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1. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 82

1885 - Wiesbaden : Bergmann
82 Übergang aus der Merovingifchen in die Karolingische Zeit. folger, daß sie, statt durch die Aufstellung einer festen Erbfolgeordnung die Einheit des Reiches und der Reichsgewalt zu sichern, durch den Grundsatz Der Teilung die Kraft des Reiches schwächten und vielfache Kämpfe unter den Teilkönigen und ihren Anhängern herbeiführten. Chlodowech hatte vier Söhne; es fand daher eine Vierteilung des Reiches statt. Ein günstiges Geschick vereinigte noch einmal das ganze Frankenreich in Einer Hand. Drei der Linien starben ans, und nur Clotar I. blieb übrig (558). Von dessen Söhnen hatte der eilte, Ehilperich, den richtigen Gedanken, nach des Vaters Tode (561) sich der Herrschaft über das Ganze bemächtigen" zu wollen. Allein der Widerspruch seiner Brüder Sigbert, Eharibert und Guntram zwang ihn, davon abzustehen. Weder Eharibert noch Gnntram hatten männliche Erben; so zerfiel nach ihrem Tode das Ganze in nur zwei Teile, einen westlichen (Neustrien) und einen östlichen (Austrasten). Jener war überwiegend romanisiert, dieser überwiegend germanisch. Zwischen dem Australier Sigbert und dem Neustrier Ehilperich entbrannte ein heftiger Kampf. Beide hatten Töchter des westgothischen Königs Athenagild zu Frauen, Sigbert die jüngere, Brunhilde, Ehilperich die ältere, Gailaswind oder Gaiswintha. Ehilperich hatte neben seiner Gattin noch eine Geliebte, Fredegunde. Auf deren Anstiften ward Gaiswintha ermordet. Ilm sie zu rächen, überzog Sigbert seinen Bruder mit Krieg, eroberte Paris und ward von den Nenstriern als König anerkannt. Aber auch er siet durch Meuchelmörder, welche Fredegunde gedungen hatte (576). Das gleiche Schicksal traf Ehil-p er ich (584), man weiß nicht, ob durch Brunhildens Rache, oder ob als Opfer einer Treulosigkeit Fredegundeus. So blieben nur die beiden Frauen Brunhilde und Fredegunde zurück, Brunhilde als Vormünderin erst für ihren, damals noch unmündigen Sohn Childeber t Ii., dann, nach dessen frühzeitigem Tode, für dessen nachgelassenen beiden kleinen Söhne, Theodebert und Theoberich, Fredegunde für den unmündigen Sohn Ehilperichs, Chlotar Ii. Bevor noch der glühende Haß der beiden Frauen gegeneinander in offenen Krieg ausbrach, starb Fredegunde. Ihr Sohn Chlotar Ii. behielt Neustrien. Von den beiden Enkeln Brunhildens erhielt Theodebert Austrasten, Theoberich das, durch Guntrams Tod (593) inzwischen freigeworbene Burgund. Auch zwischen diesen Brüdern entbrannte ein blutiger Krieg: Theode-rich besiegte seinen Bruder und ließ ihn umbringen (611), starb aber selbst schon im -folgenden Jahre, man glaubte, von seiner Großmutter Brun Hilde vergiftet. Diese wollte nun als Vormünderin ihrer Ur-

2. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 83

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Übergang aus der Merovingifchen in die Karolingische Zeit. 83 • enfes sich abermals der Regierungsgewalt bemächtigen. Da erhoben sich die australischen und bnrgundischen Großen und riefen Chlotar Ii. herbei, damit er, als letzter großjähriger männlicher Sproß der Herrscherfamilie, der Mißregierung Brunhildens ein Ende mache. Brunhilde ward ihm ausgeliefert; Chlotar ließ die siebzigjährige Greisin an den Schweif eines wilden Pferdes binden und so zu Tode schleifen; ihre Urenkel wurden mit ihr getötet. So war von Anstrasien aus und, wie man wohl sagen darf, durch das dort vorwaltende noch unverdorbenere germanische Element ein Rückschlag gegen die maßlose Verderbnis des Merovingischen Königtums erfolgt. Die Großen blieben dabei nicht stehen, sondern zwangen Chlotar Ii. zu einer Beschränkung seiner Gewalt, zunächst allerdings in ihrem eigenen Interesse, aber doch auch zugleich im Interesse der öffentlichen Ordnung und des Rechtsschutzes Aller. Die Bischöfe sollten hinfort von der Geistlichkeit und vom Volk ihrer Sprengel gewählt, vom König nur bestätigt, Verbrechen der Geistlichen vor das Gericht des Bischofs verwiesen, Prozesse zwischen Angehörigen der Kirche und freien Gaugenossen von einem gemischten Gerichte aus Weltlichen und Geistlichen entschieden werden; der König sollte die Grasen aus Angesessenen des Gaues selbst nehmen; ungerechte Steuern und neue Zölle sollten in Wegfall kommen; endlich sollten die Leute des Königs dessen Schweine nicht in geistliche oder Privatforsten zur Mast treiben. Ferner mußte Chlotar Ii. seinen Sohn Dagobert zum Regenten Austrasiens ernennen, weil die austrasischen und burgun-b t sch eit Großen nicht von Neustrien aus regiert sein wollten, und er mußte die Fortbauer der Hausmeierwürbe bestätigen, als einer Schranke gegen Übergriffe der königlichen Gewalt. Das Amt des Hausmeiers war ursprünglich ein bloßes Hofamt; der Hausmeier war der erste Palastbeamte des Königs. Jetzt würde bei’selbe eine Art Mitregent des Königs im Namen der Großen. Es war ein Glück sür das, durch die heillose Wirtschaft der Mero-binger sichtlich seiner Auslösung im Innern wie nach außen entgegen-geführte Frankenreich, daß dieses Amt der Hausmeier in die Hände eines Geschlechtes kam, welches einerseits die äußeren Mittel besaß, um sich einen nachhaltigen Einfluß zu sichern, andrerseits eine. Reihe tüchtiger Männer aus sich gebar, die diesen Einfluß im Interesse des Ganzen übten. Es war dies das Geschlecht der Pipine, einer alten, reichbegüterten und hochangesehenen Familie von echt germanischer Abstammung, deren ausgedehnte Besitzungen in den Ardennen lagen. Einem Mitgliede dieser Familie, Pipin von Landen (so zube-

3. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 86

1885 - Wiesbaden : Bergmann
86 Karl der Große: seine kriegerische Tbätigkeit. zu dem sogenannten „Kirchenstaat", welcher den Päpsten neben ihrer geistlichen auch eine weltliche Macht, als Landesherren, verlieh Seiner neuen Königswürde zeigte sich Pipin würdig: die Sachsen besiegte er zweimal und zwang sie zur Zahlung eines Tributs; die abermals in Südfrankreich eingefallenen Manren warf er nach Spanien zurück; gegen .den unbotmäßigen Herzog von Aquitanien, Waifar, führte er solange Krieg (teils persönlich, teils durch seinen Sohn Karl), bis derselbe von seinen eigenen Leuten ermordet und damit die Unterwerfung Aquitaniens von neuem besiegelt ward. Auch die Bayern zwang er, wenn schon nur vorübergehend, zum Gehorsam. Diese vielen Anforderungen an seine kriegerische Thätigkeit ließen ihn zu einer eingreifenden gesetzgeberischen Wirksamkeit im Innern nicht kommen. Nur einige Verordnungen, zumeist sittenpolizeilichen Inhalts (z. B. über das Leben der Geistlichen), haben wir von ihm. Man hat Pipin für den Wiederhersteller des sog. „Mürzfeldes", d- l)- der regelmäßigen Versammlungen der Großen, ausgegeben; allein solche Versammlungen kommen, wenn nicht früher, doch sicherlich unter Karl Martell schon wieder vor. Nur soviel scheint richtig, daß Pipin sie vom März auf den Mai verlegte. >zu seinen Kapitularien bezieht er sich stets aus Oie Zustimmung der Großen. Er mußte diese schonen, weil sein junger Thron wesentlich auf ihnen beruhte. Daher mag es auch kommen, daß Pipin nicht, wie vor ihm fein Vater und nach ihm fein großer Sohn Karl, beit Machtgelitften derselben zum schütz der Geringeren entgegentrat, eher sie auf deren Kosten bevorzugte.*) Drittes Kapitel Karl der Große: seine kriegerische Thätigkeit. ^ipin der Kurze starb 768. Von seinen zwei Söhnen, Karl (geb. 742) und Karlmann, folgte ihm der letztere im Tode 771. Er Hinterließ zwei Knaben. Mit Übergehung dieser machte sich Karl unter Zustimmung der Großen zum Alleinherrscher. Die *) So in dem merkwürdigen Kapitulare von 754, nach welchem eine Berufung vom Grafengericht an den König, außer bei Rechtsverweigerung, mit Prügelstrafe bedroht, betreffs der Vornehmeren aber eine Ausnahme gemacht wird.

4. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 109

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Teilung der Karolingischen Monarchie, Entstehung eines Deutschen Reichs. ^0^ Don Attila, vom Drachentöter Siegfried und andere, die erst später (im „Nibelungenliede") feste Gestalt gewannen, von Munde zu Munde gegangen sein, bis Karl der Große daran dachte, sie sammeln zu lassen. Leider ist diese Sammlung wieder verloren gegangen, vermutlich durch die Nachlässigkeit, wo nicht durch den bösen Willen der Geistlichkeit, die darin verdammenswerte Ausgeburten des Heidentums erblickte. Nur ein paar alte volkstümliche Dichtungen sind uns durch Mönche gerettet worden, sreilich als bloße Bruchstücke,das sog. „ W ess o b rn nner Gebet", eine geistliche Dichtung, ein episches Gedicht vom Weltuntergänge mit dem, an das altnordische Heidentum erinnernden, Titel „Muspilli", das „Hildebrandlied", (von dem Kampfe des greisen Hildebrand, eines Helden aus dem Kreise des Gothenkönigs Theodorich, mit seinem Sohne Hadnbrand, der, ohne ihn zu kennen, ihn dazu herausfordert), endlich das „Ludwigslied" auf den Sieg drtes weststsränkischen Königs über die Normannen. Zehntes Kapitel. Teilung der Karolingischen Monarchie, Entstehung eines Deutschen ftnchs. ^parl der Große hatte drei Söhne, Karl, Pipin und Ludwig. Unter sie hatte er bereits aus den Fall seines Todes das Reich geteilt. Allein Pipin und Karl starben 810 und 811, und so fiel bei des großen Kaisers Tode (s 14) das ganze Reich ungeteilt dem allein überlebenden Sohne Ludwig zu. Die deutsche Geschichtsschreibung hat ihn „den Frommen" zubenannt, die französische nennt ihn „ledebon-naire“, was so viel wie schwachherzig, unselbständig bedeutet. Allerdings ist seine Frömmigkeit bisweilen in allzu große Nachgiebigkeit gegen die Geistlichkeit und ihre Interessen ausgeartet. Im Anfang regierte Ludwig kräftig, reinigte den Hof seines Vaters von der teilweise daselbst eingerissenen Leichtfertigkeit der Sitten, setzte dessen Bestrebungen für Beschränkung der Großen und Erleichterung der Ärmeren eifrig fort, kämpfte auch tapfer gegen die äußeren Feinde des Reichs, insbesondere die Slawen. Später verfiel er dem Einfluß unweiser Ratgeber und mehr noch dem seiner zweiten Gemahlin, aus dem Geschlechte der Welsen, namens Judith. Ihr zu Liebe wollte er seinen Sohn aus zweiter Ehe, Karl („der Kahle" zubenannt), vor

5. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 66

1885 - Wiesbaden : Bergmann
66 wirtschaftliche Zustände; Lebensweise. milderen Klima und ihrem üppigen Boden zu größerer Thätigkeit des Anbaues und belohnte jede solche Thätigkeit reichlicher. Hier fanden die Franken eine sorgsame Pflege des Ackerbaues bor, namentlich auf den Großgütern der reichen Römer, eine vielseitig ausgebildete Ge-werbthätigkeit, dazu mancherlei Verkehrsbeziehungen nach allen Seiten hin in den römischen Städten. Schon dadurch mußten sie zu einem seßhaften und werkthätigeu Leben geneigter gemacht werden. Nach der Befestigung und Abrundung des fränkischen Reiches durch Chlodowech und dessen Nachfolger hörten auch jene auswärtigen Kriege eine Zeitlang auf, welche jedesmal den ganzen Stamm unter die Waffen gerufen hatten. Die an deren Stelle tretenden inneren Kriege waren mehr Partei- als Nationalkriege; sie wurden daher mehr mit den Gefolgen der verschiedenen Thronbewerber, als mit dem allgemeinen Herbann ansgesochten. So konnte ein Teil der Bevölkerung sich friedlichen Beschäftigungen zuwenden, während der andere unter den Waffen blieb. Daß dies wirklich geschehen ist und daß sowohl Ackerbau und Viehzucht als auch mancherlei Gewerbthätigkeit wesentliche Fortschritte gemacht haben, ersehen wir ans dem „Volksrecht" der Franken, der sog. Lex Salica*). Allerdings betrifft ihr Inhalt zunächst das westliche Frankreich; daß aber allmählich auch das östliche an jenen Fortschritten teilgenommen, darauf deuten wiederum manche Bestimmungen der später entstandenen rechtsrheinischen Volksrechte. Zwar steht noch immer die Viehzucht in erster Linie des Betriebes, aber gerade sie erscheint gegen früher bedeutend vervollkommnet. Wir lesen da von „Zuchthengsten für zwölf Stuten" und von „Zuchtbullen für drei Gehöfte", also einer Art von Genossenschaften zur Veredlung des Viehstammes; wir entnehmen aus der hohen Buße, die auf die Entwendung oder Schädigung eines solchen Tieres gesetzt ist (62 Schillinge für den Zuchthengst, 45 für den Zuchtbullen), wie hoch man dieselben schätzte. Die gegen den Diebstahl an Gänsen und an Bienen sich wendenden Bestimmungen zeigen, daß sowohl Gänse- als Bienenzucht fleißig betrieben ward. Wie sehr aber auch der Ackerbau jetzt in Ansehen steht, bekundet it. a. die auffallende Thatsache, daß der Diebstahl eines Pserdes, „welches vor dem Pfluge geht," nahezu ebenso hoch gebüßt wird, wie der eines Streitrosses (jener mit 40, dieser mit 45 Sch.). Schon werden die einzelnen Feldstücke genauer ■ voneinander abgegrenzt und sorgfältiger eingehegt, wie dies daraus *) ©tue kritische Separatausgabe der Lex Salica, besorgt von Fr. Behrend, erschien 1874. Angehängt sind die späteren Zusätze dazu, bearbeitet von A. Boretins.

6. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 84

1885 - Wiesbaden : Bergmann
/ 8^ Übergang aus der Merovingifchen in die Karolingische Zeit. nannt von einem der Familiengüter) gelang es, im Einvernehmen m it einem ihm geistesverwandten, ebenfalls sehr einflußreichen, höheren Geistlichen, dem Bischof Arnulf von Metz, im Innern die Ordnung herzustellen, nach außen das Reich wieder zu kräftigen. Die Angriffe der Sachsen und der Slawen auf die östlichen Grenzen wurden zurückgeschlagen; die dem Reiche nahezu entfremdeten Stämme östlich des Rheins wurden fester an dasselbe gekettet. Nach Dagoberts und Pipins Tode (63<s und 639) brachen aber- mals Parteiungen aus. Dem Sohne Pipins, Grimoald, gelang es indes, ihrer Herr zu werden. Als dieser aber den unmündigen Dagobert Ii. ins Kloster schicken und seinen eigenen Sohn an dessen Stelle zum König erheben wollte, brach ein Aufftaud der Großen gegen ihn los; er und sein Sohn verloren das Leben, und sein ganzes Hans ward auf einige Zeit aus der Stellung verdrängt, die es zum Heile des Reichs eingenommen hatte. Wiederum begannen Unordnungen im Innern, Angriffe von außen. Da glückte es einem Sohne der Tochter Pipins von Landen und des Sohnes Arnulfs, (der aber mich den Familiennamen Pipin führte, und zwar, von einer andern Besitzung, Pipiit von Her ist all), sich des Hausmeieramtes in Australien wieder zu bemächtigen. Er besiegte den nenstrischen Hansineier (bei Testri unweit St. Quentin) und machte sich so zum Hausmeier in allen Teilen des Reiches (687). Ihm folgte (714) fein Sohn Karl, der wegen feiner eisernen Thatkraft „Martell", d. h. Hammer, zubenannt wurde. Durch glückliche Kämpfe nach außen befestigte er seine Macht. Der glänzendste feiner Siege war der über die Mauren oder Saracenen (bei Poitiers 732), die, nach der Zerstörung des westgothischen Reiches in Spanien, in das Frankenreich vorgedrungen waren. Da sie, als Anhänger Mohammeds, das Christentum bedrohten, so erschien Karl Martell zugleich als dessen Erretter. Anch die Bayern und Alemannen besiegte er und brachte sie unter die Hoheit des Reiches zurück. Nach seinem Tode (714) regierten seine beiden Söhne, Pipin der Kurze (er war mehr kräftig, als schlank) und Karlmann. Gleich Königen teilten sie das Reich nnter sich. Karlmann ging jedoch 747 ins Kloster und überließ seinem Bruder die ganze, ungeteilte Macht des Hansmeiertnms. Wie sehr diese Macht gewachsen war, sieht man daraus, daß Pipin in den „Kapitularien" (Verordnungen), die er erließ, nicht im Namen des Königs, sondern im eigenen Namen spricht („Ich, Pipin, verordne n\"), und daß er sich als „Herzog und Fürst der Franken" bezeichnet.

7. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 96

1885 - Wiesbaden : Bergmann
96 Karls des Großen Maßregeln Zn Gunsten der Landwirtschaft, :c. luchte vielmehr auch direkt alle Zweige wirtschaftlicher Thätigkeit, ganz besonders die Landwirtschaft, zu fördern. Er selbst war, wie der größte Grundbesitzer, so auch sicherlich der eifrigste und betriebsamste Landwirt in seinem ganzen weiten Reiche. Mit einer bis ins kleinste gehenden Sorgfalt schrieb er den Beamten auf seinen königlichen Gütern vor, was sie thun sollten, um den Betrieb dieser Güter auf den möglichsten Grad der Vollkommenheit zu bringen. Das berühmte Kapitulare von 812 („von den königlichen Gütern") ist ausschliesslich diesem Gegenstände gewidmet. Da werden zuerst die Amtleute angewiesen, während der Feldarbeiten, beim Säen, Pflügen, Ernten, Heuschneiden, bei der Weinlese, ordentlich Aufsicht zu üben, damit die Arbeiten wohl ausgeführt werden. Die Unterbeamten (Meier) sollen keine größere Dienstbezirke zugeteilt erhalten, als welche sie an Einem Tage abgehen können. Genan wird angegeben, wieviel Hühner und Gänse auf einem Haupthof, wieviel auf einem Nebenhofe gehalten werden sollen, welche Bäume, Pflanzen und Blumen in den Gärten zu hegen seien, welche Felderzeugnisse die Amtleute in die königlichen Frauengemächer zu liefern haben (Flachs, Wolle, Weberdisteln k.), damit sie dort verarbeitet würden (bekanntlich spannen und webten Karls des Großen Gemahlin und Töchter selbst), was mit dein Wein geschehen müsse, damit er gut gerate; es werden Vorschriften erteilt über die für das Vieh zu erbauenden Ställe, über die Mast der Schweine, der Ochsen, der Schafe, über das Halten von edleren Hühnern (Fasanen, Pfauen, Rebhühnern), über die Pferdezucht, die Bienenzucht, die Forstwirtschaft. Es soll im rechten Maße gerodet, d. h. Waldland urbar gemacht werden, doch so, daß der Wald nicht zu sehr gelichtet werde. Von dem gerodeten Wald sei ein Teil „an geeignete Leute zur Bebauung zu überlassen." Ähnliche Vorschriften finden sich in bezug auf die Handwerke, welche auf den Gütern betrieben wurden. Da ist die Rede von Eisen-, Gold- und Silberschmieden, Drechslern, Stellmachern, Seifensiedern, Netzstrickern, Bäckern und Bierbrauern, die jeder Amtmann in gehöriger Zahl in seinem Dienste haben soll. Auf allen königlichen Gütern müssen reichliche Vorräte von allem Notwendigen vorhanden sein, und die Amtleute werden angehalten, regelmäßig Verzeichnisse einzusenden, d. h. also Rechnung zu legen, sowohl von diesen Vorräten als auch von dem, was sonst aus den Gütern eingekommen sei. Auch die von Karl vorgenommenen Kolonisationen förderten die Landwirtschaft. Wenn Karl Massen der besiegten Sachsen nach Süd-deutschland übersiedelte, so mußten diese neuen Ansiedler, um Raum

8. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 105

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Ruiturzustände des Frankenreichs unter Karl dem Großen. den Schutz der kleinen Freien gegen Bedrückungen durch die Großen gerichtet waren, läßt sich bei einer unbefangenen Betrachtung seiner verschiedenen Regierungshandlungen (wie solche streng ncitfi urkundlichen Quellen oben geschildert sind) nicht wohl verkennen. Eine andere Frage aber ist: inwiefern die Zwecke, he Karl der Große sich vorgesetzt, wirklich erreicht wurden. Die Biographen des großen Kaisers lassen uns darüber im Dunkeln; sie sprechensast nur von seiner Person und seinen Kriegsthaten, kaum beiläufig einmal von seiner Regententhätigkeit und vollends nicht von deren Wirkungen. Von den Berichten, welche Karls Sendboten ihm erstattet haben werden, ist nichts aus uns gekommen, ausgenommen Andeutungen, wie etwa jene Schilderung des Zustandes der kleinen Freien, welche das Kapitulare von 811 enthält. Wir können uns daher zwar wohl (auf Grund der Kapitularien) von der Regententhätigkeit Karls, dieser nach allen Richtungen hin so vielseitigen und so tiefeingreifenden Thätigkeit, nur schwer aber davon ein Bild machen, wie sich unter ihm und durch ihn das Kulturleben seines Volkes thatsächlich gestaltet haben möge. Lediglich einige Rückschlüsse darauf aus eben jenen Anordnungen, die Karl traf, sind uns vergönnt. Was die rechtlichen Zustände betrifft, so kömmt wir uns nicht verhehlen, daß der Plan Karls, die, ebensosehr dem Throne wie dem Volke nachteilige, Machtsteigerung der großen Lehnsaristokratie in ihrem weiteren Fortschreiten aufzuhalten und in ihren Wirkungen zu mäßigen, nur teilweise gelang, und zwar mehr nach Seiten des Thrones, als des Volkes. Die Notlage der kleinen Freien, welcher Karl abhelfen wollte, war und blieb im wesentlichen unverändert. Fast unmittelbar nach Karls,Tode ließ sein Nachfolger eine iteite Untersuchung darüber anstellen. Und da (so erzählt dessen Biograph Thegan) „fanden die Sendboten des Königs eine unzählige Menge von Unterdrückten, fei es, daß ihnen das väterliche Erbe entzogen, oder die Freiheit geraubt war, was ungerechte Diener, Grafen und Vicegrafen in schlechter Gesinnung zu thun pflegten." Daß die landwirtschaftlichen Zustände des Reichs durch Karls fürsorgliche Maßregeln mancherlei Förderung erfahren haben, ist nicht zu bezweifeln. Urkundliche Belege zeigen, daß die musterhafte Bewirtschaftung seiner eigenen Güter, welche Karl einführte, wenigstens von einem Teile der Großen nachgeahmt ward. Andererseits kam die Parcellierung der Domänen und ähnliches den kleinen Leuten zu gute. Die vielen Vorschriften Karls für die Klöster, welche deren Insassen u. a. zu wirtschaftlicher Thätigkeit anwiesen, werden

9. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 91

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Karl der Große als Regent und Gesetzgeber. 91 der Hof eine wirksame Schule der Dienstbarkeit und Ergebenheit gegen den regierenden Oberherrn gewesen. Die Pracht, womit Karl sich umgab, und der Zauber seiner mächtigen Persönlichkeit konnte des Eindrucks aus die Großen nicht verfehlen, die teils als Würdenträger des Königs, teils als Besucher seiner gastlichen Hofhaltung ihm nahetraten. Auch der Umstand trug dazu bei, daß Karl an verschiedenen Orten, bald diesseits des Rheins, in Ingelheim, in Nym-wegert, zumeist in Aachen, bald jenseits, in Soissons, in Paris, in Orleans, Hof hielt, so daß die verschiedensten Kreise von diesen höfischen Einflüssen berührt wurden. Den Teil der Großen, der im Lande Gewalt übte, hielt Karl durch allerhand Maßregeln fest in seiner Hand. Die Herzogsgewalt, die ihren Inhabern eine allzu selbständige Stellung gewährte, schaffte er gänzlich ab. Die Grafen (die Markgrafen ausgenommen) schränkte er immer aus einen einzigen Gau ein; auch nahm er sie (abweichend von dem unter Chlotar Ii. aufgestellten Gruubsatz), wo möglich nicht aus dem Gau selbst, damit sie nicht von Haus zu viel Macht und Ansehen hätten. Für ihre richterliche Thätigkeit gab er ihnen strenge Instruktionen. Sie sollten nicht um der Jagd und an-berer Vergnügungen willen die Gerichtstage versäumen ober abkürzen, „nüchtern" die Parteien anhören und die Sachen zum Austrag bringen, barauf halten, daß jeder nach seinem Stammesrecht gerichtet werbe, nicht Geschenke nehmen, noch weniger ihre Gerichtsbefohlenen, freie Männer, mit Zwang ober bitrch Drohungen bahnt bringen, daß sie ihnen selbst Dienste leisteten ober ihren Leuten Herberge gewährten; sollten vor allen anberti die Streitsachen von Witwen, Waisen und Annen vornehmen und bafür sorgen, daß solche nicht in die Länge gezogen würden. Würben sie aus Nachlässigkeit Rechtsverzögerungen herbeiführen fo sollte das Dritteil des fog. Friebensgelbes, das in der Regel sie bezogen, dem Könige verfallen sein.*) Zur Überwachung der Grasen schuf Karl ein ganz neues Institut, das der Seubgrasen ober Königsboten (rnissi). Es waren das Beamte mit außerorbent-lichen Vollmachten, die in alle Teile des Reichs gesanbt würden, gewöhnlich zwei zusammen, ein Bischof und ein Graf. Auch sie erhielten sehr genaue Instruktionen. Der Btschof hatte barauf zu sehen, daß Bischöfe, Äbte, Priester, Mönche ttttb Nonnen nach den Regeln der Kirche und ihrer Crben lebten; der Senbgraf hatte zu prüfen, ob die Gaugrafen ihres Amtes recht walteten, nicht Anne, Witwen und *) S. die Kapitularien von 782, 783, 802, 803, 807 rc.

10. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 110

1885 - Wiesbaden : Bergmann
j 10leitung der Karolingischen Monarchie, Entstehung eines Deutschen Reichs. feinen älteren Söhnen Lothar, Pipin und Ludwig bevorzugen. Dadurch geriet er in offenen Kampf mit biefen, fiel sogar in bereit Gefangenschaft. Zwar wurde er wieber frei, allein balb verwickelte er sich in neue Streitigkeiten mit den Söhnen, und so war es ein Glück für ihn, daß er (840) starb. Inzwischen war fein Sohn Pipin ihm im Tode vorausgegangen, so daß nur Lothar, Ludwig und Karl übrig blieben. Lothar, als Ältester, nahm die Herrschaft über das ganze Reich in Anspruch, ward aber von feinen Brüdern, die sich gegen ihn verbanbeit bei Fontenoy besiegt und mußte, nachdem er, um sich zu rächen, das sächsische Volk aufgewiegelt und sogar die Normannen ins Land gerufen hatte, doch endlich nachgeben. So kam 843 unter den brei Brübent der Vertrag von Verbutt zustande, in welchem Karl der Kahle bett westlichen Teil, das heutige Frankreich bis zur Rhone, Saone, Maas und Scheibe, Ludwig („der Deutsche") alles Laub rechts des Rhein und auf dem linken Ufer die Bistümer Mainz, Worms und Speier, Lothar den breiten Streifen Laubes zwischen biefen beibett Gebieten, einschließlich Frieslands, außerdem Italien und den Kaifertitel erhielt. So ward Deutschland ein selbständiges Reich, und von hier an beginnt die eigentlich deutsche Geschieht e.
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