209
Das gegenseitige Verhltnis des dunklen und lichten Mondes erscheint im Mythos meist als ein Götter- und Drachen-kmpf,1) oft auch als berfall eines vorberziehenden Wan-derers durch einen roegelagernden Ruber, manchmal auch als Wettlauf und Verfolgung zweier Liebenden. Nach einem Mythos verfolgt der dunkle Mondgott Zeus in Stiergestalt die weithin glnzende" Europa (aus evqvona, dem uralten Horn. Beiwort), nach einer andern Nede als ^Ateqiog in Adlergestalt die Asteria-Astarte, so da also Europa, Asteria, Astarte durchaus identisch sind. Der lichte Peleus gewinnt die dunkle (als Wassergttin) Thetis nach einem langen Ringkampf trotz ihrer Verwandlungen in Feuer, Wasser, Lwin, Schlange usw.- sein Sieg der Thetis, mit andern Worten das coniugium oder die Hochzeit beider, fand nach der berlieferung zur Zeit des Vollmonds statt und ist auch da nur denkbar. So stellt selbst der Isqc yfjboq seiner lteren Bedeutung nach das coniugium der beiden Mondgottheiten vor. Die attische Parallele zum Dioskurenpaar Peleus - Thetis ist Pallas - Athene. Als Pallas ist sie die leuchtende Mondgttin, daher die fegen- und schutzverleihende Kraft des Palladions , als dunkle Athene hingegen die furchtbare Gttin, die die dunkle Aigis mit dem (Borgonenhaupte hlt - beides Bilder fr die dunkle Mondhaut.
Die 3-tgige Abwesenheit des Mondlichtes gilt namentlich als die Zeit der (Befahr fr den lichten Mond, der sich in dieser Zeit ja im dunklen Monddrachen befindet. Im Mythos wird der Sohn vom Vater, dem die Weissagung zu teil geworden ist, da er von dessen Hand sterben werde, ausgesetzt, bis er (am 3. Tage) wiedergefunden ist oder wie Perseus in der Lichtbarke (am westlichen Himmel) landet; oder der bedrohte Herakles erwrgt schon in der Wiege die Mondschlange und Apoll erlegt am 4. Tage nach seiner Geburt den Monddrachen.
Das Verhltnis des Mondes zur Sonne im letzten Monatsdrittel erscheint im Mythos als Kampf zweier Gegner oder als Verfolgung zweier Liebenden, der dann meist die hl. Hochzeit folgt. Die beiderseitigen Funktionen des Mondes als lichter, lebensvoller bezw. absterbender, dem Tode verfallener Gottheit, sowie seine Beziehungen zur Sonne bringt der kretische Mythos von der Gttin Britomartis-Diktynna vortrefflich zum Ausdruck. Die glnzende" Britomartis wird von Minos, der hier nur Sonnengott ist, 9 Tage - im Mythos 9 Monate lang verfolgt, strzt sich ins Meer, d. h. stirbt, wird also zur Diktynna, zur Wegweiserin" zum Tod; wieder gerettet wird dann aus der abgestrzten Diktynna nach 3 Tagen von neuem eine Britomartis. Der Absturz, d. i. Tod der Britomartis - Diktynna erfolgt aber von dem kretischen Berge Diktos oder Diktys (wozu ja die weibliche Form Diktynna heit); an seinem Abhang ist neuerdings die sog. diktische ober ibische Hhle wieder-
i) Die Doppelaxt-ein in Mykene und Kreta hufig vorkommendes Symbol ist die Waffe des dunklen Mondes. Das sog. Hrnersymbol im Palaste von Knossos ist Sinnbild des zunehmenden, segenbringenden Mondes.
