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ging mit dem festen Vorsatze nach Hause, den Zug mitzuma-
chen, und eilte, sich das Kreuz aufheften zu lassen, ja Manche
brannten es sich zum unvergänglichen Denkmale ihres festen
Willens mit einem glühenden Eisen in das Fleisch ein. Darum
nannte man alle, welche das Zeichen des Kreuzes trugen, Kreuz-
fahrer. Mit Verachtung sah man auf die herab, welche Zu-
rückbleiben wollten, und betrachtete dies als einen Beweis eines
ruchlosen Herzens. Alle beschäftigten sich nun mit Vorbereitun-
gen. zur langen Reise. Dieser verkaufte seine liegenden Gründe,
um sie zu Gelde zu machen; jener schenkte seine Güter den
Kirchen und Klöstern, um den Segen des Himmels zu erwer-
den ; ein Andrer reifte umher, um von Freunden und Verwand-
ten Abschied zu nehmen, wahrend ein Vierter feine Waffen
putzte und seine Pferde zuritt. Alle Bande des Blutes wurden
zerrissen. Der Sohn riss sich vom Herzen der Mutter, der Gatte
aus den Armen seiner Frau und Kinder íoéy und Alle brann-
ten vor Ungeduld nach dem Augenblicke des Aufbruchs. Jeder
träumte von den Reichthümern, die er zusammenplündern, von
den Städten, die er erobern, und den Saracenenköpfen, die er
abhauen würde. Priester, Mönche und Einsiedler drängten sich
herbei, ja selbst furchtsame Nonnen traten keck aus den Mauern
ihrer Klöster ohne Erlaubniß ihres Bischofs heraus, um den für
heilig gehaltenen Zug mitzumachen. Die Bewegungsgründe aller
dieser Leute waren freilich sehr verschieden. Während Einige von
wirklicher Frömmigkeit getrieben wurden, war es bei Andern
Durst nach Abentheuern, oder Neugier, oder Hang zur Verän-
derung. Noch Andere wollten sich dadurch der Dienstbarkeit
ihrer Herren entziehen, oder den Mahnungen ihrer Gläubiger
entgehen, oder früher begangene Verbrechen sühnen. Alle aber
wurden von der gewissen Hoffnung beseelt, ihre Glücksumstände
zu verbessern.
Unter diesen Zurüstungen brach das Jahr 1096 an, und
nun stellte Europa, besonders aber Frankreich ein noch nie ge-
sehenes Schauspiel dar. Von allen Seiten setzten sich einzelne
Schaaren in Bewegung, und eilten den verabredeten Versamm-
lungsplätzen zu. Uebcrall sah man flatternde Fahnen, daher-
sprengende Ritter, eilig wandernde Kreuzfahrer, und alle Wege
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Kreuzzug zu Stande gekommen seyn. Dieser Mann hatte schon
in der Jugend durch Fleiß, Einfachheit, Bedachtsamkcit und Ge-
horsam sich hervorgcthan, und vor allen sich selbst zu beherrschen
gelernt. Gegen die sinnlichen Freuden, gegen Esten, Trinken
und schöne Kleider, war ergänz gleichgültig; jeder Augenblick,
ohne dringende Noth schlafend zugcbracht, schien ihm ein Verlust
am Leben; denn sein Gemüth war immer auf etwas Höheres ge-
richtet. In einer wüsten Gegend hatte er das berühmte Kloster
Clairvaux gegründet, und hier lebte er mit der größten Strenge.
So zurückgezogen aber auch sein Leben als Mönch war, so we-
nig kannte er Menschcnfurcht, wenn es darauf ankam, die Ehre
Gottes zu befördern.
