2z. Geistesleben in Deutschland.
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der Spitze ein Präsident, von 4 zu 4 Jahren gewählt (Washington 1789 — 1797).
V. Das Mutterland. England ersetzt seine Verluste durch Ausbreitung seiner Macht in Ostindien. Ausgangspunkt die Erwerbungen der ,,ostindischen Kompagnie“ um 1600. Nach Zerfall der Mongolenreiche im Nw. Indiens Erweiterung des Gebietes. 1756—1765. Kämpfe unter Clive gegen den grausamen Nabob von Bengalen (schwarze Höhle), dann während des amerikanischen Unabhängigkeitskampfes unter Warren Hasting gegen Hyder-Ali, später gegen dessen Sohn Tippo Saib, Sultane von My-s o r e (im Innern des Hochlandes), und die Mahratten (vgl. Macaulays Essays). 1784 verwandelt die ostindische Bill des jüngeren Pitt den Besitz der Kompagnie in englisches Schutzgebiet.
§ 25. Geistesleben in Deutschland während des zweiten Zeitraumes.
Drei Stufen der Entwickelung geistigen Lebens, jede etwa 50 Jahre umfassend, von dem Niedergang nach dem dreissigjährigen Kriege bis zu dem Höhepunkte unserer klassischen Litteraturperiode reichend.
I. Erste Stufe. A. Nachwirkung des dreissigjährigen Krieges. Das durch die Leiden des Krieges verdüsterte Volksgemüt ist keines höheren Aufschwunges fähig und versinkt in Stumpfheit, Verzagtheit und Roheit, a) Die Religion verliert mit dem Hader der verschiedenen Bekenntnisse unter einander und der sich steigernden Furcht vor Höllenstrafen ihre erhebende und reinigende Kraft; an Stelle des Glaubens tritt vielfach der Aberglaube; Sterndeuterei und Hexenprozesse blühen, b) Das Vaterland wird mit der Zerklüftung des deutschen Reiches ein hohler Begriff. Das Nationalgefühl erstirbt. Bei den frechen Angriffen Ludwigs Xiv. auf deutsches Erbe wird kaum hier und da ein Aufschrei nationalen Unwillens vernommen, c) Das Gefühl für Recht und Gerechtigkeit verliert sich bei den endlosen Prozessen des Reichskammergerichts * und
Zur Zeit Goethes (dessen Aufenthalt in Wetzlar 1772) waren 20000 Prozesse unerledigt geblieben; ein Prozess dauerte bereits 188 Jahre. Der von dem Kaiser zur Abhilfe eingerichtete Reichshofrat verschleppte die Prozesse fast noch mehr.
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§ 25- Geistesleben in Deutschland.
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Schwulst der 2. schlesischen Dichterschule setzen Männer wie Christian Weise Einfachheit und Natürlichkeit entgegen (freilich auch in Wässerigkeit verfallend — die ,,Wasserpoeten“), e) Ein Dichter wie Günther stimmt zum ersten Male wieder wärmere Herzenstöne an, ein Grimmelshausen schreibt einen volkstümlichen Roman „Der abenteuerliche Simplicius“ (gew. Simpli-cissimus genannt), der die schreckliche Zeit des grauenvollen Krieges mit Naturwahrheit seinen Zeitgenossen vor Augen führt. Die geistliche Dichtung bewahrt sich noch etwas von der Herzensinnigkeit der früheren Zeit, wie bei dem Jesuiten Spee (Trutznachtigall) und dem Mystiker Angelus Silesius (Johann Scheffler, später zur katholischen Kirche übergetreten) und erreicht in Paul Gerhard sogar noch einen Höhepunkt.