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Extrahierte Personennamen: Diktynna
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Asteria Mykene Kreta Knossos
- 242 -
die nur den himmlischen Gottheiten dargebracht und als gemein-schaftliches Mahl zwischen ihnen und den Darbringenden gedacht wurden: etzbare Tiere, wie Rind, Schaf, Schwein, Ziege, selten Huhn und Gans (diese beiden in Rom gar nicht), fast niemals Wild, sehr selten Fische. Solche Opfer waren alle Fest- und Dank- und die gewhnlichen Bittopfer (vorzugsweise die groen Gemeindeopfer: Svalat <%uore-lelg, sacra solemnia). b) dvatai yevaroi waren Opfer von solchen Tieren, deren Vlut und Leben jedenfalls fr die Gottheit bestimmt war, während ihr Fleisch zur Speise nicht benutzt, sondern ganz hin-gegeben, und zwar entweder verbrannt (holocausta) oder vergraben oder sonstwie vernichtet wurde. Denn sie waren den Mchten des Todes geweiht und somit fluchbeladen. So war es der Fall bei den Opfern fr chthonische Gottheiten, bei Heroen- und Totenopfern, bei Eid- und Shnopfern. Die Opfer fr die Meer- und Flugottheiten pflegten in die Fluten versenkt zu werden.1)
Bei der Auswahl der Opfertiere machten Gattung und Geschlecht, Farbe und Alter Unterschiede, die namentlich in Rom streng einge-halten wurden. Die victimae umfaten das genus bovillum, die hostiae das genus ovillum, nur da hostia auer dem Schaf auch alle andern Opfertiere, wie Schwein, Ziege, Hund, sowie vielfach, aller-dings ungenau, selbst das Rind bezeichnete. brigens war das Schwein (sus, porcus, porca) das beliebteste Opfertier des Privatkultes und auch bei Piakularopfern zur Shnung eines piaculum, b. h. einer Verletzung des ius sacrum, allgemein blich. Das mnnliche Tier war fr die Götter, das weibliche fr die Gttinnen bestimmt. Die weie Farbe war Vorschrift bei den Opfern fr die oberen Götter, benen bis Mittag, die schwarze fr die Unterirbifchen und die Gottheiten des Meeres, benen von Abenb an geopfert wrbe, die branbrote fr die Gottheiten des Feuers. Dem Alter nach wrben die Opfertiere im allgemeinen in die legeia texelo. (victimae bezw. hostiae maiores) und yaadfhjva (lactentes: noch sttugenbe), im befonberen in dos (taurus), iuvencus, vitulus; ovis (aries), agnus usw. gesthieben.
(Es gab (Einzelopfer und Massenopfer: Hunbert-, Iwlf-unb Dreiopfer. Das Dreiopfer (xqitx-g) der suovetaurilia, b. h. das Opfer der mnnlichen Vertreter aller 3 Arten von pecora, Schwein, Schaf und Rinb, wrbe in Griechenlanb beim Abschlu von Staats-vertragen, in Rom dem Mars beim Lustrum bargebracht. Die Hekatombe, wrtlich ein Opfer von 100 Stck, bezeichnete jebes grere feierliche Opfer.
3) Der rmische Opserritus fr Tieropfer war folgenber: Nach einer genauen Prfung (probatio), ob das Tier tabellos und durch keine Arbeit im Dienste des Menschen befleckt (pinguis gemstet)
i) Die griechischen Tieropfer, bei denen das Blut entzogen wird, heien ocpayia, im engeren Sinne also die Shnopfer! die Darbringung heit ocpayid-fro&cu, ivayi&o&cu bei Totenopfern, t6[xveiv caedere bei 5hti= und (Eibopfern; also erklären sich die Ausdrcke: o^xovg x^veiv foedus ferire und wegen der einleitenden Spende anovinoieio&ai.
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- 199 -
der Mythen b. h. der Neben bieses Volkes der seine Götter. Die Götter jeber Mythologie sinb ursprnglich Personifikationen der Naturerscheinungen, also in der Hauptsache nur die Himmelskrper, die sich als persnliche Wesen mit Leben und Bewegung benken lieen, besonbers Sonne und Monb.
