auch jeden zu erfreuen, den Fremdling wie den Nachbar, besonders
die Armen und Nothleidenden. Er that aber folgendermaßen:
Wenn er einen frohen Tag gehabt hatte mit seinen Freunden,
so gieng er in sein Kämmerlein und dachte: Es sind Viele, die kei-
nes solchen Tages sich erfreut haben, und was wäre es, so ich der
Gäste noch einmal so viel geladen hätte! — Also legte er von sei-
nem Gelde so viel, als ihn die Mahlzeit gekostet, in eine Lade ; die
nannte er den Gotteskästen. Desgleichen, wenn er vernahm,
daß irgendwo eine Feuersbrunst gewüthet, so gab er seinen Beitrag
zur Unterstützung der Unglücklichen reichlich. Daraus sah er sein
Haus an und gieng in sein Kämmerlein und sprach: „Alles stehet
bei mir fest und unversehrt," und legte dafür in den Gottes-
kasten. Abermals, wenn er vom Hagelschlag, Wassersnöthen und
andern Unfällen hörte, so legte er dafür in den G otteskasten. Also
auch, wenn ihm kostbarer Wein und schönes Geräthe geboten wurde,
so kaufte er davon, jedoch mäßig, so daß sie sein Haus zierten und»
seine Freunde erfreuten, und gieng alsdann in sein Kämmerlein und
sprach: „Solches hast du dir kaufen und deinen Vorrath mehren
können," und legte in den Gotteskasten; dazu sendete er gern
von dem köstlichsten Weine, wenn ein Kranker dessen bedurfte. Also
that er sein Leben lang. Als er nun sterben sollte, da klagten und
weinten die Armen, die Wittwen und W aisen und sprachen:
„Wer wird sich unser erbarmen, wenn B e n e d i kt u s von uns
scheidet?"
Er aber sprach: „Ein guter Hausvater sorget, daß auch dann,
wenn er nicht daheim ist, den Kindlein Nichts gebreche. So nehmet
den Gotteskasten mit Allem, was darin ist. Er gehöret den
Armen, den Wittwen und den Waisen; theilet davon aus und
verwaltet es wohl und weislich." Darauf starb er, und es geschah,
wie er gesagt hatte.
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194
unter dem Schnee liegt. Mit den Füßen scharren sie den Schnee
auf und heulen laut, um die Mönche und Laienbrüder zum Bei-
stände aufzufordern. Um den ermatteten und erstarrten Reifenden
schnell in's Leben zurückzurufen und stärken zu können, hat jeder von
diesen Hunden am Halse eine Flasche mit starkem Branntwein, und
sein Begleiter trägt einen warmen Ueberrock. Tressen diese Hunde
auch nicht immer einen Lebenden an, so entdecken sie doch die Leiche,
welche von ihren Freunden wieder erkannt werden kann, da die Ge-
sichtszüge in diesem kalten Klima wohl zwei Jahre nach dem Tode
noch kenntlich sind. — Einer dieser edeln Hunde, Barry genannt,
trug eine Medaille, weil derselbe das Leben von 22 Personen ge-
rettet hatte. Viele Reisende haben noch in den Jahren 1814 und
1815 diesen Hund gesehen und beim Wärmefeuer der Mönche die
Geschichte seines wohlthätigen Lebens gehört. Er starb im Jahre
1816 bei der Begleitung eines piemontesischen Postcouriers, der gern
baldmöglichst zu seiner, wegen seines langen Ausbleibens sich äng-
stigenden Familie zurückkehren wollte, so sehr ihm auch die Mönche
wegen des heftigen Sturmes davon abriethen.
Von Sehnsucht nach den Seinigen getrieben, ließ er sich nicht
aufhalten, und die menschenfreundlichen Mönche gaben ihm zwei Be-
gleiter nebst zwei Hunden mit. Aber kaum hatten sie das Kloster
verlassen, so wurden sie von zwei Lawinen bedeckt — und diese ver-
schütteten auch unten im Thale die Familie des armen Postillons,
die sich herausgewagt hatte, um dem Vater entgegen zu gehen.
Einer dieser nützlichen Klosterhunde soll einst eine von einer La-
wine verschüttete Mutter mit ihrem noch lebenden Knaben angetroffen
haben, und das gute Thier ruhete nicht eher, bis der Knabe aus
seinen Rücken stieg, damit er ihn in das Kloster zurücktragen konnte.
4. Azor.
In den ersten Jahren der Besitznahme von Algier durch die
Franzosen geschah es häufig, daß in der Nacht die Vorposten
auf eine unbegreifliche Weise überfallen und ermordet wurden. Die
Soldaten suchten daher herrenlose Hunde, die in allen muhameda-
nischen Städten zu Hunderten herumlaufen, an sich zu ziehen, um
sich derselben als Warner zu ihrem Schutze zu bedienen, und
wirklich leisteten diese Hunde bald den Soldaten vortreffliche Dienste,
indem sie bei Annäherung eines B eduineu in ein furchtbares Ge-
heul ausbrachen und so die nahe Gefahr und die Gegend, woher
sie kam, anzeigten.
