§. 1308. Geschichte Europa's in den Jahren 1875—1883. 1271
den Verhandlungen nicht entschieden genug angenommen, daß die preußische Regierung das Wohlwollen, das Rußland dem alten Verbündeten in dem deutsch-französischen Kriege erwiesen, nicht durch energische Gegendienste vergolten habe. Man zieh Preußen der Undankbarkeit, daß es die alten Freundschaftsbande zu lockern bestrebt sei. Es griff eine sichtbare Mißstimmung Platz, daß die Berliner Regierungskreise sich dem Einfluß entzogen hatten, der von Petersburg aus Jahrzehnte hindurch aus den Nachbarstaat geübt worden; daß das neue deutsche Reich unter der Leitung Preußens sich der bestimmenden Einwirkung von Seiten des Machtherrschers in Petersburg entledigt habe.
Die panslavistische Nationalpartei goß Oel in die Flamme; die einflußreichsten russischen Blätter gaben der feindseligen Gesinnung gegen Deutschland unverhohlen scharfen Ausdruck. Es war nicht mehr zu verkennen, daß das „thurmhohe" freundschaftliche Verhältniß zwischen Deutschland und Rußland eine schwere Bedrohung erfahren habe.
Den beiden kaiserlichen Majestäten war dieser Gang der öffentlichen Meinung nicht nach dem Sinne; besonders suchte Kaiser Wilhelm das alte gute Einverständniß mit dem verwandten Monarchen aufrecht zu halten. Als er zu den großen Manövern s. 4. Sep-nach Königsberg abging, ließ er durch den Feldmarschall v. Manteussel dem in Warschau V" weilenden Neffen eine persönliche Zusammenkunft vorschlagen, die dann auch in Alexan-drowo, der letzten Station auf russischem Gebiete stattfand. Wie wenig jedoch diese persönliche Begegnung der beiden Monarchen die verbitterte Stimmung auszugleichen, das alte Vertrauen und gute Einvernehmen herzustellen vermochte, ging sowohl aus der fortdauernden gehässigen Haltung der russischen Zeitungen als aus einer Unter- 6 @eptßr-redung hervor, welche fast um dieselbe Zeit der russische Reichskanzler Gortschakow mit einem französischen Journalisten in Baden-Baden hielt. Der in den Blättern veröffentlichte Wortlaut der letzteren war der Art, daß man darin den Gedanken eines Bündnisses zwischen Frankreich und Rußland gegen Deutschland herauszuhören glauben konnte. Fürst Bismarck faßte die Eventualität eines Kriegs ins Auge und suchte sich durch ein Schutzbündnis mit Oesterreich - Ungarn sicher zu stellen, ein Plan, den Dct6r. er zehn Jahre lang in seinem Geiste herumgetragen. Ein deutsch-österreichisches Bündniß mußte allen den kriegerischen Eroberungsentwürfen des Moskowiterreichs einen Damm entgegenwerfen (§. 1293 d). — Die Verständigung zwischen Deutschland und Oesterreich hatte zur Folge, daß man in Rußland einzulenken begann. Sollte man in einem Augenblick, da die Wunden des letzten Krieges noch bluteten, da mit China bedrohliche Verwickelungen wegen der Landschaft Kuldscha eingetreten waren, da die Lage der Dinge in der Balkanhalbinsel leicht wieder zu neuen Waffengängen führen konnte, zu neuen Völkerbewegungen in Mittel- und Westeuropa Anlaß geben? Die Zeitungen erhielten einen Wink," sich einer gemäßigteren Sprache zu befleißigen; der Großfürst Thronfolger, in dessen früherer Reise nach Stockholm man russisch - schwedische Allianzpläne zu entdecken glaubte, stattete nunmehr den Höfen in Wien und Berlin ^-ml einen Besuch ab; der Zar selbst brachte bei der Feier des St. Georgsritterfestes auf isre. den Kaiser Wilhelm, seinen unwandelbaren Freund und ältesten Georgsritter-, ein warmes Hoch aus. Nun verliefen sich die Wasser allmählich. Kaiser Alexander und die gemäßigteren und besonneneren unter seinen Räthen, wie Graf Schuwalow, waren der Ansicht, daß bei den im Innern herrschenden Gährungen die Erhaltung des Friedens das wichtigste Anliegen sein müsse. . .