Die Griechen, Inber und Perser, (vergl. betreffs der Germanen Csar 6,21) verehrten in der Urzeit die Sonne und den Monb (und den Feuergott Vulkan, der im (Brunbe auch Monbgott ist), nur Götter, quos cernunt et quorum aperte opibus invantur, von beren centraler Bebeuwng fr ihr ganzes irbisches Dasein sie sich tglich durch den Augenschein selbst berzeugten. Aus einem hoppelten (Brunbe muten nun aber die himmlischen Vorgnge auf die irbischen Verhltnisse, vom Firmamente gleichjam auf die (Erbe projiziert werben: fr die Zwecke des Kultes erschien die unmittelbare Gegenwart des Gottes in einem irbischen Naturobjekte, in Tieren, Bumen, Steinen und bgl., dem Naturmenschen unerllich; fr die Wiebergabe im Mythos erfolgte sehr leicht die Gleichsetzung der vielfachen, unfabaren Gestalten der Himmelskrper (z. V. des Monbes) mit hnlichen irbischen Lebewesen. Daher erklären sich alle Holz- und Steinfetische, benen stets nur eine stellvertretend Bebeuwng im Kult zukommt;1) eine umgekehrte Entwicklung ist es, wenn mythische Namen (Appellativa) zugleich Tiernamen geworben sinb, wenn z. B. die Wurzel Xvx, leuchten", in den Gtternamen Lykios, Lykaios, Lykurgos auch zur Bezeichnung fr Wolf" {Xxog) ober die Wurzel xvv, glnzen", in Apolls Beiname Kynneios ober in Kynuros, Kynortas auch fr Hunb" {xvav) bient.*) Die Tiergestalten wrben in den Lichtkrper, in dem sich die Gottheit den Menschen manifestierte, gleichsam hineingesehen. Wie ewigen Rtseln steht der Naturmensch den Himmelserscheinungen gegenber; er wirb nicht mbe sie nach Art und Analogie der ihn um-gebenben und bekannten Verhltnisse in immer neuen Silbern auszu-benken. Was im Unterschiebe zum wissenschaftlichen Denken dem mythischen Denken" des primitiven Menschen fehlt, ist nur der ab-quate Ausbruck fr die von ihm geschauten wirklichen Himmelsvorgnge; daher das Naive, oft Hausbackene und Grobsinnliche in der Wiebergabe der Mythen. Mag der einmal entstaubene Mythos auch durch Dichter, Knstler, Philosophen und alte Weiber" neue Zge und ausschmckenbe (Erweiterungen erfahren haben, als alter, echter Kern mu ihm stets eine natrliche Anschauung zugrunbe liegen, die zugleich das Verstnbnis des dem Mythos entsprechenben Kultaktes ermglicht. Denn Mythos und Kult verhalten sich zu einanberidie Inhalt und Form. (Enthlt der Mythos das, was man von der Gottheit wei, im weiteren Sinne das (Blaubensgebube der Natur-religion, so bettigen sich diese religisen berzeugungen im Kult mit
1) Keineswegs ist aber im Fetischismus die ursprngliche Religionsform zu suchen.
2) Die Verehrung bestimmter Tiergattungen hat also nicht etroa den Kult entsprechender Gottheiten erzeugt eine Religionsform, die man als Totemismus bezeichnet.
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207
ls die wahren und allgemeinen Gottheiten gepriesen. Allgemein verbreitet war auch das Heilsbedrfnis. So fand das Christentum den Boden geebnet; aber erst nach einem dreihundertjhrigen Ringen mar [ein Sieg entschieden.
B. Mythologie.
3. I. Die lnonbmythologie der mqkenisch-kretischen Seit.1)
Die neuesten kretischen Funde sind, soweit sie in zahlreichen Kultbildern und -objekten vorliegen, fr die griech. Religionsgeschichte von grter Bedeutung geworden. Sie erhrten auch inbetreff der Völker der mykenisch-kretischen Epoche die Tatsache, da die Mond-religion gerade bei den primitivsten Vlkern am tiefsten wurzelt.
Den Mond bezeichnet schon sein Name - von der indogermanischen Wurzel ma messen" - als den groen Zeitmesser aller Völker; er ist auch der Wettermacher. Sein bezeichnendes Symbol ist daher der Hahn als Stundenrufer und Wetterprophet. Als Wetter-machet: sendet er auch die Winde und erzeugt besonders die Feuchtigkeit und somit die Fruchtbarkeit. Sinnbild der Vegetation ist das blumengeschmckte Hrnersymbol (in Kreta). Zugleich ist er das himmlische Vorbild des entzndeten und wiederverlschenden Feuers, im Gegensatze zur Sonne, die nicht erlischt, sondern nur unter den Horizont hinabsteigt.