Ein junger Soldat Namens B achard (sprich Baschar) hatte
eines Abends, als es schon dunkel war, mit seinem Hunde Azor
den äußersten Wachposten bezogen. Es dauerte nicht lange, so hörte
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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3
rufen wurden, legten den Grund zu Preussens späterer Grösse und
Wohlfahrt.
Auch als Krieger zeichnete sich der grosse Kurfürst aus. Der
eroberungssüchtige König von Frankreich, Ludwig Xiv., hatte Versuche
gemacht, das Herzogthum Jülich, Cleve, Berg wegzunehmen, und defc
Kurfürst war dahier zur Vertheidigung seiner Erbländer an den Ehein ge-
zogen. Währenddem hetzte Ludwig die Schweden auf, und diese fielen
in Brandenburg ein, wurden aber von dem wackern Derflinger, der
es vom Schneidergesellen bis zum General gebracht hatte, übel em-
pfangen. Indessen eilte der Kurfürst mit seinem Heere herbei, und
bei Fehrbellin kam es zur Schlacht, in welcher die Feinde eine
bedeutende Niederlage erlitten. Während der Schlacht war der Kur-
fürst selbst in grosser Gefahr gewesen. Er ritt nämlich einen Schim-
mel, wodurch er den Schweden kenntlich war, die sofort ihr Geschütz
auf ihn richteten. Der Stallmeister Proben bemerkte dies, gab
unter einem Vorwände dem Fürsten seinen Rappen und bestieg selbst
den Schimmel, worauf die Feiude ihn für den Kurfürsten hielten, und
gleich nachher sank der treue Diener von einer Kugel durchbohrt vom
Pferde. In folgenden Versen ist die heldenmüthige Aufopferung des
edlen Frohen umständlicher geschildert.
Der grosse Kurfürst.
1640—1688.
I * r
1. Man fraget nach den Quellen des mächtig fluthenden Stroms;
Man fragt nach dem Erbauer des riesenhaften Doms ;
So höret, wer zum Baue den festen Grund gelegt,
ln dessen Höh’ wild Tiefe sich Licht und Leben regt!
2. Sein Name Friedrich Wilhelm, wie nennt ihn der so gut!
Wohl war er reich an Frieden, der auf dem Sieg beruht;
Ersehnter Helm den Schwachen, war ihm die Wehr willkommen,
Wenn’s Schlacht galt oder Wache zu seines Landes Frommen.
3. Als ringsum Krieg entbrannte, da ward der Held geboren (1620),
Der seines Landes Wunden zu heilen war erkoren;
Vom Sturm der Zeit gestählet, spiesh er als Knabe schon
Des Waldes Eber und Wölfe, der kühne Fürstensohn.
4. Da ihn mit zwanzig Jahren zum Throne Gott berief,
Weckt er des Volkes Thatkraft, die nutzlos, rühmlos schlief;
Man staunt des weisen Jünglings, man freut sich seiner Kraft,
Durch Beide, stets verbunden, er Wunder wirkt und schafft.
5. Das rege Holland hatt’ ihm viel Hand’ und Köpf gesandt,
Und Leben und Streben erfüllte Werkstatt und Ackerland;
Doch als nun die Franzosen nach deutschem Land gelüstet,
Da sah die Brandenburger der Rhein zuerst gerüstet.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Cleve Ludwig Ludwig Derflinger Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Schweden Brandenburg Fehrbellin Holland Rhein
181 ^:
Etwas höher findet man Wälder, noch höher treffliche Matten, auf
denen das Vieh im Sommer eine herrliche Weide findet. Noch etwas
weiter hinauf fangen die Felsen an, die aber noch mit Gesträuchen
und Bäumen bewachsen find. Gemsen und Steinböcke irren auf ihnen
umher und setzen manchen Jäger, der ihnen nachklettert, in große
Angst, wie er den Rückzug finden will. Noch weiter hinauf werden
die Berge kahl und öde, und die Gipfel derselben bedeckt ein immer-
währender Schnee, den auch die Glut des heißesten Sommers nicht
ganz schmelzt.
