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Neunzehnte? Capitel.
Die Regierung der Brüder Ernst und Albrecht.
Beide Brüder sollten, dem Testamente ihres Vaters
zufolge, gemeinschaftlich regieren, und das haben sie auch zu
ihrem Vorthcil und zum Besten des Landes 21 Jahre lang
gethan. Im Jahr 1465 empfingen sie beide gemeinschaft-
lich die Belehnung über ihre Lander von ihrem Oheim, dem
Kaiser; darauf unterstützten sie den König Georg von
Böhmen, Albrechtö Schwiegervater, gegen die unru-
. higen Schlesier. 1466 zogen beide Brüder gegenhcin-
richii., Burggrafen zu Meißen und Herrn von Plauen,
der ihre Unterthanen beraubt hatte, nahmen ihm Schloß
und Stadt und behielten es als ein Lehn von Böhmen.
Da sie durch die Auffindung der Silbergruben zu Schnee-
de rg zu einem Ueberfiuffe an Gelde gekommen waren, so-
kauften sie 1472 die Herrschaft Sagan für 50,000 Gold-
gülden , die bis 1549 bei Sachsen blieb. Dann kauften sie
1477 die Herrschaft Sorau, Breskau und Storgau
für 62,000 Gülden. Die letzter« wurden aber schon i5io
gegen Rückzahlung der Kauffumme zurückgegeben. Nach dem
Tode König Georg Podiebrads von Böhmen, be-
warb sich der Herzog Albrecht, dessen Eidam, um die
böhmische Krone. Er rückte mit einer beträchtlichen
Kriegsmacht in Böhmen ein; doch da er seine Ansprüche
zu heftig verfolgte, so faßten die Stände eine Abneigung
gegen ihn und wählten den Prinzen Wradislaw von
Polen. Seiner Schwester, der Acbtissin Hedwig von
Q-ue d linb urg, leistete der Kmfürst Ernst Beistand gegen
die Bürger, wofür er 1470 die erbliche Schirmherrschaft
über dieses Kloster erhielt. Seinem Sohn Ernst verhglf
der Kurfürst 1476 zum Erzbisthum Magdeburg. 1473
wurde derselbe auch zum Bischof von Halberstadt er-
wählt. Er unterstützte denselben in seinen Streitigkeiten
mit der Stadt Halle 1478, und half ihm i486 die wider-
spenstige Stadt Halberstadt überwältigen. Unterdessen
leistete Herzog Albrecht dem Kaiser Friedrich Iii. Kucgö-
dienste gegen Karl den Kühnen, von Burgund, und
7
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg]]
Extrahierte Personennamen: Ernst Albrecht Albrecht Georg_von
Böhmen Albrechtö_Schwiegervater Georg_Podiebrads_von_Böhmen Albrecht Albrecht Hedwig_von
Q-ue Ernst Ernst Ernst Albrecht Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Karl Karl
100
den Staats- und Ssttenverhältniffen anderer Länder hatte
auch manche Veränderung in den sächsischen Ländern
zur Folge. Der Fürstenhof erhielt eine Vermehrung des
Hofstaats und einen vergrößerten Glanz, und wenn gleich
die Kurfürsten in diesem Zeiträume meistens gute Staats-
wkrthe waren, und eichen ehrbaren Lebenswandel führten,
so ließen sie es an ihrem Hofe doch nicht an einem Auf-
wande fehlen, der einem königlichen nahe kam. Die land-
ständische Verfassung gewann eine andere Gestaltung und
festere Ordnung, die Stande des Herzogthums Sachsen
erschienen auf den meißnischen und osterländischen
Landesverfammlungen, und seit 1428 nahmen die Stande
regelmäßig Theil daran und bildeten mit den Prälaten,
Grafen, Herrn und Rittern die Landschaft. Außer der
Bede, von der schon die Rede gewesen und die nach und
nach außer Gebrauch kam, wurden andere Abgaben einge-
führt. Denn die Landesherrn singen an die Reichslastcn
auf die Unterthanen zu wälzen, auch reichten die Einkünfte
der fürstlichen Kammergüter nicht mehr zur Bestreitung der
Kosten der Kriegszüge und der glänzenden Hofhaltung hin.
