1876 -
Leipzig
: Ed. Peters Verl.
- Autor: Schlagintweit, Robert von, Humboldt, Alexander von, Andree, Richard, Schreiber, Carl, Ritter, Carl, Roon, Albrecht Theodor Emil von, Daniel, Hermann Adalbert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Mittlere Lehranstalten, Bürgerschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium, Mittelschule, Realschule, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
134
die südwestliche Hälfte des vormaligen niederländischen Herzogthums Limburg (bis 1830),
theils sandigen (Campine), theils sumpfigen, theils sehr fruchtbaren Bodens (an der
Maas). Hasselt, Hauptort, 10,000 E.
B. Wallonische Provinzen.
6- Hennegau, nach dem Flüßchen Henne benannt, südöstlich von West-Flandern,
von der Schelde und Sambre durchflössen, ein wellenförmiges, an Weizen, Flachs, Wald
und Kohlen reiches Land, das außerdem Marmorbrüche und Eisenbergwerke besitzt.
Möns, 27,000 E., hat bedeutenden Handel mit Getreide und Steinkohlen, deren reichstes
Lager iu der Nähe ist. Jemappes Schl. 1792. Charleroy, Festung an der Sambre,
13,000 E. mit wichtigen Eisenwerken. In dem ganzen Sambrethal blüht die Eisen-
industrie. Tournay an der Schelde, 32,000 E. mit Teppich-, Strumpf-, und Porzellan-
fabriken und Steinkohlenhandel. Bouvines, Flenrns und Ligny sind durch
Schlachten berühmt.
7. Namur, östlich, vou der Maas und Sambre durchflössen und den Ardennen
durchzogen. Das herrliche Thal der Maas wird von Bergen mit prächtigen Wäldern,
oft auch von schroffen Felsen begrenzt Der N. und O. hat üppige Getreidefelder.
Namur an der Mündung der Sambre in die Maas mit 27,000 E. und Metall-
waarenfabriken.
8. Lüttich, die östliche Provinz, von der Maas durchflössen, mit schönen Wiesen
und unerschöpflichen Steinkohlen- und Eisengruben. Lüttich, am Einfluß der Ourthe
in die Maas, mit zum Theil engen und finsteren Straßen, einer Universität, vielen
Fabriken, namentlich Gewehrfabriken, einer Kanonengießerei und Steinkohlenhandel,
116,000 Einw. Seraing, eine St. oberhalb Lüttichs an der Maas mit großartigen
Kohlenwerken, Eisengießereien und Maschinenwerkstätten. Bei dem Dorfe Chaude-
Fontaine giebt es berühmte warme Bäder und eine Höhle mit Knochen urweltlicher
Thiere. Herstal und Landen erinnern an die fränkischen Majores Domus. Limburg
mit 2000 E. durch Viehzucht und seinen Käse berühmt. Verviers im hohen Venn
mit wichtiger Tuchfabrik, 38,000 E. Spaa, durch seine eisenhaltigen Quellen bekannt.
9. Luxemburg, die südöstliche Provinz, bergig und waldig und reich an Eisen-
gruben. Arlon mit 6000 E. mit Eisengießereien in der Nähe.
Ii. Das Königreich der Niederlande oder Holland.
Ehe England sich zum ersten Seestaat emporgeschwungen, war die ver-
einigte Republik der Niederlande (1579) die seebeherrschende Handels-
macht, durch Lage und Natur des Landes, sowie durch den im Kampfe mit
den feindlichen Elementen gestählten Charakter des Volkes dazu geeignet. An
der Spitze standen in jener Zeit die Generalstaaten, d. h. die Abgeord-
neten aller Provinzen, ein Name, der wol noch zur Bezeichnung des ganzen
Staates gebräuchlich ist. Die steigende Macht Englands und innere Zwistig-
keiten drückten die ihre herab, so daß es Frankreich zur Zeit der Revolution
leicht wurde, sich zum Herrn derselben zu machen. Seit 1830 besteht, wie
schon erwähnt, Holland als selbständiges Königreich. Natürliche und poli-
tische Grenzen? Flüsse?, Unter den kleineren Flüssen ist die Amstel be-
merkenswerth, die an der Grenze von Utrecht entspringt und, nachdem sie in
mehreren Armen Amsterdam durchflössen, in den Znider See mündet. Unter
den Kanälen, die mit großem Kostenaufwands geschaffen, nimmt der Nord-
holländische Kanal, der von Amsterdam bis zu dem Außenhafen Nienwe
Diep bei Helder geht und für die größten Seeschiffe fahrbar ist, den ersten
Rang ein. — Der (im Holländischen weiblich) Znider See, 54 Qm. groß.
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Villen und Landgütern. Arnheim am Rhein, stark befestigt, 36,000 E. Nimwegen,
gleichfalls Festung in angenehmer Lage, 23,000 E. Friede 1769.
7. Ober-Assel, von der Vechte durchflössen, zum Theil sumpfig, mit den Festungen
Zwolle 21,000 E. und Deventer 18,000 E.
8. Dreuthe. Die gehobene Mitte ist unfruchtbares Sand- und Haideland, be-
deckt mit zahlreichen Hünengräbern, d. h. Steinblöcken aus der Zeit der Kelten, der
Südosten von dem Bonrtanger Moor erfüllt. (Wozu benutzt?) Assen und Meppel
sind betriebsame Fabrikstädte.
