176
Zwei deutsche Bildhauer.
Im dritten Jahre seiner an Entbehrungen reichen Studienzeit trat
an Rietschel ein Anerbieten heran, welches für fein ganzes Leben entscheidend
werden sollte. Der Gras Einsiedel, Besitzer des großen, mit einer Bild-
gießerei verbundenen Eisenwerks Lauchhammer, wandte sich an die Dresdener
Akademie mit der Bitte, ihm einen talentvollen jungen Mann namhaft zu
machen, den er auf seine Rosten weiter ausbilden lassen wolle. Rietschel
wurde in Vorschlag gebracht; indessen war die Entscheidung für ihn nicht
leicht; denn von der Malerei sollte er plötzlich zur Bildhauerei übergehen.
Dennoch nahm er das Anerbieten an und erhielt nun von dem Grasen eine
monatliche Unterstützung. Aber in Dresden fehlte es damals an tüchtigen
Lehrern der plastischen Runst. Sechs volle Zähre hatte Rietschel bereits
gezeichnet und modelliert, ohne mehr zu erreichen, als was heutzutage nach
zweijährigem Studium geleistet wird. So entschloß er sich denn, dem Bei-
spiele einiger Freunde zu folgen und nach Berlin zu Rauch zu wandern —
zu wandern; denn zu der teuren postsahrt reichten seine Mittel nicht. In
Torgau zwang ihn das stürmische Novemberwetter, sich der Post anzuver-
trauen; ein mitleidiger Postillon hüllte ihn in eine Pferdedecke ein.
Mit klopfendem Herzen trat er in die Werkstätte des von ihm ver-
ehrten, aber ebenso gefürchteten Meisters. Nachdem jedoch Rauch die Zeich-
nungen Nietschels gesehen hatte, öffnete er ihm sofort seine Werkstatt, und
nach kurzer Zeit war der angehende Rünstler des Meisters Lieblingsschüler.
Bald zog er ihn in sein Haus und verschaffte ihm den ersten Auftrag, den
Entwurf eines Denkmals für den verstorbenen Rönig von Sachsen. Zn den
nächsten Zähren war Rietschel mit seinem Lehrer gemeinsam in München tätig,
wo er auch dem großen dänischen Meister Thorwaldsen näher trat. Nachdem
er Italien, das wallfahrtsziel der Rünstler, aufgesucht, und sein Ruf als
der begabteste Schüler Rauchs sich mehr und mehr gefestigt hatte, erhielt
er im Zahre s832 einen Ruf als Professor der Bildhauerei nach Dresden;
hier sollte er die Schule von Grund aus neu gestalten, an der er so lange
gestrebt und gearbeitet hatte. Bald sammelte sich um ihn eine große Zahl
vortrefflicher Schüler. An ehrenvollen Aufträgen fehlte es ihm fortan nicht.
Am meisten ehrte es ihn aber, daß er dazu berufen wurde, die für Weimar
geplanten Ehrenstandbilder der beiden größten deutschen Dichter, Goethes
und Schillers, auszuführen. Mit kühnem Wurf löste er die Aufgabe. Dicht
nebeneinander stellte er die beiden Dichterfürsten; ein herzliches Freund-
schaftsverhältnis spricht aus ihrer Stellung. Leicht ruht Goethes Hand
auf Schillers Schulter, während Goethe in der Rechten den Lorbeerkranz
hält, den ihm das deutsche Volk zuerkannte, greift Schiller nach den Ruhmes-
blättern hin:
„Neidlos leuchten im Bild wie im Leben Schiller und Goethe;
jedem gebühret der Rranz; keiner verlangt ihn für sich."
Aus den Arbeiten der nächsten Zahre ragt die berühmte Büste Rauchs
hervor, voll dankbarer Eingabe an seinen großen Lehrer hat Rietschel
hier sein ganzes künstlerisches Rönnen zusammengefaßt, würdig schließt
sich dieser Schöpfung sein für die Stadt Worms bestimmtes Lutherdenkmal
an, dessen Vollendung er jedoch nicht erleben sollte. Ein frühzeitiger Tod
entriß ihn im Zähre seinem künstlerischen Schaffen.
