256
Arnulf und
Ludwig das
Kind.
Das Aus-
sterbkn der
deutschen
Karolinger.
sen von Karl ab und schlossen sich an den tapferen Grafen Odo
von Paris an, welcher die Stadt und die Umgegend von den
Normannen befreite. Auch die Deutschen waren mit Karl höchst
unzufrieden und ernannten auf dem Reichstage zu Tribur 887 Ar-
nulf, einen natürlichen Sohn Karlmanns von Baiern, zu ihrem
König. Karl der Dicke starb 888.
Arnulf, welcher fest und männlich auftrat, schien eine neue
Ordnung der Dinge herbeizuführen. In Frankreich war das kö-
nigliche Ansehen tief gesunken und schon Karl der Kahle war von
den mächtigen Vasallen zu einer Reihe von Bewilligungen genö-
thigt worden. Die Seeprovinzen und die Städte an den größer«
Flüssen wurden von den Normannen geplündert, und eine Reihe
Städte, wie Rouen, Bordeaux, Orleans, Tours, Blois und an-
dere gingen in Flammen auf. Die Normannen nahmen sogar ihr
Winterlager in Frankreich. Den Süden verheerten die Saracenen.
Die Grafen maßten sich in ihren Bezirken alle Gewalt an, und
die mächtigsten derselben führten bereits wieder den herzoglichen Ti-
tel. Die zu dem ehemaligen Königreich von Burgund gehörigen
Provinzen trennten sich ganz von Frankreich, und die dortigen Bi-
schöfe übertrugen 879 dem Herzog Boso von Provence die
Krone. Dieser neue Staat hieß das Königreich Provence,
später das cisjuranische Burgund, als 888 Rudolf, der
Statthalter von dem größten Theil der Schweiz, Savoyen und der
Franche Comts sich zum König aufwarf und seinen Staat das
transjuranische Burgund nannte. Endlich war der. Graf
Odo von Paris zum König von Frankreich ernannt worden. In
Italien stritten sich seit dem Tode Karl's des Dicken der Herzog
Guido von Spoleto und der Markgraf Berengar von Fri-
aul um die Krone. Berengar war 888 zu Pavia zum König
von Italien gekrönt worden und hatte Arnulf's Oberherrschaft an-
erkannt. Auch Odo und der König von Provence, Ludwig der
Blinde, Boso's Sohn, räumten Arnulf den Vorrang ein. Im
transjuranische« Burgund dagegen mußte Arnulf seine Oberherr-
schaft mit den Waffen geltend machen.
Arnulf gewann die Liebe und Achtung der Deutschen, als er
891 die Normannen an der Dyle, nicht weit von Löwen, besiegte
und dadurch von ferneren Einfällen in Deutschland abhielt. Dage-
gen war es ein unkluger Schritt Arnulf's, daß er gegen den sla-
wischen König Zwentibold von Mähren, dessen Macht er selbst
durch Böhmen vergrößert hatte und der ihm dann den Gehorsam
verweigerte, die Ungarn oder Magyaren zum Beistand auffor-
derte. Die Ungarn, ein Volk des finnischen Völkerstammes, waren
rohe und wilde Nomaden. Sie wanderten im neunten Jahrhun-
dert aus den Gegenden am südlichen Ural nach der Moldau und
Walachei. Sie zogen auf bedeckten Wagen umher, welche ihnen
zugleich als Wohnungen dienten; sie waren in Felle gekleidet, leb-
ten von Milch und von dem rohen Fleisch der Fische und Jagdthiere
und bewiesen in ihren Kriegen eine thierische Wildheit. Arnulf
besiegte mit ihrer Hülfe Zwentibold und zwang ihn zur Zahlung
von Tribut. Die Ungarn aber drangen nach Arnulf's Tod in das
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon]]
TM Hauptwörter (200): [T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Karl Karl Karl Karl Karlmanns_von_Baiern Karlmanns Karl Karl_der_Kahle Karl Boso Rudolf Rudolf Odo_von_Paris Guido_von_Spoleto Berengar Berengar Ludwig_der
Blinde Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Paris Frankreich Rouen Frankreich Burgund Frankreich Burgund Schweiz Burgund Frankreich Italien Pavia Italien Burgund Deutschland Ungarn Ungarn
344
den in jenen Zeiten ewiger Fehde als Heldengeschichten in die Volks-
sprache übertragen. Man übersetzte außer biblischen Schriften die
Lebensbeschreibungen der Heiligen und Bücher über Naturlehre. Auch
finden sich Proben von Predigten in der Landessprache. Der im
12. Jahrhundert lebende heilige Bernhard verdankt seinen großen
Ruhm seinen in der Landessprache abgefaßten Gedichten und Pre-
digten, welche voll Begeisterung und Poesie waren.
