57
Chlodwig und seine Söhne.
Schenkungen in der Regel weltlich gesinnte Menschen zu
den Kirchenämtern herbeigelvckt wurden.
Chlodwigs Augenmerk richtete sich sofort auf das
Reich der Burgunder. Gegen dieses Volk gab ihm jedoch
nicht zunächst sein neuer Glaube, sondern vielmehr die
unchristliche Pflicht der Blutrache den Vorwand. Seine
Gemahlin, wie wir gesehen haben, stammte aus Burgund.
Sie war eine Tochter Chilperichs, welcher nach dem
Tode seines Vaters Gundikar (470) mit seinen Brü-
dern Gundobald, Gvdegisel und Gode mar über
die Burgunder herrschte. Aber Gundobald ermordete
den Godemar und Chilperich nebst dessen Gemahlin und
zwei Söhnen; nur die Tochter verschonte er, zwang übri-
gens die eine Nonne zu werden, und hielt die andre,
Chlotilde (Chrodegild), unter strenger Aufsicht an sei-
nem Hofe. Ihr wußte Chlodwig, der bei diesem Stande
der Dinge leicht gewinnen zu können hoffte, einen Braut-
ring in die Hände zu spielen und als er um sie warb,
wagte Gundobald nicht, sie ihm zu versagen. Obgleich
eine eifrige katholische Christin (wahrscheinlich hatte sie
Bischvff Avitus von Vienne dazu gemacht) hegte sie doch,
gleich der burgundischen Chriemhilde des Nibelungenliedes,
unauslöschlichen Haß in ihrem Herzen, und trieb Chlod-
wig zur Rache gegen den Mörder ihres Vaters, ihrer
Mutter und ihrer Brüder.
Hiezu gab Gvdegisel, Gnndobalds Bruder, Ge-
legenheit. Dieser ließ dem Frankenkönige sagen: „Hilf
mir, daß ich meinen Bruder vertreibe, dafür zahle ich
dir beliebigen Tribut." Chlodwig setzte sich in Bewegung;
da schickte Gundobald, welcher Nichts von der Verabre-
dung wußte, an den Bruder Gvdegisel: „Komm zur Un-
terstützung gegen den Anfall der Franken." Er kam;
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Sechstes Hauptstück.
und der Sieger machte den Schädel des Feindes zu sei-
nem Trinkbecher, und die Tochter desselben, die schöne
Rosamunde zu seiner Frau. Jetzt gedachten die Lvngo-
barden wieder an die schönen Gefilde von Italien, die sie
einst, von Narses gerufen, auf der Heerfarth im Gvthcn-
kriege gesehen hatten. Sie überließen Dacien und Pan-
nonien, das den Gepiden abgenvmmene Land, den Avarcn,
und traten, nach den Alpen zu, ihre Wanderung an,
und zwar, wie die Sage will, durch einen Wink des
Narses selbst hiezu ermuntert. Dieser war nämlich von
Justin H. auf die Klagen der Jtaliäner über seinen
Geitz des Exarchats enthoben worden, und Justins Ge-
mahlin Sophia soll dem Helden geschrieben haben, „er
solle nach Constantinopel unter die Weiber zurückkehren,
zum Spinnrocken, der dem Verschnittnen gebühre." Die
Sage legt nun dem Narses die Worte in den Mund:
„ich will ihr einen Faden anspinncn, den sie nicht leicht
entwirren soll," und damit habe er eben die Herbcirufung
der Lvngobarden gemeint. Mag nun diese Erzählung,
von der die, in diesen Geschichten sonst sehr genauen, grie-
chischen Schriftsteller nichts wissen, wahr oder erdichtet
seyn: jedenfalls war die Abberufung des Narses eine ver-
derbliche Maßregel in jenem Zeitpunkte; denn der Erob-
rer von Italien wäre trotz seines hohen Atters auch im
Stande gewesen, Italien zu vertheidigen. Der neue Exarch
Longinus, dem alle Verhältnisse des Landes fremd
waren, vermochte dicß nicht, und so wurde Italien eine
leichte Beute der Lvngobarden, welche, durch 26,000 Sach-
sen *) und durch Bewohner von Pannonien und Noricum
') Diese konnten sich auf die Langemrit den Longobarden nicht
vertragen, und wollten sich in Gallien durch Gewalt der
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Die Longobarden.
