schen. Wurden ftcmde Waaren entdeckt, so ließ er sie öffentlich
verbrennen. Dies geschah mehrmals, selbst für 10 — 1500q
Gulden mit einem Male. Ucber diese Verordnung beklagte sich
das ganze Land; aber die inländischen Fabriken hoben sich, und
viel Geld wurde erspart.
Die große Unzufriedenheit mit Josephs- raschen Verbesserun-
gen ging endlich in den Niederlanden zu einer förmlichen Empö-
rung über. Diese Provinzen hatten seit alten Zeiten große Vor-
rechte, die ihnen Joseph zum Theil nahm. Die Erziehung stand
hier bisher ganz unter der Leitung der wenig aufgeklärten Geist-
lichkeit. Joseph änderte auch dies, und errichtete in Löwen, wo
bisher eine Universität gewesen war, ein General-Seminarium,
In welchem alle junge Leute, die Geistliche werden wollten, stu-
Diren mußten, aber ohne unter der Aufsicht der Bischöfe zu stehen.
Darüber entstand aber allgemeines Mißvergnügen, welches durch
die Geistlichkeit noch mehr angefacht wurde. Die ersten Bewe-
gungen in Löwen wurden leicht unterdrückt. Aber während der
Kaiser 1788 nach der Krimm gereist war, um dort mit Kathari-
na 2. zusammenzutrcffen, entstanden umfassendere Unruhen. Das
Volk widersetzte sich der Einführung der neuen Gerichtsordnung,
und beging fo wilde Ausschweifungen, daß der Oberstatthaltcr
fürs erste nachgcben, und die alten Einrichtungen wieder Herstel-
len mußte. Darüber zeigten die Niederländer eine ausgelassene
Freude; nicht so Joseph. Er erließ die kräftigsten Ermahnungen,
versicherte sie, daß er nur ihr Wohl vor Augen habe, und suchte
sie von der Zweckmäßigkeit der neuen Einrichtungen zu überzeu-
gen. Zugleich aber befahl er, daß diese unweigerlich angenom-
men werden müßten, und schickte einige Regimenter nach den
Niederlanden. Einige Monate hindurch gehorchten die Nieder-
länder in finsterm Unmuth. Dann brach überall die Empörung
aus. Einige nichtswürdige Volksführer stellten sich an die Spitze
der Bewegungen, und die katholische Geistlichkeit reizte noch mehr
auf. Die kaiserlichen Truppen wurden, weil sie vereinzelt wa-
ren, überwältigt, und bald war das ganze Land in den Händen
der Insurgenten. Kaiser Joseph hat das Ende dieser Unruhen
nicht mehr erlebt; die Niederlande sind von Oestrcich nicht wieder
bezwungen worden.
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Extrahierte Personennamen: Joseph Joseph Joseph Joseph
Neue Geschichte.
1517—1789.
Erste Periode.
Von der Reformation bis zu in Ausbruche des
dreißigjährigen Krieges. 1517 —1618.
70. Luther und Melanchthon.
Äie christliche Kirche war im Laufe der Zeiten durch Miß-
bräuche und menschliche Zusätze so verunstaltet worden, daß kein
Apostel sie wiedererkannt haben würde. Besonders war die
Geistlichkeit in den tiefsten Verfall gerathen. Ohne allen Sinn
für wahre Frömmigkeit, Gottvertrauen und Menschenliebe, hiel-
ten sie das arme Volk an, unverständliche Gebete herzumur-
meln, sinnlose Gebräuche zu beobachten, und sich allerhand nutz-
lose Büßungen aufzulegen, und erzählten ihm in ihren Predig-
ten erdichtete Wunderthaten der sogenannten Heiligen, statt ihm
die Wahrheiten der Religion Jesu und die Vorschriften der
Tugend einzuschärfen. Dann und wann wurden auf der Kanz-
zel gar Narrenspossen getrieben. Das geschah besonders zu
Ostern, um das sogenannte Ostergelächter hervorzubringen. Ein
Prediger rief wie ein Kukuk, ein andrer schnatterte wie eine
Gans, noch andre erzählten schmutzige Geschichten und freuten
sich, wenn die heiligen Mauren vom Gelächter der Menge wie-
derhallten.
Nicht besser waren der Papst und die oberen Geistlichen.