Frühzeitig entwickelte sich ein Gegensatz des südlichen und des
nördlichen Frankreich. Die Staaten des südlichen Frankreich be-
haupteten eine fast gänzliche Unabhängigkeit von den kapetingischen
Königen. Im Süden hatten sich Reste der alten römischen Städte-
Rechte und der Munieipalverfassungen erhalten, durch welche die
Städte gegen die Landesherrn geschützt wurden. Die Städte waren
dort zahlreicher und wohlhabender, die Bevölkerung dichter, das
Land besser angebaut, als im Norden. In dem schönen Lande von
den Alpen bis zu den Pyrenäen war die römische und die griechi-
sche Kultur nicht spurlos verschwunden, welche seit der Gründung von
Marseille das ganze Alterthum hindurch geblüht halte. Während
der Stürme der Völkerwanderung hatte Südfrankreich das Glück
dem gelehrigsten und civilisirtesten der germanischen Stämme zuzu-
fallen. Unter allen Germanen nahmen die Westgothen zuerst das
Christenthum an und achteten die geistige Ueberlegenheit der unter-
worfenen Römer.
In Südfrankreich entwickelten sich zuerst im Mittelalter die
Wissenschaften, die schönen und nützlichen Künste, sowie die Ein-
richtungen des bürgerlichen Lebens auf eine eigenthümliche Weise;
dort kamen die romanische, die lateinische, die spanische Dichtkunst
mit der arabischen in Berührung und es ging daraus eine Mischung
eigener Art hervor. Von den Wissenschaften war es besonders die
Heilkunst, welche im südlichen Frankreich, und zwar, wenn man
Salerno ausnimmt, nur hier blühte. Ferner hatten die Juden von
Toledo bis nach Metz und im ganzen südlichen Frankreich vorzüglich aber
in Toulouse und Metz, blühende höhere Lehranstalten. In den Thal-
und Berggegenden von den Alpen bis zu den Pyrenäen wurde früh-
zeitig der Geist der freien Untersuchung in religiösen Dingen an-
geregt. Es bildete sich eine dem Urchristenthum ähnliche, einfache
Lehre, und während in anderen Ländern der Papismus und Cere-
moniendienst immer tiefer Wurzel schlug, wollten die Gemeinden
dieser Gegenden von dem Papst und dessen Satzungen nichts wis-
sen und veranlaßten dadurch Versuche zu ihrer Verfolgung.
Im südlichen Frankreich bildete sich die romanische Sprache zu-
erst aus, sie wurde Langue d’oc und seit dem 12. Jahrhundert
auch provenzalische Sprache genannt, im Gegensatz von der
im Norden der Loire entstehenden Langue d’oeil, welche nach den
dort vorwaltenden Franken auch ñangue france hieß. Die pro-
venzalische Sprache war sonorer und weicher, der nördliche Dialekt
rauher und unbiegsamer. Von den deutschen Wortstämmen, die in
die romanischen Sprachen übergegangen find, enthält die ñangue
d'oe nur ein Drittel, während in der Langue d'oeil sich fünf Sie-
bentel finden. Auch in der Grammatik und Aussprache steht die
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard Toledo
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Marseille Südfrankreich Frankreich Salerno Frankreich Toulouse Thal- Frankreich
323
frühen Jahrhunderte ein sehr unerfreuliches Bild der Verwirrung
und Willkür. Neben den Neichszöllen begegnen wir unzähligen an-
dern Zollstätten, welche der kleinste wie der größte Vasall aufrecht
erhielt, so lange er es mit seiner Gewalt vermochte. Feste Grund-
sätze der Finanzpolitik sind in jener Zeit noch nicht zu finden, son-
dern überall nur Monopole und Privilegien; den Kaufleuten
der einen Stadt wurde bewilligt, was den Kaufleuten der anderen
versagt blieb. Da jedoch der Kaiser und die Landesherrn häufig
Geld nöthig hatten, so waren sie gegen Anleihen und Geschenke
gern bereit, den Meistbietenden Handelsvortheile zuzuwenden. Die
Reichsstädte schlossen häufig Handelsverträge unter einander ab,
in welchen sie sich Zollfreiheit zusicherten. Man kennt deren viele,
besonders von Nürnberg. Im Allgemeinen war es üblich, den Zoll
nicht von den eingeführten, sondern von den ausgeführten Waaren
zu erheben. Nach dem Gesetz konnte ein Zollrecht nur vom Kaiser
und Reich verliehen werden, und der Kaiser selbst konnte ein sol-
ches nur mit Zustimmung der Stände ausüben. Dagegen hatte er
die Befugniß, Marktfreiheiten und Marktrechte zu verleihen, mit
welchen in der Regel Münz- und Zollrecht vereinigt war. Der
Marktplatz und die ihn besuchenden Kaufleute standen unter dem
unmittelbaren Schutz des Kaisers, der Ort hieß „befriedet", weil
jede Gewaltthat und Fehde mit dem Königsbann bestraft wurde.
