252
hier augenscheinlich zu bestehen war, lockte seinen kühnen Sinn unwider-
stehlich, und so hieß er seine Gefährten in der Höhle bleiben und der
Heimkehr des Eigentümers harren.
Erwartungsvoll saßen sie da und nahmen aus den Körben einige
Käse, die sie verspeisten. Da verfinsterte sich plötzlich der Eingang der
Höhle. Ein scheußlicher Riese, der eine gewaltige Last gespaltenen
Holzes auf der Schulter trug, trat herein. Erschrocken wichen die
Griechen in den hintersten Winkel zurück, als sie ihn kommen sahen.
Er aber schien sie nicht zu bemerken, warf das Holz zur Erde, daß es
krachte, und trieb dann seine Herde herein, die aus mächtig großen
Ziegen und Schafen bestand. Hierauf versperrte er den Eingang mit
einem ungeheuren Felsblock, den hundert Zugtiere nicht hätten von der
Stelle schleppen können, und setzte sich nieder, um seine Schafe und
Ziegen der Reihe nach zu melken. Nachdem er dies Geschäft verrichtet
hatte, zündete er ein Feuer an. Da ward es hell in dem dämmerigen
Raume, und nun erst gewahrte der Riese die fremden Gäste.
3. „Holla!" rief er verwundert — und seine Stimme klang wie
das Gebrüll eines wütenden Stieres — „was seid ihr für Gesindel?
Wo kommt ihr her? Was habt ihr in meiner Behausung zu schaffen?"
Die Griechen erzitterten bei diesen Worten und sahen sich mit Grausen
in die Hand des einäugigen Scheusals gegeben; nur Odysseus blieb
mutig und erwiderte: „Wir sind Griechen und sind vom fernen Troja
hierher verschlagen worden. Jetzt bitten wir dich in Demut: Gewähre
uns Obdach und Bewirtung und gib uns ein kleines Gastgeschenk, wie
man Fremdlingen es anzubieten psiegt. Scheue die Götter, mein Guter,
und erhöre unsre Bitte! Zeus ist ja der Schützer und Rächer der
armen, hilfesuchenden Fremdlinge. Ihm zu Ehren wirst du das Gast-
recht heilig halten." Über diese Worte lachte der Kyklop, daß er wackelte,
und brüllte den Helden höhnisch an: „Fremdling, du bist ein Narr!
Mich heißest du die Götter ehren? Da kennst du uns Kyklopen schlecht!
Wir kümmern uns nicht um Zeus und seine ganze Sippschaft; denn
wir sind weit besser und vornehmer als sie. Wenn ich euch verschone,
so geschieht es aus angeborener Herzensgüte, aber keineswegs aus Furcht
vor den Göttern. Doch jetzt sage mir vor allem," fügte er mit schlauer
Miene hinzu, „wo liegt das Schiff, das dich hergetragen hat?" Aber
Odysseus merkte die Heimtücke und erwiderte mit kluger List: „Ach,
mein Lieber, unser Schiff ist an den Klippen zerschellt, an die ein
heftiger Sturm es schleuderte. Wir, die wir vor dir stehen, sind allein
dem Untergang entronnen."
Das riesige Ungetüm gab hierauf keine Antwort, sondern streckte
seine ungeheuren Hände aus, packte zwei der zitternden Gefährten und
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
299
in die Fluten der Römer, und das Banner erhebend, rief der Held ge-
waltig den Schlachtruf und sprang mit dem Drachen hinab in den Strom.
Ein Wutgeschrei gellte aus Römermunde; die bittere Schmach vor den
Augen des Cäsar zu rächen, den Kühnen zu schlagen, das heilige Zeichen
der Römer zu retten, warf Mann und Roß sich wie toll in den Strom.
Doch abwärts trieb im wirbelnden Strome der rote Drache, der siegreiche
Held. Roch einmal sah ich den Arm ihn heben und schütteln das Banner;
dann sah ich ihn nimmer. Der Cäsar ließ suchen an des Stromes Rand
auf beiden Ufern mit trübem Sinn; zwei Tage darauf fand weit ab-
wärts ein Späher am Alemannenufer gebrochen den Bannerspeer; den
Drachen des Feindes brachte keiner zurück. Da kehrte den Männern an
den Ufern des Rheins der Mut in die Seelen; der Siegeszauber des
Cäsar war im Strome verloren, und vergeltendes Unheil nahte dem
Römerheere. Gesandte der Chatten, die aufwärtskamen, um dem Römer-
volk Bündnis zu bieten, sie hemmten die Reise, da sie erfuhren das
böse Vorzeichen. Gerächt war der Hohn des Siegers durch starken Arm
und geschwunden von der Männererde König Ingo, der Held."