Um die Pflege der Religion bekümmerten sie sich nicht im min-
desten, wohl aber um gutes Essen und Trinken, und um das
dazu nöthige Geld zusammenzubringen, hatten sie verschiedene
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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268
Eine ihrer ersten Regierungshandlungen war, daß sie be-
stimmte, wie es künftighin mit dem Gottesdienst gehalten wer-
den sollte. Sie verbot den katholischen Gottesdienst, und die
armen Engländer mußten nun schon zum dritten Male binnen
kurzer Zeit ihre Religion nach den Launen ihrer Gebieter än-
dern. Dann führte sie zwar eine evangelische Lehre ein, welche
aber von der lutherischen sowohl als rcformirten in einzelnen
Stücken abwich. Auch verordnete sie mehr äußern Prunk beim
Gottesdienst als die andern evangelischen Partheien gestatten.
Die von ihr gestiftete evangelische Kirche wird die englische
oder bischöfliche, auch die hohe Kirche genannt. Die
Reformirten dagegen meinten, die vielen Gebrauche und der
kirchliche Pomp waren der christlichen Einfachheit zuwider, und
Nannten sich Puritaner d. i. Freunde der reinen Kirche,
oder Presbyterianer- Elisabeth ließ die Andersdenkenden
zwar nicht verbrennen, aber doch hart strafen, weil sie es nicht
vertragen konnte, daß man ihren Befehlen sich widersetzte.
Geheirathet har sie nie. Zwar meldeten sich Könige und
Königssöhne genug, die um ihre Hand warben; oft schwankte
sie auch schon; immer aber siegte ihre Liebe zur Freiheit, und
sie äußerte einmal, sie rechnete es sich zur Ehre, wenn einmal
auf ihren Grabstein gesetzt werden könnte: „es lebte und starb
eine Königin als Jungfrau." Unter ihren Bewerbern war auch
König Phrlipp von Spanien; aber Elisabeth lehnte den Antrag
ab, und bat nur um seine Freundschaft.
Der schwärzeste Punkt in ihrem Leben ist ihr Betragen
gegen die unglückliche Maria Stuart. Heinrich 8. hatte
Zwei Schwestern gehabt. Die jüngere war die Großmutter der
Johanna Grap; die ältere war an König Jakob 4. von Schott-
land vermahlt worden. Ihr Sohn war Jakob 5., und dieser
der Vater Maria's. Schon im ersten Jahre hatte sie ihren
Vater verloren. Ihre Mutter, eine Base des Herzogs Hein-
rich von Gruse, schickte sie als fünfjähriges Kind nach Frank-
reich, wo sie am Hofe der Katharina von Medicis erzogen
wurde. Sechzehn Jahre alt wurde sie an Franz 2., der da-
mals noch Dauphin war, vermahlt, und bestieg mit ihm bald
darauf den Thron. Dies war die glücklichste Zeit ihres Lebens.
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Elisabeth Maria_Stuart Maria Heinrich Heinrich Johanna_Grap Jakob_4._von_Schott- Jakob_5. Katharina_von_Medicis Franz_2. Franz
542
erhielt Pius in der Kaiserburg, und zwar so, daß Niemand zu
ihm kommen konnte, ohne von den kaiserlichen Beamten, die ihn
nicht aus den Augen ließen, bemerkt zu werden. Mehrmals fing
Pius an, mit Joseph über kirchliche Angelegenheiten zu sprechen ;
aber sogleich brach dieser ab, und bat, sein Begehren schriftlich
abzufaffen, damit die Theologen das Nöthige darauf antworten
könnten. So blieb Pius einen ganzen Monat in Wien, ohne
das Geringste ausgerichtet zu haben, aber immer war er mit der
äußersten Artigkeit behandelt worden. Daß des Papstes Besuch
auf Josephs Entschlüsse gar keinen Einfluß gehabt habe, zeigte
sich bald. Bei Josephs Regierungsantritt gab es im Oestreichi-
fchcn 2024 Klöster mit 63,000 Mönchen und Nonnen. Davon
hob er 700 auf, wodurch 36,000 Menschen der Welt wiederge-
geben wurden. Das durch die Einziehung gewonnene Geld
wandte er an, neue Pfarrer anzustcllen. Ferner verbot er die
Todesstrafen, führte dagegen aber Strafarbeiten ein, die oft viel
härter als der Tod waten, z. B. das Ziehen der Donauschiffe,
und da er bemerkt hatte, daß früherhin oft Leute aus vornehmen
Familien ohne Strafe oder mit einer nur gelinden Züchtigung
weggekommen waren, so verordnete er, daß künftig jeder Schul-
dige ohne allen Unterschied des Standes bestraft werden sollte.