Der Vogt übte die Gerichtsbarkeit in Marktsachen aus. Er war
mit dem Blutbann belehnt. Ein Kreuz mit dem kaiserlichen Hand-
schuh war das sinnbildliche Zeichen, welches auf dem Marktplatz zum
Beweis der erhaltenen Befriedung errichtet wurde. So lange die
Marktzeit dauerte und so lange die Kaufleute auf der Her- und
Hinreise begriffen waren, so lange genossen sie die vollkommenste
Sicherheit. In den Städten wurde ein großer Platz zum öffentli-
chen Verkauf bestimmt und dabei ein sogenanntes Kaufhaus errich-
tet. Die Kaufleute brachten ihre Waaren schon deshalb gern dahin,
weil diese dort am sichersten waren, und so bildete sich, was an-
fangs freier Wille war, allmälig zum Zwang aus. Die Städte
erhoben von der Niederlage im Kaufhaus eine Abgabe.
Im Allgemeinen gilt, was wir über die Einrichtung städtischer
Gemeinden in Deutschland gesagt haben, auch für die Nieder-
lande. In Folge des Vertrags von Verdun (843) dem deutschen
Reiche zugetheilt, theilten sie geraume Zeit dessen Schicksale. Wäh-
rend indeß die nördlichen Provinzen fest an Deutschland hiel-
ten, lockerte sich in den Provinzen jenseits der Maas und
Schelde, wo neben der deutschen die wallonische Sprache und
französische Sitte herrschten, der Neichsverband mehr und mehr, und
die deutsche Lehnshoheit wurde zum Theil gar nicht anerkannt. Die
von den Kaisern eingesetzten Statthalter machten sich souverain und
erscheinen seit dem Anfange des zehnten Jahrhunderts als Grafen
von Flandern, Artois, Namur, Herzöge von Brabant und Luxem-
burg mit Erbfolgerecht in ihrer Familie. Zwar zeigte sich Aehnli-
ches im Norden, allein die Grafen von Holland, Seeland, Gel-
dern u. s. w. widerstrebten weniger der kaiserlichen Gewalt und
trugen von ihr williger ihre Grafen- oder Fürstenkrone zu Lehn,
21 *
Die Nieder
lande.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Deutschland Verdun Deutschland Maas Namur Brabant Holland Seeland
521
dem Pöbel mit Jubel empfangen, gewann durch erheuchelte Freund-
lichkeit alle Herzen und erlangte, als Karl von Navarra sich mit
den Engländern verband und Krieg mit seinen Landsleuten begann,
eine unbeschränkte Gewalt. Er hielt nun ein hartes Strafgericht
über alle Rebellen, und täglich floß Blut auf dem Greveplatze.
Im Jahr 1358 wüthete in den nördlichen Provinzen auch ein
furchtbarer Bauernkriegs er wird die Ja cquerie genannt, angeblich
weil der Adel die armen Bauern mit dem Spottnamen Jacques
bou homme d. h. Jakob Einfaltspinsel bezeichnete. Die entsetzliche
Belastung des Landvolkes, die Mißhandlungen und Erpressungen
von Seiten des Adels und der das Land durchstreifenden Söldner-,
banden brachten die Bauern zur Verzweiflung. In großen Haufen
rotteten sie sich zusammen und machten ihrem Grimm durch kanni-
balische Grausamkeiten Luft. Die Mordbrennereien und die Grau-
samkeiten der Bauern vereinigten den Adel und die Städte, und die
Bauern wurden zu Tausenden niedergehauen.
Ueberdies wurde Frankreich durch den Krieg Karls des Bösen
mit dem Dauphin verheert; die Söldnerschaaren hausten im ganzen
Lande, und es herrschte Theuerung und drückender Mangel. Als
Karl von Navarra sich mit dem Dauphin ausgesöhnt hatte, erschien
im Herbste 1359 Eduard Iii. wieder mit einem zahlreichen Heere
in Frankreich. Denn die Unterhandlungen hatten nicht zum Abschluß
eines Friedens geführt. Eduard verheerte was noch zu verwüsten
war, konnte aber weder Rheims noch Paris einnehmen. Es kam
daher zu dem Frieden zu Bretigny (1360). Eduard entsagte
seinen Ansprüchen auf die französische Krone und erhielt außer den
Provinzen Guienne und Gascogne, die er bereits besaß, Poitou,
Saintonge, Agenois, Perigord, Limousin, Angoumois, Rouergue
und Calais. Johann der Gute ward aus der Gefangenschaft ent-
lassen, mußte sich aber verpflichten, ein Lösegeld von drei Millionen
Goldthalern zu zahlen und bis zur Abtragung seine beiden jün-
geren Söhne und viele angesehene Großen als Geiseln stellen.
Als 1361 die Linie der Herzoge von Burgund ausstarb, gab
der König Johann Burgund seinem vierten Sohne Philipp dem
Kühnen (1363). Das neue burgundische Haus erhob sich bald zu
einer bedeutenden Macht zwischen Frankreich und Deutschland, durch
welche dem letzteren viele blühende und herrliche Länder entfrem-
det wurden.
Johann's zweiter Sohn, der sich als Geisel in Calais befand,
war von dort entwichen. Daher begab sich der König Johann wie-
der nach England und starb hier nach wenigen Wochen (1364).