4. Der Sänger schwieg und beugte das Haupt über das Saitenspiel;
still war es in der Halle wie nach einer Totenklage; die Augen der
Männer glänzten, und in den Gesichtern arbeitete die Bewegung, aber
in keinem mehr als in dem des Fremden. Da der Sänger eintrat und
im Vorübergehen sein Gewand berührte, hatte er das Haupt nieder-
gebeugt und, wie sein Nachbar Wolf ohne Freude wahrnahm, an dem
Bericht des Sängers weniger teilgenommen, als einem Krieger schicklich
war, und die Bankgenossen hatten auf ihn gewiesen und spottende Worte
getauscht. Als aber der Sänger von dem Kampf um das Drachenbild
begann, da hob er das Antlitz; ein rosiges Licht flog über seine Züge,
und so strahlend und verklärt war der Blick, den er nach dem Sänger
warf, daß, wer auf ihn sah, die Augen nicht abwenden konnte; wie ein
Goldschein hob sich das helle Lockenhaar um das begeisterte Antlitz. Und
als der Sänger schwieg, saß er noch unbeweglich.
„Sieh dorthin, Volkmar!" rief eine tiefe Frauenstimme, vor Bewegung
zitternd, und alle Blicke folgten der Richtung, nach welcher die Hand
Irmgards wies, die hoch aufgerichtet in der Laube stand.
Der Sänger fuhr empor und starrte nach dein Fremden. „Der Geist
des Stromes gab den Helden zurück!" rief er entsetzt; doch gleich darauf
sprang er vor: „Selig ist der Tag, an dem ich dich schaue, Held Ingo,
Ingberts Sohn, du mein Netter, der letzte Kämpfer in der Alemannen-
schlacht!"
Die Gäste fuhren von ihren Sitzen; die Halle erdröhnte vom Jubel-
ruf. Der Sänger stürzte auf Ingo zu, beugte sich auf feine Hand und
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
328
6. Und als sie drängten zur Tür mit Macht,
da wuchs das Dunkel zur finstern Nacht,
?. und angstvoll durch die Luft herbei
rang sich's wie wilder Todesschrei ...
8. Und als sie sich wandten entsetzt zum Thron,
da stöhnte zum drittenmal her ein Ton,
9« da zittert' es über Wald und 5>ee
wie aus verröchelnder Brust ein Weh ..
Jo. Doch als der l^önig sich bleich erhob,
blaß wieder ein Dämmern die Halle durchwob.
\\. Und als er rief: „Verrat! Zu Roß!"
weiß wieder der Tag die Halle durchfloß.
\2. Wohl jagten sie windschnell querfeldein,
rastlos bei Tonnen- und L-ternenschein
Up. hin bis zum Morgen nach Ronceval —
da kreischten die Krähen schon über dem Tal,
da lagen die Melden, die Wunden vorn,
und stumm er, Roland, zerborsten sein Horn.
Ferdinand Avenarius.
196. Wiltekinds Taufe.
Es war im Winter. In dem langen Kriege der Sachsen gegen
Karl den Großen war eine Waffenruhe eingetreten. Wittekind, der Herzog
der Sachsen, streifte an: Ufer der Weser in der Nähe des fränkischen
Heeres umher. Da ward er von wunderbarer Sehnsucht ergriffen, zu
schauen, wie die Christen ihren hochgepriesenen Gott verehrten. Das Weih-
nachtsfest kam heran. Wittekind hüllte sich in Bettlerkleider und schlich sich
beim Hereinbrechen des Morgenrotes ins fränkische Lager. Unerkannt
schritt er durch die Reihen der Krieger, die sich zum Gottesdienste an-
schickten, und betrat die Kirche. Da wurden nicht Pferde und Rinder
geopfert wie bei den Heiden, sondern andächtig kniete Karl mit allen
seinen Großen vor dein Altare, das Sakrament zu empfangen. Der
Weihrauchduft wallte empor, und die Gesänge der Priester priesen die
geweihte Nacht, wo die Herrlichkeit des Heilands sich den Menschen offen-
barte. Wittekind wurde tief ergriffen von der Herrlichkeit des Gottes-
dienstes der Christen. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und stumm
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Roland Ferdinand_Avenarius Ferdinand Karl Karl Karl Karl
311
Mann mit den blitzenden Augen in ihrer Jugend gekannt. Mit innerlicher
Freude streifte Hildebrands Blick sie flüchtig. Ihre edlen Züge trugen
wohl Spuren des Alters, aber er erkannte doch mit Wonne darin die
jugendliche Gattin wieder, nach der er sich so viele Jahre gesehnt hatte.