Nach L. W. Erube und Haut von Zobeltitz.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans]]
446
Handwerker und Dichter.
wollte Freienwalde nicht verlassen, ohne für den Dichter ein Mehreres getan
zu haben. Er suchte den Oberprediger Melcher auf, dessen beide Söhne den
Drechslermeister früher zur Herausgabe seiner ersten Dichtungen bestimmt
hatten, und beratschlagte mit ihm, wie man Weise zu einem eigenen Heim
verhelfen könne. „Der Anfang hierzu ist bereits gemacht,“ versetzte der
würdige Herr, „die vaterländischen Handwerkervereine haben zu diesem Zwecke
eine Ehrengabe von 500 Talern gesammelt.“ — „Nun, so werde ich die
Sache zu Ende führen,“ sagte kurz entschlossen der edle Menschenfreund.
Nach wenigen Stunden wurde Weise zu dem Oberprediger gerufen, und
Christoph Jasper übergab dem erstaunten Meister ein Schriftstück mit den
Worten: „Ich habe für Sie ein Haus gekauft; Sie sind in diesem Schrift-
stück als Eigentümer bezeichnet. Das von mir gezahlte Geld habe ich mit
der Bestimmung eintragen lassen, daß es Ihnen vor zehn Jahren nicht ge-
kündigt werden darf.“ Er drückte dem Überraschten die Hand und ver-
abschiedete sich von ihm aufs herzlichste.
2. Karl Weise war am 19. November 1813 in Halle geboren. Plündernde
Kosaken, die den bei Leipzig geschlagenen Franzosen auf den Fersen saßen,
richteten an seinem Geburtstage in seinem Geburtshause eine solche Ver-
wirrung an, daß man das Knäblein in dem Bruchstück einer Essigtonne
baden mußte — eine böse Vorbedeutung für sein ihm vom Schicksal oft
gründlich versauertes Leben. Sein Vater, ein Zimmergeselle, der eine zahl-
reiche Familie zu ernähren hatte, konnte für die Ausbildung des geweckten
Knaben nur wenig tun. Als Kurrendeschüler und später noch als Drechsler-
lehrling kam Weise öfter in das Haus einer blinden Dichterin, welche die
Keime des Schönen in ihm weckte; unter ihrer Leitung versuchte er sich
in Versen und eignete sich eine fließende Versform an. Seine Wanderjahre
nutzte Weise fleißig aus. Nachdem er in Berlin einige Jahre als Geselle
gearbeitet hatte, ließ er sich i. J. 1848 in Freienwalde als Meister nieder
und gründete einen eigenen Hausstand. Nun „drechselte er Pfeifen in guter
Ruh und manchen hübschen Vers dazu“, wie der märkische Dichter Theodor
Fontane einmal von ihm sagte. Weise war jedoch Drechsler geworden, als die
deutschen Studenten noch lange Pfeifen mit fußlangen Spitzen und Abgüssen
trugen, die Pfeife in der ganzen Welt in Mode war, und auch noch manches
Spinnrad schnurrte. Die Pfeife wurde aber nach und nach von der Zigarre,
das Spinnrad von der Maschine verdrängt. So stellte sich mehr und mehr
heraus, daß ein Drechslergeschäft in einem kleinen Orte sozusagen ein ver-
lorener Posten sei. Kein Wunder, daß bei Weise Sorgen und Not keine
seltenen Gäste waren. Allein sein dichterisches Schaffen half ihm über
allen Kummer hinweg, und seine Dichtungen trugen ihm reiche Anerkennung
ein. Die Stettiner Zeitung begrüßte ihn als den „Hans Sachs der Gegen-
wart“; die Tiedge- und die Schillerstiftung wandten ihm Ehrengaben zu. Weise
war ein echter Dichter des Volkes; seine Erzählung „Weihnachtserlebnisse
einer Handwerkerfamilie“ ist ein echtes Volksbuch und sollte in dem Hause
jedes Handwerkers gelesen werden. Bei hundert Gelegenheiten verschönte
er die Feste seiner Standesgenossen durch seine Lieder.
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TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt]]
Extrahierte Personennamen: Melcher Christoph_Jasper Karl_Weise Karl Theodor
Fontane
182
Kaiser Max und Albrecht Dürer.
sellenhände mehr und mehr von den Bildern des Meisters. Jetzt erst
heften sicb auch die Namen der Künstler an ihre Werke. So wird aus
dem zünftigen Meister der von zünftigen Schranken freie Künstler.