Der damals lebende Papst Eugen 3. erkannte, daß der Abt
Bernhard ganz der Mann sey, wie einst Kukupeter, die Abend-
länder zu einem neuen Kreuzzuge zu bereden, und gab ihm daher
den Auftrag, das Kreuz zu predigen. Dabei kam dem Abt sehr
zu Statten, daß der König von Frankreich Ludwig 7. gerade
damals die heftigsten Gewiffcnsbistc fühlte. Er hatte nämlich in
einem Kriege mit dem Grafen von Champagne die Stadt Vitry
erobert, und dabei waren in einer Kirche 1300 Menschen, die
sich dahin geflüchtet hatten, verbrannt worden. Nur durch einen
Kreuzzug glaubte der König die große Schuld sühnen zu können.
Das Beispiel des Königs, und vorzüglich auch die Versicherung
des beredten Bernhard, daß der Kreuzzug glücklich ausfallen würde,
und allen Theilnehmern vollständige Vergebung ihrer Sünden zu
Theil werden sollte, brachte eine Menge Menschen in Frankreich
in Bewegung. Ludwig, seine Frau, sein Bruder, viele Grafen,
Bischöfe und Edle nahmen das Kreuz, ugd zwar in solcher Men-
ge, daß die wollenen Kreuze, dle Bernhard bei einer dazu ge-
haltenen Versammlung austheilte, lange nicht zureichten, und er
seinen eigenen Mantel zu Kreuzen verschneiden mußte, um nur
den Andrang zu befriedigen.
Nun wandte er sich auch nach Deutschland. Aber Kaiser
Conrad 3. war nicht geneigt dazu; denn er hatte in Deutsch-
land und Italien alle Hände voll zu thuw. Bernhard indessen
war nicht der Mann, ein angefangenes Werk so schnell aufzuge-
den. Er reiste dem Kaiser, der ihm auszuweichcrr suchte, nach,
/
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Extrahierte Personennamen: Eugen_3. Eugen Bernhard Ludwig Bernhard Ludwig Ludwig Bernhard Conrad Bernhard
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich_Ludwig Frankreich Deutschland Italien
70
zeigte vor allen eine große Liebe zu seinen Nebenmenschen. Als
er 36 Jahre alt war, reiste er durch Frankreich. Hier in dem
Gebirge der Sevennen, besonders um das Städtchen Albi herum,
lebten damals viele christliche Gemeinden, welche sich Albigenser
nannten, von den Katholiken für Ketzer gehalten wurden, aber
höchst fromm und sittlich waren. Die vielen Mißbräuche in
der katholischen Kirche hatten mehrere fromme Männer auf
den Gedanken gebracht, daß es gewiß gottgefälliger wäre, bloß
nach den Vorschriften des neuen Testaments zu leben und Gott
zu verehren. Sie verwarfen alle erst nachher eingeführten Ge-
bräuche, wollten von Verehrung der Heiligen, Ablaß, Fegefeuer,
Mönchsleben u. d. gl. nichts wissen, gehorchten der Obrigkeit,
lebten in Stille und Frieden, und hatten Geistliche, die nicht
nach irdischen Gütern trachten durften. So wacker nun auch
diese Albigenser waren, so wurden ste doch von den umwoh-
nenden Katholiken als verabscheuungswürdige Menschen ange-
sehen; dahin kann die Unduldsamkeit führen! — Als Guzman
durch ihr Land reifte, jammerte es ihn, daß diese sonst guten
Leute ein Raub des Teufels — so meinte er — werden müß-
ten. Er suchte sie deshalb von ihren vermeintlichen Jrrkhümern
zu bekehren, und blieb deshalb zehn Jahre lang bei ihnen. Zu-
letzt kam er auf den Gedanken, es müsse ja recht verdienstlich
seyn, einen Orden zu stiften, der sich ganz der Bekehrung der
sogenannten Ketzer widmete. Papst Honorius 3. bestätigte die-
sen Orden 1216. Er wurde auch der Predigerorden ge-
nannt, weil die Dominicaner umherreisten, und die Erlaubniß
hatten, überall zu predigen und Beichte zu hören. — So ein
braver Mann Dominicus sonst auch war, so war er doch ein
Schwärmer, und legte einen viel zu großen Werth auf äußere
Gebräuche. So hatte er z. B. stch neun Arten zu beten aus-
gedacht: in gebückter Stellung, auf dem Bauche liegend, abwech-
selnd niedeckniend und dann wieder aufspringend, die Arme wie
ein Kreuz ausgeftreckt u. s. w. Er starb 51 Jahre alt, auf
der Erde liegend, in einer härenen Kutte, und eine Kctt'b um
den Leib. Anfangs waren sein Orden, wie der des Franziscus
jetzt noch, ein Vettelorden, ist es aber seit dem i4ten Jahrhun-
dert nicht mehr.