Nachdem der Hunger gestillt war, füllte Frau Ute einen Becher mit
Wein, trat damit vor Hildebrand hin und sprach: „Mit diesem Trünke
heiß' ich dich willkommen, du seltsamer Gast. Noch hab' ich kein Wort
von dir gehört, aber meines Sohnes Gesinnung gegen dich genügt mir,
um dich zu ehren und gern zu bewirten. Mögest du dich wohl fühlen in
der Burg zu Bern!" Nach diesen Worten nippte sie an dem Becher und
reichte ihn dem Alten hin. Dieser erhob sich schweigend, verneigte sich
und trank in einem Zuge den dargebotenen Wein. Dann aber klirrte es,
indem er den silbernen Becher an Frau Ute zurückgab, als ob Gold darin
niederglitte. Neugierig schaute die Wirtin hinein. Mit Befremden nahm
sie einen goldnen Ring vom Boden; dann aber, als sie ihn im Scheine
des Feuers genau betrachtet hatte, schrie sie laut auf und erbleichte. „Woher",
rief sie bebend, „hast du diesen Ring, du wunderbarer Mann?" Hildebrand
erwiderte: „Den Ring sendet dir, edle Frau, dein Gemahl zum Wahrzeichen
seiner baldigen Heimkehr."
Beim Klang seiner Stimme zuckte Frau Ute zusammen; dann aber
trat sie nahe an ihn heran und sah ihm prüfend ins Auge. Die innigste
Liebe leuchtete ihr daraus entgegen. Da sank sie ihn: weinend in die
Arme, und die beiden Gatten, die einander so viele Jahre fern gewesen
waren, hielten sich lange umschlungen. Nach K. G. Keck.
187. Gudrun.
a) Wie Gudrun sich mit Herwig verlobte.
In alten Zeiten herrschte über die Friesen, die an der Nordsee
wohnten, der mächtige König Hettel mit seiner schönen Gemahlin Hilde.
Viele Helden waren ihm untertan, darunter der riesige Wate, der
sangesknndige Horand von Dänemark und dessen Vetter, der listige Frute.
Zwei herrliche Kinder waren dem Königspaare erwachsen, die liebliche
Gudrun und der starke Ortwin.
Der König Siegfried von Moorland hatte vernommen, daß Gudrun
die schönste und herrlichste von allen Jungfrauen sei, und er warb um
ihre Hand; aber die Eltern versagten sie ihm. Darauf begehrten der
Normannenkönig Ludwig und seine Gemahlin, die stolze Gerlinde, Gudrun
zum Weibe für ihren Sohn Hartmut. Doch Hilde erwiderte seinen Boten:
„Wie mag König Ludwig sich unterfangen, meine Tochter für seinen Sohn
zu begehren? Er ist ihr nicht ebenbürtig; sie wird nie sein Weib!"
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Ute Ute Ute Gudrun Gudrun Gudrun Gudrun Herwig König_Hettel Hilde Dänemark Gudrun Gudrun Siegfried_von_Moorland Siegfried Gudrun Gudrun Ludwig Ludwig Gerlinde Gudrun Gudrun Hartmut Hilde Ludwig Ludwig
314
Wasser tragen, auf dem Herde die Brände schüren. Ihr einziger Trost
war es, wenn Ortrun sie einmal von weitem freundlich grüßte, oder wenn
sie mit Hildburg, ihrer treuesten Gefährtin, ein Wort tauschen konnte.
Gudrun ertrug alles, was man ihr auferlegte, ohne Widerrede.
