168 Vi.ztr.karlvdiszum«vestph.fried. 1520-1.664
Tag bei Leipzig dem Kaiser bic Früchte eines
zwölfjährigen Krieges geraubt, er sah sich in seinen
eigenen Erblanden bedroht; lind wie ein Donner
aus blauem Himmel herab, so war ihm diese Ge-
fahr plötzlich und wider Erwarten gekommen. Ir«
solcher Noth schien ihm und Feine«« Rathen nur
Ein Rettungsmittel übrig zu seyn, nemlich den
zurückgesetzten, beleidigten, in stolzer Zurückgezo-
genheit lebenden Wallen stein «vieder hervorzu-
rufen. Kein Gegner konnte gegen den großen Kö-
nig in die Schranken treten, anßer ihm, keiner
dein Kaiser wieder ein Heer schaffen.
Allein ihn zu ge,vinnen, schien eine schwere
Aufgabe zu seyn Kaiser und Königen zum Trotz
lebte er indes; auf seinen Gütern in Böhrnen mir
«riehr als königlicher Pracht. Die im Kriege er-
preßten Millionen setzten ihn dazu in den Stand.
Sechzig Edelknaben aus den vornehmsten Hausern,
in hellblaue«« Sammt mir Gold gekleidet, bedien-
ten >h>«; einige seiner Kainmerherrn hatten schon
in gleichem Range dein Kaiser gedient. Dreihun-
dert auserlesene Pferde standen in seinen Stallen
und fraßen aus marmornen Krippen, und seine
Wohnung glich eine«;« Hoflager, denn zu seiner
Nahe drängten sich die angesehensten Männer.
Aeußerlich schien er ruhig, aber sein brennender
Ehrgeiz ruhte nicht. Mit innerer Freude hatte er
den Fortschritten des scl wedlschen Königs zugese-
he», «veil sie ihn an den« Kaiser und dem verhaß-
ten Ehut'fürsten von Baiern «achten; ja, er hatte
selbst versricht, dem Könige sei««e Dienste anzutra-
ge»t, und «nogte seinen stolzen Sinn scho«« zur
Hoffnung der böhmischen Königskrone erheben.
Gustav wies seine Anerbietungen nicht geradezu
ab, allein ihr«« einen The«l seines Heeres auzu-
vertrauen, «vie er verlgngts, «ragte er nicht, und
indeß trafen bei Wallenstein die kaiserlichen Un-
terhändler ein, welche ihm «viederuin die Oberfeld-
herrnwürde antrugen.
Wallenstein euipftng sie kalt, und gab erst
nach vielen Bitrett das Versprechen, dem Kaiser
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Die Kirchentrpynnng. .
- i3
Beispiel der Böhmen, ein allgemeiner Ab-
fall von der römischen Kirche entstehen."
So sehen wir das alte, ernste Gebäude der
Hierarchie, welches viele Jahrhunderte gestanden,
welches seinem Grundgedanken nach so trefflich für
die Einheit der christlichen Völker war, untergra-
den durch sich selbst, schwankend, weil eö die Ach-
tung der Völker verlören hatte, und in seinen
Grundfesten erschüttert, weil die Vorsteher in stol-
zer Sicherheit dahin lebten und den Geist der Zei-
ten nicht achteten.
So sehr dieses Alles schon in die Augen springt
und die große Umwandlung der Welt zu erklären
vermag, so müssen wir doch wiederum einen Blicö
in das Innere werfen, um sie aus ihren tieferen
Gründen zu verstehen. Alle die genannten Klagen
hätten durch guten Willen und allmählige Ver-
besserung gehoben werden mögen, weil sie größ-
tenrheils die äußere Gestalt und Verwaltung der
Kirche betrafen, wenn nur ur der Religion selbst
ein lebendiger, Heller, treibender, schaffender Geist
gewaltet hätte. Allein ein solcher Geist lebte nicht
mehr in der Religionswissenschaft, sondern sing
vielmehr an, sich außerhalb derselben zu regen.