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195
bei Toggenburg gebohren. *) Sein Vater war Amman , und
Huldreich war der 6te Knabe einer sehr zahlreichen Familie.
Nachdem er mehrere Schulen besucht hatte, wurde er Schul-
lehrer in Basel, und hier zuerst erkannte er die Jrpthümer,
in denen er aufcrzogen worden war. Je mehr er die.bibel
studi'rte, desto deutlicher wurde es in seinem Kopfe, und er ver-
einigte sich mit einigen gleichgesinnten Freunden, fortan-nicht
mehr zu schweigen, sondern von den Kanzeln herab das Volk
eines Bessern zu belehren. Seine Predigten — er war 1516
Pfarrer in Einsiedeln geworden — wurden mit großem Verfalle
gehört; denn ec sprach mit der Innigkeit der Ueberzeugung,
die immer zu Herzen geht, und als er 1518 zum Prediger in
Zürich ernannt war, trat er, wie Luther um dieselbe Zeit, ge-
gen den Ablaß, der auch hier keck verkauft wurde, und gegen
die andern Mißbräuche des Papstthums auf. So wie-Luther
am Kurfürsten, so fand er Schutz am Magistrat.in Zürich,
welcher zugleich allen Predigern des Kantons befahl, nichts zu
predigen, was nicht aus der Bibel zu beweisen wäre. Da nun;
der Bischof von Koftnitz den Zwingli beim Papste als Ketzer
verschrie, so wurde in Zürich ein Religionsgespräch veranstaltet,
durch welches sich die streitenden Partheien verständigen sollten.
Aber das Ende war, wie immer bei dergleichen Versuchen, daß
Jeder bei seinem Sinne verharrte; denn wenn sich Zwingli auf
die Bibel berief, so beriefen sich seine Gegner auf die Beschlüsse
der Concillen und auf die Traditionen, die Zwingli freilich nicht
anerkennen konnte. Der Magistrat verbot nun den. ganzen ka-
tholischen Gottesdienst. Wie innig sich der fromme Zwingli über
diese Fortschritte einer reineren Gottesverehrung freute, läßt
sich denken. 1524 verheirathete er sich mit einer edeldenkenden
Jungfrau, und lebte eine Zeitlang im Bewußtseyn der redlich-
sten Amtsführung recht glücklich. Wie er in Zürich, so hatte
indessen ein andrer braver Mann, Oekolampadius, in Basel
*) Die Hütte steht noch, in welcher er gebohren wurde. Eine arme
Familie wohnt darin, mit der Verpflichtung, darauf zu sehen,
daß kein Reisender aus Reliquiensucht Spahne von dem Holze,
aus welchem das Haus besteht, losschneide.
13* ■ .
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206
garn. Ja 1529 waren sie gar bis vor Wien vorgedrungen,
und hätten die Stadt beinahe im Sturme weggenommen. Sich
selbst zu helfen, war Ferdinand viel zu schwach. Daher mußte
er unaufhörlich die deutschen Fürsten um Hülfe ansprechen.
Die Evangelischen wollten aber nicht eher helfen, bis man ihnen
freie Religionsübung bewillige. Nach langem Hin- und Her-
streiten wurde dann 1532 ein sogenannter Religionsfriede
in Nürnberg abgeschlossen, der aber eigentlich nur als ein
Waffenstillstand betrachtet werden konnte, weil weder die Einen
noch die Andern damit zufrieden waren. Es wurde darin ver-
sprochen, daß Keiner bis zu dem nächstens zu haltenden Concil
seines Glaubens wegen beeinträchtigt werden sollte. Nun erst
gaben die Evangelischen die von ihnen verlangte Unterstützung
gegen die Türken, denen aber Ferdinand nicht viel anhaben
konnte.