wir finden bei den Malern des Mittelalters mehr Künstlerfamilien
als bei irgend einem andern Künstlerberuf. Diese Erscheinung hängt mit
der Stellung der Maler im Gewerbestande zusammen. Das Handwerk
erbte sich fort, solange es zünftig geschloffen war. Die Zunftordnung be-
günstigte den Sohn des Zunftgenossen. Lehrzeit und Lehrgeld waren ihm
verkürzt und leicht gemacht. Es verstand sich von selbst, daß sich der Sohn
in des Vaters Geschäft setzte, wenn die Kinder eines Hauses durch mehrere
Menschenalter malten und sich in der Malerei auszeichneten, so hat dies
keine andere Bedeutung, als wenn zahlreiche andere Familien in der
Weberei oder in der Goldschmiedekunst namhaft blieben. Manche künst-
lerische Ämter wurden sogar ausdrücklich als erbliche angesehen, z. B. die
Stellen eines Hofmalers, Hoftrompeters, Stadtzinkenisten, Kantors, Glocken-
fpielers auf den holländischen Kirchtürmen, ja wohl gar die würden eines
Hofpoeten und Hofnarren. Je mehr Handwerk in einer Kunst steckt, je
mehr äußere, technische Kunstgriffe sie erfordert, desto leichter kann sie sich
vererben. Zm Mittelalter gab es noch ganze Sippen von Meistersingern;
jetzt haftet die Dichtkunst nicht mehr an der Familie; sie ist eine freie Kunst
geworden, frei von den Regeln und Gebräuchen des Meistergesanges.
Noch im Zahre J655 schickten holländische Maler nach dem Haag
eine Bittschrift, um vou der Gemeinschaft mit der Tüncherzunft befreit zu
werden; aber schon Kaiser Maximilian I. hält dem Maler Albrecht Dürer
die Leiter, und König Heinrich Viii. von England sagt jenem Lord, der
in Holbeins Werkstatt eindringen wollte, das bedeutsame Wort, er könne
aus sieben Bauern sieben Lords, aber aus sieben Lords .keinen einzigen
Holbein machen. . Nach W. H. Riehl.
8ö. Kaiser ülax und Albrecht Dürer.
Das war Herr Max, der Kaiser; der war an Rbel reich;
an ritterlichem Mute kam ihm kein Kitter gleich.
Das war der Klbrecht Dürer, der seine Kunst verstand,
ein hochberühmter Meister im deutschen Vaterland.
Da kam der Max zum Dürer; den Meister wollt' er sehn,
der ewige Gedanken in Bildern ließ erstehn,
Gedanken also herrlich, so hoch, so ernst, so rein,
daß sie der Erde zeigen des Himmels Widerschein.
vom Lob des edeln Kaisers beschämt, der Dürer schweigt,
da wanket seine Leiter, indem er niedersteigt.
Den Edelmann zur Leite, den rief Herr Max zur Hand,
daß er dem Dürer halte die Leiter an der wand.
Der Edelmann, der zaudert; ihm dünkt der Dienst zu schlecht;
er spricht: „Des Malers Leiter, die hält gar wohl mein Knecht."
Da sprach gar ernst der Kaiser: „wie tut dein Stolz mir leid,
der nicht den Künstler ehret, des Kdel Gott geweiht!
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Extrahierte Personennamen: Max Max Albrecht_Dürer Albrecht Maximilian_I. Albrecht_Dürer Albrecht Heinrich_Viii Heinrich W._H._Riehl Albrecht_Dürer Albrecht Max Max Max Max Max
256
Deutsches Lied.
3. Denkst du dein Leben hoch zu bringen,
so halte Maß in allen Dingen:
in Essen, Trinken, Freud' und Leid,
in Arbeit und in Schlafenszeit.
4. Der Wein ist unser noch, wenn ihn das Faß umschließt,
sein aber sind wir dann, wenn ihn der Mund genießt.
5. Wenn vor dem Weine das Kopfweh
man billig etwas in acht sich nähme;
aber nun kommt es hinterdrein,
und wer dächte daran beim Wein ?
6. Gesegnet sei dir beides, Schmerz und
und jedes Werk, das du vollenden mußt!
Doch Gott bewahre dich zu deinem Heile
vor Krankheit, Mißmut, Langerweile!
7. Der predigt von des Lebens Nichtigkeit
und jener von des Lebens Wichtigkeit;
hör beide wohl, mein Sohn, und merke dir:
halb hat’s mit beiden seine Richtigkeit. Friedr. Bodenstedt.
Ii. Gewerbliche Bilder aus dem vaterlande und
Auslande.
Friedr. v. Logau.
käme,
Friedr. Rückert.
Lust
Eman. Geibel.