Nicht nur Unwissenheit, von der wir schon oben
geredet, sondern ein ganz verkehrtes Wissen
war in den Lehrern der Religion; sie scütdn eigen
hohen Werth auf eine gewisse Schulweisheit, welche
sie Scholastik nannten, und die in alter Zeit aus
der Vermischlinq philosophischer Gr« udsatze milden
Lehren des Christenthums entstanden war. Die
einfachen, dem kindlichen Sinne des Ungelehrtesten
ganz klaren und verständlichen Wahrheiten der hei-
ligen Schrift waren in dunkle, gelehrte Worte ge-
kleidet; dieses Wort galt als die Hauptsache; bald
fing man an, über den Sinn desselben zu streiten,
und derjenige galt als der Gelehrteste, welcher bei
solchem Streite am spitzfindigsten reden konnte.
So wie .es aber immer- geschieht, daß der Geist
und die Wahrheit verlohnen gehen, wo man viel
Worte macht, so verschwand das milde, einfache
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Allgemeine Anmerkungen.
201
vaterländischen Gemeinsitte oft ein Verdienst ge-
sucht wurde, veränderte die Hofessitte das Land,
und das Finanzsystem die Verfassung desselben.
Daher sind der Stimmen viele laut geworden,
welche die Zertheilung Deutschlands in eine Vlel-
herrschaft hart getadelt haben; andere dagegen nah-
men dieselbe in Schutz. Die letzteren fuhren das
Glsick der kleinen teutschen Lander für sich an, welchen
ein rechter Vater des Volkes als Herrscher zu Dheil
wurde. Er konnte >vie ein Famillenhanpt Allen
nahe fei;,,, sagen sie, mit den eigenen Augen se-
hen und mit eigenen Händen Segen' verbreiten,
statt daß in dem großen "Staate die V^chülk.ung
wie ein zusammengesetztes Uhrwerk nach wohlbe-
xechneten, sunverander'licheii Gesetzen gehen muß,
und der Landesfürst den Meisten llnterrhanen ein
ferner, unsichtbarer Gewalthaber ist. Die fnenge
der größeren und kleinssrechszürstetisitze fe.rnek, welche
durch Forderung von 'Kunst und Wisseiischaft'lstit
einander wetteiferten/ Erhielten das vielseitige Le.
btn in ihnen, so daß »pohl bald kein Volk Her
Erde in umfassender Bildung sich mit dem
teucschen vergleichen wogte. Bei andern Völkern
siäb. die allgemeine Hauv^adt, in Melcher, sich Me
zusamnlendrangreir, für 'd'aö, was als wahr und
schon und anmutig gelten sollte, . für die Werke
der Wissenschaft ustkl Kli'nsi, und für die Svrache,
ihre aligemeinen Gesetze. Zn Tfutschlast'd'aber er-
hielt fitz darin das rege Leben eines Frekstgcit?s; es
galt kein Ansehn dcp Person, sondern nurzdas in
sich Gediegene und 'Pollen 5ek<,' welches hie meisten
ergriff, konnte sich den'sieg versprechest. Dadurch
har Deutschland/e,»,en heirlichen Wetteifer der
Geister'gesehen', 'der 'nicht 'ohne Hruw^öblie-'en
jh" ; > ¡fsit,¡511 Jv >' ; -i7) j;st
Dawider stellen düe Gegsi'^r'mit vielem Nach,
druck die Schwache des 'Vaterlandes gegcsi jeden
äußeren Feind auf, welche ebe'n.aus der Vielhesr
d'er Herrschaft entsvrang', und durch die G'eschichre
der letzten anderthalbhunden Zähre nur allzu
rraung bestätigt wild. Und fetüer rügen sic es
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3g8 Vii. Ztr. vom westph. Fried, bis jetzt. 1648 -1817.
radezu an sich rissen; da nannten sie sich auch die
Schiedsrichter der Welt, und ihre Gesandten
zogen mit ihren Stäben Kreise tun die Könige,
»velche noch diesen Namen trugen, und forderten
auf der Stelle die Erklärung des Gehorsams. —
Bu einem einzigen Reiche schien ihm doch wohl
Europa zu groß, aber es sollte, unter dem Na.