Kaum waren die Katholischen und Evangelischen fürs erste
etwas beruhigt worden, so fingen auf einer andern Seite Un-
ruhen an. Die Anhänger Münzers waren in Deutschland überall
hart verfolgt worden, und darum nach den Niederlanden ge-
gangen. Von hier schickten die Schwärmer, die sich nun Wie-
dertäufer nannten, Missionarien nach Westphalen, um ihren
Anhang zu vergrößern. Zwei von ihnen kamen 1533 nach
Münster in Westphalen. Johann Bockold, ein Schneider
von Leiden, und Johann Ma t t h i e se n, ein Bäcker aus Har-
lem. Nach und nach brachten sie viele Bürger auf ihre Seite,
selbst den Prediger R o r t m a n n, der doch ein Schüler Luthers
gewesen war. Der Magistrat jagte die Unruhestifter mehrmals
aus der Stadt, aber sie kamen bald heimlich wieder, und ihr
Anhang wurde endlich so stark, daß sie sich der Herrschaft be-
mächtigten, den Bischof und den Magistrat vertrieben, und daß
die verständigeren Bürger freiwillig die Stadt verließen, in der
es nun ganz unvernünftig zuging. Die Wiedertäufer sandten
Leute aus, welche alle ihre Anhänger in die Stadt einluden;
sie sollten zu Hause nur alles stehen und liegen lassen; denn
sie sollten es in Münster zehnfach ersetzt erhalten. Man kann
denken, welche Menge Gesindel herbeiströmte. Ein gewisser
Knipperdolling wurde zum Bürgermeister gewählt. Dann
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Ferdinand Johann_Bockold Johann Johann_Ma Johann
Extrahierte Ortsnamen: Wien Nürnberg Deutschland Niederlanden Westphalen
208
Unruhen dauerten bis in das Jahr 1535. Da verstärkten einige
Fürsten das Heer des Bischofs, und nun wurde die Sache ernst-
hafter angegriffen. In der Stadt entstand zugleich eine fürch-
terliche Hungersnoth, dennoch durfte Keiner bei Todesstrafe von
Uebergabe sprechen. Zuletzt drangen die Soldaten fechtend in
die Stadt ein; die Schwärmer wehrten sich tapfer, und baten
erst um Gnade, als viele von ihnen niedergehauen waren.
Auch Rottmann war unter den Gebliebenen. Bockold aber,
sein Minister Krächting, und Knipperdolling wurden in eiserne
Käfige gesperrt, eine Zeitlang zur Schau wie Wunderthiere
umhergeführt, und zuletzt mit glühenden Zangen zu Tode ge-
martert. In unfern Tagen hatte man sie wohl, weit vernünf-
tiger, nur ins Jrrhaus gesperrt. Die Käfige mit ihren Leichen
hängte man an einem Thurme der Stadt auf; da hängen sie
noch heutiges Tages. — Die noch jetzt in den Niederlanden,
England und Nordamerika lebenden Wiedertäufer oder Menno-
niten müssen mit diesen Leuten nicht verwechselt werden. Es find
fromme Leute, welche aber die Gewohnheit haben, erst die Er-
wachsenen zu taufen.
Während jener Vorfälle in Münster, hatte Kaiser Karl einen
Zug gegen Tunis in Afrika unternommen. Der Dey von Al-
gier, H a i r a d i n Barbarossa, ein ungemein tapfrer und wil-
der Seeheld, hatte dem Bai von Tunis Muley Hassan sein Land
weggenommen, und die Küsten von Spanien und Italien öfters
überfallen. Darum fuhr Karl mit einer Flotte, welche von dem
großen genuesischen Admiral Andreas Doria (— w) befeh-
ligt wurde, nach Afrika hinüber, vertrieb Hairadin aus Tunis,
eroberte die Stadt, und befreite 22,000 dort eingesperrte Chri«
stenselaven. — Sechs Jahre darauf, 1541, unternahm Karl
eine zweite Fahrt nach Afrika, die aber nicht so glücklich ausfiel.