Ii. Zweite Stufe. Freiere Geistesregungen mit dem Aufgang Preussens zusammenfallend, a) Die englisch-französischen Aufklärungsgedanken finden hier empfänglichen Boden. Am Hofe Sophie Charlottens streiten Freidenker mit orthodoxen Geistlichen und verkehrt vor allem der grosse Leibn iz (s. § 21, I. 3). b) In Berlin wird eine Akademie der Künste und eine „Sozietät der Wissenschaften“ gegründet (§ 14, Vi. 3 b). c) In der vom Kurfürsten Friedrich Iii. gestifteten Universität Halle lehrt ein Thomasius in deutscher Sprache und kämpft gegen Hexenprozesse (§ 14, Vi. 3 a). d) Gegenüber der engherzigen Glaubensrichterei zünftiger Theologen öffnen die Pietisten (Spener und Francke) die Gemüter wieder der Herzensfrömmigkeit, die sich auch in Werken thätiger Nächstenliebe wirksam erweist (Stiftung des Halleschen Waisenhauses durch Francke, Wirken der vom Grafen Zinzendorf gestifteten Herren-huter Gemeinde). e) Unter dem Einfluss dieser Geistes-stromung findet die Musik den ergreifendsten Ausdruck für tiefe Seelenbewegungen und erhebt die Gemüter zu Gott in den Tonwerken eines Sebastian Bach und eines Fried-rich Händel, f) Auch die bildende Kunst bringt einen Meister wie Schlüter (Baumeister Friedrichs Iii zugleich Bildhauer; s. § 14, Vi, 3 c.) hervor, g) Man sucht die r esse ln der Unnatur abzustreifen. Der Drang, sich aus unnatürlichen Zuständen in ein reines Naturleben zu flüchten, verschafft den Robinsonaden, Nachahmungen eines von em englischen Freidenker De Foe herausgegebenen Komans, die weiteste Verbreitung. Das Ideal einer reinen
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Berlin Friedrichs
62 Preussische Monarchie. — § 21. Aufklärung und Fürstenhöfe.
c) Letzte Siege, i) Friedrich bewegt Czernitscheff, seine Abberufung drei Tage lang zu verheimlichen.
2i. Juli. Sieg Friedrichs bei Burkersdorf (unweit Schweidnitz) über Daun, der sich durch die Anwesenheit der Russen über Friedrichs Stärke täuschen lässt.
2) 2q. Oktober. Sieg des Prinzen Heinrich bei Freiberg in Sachsen über Österreicher und Reichstruppen.
Allgemeine Erschöpfung. Maria Theresia, nach Verlust des russischen Bundesgenossen auch noch durch Abschluss eines Präliminarfriedens zwischen Frankreich und England des französischen beraubt, muss endlich der allgemeinen Friedensstimmung nachgeben.
V. Der Friede, i) Zu Hubertusburg (sächsisches Jagdschloss bei Grimma) zwischen Österreich und Preussen: Friedrich bleibt im Besitz von Schlesien und der Grafschaft Glatz und verspricht, bei der römischen Königswahl seine Kurstimme Joseph, dem Sohne Maria Theresias, zu geben.
2) Zu Paris (nach längerem, für Frankreich meist unglücklichem See- und Landkriege in den Kolonien) zwischen England, Frankreich und Spanien: Frankreich tritt
Canada, das westliche Louisiana, Senegambien ab, Spanien Florida, das durch den Rest von Louisiana entschädigt wird. England giebt wichtige Eroberungen von spanischen Inseln (Havanna) heraus, doch wächst seine Kolonialmacht durch die neuen Eroberungen bedeutend.
§ 21. Die „Aufklärung“ und die Fürstenhöfe.
I. Die Aufklärung. Durchbruch einer freieren Weltanschauung: 1) In England. Baco von Verulam (Zeit der
Elisabeth und Jakobs I.) geht, im Gegensatz zu den Philosophen, die ihr Denken auf das Übersinnliche richteten, von der Erkenntnis der Natur als der Mutter aller Wissenschaften aus und hebt die Wichtigkeit der Erfahrung und des Experiments zur Erkenntnis der wahren Beschaffenheit der Dinge hervor. Die grossen Entdeckungen der Naturforscher Kepler und Galilei (Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrh.), sowie Newtons (Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrh.) über die im Weltall herrschenden Gesetze lenken das Denken zu weiterer Verfolgung dieser Bahnen. Der Philosoph Locke untersucht den menschlichen Geist nach naturwissenschaft-
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Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Schweidnitz Friedrichs Sachsen Frankreich England Hubertusburg Grimma Preussen Schlesien Paris Frankreich England Frankreich Spanien Frankreich Louisiana Spanien_Florida Louisiana England Havanna England
§ 21. Aufklärung und Fürstenhöfe.