In Thüringen war schon 1405 eine allgemeine Kopf-
steuer, der Bär oder Bern genannt, aufgekommen; in
Meißen wurde i486 die ginfe (Accise), der 3oste
Pfennig von allem feilen Verkauf, und 1443 eine Kopfsteuer
von 2 gr. für den Kopf eingeführt. Letztere ward 1454
nach dem Vermögen und dem Einkommen erhoben, und
selbst Geistliche und Ritter waren davon nicht ausgenom-
men. Die Landschaft verwilligte zwar alle diese Abgaben,
doch nicht ohne sich dabei die Bestätigung alter und Ver-
leihung neuer Rechte auszubedingen. So wurde 1428 die
Beisteuer zum Hussitenkriege nur unter dem Beding ver-
wiüigt, daß die Lehnsgüter in Ermangelung männlicher
Nachkommen auch auf Töchter und Seitenvcrwandte ver-
erben sollten; und 1438 gestand der Kurfürst der Land-
schaft das Recht zu, sich zu ihrer Sicherheit zu vereinigen,
wenn er außer der jetzigen noch andere Forderungen
sollte machen wollen. Als diese Steuern 1451 bewilligt
werden sollten, erlangten die Stände das Recht, das erho-
bene-Geld in Leipzig niederzulegen und durch einen stän-
dischen Ausschuß verwalten zu lassen. Dadurch wurde der
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
66
Landgraf Friedrich den Neft von Jena an sich gekauft,
1346 kaufte er einen Theil der Stadl Langensalza.
Das wollte der Erzbischof von Mainz, dem auch ein
Theil der Stadt gehörte, nicht dulden, cs kam zur Fehde,
der Landgraf belagerte die Stadt, und da die Belagerten
ihn verhöhnten, so ließ er Feuer hincinwerfen; 1800 Men-
schen kamen in den Flammen um. Mainz mußte nachgebcn,
aber durch welche Blutschuld war dieser Sieg errungen!
Friedrichs Söhne brachten 1374 auch den Rest von
Langensalza an sich. Noch kaufte Friedrich der
Ernsthafte dem Herzog Magnus von Braun schweig
die Mark Lands berg ab, der sie von Brandenburg
erworben hatte. Während dieses Markgrafen Negierung
wurde Deutschland und besonders Thüringen 1348
durch ein gewaltiges,Erdbeben in Noch und Schrecken ver-
seht. 2m Jahre darauf wüthete die furchtbare Pest, die
unter dem Namen des schwarzen Todes bekannt ist.
Nach dem Tode des Kaisers Ludwig des Baiern,
wurde dem Landgrafen Friedrich die deutsche Krone
angeboten. Karliv. bewog ihn aber durch eine Summe
von 10,000 Mark Silber, daß er sie ablehnte. Dieser Ver-
trag war ein baarer Gewinn, denn schon ein Jahr darauf,
am i8ten November 1349, starb Friedrich im 39sten
Lebensjahre.
Friedrich der Ernsthafte hintcrließ 4 Söhne, Fried-
rich den Strengen, Balthasar, Ludwig und Wil-
h e! m. Der älteste, F r ie d r i ch, obgleich erst 17 Jahre
alt, führte die Negierung für sich und seine Brüder, von
denen aber Ludwig zum geistlichen Stande bestimmt war.