9. Groningen, im So. sumpfig, im N. sehr fruchtbar, mit feuchtem und rauhem
Klima. Gröningen an einem für Seeschiffe fahrbaren Kanäle, Universitätsstadt, mit
bedeutenden Wollenfabriken und Äetreide- und Viehhandel 39,000 E.
10. Friesland, dessen fruchtbare Felder durch mächtige Deiche geschützt werden,
mit vielen Seen, besonders im Sw., aber auch mit herrlichem Weide- und Ackerland.
Ameland u. a. Gestadeiuselu sind nördlich vorgelagert. Leuwarden, von vielen
Kanälen durchschnitten, mit Leinwand- n. a. Fabriken und lebhaftem Handel, 26,000 E.
Harlingen, erste See- und Handelsstadt. Dokknm, wo 755 Bonisacius starb.
11. Limburg, die südöstlichste, östlich der Maas, zum Theil sehr fruchtbar (an
der Maas). Mästricht (Mästricht) starke Festung an der Maas, berühmt durch ihre
Gerbereien, 29,000 E.
Iii. Das Großherzogthnm Luxemburg.
.Das gesammte Großherzogthum gehört seit 1815 zum deutschen Bunde.
1839 wurde der westliche wallonische Theil dem belgischen Staate einver-
leibt; der östliche ist seit 1866 ein selbstständiger durch Persoual-Union mit
dem Königreich der Niederlande verbundener Staat von 46 Qm. mit völlig
deutscher Bevölkerung (200,000).
Den nördlichen Theil durchzieht ein Zweig der Ardennen, Oesling ge-
nannt, kahle, steil abfallende Thonschieferflächen bildend, mit tief eingeschnitte-
nen Thälern und Schluchten; der südliche, östlich von der Mosel begrenzte
Theil ist ein an Wald, Getreide und Wein reiches Hügelland.
Luxemburg, deutsch Lützelburg, d. i. kleine Burg, ein „zweites Gibral-
tar", war die stärkste Festung des deutschen Bundes; seit dem Londoner Be-
schluß 1866 ist sie geschleift. Die Stadt liegt malerisch theils auf hohem
Felsen, theils im Thale der Elze. Sie hat gerühmte Gerbereien und ein-
träglichen Handel und 14,000 E.
§ 52. Die Pyrenäenhalbinsel.*)
Warum Halbinsel? Warum Pyrenäenhalbinsel? Von welchen Meeren
wird sie bespült? Welche Lage zum übrigen Europa hat sie? Zu Afrika?
Vgl. Mittell. Meer. Wegen ihrer compakten Masse erscheint sie mehr als
die übrigen Halbinseln Europas als ein wirklicher Theil des Continents. Sie
erstreckt sich vom 8°—21° östl. L. und vom 36° —43° 48' Nbr. Ihr
Flächeninhalt beträgt 10,000 Qm.^)
Welche Form hat das Land im Allgemeinen? Für die Zeichnung der-
1) S. Karte Xiii.
2) Leicht ist es, nach § 6 der mathem. Geographie den ungefähren Flächeninhalt
zu berechnen.
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hinab. Bellinzona am Tessin und Lugano in wunderschöner Gegend sind die
beträchtlichsten Städte, die letztere mit 5500 E.
§ 51. Die Niederlande. Belgien und Holland.
Was bildet die natürliche Grenze des westlichsten Theils des Germanischen
Tieflandes gegen S.? Der Name Niederlande, eine charakteristische Be-
zeichnung der natürlichen Beschaffenheit des Landes, gilt im w. S. für die
in der Ueberschrist genannten beiden Staaten, im e. S. für den letzteren,
den nördlichen Theil umfassenden. Schon die Römer unterschieden Belger
südlich der Schelde und unteren Maas und Bataver nördlich derselben.
Durch den Vertrag zu Verdun theils zu Lothringen, theils zu Deutschland
geschlagen, fielen sie 887 ungetheilt dem deutschen Reiche anheim, dessen
Kaiser sie mehreren Grasen und Herzögen verliehen, die das Erbrecht in
ihnen zu erlangen wußten. Aus dieser Zeit stammen die noch jetzt gebrauch-
lichen Namen der Provinzen. Die Herzöge von Burgund vereinigten im
15. Jahrh. fast alle jene Gebiete. Durch die Verheirathung Marias, der
Tochter Karls des Kühnen, mit Maximilian kamen die Niederlande an
Habsburg, und von Karl V. gingen sie auf Philipp Il, alfo an Spanien
über, von dem sich die nördlichen der Reformation ergebenen Provinzen (1579)
1609 losrissen, während die südlichen katholischen (Belgien) erst 1714 durch
den Frieden zu Rastatt an Oesterreich und in Folge der französischen Re-
Volution an Frankreich kamen; 1814 zu einem Königreich der Niederlande
vereint, führte hauptsächlich die Verschiedenheit der Confessionen 1830 zur
Trennung und zur Bildung eines selbständigen Königreichs Belgien, das
sich unter dem erwählten Könige Leopold von Sachsen-Coburg rasch zu
seltener Blüthe erhob.
I. Das Königreich Belgien.
Welche Seite wird vom Meere begrenzt? Die Linie dieser Nord-
westgrenze beträgt nur 10 Meilen. Sie ist einförmig und ungegliedert und
hat nur 2 unbedeutende Einschnitte, den einen bei der Hafenstadt Nieupoort
(Neuport), den zweiten bei Ostende. Welchem Lande unfern gegenüber?
Von welchen Ländern wird es gegen S., O. und N. begrenzt? In welcher
Richtung hat es die größte Ausdehnung? Flächeninhalt nahezu 535 Qml.