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lieber Methode und findet als Ursprung alles Wissens die sinnliche Wahrnehmung in Verbindung mit der Fähigkeit des Geistes, sich der gewordenen Eindrücke bewusst zu werden. Auch das Wissen des Übersinnlichen ist ihm nur das Erzeugnis dieser Geistesthätigkeit. Der damit vollzogene Bruch mit den überlieferten Anschauungen ruft die Richtung der. „Freidenker“ hervor, die mit dem Kampfe gegen die bisherige Weltanschauung auch den Kampf gegen alles Veraltete in Staat, Kirche, Gesellschaft und Sitte eröffnen.
2) In Frankreich. Hier gewinnen die Freidenker um so breiteren Boden, als die Überspannung der unbeschränkten Fürstenmacht zu unnatürlichen Zuständen geführt hat. Wechselwirkung französischer und englischer Freidenker.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts drei bestimmende Geister: Voltaire, der die bestehenden Zustände mit der Geissel des Spottes trifft und insbesondere die kirchliche Ketzerrichterei bekämpft (Henriade; seine Thätigkeit im Prozess Calas u. a.), Montesquieu, der (esprit des lois) die Staatsformen
einer Prüfung unterwirft und unter diesen der verfassungsmässigen nach dem Muster Englands den Vorzug giebt, und Rousseau (contrat social, Emile), der den verrotteten Zuständen in Staat und Gesellschaft ein Naturideal gegenüberstellt und den weit nachhallenden Ruf erhebt: „Zurück
zur Natur!“
Die eingeschlagene geistige Bewegung wird in die Bahnen des nacktesten Materialismus geleitet durch die Herausgeber des „encyklopädischen Wörterbuches“ (Diderot, d Alembert) und den sich um den (deutschen) Baron
Ho Ibach sammelnden Klub (systeme de la nature von Hol-bach selbst, l’homme machine von Lamettrie).
3) In Deutschland. Hier leitet die von England aus-
gehende geistige Strömung in gemässigtere Bahnen der Begründer deutscher Philosophie Leibniz, der Freund Sophie Charlottens. Er sucht in seiner „Theodicee“ dem Denken im Glauben eine Stütze zu geben und bemüht sich, eine Einigung der verschiedenen christlichen Kirchen herbeizuführen. Seine Lehre verbreitet durch ein wohldurchdachtes System Christian Wolff, der Lehrer Friedrichs d. Gr. (vgl. § 16, Iii). Für das Einströmen des französischen Materialismus erweist sich die Gemütsinnigkeit des deutschen Geistes nur wenig empfänglich. Ein Klopstock singt inmitten dieser Zeitströmung seine tief empfundenen Oden an den „Unendlichen“ und zieht alle edleren Geister in seine Gedankenkreise.
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§ 21. Aufklärung und Fürstenhöfe.
Dennoch bildet sich unter Einwirkung der Zeitideen eine altbackene nüchtern - verständige Weltbetrachtung heraus, die dem Namen der ,,Aufklärung“ einen üblen Beiklang beimischt,* und auf dem Gebiete der Religion als ein flacher ,,Rationalismus“ auftritt. Andererseits bildet sich aus den Ideen der Aufklärung bei den vornehmsten Geistern unter Einfluss des Studiums der alten Griechen, deren Meisterwerke bildender Kunst ein Winckelmann kennen lehrt, das Ideal der Humanität heraus. Ein Goethe und Schiller verkörpert es in dichterischen Gestalten, ein Herder („Ideen“ und ,,Briefe zur Beförderung der Humanität“) begründet es dem Wesen nach tiefer. Der Philosophie wird eine ganz neue Richtung gegeben durch Imanuel Kant, der in seiner ,,Kritik der reinen Vernunft“ (1781) die Grenzen menschlicher Erkenntnis zieht und in seinem System auch den übersinnlichen Ideen eine Stelle zuweist.
