6. David.
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Israels Volk nicht verfallen sein werde der furchtbaren Willkür jenes orientalischen Despotismus, der stets Leben und Ehre der Unterthanen seiner Lust und Laune ungestraft opfern zu dürfen glaubte.
Als kriegerischer Held erhob David die Macht und den Glanz des Reiches ungemein. Er besiegte die Jebusiter, Moabiter, Ammoniter, Jdumäer, Amalekiter, den König von Damaskus, und machte sie zinsbar, so daß er seine Gränzen bis zum Euphrat und bis zum rothen Meere erweiterte. Diese Kriege konnten nicht mehr auf die alte Weise, durch das Aufgebot einzelner Stämme oder auch der ganzen Nation in Masse, geführt werden, sie erforderten ein stehendes Heer. Saul hatte den ersten Grund dazu gelegt, der eigentliche Schöpfer desselben wurde David. Auch erhielt das Reich jetzt erst eine Hauptstadt. Zur solchen erkor David Jerusalem, welches er mit der Burg Zion den Jebusitern abgenommen hatte. Er wollte damit nicht bloß einen Mittelpunkt für die Herrschaft bilden, sondern auch für den Gottesdienst, da bis jetzt die in den mosaischen Gesetzen so sehr eingeschärfte Einheit desselben noch wenig oder gar nicht vorhanden gewesen war. Darum führte er die heilige Bundeslade mit großer Feierlichkeit nach der neuen Hauptstadt, und gab zugleich den Verhältnissen und Geschäften der Priester und Leviten eine festere Einrichtung. Einen Theil der Leviten bestimmte er zur Verherrlichung des Gottesdienstes mit Gesang und Tonspiel. In dieser Doppelkunst ging er selbst mit seinem Beispiel voran, sie bildet das dritte Element seiner Wirksamkeit.
Die größte Trübsal erwuchs dem alternden Könige aus seinem eigenen Hause, in dem die schlimmen Folgen nicht ausblieben, welche die Vielweiberei bis auf den heutigen Tag über den Orient bringt, Zwietracht der Söhne verschiedener Frauen unter einander und ihre Entfremdung vom Vater-Absalon, ein Sohn David's von ausgezeichneter Körperschönheit, pflanzte offen die Fahne der Empörung auf und fand so zahlreichen Anhang, daß David Jerusalem gegen ihn nicht behaupten zu können glaubte, sondern mit seiner Leibwache und einer andern Schaar von Getreuen die Stadt verließ, mehr über die Entartung des noch immer geliebten Sohnes trauernd, als über den drohenden Verlust der Herrschaft bekümmert. Als Absalon mit dem Heere seines Vaters zusammenstieß, erlitt er eine gänzliche Niederlage, und da er selbst das Mißgeschick hatte, fliehend mit seinen schönen langen Haaren in den Zweigen einer Terebinthe hängen zu bleiben, wurde er von dem herbeieilenden Joab erstochen. Bei dieser Nachricht brach der Vater in lautes Wehklagen aus; so groß war noch immer die Liebe zu dem aufrührerischen Sohne in seinem Herzen, daß er sich der wiedererlangten Herrschaft kaum freuen konnte.
David ist ohne Zweifel der geistigste Mensch, welchen das alte Israel hervorgebracht hat. Durch das Leben in der Einsamkeit der Steppe, bei der Herde, war er frühzeitig auf sich und feinen Gott angewiesen; und so bildeten
2*
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Extrahierte Personennamen: David David David David Saul David David David_Jerusalem David David_Jerusalem David Joab David David
7, Salomo.
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Im vierten Jahre der Herrschaft Salomo's war der Bau des Tempels begonnen worden, nach sieben Jahren, im eilften derselben, war er vollendet (um das Jahr 1000). Alles Volk „vvnhamath bis an den Bach Aegyptens" strömte zur Einweihung nach Jerusalem; in feierlichem Zuge wurde die heilige Lade von Zion herab durch Priester an ihre neue Stelle getragen, unzählige Rinder und Schafe wurden sieben Tage hindurch geopfert.