Dies Mal ging es gegen Algier, um den unruhigen Hairadin
in seinem Schlupfwinkel selbst aufzusuchen. Andreas Doria, der
wieder die Flotte befehligte, wiederrieth in so stürmischer Jah-
reszeit, im October, die Fahrt zu wagen. Aber der Kaiser
folgte seinem Rathe nicht. Er erreichte zwar Afrika, aber ein
entsetzlicher Sturm zerstörte den größten Thcil der Flotte, daß
Landheer wurde durch Hunger und Nässe und durch den kühnen
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Extrahierte Personennamen: Rottmann Bockold Karl Karl Barbarossa Barbarossa Tunis_Muley_Hassan Karl Karl Andreas_Doria Karl Karl Andreas_Doria
Extrahierte Ortsnamen: Niederlanden England Nordamerika Afrika Spanien Italien Afrika Tunis Afrika Algier Afrika
229
der Papst die Scheidung ausspräche. Das hätte dieser auch
wähl gechan; aber Katharina war eine nahe Verwandte Kaiser
Karls, und dieser, der so schon mit dem Papste unzufrieden
war, drohte demselben, wenn er die Scheidung gutheißen würde.
Darum hielt der Papst den König mit leeren Versprechungen
hin, bis diesem die Geduld riß, und er sich aus eigener Macht
von seiner Frau trennte, die Anna heirathete, und sich nun vom
Papste ganz lossagte. Er verbot den englischen Geistlichen, fer-
nerhin Geld nach Rom zu schicken und päpstliche Befehle anzu-
nehmen, erklärte, der Papst sey ein Bischof wie alle andere
Bischöfe, sich selbst aber machte er zum Haupte der englischen
Geistlichkeit, so sehr auch der Papst gegen das Alles protestirte.
Diese Uneinigkeit mit dem Papste war Ursache, daß sich
Heinrich von ihm gänzlich lossagte, und eine neue Lehre und
einen andern Gottesdienst einzuführen beschloß. Wahrscheinlich
hakte er die Lehre Luthers angenommen; aber dieser hatte ihn
unlängst durch einen derben Brief beleidigt, und Heinrich war
nicht der Mann, der Beleidigungen vergaß. Da er sich nun
selbst große Kenntnisse in der Theologie zutraute, so setzte er
selbst ein Lehrbuch des christlichen Glaubens auf, und verlangte,
daß alle seine Unterthanen so geschwind wie er ihren bisheri-
gen Glauben ablegen, und seine Glaubenslehren annehmen
sollten. Viele Schwache gaben dem Könige nach; die Besser-
gesinnten dagegen erklärten, daß sie Gott mehr als ihn fürch-
teten, und wurden nun als ungehorsame Unterthanen, weil ec
nicht den geringsten Widerspruch vertragen konnte, hart ge-
züchtigt. Viele, besonders die Geistlichen, wurden öffentlich ver-
brannt. Dann hob ec die Klöster und andere geistliche Stifter
auf, und verfuhr dabei so verschwenderisch, daß er mehr Scha-
den als Vortheil hatte; denn bisher hatten ihm die Stifter
schwere Abgaben bezahlt, die nun wegfielen, so daß auch
Karl 5. lachend sagte: „der König von England hat die Henne
todtgeschlagen, welche ihm die goldnen Eier legte."