Ii. Ergebnisse. Aus den vielfach verschlungenen und sich kreuzenden Strömungen gehen als fester Miederschlag folgende Ideen hervor: 1) Gleichberechtigung aller
Menschen. 2) Das Recht aller Menschen auf Freiheit der Selbstbestimmung und auf Freiheit in Denken und Glauben. 3) Die Pflicht der Duldung und Nächstenliebe. Sie erscheinen als das geschichtliche Ideal in Schillers „Don Carlos“, erweisen sich wirksam in der Staatsleitung erleuchteter Fürsten, bilden den Leitstern in dem Unabhängigkeitskampf der Nordamerikaner (die Menschenrechte) und sind endlich die treibenden Kräfte in der ersten Zeit der französischen Revolution.
Iii. Friedrich der Grosse und die Aufklärung. Einwirkung insbesondere Voltaires. Mittel der Durchführung die unbeschränkte Fürstenmacht. Sie dient ihm nicht, wie bei Ludwig Xiv., für den Glanz des Hofes und die Ruhmsucht der Nation, oder wie bei dessen Nachahmern als Rechtstitel fürstlicher Willkür, sondern allein zum Glücke des Volkes. Friedrichs Grundsatz: Nicht das Volk des Fürsten wegen, sondern der Fürst des Volkes wegen da. Dem Rechte des Fürsten auf unbeschränkte Selbstherrschaft steht dessen Pflicht, sein Volk gut zu regieren, gegenüber. Seine Sorge für gleiches Recht aller
* Der bekannteste Vertreter ist der (auch von Goethe und Schiller in den Xenien verspottete) im übrigen achtungswerte Buchhändler Nicolai zu Berlin.
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86 Französische Revolution. — § 27. Konstituierende Nationalversammlung.
gründet, breitet sich durch Zweigvereine über ganz Frankreich aus. Daneben gewinnt der Klub der ,, Co rdeli ers*' (Versammlungsort: ein Franziskanerkloster; Mitglieder Danton, Desmoulins), der im Geheimen für den Herzog von Orleans arbeitet, Macht über den hauptstädtischen Pöbel. — Dagegen der gemässigte Klub der ,,Feuillants“ von geringerem Einfluss und bald sich auflösend.]
Iii. Die Nationalversammlung, a) Parteien.
Eine konstitutionelle nimmt sich die englische Ver-fassung als Muster und lehnt sich an Montesquieu an; die treibende demokratische (Sieyes, Lafayette) sucht die Rouss eausehen Gedanken zu verwirklichen. Der bedeutendste Staatsmann und Redner der Versammlung ist Mirabeau.
[Mirabeau, ein Provengale, 1749 geb., von leidenschaftlicher Gemütsart und starkem Ehrgeiz, bei unglücklichen Familien Verhältnissen früh in sittliche Irrbahnen gelenkt. Sein despotischer Vater lässt ihn (lettre de cachet!) wegen einer groben Verirrung einsperren. Während seiner Haft in Vincennes reifen seine Gedanken über Welt und Staat. Befreit, lebt er als Schriftsteller in England, dessen Zustände er kennen lernt; längerer Aufenthalt in Berlin (seine Schrift über „die preussische Monarchie*'). Ein gereifter Mann, tritt er als Vertreter des dritten Standes in die politische Laufbahn. Glänzender Redner und umsichtiger Politiker.]
Die leitenden Gedanken der Versammlung (und des Zeitalters) werden in der „Erklärung der Menschenrechte“ nach amerikanischem Vorgang am 27. August 1789 auf Lafayettes Antrag ausgesprochen.
b) Neugestaltung des Staatswesens. 1) Gesellschaft-4.August lieh. 4.-August 1789 (Antrag des Vicomte von Noailles) 1789 Aufhebung aller mittelalterlichen Vorrechte der bevorzugten Klassen! Sturm der Entsagung! Der Adel giebt sämtliche Frohndienste und Feudallasten ohne Entschädigung auf, die Geistlichkeit ihre Zehnten.* Dadurch der Bauer wieder freier Grundeigentümer! Die Käuflichkeit der Ämter wird aufgehoben, die Beamten- und Offiziersstellen werden allen Ständen zugänglich gemacht, auch wird gleichmässige Besteuerung aller Volksklassen beschlossen. Später auch Aufhebung des Adels.