115
verstärkt, über die Berge hereinbrachen. Schon im Sep-
tember 568 war Mailand sammt ganz Oberitalien bis
auf die Seestädte und Pa via, wo ein Pallast Theode-
richs war, in ihrer Gewalt. Drei Jahre lang hielt sich
letztere Stadt, und schwere Rache schwur ihr Albvin
wegen des hartnäckigen Widerstands. Da aber beim
Einzug in dieselbe sein Pferd strauchelte, so benützte ein
Priester seinen Aberglauben, und die Stadt wurde ver-
schont, und Hernachmals wegen ihrer erprobten Stärke
eine der Residenzen longvbardischer Könige. Aber nur
drei Jahre erfreute sich Albo in seiner Herrschaft,. Bei
einem wilden Gelage, da6 er unweit Verona seinen Krie-
gern gab, hatte er Rvsamunde anfgcfordert, aus ihres
Vaters Schädel zu trinken. Sie that es, und schwur dem
Unmenschen den Tod. Doch Helmichis, der Waffenträger
Albvins, zitterte vor der Riesenstärke seines Herrn. Da
gab sie sich einem longvbardischen Edeln Namens Pcredens
hin, und auch dieser wagte den Mord nicht eher, als bis
Alboin, vom Wein überwältigt, im Mittagsschlafe lag.
Mit Helmichis und Peredcns und dem königlichen Schatze
entfloh nun Rosamnnde zu dem Exarchen Longinns nach Ra-
venna, wo sie Liedern zufolge, die dies; Alles besingen, ein
Opfer ihres Verraths an Helmichis wurde. Denn um sich dem
Exarchen ganz hingeben zu können, reichte sie dem Helmi-
Waffen Sitze bereiten. Aber dort schlug (572) sie Mum-
molns, der Patricier von Burgund unter König Guntram.
Darauf verlangten sie den friedlichen Durchzug durch däs
Frankenreich in ihre Heimath an der Wipper, der ihnen
gerne gewährt wurde, fanden aber diese von Sueven be^
setzt, denen sie im Kampfe erlagen. Daher hieß die Ge-
gend an der Wipper in der Folge der Schwabeugau.
8 *
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306
Zehntes Hauptstück.
derlichen Allvaters (Atlfadur) einen Theil der Reif-
rinde in Nifelheim; es entstanden Tropfen, welche, vom
Allmächtigen beseelt, das erste lebendige Wesen erzeugten,
Ymer, den Bösen, den Vater des gleichgearteten Ric-
sengeschlechtes, der Rimthursars oder Eishünen. Ihn
nährte mit ihren vier Milchströmen die bald darauf er-
schaffne Kuh Au dh um bla, welche so lange an den
Reifsteinen leckte, bis aus ihnen ein schöner Mann her-
vorgieng, Bure geheißen. Desselbigen Sohn Börr er-
zeugte mit der Riesin Bclsta die Herrscher im Himmel
und auf Erden, Odin (Wodan, Wuatan), Vile und
Ve. Der erste, Allvater genannt und der Tochter
Frigga (Hertha, Erde) vermählt, wurde Vater der
zwölf lichten und schönen Götter, der Äsen (Helden).
Der älteste von ihnen, Thor (Asa-Thor), dessen Hammer
(Mjöline) Felsen spaltet, dessen Wagen im Donner wie-
derhallt, ist Sinnbild der Kraft, sowie der vom bösen
Geiste der Unterwelt verfolgte Baldur Ausdruck der
Anmuth; Tyr, Lenker der Kriege und Schlachten; Bra-
tz i, dessen Weib Iduna durch wunderthätige Aepsel das
Älter verscheucht, Beschirmer des Gesanges und Tvn-
spiels; Aegir, der bösartigen, Sturm erregenden Ran
vermählt, Herr des Meeres, und Heim dal, der bei
Tag und Nacht in weite Fernen blickt, und das Gras
wachsen hört, Wächter des Himmels und der Äsen. Es
erschlugen aber die Söhne Börrs (Odin, Vile und
V e) den Hünen 2)mer, dessen Blut die Rimthursars
ertränkte, nur Bengelmcr nicht, den Vater aller übrigen
Riesen, und schufen ans dem Leibe Ymcrs also die Welt,
daß die Knochen Felsen, die Haare Bäume, das Fleisch
Erde, das Blut Meer, der Schädel Himmel, das Ge-
hirn Wolken, die Augbraunen Midgard (Wohnung
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358
Erstes Hauptstück.