Selbst über ungerechten Tadel murrte sie nicht. Doch ihr Sinn ward
durch die harte Arbeit nicht gebeugt. Auch als Gerlinde ihr drohte,
sie sollte mit ihren Haaren den Staub wischen, blieb sie bei ihrer
Weigerung. Ebensowenig vermochte Hartmuts und Ortruns gütliches
Zureden; denn Gudrun wollte lieber alle Drangsal erdulden als ihrem
Verlobten die Treue brechen.
So trug sie alles bis ins neunte Jahr. Als Gerlinde sah, daß
alle Härte, mit der sie die Jungfrau behandelte, ohne Erfolg blieb,
beschloß sie, sie noch tiefer zu demütigen. Sie sprach zu ihr: „Du sollst
mein Gewand täglich hinunter an den Strand tragen. Da sollst du für
mich und mein Gesinde fleißig waschen; aber hüte dich, daß man dich
jemals müßig treffe!" So mußte Gudrun mit einer Magd an den
Strand hinunter, um in Eis und Schnee zu waschen. Diese Schmach
ging allen, die es sahen, tief zu Herzen. Doch nur die treue Hildburg
wagte, vor Gerlinde zu treten und ihr zu sagen: „O, laßt sie nicht
allein in dieser Schmach, sie ist ein Königskind! Auch ich bin aus
edelm Hause, dennoch will ich gern die Arbeit mit ihr teilen." Da
lächelte die Königin arglistig und erlaubte es ihr; denn sie dachte, daß
Gudruns Pein noch größer würde, wenn sie sich vor einer ihrer
Freundinnen so erniedrigt sähe. Die treue Hildburg aber ging des
Abends in Gudruns Kammer, um ihr zu verkünden, daß sie die Arbeit
mit ihr teilen dürfe. Da klagten sie von Herzen einander ihre Schmach
und weinten, bis der Schlaf sich auf ihre müden Augenlider senkte.
ä) Wie die Befreiung nahte.
1. Die Königin Hilde hatte niemals aufgehört, über Mittel nach-
zusinnen, wie sie ihre Tochter aus den Händen der Normannen be-
freien könnte. Sie hatte starke Schiffe bauen lassen, und als die junge
Mannschaft nun herangewachsen war, sandte sie Boten aus und ließ zur
Teilnahme an dem Befreiungskriege auffordern. Da kamen Herwig,
Gudruns Verlobter, Horand und Frnte aus Dänemark und der alte
Wate mit ihren tapfersten Helden. Auch der junge Ortwin zog mit,
um das Leid der Schwester zu enden. Als alle Vorbereitungen
getroffen waren, stach die Flotte in See zur Heerfahrt nach dem
Normannenlande.
Es war an einem Mittwoch in der Fastenzeit, als Gudrun und
Hildburg wieder am Strande wuschen. Da kam ein Schwan heran-
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
322
192* Karl der Große auf der Jagd.
1. Kaiser Karl der Große führte seine Gäste gern auf die Jagd; denn
Weidwerk blieb ihm die liebste Erholung. Wenn die erste Morgenröte auf
die Berggipfel fiel, dann eilte die Schar der edlen Knaben vor das Schlaf-
gemach des Königs und erwartete ihn auf der untersten Stufe. In der
Stadt wurde es laut, die Menge tummelte sich auf dem Platz, die Herren
riefen ihre Diener, Roß wieherte gegen Roß. Das Leibpferd des Königs
wurde an die Stufen geführt, Zaum und Decke waren mit Gold geschmückt,
stolz schüttelte es die Mähne. Endlich trat Karl heraus, sein edles Haupt
umschloß ein Goldreif; der Schwarm umdrängte ihn, die Knaben trugen
die Jagdspieße mit spitzen Eisen, das leinene Netz mit vierfachem Saume,
sie führten die Hunde. Das Stadttor öfinete sich, die Hörner tönten
lustig schallten die Klänge durch die Luft: der König zog mit seinem
Jagdgefolge ins Freie. -.
Länger säumte die Königin, endlich kam sie aus dem Schlafgemach,
gefolgt von großer Schar. Die Locken hingen mit Purpurband durchwunden
auf den hellen Hals, goldene Fransen umsäumten das dunkle Purpur-
gewand, an der Schulter glänzte ein kostbarer Edelstein, auf der Stirn das
goldene Diadem. Die Königin bestieg ihr Roß, das feurig unter der Hand
des Knaben aufbäumte, und folgte mit großer Begleitung dem Gemahl.