2) Politisch. Vertretung des Volkes nur durch eine Kammer. Gegen deren Beschlüsse kann der König nur ein ?,suspensives (aufschiebendes) Veto“ einlegen und damit die Giltigkeit auf vier Jahre hinausschieben. Mirabeaus glänzende Rede dagegen!
* Der närrische (deutsche) Baron Anacharsis Cloots dankt in einer possenhaft in Scene gesetzten Vorführung von Vertretern der verschiedenen Nationen in ihrer Nationaltracht der Versammlung im Namen der Menschheit für diese Beschlüsse.
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Extrahierte Personennamen: Danton Mirabeau August Anacharsis_Cloots
Zeit der Rückströmung. — § 47. Verfassungskämpfe. 141
Ii. Rückströmung. Das Bedürfnis der Ruhe nach soviel Erschütterungen, die Erinnerung an das viele in Frankreich vergossene Blut, und der dadurch hervorgerufene Abscheu vor Staatsumwälzungen bringen eine Rückströmung hervor, die ebenso durch die Anschauung der Fürsten von dem Werte einer festbegründeten Selbstherrschschaft wie durch die romantische Gefühlsrichtung (§ 44, Iii) der Gebildeten genährt wird. *
a) Die Fürsten. (26. September) 1815 Abschluss der (26.Sept.) ,,heiligen Allianz“ zwischen dem Zaren Alexander I., dem 1815 Kaiser Franz I. und dem Könige Friedrich Wilhelm Iii.,
den Vertretern dreier verschiedener christlicher Bekenntnisse!
Ihr Gelöbnis: „ihre Völker gemäss der göttlichen Lehre Christi zu regieren als von Gott verordnete Familienväter in enger und unauflöslicher Brüderlichkeit“. Bürgschaft einer solchen Regierung nach der Vorstellung der Fürsten die Selbstherrschaft. Beitritt der meisten europäischen Staaten zu der Allianz (nur England, der Papst und die Pforte treten nicht bei).
b) Die Staatsmänner. Fürst Metternich, österreichischer Staatskanzler, ein schlauer und gewandter Diplomat, doch ohne ideale Begeisterung und Seelengrösse (schon beim Wiener Kongress thätig: das engherzige Zurücktreten Österreichs von der Stellung als Wacht am Rhein durch Aufgabe des Breisgaus sein Werk) bestimmt den Geist europäischer Diplomatie.
Seine Aufgabe, die verschiedenartigen Volksstämme Österreichs dem Zepter des Kaisers unterwürfig zu erhalten, sucht er durch Unterdrückung jeder freieren Regung zu erfüllen.
Daher ängstliches Überwachungssystem und politische Verfolgungswut (der italienische Dichter Silvio Pellico). Unmittelbar ist sein Einfluss auf deutsche und italienische Staatsleitung ; mittelbar lenkt er auch die meisten übrigen europäischen Staatsmänner. Verständigung auf Fürstentagen („Fürstenkongresse“ zu Aachen, Troppau, Laibach, Verona). Abmachung, jeden Staat in dem sich Volksbewegungen erheben, auf den Boden der Ordnung zurückzuführen.
Iii. Aufhebung der Verfassungen, i) Der
König Ferdinand I. von Neapel folgt der Einladung zu dem Fürstentage in Laibach und willigt trotz feierlich ge-
* Der katholische Philosoph Baader stützt u. a. die fürstliche Selbstherrschaft mit der Forderung einer Durchdringung der Staatskunst mit der Religion.
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Extrahierte Personennamen: Alexander_I. Alexander_I. Franz_I. Franz_I. Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Christi Gott Silvio_Pellico Ferdinand_I._von_Neapel Ferdinand_I. Baader
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Rhein Aachen Troppau Laibach Verona Laibach
154 Zeit der Gärung. —
52. Geistesleben im zweiten Zeitraum.
b) Der alternde Goethe spendet noch einige herrliche Gaben der Dichtkunst (Dichtung und Wahrheit, Westöstlicher Divan, 2. Teil des Faust); seine erhabenste Dichtung, der ,,Faust“, dringt tiefer in die Herzen der Nation. Die klassische Tragödie erreicht noch einen Höhepunkt in dem Österreicher Franz Grillparzer (Sappho, das goldene Vliess).