Durch einen Vergleich zu Gotha, 1356, vcrpfiichteten
sich die Brüder zu einer gemeinschaftlichen Negierung für
ihre Lebenszeit. Sie erhielten darüber vom Kaiser die
Gesammtbelehnung, auch für ihr Haus das Oberjägcr-
meisteramt. Die gemeinschaftliche Negierung der drei
Brüder, die 30 Jahre lang bis zum Tode Friedrichs
des Strengen dauerte, zeichnete sich durch viele Erwer-
bungen und viele Kriege aus. Eine Haupterwerbung war
die Pflege Coburg mit der Herrschaft Schmalkalden,
die der Landgraf Friedrich mit seiner-Gemahlin Katha-
rine von Henne borg erheirathere. Dann erlangte er
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrichs_Söhne Friedrichs Friedrich Friedrich Magnus_von_Braun Magnus Ludwig_des_Baiern Ludwig Friedrich Friedrich Karliv Friedrich Friedrich Friedrich Balthasar Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Friedrichs Friedrich Friedrich
Ablaß sollte, seiner anfänglichen Errichtung nach, nichts an-
ders scyn, als eine nach geschehener Neue und Buße eines
Sünders ihm crtheilte Vergebung seiner Ucbertretungen,
doch mit dem Vorbehalt eines künftigen bessern Lebens-
wandels, und nur für solche Sünden, von denen los zu
.sprechen der Papst sich allein Vorbehalten hatte. Bald aber
wurde der Ablaß auch auf alle übrigen Sünden, auf die
Aufhebung gcthaner Gelübde, auf die Befreiung von kirch-
lichen Gebräuchen ausgedehnt. Da mit dem Ablaß vieler
Unfug getrieben und vieles Geld nach Rom gezogen wor-
den war, so setzten sich doch die deutschen Fürsten zuweilen
dagegen, und die Papste mußten von Zeit zu Zeit einen
neuen Vorwand erfinden, um den Einspruch bei ihrem Ab-
laßhandel zu vermeiden. Mehrmals hatte schon der Tür-
ken krieg zum Vorwände dienen müssen, doch da das zu-
sammengebrachte Geld nie dazu angewandt wurde, sondern
stets in den Scckel des Papstes fiel, so war schon einmal
1501 dem Papst Alexander Vi. von den deutschen Für-
sten die Bedingung vorgeschrieben worden, daß er § der
Ablaßgelder in Deutschland lassen mußte. Dennoch
versuchte der verschwenderische Papst Leo X. aufs Neue
den Ablaßhandel in Gang zu bringen und nahm zum Vor-
wand den Ausbau der Peterskirche zu Rom. Damit seine
Geldschneiderei aber um so besser Fortgang haben möchte,
so ernannte er den Kurfürsten Al brecht von Mainz, der
auch zugleich Erzbischof von Magdeburg und Administra-
tor von Halberstadt war, zu seinem Oberbevollmachtig-
ten und ließ ihm einen Theil vom Gewinn. Kurfürst Alb-
recht, ein Bruder des Kurfürsten Joachim von Bran-
denburg, war ein verschwenderischer Herr, der seiner
Prachtlicbe wegen mit den Einkünften seiner drei reichen
Erzbisthümcr und Bisthümcr nicht auslangte, und dem
daher der neue Zuschuß durch den Ablaßkram ganz er-
wünscht kam. Er bestellte für die Lander Meißen und
Thüringen den Dominikanermönch Johann Tezel,
einen lasterhaften und frechen Menschen, der auf eine
marktschreierische Weise den Leuten die Ablaßzettel auf-
schwatzte und sie alle ohne Bedingung zur Buße und Bes-
serung, ja sogar für Sünden, die sie noch begehen wollten,
verkaufte. Dadurch machte er alles Gute, was gewissen-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Vi Alexander Leo_X Leo Joachim_von_Bran- Johann_Tezel Johann
Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Rom Mainz Magdeburg Halberstadt
74
Zweig, das Sachsen -La ue n burgi sch e Haus, vorhan-
den, und dieses hatte nach Recht und Billigkeit die Wit-
tenbergische Linke beerben sollen, und dem gemäß for-
derte auch der Herzog Erich V. von Sachsen-Lauen-
burg die Einlassung in diese Erbschaft. Auch der Kur-
fürst Friedrich I. von Brandenburg sprach die Erb-
folge in Kursachsen für seinen ältesten Sohn Johann
an, weil derselbe mit des vorletzten Kurfürsten von Sach-
sen, Rudolf Iii., Tochter Barbara vermählt war, auch
hatte er sogleich nach Kurfürst Albrechts Tode Witten-
berg und den Kurkreis in Besitz genommen. Der Markgraf
Friedrich der Streitbare aber, obgleich er kein Recht
auf diese Erbschaft hatte, wandte sich dennoch an den Kai-
ser, und bat ihn um die Verleihung der Kur Sachsen
mit den dazu gehörigen Landen, Würden und Gerechtsamen.