hat. Bewahre der Himmel." Wirklich gieng Karlmann
nicht auf den Plan der Mutter ein; ebenso wenig kam
die Verbindung zwischen Adelchis und Gisela zu
Stande, und obgleich Karl seine erste Gemahlin ver-
stoßen hatte, um Desiderata zu heirathen, so wurde
er doch bald wieder derselben überdrüssig, sandte sie schon
774 ihrem Vater zurück und feierte Hochzeit mit Hilde-
gard, die aus dem Geschlcchte der alten alemannischen
Herzoge stammte. Im nämlichen Jahre starb sein Bru-
der Karlmann und dessen Gemahlin G erb erg a floh
mit ihren Söhnen zu De si der ins, als ob sie sich vom
Schwager des Schlimmsten zu versehen hätte. Karl
erklärte zwar diesen Schritt für durchaus unuothig, be-
nützte ihn aber trefflich, um sich selbst zum Herrn des
ganzen Reiches zu machen. Denn als die Großen beider
Reichsantheile zu Carbonacum sich um ihn sammelten,
waren Karlmanns Große durch den Erzbischofs Wil-
har und durch Folrad, Pippins ersten Kapellan, so
ganz gewonnen, daß sie ihn als einzigen König der
Franken anerkannten; worauf er sogleich mit Waffenge-
walt von den Staaten des Bruders Besitz ergriff. Da-
gegen erkannte Desiderius die Söhne Karlmanns
als Könige der Franken an, und forderte den Pabst auf,
sie zu falben, vermählte seine Tochter Luitgarde mit
Herzog Thassilv von Baiern, und nahm so im Sü-
den eine drohende Stellung gegenüber von Karl ein, wäh-
rend im Osten das Sachsenvolk, nicht ahnend, mit welchem
Manne sie den Kampf eröffuetcu, einen Einfall ins Hes-
sen lau d machten. Aber auch Karl ahnte keineswegs,
wie langwierig und blutig der Kampf werden sollte, den
er im Jahre 772 begann, als er vom Maifelde aus wi-
der die Sachsen ins Feld zog. Denn der Erfolg des er-
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Extrahierte Personennamen: Karlmann Karlmann Gisela Karl Karl Karlmann Karl Karlmanns Pippins Desiderius Karlmanns Karl Karl Karl Karl
Beginn des Kampfes zwischen Kaiser und Pabst. 645
Hier hatte nämlich Jsaakkomnenus, Michaels Vi.
Nachfolger, nach kurzer, aber löblicher Regierung von
1057 — 1059, die Herrschaft niedergelegt, und sodann
Konstantin Dukas bis 1068 mit Gerechtigkeit das
Scepter geführt und den Untergang der wilden, über die
Donau gedrungnen Uzen erlebt; der edle Krieger Ro-
manus Iv. Diogenes, durch des Dukas Wittwe Eu-
dokia auf den Thron erhoben, und durch Verrath in die
Hände der Seldschucken gefallen, war nach der Rückkehr
1071 ermordet, und Michael Vii., des Dukas unfähi-
ger Sohn, 1078 durch Nikephorus Botoniates
gestürzt worden. Dem Letztgenannten stellte Robert Guis.
card, dessen Tochter mit Konstantin, dem schönen Sohne
des geflüchteten Michael Dukas verlobt war, einen ge-
meinen Griechen entgegen, und ließ ihn die Rolle Mi-
chaels spielen. Indessen mußte Nikephorus Botoniates
einem andern Kronprätendenten, Alexius Kom nenus,
weichen, und dieser zog zum Entsätze der durch Guiscard
belagerten Stadt Durazzo mit einem Heere von 70,000
Mann herbei. Das Heer bestand aus thracischeu Pauli-
ciauern, aus Turkopulen oder türkischen Miethsvldaten,
vvruämlich aber aus Wärtngern, wie man die skan-
dinavische Leibwache am byzantinischen Hofe nannte, welche
besonders durch landflüchtige Dänen und Angelsachsen aus
England verstärkt wurde. Denn Wäringer (warag, wearg,
longobardisch: Warengangi, griechisch: Baranger) soll
mit dem Wort Recke Zusammenhängen, und ursprünglich
einen Landflüchtigen, dann einen Kriegsmann bedeutet
haben. Als Robert den Feind anrücken sah, sprach er
zu den Seinigen: „laßt uns unsre Schiffe und unser Ge-
päck verbrennen, und hier eine Schlacht liefern, als
Bauer's Gcsch. Ii. Bd. 40
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Extrahierte Personennamen: Michaels Konstantin_Dukas Michael_Vii Robert_Guis Konstantin Michael_Dukas Alexius_Kom Robert
Extrahierte Ortsnamen: Pabst Donau Nikephorus_Botoniates Nikephorus_Botoniates England
Die Zeit der Karolinger.