115. Deutsches Lied.
1. Don allen Ländern in der Welt
das deutsche mir am besten gefällt;
es tränst von Gottes Segen.
Es hat nicht Gold und Edelstein;
doch Männer hat es, Korn und Mein
und Eichen allerwegen.
2. Don allen Freunden in der
weit
der deutsche mir am besten gefällt
von Schale wie vom Kerne;
die Stirne kalt, den Düsen warm,
wie Dlitz zur Mise Hand und Nrm
und Trost im Augensterne.
3. Don allen Sitten in der weit
die deutsche mir am besten gefällt,
ist eine feine Sitte,
gesund am Leib und Geist und herz,
zur rechten Stunde Ernst und Scherz
und Decher in der Mitte!
4. Es lebe die gesamte weit!
Dem Deutschen deutsch am besten
gefällt;
er hält sich selbst in Ehren
und läßt den Nachbar links und rechts
weslandes, Glaubens und Geschlechts
nach Herzenslust gewähren.
G. Ph. Schmidt von Lübeck.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Geibel Ernst Schmidt_von_Lübeck
Sprüche.
395
richteten an seinem Geburtstage in seinem Geburtshause eine solche Ver-
wirrung an, daß man das Knäblein in dem Bruchstück einer Essigtonne
baden mußte — eine böse Vorbedeutung für sein ihm vom Schicksal oft
gründlich versauertes Leben. Sein Vater, ein Zimmergeselle, der eine zahl-
reiche Familie zu ernähren hatte, konnte für die Ausbildung des geweckten
Knaben nur wenig tun. Als Kurrendeschüler und später noch als Drechsler-
lehrling kam Weise öfter in das Haus einer blinden Dichterin, welche die
Keime des Schönen in ihm weckte; unter ihrer Leitung versuchte er sich
in Versen und eignete sich eine fließende Versform an. Seine Wanderjahre
nutzte Weise fleißig aus. Nachdem er in Berlin einige Jahre als Geselle
gearbeitet hatte, ließ er sich i. J. 1848 in Freienwalde als Meister nieder
und gründete einen eigenen Hausstand. Nun „drechselte er Pfeifen in guter
Ruh und manchen hübschen Vers dazu", wie der märkische Dichter Theodor
Fontane einmal von ihm sagte. Weise war jedoch Drechsler geworden, als die
deutschen Studenten noch lange Pfeifen mit fußlangen Spitzen und Abgüssen
trugen, die Pfeife in der ganzen Welt in Mode war, und auch noch manches
Spinnrad schnurrte. Die Pfeife wurde aber nach und nach von der Zigarre,
das Spinnrad von der Maschine verdrängt. So stellte sich mehr und mehr
heraus, daß ein Drechslergeschäft in einem kleinen Orte sozusagen ein ver-
lorener Posten sei. Kein Wunder, daß bei Weise Sorgen und Not keine
seltenen Gäste waren. Allein sein dichterisches Schaffen half ihm über
allen Kummer hinweg, und seine Dichtungen trugen ihm reiche Anerkennung
ein. Die Stettiner Zeitung begrüßte ihn als den „Hans Sachs der Gegenwart“;
die Tiedge- und die Schillerstiftung wandten ihm Ehrengaben zu. Weise
war ein echter Dichter des Volkes; seine Erzählung „Weihnachtserlebnisse
einer Handwerkerfamilie“ ist ein echtes Volksbuch und sollte in dem Hause
jedes Handwerkers gelesen werden. Bei hundert Gelegenheiten verschönte
er die Feste seiner Standesgenossen durch seine Lieder.
Vor seinem von Linden und Nußbäumen beschatteten Häuschen konnte
man häufig eine Schar von Sängern erblicken, die ihm einen dankbaren
Sangesgruß darbrachten, und der schlichte Mann im Arbeitskleid und Schurzfell
lauschte mit stiller Wonne dem Liede. Von hier war es hinausgedrungen
in das Volk, und auf den Schwingen der Töne kehrte es jetzt zurück zu
seiner Geburtsstätte, um das Herz dessen zu erfreuen, der es geschaffen hatte.
Am 31. März 1888 ist der Volkssänger alt und lebensmüde heim-
gegangen; durch seine Dichtungen aber wird er in dem Herzen seines Volkes
fortleben. Nach Ferd. Schmidt und Herrn. Jahnke.
183. Spruche.
1. Kunst und Lehre bringt Gunst und Ehre.
2. Du darfst nicht schämen dich zu sagen:
„Ich weiß es nicht.“ Nein, sag' es dreist!