Wenn David das Reich mit den Waffen gewonnen, in langen und schweren Kämpfen die Nachbarvölker niedergeschlagen, das Königthum befestigt hatte, so war Salomo ohne große Mühe in den Genuß dieser Herrschaft eingetreten. Er gebrauchte die ererbte Macht zu seinen Prachtbauten, er benutzte sie, den Reichthum des Landes um den Thron zu versammeln und zum Schmuck des Hofes zu verwenden. Die Pracht seines Hofes wird überschwänglich beschrieben. Alle Trinkgefäße und viele andere Geräthe der Paläste in Jerusalem wie in seinem Waldhause auf dem Libanon sollen von reinem Golde gewesen sein; mit seinen Vertrauten und Räthen verzehrte Salomo, von reichgekleideten Dienern und Schenken umgeben, kostbare Speisen.' In einer kostbaren Sänfte von Cedernholz, deren Säulen von Silber, deren Lehne von Gold und deren Sitz von Purpur war, ließ sich Salomo nach seinen Weinbergen und Lustschlössern im Libanon tragen, umgeben von sechszig ausgesuchten Trabanten der Leibwache. Bei feierlichen Aufzügen trug die Leibwache zweihundert Schilde von reinem Gold.
Wie Salomo's Reichthum war auch seine Weisheit gepriesen, und der Orient bewahrt bis ans diesen Tag das Andenken des weisen Königs Suleiman. Es war die Weisheit,^welche der Orient liebt, der kluge Richter-spruch, das Vermögen, eine praktische Erfahrung als Lebensregel in einen Sinnspruch zu fassen, der Scharfsinn, welcher Räthsel zu lösen weiß. Zum Beweise der Richterweisheit Salomo's erzählte sich das Volk die Geschichte von den beiden Weibern, welche einst vor Salomo in die Halle des Gerichts kamen. Die eine sprach: Ich und jenes Weib wohnten zusammen in einem Hause und wir gebaren jede einen Knaben. Da starb in einer Nacht der Sohn jenes Weibes. Sie stand auf, legte ihren todten Knaben an meine Brust und nahm mein lebendes Kind an ihren Busen. Als ich erwachte, hatte ich ein todtes Kind im Arme; aber beim Morgenlichte erkannte ich, daß dies Kind nicht der Knabe war, den ich geboren hatte. Das andere Weib entgegnete: Nein, mein Sohn ist der lebendige Knabe, und dein der todte. Der König wendete sich zu den Trabanten und sprach: Hauet das lebendige Kind in zwei Theile und gebet die Hälfte der einen, die Hälfte der andern. Da entbrannte in der Mutter des lebenden Kindes die Zärtlichkeit über ihren Sohn. Bitte, mein Herr, sagte sie, gebt jener das lebendige Kind, aber tobtet es nicht. Und der König entschied: diese ist die Mutter, gebt ihr das Kind!
Salomo's gnomische Weisheit sollte auch der Nachwelt daraus erhellen,
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Extrahierte Personennamen: Salomo David David Salomo Salomo Suleiman
16. Das alte Reich von Babylon.
41
Hi. Die Babylonier und Assyrier.
16. Das alte Reich von Babylon.
(Nach Max Durrcker, Geschichte des Alterthums.)
Unter allen von Semiten besetzten Ländern erhoben sich die Gebiete am untern Euphrat, das Land Sinear, wie es die Hebräer, Babylonien, wie es die Griechen nach der 'Hauptstadt nennen, am frühsten und zugleich am höchsten in Ansehen und Bildung. Babylon wurde schon in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. ein Nebenbuhler ägyptischer Wissenschaft, Kunst und Technik. Nach der Tradition weit Nimrod, der Sohn des Kusch, der Urenkel Noah's, der Stifter des babylonischen Reiches.