In den südöstlichen Theil greift das Rheinische Schiefergebirge
herein, und die südlichen, von der Maas und ihrem linken Nebenflusse
Sambre durchströmten Provinzen, das belgische Oberland, bedecken die wal-
digen Hügel der Ardennen. Alles nördlich und westlich davon liegende
Land ist eigentliches Tiefland, nach der Nordsee und der Mündung der
Schelde so niedrig, daß es dnrch natürliche Dünen oder künstliche Deiche
gegen Ueberschwemmung geschützt wird. Der Boden dieser Tiefebene ist
äußerst fruchtbar, mit Ausnahme der aus Sand, Haiden und Mooren be-
stehenden sogenannten Campine in dem nördlichen und südöstlichen Theile
der Provinz Antwerpen und dem nördlichen Theile von Limburg, der
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Kunst und Wissenschaft pflegende Stadt des Südens. Ihre berühmte Universität wird
von ca. 2000 Studenten besucht. Sie hat eine lebhafte Industrie, namentlich viele
Tuchfabriken. Die Zahl der Einwohner beträgt 125,000. Albi, die alte Albigenser-
stadt, auf einem Hügel am Tarn, mit 16,000 E., eng und finster, besitzt einen
Dom. Narbonne, unweit des Meeres, das alte Narbo, griechische Colonie, Kelten-
stadt, römische Colonie und Hauptstadt des narbonensischen Galliens, später den West-
gothen, eine Zeit lang den Arabern unterthan, seit 759 dem fränkischen Reiche ein-
verleibt. Zahlreiche Alterthümer, als Mauerwerke, Büsten, Reliefgestalten, Hunderte
von Inschriften ?c. erinnern namentlich an die Zeit der römischen Herrschaft. Der
Canal du Midi mündet nordöstlich fern von der Stadt, sie ist aber mit diesem
durch den Canal Robine in Verbindung gesetzt; mit dem Meere selbst steht sie
durch den nahen Etang (Teich) in Verbindung. Dennoch ist sie nichj mehr die alte
reiche Stadt, da die Küste ihr ferner gerückt, der Hafen versandet und die Umgegend
versumpft ist. Die Küste ist häufigem Regen ausgesetzt. Warum?) Die Klöster
sind iu Kasernen verwandelt, die Kirchen verfallen. Sie hat nur noch 17,000 E.
Carcassonne, mit Tuchfabriken, 22,000 E., an der Aude, deren Thal von hierab
unfruchtbar und öde wird. Desto romantischer liegt auf einem Hügel an der
Orbe, zwischen Obstgärten, die Feigen, Citronen und Pomeranzen im Ueberflnß
liefern, umgeben von grünen Wiesen, die Stadt Beziers. „Lage und Luft sind so
lieblich, daß man in Frankreich sagt: Li le von Dieu venait habiter la terre, il
s'etablirait a Beziers." (Wenn der liebe Gott käme, auf der Erde zu wohnen, so
würde er sich in Beziers niederlassen.) Auch sie besitzt eine Menge Alterthümer.
Aber auch sie ist herabgekommen. 27,000 E. Montpellier an einem steilen, mit den
Cevennen zusammenhängenden, durch künstliche Bewässerung erst befruchteten Berge,
von wohl angebauter Landschaft umgeben, stark befestigt, gleichfalls einst ein wichtiger
Vertheidignngsort der Protestanten, mit dem ältesten botanischen Garten in Frankreich,
einer medieinischen Facultät, lebhafter Industrie, namentlich in Parsümerien, wozu
die umliegenden Thäler würzige Kräuter liefern, Seiden-, Wollen- und Baumwollen-
fabriken und 58,000 E. Lnnel, 7000 E., bekannt durch seinen Muskatwein. Cette,
See- und Handelsstadt, am Ende des Canals du Midi, aus der Nehrung, welche den
Etang de Thau vom Meere trennt, gewissermaßen die Hafenstadt von Montpellier;
zwischen Salzlagnnen an einem schroffen, befestigten Kalkberge liegend, mit geräumigem
Hafen, den ein gleichfalls befestigter und einen Leuchtthurm tragender Molo schützt,
bedeutendem Handel und besuchten Bädern, 24,000 E. Nim es (Nismes), das alte
Nemansns, mit großartigen Resten römischer Baudenkmäler, so das sehr gut erhaltene
Amphitheater, unmittelbar an den die innere Stadt umgebenden Boulevards, 360 m.