Daher kam es mehrmals vor, daß hohe Staatsbeamte, Hof-
rathe, Stabsoffiziere, Grafen und Barone mit geschorenem Ko-
pfe, in grober Kleidung, und zwei und zwei mit Ketten an ein-
ander geschlossen, unter den gemeinen Verbrechern die Straßen
kehren mußten, ein freilich sehr hartes Verfahren, welches ihm
den Haß ganzer wcitläuftiger Familien zuzog. Auch über die
Aufhebung der Leibeigenschaft waren Viele unzufrieden; kurz
statt Liebe und Dankbarkeit, die er zu verdienen glaubte, erndtete
der gute Kaiser überall Haß, weil er durch alle seine Neuerungen
den Vorthcil einzelner Stände verletzte. Und doch meinte er cs
mit seinen Unterthanen so wahrhaft gut. Er ließ sich von Jedem
sprechen, hörte eines Jeden Klagen freundlich und geduldig an,
und alle Vormittage war der Corridor zu seinen Zimmern mit
Leuten aus allen Ständen besetzt, die etwas bei ihm anzubrin-
gen hatten. Alle Stunden ging er außerdem hinaus, und nahm
die Bittschriften selbst in Empfang, die man ihm überreichen wollte.
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Extrahierte Personennamen: Joseph
Extrahierte Ortsnamen: Kaiserburg Wien Josephs Josephs Donauschiffe
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231
Eine bedeutende Ausdehnung gewann der Verein der Gustav-Adolph-
Stiftung, begründet zur Beförderung kirchlicher Zwecke unter verarmten
protestantischen Gemeinden. Jeder dieser Vereine hielt seine jährliche Zusam-
menkunft in einer deutschen Stadt, gewöhnlich wechselnd zwischen Nord und
Süd. Männer aus allen Theilen des Vaterlandes fanden sich da ein, und
es war nächst der eigentlichen Aufgabe von großer Bedeutung, daß das Na-
tionalleben hier vielfache Beförderung fand.
Alle diese Bestrebungen wurden, wenigstens aus einige Zeit, von einem
großen Ereigniß überglänzt, einer reformatorischen Bewegung in der katho-
lischen Kirche. Wie milde auch die preußische Regierung gegen den römischen
Klerus verfuhr, wie schonend sie auch alle erfüllbaren Wünsche befriedigte —
die Forderungen der Ultramontanen waren nicht leicht beschwichtigt. Der
geistliche Uebermuth nahm immer mehr zu und es geschahen Dinge, die man
in unseren Zeiten nicht mehr für möglich gehalten hätte. Die Domkirche in
Trier besaß als Reliquie deu angeblichen, ungenähten Rock Jesu. Seit 1810
war er nicht ausgestellt gewesen. Nun wurde auf einmal die Ausstellung
pieses Kleides auf den 18. August 1844 angekündigt und den gläubigen
Pilgern vollkommener Ablaß verheißen. Eine ungeheure Menschenmenge zog
nach Trier, Wunder wurden verkündigt, und je länger es währte, desto
stärker wurde der Zudrang des Volkes. Mit seltsamen Gefühlen betrachtete
der erleuchtete Menschenfreund solches Treiben. Da brachten die Sächsischen
Vaterlandsblätter einen Aufsatz vom 1. Octbr., welcher eineu kräftigen, das
Schwert der Wahrheit führenden Angriff gegen dieses der Bildung des Zeit-
alters und wahrer Religiosität unwürdige Treiben und gegen den Urheber, Bischof
Arnoldi von Trier, enthielt. Er war unterzeichnet: Johannes Ron ge,
katholischer Priester. Der muthige Verfasser, geb. 1813 zu Bischofswalde
bei Neiße, war wegen seiner Freisinnigkeit schon früher von seinem Amte als
Kaplan entsetzt worden, und lebte nun zu Laurahütte in Schlesien als Lehrer.