Die einheimischen Traditionen der Babylonier hat Berosus, ein Priester am Tempel des Bel zu Babylon, in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts v. Chr., ungefähr um dieselbe Zeit, als Manetho das Verzeichniß der Pharaonen aufstellte, in griechischer Sprache niedergeschrieben. In den aus seinen drei Büchern geretteten Bruchstücken heißt es: Im Anfange war alles Dunkel und Wasser und darin lebten Thiere von furchtbarer Gestalt. Aber der Gott Bel habe das Dunkel mitten durchschnitten und Himmel und Erde getheilt und die Gestirne, Sonne und Mond und die fünf Wandelsterne vollendet und alle jene Ungeheuer seien verschwunden, da sie das Licht nicht zu ertragen vermochten. Da aber Bel die Erde fruchtbar und leer gesehen, habe er den Göttern befohlen, Erde zu nehmen und sie mit göttlichem Blute zu mischen und daraus Menschen und Thiere zu kneten, welche das Licht ertragen und athmen könnten. Ein Wesen mit menschlichem Haupt und menschlicher Stimme, aber unten wie ein Fisch, stieg aus dem Indischen Meer ans Ufer (es hieß Oannes) und lehrte die Menschen Tempel und Städte und
den Acker bauen, säen und die Frucht ärnten und alles, was zum mensch-
lichen Leben gehört, und offenbarte ihnen die Gesetze und alle Künste und Kenntnisse, wenn aber die Nacht kam, stieg es immer wieder ins Meer
hinab. Nach 432,000 Jahren sei der Gott Bel dem 3eisuthrus nächtlicher Weile erschienen und habe ihm verkündet, daß die Menschen durch eine große Flut vernichtet werden würden, er solle ein Schiff erbauen, das er mit seinen Genossen und Freunden besteige. Auch Speise und Trank solle er in das Schiff nehmen und die Thiere hineinnehmen, geflügelte lind vierfüßige. Xisuthrus that, wie ihm geboten war, baute ein Fahrzeug und brachte Weib und Kind, Verwandte und Freunde hinein. Die Überschwemmung kam, und als das Wasser nicht mehr schwoll, ließ Vsuthrus einen Vogel fliegen; der Vogel aber kehrte zurück, da er keine Nahrung fand. Nach einigen Tagen sandte Muthrus einen zweiten aus, der kam zurück mit Schlamm an den Füßen, der dritte aber, den Xisuthrus fliegen ließ, kam gar nicht wieder.
Daran gewahrte Xisuthrus, daß die Erde wieder aus dem Wasser erschienen
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Extrahierte Personennamen: Max_Durrcker Max Manetho
54 * Iii. Die Babylonier und Assyrier.
dem linken Ufer eine neue Stadt an und befestigte beide Städte mit den ungeheuren Mauern und Thürmen, welche das Staunen der Alten erregten. Auf beiden Seiten des Flusses erhoben sich der neue und der alte Palast als gewaltige Citadellen. Bevor aber Nebnkadnezar die Befestigung der Stadt gegen den Fluß vollendet hatte, starb er (561) als Herrscher von dem Fuß der armenischen Gebirge bis nach Arabien hinein, vom Mittelmeer und Rothen Meer bis zu den Gebirgen des Zagros und bis zum persischen Meetbuseri; seit Phönicien unterworfen war, ohne eine Unterbrechung.