Ein solcher Mann wie Heinrich konnte auch in seinem
Hause nicht glücklich leben. Nachdem er Anna Boleyn drei
Jahre besessen, und sie ihm eine Tochter, Elisabeth, geboh-
ren hatte, war er auch ihrer überdrüssig, und da die Höflinge,
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Extrahierte Personennamen: Katharina Karls Anna Heinrich_von Heinrich Heinrich Heinrich Karl_5. Karl Heinrich Heinrich Anna_Boleyn Elisabeth
244
der sie verrichtet, an, ob er alle Gedanken auf das Sakra-
ment gerichtet habe. — Bei dem Abendmahl wird das Brot
und der Wein durch die Weihung in den Leib und das Blut
Jesu verwandelt, und daher muß die Hostie göttlich verehrt
werden. — Die Messe ist ein sichtbares Versöhnopfer, und Je-
dem uütze, der daran Theil nimmt. — Die Heiligen sollen an-
gerufen und die Reliquien verehrt werden, u. s. w. — So
war also wieder die Hoffnung, daß durch ein allgemeines Con-
cilium der Friede und der Kirche wieder hergestellt werde, ver-
eitelt! Ferdinand hatte zwar sich bemüht, daß das Concil, den
Evangelischen zu Liebe, wenigstens den Genuß des Weines beim
Abendmahl und die Priesterehe erlauben sollte; aber der Papst
war nicht dahin zu bringen, auch nur in einem Punkte nach-
zugeben. Die Spannung zwischen den Verschiedendenkenden
blieb daher, und es war vorauszusehen, daß es einmal, früher
oder spater, zum Ausbruch kommen würde. Das Concilium
hatte von 1545^-63 gedauert.
Ferdinand starb 1564, von allen Deutschen geehrt. Sein
Geist ruhte auch auf seinem Sohne
Maximilian 2. War schon Ferdinand duldsam gewe-
sen, so war er es noch mehr. Er erklärte, es sey seine feste
Ueberzeugung, daß Gott allein die Herrschaft über die Gewissen
zukomme. Daher war auch zu derselben Zeit, als die Nieder-
länder sich gegen den Verfolgungsgeist Philipps 2. von Spa-
nien empörten, und die Reformirten in Frankreich zu Tausenden
ermordet wurden, in Deutschland die größte Ruhe. Daß der
Papst und die Jesuiten damit nicht zufrieden waren, läßt sich
leicht denken; aber der brave Maximilian ließ sich nicht irre
machen, und ließ einen Jeden Gott nach seiner Ueberzeugung
verehren. Er selbst blieb bei der katholischen Kirche, duldete
auch in Wien bloß den katholischen Gottesdienst, um- es nicht
ganz mit dem Papste zu verderben. Nur in den letzten Jahren
seiner Regierung erlaubte er den Evangelischen auch in Wim
ein eigenes Bethaus und einen besondern Geistlichen. Als er
1576 starb, wurde er von allen seinen Unterthanen beweint.
Sein Sohn
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Maximilian Maximilian Ferdinand Philipps Philipps Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Wien
schen. Wurden ftcmde Waaren entdeckt, so ließ er sie öffentlich
verbrennen. Dies geschah mehrmals, selbst für 10 — 1500q
Gulden mit einem Male. Ucber diese Verordnung beklagte sich
das ganze Land; aber die inländischen Fabriken hoben sich, und
viel Geld wurde erspart.
Die große Unzufriedenheit mit Josephs- raschen Verbesserun-
gen ging endlich in den Niederlanden zu einer förmlichen Empö-
rung über. Diese Provinzen hatten seit alten Zeiten große Vor-
rechte, die ihnen Joseph zum Theil nahm. Die Erziehung stand
hier bisher ganz unter der Leitung der wenig aufgeklärten Geist-
lichkeit. Joseph änderte auch dies, und errichtete in Löwen, wo
bisher eine Universität gewesen war, ein General-Seminarium,
In welchem alle junge Leute, die Geistliche werden wollten, stu-
Diren mußten, aber ohne unter der Aufsicht der Bischöfe zu stehen.
