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1. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 18

1887 - Berlin : Dümmler
18 Deutsch-Ostafrika. bestimmten Manne versichert hatte, mit ganz erstaunlicher Gewandt- heit; er verspricht in sprachlicher Beziehung für die dortigen Gebiete das zu werden, was Rebmann für den Küstenstrich geworden ist. Es sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß es gegenwärtig nicht nur ein Dschagga-Lexikon, sondern auch ein vom Missionar Shaw ver- faßtes vergleichendes Wörterbuch des Nika, Teita, Kamba und Suaheli giebt. Wray hatte lange einen schweren Kampf mit dem Gefühl feiner Vereinsamung, zumal da er vergeblich zu arbeiten schien. Daher gereichte es ihm zum großen Trost, als nach einigen Monaten Handford erschien, um ihn zu besuchen. Dieser fand ihn trotz aller anscheinenden Erfolglosigkeit in der rechten Stimmung und konnte seine Art und Weise nur billigen. Schon vorher hatte ihm der Reisende Thomson, der ihn besuchte, ein günstiges Zeugnis ausgestellt. Als die Heiden ihn eines Tages darum angingen, seine Zauberkräfte zur Erzielung von Regen zu verwenden, bestellte er sie zum nächsten Sonntag nach seinem Hause und betete vor ihren Augen. Am nächsten Tage regnete es und das Erstaunen der Heiden benutzte er, um noch am selben Tage eine Schule zu eröffnen, zu welcher auch 20 Menschen kamen. Die meisten erlernten das Alphabet an einem Tage. Aber am Abend verlangten sie — Bezahlung. Einen eigentlichen Erfolg konnte er nicht bemerken. Der einzige, der sich ein wenig zugänglicher zeigte, war ein Mann, der sonntäglich zur Kirche kam, keine Sonntagsarbeit that und reine Kleider trug; aber er war kein Teita, sondern ein entlaufener Sklave, der eine Teita- Frau geheiratet hatte. Es läßt sich denken, wie unter solchen Um- ständen dem Missionar trotz seiner prachtvollen Aussicht auf die schneebedeckten Häupter des Kilima-Ndjaro zu Mute gewesen sein muß. Leider mußte er schon im nächsten Jahre, als die Hungersnot lange währte, feinen Posten aufgeben. Nachdem nämlich endlich an der Küste reichlicher Regen eingetreten war, blieb merkwürdigerweise das Gebiet von Teita gänzlich regenlos. Der Hunger wurde uner- träglich. Die Ursache wurde von etlichen der Anwesenheit des weißen Zauberers, bald seiner Glocke, bald seinen Instrumenten zu- geschrieben, und nur dem Umstaude, daß mittlerweile eine Fehde zwischen seinen Nachbarn und einem Dorfe entstand, in welchem seine erbittertsten Feinde wohnten, verdankte er feine Rettung. Im elendesten Zustande kam er nach Freretown und wurde nun dem Bi- schof Hannington nebst Handford ein willkommener Begleiter auf den Reisen nach dem Innern. Zuerst ging es wieder nach Teita

2. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 38

1887 - Berlin : Dümmler
38 Deutsch-Ostasrika. vielleicht das Dreifache zahlen, und auch darauf gefaßt fein, daß viele Träger ihm entlaufen. Aus dem Innern nach der Küste hinab gehen die Karawanen, mit Ausnahme der eigentlichen Regenzeit, immer; aber es hält fchwer, die Leute von Unyanyembe zwischen Oktober und Mai zum Verlaffen ihres Herdes und ihrer Felder zu bewegen. Wenn sie ihr eigenes Elfenbein fortschaffen, machen sie sich ohne weiteres auf den Weg, und die Sorge für das Feld bleibt den Weibern und Kindern, aber vom Kaufmanne verlangen sie in dieser Zeit übertrieben hohen Lohn und zaudern auch dann noch. Die Löhnung ist verschieden und wechselt oft. An der Küste liegt manchmal eine sehr große Menge von Trägern, die alle gern so rasch als möglich in ihre Heimat zurückwollen. Dann bricht zwischen den verschiedenen Gruppen heftiger Streit aus, weil jede einzelne die anderen zurückdrängen und zuerst bei einer demnächst abziehenden Karawane in Dienst treten möchte. Als die Wanyam- wezi erst anfingen sich als Lastträger annehmen zu lassen, forderten sie für eine Reife von der Küste bis in ihre Heimat den Wert von sechs bis neun Dollars in Domestics, gefärbtem Baumwollenzeug, Messingdraht und Sungomadschi, das heißt einer Glasperle von der Größe eines Taubeneies. Bald nachher fielen die Löhne, stiegen aber wieder mit dem Anwachsen des Verkehrs bis auf zehn und zwölf Dollars im Jahre 1857. Dazu kommen dann noch die Lebens- mittel, nämlich nach alter Sitte ein Kubabah, 1v5 Pfund Getreide täglich, oder in Ermangelung desselben Manioc, Bataten und der- gleichen, und an der Grenze ein Ochse, der als Geschenk betrachtet wird. Der Lohn für eine Reife nach der Küste ist geringer, weil die Träger auf Rückfracht rechnen. Die Araber nehmen an, daß ein Träger vom Meeresgestade bis an den Tanganyika-See und wieder zurück auf etwa 20 Dollars zu stehen komme. Die Wanyamwezi lassen sich immer nur bis Unyanyembe annehmen, und dort muß man eine neue Schar mieten. Die Stärke einer Karawane hängt natürlich von den Umständen ab; manche zählen nur ein halbes Dutzend, andere dagegen einige hundert Köpfe; sie stehen jedesmal unter einem Mudewa, Kaufmann. An gefährlichen Stellen wird still gehalten, damit mehrere Karawanen sich vereinigen und dann, fünfhundert bis taufend Mann stark, einem Feind erfolgreichen Widerstand leisten können. Aber in manchen Gegenden ist für eine fo große Menschenmenge nicht genug Mundvorrat herbeizuschaffen, und starkekarawanen kommen immer nur langsam vorwärts; manchmal

3. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 40

1887 - Berlin : Dümmler
40 Deutsch-Ostafrika. den Kopf, nachdem er Brust und Lende den Mtongi (Haupteigen- tümer der Waren) gegeben; das Übrige wird unter die verschiedenen Khambi, Tischgenossenschaften, verteilt. Für einen Europäer ist es auch nicht rätlich, mit einer solchen Karawane der Araber zu reifen, weil sie viel Zeit vertrödelt, ohne eigentlichen Plan bald rasch, bald langsam vorwärts geht, und auch sonst mancherlei Übel- stände hat. Anders verhält es sich mit den Handelskarawanen, welche von Suaheli, Wamrima und den Sklavensaktoren (Fundi, etwa ähnlich wie die Pombeiros im portugiesischen Afrika) geleitet werden. Diese wissen mit den Pagazi umzugehen, und verstehen deren Sprache und Sitten. Solche Safari hungern nicht wie jene der Wanyamwezi, und prassen auch nicht wie die Araber. Unterwegs haben sie weniger Beschwerden, an den Halteplätzen richten sie sich gemächlich ein und leiden wenig durch Krankheiten. Diese Halbasrikaner hegen große Abneigung gegen die Araber und alle anderen Fremden, legen ihnen möglichst Hindernisse in den Weg, verbreiten unter den Eingeborenen allerlei nachteilige Gerüchte, verlocken die Träger und Sklaven zum Ausreißen und geben sich die größte, obwohl vergebliche Mühe, ihr altes gewinnreiches Monopol des Handels mit dem Innern zu be- haupten. Burton. 10. Leben und Treiben in einem ostafrikanischen Dorfe.*) Der Ostasrikaner führt ein weit behaglicheres Leben als der indische, vielgeplagte Bauer, der Reiot, und kann in dieser Beziehung den Vergleich mit der großen Masse der Landleute maucher europäi- scher Länder aushalten. Das gilt freilich nur von folchen Bezirken, welche nicht allzusehr durch den Sklavenhandel zerrüttet worden sind. Zum Nachtlager dient eine Kuhhaut und man steht früh aus. Am Tage ist die Hütte kühl und ganz angenehm; beim Schlafengehen wird jedoch der Eingang zugemacht und dadurch die Luft drückend und unangenehm. In der Stunde vor Sonnenaufgang verspürt man Kälte, zündet ein Feuer an und greift sogleich zu dem unzer- *) Forschungsreisen in Arabien und Ostafrika. Ii. Bd. (Burton, Speke, Ätebinann, Krapf.) Bearbeitet von Karl Andree. Leipzig, 1861, Costenoble.

4. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 41

1887 - Berlin : Dümmler
Leben und Treiben in einem ostafrikanischen Dorfe. 41 trennlichen Gefährten, der Tabakspfeife. Späterhin wird der aus Binsen geflochtene Thürvorhang weggenommen, und man geht hin- aus, um sich von den erwärmenden Strahlen bescheinen zu lasfen. Die Dörfer sind stark bevölkert, die Häuser stehen dicht neben ein- ander, und die Bewohner derselben können in aller Bequemlichkeit miteinander schwatzen. Etwa um sieben Uhr ist der Thau vom Grase verschwunden, und nun treiben die Knaben das Vieh auf die Weide hinaus, um erst gegen Sonnenuntergang mit demselben zurück- zukehren. Abends um acht Uhr genießt man einen Brei, der aus Durra bereitet wird; man nennt ihn Ugali; wer sich Pombe, Bier, verschaffen kann, trinkt davon von früh bis spät. Der Mann hat nach seinem Frühimbiß die Pfeife genommen und ist zur Jwanza gegangen, einer großen Hütte, welche als Ver- sammlungs- und Gesellschaftsort dient und wohin die Frauen nicht kommen dürfen. Dort verweilt er den größten Teil des Tages über müßig, fchwatzt, lacht, fchläft und fchmaucht Tabak. Nicht selten vertreibt er sich die Zeit durch Spiel, denn das ist seine Leidenschaft. Sehr beliebt ist „Kops oder Rücken", das er mit einem flachen Steine, einem runden Stück Zinn oder mit dem Boden eines zer- brochenen Topfes spielt; einige verstehen auch das Bao, welches an der Küste häufig vorkommt; es ist eine Art von Roulette, das man mit starken Marken spielt, auf Tafeln, in welchem tasten- förmige Vertiefungen angebracht sind. Unter den Wanyamwezi haben sich manche durch das Spiel so sehr zu Grunde gerichtet, daß sie sich als Sklaven verkaufen mußten; andere haben ihre Mutter gegen eine Kuh oder zwei Ziegen beim Spiel eingesetzt. An Streitig- keiten und Schlägereien ist natürlich bei solchen Belustigungen kein Mangel, sie pflegen indessen unter Bewohnern ein und desselben Dorfes unblutig abzulaufen. Zu anderweitigem Zeitvertreib schnitzelt man an einem Stück Holz, bohrt Pfeifenröhre und umflicht dieselben mit Draht, schert einem Nachbar den Kopf, zieht sich auch wohl die Haare aus Bart, Brauen und Augenlidern, oder putzt an den Waffen herum. So kommt die Mittagszeit heran und der Afrikaner schlendert nach Hause, um gegen ein Uhr seine Hauptmahlzeit einzunehmen, welche die Frau für ihn bereit hält. Jndeffen liebt er es doch fehr, mit anderen beisammen zu sein und läßt auch wohl die Speisen nach der Jwanza bringen, wo sich dann auch seine Knaben und einige männliche Verwandte einfinden, um an der Mahlzeit teil zu nehmen.

5. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 74

1887 - Berlin : Dümmler
74 Die Entdeckung des Albert N'yanza. ins Hinterteil des Kanoe ein Lager, bohrte unterhalb desselben mit dem großen Bohrer ein Loch und band mit einem Riemen von roher Haut, den ich von meiner mit Wasser gesättigten Bettdecke abschnitt, ein Ruder fest. So machte ich ein höchst wirksames Steuerruder. Von meiner Mannschaft hatte mir keiner geholfen. Während ich hart arbeitete, waren sie unter ihren eingeweichten Fellen liegen geblieben und hatten ihre kurzen Pfeifen geraucht. Sie waren vor Verzweiflung völlig gefühllos, da ihre lächerlichen Anstrengungen beim Rudern am vorhergehenden Abend alle Hoffnung in ihnen voll- ständig vernichtet hatten. Sie hatten sich ganz in ihr Schicksal er- geben und betrachteten sich als der Geographie geopfert. Ich warf ihnen den Bohrer hin und erklärte, daß ich zum Auf- bruch fertig sei und auf niemanden warten würde. Ich schnitt zwei Bambusrohre ab, machte einen Mast und eine Segelstange und be- festigte einen großen schottischen Plaid als Segel daran. Wir stießen das Boot ab. Glücklicherweise hatten wir zwei oder drei Reserve- rüder; das zum Steuer verwendete Ruder wurde daher nicht ver- mißt. Ich nahm das Steuer und ermahnte meine Mannschaft, an nichts zu denken als an starkes Rudern. Fort ging's mit uns so gerade wie ein Pfeil zum größten Vergnügen meiner Leute. Es war sehr wenig Wind, aber ein leichtes Lüftchen füllte den Plaid und trieb uns sanft vorwärts. Als wir um das Vorgebirge herum waren, befanden wir uns in einer großen Bai; das gegenüberliegende Vorgebirge war in einer Entfernung von acht bis zehn Meilen sichtbar. Wollten wir an der Küste der Bai hinfahren, fo hätten wir zwei Tage gebraucht. Weiter hinein war noch ein anderes kleines Vorgebirge; ich beschloß daher, direkt nach diesem Punkte zu steuern, ehe ich mich in gerader Linie von einem Vorgebirge zum andern wagte. Als ich mich umsah, bemerkte ich, daß unser zweites Kanoe etwa eine Meile zurück war und sich die Zeit damit vertrieb, daß es nach allen Gegenden des Kompasses zeigte; — die faule Mann- schaft hatte sich nicht die Mühe genommen, das Steuer anzuwenden, wie ich ihr befohlen hatte. Wir reisten etwa vier Meilen in der Stunde, und meine Leute waren so aufgeblasen, daß sie sich bereit erklärten, ohne Beistand bis zur Nilmündung zu rudern. Das Waffer war vollkommen ruhig, und als wir um das nächste Vorgebirge herum waren, hatte ich die Freude, in einer bequemen kleinen Bai ein Dorf und eine große

6. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 43

1887 - Berlin : Dümmler
Leben und Treiben in einem ostafrikanischen Dorfe. 43 Bauer zwischen sechs und sieben Uhr morgens seine Hütte, manch- mal ohne etwas genossen zu haben, weil jetzt Nahrungsmittel seltener werden; er speist erst, wenn er bis Mittag gearbeitet hat und dann wieder heimkommt. Nachmittags arbeitet er wieder ein wenig, und dabei müssen ihm die Weiber Helsen. Abends gehen alle unter Ge- sang ins Dorf zurück. Zur Zeit des Mondscheins ergeht es dem Afrikaner wie dem Schakal; er wird aufgeweckt und ungewöhnlich regsam. Die Mädchen werden unter Getrommel und Getöse aus den Hütten geholt, um den Tanz mit anzusehen, der übrigens nur höchst selten für beide Geschlechter gemeinschaftlich ist. Bei ihren Sprüngen sind sie alle- mal sehr ernsthaft, und auch von ihrer Mnsik läßt sich nicht viel Rühmliches sagen. Sie halten den Takt ganz vortrefflich, aber im übrigen ist es mit ihrem musikalischen Sinne schlimm bestellt; sie bringen es nicht über die einfachsten und einförmigsten Tonkombina- tionen hinaus, und auch in dieser Beziehung, wie in allen anderen Dingen, sehlt ihnen das Talent zum Schaffen. Doch muß hervor- gehoben werden, daß sie an Harmonie ihre Freude haben; der Fischer singt zum Ruderschlag, der Träger, wenn er seine Last schleppt, die Frau, wenn sie Korn zermalmt. Manchmal sitzen die Bauern am Abend stundenlang im Kreise und wiederholen mit unablässigem Eifer immer und immer wieder ein paar Noten, die sich stets gleich bleiben, und ein paar Worte, die eigentlich nichts bedeuten. Das Recitativ wird vom vollen Chore unterbrochen, der zumeist in Dur singt. In die Einförmigkeit des täglichen Lebens und Treibens kommt einige Abwechslung durch häufige Trinkgelage und zuweilen durch eine Jagd. Die Gäste versammeln sich früh am Tage, und nehmen im Kreise Platz und setzen sich je zu Dreien oder Vieren dicht neben- einander, damit die Schale besser herumgehen könne. Der Mwan- dasi, der Mann, welcher dieselbe füllt und jedem einzelnen reicht, bedenkt und bedient zuerst die Häuptlinge und Ältesten, welche auch größere Gesäße erhalten als die übrigen. Der Sonso, Trinkbecher, der auch auf Reisen als Feldflasche dient, wird von den Frauen aus einer Grasart, Mawu, oder wilden Palmblättern verfertigt. Die Stengel werden gespalten und zu seinen Fäden gedrillt, welche dann von unten aus zusammengerollt, aneinandergelegt und zusammen- gebunden werden^ so daß das Ganze einem abgestumpften Kegel oder einer türkischen Kappe, dem Fez, gleicht. Häufig wird dieser Becher

7. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 44

1887 - Berlin : Dümmler
44 Deutsch-Ostafrika. mit roter und schwarzer Farbe verziert; er ist etwa fünf Zoll tief, hat sechs Zoll im Durchmesser und hält ungefähr ein Quart. Er geht unablässig in der Runde umher und niemand läßt eine Neige darin; die Zecher machen eine Pause nur, wenn sie schwatzen, lachen, eine Prise nehmen, Tabak kauen und Bhany rauchen. Auf solche Weise vertreibt man sich die Zeit wohl vier Stunden lang, und alle- mal so lange, bis das für ein solches Fest zubereitete Pombe zu Ende gegangen ist. Dann schwanken die Trinkbrüder mit rotunter- lanfenen Augen -nach Hause, um zu schlafen. Schwerlich sieht man in irgend einem europäischen Lande so viele Trunkenbolde wie in Ostafrika; auch die Weiber, welche übrigens nicht in Gemeinschaft der Männer trinken dürfen, haben ihre Pombegelage und be- rauschen sich. 11. Charakter der Ostafrikaner. Dem Psychologen bietet Ostafrika ein ausgedehntes Feld für die Beobachtung. Dort findet er den Geist des Menschen noch in den Ansängen und der materiellen Natur und deren Wirkungen dermaßen unterworfen und von denselben so abhängig, daß er sich weder fort- entwickelt noch zurückschreitet. Man könnte fast in Versuchung ge- raten, diesen Menschen eher wie eine Ausartung civilisirter Geschöpfe zu betrachten, denn als einen Wilden, welcher den ersten Schritt vorwärts thnt, wenn er nicht offenbar für jede Weiterentwickelung unfähig wäre. Ihm fehlt der Ring vom echten Metall; in ihm ist kein so reiches und volles Wesen wie etwa im Neuseeländer, den man — bis auf einen gewissen Grad — erziehen und ausbilden kann. Er scheint einer jener kindischen Rassen anzugehören, die sich nie bis zum Mann emporheben, und wie abgenützte Glieder aus der großen Kette der beseelten Natur herausfallen. In ihm vereinigt sich die Unfähigkeit des Kindes mit der Unbiegsamkeit des Alters, die Unzulänglichkeit des Kindes und die Leichtgläubigkeit der Jugend mit dem Skepticismus der Erwachsenen und der Steifnackigkeit des Alters, das am Überkommenen klebt. Er hat Meer, Seeen, und wohnt in einem vielbesuchten Lande; seit Jahrhunderten steht er in uu- mittelbarem Verkehr mit den weiter entwickelten Anwohnern der Ost- küste, und jeder hat wenigstens Araber, wenn auch nicht gerade Europäer gesehen. Und doch ist er vor der Schwelle des Fort- schrittes stehengeblieben; bei ihm ist keine höhere und mannigfaltigere

8. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 46

1887 - Berlin : Dümmler
46 Deutsch-Ostafrika. schwach gehalten, ihm ist die Hand, von welcher er Futter erhält, ganz gleichgültig. Uber den Tod eines Verwandten oder Kindes klagt er vielleicht am Abend, aber am andern Morgen denkt er nicht mehr daran. Gastfreundschaft übt er nur, wenn dabei etwas zu ge- Winnen ist, und seine erste Frage bleibt allemal: Was willst du mir geben? Einem Fremden, der ins Dorf kommt, wird die aller- schlechteste Hütte angewiesen, und wenn er sich beklagt, entgegnet man ihm, draußen sei ja Platz genug. Sein Wirt verlangt sür alles, was er giebt und gewährt, sogleich Vorausbezahlung; ohne diese kann man Hungers sterben, wenn auch ringsum Lebensmittel Vollaus wären. Es gäbe für den Fremden keine Sicherheit, wenn er nicht das Schießgewehr hätte, und wenigstens die Häuptlinge die Notwendig- keit von Handel und Verkehr einigermaßen begriffen; deshalb nehmen sie den Kaufmann unter ihren Schutz. Der Handel bringt Vorteile, von anderen Fremden erwartet man dergleichen nicht, und behandelt sie deshalb mit weniger Rücksicht. Der Schwarze verweigert einem verschmachtenden Mann einen Trunk Wasser, wenn er auch Überstuß daran hat; er wird keine Hand ausstrecken, um die Waren eines an- deren zu bergen, wenn auch tausende dabei verloren gingen. Was geht ihn das an? Aber er geberdet sich lächerlich heftig, wenn ihm selber ein zerlumptes Stück Zeug oder ein lahmer Sklave abhanden kommt. Er ist geizig und karg auch dann, wenn etwas ihm Ver- gnügen macht; seine Köter liebt er mindestens eben so sehr wieseine Kinder, aber er giebt diesen Hunden nur selten ein wenig zu fressen, und kann nicht begreifen, daß die Araber ihre Esel mit Korn süt- tern; er giebt sein Erstaunen darüber mit einem langgezogenen Hi! hi! zu erkennen. Er ist höchst unbedachtsam, kennt keine Vor- sorge, denkt nicht an morgen, und wird uns gewiß nicht den Weg zeigen, bevor man ihm Glasperlen gegeben hat. Es wurde schon bemerkt, daß in allen Dingen Vorausbezahlung geleistet werden muß; freilich hält niemand ein gegebenes Versprechen und keiner glaubt sich durch irgend eine Verpflichtung gebunden. Verlangt man auch nur für eine Stunde Kredit von ihm, dann entgegnet er: „In meiner Hand ist nichts." Wahrheitsliebe ist unter derartigen gesellschaftlichen Verhältnissen keine Tugend, und die Lüge ist auch dann an der Tagesordnung, wenn der Lügner von ihr weder Nutzen noch Vergnügen zu erwarten hat. Wenn ein Unyamweziführer dem Reisenden sagt, daß nur eine

9. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 79

1887 - Berlin : Dümmler
Die Entdeckung des Albert N'hanza. 79 gesichert. Es schien ganz tot zu sein, und das Fleisch sollte ein Leckerbissen sür meine Mannschaft werden; wir schleppten es daher ans Ufer. Es war ein schönes Ungeheuer, gegen sechzehn Fuß lang, und obgleich es tot schien, so biß es doch wütend an einem Stück Bambusrohr, welches ich ihm in den Mund steckte, um es zu hindern, während des Prozesses der Enthauptung zu schnappen. Die Eingeborenen betrachteten meine Mannschaft mit Mißgunst, als dieselbe große Stücke der ausgesuchtesten Bissen abschnitt und sie in die Kanoes packte; dies dauerte nicht länger als eine Viertel- stunde; dann eilten wir an Bord und setzten, gut mit Fleisch ver- sehen — für alle, die es gern aßen —, unsere Reise fort. Was meinen Geschmack betrifft, so kann nichts ekelhafter sein als Krokodil- fleisch. Ich habe fast alles gegessen; aber obgleich ich Krokodil ge- kostet habe, so konnte ich es doch nie dahin bringen, es herunterzu- schlucken, der vereinigte Geschmack von schlechtem Fisch, faulem Fleisch und Moschus ist die dem Schwelger dargebotene Speise. Jenen Abend sahen wir einen Elefanten mit einem Paar un- geheurer Stoßzähne; er stand, als wir Halt machten, aus eiuem Hügel, etwa eine Viertelmeile von den Booten. Dieser Versuchung half mir ein Fieberanfall widerstehen. Es regnete wie gewöhnlich, und da kein Dorf in der'nähe war, so bivouakierten wir im Regen auf dem Strande in Massen von Mosquitos. Die Unannehmlichkeiten dieser Seereise waren groß; am Tage waren wir in unsere kleine Kajüte eingeengt, wie zwei Schildkröten in eine Schale, und des Nachts regnete es fast immer. An die Näffe hatten wir uns gewöhnt; aber keine Acclimatisation kann den europäischen Körper mosquitofest machen; wir hatten daher wenig Ruhe. Für mich war es harte Arbeit, aber für meine unglückliche Frau, die sich kaum von ihrem Sonnenstich erholt hatte, waren solche Beschwerden höchst qualvoll. Am folgenden Morgen war der See ruhig, und wir brachen früh auf. Die Einförmigkeit der Reise wurde durch die Gegenwart mehrerer schöner Elefantenherden unterbrochen, die ganz aus Bullen bestanden, Ich zählte vierzehn dieser großartigen Tiere, alle mit gewaltigen Stoßzähnen, die sich zusammen in einem kleinen seichten See unterhalb der Berge badeten, welcher mit dem Hauptsee durch einen sandigen Strand in Verbindung stand. Diese Elefanten standen nur bis ans Knie im Waffer; da sie sich gebadet hatten, waren sie vollkommen rein, und ihre kolossalen schwarzen Gestalten und großen

10. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 164

1887 - Berlin : Dümmler
164 Scenen aus dem Volksleben in Ägypten. mehr aber der lange Kaftan von blauem Tuche, der dichtgewundene schwarze Turban und das messingene Schreibzeug im Gürtel, einen echten Nachkommen der alten Ägypter verrät. Nicht den besten Teil der Kairenfer Bevölkerung bildet jener türkische Polizeisoldat, den seine Tracht: die griechische Fustanella und die griechische, gestickte Jacke, sofort als den Arnauten kennzeichnet. Ein wahres Arsenal silberbeschlagener Pistolen, Dolche und Messer steckt in seinem Gürtel, über der Schulter hängt das lange Gewehr und in der Hand schwingt er drohend den Kurbatsch. Ein ungeheurer Schnurrbart giebt seinem verschmitzten Gesichte den vollendeten Ausdruck eines Helden aus irgend welcher renommierten Räuberschar. Diese furchtbaren Kon- stabler Kairos haben die saubere Lebensregel, jeden rechtmäßig oder unrechtmäßig erworbenen Piaster sofort an den Mann zu bringen, da man nicht wissen könne, ob man und wie man die folgende Stunde erlebe. Dem frommen Derwisch dort, mit dem grünen Kaftan, bezeugt die hohe Pelzmütze auf dem Kopfe, welche er kokettierend wie Boden- stedts Mirza Schaffy hin- und herbewegt, den persischen Ursprung; sein ägyptischer Kollege dagegen schreitet in dem lumpigsten Kostüm hinter ihm her und schwingt die hölzerne Eßschüssel und den Löffel als die besonderen Zeichen seiner Würde. Ihm zunächst wandelt ein deutscher Handwerksbursch, den roten türkischen Fez schräg auf das blonde Haar gefetzt, um jene Ecke in die enge Straße einbiegend, wo er um ein weniges Geld in einer italienischen Locanda sein Zelt aufgeschlagen hat. Heulend und bellend stürzen die Hunde des Vier- tels auf ihn, den Fremdling, los, als wollten sie nach seiner Paß- karte fragen. Ein Wurf mit Steinen vertreibt aber die ungehobelten Gäste. Da kommen ein paar fonnengebräunte Beduinen auf ihren hageren Pferden angeritten. In malerischer Weise schlingt sich das kamelhärene Gewand um ihren Leib und um den Kopf, und kaum sichtbar lugen die kleinen Augen in die Menge hinein, durch welche sich die Pferde sicher hindurchzuwinden wissen. Zwei arabifche Frauen folgen ihnen auf ihrer Fährte. Die eine trägt einen hohen Krug auf dem Kopfe, die andere das kleine Kind auf der Schulter, das, rittlings sitzend, nach orientalischer Weise sich an den Kopf der Mutter stützend, das Gleichgewicht selber zu halten weiß. Beide Weiber reden mit aufgehobenden Händen, die sie häufig zusammen- schlagen, auf das Eifrigste miteinander. Sie gehören dem Harem jener edlen Ritter an, denen sie als getreue Ehefrauen den weiten
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