Die Anstrengungen, welche Nebukadnezar machte, Hauptstadt und Land gegen die Meder zu befestigen, zeigen, daß er -selbst wohl ahnte, wie kurz die Dauer seiner Macht sein werde, und wie Medien doch eine andere Kraft in sich habe als sein Reich. Und rascher noch, als er wohl je geahnt, sank sein Reich, sobald er die Augen geschlossen hatte. Sein Sohn Evilmerodach scheint keine der großen Eigenschaften seines Vaters geerbt zu haben. Nicht einmal die Bauten führte er weiter, das Unvollendete blieb liegen. Nachdem er noch nicht zwei Jahre, mit Mißachtung der göttlichen und menschlichen Gesetze, regiert hatte, konnte sein Schwager Neriglissar es wagen, den Sohn des großen Königs zu ermorden und selbst den Thron zu usurpiren. Derselbe starb nach vier Jahren mit Hinterlassung eines Knaben, den die Großen des Reiches mit Rücksicht auf die von Cyrus, dem Gründer des persischen Reiches, drohende Gefahr aus dem Wege räumten, worauf einer der Verschworenen, Nabonedus, vielleicht ein Verwandter des königlichen Hauses, die Regierung erhielt. Dieser nahm das unterbrochene Werk der Befestigung der Hauptstadt wieder auf und vollendete die Mauern, welche beide Stadthälften gegen die Flußseite einschlössen. Wie König Amasis von Aegypten, verbündete'auch er sich mit dem Könige Crösus von Lydien, dem Schwager des gestürzten Mederkönigs (Astyages), um dem neuen Perserreiche entgegenzutreten, von welchem beiden Reichen Gefahr drohte. Wer Crösus eröffnete den Krieg zu frühzeitig, ehe Babel und Aegypten ihre Kräfte zusammengezogen hatten, und Cyrus beendete den lydifchen Krieg so rasch, daß das lydische Reich ohne eine Möglichkeit des Beistandes der Bundesgenossen zusammenbrach.
Der Bund der drei Könige hatte keine weitere Folge gehabt, als daß Cynts sich nun gewissermaßen genöthigt sah, Babel und Aegypten anzugreifen. Sie hatten sich als seine Feinde gezeigt, die er nicht in seiner Flanke stehen lassen konnte. Denn wer Kleinasien von Persien aus beherrschen muß, kann Babylonien und Syrien nicht in fremden Händen lassen. Nachdem Cyrus sich durch einen Zug gegen die unruhigen Baktrer und (Baken den Rücken gesichert hatte, führte er sein Heer gegen Babel. Er erkannte bald, daß ein gewaltsamer Angriff gegen die eben so trefflich befestigte als reichlich ver-proviantirte Stadt keinen bessern Erfolg haben werde, als vor Ninive. Wie Ninive durch das Wasser gefallen war, so beschloß auch Cyrus, Babel durch
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Extrahierte Ortsnamen: Sippara Jerusalems Babel Salamis Paris Ktesiphon Bagdad Seleucia
23. Das medische Reich.
67
Schöpfung, Raubthiere, Eidechsen, Schildkröten, Frösche, Schlangen, Ameisen und Ungeziefer, tödtete. Die Priester gingen stets mit einem Stocke zur Tödtung dieser Thiere bewaffnet einher, und es gehörte zur Feier des größten Festes in Persien, daß Jeder eine Anzahl solcher Thiere todtschlug und sie den Magiern als Beweis seiner Frömmigkeit brachte. Die Buße, welche für gewisse Vergehen auferlegt wurde, bestand denn auch in der Tödtung einer bestimmten Zahl von Thieren.
23. Das medische Keich.
(Nach 3ac. Kruger, Geschichte bet Assyrier und Jranier.)
In Medien bestand schon im 21. Jahrhundert v. Chr. ein Königreich, welches damals durch Ninus seinen Untergang fand. Nach der Auflösung des altaffyrischen Reiches gewann es seine Selbständigkeit und Macht der Art wieder, daß seine Könige in den Listen als assyrische Herrscher erscheinen. Mit den Aegyptiern mußte es aber schwere Kriege führen und wird auch auf den Monumenten am Nil erwähnt. Ramses der Große unterjochte es, jedoch nur für eine beschränkte Zeit. Nach dem Abfall Irans von Assyrien wurde auch der östliche Theil Mediens frei, der westliche blieb noch unter der unmittelbare^ Gewalt der Assyrier. In jenem war dem Herodot zufolge noch kein gemeinsames Oberhaupt, sondern er war in viele Gauen zersplittert. Die Meder hatten aber an
Dejoces (708—656 v. Chr.) nun ein gemeinsames Oberhaupt gewonnen. Um seine durch Volkswahl gewonnene Gewalt zu befestigen, umgab sich der neue König mit einer Leibwache von Lanzenttägern. Dann gründete er auf einem Hügel die feste Burg Ekbatana, welche den Kern für die Stadt bildete, die er in sieben Ringen um die Burg anlegen ließ. Darauf setzte Dejoces ein so strenges Ceremonie! fest, als es nur jemals am assyrischen Hofe üblich gewesen sein konnte. Er selbst machte sich unsichtbar vor den Augen des Volkes und verkehrte mit seinen Unterthanen nur noch durch Boten. Auch in Bezug auf das Recht war von Oeffentlichkeit und Mündlichkeit keine Rebe, sondern ein Jeder mußte seine Klage zu Papier bringen und dem König übersenben, der nun ebenfalls schriftlich entschieb. Mach ihm warb König sein Sohn Phraortes, 655—633 v. Chr.