Die Jugend erwartet an der Tür die Söhne des Königs. Nach
ihrem Alter treten sie einzeln hervor, Karl, der älteste, dann der kriegs-
tüchtige Pippin, der Liebling des Hofes, mit einer großen Schar der
Begleiter, auch er die Schläfe mit goldenem Reife geschmückt. Mit der
Schar der Edeln reiten sie in das Freie; groß ist Getön und Gedrang,
laut schallen die Hörner, bellen die Hunde. Jetzt erst folgt die Reihe
der Königstöchter, sie schwingen sich mit den Frauen ihres Gefolges
auf die Rosse und jagen den Männern nach in das Freie.
2. Das ganze Jagdheer ist am Waldessaum gesammelt. Die Ketten
werden den Hunden abgelöst, sie stürzen in das Holz, das Wild zu
suchen. Die Reiter umgeben das Dickicht, Gebell erschallt, ein Eber
ist gefunden, den Hunden stürmen die Männer nach, von lautem Ge-
töse ertönt der Wald. Der Eber stürzt vorwärts und hält sich auf der
Höhe des Berges. Die Hunde erreichen ihn, er aber fällt sie mit
scharfem Zahn. Da sprengt der König selbst herzu, und als der schnellste
im Haufen stößt er ihm das Eisen in die borstige Brust und ruft laut
dem Gefolge zu: „Gut Heil dem Tage, wie der Anfang war; wohlauf an
Weidmanns Werk, mit Gunst, Geselleni" — Kaum war das Wort ge-
sprochen, so stob der Haufe den Berg hinab, und jeder dachte der Beute.
Karl aber fiog allen voran, den Wurfspeer in der Hand.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl_der_Große Karl Karl Karl Karl Karl Pippin Karl
326
15. Roland ihn bei den Haaren griff,
hieb ihm das Haupt herunter.
Ein großer Strom von Blute lief
ins tiefe Tal hinunter,'
und aus des Toten Schild hernach
Roland das lichte Kleinod brach
und freute sich am Glanze.
16. Dann barg er's unterm Kleide gilt
und ging zu einem Quelle,
da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.
Zurücke ritt der jung' Roland
dahin, wo er den Vater fand
noch schlafend bei der Eiche.
17. Er legt'sich an des Vaters Seit',
vom Schlafe selbst bezwungen,
bis in der kühlen Abendzeit
Herr Milon aufgesprungen:
„Wach auf, wach auf, mein Sohn
Roland!
Nimm Schild und Lanze schnell zur
Hand,
daß wir den Riesen suchen!"
18. Sie stiegen auf und eilten sehr,
zu schweifen in der Wilde,
Roland ritt hinterm Vater her
mit dessen Speer und Schilde.
Sie kamen bald zu jener Statt',
wo Roland jüngst gestritten hätt',
der Riese lag ini Blute.
19. Roland kaum seinen Augen
glaubt',
als iticht mehr war zu schauen
die linke Hand, dazu das Haupt,
so er ihm abgehauen,
nicht mehr des Riesen Schwert und
Speer,
auch nicht seinschild und Harnisch mehr,
nur Rumpf und blut'ge Glieder.
20. Milon besah den großen Rumpf:
„Was ist das für 'ne Leiche?
Man sieht noch am zerhau'nen Stumpf,
wie mächtig war die Eiche.
Das ist der Riese! Frag' ich mehr?
Verschlafen hab' ich Sieg und Ehr',
drum muß ich ewig trauern." —
21. Zu Aachen vor dem Schlosse stund
der König Karl gar bange:
„Sind meine Helden wohl gesund?
Sie weilen allzulange.
Doch, seh' ich recht, auf Königswort,
so reitet Herzog Haimon dort,
des Niesen Haupt am Speere."
22. Herr Haimon ritt in trüben»
Mut,
und mit gesenkten» Spieße
legt' er das Haupt, besprengt mit Blut,
dern König vor die Füße:
„Ich fand den Kopf im »vilden Hag,
und fünfzig Schritte weiter lag
des Riesei» Ru»npf am Boden."
23. Bald auch der Erzbischof T»»rpin
den Riesenhandschuh brachte,
die ungefüge Hand »»och drin;
er zog sie aus und lachte:
„Das ist ein schön Reliquienstück;
ich bring' es aus dem Wald zurück,
fand es schon zugehauen."