Die Wirkung des Schreibens war ungeheuer; in vielen Tausenden von Ab-
drücken wurde es gelesen, und gewann dem Verfasser und seiner kühnen That
reichen Beifall. Fast zu gleicher Zeit trat der Kaplan Cz erskh in Schneide-
mühl gegen die Hierarchie des Papstes, die Ohrenbeichte und andere mensch-
liche Satzungen in der röniischen Kirche auf. Bald gründeten die Anhänger
solcher Gesinnungen Gemeinden; die römische Kirche epcommunicirte sie. Am
9. März 1845 wurde in Breslau der erste christ-katholische Gottesdieust ge-
feiert. Ronge war für seine große Sache an verschiedenen Punkten in Deutsch-
land thätig; auf einer Reise, welche er 1845 in das südwestliche Deutschland
machte, gab das Volk durch den jubelnden Empfang, den es ihm überall
weihte, den Beweis, wie sehr diese Bewegung den Sinn der Nation getroffen
habe. In demselben Jahre fand auch ein Concil in Leipzig statt, wo man
sich über die Auffassung der wichtigsten Glaubenssätze einigte; eine gleiche
Versammlung 1847 in Berlin setzte nächst Anderem den Namen als christ-
katholische Kirche fest. Unterdeß hatte es sich freilich gezeigt, daß diese
Bewegung nicht blos bei den katholischen Regierungen, sondern auch bei pro-
testantischen wenig Anklang gefunden. Der Mangel an Tüchtigkeit der Führer,
die mehr in der Negation der Mißbräuche, als in positiver Begründung des
Glaubens wirkten, eine bald hervortretende Verstachung des religiösen Lebens,
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Extrahierte Personennamen: Jesu August Octbr Arnoldi_von_Trier Johannes_Ron
Extrahierte Ortsnamen: Gustav-Adolph- Nord Breslau Deutsch- Deutschland Leipzig Berlin
---I—
232
und Uebergriffe in das politische Gebiet haben dieser Bewegung eine größere
Ausdehnung geraubt und der anfänglich so hochgehende Strom versandete rasch
in unbedeutender Wirkung.
Die gleiche Sehnsucht nach einer Befreiung des religiösen Lebens von
veralteten und erstarrten Glaubenssatzungen drang auch in das Judenthum
ein, und veranlaßt in Breslau, Hamburg, Frankfurt a. M., Braunschweig
u. a. O. eine Bereinigung freisinniger Männer zur Herstellung eines ge-
reinigten Glaubens. — In der protestantischen Kirche erschienen diese Be-
wegungen mit um so größerer Energie, da das Bestreben einiger deutschen
Regierungen, unter denen auch die preußische, sichtbar auf eine das Wesen
des Protestantismus, welches die alleinige Autorität der Bibel ist, aufhebende
Beschränkung gerichtet war. Es war überhaupt ein Grundzug der letzten
Jahrzehnte, daß die Vorliebe für das historisch gewordene Dogma in Kampf
mit einer freieren Auffassung der religiösen Wahrheit trat. Von Berlin aus
wurde die erste Richtung begünstigt, und die Regierung scheute sich nicht, in
Widerspruch mit einer großen Mehrheit des Volkes zu treten. Der Cultus-
minister Eichhorn wirkte trotz aller entgegentretenden Volksgesinnung für
strengkirchliche Orthodoxie, sogar die Lehrfreiheit der Universitäten wurde ein-
geengt. Die Gegenwirkung blieb nicht ans. In Königsberg sagte sich der
Prediger Rupp von dem athanasianischen Symbol los, und gründete eine
„freie Gemeinde," was nun auch in andern Orten geschah. In der Provinz
Sachsen hatte der Prediger Uhl ich, später in Magdeburg, seit 1841 eine
Vereinigung freisinniger Anhänger des biblischen Christenthums gestiftet,
welche sich protestantische Freunde oder auch Lichtfreunde nannten. Ihre
Versammlungen wurden immer zahlreicher besucht; zu Köthen waren im Mai
1845 gegen 3000 Menschen versammelt. Uhlich trat auch an andern Orten
auf; in Breslau sprach er vor mehr als 6000 Menschen. Der Aufschwung
wurde immer lebhafter. Da erfolgte das Verbot dieser Versammlungen.