Karl V. (1364 —1380) trat unter schwierigen Verhältnissen
die Regierung an. Schwere Steuern drückten, unbezahlte Söldner
mißhandelten das Land; in der Bretagne wurde seit Jahren ein
Erbfolgestreit geführt, und auch Karl von Navarra hatte wieder zu
den Waffen gegriffen. Der König, welcher nicht die Eigenschaften
eines Helden besaß, gewann an dem Ritter und nachmaligen Con-
netable Bertrand dü Guesclin einen trefflichen Führer, der die
inneren Kriege glücklich zu Ende brachte. Karl V. widmete sich mit
Umsicht der Herstellung der Ordnung, der Stärkung und Ver-
Frankreich
unter
Karl V.u.vl.
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Karl_von_Navarra Karl Jacques Jakob_Einfaltspinsel Karls Karl_von_Navarra Karl Eduard_Iii Eduard Eduard Eduard Eduard Eduard Johann Johann Philipp Philipp Johann Karl_V. Karl_V. Karl_von_Navarra Karl Bertrand_dü_Guesclin Karl_V. Karl_V. Karl_V.u.vl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Burgund Frankreich Deutschland England Bretagne Frankreich
523
Herzog Ludwig von Orleans, durch Anschließung an die Königin
Isabelle seine Stellung zu behaupten. Die Herrschaft der Parteien
wechselte, aber die Vernachlässigung des Königs, der mit seinen
Kindern oft an dem Nöthigsten Mangel litt, der Druck des Volkes
und die Ueppigkeit des Hofes blieben sich gleich.
Als der Herzog Philipp von Burgund 1404 starb, trat dessen
Sohn Johann der Unerschrockene, der auch Flandern und Ar-
tois besaß, noch heftiger gegen den Herzog von Orleans auf und
ließ ihn 1407 in Paris auf der Straße ermorden. Es gelang der
Wittwe des Ermordeten, unterstützt von dem Grafen Armagnac,
die Königin und die Herzöge von Berry und Bretagne zu gewin-
nen und Johann für einen Mörder und Reichsfeind erklären zu
lassen. Es begann der heftigste Parteikampf. Von beiden Seiten
wurden Truppen geworben; das Reich spaltete sich in die Parteien
der Burgunder und der Armagnacs. Mordthaten und Gräuel wa-
ren an der Tagesordnung; alle sittlichen Bande waren aufgelöst.
England war nach dem Tode Eduards Hi. unter Richard Ii.
und Heinrich Iv. durch innere Kämpfe so sehr zerrüttet worden,
daß es den Waffenstillstand mit Frankreich immer wieder erneuert
hatte. Als aber Heinrich V. 1413, ein Fürst von ausgezeichne-
ten Gaben und feuriger Thatkraft, den englischen Thron bestieg,
verlangte dieser von Frankreich alle im Frieden zubretigny (1360)
abgetretenen Länder und die Hand der Prinzessin Katharina, Karls Vi.
Tochter, mit einer bedeutenden Mitgift. Da der Antrag verworfen
wurde, so landete Heinrich V. 1415 in der Normandie, eroberte
Harfleur und besiegte ein großes französisches Heer in der ruhm-
vollen Schlacht bei Azincourt (1415); kehrte aber dann wieder
nach England zurück. Alsbald begann in Frankreich der Kampf
der Parteien wieder. Die beiden älteren Söhne Karl's Vi. waren
gestorben und der dritte, der erst vierzehnjährige Karl überließ sich
ganz dem Grafen von Armagnac. Dieser suchte sich durch harte
Gewaltmaßregeln in seiner schwierigen Stellung zu behaupten und
verbannte selbst die Königin nach Tours, um jeden Einfluß auf
den Dauphin zu verhüten. Die Unzufriedenheit mit dem Druck und
der Willkür Armagnacs benutzte der Herzog von Burgund. Er
kündigte sich den Städten als Befreier des unterdrückten Volkes an,
befreite die Königin und bemächtigte sich (1418) durch Verrath der
Stadt Paris. Hier wurden nun mit entsetzlicher Grausamkeit zu
Tausenden die Anhänger Armagnacs und dieser selbst ermordet.
Der König war in der Gewalt der Burgunder, der Dauphin aber
entfloh.
Der König von England ließ diese Verwirrungen nicht unbe-
nutzt; er eroberte 1419 die Normandie. Da schienen die Parteien
ihren Haß vergessen zu wollen, um sich gegen den Feind des Lan-
des zu vereinigen. Es wurde eine Zusammenkunft zwischen dem
Dauphin, der jetzt als Haupt der Armagnacs galt, und dem Herzog
von Burgund verabredet. Zu Montereau auf einer Brücke über
die Ponne fand am 10. September 1419 die Unterredung statt.