im Umfange, ein Oval bildend, das von 2 mal 60 übereinander sich erhebenden Ar-
kaden ans großen behanenen Steinen eingefaßt ist, mit 35 ringsnmlanfenden Reihen
steinerner, jetzt theilweise zerfallener Sitze, Ranm für 23,000 Personen bietend; der
Dianentempel mit alten Badegemächern; ein anderer antiker Tempel mit prachtvollen,
fast unversehrt erhaltenen korinthischen Säulen, das sogenannte maison carree;
2 Römerthore und der riesige und bewunderungswürdige Aquädukt des Agrippa,
desseu Kanal das Wasser auf drei Reihen über einander gethürmter Bogen über das
Thal des Gard tragen. Noch älterer Zeit gehört der altgallische Grabthurm Tour-
mague an. Die innere enge und unschöne Stadt ist außerhalb der Boulevards von
8 „modern-eleganten" Fanbonrgs umgeben. Die Stadt hat 62,000 E. Wollen- und
Baumwollen-Strumpfwaareu- und Seidenfabriken, bedeutende Gärtnerei und lebhaften
Handel. Beaueaire, au der Rhone mit 9000 E., sieht ein Mal im Jahre, zur Zeit
seiner berühmten Messe, die auf einer Wiese abgehalten wird, 100,000 Fremde nicht
blos aus Frankreich, sondern selbst aus Italien, Spanien und Portugal und andern
Ländern. Bei dem Flecken Remouliu ist der berühmte Pont du Gard, aus der
Römerstadt stammend, dem vorerwähnten Aqnädnet ähnlich, 58 in. hoch das Thal
des Gard überbrückend und die Wasserleitung tragend. In dem gebirgigen Departe-
ment der Ardeche, in welchem die Gabelung der Cevennen beginnt, ist Annonay
mit 18,000 E., der bedeutendste Ort, berühmt durch seine Handschuhfabriken. Hier
erfanden die Gebrüder Montgolfier den Luftballon. — Den Uebergang zur Auvergne
bilden in ihrer physischen Beschaffenheit die Departements der Lozere und der oberen
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Rade d'hyeres genannt. Die letztere wird geschlossen von den Hyerischen Inseln,
welche durch ihre südliche Vegetation und ihr mildes Klima ausgezeichnet sind. Weiter
östlich, den Städten Cannes und Antibes gegenüber liegen die zwei kleinen Lerini-
schen Inseln, deren größere, St. Margnerite, ein Fort mit einem Staatsgesäng-
nisse hat, das unter Ludwig Xiv. den rätselhaften Gefangenen mit der eisernen
Maske, in neuester Zeit auch den Marschall Bazaine barg. — Nizza, Nicaea, am
Fuße des Mont Alban, berühmt durch ihr gepriesenes Klima, das selbst im Winter
die Bäume mit Blüthen und Früchten schmückt, und dem des südlichen Spaniens und
Italiens gleichkommt und darum ein Lieblingsausenthalt der Fremden. Die Einw.,
50,000, treiben lebhaften.handel mit Südfrüchten, Getreide und Seide. — Monaco
mit 1200 E., ans einem hohen Felsen am Meere, von mittelalterlichen Wällen und
Zinnen umgeben, ist der Hauptort des kleinen Fürstenthums gleiches Namens, das
1864 sich unter Frankreichs Schutzherrschaft stellte.
12. Die Grafschaften Avignon, Venaissin und Orange, nördlich
von der Duranee und östlich der Rhone, bilden das Departement der Vau-
cluse, ein fruchtbares, wohl angebautes und bevölkertes Berg- und Hügelland.
Avignon, eng und düster, aber in herrlicher Ebene, am Südabhange eines
schroffen Kalkfelsens und an der Rhone, welche hier die schöne und fruchtbare Insel
Berthelasse bildet. Auf dem Plateau des Felsens liegt die Kathedrale mit mäch-
tigen Thürmen und daran das päpstliche Schloß, „eine gewaltige Festung von Stein-
blöcken". Von den 60 Kirchen und 35 Klöstern der wegen seiner zahllosen Glocken
1a ville sonnante genannten Stadt sind während der Revolution viele zerstört worden.
Das heutige Aviguon ist eine lebhafte Fabrikstadt, besonders durch Seidenindustrie
ausgezeichnet. Im Klostergarten befindet sich ein Denkmal der von Petrarka gefeierten
Laura. Im 14. Jahrh., als hier die Päpste (von 1305—1377) refibirten hatte die
Stadt 100,000 E., jetzt 38,000. Carpentras mit 10,000 E., mit beträchtlichem
Handel in Südfrüchten und Alkohol, mit römischen Alterthümern in der Umgegend,
ist der Hauptort von Venaissin. Oestlich von Avignon ist das wildromantische
Felsenthal Vauelufe (vallis clausa), eine enge von schroffen Felsen eingefaßte Schlucht,
berühmt durch den Aufenthalt Petrarka's. • Orange mit 10,000 E., Seidenspinnereien
und Handschuhfabriken, sowie römischen Alterthümern.
13. Das Herzogthum Dauphins erstreckt sich nördlich der vorigen
bis zur Rhone und von W. nach O. von der Rhone bis zum Kamme der
. Cottischen und Grafischen Alpen und ist demnach theils Tiefland mit den
herrlichsten Fruchtfeldern, theils Hügelland mit Weinbergen und lieblichen
Gärten und theils großartiges Gebirgsland mit Gipfeln von 357 5—3900 m.
11 und 12,000' Höhe, wie der Mont Pelvoux, Pie des Arsines, Aiguille
du Midi, de la Grave u. a. Die Hauptflüsse find die Jsere mit dem
Drac, der bei Grenoble in diese mündet, und die Dröme. Zur Zeit der
Römer gehörte das Land zur Provineia, später dem burgundifchen, frän-
kischen, deutschen Reiche (1032) an. Die alten Grafen führten einen Delphin
im Wappen; daher der Name. Einer derselben, Humbert Ii., vermachte
das Land dem französischen Königshause mit der Bestimmung, daß der jedes-
malige Thronerbe den Titel Dauphin führe.
In der Ober-Dauphine Grenoble (Graswalde), das alte G-ratianopolis, befestigte
und wohlgebaute Stadt im reizenden Jserethale mit dem Grabe Bayards, 43,000 E.