Uhlich selbst gerieth mit dem Consistorium in Magdeburg in Zerwürfniß, da
er sich auf das Ansehen der Bibel gegen die unbedingte Geltung der kirch-
lichen Symbole berief. Er wurde vom Amte suspendirt; eine unmittelbar
bei dem Könige eingereichte Vorstellung der Magdeburger änderte nichts in
der Sache. Also traten Viele mit Uhlich aus der Staatskirche aus, Novbr.
1847, und bildeten eine „christliche Gemeinde."
Plötzlich schreckte ein unerhörtes Verbrechen das Volk auf. Ein Attentat
auf das Leben des Königs war versucht worden. Ludwig Tschech, den ge-
bildeten Ständen zugehörig und früher Bürgermeister zu Storkow in der
Kurmark, feuerte am 26. Juli 1844 ein Pistol auf den König ab, als dieser
eben mit der Königin aus dem Portal des Schlosses fahren wollte. Wie
durch ein Wunder war der König unverletzt geblieben, während seine Kleider
durchlöchert waren. Preußen hatte bis dahin so stolz sein können, daß nie
das Leben eines Monarchen meuchlerisch gefährdet gewesen war. Der Mörder
hat sein Verbrechen mit dem Tode gebüßt; seine That war eine vereinzelte,
hervorgegangen aus einem finstern Gemüth. Er war nach seiner Meinung
ungerechter Weise abgesetzt worden, suchte vergebens eine neue Anstellung, und
warf nun allen Groll auf den König, an dein er seine Rache befriedigen
wollte. Kurz vorher hatten im schlesischen Gebirge, wo die Noch der armen
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Extrahierte Personennamen: Rupp Ludwig_Tschech Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Judenthum Breslau Hamburg Frankfurt_a._M. Braunschweig Berlin Königsberg Provinz
Sachsen Magdeburg Breslau Magdeburg Zerwürfniß Storkow
30
an; namentlich verweigerte ihm der Emir von Saragossa, Ebn el
Arabi, den Gehorsam, und da Abderrahman ihn vertrieb, kam er (777)
mit einigen Andern nach Paderborn, um den mächtigen Karl um
Hülfe zu bitten. Karl versprach ihnen zu kommen, und im folgenden
Jahre 778 sehen wir ihn schon mit einem stattlichen Heere über die
Pyrenäen ziehen, Saragossa erobern, und den vertriebenen Emir wie-
der einsetzen. Alles Land zwischen dem Ebro und den Pyrenäen (die
spanische Mark) schlug er zu seinem großen Frankenreiche. Er selbst
kam mit dem Hauptheere unangefochten zurück; aber als ein Nachtrab
in langem Zuge durch die Engpässe der Pyrenäen zurückzog, stürzten
plötzlich die Bergbewohner, die Basken, aus einem Hinterhalte über
ihn her, tödteten alle, und nahmen das Gepäck weg. Unter den Todten
waren die tapfersten Helden der Franken: der Pfalzgraf Anshelm,
der Trugseß Eg hart, und Rutland oder Roland, der Karls
Sohn genannt wird. Die Thaten dieser Helden sind von den Dich-
tern des Mittelalters in mehreren Sprachen besungen und ins Riesen-
hafte ausgeschmückt worden; besonders wird Roland als ein unbesieg-
barer Held geschildert, der es nicht selten mit ganzen Heeren der Un-
gläubigen aufnahm. Zu seinem Andenken wurden auf den Markt-
plätzen der meisten Städte Niederdeutschlands Standbilder von Stein
und Holz errichtet, die man noch hier und da sieht. Die Niederlage
sollen die Franken im Thale Ronceval erlitten haben. In einer hier
stehenden Capelle zeigen noch die Mönche das Grab Rolands und drei
seiner Gefährten. Reisende haben hier wohl alte, halb vermoderte Ge-
beine gesehen, aber sie nicht von so riesenmäßiger Größe gefunden, als
die Mönche sie zu schildern pflegen.