Kaum hatte das Gespräch begonnen, als der Herzog von Burgund
von Tanne guy d ü Chatel und den anderen Begleitern des Dau-
phin niedergestoßen wurde. Die Folge war, daß des Ermordeten
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon]]
TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_von_Orleans Ludwig Isabelle Philipp_von_Burgund Philipp Johann Berry Johann Eduards_Hi Eduards Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_V. Heinrich_V. Katharina Karls Heinrich_V. Heinrich_V. Karl_überließ Karl
Extrahierte Ortsnamen: Paris England Frankreich Frankreich Karls England Frankreich Burgund Paris England Burgund Burgund
524
Sohn Philipp der Gute und die Königin Isabelle im Namen
des wahnsinnigen Königs mit Heinrich V. zu Troyes einen Ver-
trag schlossen, nach welchem Heinrich sich mit Karl's Vi. Tochter
Katharina vermählen, jetzt schon Regent und nach Karl's Vi. Tode
König von Frankreich werden sollte. Heinrich V. hielt einen glän-
zenden Einzug in Paris, die von ihm versammelten Stände hul-
digten ihm und das Parlament verurtheilte den Dauphin zu ewiger
Verbannung aus dem Reiche. Heinrich V., von den Burgundern
unterstützt, setzte den Krieg mit solchem Erfolg fort, daß er alles
Land nördlich von der Loire bis auf Anjou und Maine unterwarf.
Da raffte ihn 1422 ein frühzeitiger Tod hin, und sieben Wochen
später starb auch Karl Vi. (1422).
Karl vii. Karl Vii. (1422— 1461) ließ sich sogleich ohne Prunk zu
Poitiers krönen; aber der Herzog von Bed ford, der Bruder des
verstorbenen Königs von England, ließ auch den erst 9 Monate al-
ten Heinrich Vi. zum König von Frankreich ausrufen. Die Eng-
länder setzten den Krieg eifrig fort, drängten Karl Vii. hinter die
Loire zurück und belagerten Orleans. Schon hofften sie es trotz
der tapferen Vertheidigung zu erobern, als das Mädchen von
Orleans dem Kampfe eine andere Wendung gab. Johanna
d'arc aus Dom Remy in Lothringen, ein für die Rettung des Kö-
nigs und des Vaterlandes begeistertes Landmädchen, weckte das
Selbstvertrauen der Franzosen wieder, befreite Orleans und führte
den König zur Krönung nach Rheims (1429). Bei einem Ausfall
aus Compiegne wurde sie von den Burgundern gefangen genommen
(1430), von diesen gegen eine große Summe an die Engländer ver-
kauft, von einem Gericht französischer Geistlichen als Zauberin ver-
urteilt und zu Rouen 1431 verbrannt. Der König Karl hatte
auch nicht einmal einen Versuch zu ihrer Befreiung ober zur Er-
leichterung ihres Schicksals gemacht. Erst 25 Jahre später, als
Johanna's Mutter beim Papste um Revision des Urtheils gebeten
hatte, wurde das gegen Johanna angewendete Verfahren, so wie die
Verdammung derselben für ein Werk der Gewaltthätigkeit und Bos-
heit erklärt.
Der Muth und das Glück waren von den Engländern ge-
wichen. Der Herzog von Burgund versöhnte sich durch den Frie-
den zu Arras 1435 mit dem König, und Paris öffnete dem Kö-
nig die Thore. Nachdem 1444 ein Waffenstillstand geschlossen wor-
den war und die Waffen einige Zeit geruht hatten, brach 1449
der Krieg wieder aus. Die Normandie wurde 1450, Guienne 1451
den Engländern entrissen. Noch einmal wurde ein englisches Heer
unter dem achtzigjährigen Tal bot nach dem südlichen Frankreich
gesandt; aber vor dem Lager der Franzosen bei Chatillon fand
dieser seinen Tod 1453. Den Engländern waren alle ihre Besitzun-
gen in Frankreich bis auf Calais entrissen, und der Krieg hörte
ohne Friedensschluß auf.
Karl Vii. besaß weder Feldherrentalent noch Thatkraft und
ließ sich meist von Weibern und Günstlingen leiten. Doch widmete
er dem inneren Zustande seiner Staaten seine Aufmerksamkeit. Um
sein Land von der fürchterlichen Plage der räuberischen Söldner-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Philipp Isabelle Heinrich_V. Heinrich_V. Heinrich Heinrich Katharina Heinrich_V. Heinrich_V. Heinrich_V. Heinrich_V. Karl_Vi Karl Karl Karl_Vii Karl Heinrich_Vi Heinrich Karl_Vii Karl Johanna
d'arc Remy Karl Karl Johanna Chatillon Karl_Vii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Karl's Frankreich Paris Maine England Frankreich Lothringen Rheims Rouen Burgund Arras Paris Guienne Frankreich Frankreich
21
Wäldern hatte sich gallische Sprache und Sitte mit geringer Ver-
mischung erhalten. An den waldigen Ufern des Liger (Loire) und
an dem vom Sturm des Oceans gepeitschten Felsenküsten von Ar-
morika erhielt sich die Wissenschaft und der Gottesdienst der Drui-
den, die aber, wenn sie aus ihrem Dunkel hervortraten, aus Furcht
vor den Römern, deren Gebräuche beobachteten. Sie opferten auf
den Altären der römischen Götter, dachten aber, während sie die
Namen der römischen Götter aussprachen, an ihre alten gallischen
Götter.