inen eines Föderativstaates, durch eine Fami-
lienherrschaft umfaßt werden, und die Brüder
und Verlern und Angeheiratheten sollten unter
Königs . und Fürsten > Namen die Staubalter des
großen Kaisers in Paris seyn. Alexanders Welt,
eroberunq war zerfallen, weil er kein Herrscher-
geschlecht gestiftet halte; Karls des Großen Reich
Und Geschlecht zerging in Theile, weil er den Plan
entworfen batte, ein Familienreich zu stiften, ohne
einen Mittelpunkt für die Familie, und weil Lud-
wig der Fromme, Diesem Plane gemäß, das Reich
unter seine Söhne vertheilte. Daher ersann Na-
poleon einen neuen Entwurf. Alle Glieder des
großen Herrschergeschlechts, so verorbnere er rn dem
kaiserlichen Familrengesetze, lollren im kaiserlichen
Erziehungshause ln Paris erzogen werden, unter
des Kaisers Augen, nach seinen Grundsätzen; ohne
seine Erlaubnis; sollten ste sich nicht verehelrchen,
nicht Uber 3o Stunden von Paris entfernen dür-
fen. Er wollte ihr gemeinschaftlicher Vater und
Herr seyn. So, hoffte er, wenn die ganze Ju-
gendzeit durch chn geleitet sey, solle sich fern Geist
und seine Grundsätze auf Jahrhunderte rn ihnen
vererben, wre im römischen Senate die großen
Grundsätze der Sraatskunst Jahrhunderte lang?on
einem Geschlechts auf das andere forrerbten. Aus
Parrs sollten die. dorr erzogenen Prinzen den g ei-
chen Sttln Mit der gleichen Sprache und gle-chen
Gesetzen über alle beherrschten Volker perbretten;
ihre Lebensregel aber sollte wörtlich diese seyn:
,,Daß ste die erste aller Pflichten dem Kaiser, die
zierte Frankreich, und erst die dritte dem von ih-
nen beherrschten Volke schuldig seyen. 4t — Wenn
so umfassende, außerordentliche Veranstaltungen
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Extrahierte Personennamen: Alexanders Karls Volker
Extrahierte Ortsnamen: Europa Paris Alexanders Paris Paris Frankreich
14 Vi.ztr. Karl V bis zum westph. Fried. 1602-16/^.
und wohsthätige Licht des christlichen Glaubens
immer mehr aus der Wissenschaft, welche sie ihre
Theologie nannten. Nu» aber war schon in dem
15ten Jahrhundert ein neues Zeitalter für die
Wisienschaften angebrochen, und eine hellere 'An-
sicht der Welt harte sich der Gemüther bemeistert.
Es war eine Aufklärung im guten Sinne. Vor
ihreni Lichte schon konnte die Scholastik in ihrem
geschmacklosen Gewände, mit der Wichtigkeit, d,e
sie auf das Wert legte, und nur ihrer ganzen in-
nern Leerheit nicht bestehen; die besten Köpfe der
Zeit wandten Ernst uno Sport an, sie in ihrer
Blöße darzustellen. Und die Gegner, d,e Verrhei-
diger des Alten, suchten sich nicht etwa dadurch
zu retten, was ihnen einzig Schutz gewährt hätte,
daß sie selbst das Licht in ihrer Wissenschaft auf-
suchten und sie in sich selbst läuterten, sondern mit
blindem, polterndem Eifer wollten sie die herein-
brechenden Strahlerr des neuen Morgens gewalt-
sam zurückscheuchen; ein nichtiges Streben, wel-
ches zu allen Zeiten ohnmächtig zu Schanden ge-
worden ist.-- In Tentschland war es vorzüglich
Renchlrn, einer der ersten Gelehrten, welchen
unser Vaterland jemahls hervorgebracht hat, der
das neue Licht der Wissenschaften verbreitete; ein
Mann von so umfassendem Geiste, daß man von
ihm gesagt hat, er vereinige alle Bildung und
alle Kenntnisse und Gelehrsamkeit, welche damahls
in der christlichen Welt gefunden wurden, zusam-
men, und bez dieses Alles nicht etwa nur auf
den Prunk lind die Eitelkeit des Wissens, sondern
auf die höchste Erkenirtniß, auf die des Menschen,
der Natur und der Gottheit. Auch gegen diesen
Mann eiferten viele der Theologen mit der größ-
ten Leidenschaft, obwohl er vor der Zeit der Re-
formation lebte und keinen Theil an ihr genom-
men hat. Zwar waren nicht alle Kircheirvorsteher
so finster gesinnt; der oben genannte Bischof von
Augspurg, Christoph v. Stadion, hielt es
nicht linter seiner Würde, eine Reife von sieben
Tagen zu machen, um den berühmten Erasmus
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Die Hunnen. ?5
und Weiden geben jenseits der Donau, sie wollten
Hüthex der Granze seyn." Der Kaiser nahm sie
auf. Von den Hunnen wurden sie nicht verfolgt;
die trieben mehr als 5o Jahre Viehzucht, Jagd und
Krieg in den Steppen und Wäldern von Südruß-
land, Polen und Hungarn, ohne weiter vorzurücken.