Kaiser Friedrich, dem viel daran gelegen war, einen so
mächtigen Fürsten sich treu ergeben zu erhalten, gewährte
seine Bitte, und verlieh durch eine Urkunde am 6ten Ja-
nuar 1423 Friedrich dem Streitbaren das Kurfürften-
thum und Herzogthum Sachsen mit der Erzmar-
schallswürde und allen dazu gehörigen Landen, mit Aus-
nahme des Schlosses Kahlau und des Klosters Dobri^-
lugk, ferner der Pfalz Allftadt, der Burggrafschaft
Magdeburg und der Grafschaft B re ne. Bald darauf
erhielt der Markgraf auf seine Bitte das Recht, daß seine
Unterthanen vor kein fremdes Gericht gefordert werden
durften, und ungebeten die Erlaubniß, mit rothem Wachs
zu siegeln, welches damals ein Vorzug der vornehmsten
Fürsten war. Den Kurfürsten von Brandenburg be-
schwichtigte der Markgraf für seine Ansprüche durch 11,000
Schock böhmische Groschen; der Herzog von Sachsen-
Lauenburg fand mit seinen Forderungen beim Kaiser
und Reich kein Gehör, und so hatte denn Friedrich der
Streitbare eine Erwerbung für sein Geschlecht gemacht,
wodurch dasselbe in den Rang der vornehmsten deutschen
Fürstenhäuser eintrat, und von nun ab eine höchst bedeu-
tungsvolle Rolle in der deutschen Reichsgeschichte spielte.
1
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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Extrahierte Personennamen: Erich_V._von_Sachsen-Lauen- Friedrich_I._von_Brandenburg Friedrich_I. Johann Rudolf_Iii Rudolf Barbara Albrechts Friedrich_der_Streitbare Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
78
Sechzehntes Capitel.
Zustand der Wettinischen Lande von 1247 bis
zur Vereinigung der Kurwürde und des Her-
zogthums Sachsen mit ihnen, 1418.
Durch die Vereinigung von Thüringen mit Mei-
ßen und dem Osterlande unter einen Rcgentenstamm
wurde keineswegs die Verbindung dieser Lander zu einem
Staate bewirkt; jedes behielt vielmehr seine besondere Ver-
fassung, und die Stände eines jeden Landes nahmen nur
die Angelegenheiten ihrer Landschaft in Berathung, ohne
sich um die der übrigen zu kümmern; auch standen die
mehrmaligen Theilungen der Regenten der Vereinbarung
der Lander zu einem Gesammtstaate entgegen. Landftände
waren in sehr frühen Zeiten vorhanden; in Meißen wur-
den sie 1135, in Thüringen 1192 eingeführt und ohne
Zweifel bestanden sie schon früher, doch hatten die Städte
keinen Theil an den Landtagen. Die thüringischen
Städte erschienen zuerst 1308, die meißnischen und
osterländischen 1350 auf dem Landtage. Diese Ver-
vollständigung der Verfassung war eine Folge der Geldnoth,
in welche die Fürsten, vornehmlich ihrer Kriege und dann
ihrer glänzenden Hofhaltung wegen, geriethen. Das ver-
änderte Kriegswesen machte größere Heere und besonders
viele Feldkrieger nothwendig. Die Kosten dazu konnten die
Regenten nicht mehr von ihren Kammergütern bestreiten,
sie bedurften der Beisteuer des Landes, und da die blühend
gewordenen Städte vorzüglich dabei in Anspruch genom-
men wurden, so war natürlich, daß sie auf den Landtagen,
auf welchen Abgaben bewilligt wurden, Theil nahmen.
Die ersten Abgaben wurden Beden genannt. Die ersten
allgemeinen Beden wurden 1350 von den Landständcn
zu Leipzig zu Abtragung der landesfürstlichen Schulden
bewilligt. Später kamen noch besondere Beden, die von
einzelnen Ständen oder Ortschaften bewilligt wurden, hinzu.