Aber nicht bloß Religion und Sprache wurden durch die rö-
mische Eroberung in einem großen Theile Galliens verändert, son-
dern auch die innere politische Organisation des Volkes von Grund
aus umgewandelt.' Das Klanswesen verschwand, und römischer
Bürger zu sein galt bald für das Höchste. Diejenigen unter den
Vornehmen, die sich dem römischen Wesen mit besonderer Vorliebe
zuneigten, wurden mit der römischen Ritterwürde beschenkt, manche
stiegen zu den höchsten Würden empor. Der furchtbare neunjährige
Krieg gegen Cäsar, in welchem über eine Million Menschen umge-
kommen sein soll, hatte die bisherigen Bande der Gesellschaft zer-
rissen. Die Klansaristokratie hatte am meisten gelitten. An die
Stelle des einheimischen Adels, der Ritter, wie sie Cäsar nennt,
traten die Reichen und die Beamten. Eine reiche Oligarchie brachte
in Gallien wie in Italien den größten Theil des Grundeigenthums
an sich, und viele Freie sanken, da ein eigentlicher Stand der Ge-
werbtreibenden nicht vorhanden war, zu Bettlern herab. Die Leib-
eigenen der alten Ritter wurden größten Theils wirkliche Sklaven.
Die zunehmende Verminderung der kleinen Eigenthümer, der Man-
gel eines ehrenhaften Gewerbestandes und die große Menge von
Freien, die von öffentlichen Spenden lebten, trugen wesentlich zum
immer tieferen Verfalle der alten Welt bei.
Die heutige Weltstadt Paris erregt ein so großes Interesse,
daß es nicht unangemessen erscheint einige Worte über deren Ur-
sprung zu sagen. Auf einer Insel der Sequana (Seine) hatten
schon vor Cäsars Zeit die Parifti, welche mit dem mächtigen
Stamme der Senonen verbunden waren, eine Stadt, Lutetia, er-
baut. Auf dieser Insel, der heutigen Ile àe la Cité, hielt Cäsar
eine Versammlung der nordgallischen Völkerschaften. Lutetia wurde
von den Parifiern im Kampfe gegen Cäsars Legaten Labienus ver-
brannt, aber von den Römern wieder aufgebaut. Bis zum Ende
des dritten Jahrhunderts n. Chr. wird Lutetia in der Geschichte
nicht weiter erwähnt, und nur Inschriften beweisen ihr Fortbeste-
hen und daß selbst in diesem nördlichen Theile von Gallien der Ge-
brauch der lateinischen Sprache und die Verschmelzung des keltischen
und römischen Kultus frühzeitig angefangen hat. Constantius Chlo-
rus, welcher bis 306 n. Chr. über Gallien und Britannien herrschte,
nahm häufig seinen Sitz in Lutetia. Man schreibt ihm die Er-
bauung des sogenannten Palastes der Thermen zu, dessen Ueber-
reste das einzige Bauwerk sind, das Paris aus der römischen Zeit
besitzt. Von diesem Gebäude ist nur ein einziger großer Saal
übrig. Eine eigene Wasserleitung, die von dem heutigen Dorfe
Lutetia
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
474
holländischen Schiffen eingeführt waren. Mit der Kenntniß dersel-
den wuchs auch der Begehr und die Nachfrage. Venedig und Ge-
nua richteten einen Handelszug nach den Niederlanden ein, der in
regelmäßigen jährlichen Unternehmungen vor sich ging und Ladun-
gen aller der Produkte enthielt, nach denen die nördliche Hälfte
Europa's verlangte, und dagegen Erzeugnisse des Nordens nach
dem Süden brachte. Zur vollen Ausbildung gelangte dieser nieder-
ländische Weltmarkt zu Anfang des 14. Jahrhunderts. Unter den
niederländischen Provinzen war es vornehmlich Flandern, wo sich
der Zwischenmarkt des Welthandels zuerst öffnete. Von Hauptstädten
Flanderns nennt die Geschichte in dieser Zeit Brügge, Gent, Ppern,
Oudenarde, Rüssel, Alst und Kortryk. In allen, vorzüglich aber in
Gent betrieb man das Gewerbe der Tuchbereitung; für Schifffahrt und
Seehandel lag Brügge am geeignetsten Die Tuchfabrikation der Nie-
derländer (S. 324) hatte nicht nur in derquantität, sondern auch in der
Qualität zugenommen. Die Niederländer hatten in der Fertigkeit die
Wolle zu walken, zu krämpeln und zu färben bemerkenswerthe Fort-
schritte gemacht. Man verfertigte außer Tüchern noch verschiedene
andere Gattungen von Wollenzeugen, später, als die Einfuhr der
Baumwolle und Seide zunahm, auch gemischte Stoffe. Noch an-
dere Gewerbszweige gediehen in den Niederlanden. Niederländische
Leinwand wetteiferte mit der westphälischen. In Lüttich waren große
Waffenwerkstätten, Brüssel zeichnete sich durch seine Harnische aus,
und von Mecheln und Namur wurden Geschirre und Geräthschaften,
Schmiede- und Schlosserarbeiten in Menge bezogen. Die nördlichen
Provinzen der Niederlande, Holland, Seeland, Friesland, Geldern
und Pssel betrieben besonders Schifffahrt, Fischerei und Viehzucht
und die Gewerbe, welche mit dem Schiffbau und der Fischerei in
Verbindung standen. Brügge und Antwerpen waren während drei
Jahrhunderten für den Welthandel die größten Märkte Europa's.