Noch unterwegs erhielt Karl die Nachricht, daß die Sachsen
schon wieder einen Einfall unternommen hätten. Sie waren 778 bis
an den Rhein vorgedrungen, und hatten fürchterlich gehaust. Karl
eilte ihnen nach, und jagte sie in ihre Gränzen zurück. Im folgenden
Frühjahr 779 aber zog er in ihr Land, und ließ sich wieder durch
Friedensanträge beruhigen. Er beschied sie 780 zu einem großen Land-
tage, und sie erschienen auch, gelobten aufs Neue Frieden, und ließen
sich zum Theil taufen. Auch schickte Karl Grafen in ihr Land, um
sie zu regieren. Er ließ Kirchen und Klöster in ihrem Lande bauen,
und errichtete Bisthümer, aus denen nach und nach blühende Städte
entstanden. Als solche werden Bremen, Verden, Minden, Hal-
berftadt, Hildesheim, Paderborn, Münster und Osnabrück
genannt. Von ihnen ging die Bildung der Deutschen ganz besonders
aus; denn Karl ließ bei jedem Domstift zugleich eine Schule anlegen,
um recht tüchtige Volkslehrer zu bilden. Diese Schulen existiren in
den vorgenannten Städten zum Theil noch.
780 reiste Karl nach Italien, und nahm, weil er in seiner Fa-
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TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Roland Karls Roland Capelle Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Saragossa Paderborn Saragossa Karls Niederdeutschlands Sachsen Rhein Minden Hildesheim Paderborn Italien
175
53. Die Bettelmönche. — Die Inquisition.
(Unsittlichkeit der Geistlichen und Mönche. Karthäuser 1084. Cisterzienser 1098,
Prämonstratrnser 1120, Franziskaner 1210 und Dominikaner 1210. Waldenser
und Albigenser. Simon von Monlfort. Inquisition seit 1229. Konrad von
Marburg.)
Wie die Macht des Papstes immer größer wurde, besonders seit
Gregor 7., ist bereits erzählt worden. Aber dadurch gewann die
Geistlichkeit im Allgemeinen nicht an Ansehen. Je reicher und mächti-
ger die Geistlichen wurden, desto übermüthiger und sittenloser wurden
sie auch. Im zwölften Jahrhundert wurden einmal in England bin-
nen 12 Jahren über 100 Mordthaten durch Geistliche verübt, und oft
mußten Verbote gegeben werden, daß sie nicht die Schenken besuchen,
mit Würfeln spielen, Waffen tragen, und Turniere mithalren sollten.
Nicht besser ging es in den Klöstern zu. Wenn auch einzelne
Mönche (die Meisten folgten der Regel des heiligen Benedict,
der zur Zeit Ludwigs des Frommen eine Ordensregel gegeben hatte)
still und heilig lebten, so ergaben sich die meisten doch der gröbsten
Unsittlichkeit. Daher standen im 12ten Jahrhundert einige für Tu-
gend hochbegeisterte Mönche auf, und suchten der Sittenverderbniß
Einhalt zu thun, und größere Strenge in den Klöstern einzusühren.
Ein solcher Mann war z. B. Abt Bernhard von Clairvaux. Indes-
sen hielt es schwer, die Mönche der alten Klöster zu größerer Strenge
zu bewegen; darum wurden um jene Zeit mehrere neue Orden ge-
stiftet. Hier nur von einigen der vornehmsten.
Unter allen war der strengste der Orden der Kart Häuser.
Ein gewisser Bruno stiftete ihn 1084. Er war ein Canonicus in
Rheims; weil ihn aber die Lasterhaftigkeit der Welt anwiderte, ging
er in eine wilde Berggegend bei Grenoble, die fast immer mit Schnee
oder Nebel bedeckt war, und la Chartreuse (die Karthause) hieß. Hier
baute er ein Kloster. Mehrere gleichoenkende Mönche folgten ihm
nach, und lebten in großer Enthaltsamkeit. Brod, Hülsenfrüchte und
Wasser waren ihre einzige Nahrung, höchstens dann und wann ein
Fisch oder etwas Käse als Leckerbissen. Sprechen dursten sie ohne Er-
laubniß ihres Abtes nicht, und wenn sie einander in den öden Kreuz-
gängen des Klosters begegneten, waren die Worte: memento mori!
das Einzige, womit sie sich begrüßten. Ein andrer, auch strenger
Orden war der der Cisterzienser, gestiftet von Robert 1008, be-
kannt vom Kloster Citeaux unweit Dijon. Sie nannten sich auch
Bernhardiner, und von ihnen sind die Barfüßermönche ausgegangen.