Dieser buchte bereits an Ausbreitung der metrischen Herrschaft über die Gränzen des Landes. Zuerst zog er gegen die Perser, überwanb sie und vereinigte Persis mit seinem Reiche. Durch -das rüstige und kriegerische Hirtenvolk, das bieses Land bewohnte, verstärkt, wanbte sich Phraortes hierauf gegen die Völker am Norbranbe Irans und unterjochte sie eines nach dem andern. Auch bachte er baran, den alten Kampf zwischen Iran und
5*
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Vi- Die Perser.
Herodot gern verweilt, weil sie ihm Beweise liefern für seine Grundanschauung der menschlichen Verhängnisse, daß diese nämlich allein durch einen unwandelbaren Rathschluß der Gottheit geordnet seien, welche Unrecht und Uebermuth strafe, aber auch aus einem gewissen Neide, aus Eifersucht auf ihre höhere Macht, das zu hervorragende Glück der Sterblichen mit ihrem Hasse verfolge und es demüthige oder vernichte. In diesem Sinne erzählt er, wie Crösus in aller seiner Pracht und Herrlichkeit zu Sartefjhronte, von allen damals lebenden weisen Männern Griechenlands besucht ward, unter ihnen auch von dem berühmten Solon, aus dessen Munde den Preis seines hohen Glückes zu vernehmen den König besonders gelüstete. Aber auf seine Frage, wen er für den glücklichsten aller Menschen halte, nannte Solon den Athener Tellus, dem nach einem glücklichen Leben ein herrliches Ende zu Theil geworden, und weiter befragt, setzte er in die zweite Stelle zwei Jünglinge, Kleobis und Biton, Söhne einer Priesterin der Here zu Argos, die einst, da .ihre Mutter in den Tempel gefahren werden mußte, sich statt der ausbleibenden Stiere selbst vor den Wagen spannten, und hierauf, da die Mutter von der Göttin zum Lohne für ihre Kinder erflehte, was den Menschen das Beste sei, im Tempel entschliefen und nicht wieder erwachten. Da verhehlte Crösus seinen Unwillen nicht, daß Solon sein Glück nicht einmal dem des bloßen Bürgers gleich achte, worauf dieser erwiederte, er könne Niemand vor seinem Ende glücklich nennen, denn die Gottheit habe Vielen das Glück wohl gezeigt, sie dann aber zu Grunde gerichtet. Und wie Solon fort war, fing Crösus auch an, die Wandelbarkeit des Glückes zu erfahren. Er hatte zwei Söhne, der eine war taubstumm, der andere, Atys genannt, ausgezeichnet vor-allen seinen Gespielen. Von diesem hatte Crösus einen Traum, daß ihm ein eiserner Speer den Tod bringen würde. Ihn davor zu hüten, ließ der besorgte Vater Waffen aller Art aus feiner Nähe bringen, erlaubte ihm aber doch einst, auf fein dringendes Bitten, an der Jagd gegen einen gewaltigen Eber Theil zu nehmen, der ja, wie der Jüngling sagte, kein eisernes Geschoß habe. Aber ein solches flog auf ihn aus der Hand eines Genossen, der nach dem Thiere zielte, und traf ihn zum Tode.