Wenn im Allgemeinen Veden bewilligt wurden, ließen
sich die Stände gewöhnlich einen Revers ausstcllen, daß
keine mehr verlangt werden sollte, ausgenommen wenn cs
Krieg oder anderer Nothstand nothwendig erforderte. 2"
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Stadt, sich von ihnen große Vorrechte zu erwerben. Sie
erweiterte ihr Gebiet durch eine Menge von Ankäufen, so
.daß sie viele Herrschaften, Schlösser und Dörfer besaß; die
Bürgerschaft war so zahlreich, daß bei einer Pest 12,000,
"bei einer andern sogar 20,000 Menschen umkamen, ohne daß
die Stadt in Verfall gekommen wäre. Bei der Judenverfol-
gung wurden 6000 dieses Glaubens umgebracht. Zum Ruhm
und Vortheil dieser Stadt gereichte besonders die auf ihre Ko-
sten vollbrachte Stiftung einer Univetfttät, deren Einweihung
1392 erfolgte. Sie kam schnell in große Aufnahme. Er-
fu r t war der Stapelplatz des ganzen t h ü r i n g i sch e n Han-
dels und hatte seit 1330 eine Messe. Die Einkünfte dieser Stadt
beliefen sich im Uten Jahrhundert auf 9)59 Pfund Silber.
Leipzig, die vorzüglichste Stadt im Osterlande,
vergrößercr sich zwar seit 1237 beträchtlich, doch konnte es
beinweirem mit Erfurt nicht wetteifern, da es den Han-
del mit Merseburg und Halle theilen mußte. Doch
war seit 1388 der Handel in stetem Wachsen: Die wich-
tigsten Artikel waren Leinwand und Pelzwerk, welches die
Sorben dahin brachten. Seine eigentliche Wichtigkeit er-
langte Leipzig erst durch die Stiftung der Universität
-1409, wovon bereits Erwähnung geschehen.
Von den Sitten in diesem Zeiträume ist wenig Er-
freuliches zu melden-) Der Adel blieb roh und raubsichtig,
und als er nach der Anwendung , des Pulvers nicht mehr
allein auf seine festen Schlösser und Mauern trotzen konnte,
und in den Kriegen nicht mehr den Fürsten ganz unent-
behrlich war, da suchte ec durch übertriebenen Aufwand
sein Ansehen zu behaupten, und schwelgte und zechte, wenn
er im Kriege nicht mehr beschäftigt war. Bei der Geist-
lichkeit verlor sich mit der Lust zu den Wissenschaften, auch
alle gute Sitte, sie wetteiferte an Pruk und lleppig-
keit, an Völlerei und Zügellosigkeit mit dem Adel, und
brachte sich um alle Achtung der Weltlichen. Auch bei
dem Bürger stände herrschte ein. ungemeffcner Aufwand, und
viel Schwelgerei , doch fand- sich in diesem Stande noch die
mehrste gute Sitte, und die-mehrste Rechtlichkeit. Der
Bauernstand versank immer tiefer in die Leibeigenschaft;
ihm wurden nach und nach immer größere Lasten aufgebür-
der, sein Zustand war"beklagenswerch. «' • • -
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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87
Der Kurfürst schlug aber die Böhmen, so daß 2000 auf
dem Platze blieben und 1500 nebst dem Feld Herrn gefan-
gen wurden. Durch diesen Sieg ward die Makel früherer
Niederlagen getilgt. Der letzte Zweig der t h ü r i n g i sch e n
Linie, Friedrich der Friedfertige, starb am 4tenmai
1440 und seine Länder fielen an die meißnische Linie,
die nunmehr alle Wettinischen Länder beisammen hatte.
Auch nach dem Anfall dieser beträchtlichen Erbschaft
währte die gemeinschaftliche Regierung der beiden Brüder
fünf Jahre lang fort, dann beschlossen sie zu theilen.