Ferner der Orden der Prämonstratenser, gestiftet 1120 von Nor-
bert. Er behauptete, es sey ihm im Traume eine Wiese, auf welcher
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
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Extrahierte Personennamen: Simon_von_Monlfort Konrad_von
Marburg Konrad Gregor Benedict Ludwigs Bernhard_von_Clairvaux Bruno Robert_1008
Extrahierte Ortsnamen: England Rheims Grenoble Dijon
36
wir aus seinen Vorschriften, in denen es heißt: die Geistlichen sollen
keine Waffen tragen, sich ohne Erlaubniß nicht bei dem Heere auf-
halten, weder Christen- noch Heidenblut vergießen, nicht jagen und in
den Wäldern mit Hunden umherstreifen, keine Stoßvögel und Possen-
reißer halten, und überhaupt keine weltlichen Dinge treiben. Er ver-
langte von ihnen, „daß sie innen voll Andacht, außen gelehrt, keusch
im Wandel, und unterrichtet in der Rede seyn sollten, damit, wer sie
in Gottes Namen und um der heiligen Beschauung willen zu sehen
begehre, sein Auge an ihnen erbauen, gerüstet mit ihrer Weisheit hin-
weggehen, und den allmächtigen Gott, dafür dankend, preisen möchte."
Für die Kranken und Armen baute er Hospitäler, selbst nach Jerusa-
lem, Alexandrien und Karthago schickte er Geld zur Unterstützung der
dortigen armen Christen, und den Kalifen Harun al Raschid bewog
er, die nach dem heiligen Grabe in Jerusalem Pilgernden zu schützen.
Jeden Tag besuchte er den Gottesdienst; andächtig kniete er am Altäre
nieder, und entäußerte sich aller irdischen Hoheit. Den damals noch
sehr unvollkommenen Gottesdienst suchte er zu verbessern, besonders
den Kirchengesang, der noch sehr schlecht war. Denn die Franken
hatten eine rauhe Sprache, und sangen so schlecht, daß ein Schrift-
steller jener Zeit sagt: wie sie am Leibe groß wären, wie Berge, so
donnerte auch ihre Stimme brausend daher, und wenn sie im Gesänge
Uebergänge machen oder den Ton aushalten wollten, so stießen sie die
harten Töne mit solchem Geprassel heraus, daß es klänge, als wenn
ein Lastwagen über Steine rasselte, so daß Ohr und Gefühl erschreckt
würde. Karl ließ daher aus Italien geschickte Sänger kommen, um
seine Franken an einen besseren Gesang zu gewöhnen. Einst kam ein
fremder Geistlicher an Karls Hof, und stellte sich beim Gottesdienst
auf das Chor, auf welchem bloß die Sänger standen. Jetzt begann
der Gesang, der Fremde aber sang nicht mit, weil er nicht singen
konnte. Der Gesangmeister, der das bemerkte, gab ihm einen Stoß
mit seinem Stabe, damit er singen sollte; da sich der arme Mensch
aber dazu nicht fähig hielt, so machte er wenigstens die Gebehrden
eines Singenden, doch ohne einen Laut hören zu lassen. Das erregte
das Gelächter aller Mitsänger, die nach ihm hin sahen, worüber er
über und über roth wurde. Endlich machte die Sache Aufsehen in der
Kirche, auch Karl sah hinauf, und da er die Verlegenheit des Man-
nes bemerkte, so winkte er, man sollte ihn in Ruhe lassen. Nach ge-
endigtem Gottesdienste ließ er ihn zu sich kommen, machte ihm für
die ausgestandene Angst ein Geschenk, und gab ihm den Rath, sich
nicht eher wieder unter die Sänger zu stellen, bis er singen könnte.
Wie er die Wissenschaften liebte und beförderte, ist schon gesagt
worden. Seine Kinder ließ er sorgfältig unterrichten, weil er an sich
selbst erfahren hatte, wie übel es wäre, wenn man in der Jugend ver-
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Extrahierte Personennamen: Harun_al_Raschid Karl Karl Karls Karl Karl