c) Die Zeitereignisse spiegeln sich u. a. in den „Griechenliedern“ Wilhelm Müllers wieder. Der Zeitrichtung entspricht aber am meisten die romantische Gefühlsströmung. Die romantische Dichtung (s. § 44, Iii.) nimmt klassische Formen an bei Rückert und Uhland. Tondichter umweben mit ihren Weisen die tief empfundenen Lieder der Romantiker (Franz Schubert „Müllerlieder“, „Winterreise“ u. a., Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, (Komponisten vieler Eichendorffschen I exte; Karl Loewe, der Uhland der Musik; daneben Zelter, der Tondichter Goethescher Lieder). Die Melodien der romantischen Opern Karl Maria von Webers (Freischütz, Oberon) dringen bis in die untersten Volksschichten. Über die in romantischem Geiste schaffenden Meister bildender Kunst s. § 68.
d) Darüber Gefahr des Versinkens in eine phantastische Traum- und Märchenwelt (Joseph von Eichendorffs „Leben eines Taugenichts“, E. T. A. Hoffmanns „Kater Murr“ mit seinem weitabgekehrten Kapellmeister Kreisler) und Abkehrung von der wirklichen Welt. Die romantische Anschauungs- und Gefühlswelt bietet den rückläufigen Lewegungen eine Stütze. Romantiker wie t riedrich Schlegel neben Gentz im Dienst der Machthaber!
e) In der Philosophie ist nach dem Auftreten Fichtes, des Schülers Kants, und des unter Einfluss der Romantik stehenden Schell in g, der Mann der Zeit Hegel, der mit seiner Lehre, alles Seiende sei Ausfluss der göttlichen Vernunft, die bestehende Staatsordnung als vernünftig zu rechtfertigen schien.
Ii. Die Zeit nach der Julirevolution.
a) Umschwung der Denkart unter Abwendung von den romantischen Idealen bei vielen Geistern. Der Feuilletonist Börne und der Dichter manches tief empfundenen Liedes Heine üben zersetzende Kritik an den bestehenden Zuständen. Ihnen verwandt ist „das junge Deutschland (Gutzkow, Laube, Mund t).
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208 Neues Deutsches Reich. — § 65. Das Deutsche Reich im Frieden.
reits im Altertum in den Sklaven-, im Mittelalter in den Bauernkriegen auftauchend, wurde dadurch die bedrohlichste der Neuzeit Versuche einer Lösung ebenso durch wohldenkende Männer wie durch Phantasten und ehr- und gewinnsüchtige Streber.
[Die Lehren der französischen und englischen Socialisten, durch welche die Greuel der Kommune in Frankreich heraufbeschworen waren, gewinnen trotz des Scheiterns der Versuche, sie ins praktische Leben einzuführen, auch in Deutschland Boden.]
Einen bedrohlichen Charakter nimmt die Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Auftreten des Schriftstellers Lassalle (1862) an. Die Arbeiter sollen nach seiner Lehre durch Bildung grosser Verbände für selbständige gewerbliche Unternehmungen ihre eigene Arbeitgeber werden (kein neuer Gedanke, vgl. § 54, Vii.); um das Anlagekapital hierfür aber zu erhalten, solle der Staat zur Hergabe gezwungen werden und darum der 4. Stand (die Arbeiter) sich zum herrschenden machen. Noch weiter griff der 1864 zu London gegründete internationale Arbeiterverband (die „rote Internationale“), der unter dem Einflüsse des Schriftstellers Marx geradezu auf einen Umsturz der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung ausging. Dem Einfluss dieser „Verbindung“ entspringt die deutsche Socialdemokratie. Ihre Mittel sind Arbeitsausstände („Strikes“) und gegenseitige Unterstützung der feiernden Arbeiter aus Vereinskassen. Folge der in die Arbeiterwelt gebrachten Erregung sind Arbeiteraufstände und Mordversuche (1878 zweimal auf das ehrwürdige Haupt Kaiser Wilhelms I.) Der Staat ist ge nötigt, durch ein „Socialistengesetz“ einen rechtlichen Ausnahmezustand zu schaffen. Versuche, auf friedlichem Wege der Socialdemokratie den Boden zu entziehen (die katholischen Gesellen-, die evangelischen Jünglings-, die Kriegervereine u. a.) schaffen nur teilweis Abhilfe. Die Heilung der als wirklich erkannten socialen Schäden nimmt Kaiser Wil-helm I. in die Hand. Die kaiserliche Botschaft von 1881 leitet eine durchgreifende Socialgesetzgebung ein. 1883 kommt das Krankenkassen-, 1884 das Unfallversiche-rungs -, 1889 das Alters- und Invaliditätsgesetz zu