24. Der Herzog Naims von Bayer-
land
kam mit des Riesen Stange:
„Schaut an, was ich in» Walde fand:
ein Waffen, stark und lange!
Wohl schwitz' ich von dem schweren
Druck;
hei, bayrisch Bier, ein guter Schluck
sollt' mir gar köstlich inunden!"
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Roland Roland Roland Karl Karl Haimon Haimon Naims_von_Bayer-
366
Ulrich Pfuel, der war den Uchtenhagen nah verwandt und ihr
Nachbar, er sprach: „Alter Freund, was nutzt es? Gott zeigt uns selbst
den Weg zur Rettung." — „Und denen drüben, wo sie unsern Herrn
suchen. Solang' ich seines Rosses Hufschlag höre, will ich hier stehen,
und noch eine Weile." — „Er hat uns verlassen." — „So der Herr
schlecht ist, soll's der Diener auch sein?" — „Denkt, was Ihr sonst zu
mir spracht von dem Ludwig." — „Herr Ulrich Pfuel, mein lieber
Schwager, so ich damals zweifelte, hier ist's nicht Zeit zum Zweifeln, hier
ist's zum Treusein. Ich schwur dem Ludwig, und so's ein schlechter
Schwur war, wär' ich doch ein schlechter Mann, so ich ihn bräche im
Unglück. Ihr meine Söhne und ihr Freunde! Wie der Schnee weiß
niederfällt, so weiß sind meine Haare, so rein ist mein Wappenschild;
so rein, als Gott der Herr will, wünscht' ich, daß meine Seele sei. Und
so rein möcht' ich in den Tod gehen. Wer's mit mir will, der schlage
an, wer's nicht will, der reite heimlich davon; will ihn nicht sehen noch
je verraten, denn eines toten Mannes Zunge ist still."
Keiner antwortete, keiner ritt fort, sie schlugen gegen ihre Schilde.
Es war kein Klang, der weit widerhallte, aber ein Klang war's doch,
der stählte ihre Herzen.
2. Die Drommeten drüben antworteten. Das tönte anders von Stahl
und Eisen, von Zaum und Zügel und Rosseschnauben. Nicht zwanzig
Atemzüge vergingen, und die Lanzenspitzen klirrten gegen Panzer und
Schild. Aber nach wieder zwanzig Atemzügen machten die Rosse Kehrt;
wer kämpft gegen den Schnee, der dicht ist wie die Luft, und der heulende
Wind treibt ihn durch die Helmgitter ins Auge!
„Gott sei gnädig seiner Seele!" sprach Ulrich Pfuel, der hielt den
Knappen Kuno in den Armen; von der andern Seite stützte ihn der treue
Eisenhardt. Dem Knaben war die Stahlhaube vom Kopf geschlagen, er
hing blaß mit dem Kinn über auf der Halsberge, seine goldenen Locken
klebten voll Blut. So schleppten sie ihn zurück und legten ihn auf einen
Stein. Er war der erste gewesen zwischen den Feinden und hatte einen
riesigen Mann vom Pferd geschlagen. Da spaltete ihm die Streitaxt
den Helm. „Vater," sprach er, da er das Aug' aufschlug, „nun bin ich
doch Uchtenhagens Sohn?" „Bist's," sprach der Alte und drückte ihm
seine Hand. Einen Augenblick beugte er sich über ihn, mehr war zum
Trauern nicht Zeit. Wer da die Männer gesehen in dem Augenblick,
hätte gemeint, es seien Steinbilder, die über Gräbern stehen. Ihres
wurde doch erst gegraben. Die müden Krieger, die Hände faltend auf
das Schwert, und dicker Schnee lagerte auf ihren Schultern.
Da schüttelte sich Dietrich, des Alten anderer Sohn, und faßte
Helmeckes Arm, der der zweite Bruder war. Zorn leuchtete in feinem
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Ulrich_Pfuel Ludwig Ulrich_Pfuel Ludwig Ulrich_Pfuel Eisenhardt
103
10. Rasch galoppiert' ein Graf hervor,
auf hohem Roß ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
dem, welcher die Rettung der Armen wagt."
11. Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag an, mein braver Sang, sag an!