Aber den Gothen waren ihre neuen Sitze in
Thracien zu enge, und ihre Heerden lieferten ihnen
nicht den nöthigen Unterhalt; sie baten um Erlaub-
niß, sich die fehlenden Bedürfnisse erhandeln zu dür-
fen. Die römischen Statthalter aber, Lupicinus
und Mapimus, bedienten sich der Noth der Gothen
so schaamlos, daß um ein Brodt und etwa zehn
Pfund elendes, manchmahl Hundeflcifch, ihnen ein
Sclave verkauft werden mußte. Die meisten Heerden
waren hin, hin die Sclaven, Hungersnoth bewog
viele, um Brod ihre Kznder Zu geben. Iudeß das
Volk unter diesem Jammer seufzte, wurde Fridig er n,
der gochische Fürst, von dem Lupicinus in Marcia-
nopel zu Gaste gebeten. Er war ein tapferer Jüng-
ling, des Heldenmuths der Balten, seiner Ahnherrn,
voll; viele junge Leute, Waffenbrüder und Freunde,
begleiteten ihn. Während er aß, erhob sich das Ge-
schrei seines Gefolges draußen, welches die Römer
überfallen hatten und mordeten; er sollte dann auch
erschlagen werden, denn ohne ihn, hofften die Römer,
würden die Gothen nichts vermögen. Er, mit rache-
funkelndem Blick, sein Schwervr in der Hand, ohne
ein Wort zll reden, auf und hinaus, rettet seine
Freunde, und sprengt mit ihnen fort. Die Gothen
aber, erbittert über der Römer Treulosigkeit, brachen
alsbald auf und durchzogen mit Mord und Brand die
nächsten Provinzen; von den Mauern Constantinopels
sah man schon die Flammen der Dörfer und Land-
häuser, die sie angeznndet hatten.
Kaiser Valens zog ihnen mit einem Heere ent-
gegen ; bei Aorianopel kam es Zur Schlacht. Es wurde
hart gestritten, aber das gothische Fußvolk warf end-
lich die römische Reuterei und dann auch die Legionen
über den Haufen. Der Kaiser floh verwundet; sein
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/
Die Hunnen. 73
heit. Sie haben gedrungene, feste Glieder und dicke
Hälse, und »hre ganze Gestalt ist so ungeschlacht und
breit, daß man sie für zweibeinige Thierc oder für
solche Pfosten ansehcn möchte, die man grob ausge-
hauen als Brückeng,länder hinstellt. Weil man so-
gleich nach der Geburt in die Wangen der Kinder
tiefe Einschnitte macht, damit das Hervorkcimen der
Haare durch die zusammenlaufenden Narben gehin-
dert -werde, so bleiben sie bartlos und sehr häßlich
bis zum Greisenalter. Bei dieser unholden und wi-
derwärtigen Gestalt sind sie so roh, daß sie weder
des Feuers bedürfen, noch sich die Speisen zuberei-
ten; sondern Wurzeln wilder Pflanzen und das halb-
rohe Fleisch des ersten besten Thieres, das sie unter
sich auf des Pferdes Rücken legen und so ein wenig
mürbe reiten, ist ihre Nahrung. In Häuser gehen
sie nur, wenn die äußerste Noth sie treibt; sie scheuen
sie, als vom Leben abgeschiedene Traber; vielmehr
Berge und Thäler unstät durchschweifend, lernen sie
von der Wiege an Frost, Huiiger und Durst ertragen.