Diese Theilung, die am loten September 1445 zu Alten-
burg erfolgte, gab gleich anfangs Veranlassung zu großen
Streitigkeiten. Dem sächsischen Rechte zuwider theilte
der jüngere Bruder und der Aelcere wählte. Wilhelm war
noch sehr jung und von zanksüchtiger Gemüthsart, dabei
übel berathen von Apel von Vitzthum, einem cigcnnüz-
zigen und ehrgeizigen Manne, der von der Uneinigkeit der
fürstlichen Brüder Nutzen zu ziehen hofite. Von diesem dazu
angeregt forderte Wilhelm, daß auch das Herzogthum
Sachsen mit zur Theilung kommen sollte, was doch nicht
geschehen konnte, weil es gegen die goldene Bulle stritt.
Die Theilung geschah also, daß Meißen dem einen, Thü-
ringen mit den fränkischen Gebieten dem andern zufal-
len, das Osterland aber zwischen beiden getheilt werden
sollte. Die Bergwerke, die Münze und der Zehnte blieben
Beiden gemeinschaftlich, so auch die Landesschulden, die noch
an 300,000 Gülden betrugen, wovon jedoch der Besitzer
von Meißen etwas mehr erhalten sollte als der von Thü-
ringen. Friedrich wählte Meißen, aber weder er
noch Wilhelm war mit seinem Antheil zufrieden, und
es erhob sich zwischen Beiden ein weitschichriger Hader, den
zu schlichten sich die Landstände erboten. Sie beriefen dazu
noch den Erzbischof Friedrich von Magdeburg, den
Kurfürsten Friedrich Ii. von Brandenburg und den
Landgrafen Ludwig von Hessen, und durch deren Vermit-
telung kam am Uten December 1445 der schiedsrichterliche
Ausspruch, der Hallische Machtspruch, zu Stande, durch
den einige nicht sehr bedeutende Abänderungen in der Theilung
gemacht wurden, und dem sich beide Brüder unterwarfen.
Nun hätten die beiden fürstlichen Brüder in Friede und
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Friedfertige Friedrich Wilhelm Apel_von_Vitzthum Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_von_Magdeburg Friedrich Friedrich_Ii Friedrich Ludwig_von_Hessen Ludwig
160
„ioo,ooo Gulden zahlte, dagegen die Auftechterhaltung der
Kapitulation von Wittenberg erhielt. Nachdem er auf
diese Weise die Kriegsgefahren von seinem Staate abge-
wendet, erneuerte er die Erbvereine und Erbverbrü-
derungen mit Hessen und Brandenburg, später
1557 auch die Erbvereinigung mit Böhmen, wobei
auch die Beförderung des wechselseitigen Handelsverkehrs
ausbcdungen wurde. Auf dem Reichstage zu Augsburg
1555, wo der berühmte Religionsfriede geschloffen ward,
wurde Kurfürst August, der aber nicht selbst zugegen war,
... zum Kreisoberstenfüc den obersachsischen Kreis erwählt
und von da ab ist dieses Amt stets bei Kursachsen ge-
blieben. Dieses Amt war hauptsächlich deswegen gestiftet,
um dem noch nicht ganz abgestellten Fehdewesen ein Ende
zu machen, und recht bald hatte der Kurfürst Gelegenheit,
es in Ausübung zu bringen. Die Erben des Bischofs Ni-
colaus H. von Meißen, zu denen auch der kurfürstliche
Stallmeister von Karlowitz gehörte, befehdeten eines Te-
staments wegen den neuen Bischof von Haugwih, ver-
brannten mehrere bischöftiche Städte und trieben die Schaf-
und Schweineheerden fort. August vermittelte einen Ver-
gleich, doch der Bifchof mußte den Schaden tragen und
noch 4000 Gulden zahlen, weil der Kurfürst ihm wegen
eines abgeschlagenen Tausches von Stolpen und Bischofö-
wer d a gegen das Amt Mühlberg feind gewesen seyn soll.