Was aber das mythische Denken des griech. Urvolkes vor allem beschftigte, war das rtselhafte, unerklrliche Schauspiel der Mondphasen und der Himmelsvorgnge zwischen Sonne und Mond. Reben der Dreiteilung des Mondes nach seinem Ent-stehen, Vollenden und Vergehen ist von grter Wichtigkeit die Zwei-teilung oder Doppelerscheinung desselben als lichter, zunehmender, segenbringender und als dunkler, abnehmender, unheilbringender Mond. Die Zeit der 3-tgigen Abwesenheit der Mondgottheit nach ihrer 27-tgigen Reise der den Himmel gilt entweder als die Zeit ihres Todes, ihrer Wanderung durch den Hades, und sie wird zum Tod, zum Hades selbst; oder das Verschwinden des Mondes in den Strahlen der Morgen-sonne am letzten Monatstage ist der Beginn der Vereinigung beider, das coniugium (Konjunktion), der legdg yv/uos, die hl. Hochzeit, die also in gewissem Sinne mit dem Tode des Mondes zusammenfallt; daher auch die auffallenden bereinstimmungen im Hochzeits- und Totenkult der Griechen, die Vorschrift der Reinigungs- und Shnbder, die an einen Neumondmythos anknpfen. Namentlich der dunkle
i) Die folgenden Ausfhrungen verdanke ich der Gte des Herrn Dr. Lev Heidemann (Berlin), der demnchst seine Ethnischen und religisen Probleme der griech. Urgeschichte" verffentlicht. Vgl. auerdem E. Siecke, Urreligion der Indo-germanen, Drachenkmpfe, Liebesgeschichte des Himmels, Mythologische Briefe.
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- 210
gefunden, in der der kretische Jeus begraben lag und gleichzeitig von neuem geboren wurde, d. h. die dunkle Mondhhle, in die allmonat-lich der lichte Mondgott Jeus einging, um nach 3 Tagen wieder daraus hervorzugehen. 3x9 Tage, d. i. genau die Lebenszeit des lichten Mondgottes, betrug der Aufenthalt in der diktischen Hhle, den das dort geltende Ritual den Mysten vorschrieb.
Dieselbe Wandlung eines ursprnglichen Mondgottes zum Sonnengott wie bei Minos (identisch mit dem phrygischen Mondgott Men) findet sich noch mehrfach im Mythos, so bei Hephaistos, Apollon, Perseus, Herakles. Dessen 12 Arbeiten sind entweder Mondttungen, die er als lichter Mond am dunklen, oder Mondbefreiungen, die er als Sonnengott am lichten Mond vornimmt.
An die alte Dreiteilung des 27- 29=tgigen Monats, die auch in der Zeitrechnung in Griechenland (und Rom) eine Rolle spielt, erinnern die in der kretischen Mondreligion so hufig auftretenden Symbole und gttlichen Personen in der 3-Iahl, ferner alle die Dreivereine von Gottheiten und Heroen bei den Griechen, so die Hren, Chariten, Moiren, Musen (ursp. 3!), deren argivische Namens-form [Av-aa deutlich genug auf den Mond hinweist, endlich die zur 3-Iahl erweiterten Brder- und Freundespaare.
Gro ist der Ideenreichtum, der der alten Mondmythologie zu grnde liegt. 3n der teilnahmsvollen Betrachtung der n&$v\ des Mondes, die von jeher den Inhalt des Kultes gebildet haben, war der Welt v. Chr. der Gedanke und die Lehre von der Geburt, dem Leben, Leiden und Sterben und der Auferstehung eines Gottes im Grunde in Fleisch und Blut bergegangen. Die auf den Mond bezglichen dramatischen Darstellungen besonders im (eleusinischen) Mysterienkult haben zur Entwicklung des griechischen Dramas gefhrt. Das ffentliche Drama beschftigte sich dann spter nur mit den zu Heroen gewordenen Gttern. Noch in der Betrachtung des Mondes blieb der antiken Menschheit auch der Glaube an die eigene Unsterblichkeit, die Hoffnung auf ein Jenseits und der Gedanke an eine knftige Vergeltung erhalten. Der Mond ist nach uralter Anschauung der Aufenthaltsort der Seelen. Durch die Zweiteilung des Mondes in den Hades oder Tartaros und das (Ely-sion war der Gedanke an ein doppeltes Jenseits, einen rnog aae&v und eixsev, und an das Richteramt der die dortigen Seelen, ausgebt wiederum durch ein Dioskuren- oder Mondgtterpaar, den lichten" Rhadamanthys als Herrscher im (Elyston - nach der Odyssee-und den dunklen" Minos als Verwalter des Reiches des Tartaros, gleichsam von selbst gegeben. Hchstwahrscheinlich war diese berzeugung, die bei Homer vllig in Vergessenheit geraten und von Piaton nur aus der Volksreligion geschpft ist, der mykenischen Religion noch lebendig. Auch der uralte Erlsungsgedanke hat sich an den Mondkult angeschlossen. Wie die Dioskuren die vorbildlichen {fcorrjeeg sind, so wird den ursprnglichen Mondgttern Dionysos und Hermes (dem Gtterboten bei Homer) das Mittleramt zwischen Gttern und Menschen zugeschrieben.