Sie kleiden sich in leinene Kittel oder in Pelze, von
Mäusefellen zusammengenäht; ihren Kopf bedecken sie
mit überhängenden Mützen und ihre Beine mit Bocks»
häuten. Ihre plump gemachten Stiefel hindern sie
am freien Geben; deshalb taugen sie wenig für Fuß-
gefechte; sondern beinahe festgewachfen an ihren
Pferden, die zwar dauerhaft, aber häßlich sind, rich-
ten sie auf ihnen alle ihre Geschäfte aus. Auf dem
Pferde kauft und verkauft ein jeglicher dieses Volks,
auf ihm ißt und trinkt er, und auf den Hals des
schnellen Thieres gelehnt, sinkt er in tiefen Schlaf,
bis zur Gaukelei der Träume; und ist über ernste
Geschäfte eine Rathschlagung, so geschieht auch sie in
diesem Aufzuge."
„Sie beginnen die Schlacht mit einem scheuß-
lichen Geheul; mit Blitzesschnelle sind sie da, zer-
streuen sich absichtlich in demselben Augenblick; kom-
rpen rasch wieder, und schweifen so ohne geordnete
Schlachtordnung im unstäten Morgen hin und her,
und ehe man sie wegen ihrer außerordentlichen Ge-
schwindigkeit erblickt, stürmen sie schon den Walloder
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¿06 Schilderung des Mittelalters.
„Die Chronik, so du weislich in guter Ordnung
verfaßt, und was du, da es verdunkelt und..verbor-
gen war, zu Vicht und Einklang erhoben hast^ nehme
ich mir unbeschreiblicher Freude an und erfreue mich,
wenn ich der Kriegsmühen überhoben bin, mit Le-
sung derselben, indem ich durch der Kaiser glän-
zende Thaten mich selbst zur Vortrefflichkeit anleite."
— Dieser Bischof hat auch eine Lebensgeschichte Kai-
ser Friedrichs L angefangen. Kaiser Friedrich H.
ließ den Aristoteles aus dem Arabischen übersetzen
und empfahl den Aerzten sehr dringend das Lesen
des Hippokrates, als des besten Lehrers der Arznei-
kunde. Zugleich forderte er von ihnen genaue Kennt-
niß des menschlichen Körpers und verbot, irgend
einem die Uebung der Hellkunst zu gestatten, der
die Anatomie nicht verstehe. An diese Wissenschaft'
ten schloß sich dann von selbst auch die Kunde der
Natur an, welche nach und nach ihre Bearbeiter
fand; doch ist es gerade dieser Zweig der Erkennt-
niß, welcher am langsamsten ausgeblldet und erst
spät zu einiger Allgemeinheit gelangt ist.
Die Wissenschaft hielt sich überhaupt in jenem
Zeitalter im Kreise der Geistlichkeit. Die Geist-
lichen waren durch ihr unabhängiges, vom Erwerbe
abgewendetes, Leben zum freien Bilden und Be-
wahren der Wissenschaften berufen. Man hat sich
gewöhnt, die Klöster nur als die Sitze der Trägheit
und Unwissenheit, der Heuchelei und aller bösen An-
schläge, und wie vieler andern Laster, zu betrachten.
In diesem Urtheile ist wiederum die Ausarlung mit
der Sache selbst verwechselt, und, was im Abflüsse
der Zeiten, durch die veränderte Lage aller Dinge,
untergehen mußte, zugleich in seiner früheren, leben-
digen Gestalt gänzlich verkannt. In Zeiten, da die
rauhe Gewalt im Leben herrschte und einen jeden,
der sich ihrer nicht kräftig erwehren konnte, beugte
oder zu Boden warf, waren die Klöster nicht nur
eine Zuflucht für tausend Einzelne, welche in ihnen
die ersehnte Ruhestätte fanden, sondern auch für die
stillen, nach Jenen gekehrten, Beschäftigungen des
Geistes, welche im leisen, allmähligen Werden die
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrich_H. Friedrich
So2 V. Ztr.rud. v. Habsb. bis Karl V. 1s73 — i5so.
andere. Da konnte es an größeren und kleineren
Kriegen nicht fehlen. Die Leutschen Städte nahmen
sich den Schweizerbund zum Muster, welcher sich im-
mer mehr ausbreltete, ja, sie nahmen sogar schweize-
rische Orte, Bern, Zürich, Solothurn und Zug in
ihr Blindniß auf, und nannten sich schon die Eid-
genossen. Und wie in Zeiten der Partheiung und des
Hasses meistens kein Theil Maaß hält und streng bei
dem Rechte bleibt, so war die Klage der Fürsten
und des Adels gewiß in vielen Fällen gegründet,
daß die Städte ihnen widerrechtlich ihre dienstbaren
Leute entzögen, indem sie ihnen Schm; und Bürger-
recht gewährten. Um ähnliche Klagen entstand auch
rin neuer Krieg der östreichischen Herren gegen die
Schweizer.