§. 1308. Der Nihilismus. Alexander Iii. Zu der Unzufriedenheit mit den Ergebnissen des Kriegs gesellten sich die Anzeichen innerer Zersetzung und revolutionärer nihilistischer Gährnng, um in dem Moskowiterreich erschreckende Bewegungen politischer und socialer Natu* zu erzeugen. In der gefährlichsten und verwildertsten Gestalt trat die revolutionäre Zeitkrankheit, der Haß gegen die bestehenden Ordnungen in Staat und Gesellschaft in den russischen Nihilisten auf, deren Namen aus dem Turgenjew'schen Roman „Väter und Söhne" stammt. Die Halbcultur der höheren russischen Gesellschaft, der unvermittelte Gegensatz zwischen einem äußerlichen leichten Civilisationsfirniß und einer unausrottbaren Barbarei war ein fruchtbarer Boden für die Auswüchse und Sumpfpflanzen der socialen Bewegung des Abendlandes deren Lehren in Rußland um so verderblicher und verwirrender wirken mußten als eine alte festgewurzelte Cultur und Bildung den Ausschreitungen nicht in dem Maße
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Spanien und Portugal. 39
1649. Aufstand d. kathol. Jren^) für.karlll., Sohn Karlsi., durch Crom-toett, der Drogheda erstürmt, in Blut erstickt. Fast d. ganze Grundbesitz den irischen Inhabern genommen n. an Engländer gegeben2).
1650. Ausstand b. Schotten für Karl Ii. Dieser v. Cromwell bei Dunbar und, nach s. Einrücken in England, 1651 bei Worcester geschlagen, flieht nach Frankreich.
1651. Navigationsakte2), besonders gegen d. Holland. Zwischenhandel.
1652—54. Krieg mit Holland. D. Admirale Blake n. Monk siegreich
gegen Tromp n. de Ruyter. Friede: Holland muß d. Stuarts entsernen u.'d. Prinzen Wilhelm V. Omnien4) von berstatthalterwürbe ausschließen.
Spanien wirb Dünkirchen n. Jamaika abgenommen.
England beginnt, Großmacht zur See zu werben.
Wegen nicht genügenber Willfährigkeit gegen Cromwell
1653. Auslösung d. langen Parlaments. Ein neues ^), alle 3 Jahre zu berufendes Parlament erhält d. gesetzgebende Macht.
1653. Cromwell forb Protektor, säst unumschränkt. Vorzügliche Regie-
1658. rung; Steigen d. engl. Ansehens. Tod Cromwells.
1658—59. Richard Cromwell Protektor, unfähig, tritt zurück.
1659. D. Armee unter Lambert löst d. Parlament auf u. beruft d. alte Rumpfparlament wieder.
Sicherheits-Kommission (Lambert u. Fleetwood) 6). Zwist im Heere; d. schott. General Monk setzt
1660. die Restauration der Stuarts durch.
Karl Ii. zurückgerufen; d. versprochene Amnestie nicht gehalten ')•
4. Spanren und Sortugak. (L. §§ 736—738.)
Philipp Iii. (1598—1621) u. Philipp Iv. (1621—65) unfähige Fürsten, v. ihren Günstlingen, Herzögen v. Lerma n. Olivarez, geleitet. Ver-
1609. sall Spaniens. Vertreibung aller Moriskos. Catalon. u. Aragon, trotz
1643. tapferen Widerstandes d. letzten Freiheiten beraubt. Wegen d. Druckes
1640. Abfall Portugals. D. Haus Braganza^) besteigt den Thron mit Johann Iv. 1640—56. Alfonsvi. 1656—67(1-1683). S.bruder Peter Ii. 1667—1705. D. Krieg mit Spanien durch d. franz. Marschall
1668. Schömberg glücklich geführt. Friede zu Lissabon erkennt Portugals Selbständigkeit an.
1647. Aufstand Neap els unter Masaniello unterdrückt ^).
1665—1700. Karl Ii. v. Spanien, körperlich n. geistig schwach (s. S. 48).
!) Schon 1641, genährt durch d. päpstl. Nuntius Riuuccini, später unter Ormond. —
2) Ursprung d. jetzigen Verwickelung in Irland. — 3) Nach der auswärtige Staaten nur
Waren ihres Landes nach England bringen dursten. — 4) Sohn einer Tochter Karls I.
(s. S. 44). — 5) Kurzes Zwischenparlament: d. sog. „Barebone"-Parlament^ aus bibelfesten
Leuten bestehend, bald aufgehoben. — 6) Cromwells Schwiegersohn. — 7) Mehrere Re-
publikaner u. „Königsmörder" tharrison, Vane) hingerichtet; d. Macht d. anglikanischen Kirche
wiederhergestellt. — 8) Von einem natürlichen Sohn Johanns I. stammend. — 9) „D.
Stumme v. Portici".
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