Darüber entstand aber allgemeines Mißvergnügen, welches durch
die Geistlichkeit noch mehr angefacht wurde. Die ersten Bewe-
gungen in Löwen wurden leicht unterdrückt. Aber während der
Kaiser 1788 nach der Krimm gereist war, um dort mit Kathari-
na 2. zusammenzutrcffen, entstanden umfassendere Unruhen. Das
Volk widersetzte sich der Einführung der neuen Gerichtsordnung,
und beging fo wilde Ausschweifungen, daß der Oberstatthaltcr
fürs erste nachgcben, und die alten Einrichtungen wieder Herstel-
len mußte. Darüber zeigten die Niederländer eine ausgelassene
Freude; nicht so Joseph. Er erließ die kräftigsten Ermahnungen,
versicherte sie, daß er nur ihr Wohl vor Augen habe, und suchte
sie von der Zweckmäßigkeit der neuen Einrichtungen zu überzeu-
gen. Zugleich aber befahl er, daß diese unweigerlich angenom-
men werden müßten, und schickte einige Regimenter nach den
Niederlanden. Einige Monate hindurch gehorchten die Nieder-
länder in finsterm Unmuth. Dann brach überall die Empörung
aus. Einige nichtswürdige Volksführer stellten sich an die Spitze
der Bewegungen, und die katholische Geistlichkeit reizte noch mehr
auf. Die kaiserlichen Truppen wurden, weil sie vereinzelt wa-
ren, überwältigt, und bald war das ganze Land in den Händen
der Insurgenten. Kaiser Joseph hat das Ende dieser Unruhen
nicht mehr erlebt; die Niederlande sind von Oestrcich nicht wieder
bezwungen worden.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Joseph Joseph Joseph Joseph
661
Landung in England zu unternehmen. Daher wurden von
England an Frankreich Fricdenseröffnungen gemacht. Beide
Mächte schlossen den Frieden in Amiens am 25sten März
1802. Nach demselben gab England die meisten der den
Franzosen und Holländern abgenommenen Colonicn zurück,
und versprach, Malta dem Malthcser-Orden zurückzugeben;
denn England hatte diese Insel den Franzosen früher wieder
abgcnommen. Offenbar hatte sich England mit diesem Frieden
übereilt, und darum war vorauszusehen, daß er von keinem
langen Bestände seyn würde.
109. Bonaparte's Negierung als Cónsul.
Bonaparte mußte zwar die Republik noch bestehen lassen,
um die Freunde der Revolution, deren noch genug am Leben
waren, zu schonen, aber er suchte nach und nach ihre Formen
mit kraftvolleren zu vertauschen, und zeigte überhaupt dem
Volke bald, daß er Kraft genug habe, seinen Willen durchzu-
setzen. In die Verwaltung brachte ec mehr Ordnung, zu sei-
nem Schutze richtete er eine Consulargarde ein, die National-
garden schaffte er ganz ab, den katholischen Gottesdienst führte
er wieder ein, ernannte Erzbischöfe und Bischöfe, stellte die
bisherigen Wochentage und die Feier des Sonntags wieder
her, und erklärte, daß auch die Protestanten und selbst die
Juden gleiche Bürgerrechte haben sollten. Auch wurden Schu-
len wieder eingeführt, und dies war um so nöthiger, da die
in den Revolutionsgreueln ausgewachsene Jugend entsetzlich ver-
wilderte. Die Sanscülotten mit den Jakobinermützen ver-
schwanden nun, und überall kehrte gute Sitte und Ordnung
nach und nach zurück.
Alle diese Einrichtungen waren zwar recht gut, hätte man
cs nur nicht dem ersten Cónsul bald angemerkt, daß die Fran-
zosen gut und glücklicher zu machen nur Nebenzweck, seine ei-
gene Vergrößerung aber Hauptzweck wäre. Selbst die Hand-
lungen, die recht großmüthig zu seyn schienen, verrichtete er
nur, entweder um seiner Eitelkeit zu schmeicheln, oder sich ei-
nen mächtigen Freund zu erwerben; aus reiner, großartiger
Gesinnung that er nichts.
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