473
Norwegen Harald Haarfager (865) zur Alleinherr-
schaft. Schon sein Vater Halfdan hatte über sechs
oder sieben der südnorwegischen Fylken geboten. Bei sei-
nem Tode versagten die abhängigen Könige dem zehn-
jährigen Harald den Gehorsam. Aber der jütländische
Prinz Guttorm unterdrückte sie mit Hülfe der beiden
Jarls Hagen und Rvgnwalds von Moroe, Vaters
des genannten Hrolf, und eroberte einige Landstriche
dazu. Zufrieden mit dieser Erweiterung, soll Harald
'entschlossen gewesen scyn, nach Art der Vorfahren auf
Abentheuer in der Ferne auszuziehcu. Aber die Liebe
zu Gida, der schonen und stolzen Tochter Eriks
von Hadaland, gab seiner Thätigkcit eine andre Rich-
tung ; denn nur dann versprach sie ihn zum Gatten zu
nehmen, wenn er König von ganz Norwegen scyn werde.
Da, heißt es, gelobte er sein Haar nicht abzuschneiden,
bis er Gid as Forderung Genüge geleistet hätte, führte
ein großes Heer aus (865), mit welchem er sich binnen
zwei Jahren alle Reiche in den nachmaligen Stiftern
Bergen und Drontheim unterwarf, bemannte 868 Schiffe,
bezwang die Küste von Nordmvre bis Bahns, und setzte
die Unternehmungen fort, bis er nach dem Siege bei
Hafursfio-rd, unweit Christiansand in Hadaland, im
Besitze von ganz Norwegen sich befand, seine Haare aus-
kämmen ließ, und Gidas Hand erhielt. In dem erober-
ten Lande blieben Jedem, der freiwillig sich unterworfen hatte,
seine Güter und Rechte; in den mit den Waffen besieg-
ten Landstrichen aber sah der König alle Modialgüter als
sein Eigenthum an. und legte den Bebauern derselben
Zins auf. Jeder Landschaft war ein Jarl vorgesetzt,
um die Rechtspflege zu üben, und die Abgaben zu erhe-
den, wofür derselbe ein Drittheil der Einkünfte zu seinem
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Extrahierte Personennamen: Harald_Haarfager Harald Hagen Rvgnwalds_von_Moroe Harald Christiansand
42
Drittes Hauptstück.
Thrasamund gab er seine Schwester zur Gattin; mit
Chlodwig, dem Könige der Franken, war er durch Chlod-
wigs Schwester Odofleda verschwägert; Amalaberga seine
Nichte, verheirathete er an den König der Thüringer;
von seinen Töchtern wurde die Eine mit Siegmund von
Burgund, die andre mit Atarich Ii. König der Westgothen,
vermählt.
Zn den ersten Verhandlungen mit auswärtigen Fürsten
hat ihn die Sorge für das Wohl seiner Unterthanen ver-
anlaßt. Während des Kriegs mit Odoaker hatte Gundo-
bald, König von Burgund, einen Raubzug nach Ligurien
gemacht und auf demselben viele Tausende der Einwohner
mit sich fortgeführt, so daß das Land aus Mangel an
Arbeitern wüste lag. Darum sandte Theoderich den hei-
ligen E p i p h a n i u s, Bkschoff von Ticinnm, einen der
beredtesten Männer seiner Zeit, der große Achtung genoß,
und schon öfters (wie wir dies; bei der Einnahme von
Ticinnm durch Odoaker gesehen haben) vor Königen und
Fürsten gestanden hatte, begleitet von Viktor, dem Bi-
schoff von Tanrinum ab, um die Freiheit der Hinwegge-
führten zu erbitten. Er fand williges Gehör und Gun-
dobald gab diejenigen, welche wehrlos hinweggeführt wor-
den waren, ohne Lösegeld, die eigentlichen Kriegsgefange-
nen aber für ein mäßiges Lösegeld frei, das Epiphanias
für sie entrichtete, und das, weil das Mitgebrachte nicht
ausrcichte, durch fromme Milde ergänzt ward.
Die gleiche Rücksicht bestimmte ihn unmittelbar nach
der Eroberung Italiens zu Unterhandlungen mit den
Vandalen. Er schloß einen Vertrag, durch welchen jene
verpflichtet wurden, Sicilien mit ihren Einfällen zu ver-
schonen. Diese Insel hatte sich nämlich dem Cassiodor
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Extrahierte Personennamen: Chlodwig Odofleda Siegmund_von
Burgund Bkschoff_von_Ticinnm Viktor Viktor
Sechstes Hauptstück. Die Lvngobarden.