stände, das seit dem 1. Januar 1891 in Kraft ist. Das Wer c wird durch Kaiser Wilhelm Ii. mit warmem Herzen weitergefördert (internationale Versammlung von Abgesandten Englands, Frankreichs, Belgiens, der Schweiz, Februar 1890. e ratungen über Zeit, Dauer, Art der Arbeit und über die Formen,
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Extrahierte Personennamen: Marx Wilhelms_I. Wilhelms_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Altertum Frankreich Deutschland Deutschland London Englands Frankreichs Belgiens Schweiz
Die englische Staatsumwälzung — § 2. Die Anfänge der Bewegung. 3
Vereinigung der drei Reiche England, Schottland, Irland zu einem Reiche unter dem Namen „Grossbritannien“! Die Vorstellungen der Stuarts von der Majestät des Thrones und seiner aus göttlicher Rechtsordnung entspringenden Machtbefugnis rufen bei dem Gegensatz zu der freiheitlichen Zeitströmung, die seit Johann ohne Land (magna charta) nie ganz geschwunden, alle Kreise durchdringt, Zusammenstösse hervor. Diese führen das tragische Geschick des Hauses herbei.
Ii. Reibungen zwischen Krone und Parlament. 1) Jakob I., 1603—1625, Sohn der Maria Stuart 1603 von ihrem zweiten Gemahl Darnley, ein unschöner, eigen- ^is
williger und unköniglicher Herrscher. Die anglikanische 1625
Kirche mit ihrer Unterordnung unter die Bischöfe und den König als Oberhaupt (Suprematseid) wird als alleinige Staatskirche anerkannt. Jakobs Hass gegen die Puritaner, deren rücksichtslose Strenge er als König von Schottland (Jakob Vi.) gefühlt hatte und deren demokratische Kircheneinrichtungen seinem Majestätsbewusstsein widersprachen, trifft diese Partei hart. Zugleich Bedrückung der Katholiken. Letztere stiften 1605 eine Verschwörung an: König 1605 und Parlament sollen bei einer Sitzung durch Pulver in die Luft gesprengt werden (Pulververschwörung). Warnende Briefe, die einzelnen Parlamentsmitgliedern zugehen, führen zur Entdeckung und vereiteln die Ausführung.
Die Nichtunterstützung des unglücklichen böhmischen Wmterkönigs Friedrichs V. von der Pfalz durch Jakob, seinen Schwiegervater, erregt beim englischen Volke Missstimmung. Willkürliche Rechtssprechung und Steuererhebung, Günstlingswirtschaft (Buckingham) u. a. rufen Zerwürfnisse hervor.
Der Zwiespalt steigert sich unter seinem Sohn und Nachfolger.
2) Karl I., 1625—1649, von grösserer Denkart als sein i62s Vater, besonders im Unglück, aber in den Vorstellungen bis seines Hauses befangen. Zwar Eintreten in die Kämpfe des 1649 dreissigjährigen Krieges (dänischer Krieg), auch Unterstützung der Hugenotten gegen Richelieu (La Roche Ile) der Volksstimmung gemäss, doch Beibehaltung des verhassten Buckingham und Vermählung mit der katholischen Prinzessin Henriette von Frankreich, der Schwester Ludwigs Xiii.,
Grund zur Missstimmung. Das Parlament bewilligt das sogenannte „Pfund- und Tonnengeld“ dem Könige nur auf ein Jahr (nicht dem früheren Brauche gemäss auf die ganze
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Extrahierte Personennamen: Johann Jakob_I. Maria_Stuart Maria Jakobs Jakob_Vi Friedrichs_V. Jakob Karl_I. Karl_I. Henriette_von_Frankreich Ludwigs_Xiii Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: England Schottland Irland Schottland Friedrichs