Nur freilich mußt du Sorge tragen,
daß du es später weißt.
Job. Trojan.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt]]
176
Zwei deutsche Bildhauer.
3m dritten Jahre seiner an Entbehrungen reichen Studienzeit trat
an Nietschel ein Anerbieten heran, welches für sein ganzes Leben entscheidend
werden sollte. Der Graf Einsiedel, Besitzer des großen, mit einer Bild-
gießerei verbundenen Eisenwerks Lauchhammer, wandte sich an die Dresdener
Akademie mit der Bitte, ihm einen talentvollen jungen Mann namhaft zu
machen, den er auf seine Rosten weiter ausbilden lassen wolle. Nietschel
wurde in Vorschlag gebracht; indessen war die Entscheidung für ihn nicht
leicht; denn von der Malerei sollte er plötzlich zur Bildhauerei übergehen.
Dennoch nahm er das Anerbieten an und erhielt nun von dem Grafen eine
monatliche Unterstützung. Aber in Dresden fehlte es damals an tüchtigen
Lehrern der plastischen Runst. Sechs volle Jahre hatte Nietschel bereits
gezeichnet und modelliert, ohne mehr zu erreichen, als was heutzutage nach
zweijährigen! Studium geleistet wird. So entschloß er sich denn, dem Bei.
spiele einiger Freunde zu folgen und nach Berlin zu Rauch zu wandern —
zu wandern; denn zu der teuren postfahrt reichten seine Mittel nicht. In
Torgau zwang ihn das stürmische Novemberwetter, sich der Post anzuver-
trauen; ein mitleidiger Postillon hüllte ihn in eine Pferdedecke ein.
Mit klopfendem Kerzen trat er in die Werkstätte des von ihm ver-
ehrten, aber ebenso gefürchteten Meisters. Nachdem jedoch Nauch die Zeich-
nungen Rietschels gesehen hatte, öffnete er ihm sofort seine Werkstatt, und
nach kurzer Zeit war der angehende Rüustler des Meisters Lieblingsfchüler.
Bald zog er ihn in sein bsaus und verschaffte ihm den ersten Auftrag, den
Entwurf eines Denkmals für den verstorbenen Rönig von Sachsen. In den
näcbsten Jahren war Nietschel mit seinem Lehrer gemeinsam in München tätig,
wo er auch dem großen dänischen Meister Thorwaldsen näher trat. Nachdem
er Italien, das wallfahrtsziel der Rünstler, aufgesucht, und sein Ruf als
der begabteste Schüler Rauchs sich mehr und mehr gefestigt hatte, erhielt
er im Jahre s832 einen Ruf als Professor der Bildhauerei nach Dresden;
hier sollte er die Schule von Grund aus neu gestalten, an der er so lange
gestrebt und gearbeitet hatte. Bald sammelte sich um ihn eine große Zahl
vortrefflicher Schüler. An ehrenvollen Aufträgen fehlte es ihm fortan nicht.
Am meisten ehrte es ihn aber, daß er dazu berufen wurde, die für Weimar
geplanten Ehrenstaudbilder der beiden größten deutschen Dichter, Goethes
und Schillers, auszuführen. Mit kühnem Wurf löste er die Aufgabe. Dicht
nebeneinander stellte er die beiden Dichterfürsten; ein herzliches Freund-
schaftsverhältnis spricht aus ihrer Stellung. Leicht ruht Goethes Hand
auf Schillers Schulter, während Goethe in der Rechten den Lorbeerkrauz
hält, den ihm das deutsche Volk zuerkannte, greift Schiller nach den Ruhmes-
blättern hin:
„Neidlos leuchten im Bild wie im Leben Schiller und Goethe;
jedem gebühret der Rranz; keiner verlangt ihn für sich."
Aus den Arbeiten der nächsten Jahre ragt die berühinte Büste Rauchs
hervor, voll dankbarer Eingabe an seinen großen Lehrer hat Nietschel
hier sein ganzes künstlerisches Rönnen zusammengefaßt. Würdig schließt
sich dieser Schöpfung sein für die Stadt Worms bestimmtes Lutherdenkmal
an, dessen Vollendung er jedoch nicht erleben sollte. Ein frühzeitiger Tod
entriß ihn im Jahre \86\ seinem künstlerischen Schaffen.
Nach H. W. Brube und Han» von Zobcltitz.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]