115
Sechstes Hauptstüek.
Die Lvngobarden.
(568).
Auf I u st i n i a n folgte sein Neffe Z u st i n u s Ii.,
welchen das Volk von Constantinopel mit den besten Hoff-
nungen begrüßte, der aber bald zeigte, daß er der Regie-
rung nicht gewachsen fey. Unter ihm gieng beinahe ganz
Italien an ein Volk verloren, dessen sich N a r s e 6 zur
Eroberung des Landes bedient hatte. Dieses Volk waren
die Lvngobarden, einst im Bunde mit den Cheruskern
wider Marbod siegreich, jetzt nach Vertilgung der Heruler,
in den Ländern von der Morawa bis zur Theiß, nördlich
von der Donau, wohnhaft. Ein Heldenjüngling, Namens
Alboin herrschte über sie. Seine erste Waffenthat war
es gewesen , daß er einen Sohn T h v r i s m u n d 6, des
Königs der Gepiden, erschlug. Zu demselben Könige zog
er nachher, aus seiner Hand eine Rüstung zu empfangen.
Denn ein fremder Fürst mußte lvngobardische Königs-
söhne mit der Waffenehre bekleiden: so verlangte es die
Sitte, und, ehe dieser nicht Genüge geschehen, durste der
Sohn nicht an des Vaters Tische speisen. Obgleich er-
grimmt über die Ermordung des Sohnes, achtete Thoris-
mund dennoch das Recht der Gastfreundschaft und den
Muth des jungen Mannes, und legte dem Mörder die
Waffen des Erschlagnen an. Als der Lougvbardenkönig
Audoin gestorben, und sein Sohn Alboin ihm in der
Regierung gefolgt war, erhub dieser Krieg wider Kuni-
mund, den Sohn Thorismunds. Der C Hag an der
A raren leistete ihm Hülfe; die Gepiden erlagen gänz-
lich; Kunimund fiel in der Schlacht durch Albvins Hand,
Baucr's Gesch. Ii. Bd. 8
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Zehntes Hauptstück.
508
der das Blut und die Schönheit, Han er den Verstand.
Der immergrüne, von den Schicksalsgöttinnen bewässerte
Zeiten- oder Weltbanm, die Esche Yggdrasil, treibt
die weithin schattenden Zweige über Erde und Himmel
hinaus; ihre drei Wurzeln erreichen, die eine die Unter-
welt, Nifelheim, wo sie der Drache Nidhögg in der
Welle Hvergclmer immerdar benagt, die andre Utgard
und die Niesen (Rimthursars, Jätten) die letzte Mid-
gard, den Aufenthalt der Menschen, und Asgard. Hier
an dem weißen Brunnen Urdas haben die Götter oder
Äsen ihre Gerichtsstätte; täglich reiten sie dahin über die
Ascnbrücke Bifrost, den Negenbvgen. Auch stehet ein
Patlast am Brunnen unter der Esche. Aus demselben
kommen drei Jungfrauen und bestimmen aller Menschen
Schicksal und Lebenszeit. Die erste der Nor neu heißt
Urda (Vergangenheit), die andre Verdande (Gegen-
wart), die dritte Sknld (Zukunft). Sie graben ihre
unwiderruflichen Sprüche in Tafeln ein, und besprengen
täglich den Weltbanm, damit seine Aeste nicht verdorren
und ausgehen mögen. Nahe denselbigen Göttern wohnen
in Walhalla (Halle der im Kampfe Gefallnen) die ver-
klärten Helden, welche ans der Wahlstatt den Tod ge-
funden haben. Das goldne, von Odin erbaute Schloß,
ein Theil Asgards, ist mit Speerschäften getäfelt und
mit Schilden gedeckt; vor ihm dehnt sich ein lieblicher
Hain aus, dessen Bäume goldne Blätter tragen, Glasor
(Goldhcim) genannt. Jeden Morgen ziehen die E b e n-
bürtig en (Eniherien), achthundert aus jedem der fünf-
hundert und vierzig Thore, auf die Kampfbahn, und
streiten bis Mittag; dann kehren Alle, von Wunden und
Schmerzen schnell befreit, heimwärts zum Schmause, spei-
sen Eberfleisch, das sich stets wieder erneuert und trin-
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