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
50
Frankfurt am Main.
Zwischen zwei so wichtigen Flußmitten wie diese haben
sich überall ans Erden und zu allen Zeiten verbindende
und viel bewanderte Querstraßen anzuspinnen getrachtet.
Das Zwischenland zwischen dein Mittlern Rhein und
der Mittlern Elbe ist nun zwar mit einem breiten
Kompler von Höhen und Bergzügen ausgefüllt. Die-
selben sind jedoch nur in ihrer südlichen Hälfte auf der
rechten Seite des Mains (längs der hohen Rücken
des Fichtelgebirges, Thüringerwaldes, der Rhön, des
Spessarts usw.) sehr ungangbar und dem Verkehr hinder-
lich. Im Norden dieser Ketten zieht sich ein von der
Natur angebahnter Durchgang dnrch das Labyrinth des
deutschen Mittelgebirges vou der Elbe zur Saale zwischen
den äußersten Ausläufern des Harzes und des Thüringer
Waldes hinüber zur Werra. Von da geht diese Natur-
bahn zwischen Rhön und Vogelsberg durch und tritt
über Fulda und Hanan mit der Kinzig ins Mündungs-
gebiet des Mains hinaus, wo sie mit der Mainstraße
zusammentrifft. Wir können sie als den großen thü-
ringischen Querweg zwischen Rhein und Elbemitte be-
zeichneu.
Endlich ist auch uoch die Stellung des Neckars und
seines Tales in Erwägung zu ziehen. Der Neckar kommt
aus dem Innern Schwabens mit einem in der Haupt-
sache uach Nordwesten gerichteten Laufe hervor. Ehe-
mals behielt er diese Richtung auch uoch uach feinem
Austritt in die Rheinebene (unweit Heidelberg) bei und
ging schief durch dieselbe znr Mainmündnng hinab, in-
dem er mit einem Arme nicht weit von Tribnr in den
Rhein und mit einem andern in das Maindelta aus-
mündete. Erst der römische Kaiser Valentinian I.
dämmte diesen ursprünglichen Lauf des Neckars ini
4. Jahrhundert n. Chr. ans strategischen Gründen bei
Ladenbnrg ab und gab dem Flusse sein jetziges kurzes
direkt ostwestlich zum Rheine gerichtetes Bett. Noch
jetzt hat sich bei den Bewohnern der Niederung die Sage
von dem ehemaligen Neckarlaufe erhalten. Auch ist an
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Die Llanos des Orinoko. I'1
mit den Füllen auf die höhern Bänke zurück, welche insel-
sörmig über dein Seespiegel hervorragen. Mit jedem
Tage verengt sich der trockene Raum. Aus Mangel an
Weide schwimmen die zusammengedrängten Tiere stnn-
denlang umher und nähren sich kärglich von der blühen-
den Grasrispe, die sich über dem braungefärbten, gären-
den Wasser erhebt. Viele Füllen ertrinken; viele werden
von den Krokodilen erhascht, mit dem zackigen Schwänze
zerschmettert und verschlungen. Nicht selten bemerkt
man Pferde und Rinder, welche, dem Rachen dieser blnt-
gierigen, riesenhaften Eidechsen entschlüpft, die Spur
des spitzigen Zahnes am Schenkel tragen.
Ein solcher Anblick erinnert unwillkürlich den ernsten
Beobachter an die Biegsamkeit, mit welcher die alles au-
eignende Natur gewisse Tiere und Pflanzen begabt hat.