Dies Unglück versenkte den Crösus in tiefe Trauer, bis nach zwei Jahren sein Sinn auf die wachsende Macht des Cyrus gelenkt ward, und er auf Mittel sann, ihr zu begegnen, ehe sie unwiderstehlich würde, und zugleich den Astyages, der sein Schwager war, an Cyrus zu rächen. Ein so wichtiges Unternehmen wollte er aber ohne Göttersprüche nicht beginnen, und um die Wahrhaftigkeit derselben zu prüfen, sandte er zu verschiedenen griechischen Orakeln Boten, welche an einem und demselben Tage fragen mußten, womit der König eben beschäftigt sei. Unter den eingegangenen Antworten genügte dem Crösus besonders die des delphischen Apoll. Zu diesem Gott faßte er das größte Vertrauen; sich ihn geneigt zu machen, ließ er ihm Opfer in großer Menge schlachten und sandte Weihgeschenke von hohem Werthe nach
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Extrahierte Personennamen: Herodot Crösus Crösus Cyrus Cyrus Cyrus Apoll
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Ix. Die Griechen.
Bedürfnisse gering waren, so war auch der größte Theil seines Lebens frei von irdischen Bestrebungen. Nun war es aber unmöglich, daß ein Leben, welches der Lenkung des Staates, der Handhabung der Gerechtigkeit, der Vertheidigung der Freiheit und der Rechte des Vaterlandes und, wenn diese Geschäfte rasteten, der väterlichen Verwaltung des Hauswesens gewidmet war, gänzlich unedel sei; und die größere Anzahl erhob sich gewiß in würdiger Denkungsart weit über die Maffe der Völker neuerer Zeit, die zu gleicher Entwicklung ihrer edelsten Kräfte weder Muße noch Gelegenheit haben' Nun ging aber mit der Würde die Mäßigung und, bei einigen Stämmen, wie bei den Athenern, mit beiden die Anmuth Hand in Hand. In einem solchen Leben war die Allgemeinheit des Enthusiasmus für Ideen möglich, aus welchem die großen Thaten entsprangen, die noch jetzt die Welt mit freudigem Erstaunen erfüllen; jene schöne Liebe zum Leben mit Verachtung des Lebens gepaart, wenn es ein höheres Gut galt; und der zarte Schönheitssinn, dem alles Schöne auch göttlich und heilig schien und der daher seine Götter durch Spiele ehrte und seine höchsten Feste mit deg-Gaben der Musen schmückte.
Ferner zeigt sich auch in-der Religion die Eigenthümlichkeit der hellenischen Bildung. Wenn auch bse griechische Religion ein sonderbares Chaos war, so hat sie doch vor allen anderen Religionen des Alterthums den poetischen Charakter voraus. Sie hat sich schon dadurch über andere ihrer Art emporgeschwungen, daß ihre Bekenner die Fetische, die ersten rohen Gegenstände der Anbetung, zu menschlichen Gestalten veredelten, und indem sie die Götter zu Menschen machten, sich selbst zu Göttern erhoben. Weit waren sie also auch schon hierdurch vor dem Aegyptier, dem Phönicier, dem Inder voraus, welche nie aufhörten, die Thiergestalt oder irgend ein gemischtes Ungeheuer auf ihren Altären zu ehren, und ihren Anhängern keinen Weg ließen, als entweder dem alten Unsinn zu huldigen oder in höhnenden Unglauben überzugehen, während die hellenische Religion einer fortschreitenden Veredelung fähig war; und die Sitten des Olympus besserten, die Götter veredelten sich, so wie die ihnen verwandten Menschen größer und edler wurden.