Von großer' Bedeutung für Sachsen wurden die
gleichzeitig mit vorbemeldeter Fehde ausgebrochenen Grum-
bachischen Händel, die später zu einem kurzen Kriege und
zu einer nicht unbedeutenden Vergrößerung Kursachsens Ge-
legenheit gaben. Der fränkische Ritter Wilhelm von
Grumbach war mit dem Bischof von Würzburg, Mel-
chior von Zobel in Streitigkeit gerathen und hatte den-
selben ermorden lassen. Er wurde deshalb mit der Acht
und Aberacht belegt, und nach dem er bei verschiedenen
Fürsten Schutz gesucht, fand er endlich 1564 bei dem Her-
zoge Johann Friedrich dem Mittlern zu Sachsen
Gotha nebst mehreren seiner Anhänger eine Zuflucht. Mit
dem Beistände des herzoglichen Kanzlers Brück spiegelte er
dem Herzoge die Hoffnungen vor^ daß er mit seinem Bei-
stände die Länder und Würden seines Vaters zurückerhalten
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Extrahierte Personennamen: August Karlowitz August Ritter_Wilhelm_von
Grumbach Wilhelm Zobel Johann_Friedrich Johann Friedrich
142
Wittenberg übergeben wurde und daß her Kurfürst die
harte Wkttenbergische Capitulation einging. Sie ent-
hielt folgende Bedingungen: Johann Friedrich entsagt
für sich und seine Nachkommen dem Kurfürstenthum Sach-
sen mit allen dazu gehörigen Landern, Rechten und Wür-
den, übergibt die Festungen Wittenberg und Gotha,,
laßt den Markgrafen ohne Ldsegeld frei, bleibt selbst in Ge-
fangenschaft des Kaisers. Die Länder des Kurfürsten und
seine Rechte und Würden erhält der Herzog Moritz, und
die böhmischen Lehne fallen an den König Ferd inand.
Dem ehemaligen Kurfürsten und dessen Nachkommen wird
ein jährliches Einkommen von 50,000 Gulden und zu dessen
Aufbringung eine Anzahl Aemter, Städte, Schlösser und Klöster
als Gerstungen, Eisenach, Wartburg, Kreuzberg,
Tenneberg, Waltershausen, Leuchtenberg, Ro-
da, Orlamünde, Jena, Gotha, Kapellendorf,
Roßla, Weimar, Wachsen bürg, Dornburg,
Kamburg, Buttstädt, Buttelstädt, Weida, Zü-
genrück und die Herrschaft Saalfeld übergeben. Des
gewesenen Kurfürsten Bruder, Johann Ernst, behält die
Pflege Koburg, tritt aber davon das Amt Königsberg
an Albrecht von Brandenbu rg ab, und erhält statt der bis
dahin gezogenen 14,000 Gulden Jahrgeldcr künftig nur 7000.
Durch diese Capitulation wurde das Landgebiet des Ge-
sammthauses Sachsen vermindert, denn das Herzogthum
Sagan, die Erwerbung, die Johann Friedrich kurz
vorher in den magdeburgischen und halberstadtischen
Stiftern gemacht, und die im Voigt lande gelegenen böh-
mischen Lehne, als Plauen, Pausa, Voigtsberg,
Oelsnitz, Adorf, Schöneck, Neukirchen, Mühl-
dorf kamen von Sachsen fort. Die Besitzungen, die
Johann Friedrichs Söhne erhielten, nahmen sie als
ein neues Fürstenthum vom Kaiser zu Lehn. Für dieses
Abgetretene gab Johann Friedrich seinem Vetter einen
Ueberweisungsbrief und entließ die Vasallen und Unterthanen
ihres Eides. Herzog Moritz wurde am 4ten Juni auf
der Wiese bei Blösern von dem Kaiser mit der Kur
Sachsen und der Erzmarschallswürde vorläufig belehnt,
die förmliche Belehnung erfolgte später zu Augsburg.
So verlor Johann Friedrich durch eigene Schuld.
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TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritz Johann_Ernst Johann Ernst Albrecht_von_Brandenbu Albrecht Johann_Friedrich Johann Friedrich Johann_Friedrichs_Söhne Johann Friedrichs Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritz Johann_Friedrich Johann Friedrich