Wie die mehlreichen Früchte der Ceres, so sind Stier und-
Rotz dem Menschen über den ganzen Erdkreis gefolgt:
vom Ganges bis an den Platastrom, von der afrikanischen
Meeresküste bis zur Gebirgsebene des Antisana, welche
höher als der Kegelberg von Teneriffa liegt. Hier schützt
die nordische Birke, dort die Dattelpalme den ermüdeten
Stier vor dem Strahl der Mittagssonne. Dieselbe Tier-
gattnng, welche im östlichen Europa mit Bären und
Wölfen kämpft, wird unter einem andern Himmelsstriche
von den Angriffen der Tiger und der Krokodile bedroht!
Aber nicht die Krokodile und der Jaguar allein stellen
den südamerikanischen Pserden nach-, auch unter den
Fischen haben sie einen gefährlichen Feind. Die Sumpf-
Wasser von Bera and Rastro sind mit zahllosen elektrischen
Aalen gefüllt, deren schleimiger, gelbgesleckter Körper
aus jedem Teile die erschütternde Kraft nach Willkür aus-
sendet. Diese Gymnoten haben fünf bis fechs Fntz Länge.
Sie find mächtig genug, die größten Tiere zu töten, wenn
sie ihre nervenreichen Organe auf einmal in günstiger
Richtung entladen. Die Steppenstraße von Uritucu
mußte einst verändert werden, weil sich die Gymnoten in
solcher Menge in einem Flüßchen angehäuft hatten, daß'
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Die Llanos des Orinoko.
Ich könnte hier den gewagten Versuch eines Natur--
gemäldes der Steppe schließen. Aber wie auf dem Ozean
die Phantasie sich gern mit den Bildern ferner Küsten
beschäftigt, so werfen auch wir, ehe die große Ebene uns-
entschwindet, vorher einen flüchtigen Blick auf die Erd-
striche, welche die Steppe begrenzen. . . .
Auch die südamerikanischen Ebenen begrenzen das-
Gebiet europäischer Halbkultur. Nördlich, zwischen der
Gebirgskette von Venezuela und dem Antillischen Meere
liegen gewerbsame Städte, reinliche Dörfer und sorgsam
bebaute Fluren aneinander gedrängt. Selbst Kunstsinn,
wissenschaftliche Bildung und die edle Liebe zu Bürger-
freiheit sind längst darinnen erwacht.
Gegen Süden umgibt die Steppe eine schaudervolle
Wildnis. Tausendjährige Wälder, ein undurchdringliches
Dickicht erfüllen den feuchten Erdstrich zwischen dem
Orinoko und dem Amazonenstrome. Mächtige, bleifarbige
Granitmassen verengen das Bett der schäumenden Flüsse.
Berge und Wälder hallen wieder von dem Donner der
stürzenden Wasser, von dem Gebrüll des tigerartigen
Jaguar, vou dem dumpfen, regenverkündenden Geheul
der bärtigen Affen.
Wo der seichte Strom eine Sandbank übrig läßt, da
liegen mit offenem Rachen, unbeweglich wie Felsstücke
hingestreckt, oft bedeckt mit Vögeln, die ungeschlachten
Körper der Krokodile. Den Schwanz um einen Baumast
befestigt, zusammengerollt, lauert am Ufer, ihrer Beute
gewiß, die schachbrett-fleckige Boaschlange. Schnell ent-
rollt und vorgestreckt, ergreift sie in der Furt den jungen
Stier oder das schwächere Wildbret und zwängt ikrt
Raub, in Geifer gehüllt, mühsam durch den schwellenden
Hals.
In dieser großen und wilden Natur leben mannig^
faltige Geschlechter der Menschen. Durch wunderbare
Verschiedenheit der Sprachen gesondert, sind einige
nomadisch, dem Ackerbau sremd, Ameisen, Gummi
und Erde genießend, ein Auswurf der Menschheit
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Inhalt: Zeit: Geographie
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Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
174
Die Llanos des Orinoko.
(wie die Otomaken und Jaruren); andere ange-
siedelt, von selbsterzielten Früchten genährt, ver-
ständig und sanfterer Sitte (wie die Maquiritarer und
Macos). Große Räume zwischen dem Cassiqniare und
dem Atabapo siud nur vom Tapir und von geselligen
Affen, nicht von Menschen bewohnt. In Felsen ge
grabene Bilder beweisen, daß auch diese Einöde einst der
Sitz höherer Kultur war. Sie zeugen für die wechselnden
Schicksale der Völker, wie es anch die ungleich entwickel-
ten, biegsamen Sprachen tun, welche zu den ältesten und
unvergänglichsten historischen Denkmälern der Menschheit
gehören.