Der rege Verkehr vermehrte auch die geistige Bildung. Der nie-
derländische Handel bewegte ftch in einer Freiheit, wie kein ande-
rer, nirgends lasteten weniger Abgaben und Zölle, Privilegien
und Monopole auf dem Handel. Die weise Politik der Fürsten
suchte und fand in der allgemeinen Bereicherung und Wohlfahrt die
eigene.
In Deutschland haben erst die Kreuzzüge ein kaufmännisches
Geschäft der Aus- und Einfuhr hervorgerufen. Auf dem Wasser-
weg die Donau hinab nach Constantinopel unterhielten bereits frü-
her süddeutsche Städte einigen direkten Verkehr mit der Levante;
deutsche Kolonien, welche in Siebenbürgen eingewandert waren, nah-
men an demselben Antheil, und besonders wurde diese Straße wäh-
rend der Kreuzzüge für Zufuhren von Waffen und Lebensmitteln
benutzt. Die Kreuzzüge sind es auch, welchen der Nordosten von
Europa die Fortschritte seiner Kultivirung verdankt. Sie hatten
den deutschen Orden in's Leben gerufen, der im 13. Jahrhundert
Preußen eroberte (S. 426). Ansehnliche Städte wurden an der
Küste der Ostsee gegründet, die sich schnell bevölkerten und Schiff-
fahrt eifrig betrieben. England und Frankreich nahmen in die-
ser Zeit in Beziehung auf den Handel nur einen untergeordneten
Rang ein.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland]]
Extrahierte Ortsnamen: Niederlanden Flanderns Gent Nie- Niederlanden Lüttich Mecheln Niederlande Holland Seeland Friesland Antwerpen Deutschland Donau Constantinopel Siebenbürgen Europa Ostsee England Frankreich
475
In Frankreich gelingt es in dieser Zeit dem König sich von
den Banden eines übermächtigen Feudaladels einigermaßen zu be-
freien und in den Städten einen dritten Stand, den Bürgerstand,
als Gegengewicht gegen die Aristokratie, hervorzurufen. Aus der Be-
kanntschaft mit dem Morgenlande und dessen Produkten entstehen
neue Bedürfnisse, durch deren Befriedigung der Handel emporkömmt
und die Städte sich mehr und mehr bereichern. Unmittelbare Ver-
bindungen mit dem Morgenlande unterhielt wohl nur Marseille. Ein
großer Theil der Kreuzfahrer nahm aus seinem Hafen den Weg
nach Palästina; in dem christlichen Königreich Jerusalem erhielt
Marseille gleiche Vorrechte mit den italienischen Staaten und grün-
dete in den syrischen Küstenplätzen blühende Niederlassungen. Von
dort machte es direkte Einfuhren der levantiner Produkte. Dag
Geschäft war in gedeihlicher Entwickelung, als die Stadt gegen das
Ende der Kreuzzüge von dem Grafen der Provence, Karl von An-
jou (S. 421), in Besttz genommen und ihrer zeitherigen politischen
Selbständigkeit beraubt wurde. Marseille verlor die Herrschaft
über die westlichen Theile des Mittelmeers an Genua, und wäh-
rend zwei Jahrhunderten standen ihm Montpellier, Aigues Mor-
tes und Avignon an Umfang der Geschäfte wie an Reichthum und
Macht weit voraus. Auf das nördliche Frankreich wirkte die Nähe
Flanderns Vortheilhaft ein. Die Wollenmanufakturen des nördlichen
Frankreichs stammen aus dieser Zeit. Die westlichen Seestädte führ-
ten Weine aus.