Drei Lieues von ihr entfernt, in einsamer und wilder Gebirgsgegend La Grande
Chartreuse, das Stammkloster der Karthäuser. Vieuue, Wälsch-Wien, an der
Rhone, 24,000 E. mit vielen Resten antiker Baudenkmäler (einst Vienna opulenta),
von Rebenhügeln umgeben, mit Fabriken in Seide, Wolle und Metallen und ansehn-
lichem Handel. Valence, im Dep. der Dröme, an der Rhone, mit mittelalterlichen
Wällen und Thürmen, dem Grabe Pius Vi. in der Kathedrale, der hier 1799 in der
Verbannung starb, 22,000 E.
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Mit Ausnahme derjenigen des östlichen Theiles von Metz bis zu den Vo-
gesen, Dentsch-Lothringen, ist sie jedoch im Laufe der Zeit französisirt worden.
Nancy, Nanzig, in schöner Ebene unfern der Menrthe (Mnrte), gelegen, in
in der oberen Stadt eng und schlecht, in der neueren Unterstadt schön und regelmäßig
gebaut, hat nahezu 50,000 E. und Stroh- und Tuchfabriken. Vor den Thoren der
Stadt wurde 1477 Karl der Kühne von Schweizern und Deutschen geschlagen und
getödtet. Luueville (Lunstädt) an der Meurthe, schön gebaute Stadt mit 15,000 E.,
in welcher 1801 „der schmachvolle Friede" geschlossen wurde, in Folge dessen Deutsch-
laud das linke Rheinufer abtrat. Epinal, ein lebhafter Fabrikort am Fuß der
Vogesen, von der Mosel durchflössen, mit 11,800 E. Bar (le Dnc) an einem Neben-
flnsse der Marne, eine freundliche Stadt mit Fabriken und Handel in Wein und ein-
gemachten Früchten, 15,000 E. Pont a Monsson im schönen Moselthal, 8000 E.
mit Resten aus der Römerzeit. In Varennes wurde Ludwig Xvi. gefangen ge-
nommen. Toul (Tul), frühere Reichsstadt an der Mosel in einer von Weinbergen
umgebenen Ebene, 7400 E., Festung, 23. Sept. 1870 von den. Deutschen erobert.
Verdun (Birten), befestigte Stadt an der Maas, 13,000 E., bekannt durch den Ver-
trag 843, den Deutschen am 8. Nov. 1870 übergeben.
Vom Elsaß ist bei Frankreich das jenseit der deutschen Sprachgrenze liegende,
stark befestigte, durch seine Lage militärisch wichtige Belsort geblieben (Eapitulation
am 16. Febr. 1871).
Im Innern Frankreichs, liegen
19. Die Grafschaften Maine, Touraine, Anjou, östlich von der
Bretagne, nördlich an die östlichen Ausläufer der Moutagnes d'arree gelehnt,
wo sie ein wenig fruchtbares Schieferplateau bilden; der südliche Theil ist
ein reich bewässertes fruchtbares Hügelland, der östliche zum Theil sumpfig
und unfruchtbar.
Le Mans auf einer Anhöhe an der Sarthe mit schönen Kirchen, bedeutendem
Handel in Getreide und Federvieh und wichtigen Fabriken, namentlich gerühmter
Wachskerzen, 47,000 E. In der Nähe 3 unterirdische Aquäducte aus der Römerzeit.
1793 wurden in ihr, dem letzten Zufluchtsort der Vendeer, 10,000 Menschen nieder-
gemetzelt. Am 13. Jan. 1871 Sieg der Deutschen. Laval, altertümliche Stadt an
der Mayenne, mit Wollen- und Leinenfabriken 27,000 E. In dem öden Berglande
P erche (Percheronpserde) liegt das Stammkloster der Trappisten, des strengsten katho-
tischen Ordens, la Trappe (Gruß: Memento mori). Tours an der Loire in der
schönen an Wein und Obst reichen Ebene, „der Garten Frankreichs" genannt, mit
den Resten der berühmten dem h. Martin geweihten Kathedrale. Von der alten
Porte Hngon, in deren Nähe die Hugenotten ihre Zusammenkünfte hielten, soll
der Name dieser stammen. Sie hat berühmte Seiden-, Hut- und Tuchfabriken.
Während des letzten Krieges tagte in ihr ein Theil der französischen Regierung.
Sie hat 43,000 E. Angers an der Mayenne; über der Stadt ein altes zinnen-
reiches Schloß und ein alter byzantinischer Dom. 58,000 E. In der Umgegend viele
Schieferbrüche.
20. Das Herzogthum Orleanais, südlich von Jsle de France und
der Normandie, zerfällt nach seiner natürlichen Beschaffenheit in zwei ver-
schiedene Theile, in die nördliche fruchtbare Beauce, die Gegend zwischen
Orleans und Paris, und die südliche (und südwestliche bis zur Gegend von
Blois) unfruchtbare, sumpfige S otogne.
Orleans, wo an der Loire? Gegenüber welchem Punkte der Seine? Kanal?
„Kreuzungspunkt der oberen und unteren Schiffahrt", und der Straße zwischen dem
nordöstlichen und südwestlichen Frankreich, und darum von Alters her ein wichtiger
Punkt für den Völkerverkehr (urbs Aureliana), in schöner, an Getreide, Obst und
Wein reicher Gegend, zu beiden Seiten des Flusses, die eigentliche Stadt am rechten
Ufer gelagert, mit 49,000 E. und lebhaftem Handel. (Erinnerungen an Jeanne d'arc.)