Der Graf, beim höchsten Gott, war brav!
Doch weiß ich einen bravern Mann.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürchterlich.
12. Und immer höher schwoll die Flut,
und immer lauter schnob der Wind,
und immer tiefer sank der Mut:
O Retter, Retter, komm geschwind!
Stets Pfeiler auf Pfeiler zerborst und brach;
laut krachten und stürzten die Bogen nach.
13. „Hallo! Hallo! Frisch auf! gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor.
Ein jeder hört's, doch jeder zagt;
aus Tausenden tritt keiner vor.
Vergebens durchheulte mit Weib und Kind
der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind
14. Sieh! Schlecht und recht ein Bauersmann
am Wanderstabe schritt daher,
mit grobem Kittel angetan,
an Wuchs und Antlitz hoch und hehr;
er hörte den Grafen, vernahm sein Wort
und schaute das nahe Verderben dort
15. Und kühn in Gottes Namen sprang
er in den nächsten Fischerkahn;
trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang
kam der Erretter glücklich an.
Doch wehe! der Nachen war allzu klein,
der Netter von allen zugleich zu sein.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz]]
292
184* (Bin germanisches Festmahl.
Im Jahre 357 wurden die Alemannen in der Schlacht bei Straß-
burg von den Römern besiegt. Es war der letzte große Sieg, den diese
über die Germanen davontrugen. Nicht ihren eigenen Waffen verdankten
sie ihn, sondern germanischen Kriegern, die im römischen Solde standen
und gegen ihre Landsleute fochten. Auf der Seite der Alemannen hatte
Ingo, der Sohn des Königs der Vandalen, an dem Kampfe teilgenommen.
Auf der Flucht vor den Römern war er in das Land Thüringen ge-
kommen, wo er an dem Hofe des Fürsten Answald als Gastfreund auf-
genommen wurde. Drei Tage nach Ingos Ankunft gab Answald seinen
Landgenossen ein Fest.
Der Fürst stand vor dem Herrenhause und empfing dort die Edeln
und freien Bauern, welche auf allen Wegen zu Fuß und zu Roß heran-
zogen und am geöffneten Tor von Hildebrand, dem Sprecher, begrüßt
wurden. Wer zu Roß nahte, der stieg dort ab, und die Jungen führten
sein Pferd in ein weites Gehege und banden es fest, damit die Knechte
ihm den Schaum mit Stroh abrieben und alten Hafer in die Krippe
schütteten. Würdig war Gruß und Anrede; in weitem Ringe standen die
Gäste auf dem Hofe, eine stolze Genossenschaft, ansehnliche Männer aus
zwanzig Dörfern der Gegend, alle in ihrem Kriegsschmucke, den Eschenspeer
in der Hand, Schwert und Dolch an der Seite, in schöner Lederkappe, die
mit Zähnen und Ohren des wilden Ebers geschmückt war. Schweigend
standen die Männer und freuten sich der Versammlung; nur einige, die
zueinandertraten, tauschten leise Worte über die Gerüchte, welche durch
das Land flogen von der großen Schlacht im Westen und von bedrohlicher
Zeit. Lange währte die Begrüßung; denn immer noch kamen einzelne,
die sich verspätet hatten, bis der Sprecher an den Häuptling herantrat
und auf den Stand der Sonne wies.
Da führte der Wirt seine Gäste vor die Halle; feierlich betraten sie
im Zuge die Stufen; am Eingänge empfing sie die Hausfrau; neben ihr
stand die Tochter mit den Mägden. Ehrerbietig huldigten die Männer
den Frauen; die Fürstin reichte allen die Hand und fragte gebührlich nach
ihren Frauen und dem Hausstande; den Männern von der Freundschaft
bot sie die Wange zum Kuß. Die Häupter des Volkes nahmen gewichtig Platz
auf den Seffeln und begannen ernstes Männergespräch, während der Schenk
und die Diener in langer Reihe einzogen; diese trugen in Holzkannen den
Frühtrunk und behagliche Zukost, weiße, gewürzte Brotkuchen und Fleisch aus
dem Rauchfang.
I. Die Kampfspiele.
1. Unterdessen rüsteten die Jungen ungeduldig auf dem Rasengruude
vor dem Hofe die Bahn zu kriegerischem Spiele. Die Knaben des Dorfes
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod]]