In England kam in dieser Periode der Handel nicht über
die ersten Anfänge hinaus. England, dessen Fabrikate jetzt alle
Weltmärkte ausbeuten, war damals der flandrischen Industrie tri-
butpflichtig, indem es dieser die Rohprodukte, vornehmlich Wolle,
lieferte und dagegen die aus derselben verfertigten Stoffe zurück-
empfing. Der englische Seehandel war zum Theil in fremden Hän-
den; nur der Verkehr mit Frankreich wurde von Engländern be-
trieben; von dort holten sie hauptsächlich Wein und führten Wolle
dahin aus. Die Magna Charta war auch wichtig für den Handel,
indem sie Gleichheit des Maßes und Gewichtes vorschrieb, gewis-
sen Städten ihre Privilegien bestätigte und dem Handel Erleichte-
rung gewährte.
i ñ >?? 'Wi- r: U
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten]]
Extrahierte Personennamen: Karl_von_An- Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Marseille Palästina Jerusalem Marseille Marseille Genua Montpellier Avignon Frankreich Flanderns Frankreichs England England Frankreich
197
und die Vereinigung der Städte führte zur Selbstvertheidigung, und die
Bürger vertrieben Gewalt mit Gewalt. Aehnlich geschah es in Italien
und Spanien. Die Städte des mittelalterlichen Frankreich dagegen sind
schwach, vereinzelt, widerstandlos geblieben und haben erst in den Dieti
gionskriegen Selbstgefühl und Krastanstrengung bewiesen. Erst in der
Zeit der Kreuzzüge stärkte sich die königliche Gewalt. Ludwig Vi.
(Bd. Ii. S. 433) gestattete unter gewissen Bedingungen jedem selbstän-
digen Unterthan die Erwerbung von Grundeigenthum. Ludwig Ix. hob
das Gesetz auf, welches die Ausfuhr französischer Producte in fremde
Länder untersagt und dadurch nicht wenig die Kultur zurückgehalten hatte.
Die Champagne mit ihren sechs Messen, von denen Troyes und Rheims
die berühmtesten waren, war unter den letzten Capetingern der Hauptsitz
der französischen Handels- und Gewerbßthätigkeit und eine Niederlage
fremder Zufuhren. Als frühster Gewerbszweig erscheinen die Wollmanu-
fakturen. Die Linnen von Eambray und Lille werden zeitig genannt.
Seidenwaren kamen nur wenige vor und diese wurden aus Italien und
der Levante eingeführt. Allmälig blühten die Städte auf. Die Leib-
eigenschaft verschwand auf dem Lande, aber Realrechte und Lasten, Frohn-
den und Dienste aller Art dauerten fort. Mit der Befestigung des Kö-
nigthums erweiterte sich der politische Umfang des Reiches. Bis Ludwig Ix.
hatten die Könige nur wenige Häfen am Ocean. Seit der Erwerbung
der Grafschaft Toulouse (Bd. Ii. S. 437) wurde Montpellier der
erste mittelländische Hafen Frankreichs. Ihm folgten nach rurd nach die
übrigen, insbesondere Marseille (Bd. Ii. S. 475).
Großen Einfluß auf die materielle Kultur Frankreichs haben die
Italiener ausgeübt. Die Verlegung der päpstlichen Residenz nach
Avignon (1308—1377) (Bd. Ii. S. 513) zog viele Italiener nach
Frankreich und diese bemächtigten sich des Handels und der Gewerbe.
Der Geldhandel war nirgends ausschließlicher in den Händen der Lom-
barden und der Florentiner, als in Frankreich, und auf bereu
Rechnung wurde der größere Theil bet Manufakturen von Languedoc
und Roussillon betrieben. Nach den Kreuzzügen sank Marseille, und der
französische Seeverkehr im Mittelmeer ging fast ganz in die Hände der
Genuesen über. Das nördliche Frankreich wurde in das Handelsgebiet
der Niederlande hineingezogen; Brügge und Antwerpen wurden die
Handelsplätze des internationalen Verkehrs. Durch die Zunahme direkter
>L>eefahrten von Venedig und Genua nach Flandern und Brabant litt
der früher äußerst lebhafte Durchfuhrhandel Frankreichs. Zu Anfang
dieses Zeitraums war im Süden Lyon ein Hauptplatz des Binnenhan-
dels. Ganz ansehnlich waren seine Verbindungen mit Süddeutschland,
mit den oberschwäbischen und schweizer Städten.
Die Verkehrßverhältnisse änderten sich, als durch die Entdeckung
des Seewegs nach Ostindien Italien das Privilegium des orientalischen
Handels verlor. Spanien erlangte eine dem Gleichgewicht Europas
gefährliche Uebermacht, und es mußte von Frankreich ebenso Widerstand
erfahren wie von England und Holland. England und Holland führten
den Krieg als Seemächte und dieser Umstand trug zu ihrer Handelsgröße
und Blüte bei, indem der Kampf sich nach allen Welttheilen und bis zu
den Quellen der Reichthümer ausdehnte. Frankreich führte den Krieg
als Landmacht, und die Eroberung Italiens war sein Ziel. Die langen
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_Vi Ludwig Ludwig_Ix Ludwig Eambray Ludwig_Ix Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Italien Spanien Frankreich Rheims Lille Italien Frankreichs Marseille Frankreichs Avignon Frankreich Frankreich Marseille Frankreich Niederlande Venedig Genua Flandern Brabant Frankreichs Lyon Ostindien_Italien Spanien Europas Frankreich England Holland England Holland Frankreich Italiens