Wenn aber in der Steppe Tiger und Krokodile mit
Pferden und Rindern kämpfen, so sehen wir an ihrem
waldigen Ufer, iu den Wildnissen der Guyana ewig den
Menschen gegen den Menschen gerüstet. Mit unnatür-
licher Begier trinken hier einzelne Völkerstämme das ans-
gesogene Blut ihrer Feinde: andere würgen, scheinbar-
waffenlos und doch zum Morde vorbereitet, mit ver-
giftetem Daumnagel. Die schwächern Horden, wenn sie
das sandige Ufer betreten, vertilgen sorgsam mit den
Händen die Spur ihrer schüchternen Tritte.
So bereitet der Mensch auf der untersten Stufe
tierischer Roheit, so im Scheinglanz seiner höhern Bil-
öung sich stets ein mühevolles Leben. So verfolgt den
Wanderer über den weiten Erdkreis, über Meer und
Land, wie den Geschichtsforscher durch alle Jahrhunderte,
das einförmige, trostlose Bild des entzweiten Geschlechts.
Darum versenkt, wer im uugeschlichteten Zwist der
Völker nach geistiger Ruhe strebt, gern den Blick in das
stille Leben der Pflanzen und in der heiligen Naturkraft
inneres Wirken; oder, hingegeben dem angestammten
Triebe, der seit Jahrtausenden der Menschen Brust durch-
glüht, blickt er ahnungsvoll aufwärts zu den hohen Ge-
ftirnen, welche in ungestörtem Einklang die alte, ewige
Bahn vollenden.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Die Landschaft in Italien.
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Kap Caccia bei Alghero auf der Insel Sardinien. — In
dieser Reinheit der Atmosphäre sind auch die meteorischen
Erscheinungen und der Wechsel der Tageszeiten von ganz
anderer Krast und Stimmung als iin Norden. Wunder-
bar wirkt hier ost die Luftspiegelung; der Verfasser er-
innert sich, einmal im Dezember von der Höhe des Monte
Cavo bei Albano die Insel Jschia gesehen zu haben,
deutlich und unverkennbar, obgleich sie in solcher Ent-
fernung bedeutend unter dem Horizont sein mußte; sowie
ein andermal aus dein Vesuv an einer Stelle, wo der
Gols und die Inseln nicht sichtbar waren, doch am Rande
des schwarzen Kraterfeldes die schwebenden blauen Um-
risse von Capri. Die Nächte in Italien haben mehr
Mondschein als bei uns, was auch die Astronomie da-
gegen sagen mag, vielleicht weil schon das erste und das
letzte Viertel soviel Licht ergießen, daß die Nacht für eine
mondhelle gelten mag; in den ganz dunkeln ziehen die
Insekten ihre feurigen Ketten durch die Luft, vom Him-
mel aber leuchten die Sterne zwar viel klarer, aber auch
viel stiller als bei uns; sie funkeln selten, auch iu der
Nähe des Horizontes nicht; die nach Süden gelegenen
schönen Sternbilder, wie der Orion und der Skorpion,
steigen natürlich viel höher aus und leuchten über dem
Haupte des Schiffenden oder durch die dunkeln Zweige
der Orangen in den Gärten. Sind die Nächte oft von
kristallener Klarheit, so wird umgekehrt in der blenden-
den Lichtsülle des Mittags die Welt gleichsam dunkel, die
Flächen der Mauern und Häuser erscheinen wie schwarz;
der Schatten der Bäume fällt fast kreisrund um den
Stamm; die Eidechse steckt verborgen in Hecken und
Spalten; Pan, der große Naturgott, schläft, selbst die
Flußufer raufchen nicht; vom Himmel sendet Phöbus
dieselben giftigen Pfeile, mit denen er einst das Lager
der Griechen verheerte, und der Mensch hält sich in der
verfinsterten, mit Stein ausgelegten Kammer sorgfältig
verborgen. Löst sich der Zauber gegen Abend, da kom-
men Frauen und Mädchen hervor und betreten die
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]