Wichtige Treffen in der Umgegend (12. Oet. 1870). Nordwestlich Chartres an der
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Eure, eine alte Stadt mit prächtiger Kathedrale und vielen gallischen Alterthümern
in der Umgebung, 19,000 E. Blois, malerisch gelegen, an der Loire, mit altem
Schloß der Valois, das oft der Schauplatz blutiger Thateu gewesen, einem römischen
Aqnäduct und Handschuh- u. a. Fabriken, 20,000 E. In der Nähe das Schloß
Chambord, dem nach ihm sich nennenden Herzoge von Bordeaux gehörig.
21. Die Grafschaften Bourbonnais, Nivernais und Berry. Die letz-
tere, eine einförmige aber fruchtbare Ebene an Eher und Jndre, ist nordwestlich
Hochfrankreich vorgelagert; die erste eine Vorterrasse der Auvergne, südlich
der vorigen, links der Loire, ist vom Eher und Allier durchflössen und von
den kahlen Ausläufern des Forezgebirges im S. durchzogen; die zweite ist
ein thal- und schluchtenreiches Gebirgsland, das in Stufen zur Loire abfällt,
reich an Mineralien, namentlich Eisen und Steinkohlen, sowie an Getreide
in den unteren Thälern. Bourbonnais ward 1327 den Nachkommen eines
jüngeren Sohnes Ludwig's Ix. verliehen. Von einem derselben, Jacob,
stammt die Hauptlinie des Hauses Bourbon ab.
Moulins in fruchtbarer Ebene am Allier mit Stahlfabriken und Wollen- und
Baumwollenspinnereien, 19,000 E. Vichy, berühmter Badeort am Allier. Revers,
alt und schmutzig, an der Loire, mit Fayence-, Porcellan-, Eisen-, Glas- und Tuch-
fabriken, 21,000 E. Bourges, an einem Nebenflusse des Eher, in der Mitte Frank-
reichs, mittelalterliche Stadt mit ausgezeichneter Kathedrale und Handel mit land-
wirtschaftlichen Produkten, 30,000 E. Chateauroux am Jndre mit berühmten
Tuchfabriken, 17,000 E.
22. Die Landschaften Marche und Limousin bilden das westliche
Terrassenland der Auvergne mit Punkten von 943 m. 2900' Höhe, die 8 Mo-
nate lang der Winterschnee deckt. Die mageren Felder des öden Landes
vermögen die Bewohner nicht zu ernähren; daher suchen sie ihren Erwerb
meist in anderen Theilen Frankreichs.
Gueret, unweit der Creuse, 5000 E>, treibt Viehhandel. Limoges an der
Vienne, alterthümlich, mit schöner Kathedrale, mit Pferdezucht, Glas-, Porcellan- und
Tuchfabriken, 55,000 E.
23. Die Grafschaft Auvergne, nach der alten keltischen Bevölkerung,
den Arverni, genannt, das höchste und rauhste Gebirgsland Frankreichs, etwa
15 Meilen lang und 5—7 Meilen breit, von dem östlich folgenden Berg-
lande von Forez durch das weite Thal des Allier, die fruchtbare Limagne,
getrennt, zu der es weit sanfter abfällt als nach W. Daß diese terrassen-
förmig sich erhebenden Felsenplateaux mit ihrem rauhen Klima keinen Acker-
bau, .sondern nur Viehzucht gestatten, und daß die Bewohner, zumal das
Gebirge außer Kupfer und etwas Steinkohle keine Mineralien enthält, arm
sind, versteht sich von selbst.
Am östlichen Fuße des Puy de Dome liegt in Nieder-Auvergne (in der Limagne)
Elermont (Claras mons), seit der Revolution mit dem nahen Städtchen Ferrand
vereinigt, bekannt durch das Concil 1095 und als Geburtsort Pascals. Finster er-
hebt es sich mit seinen schwarzen aus Lava erbauten Häusern den Berg hinan, über-
ragt von der mächtigen Kathedrale. Sie hat 38,600 E., Wollenspinnereien, Leinwand-,
Plüsch- und Strohhutfabriken. Thiers, im „Garten der Limagne", mit Eisen- und
Stahlwaaren-, besonders Messer- und Scheerenfabriken und 16,000 E. Montpen-
fier, einst dem Hanse Orleans gehöriges Herzogthum.
24. Die Grafschaft Lyonnais umfaßt die beiden Departements der
Loire, welche den westlichen Theil durchströmt, und der Rhone, welche mit
der Saöne die Ostgrenze bildet, und wird von den beiden vom Nordende
1876 -
Leipzig
: Ed. Peters Verl.
- Autor: Schlagintweit, Robert von, Humboldt, Alexander von, Andree, Richard, Schreiber, Carl, Ritter, Carl, Roon, Albrecht Theodor Emil von, Daniel, Hermann Adalbert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Mittlere Lehranstalten, Bürgerschule, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium, Mittelschule, Realschule, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Entfernung wiederholt sich vom Biseayischeu Meerbusen nach N., wenig
nach O. abweichend, bis zu der tiefsten Einbiegung der Westküste bei La
Rochelle, ferner von hier bis zum nordwestlichen Vorsprunge und
von diesem und ebenso von La Rochelle bis zur tiefen Bucht der Seine-
müuduug, so daß durch diese 3 Linien das nordwestliche (gleichseitige)
Dreieck Frankreichs abgeschnitten wird. Dieselbe Entfernung von der Rhone-
müudung genau nach N. getragen, giebt die Lage von Chalons an dem
Punkte der Saone an, wo sie sich direkt nach S. wendet, um dann die
Richtung der Rhone zu bestimmen. Weiter nach N. gelegt, den nördlich-
sten Vorsprung der französischen Grenze an der Maas (Charle-
mont und Givet). Dieselbe Entfernung wiederholt sich zwischen Rochelle und
Dijon an der Loire, zwischen Orleans und der Loiremündung und ebenso
der Quelle, der Ostgrenze der Pyrenäen und Lyon, zwischen Blaye an der
von hier sich sehr erweiternden Garonne und dem südöstlichen Winkel der
großen Normannischen Bucht, sowie zwischen diesem und Calais ?c.