Es übertreffen ferner die Griechen alle anderen Völker der alten Welt auch durch ihre geistigen Produktionen. Kein Volk veralten und neuen Zeit hat eine so lange^Reihe von Jahrhunderten hindurch die Gärten der Musen mit einem so glücklichen Erfolge angebaut und in allen Gattungen, aus eigener Kraft und ohne alle fremde Einwirkung eine so große Menge musterhafter Werke erzeugt. Wäre auch nur ein einziger Dichter, wie So-phocles, ein Geschichtschreiber, wie Thucydides, ein Philosoph, wie Plato, auf uns gekommen, welche Vorstellung müßten wir uns auch dann schon von der Bildung der Hellenen machen! Aber nun zieht sich ein langer Kranz solcher Heroen von Homer (ungefähr 950 Jahre vor Chr.) bis zum Longinus (starb 273 nach Chr.) herab; und obgleich in der spätern Zeit die Flamme
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Ix. Die Griechen.
Viele Völker sind mächtiger gewesen, aber wenn ihre politische Macht scheiterte, lebten sie nur noch in den Denkmälern der Geschichte fort, ohne Einfluß und meist ohne Achtung. Nur die Griechen und die Zöglinge der Griechen, die Römer, machen eine Ausnahme hiervon. Nie ist die geistige Macht von Hellas erloschen; es gibt eine Graecia, wie eine Roma aeterna. Die feurige Vaterlandsliebe, die stolze Verachtung der Gefahr, die heilige Verehrung auch der strengsten Gesetze, die in den Seelen spartanischer Bürger herrschtedie Aufklärung und sittliche Bildung, deren Wohnplatz Athen war; die innigste Verschlingung des Kunstsinnes mit der kräftigsten Sinnlichkeit, der Würde mit der Anmuth, der Strenge mit der Milde, der Tiese mit der Leichtigkeit — dieser durchaus einzige Verein der schönsten Eigenthümlichkeiten der Menschheit wird nie aufhören, die Blicke zu fesseln, so lange noch ein. Rest ihrer Geschichte in dem Meere der Zeiten schwimmt. Bei den Namen eines Lmrgus und Solon, eines Miltiades und Leonidas, eines Themistokles und Arismz7"eines Epaminondas und Pelopidas, eines Phocion, eines Timoleon, eines Demosthenes und Kleomenes erhebt sich jedes edle Gemüth und siehrstmmend zu den Zeiten hinaus, in denen diese Kolosse patriotischer Tugenden auftreten konnten. In dem Glanze, den sie verbreiten, schwinden die Flecken, welche jeder irdischen Erscheinung anhängen, und die Uebel der alten Staaten werden vergessen, wenn wir uns der köstlichen Erzeugnisse jenes Bodens erfreuen.
Als die römische Gewalt das mürbe Gebäude der hellenischen Staaten darniederschlug, war dem rohen Sieger die Kunst und Wissenschaft der Griechen fremd oder der Gedanke daran war mit der allgemeinen Verachtung verwebt, mit der er die entarteten Sitten des besiegten Volkes betrachtete. Doch erschien Einigen der Genius des alten Landes in seiner göttlichen Herrlichkeit über den rauchenden Trümmern schwebend und ergriff die Gemüther der Besten mit einer vorher unbekannten Sehnsucht und Lust. Die Scipionen, die Laelier, die Aemilier, die Eatone huldigten ihm. Ein geistreicheres Leben begann in der krieggewohnten Stadt, und wo bisher nur Waffen geklirrt und die trocknen Formeln des Rechtes auf dem Forum ertönt hatten, klangen jetzt die melodischen Weisen der griechischen Musen. Was in der fremden Sprache eine bewundernde Freude erregt hatte, wurde in der Muttersprache nachgeahmt, und die rauhen Töne von Latium milderten sich in dem Wettstreit mit der ältern Schwester. So erstrebte auch Rom auf den Flügeln der griechischen Muse einen dauernderen Ruhm, als der war, den ihm seine Welteroberung zusicherte.
Seit der Wiedererweckung des Studiums der classischen Litteratur ist die Einwirkung der griechischen Bildung auf die Cultur der Neueren fast ununterbrochen gewesen. Fast zu allen unseren Wissenschaften hat sie den Grund gelegt, und die wissenschaftliche Methode, die sie bei einigen Zweigen derselben, wie bei der Philosophie und Mathematik, beobachtet hat, ist noch
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