78. Die Schlacht bei Sempach.
13 36.
Der Herzog Leopold von Oestreich, an Helden-
muth und Stolz dem Leopold gleich, der bei Mor-
garten stritt, war erbittert gegen die Schweizer, weil
sie solche Orte in ihren Bund ausgenommen, welche
ihm unterthan waren, z. B. Entlibuch, Sempach,
Meyeuberg und Reichensee. Die Klage war gegrün-
det, aber Oestreich war nicht ohne Schuld, denn
diese Orte waren durch harte und gechigeöstreichische
Amtsleute gedrückt, und ferner hatte der Herzog, gegen
die Verträge, Zölle- an den Gränzen der Schweizer
angelegt, die ihren freien Verkehr hinderten. Der
Herzog schwur, „die Schweizer, Urheber ungerechter
Waffen, und ihren trotzigen Bund zu bestrafen."
Der Haß der Herren gegen die freien Landleute und
Bürger brach an so viel Orten mit vollem Feuer
aus, daß innerhalb wenig Worben die Schweizer von
167 sowohl geistlichen als weltlichen Herren befehdet
wurden. Die Briefe der Fehden wurden der Ver-
sammlung der Eidgenossen in zwanzig Botschaften
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TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Leopold_von_Oestreich Leopold Leopold Leopold Oestreich
Napoleons Wiederkunft von Elba. 117
honen; wie fíe das Volk, von dem fíe mehr als
20 Iak>re getrennt gewesen, und welche« in de»
unerhörtesten Umwälrunaen eine ganz neuegestalt
angenommen, nicht mehr kennten und nrcht zu be-
handeln wüßten; wie besonders dre wrederqekehr«
ten Adlichen mit aller Anmaßung ihrer alten Nechte
hervorträten und Volk und Heer auf's Aeußerste
erbitterten. Außerdem berichteten ihm seine, über-
all spähenden, heimlichen Freunde: In dem groß-
ßen Fürsten - und Gesandten - Rarhe 'in Wien ser>
manche wichtige Streitfrage noch nicht ausqe-
macht, die Meinungen ständen fích noch in vielen
Dingen scharf entgegen; «etzt fey der rechte Augen-
blick für ihn, wiederum mitten in Europa die
Brandfackel des Krieges zu werfen; dasselbe werde
ihm nicht so einig, wie im vorigen Jahre, gegen-
übertreten.
Da gedachte er der vielen tausend alter Kriegs-
gesellen in Frankreich, denen der Friede eine Quaal
war, und die ihm Leib und Seele verkauft hat-
ten, weil er ihren Gelüsten freie Bahn zu schaf-
fen wußte. Heimliche Botschaft ging zwischen ihm
und ihnen; und als er nun ihres Betstandes ge-
wiß war, trat er plötzlich aus ferner Felsenburg
wieder hervor und erfüllte ganz Europa mit Schre-
cken oder mit gerechtem Zorne. So unerhörte Be-
wegungen, vom Pallaste bis in die niedrigste
Hütte, hat wohl noch nie ein Wort hervorgebracht,
als da. es nun hieß: „Napoleon Buonaparte, dem
Europa eine Freistätte auf der Insel Elba gewährt
hat, ist am 26. Febr. mit erner Schaar von 1.100
verwegenen Menschen von seiner Insel zu Swiffe
gegangen, ist, wie durch ein Wunder, den fran-
zösischen und englischen Wachtschrffen entkommen,
und am 1.. März bei Cannes, an der franzöfi-
schen Küste, da, wo er auch einst aus Aegypten
zurückkehrend ankam, gelandet, und in seinen Auf-
rufen nennt er stch wieder einen Kaiser der Fran-
zosen , der ha komme, seinen Thron von Neuem
zu besteigen,^ — Keine Worte vermögen zu schil-
dern, was. Alles in den Herzen der Menschen sich
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Buonaparte
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Elba Wien Europa Frankreich Europa Europa Elba Cannes Fran-