§ 56. h. Frankreichs Gebirge, Flüsse und klimatische
Verhältnisse. Volkscharakter.
Ein Blick auf die Richtung der Mehrzahl der größeren Flüsse lehrt,
daß die Hauptabdachung des Landes eine nordwestliche ist. Die Pyrenäen
fallen, wie wir (s. Pyrenäenhalbinsel) früher gehört, nach Frankreich sehr
steil und tief ab. Welche Längenausdehnung haben also auch die Thäler
dieser Seite? Und folglich breitet sich nördlich derselben ein beträchtliches
Tiefland aus, das die Garonne durchströmt (100' hoch). Dieses wird öst-
lich von den 14 Meilen langen Cevennen begrenzt, die ziemlich parallel
mit der Küste des Mittelländischen Meeres ziehen. Durch die Senke zwischen
ihnen und den Vorbergen der Pyrenäen ist der Kanal du Midi geführt,
welcher dieses Meer mit der Garonne und durch sie mit dem Atlantischen
Oeean verbindet. Denselben Weg nimmt die Eisenbahn von Narbonne
nach Bordeaux. In einzelnen Gipfeln erreicht das Gebirge 1625 m.
6000' Höhe und darüber. Ihren Kamm bilden zerklüftete und fchluchten-
reiche Kalkfelsen, von Basalt durchsetzt, dessen Säulen oft senkrecht empor-
steigen. In Terrassen, deren höhere Nadel- und Laubholz, deren niedere
Obst-, Maulbeer- und Oelbänme und Reben tragen, sinken sie zu der sau-
digeu, sumpfigen und drückend heißen Küste des Meeres herab. Das Klima
der höheren Striche ist rauh. *
An der Grenze der Departements der Lozere und der Ardeche gabeln
sich die Cevennen in drei Züge. Der westliche, westlich des Allier, bildet
das Gebirgsland der Auvergue mit drei vulkanischen Gipfelgruppen; in
der südlichen erhebt sich der Cantal 1860 m. 5730', in der mittleren der
Mont 'd'or 1754' m. 5400' und der Puy de Saney 2000 m. 6042',
Frankreichs höchster Berg (im Innern), in der nördlichen der Puy de Dome
1465 m. 4500'. Die Mehrzahl aller Berge dieses rauhen Gebirgsländes
sind steile Kegel mit abgestumpftem Scheitel, auf granitischer Grundlage aus
1876 -
Leipzig
: Ed. Peters Verl.
- Autor: Schlagintweit, Robert von, Humboldt, Alexander von, Andree, Richard, Schreiber, Carl, Ritter, Carl, Roon, Albrecht Theodor Emil von, Daniel, Hermann Adalbert
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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in tief eingeschnittenen Thälern fließen und an der Mündung zwar sehr
breit sind, aber kein Delta bilden. Die Loire ist Frankreichs größter Fluß,
er ist 128 Meilen lang. Wo entspringt sie? Gieb die Hauptrichtungen an.
Wie verhalten sich diese in ihrer Länge? In welchem Theile von Frankreich
fließt sie im Allgemeinen? Welche Theile verbindet sie? Welchem anderes
Flusse ist sie iu ihrem oberen Laufe nahe? Welchem anderen in ihr-r
nördlichen Ausbiegung? Durch den Canal du Centre ist sie mit der
Saöne verbunden. Welche Meere verbindet sie dadurch? An welchem
Punkte liegt Orleans? Von hier aus führt ein Kanal (Kanal von Orleans)
zur Seine. Welche Gegenden werden dadurch verbunden? Welche Bedeu-
tuug erhält die Stadt durch diese Lage? Mit welchen deutscheu Städten
läßt sie sich bezüglich dieser Lage vergleichen? Bei Revers vereinigt
sich mit ihr der Allier. Wo entspringt dieser Fluß? Auf der linkeh
Seite nimmt sie ferner auf Eher, Judre und Vienne mit der Crense.
Auf der rechten Seite gehen ihr unterhalb Angers von.den Bergen der
Normandie die Mayenne mit der Sarthe und dem Loir zu. Die Mün-
duug der Loire erfolgt unterhalb Nantes.
Nördlich von ihr ist das Stromgebiet der Seine, die nordwestlich von
der Cöte d'or entspringt. Welche Länge hat sie im Vergleich zu dem vorigen
Flusse? Welche Richtung im Allgemeinen? In ihrem oberen Laufe empfängt
sie von der Cöte d'or die Ionne, die durch den Kanal von Burgund
mit der Saöne in Verbindung steht; in ihrem untern Laufe auf derselben
Seite die Eure von den Bergen der Normandie, die unterhalb Louviers
mündet. Rechts gehen ihr zu die Aube vom Plateau de Langres, bei
Paris die Marne, die durch den Kanal von Lothringen mit der Maas
und Mosel verbunden ist, weiter abwärts die Aisue von den Argonnen,
die sich mit der-von den Ardennen kommenden Oise vereinigt und unter-
halb Paris mündet. In welches Meer ergießt sich die Seine?