Von dem Weg auf den St. Bernhard kann man jetzt von Mar-
tinach an der Rhone aus eine ziemliche Strecke im Wagen zurück-
legen; die letztere höhere Strecke können nur Fußgänger und Lastthiere
begehen. Früher waren keine Fahrwege möglich, sondern man fand
nur Fußsteige, die oft sehr schmal waren und so dicht an den Felsen
hingingen, daß man sie nicht ohne Schwindel und ohne die größte
Gefahr, in unabsehbare Abgründe zu stürzen, pasfiren konnte. Doch
noch jetzt ist die Reise in der Schneegegend gefährlich. Die Kälte
ist erstaunlich streng, und bei unfreundlicher Witterung steht man den
Weg nicht und ist in Gefahr, in tiefen Schnee zu versinken oder in
mehr als hundert Ellen tiefe Felsenriffe zu stürzen. Waaren und Ge-
räthschasten werden großentheils durch Maulesel über den Berg ge-
tragen, die dazu abgerichtet sind und sicher gehen. Da indessen jähr-
lich gegen 20,000 Menschen hier die Alpen überschreiten, so geht
wohl kaum ein Jahr vorüber, in dem nicht Menschen verunglücken.
Dies bewog in der Vorzeit einen menschenfreundlichen Edelmann und
.Geistlichen, Namens Bernhard von Menthon, auf der Höhe dieses
Bergübergangs in einem engen Hochthal zwischen hohen Felsen, am
Ufer eines kleinen Sees, ein Kloster anzulegen und die Mönche zu
verpflichten, die Reisenden aufzunehmen und zu bedienen, ja sogar aus-
zugehen, um die Verirrten oder Verunglückten aufzusuchen und leben-
dig oder todt in das Kloster zu bringen. Für einen Vorsteher (Prior)
und für zwölf bis fünfzehn Mönche ist dieses Kloster eingerichtet, und
so lange es steht, hat es nicht an Männern gefehlt, die ihr Leben
diesem beschwerlichen Dienst aufzuopfern bereit waren. Man denke,
was für ein Leben sie dabei wohl führen müssen. Einen großen Theil
ihrer Lebenszeit bringen sie auf dem hohen Berge zu, wo sie keine
Pflanze, kein Kraut, sondern nur Himmel und Schnee um und neben
sich sehen. Uns dünkt ein Winter von acht Wochen lang, und diese
Menschen leben in einem beinahe ewigen Winter, wo sie keine Sonne
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Extrahierte Personennamen: Bernhard Bernhard_von_Menthon
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130. Leben -er Christen in den ersten Jahrhunderten.
Dieselbige Veränderung, die das Christenthum im Herzen der
Menschen hervorbrachte, konnte nicht im Innern verborgen bleiben, sie
mußte sich im Leben und im Wandel offenbaren. Welch ein Unter-
schied, wenn man das Thun und Treiben der Heiden der damaligen
Zeit mit dem Leben der Christen vergleicht! Die Christen lebten in
der Liebe zu ihrem Herrn und zu ihren Brüdern ein frommes, demü-
thiges Leben in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit; sie nannten sich
unter einander Brüder und waren bereit, für einander das Leben zu
lassen. Ihre Kinder wurden in der Furcht des Herrn erzogen; ihre
Sklaven mit Gerechtigkeit und Güte behandelt; ihre Armen, Kran-
ken, Wittwen und Waisen wurden mit aufopfernder Sorgfalt ge-
pflegt; auch der Fremde, sogar der Feind, war nicht von dieser Liebe
ausgeschlossen. Ein heiliger, aber heiterer Ernst begleitete alles Thun
der Christen; ihr Blick war gerichtet auf das, was droben ist, sie
sahen den Himmel als ihr Vaterland an und nannten ihre irdische
Wohnung nur ihre Herberge. So waren sie das Salz der Erde
und ein Licht der Welt, und auch ihre Feinde konnten ihnen ein
gutes Zeugniß nicht versagen.
In den Gemeinden der Christen war eine einfache Ordnung ein-
geführt. Einige der erfahrensten Christen, die den Namen Presbyter
oder Aelteste führten, wurden dazu ernannt, die gemeinschaftliche Er-
bauung zu leiten und über Lehre und Leben der Brüder zu wachen.
Andere übernahmen die Sorge für Arme und Kranke; diese hießen
Armenpfleger oder Diakonen. Derjenige unter den Presbytern, der
den Vorsitz führte, hieß Bischof oder Aufseher der Gemeinde. Als
später sich mehrere nahliegende Gemeinden unter einem Bischof an
einander schlossen, wurde das Amt der Bischöfe noch bedeutender und
ihr Ansehen größer.
Am Tag des Herrn, am Sonntage, versammelten sich die Chri-
sten in einem Christenhause', in Zeiten der Verfolgung auch wohl zur
Nachtzeit in Wüsten und Höhlen. Erst später baute manche Ge-
meinde ein eigenes Haus zu gottesdienstlichen Versammlungen und
nannte es des Herrn Haus, auf griechisch: Kyriake, woraus unser
deutsches Wort: Kirche worden ist. Bei diesen Zusammenkünften
wurde ein Psalm gesungen, ein Abschnitt aus der heiligen Schrift
gelejen, darüber geredet und gebetet. Jeden Sonntag, und in ae-
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