Der nordwestlichste an den Pas de Calais grenzende Theil Frankreichs
ist vollständiges Tiesland, der germanischen Tiefebene angehörend, durch
Dünen, hier Watteriugeu genannt, geschützt. Der ursprünglich sumpfige,
durch die Aa entwässerte Boden, ist außerordentlich fruchtbar, Ackerland und
besonders Wiesen und Weiden für die Viehzucht bietend.
Die Maas, Neuss, im nordöstlichen Frankreich, entspringt ans dem
Plateau von Langres, fließt zwischen den westlichen und östlichen Argonnen,
durchbricht die Ardennen zwischen steilen Ufern und geht zum Rhein.
Zwischen den vorbeschriebenen mittelfranzösischen Gebirgen und den
Alpen liegt das schmale und tiefe Thal der Rhone, die von den Furka- I
gletschern des St. Gotthards kommt, zwei Stunden von der Rhein-
quelle (S. 128). Gieb die wechselnde Richtung derselben im Kanton Wallis
an. Wie ist ihr Fall in diesem? Welchen See bildet die Rhone? Sie
verläßt ihn 97 5 in. breit. Welchen Fluß empfängt sie bei ihrem Austritt
aus dem Genfer See vom Mont Blanc? Bald darauf wird sie, durch den
Jura und die Alpen eingeengt, gezwungen, sich unterhalb des Fort de
l'ecluse (d. i. Schleuße) in einen engen Felsentrichter zu stürzen. Etwas
unterhalb desselben strömt sie sogar 60 Schritt lang unterirdisch unter den
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: Ed. Peters Verl.
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südöstlichen Küste sogar die Orange, bis zum 48° hinauf vorzüglicher Wein
und selbst im nördlichen Frankreich vortreffliches Obst. Der Boden ist, wie
wir gehört, reich bewässert und nur in geringen Strecken dem Anbau un-
günstig; das Meer, seine schiffbaren Flüsse, sein ausgedehntes Kanalsystem
haben rege Industrie und Handel ermöglicht. Für Pferde- und Rind-
Viehzucht ist das Land weniger geeignet, als für die Schafzucht. Der
Mineralreichthum ist nicht groß. Die heute so wichtige Steinkohle, deren
Ertrag sich auf jährlich 20 Mill. Centner beläuft, findet sich an den
Ardennen und in der Umgegend von Lyon. England und Deutschland sind
daran weit reicher. — Welches sind nach ihrer natürlichen Beschaffenheit
die weniger fruchtbaren Gegenden Frankreichs? Wie verhalten sich diese zu
den übrigen in Bezug auf die Zahl der Bevölkerung? Welches sind die
fruchtbarsten und bevölkertsten Gebiete? Zu den letzteren gehörten entschieden
die jetzt deutschen Departements. Welche Gebiete sind die für Getreidebau
geeignetsten? Welche Schlüsse ergeben sich aus dem Vorstehenden auf die
Beschäftigung der Bewohner in den verschiedenen Districten? Wie begünstigt
die Lage Frankreichs den Handel? Wie Beschaffenheit, Lauf und Verhält-
niß der Flüsse unter einander und ihre künstliche Verbindung? Welches sind
die natürlichen Haupthandelswege? Die französische Industrie steht hoch,
und ihre Fabrikate zeichnen sich durch geschmackvolle Arbeit aus.
Zum dritten Mal besitzt Frankreich, seit dem 4. Sept. 1871, republi-
kanische Verfassung. Dieser öftere Wechsel der Staatsform hat seinen Grund
in der geschichtlichen Entwicklung, wie in dem Charakter des französischen
Volkes. Entstanden ist dasselbe aus der Mischung der keltisch-gallischen
(Ureinwohner), römischen und germanischen Elemente. Nachdem das römische
Reich zu Grunde gegangen, lag der politische Schwerpunkt des historischen
(westlichen) Europas zumeist in Frankreich, das „die räumliche Mitte" des-
selben bildete. Daher die oft mit Erfolg gekrönten Bestrebungen französi-
scher Staatsmänner und Herrscher (Richelieu, Heinrich Iv., Ludwig Xiv.),
Frankreichs Uebergewicht zu begründen; daher noch heute die Franzosen sich
mit Selbstgefühl la grande nation nennen, „ an der Spitze der Eivilisation"
zu „marschiren" meinen und Paris als „die Hauptstadt der civilisirten Welt"
betrachten. Seitdem aber die slavischen Nationen des östlichen Europas (seit
Peter d. Gr.) seine Geschichte mit bestimmend in die Reihe der historischen
Völker eingetreten, ist der Schwerpunkt Europas immer entschiedener nach
Deutschland gerückt, der eigentlichen räumlichen und nunmehr auch politischen
Mitte. Von der Natur mit Verstand und lebhaftem Charakter begabt, ver-
danken die Franzosen hauptsächlich ihrem kriegerischen Muth ihre Erfolge.
Daher ihre Liebe für Ehre und Ruhm (gloire); daher aber auch ihre Eitel-
keit und Selbstüberhebung, Eigenschaften, die übrigens den alten Galliern
schon nicht fremd gewesen sein sollen; auch ihren Wankelmuth und Leicht-
sinn scheinen sie von jenen ererbt zu haben. Uebrigens erleidet der National-
charakter durch provinzielle Eigentümlichkeiten, namentlich durch den Unter-
schied zwischen Norden und Süden, die sich ehemals selbst sprachlich unter-
schieden (Langue d'o'il und Langue d'oc), wesentliche Modifikationen.