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als wie fein Vater. Auch ihm sagten die meisten unkr ihnen
den Gehorsam auf, griffen zu den Waffen, und bald sah er sich
in derselben Lage, als einst sein unglücklicher Vater. Einmal
stürmten die Einwohner von Mainz sogar seinen Pallast, und
hätten ihn beinahe todtgcschlagen, wenn er nicht geschwind nach-
gegeben hatte. Erst nach mancher Angst und mancher Schlacht
versöhnte er sich wieder mit seinen Untcrthancn. Er hat gelebt
bis zum Jahr 1125. Er war erst 44 Jahr alt, und hinterließ
keine Kinder. Wer erkennt hierin nicht eine Strafe des gerechten
Gottes, der es ungerathenen Kindern nie gnt gehen läßt!
Da mit Heinrich 5. das fränkische Kaiserhaus ausgestorben
war, so mußte man zu einem andern Hause übergehen. Die
Fürsten versammelten sich zur Wahl wieder am Rhein. Die
größte Hoffnung machte sich Friedrich von Hohenstaufen,
Herzog von Schwaben. Sein Vater war ein Schwiegersohn
Kaiser Heinrichs 4. gewesen, und hatte von diesem das Hcrzog-
thum erhalten. Aber man fürchtete seine Ehrsucht; auch war der
vorige Kaiser zu wenig beliebt gewesen, als daß man seinen Nef-
fen hätte wählen sollen. Darum fiel die Wahl auf
Lothar, Herzog von Sachsen, einen frommen und braven
Herrn. Auf Ruhe konnte damals ein deutscher Kaiser nicht den-
ken; so war es auch bei diesem. Die beiden hohenstaufischen
Brüder, Friedrich von Schwaben und Conrad von Franken,
konnten es ihm nicht vergeben, daß um seinetwillen ihrhaus.über--
gangen sey, und machten ihm während seiner ganzen Negierungs-
zeit recht viel zu schaffen. Um sich zu stärken, verband er sich mit
Heinrich dem Stolzen, Herzog von Bakcrn, und gab ihm
seine einzige Tochter zur Frau. Außerdem ertheilte er ihm noch
das Herzogthum Sachsen, so daß Heinrich zwei Herzogthümer
zugleich besaß — ein seltener Fall — und der mächtigste Fürst in
Deutschland wurde. Der Haß der Hohenstaufen wurde dadurch
nur noch mehr aufgestachelt, und so entzündete sich eine wüthende
Feindschaft zwischen beiden Häusern, die auch noch unter den
folgenden Kaisern fortwährte, und Veranlassung war, daß sich
ganz Deutschland und Italien in die zwei Partheien der Guel-
fen (Welfen) und G ibell inen theilte. Denn Heinrich war
aus dem welfischen Hause, die Hohenstaufen aber wurden von
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Extrahierte Ortsnamen: Mainz Gottes Rhein Schwaben Sachsen Sachsen Deutschland Deutschland Italien Guel-
55
50. Philipp August und Richard Löwenherz. —
Heinrich 6.
König Ludwig 7. von Frankreich hatte eine stolze, herrsch-
süchtige Frau, Eleonc ra. Sie hatte ihrem Gemahl, beson-
ders wahrend seines Kreuzzugs, auf welchem sie ihn begleitete,
viele Kränkungen zugefügt, so daß er sich nach seiner Rückkunft
von ihr schied. Sie heirathete darauf den Grafen Heinrich
Plantagenet von Anjou, und brachte ihm ihre reichen
Güter, die sie in Frankreich besaß (Guienne und Poitou, der
südwestliche Theil Frankreichs), zu, und machte ihn schon dadurch
zu einem sehr mächtigen Herrn. Aber bald darauf erbte er
auch noch den englischen Thron, so daß er zugleich England und
fast die Hälfte von Frankreich besaß, und nun für den König
von Frankreich ein sehr gefährlicher Nachbar wurde. Wegen
seiner Besitzungen in Frankreich war dieser Heinrich 2. ein
Vasall des Königs dieses Landes, und doch war er bei weitem
mächtiger als sein Lehnsherr. Das gab natürlich zu vielen
Streitigkeiten Anlaß. Die folgenden Könige von Frankreich
suchten die Engländer nach und nach aus dem Reiche zu ver-
drängen; diese wollten sich aber nicht verdrängen lassen, und
so war denn der Stoff zu vielen blutigen Kriegen, gegeben,
welche im 12ten, 13ten, 14ten und 15ten Jahrhundert zwischen
beiden Nachbarnationen geführt wurden. Hätte Ludwig 7. seine
Gemahlin Eleonora behalten, so wären diese Kriege vielleicht
ganz vermieden worden. So bringen kleine Vorfälle oft große
Begebenheiten hervor.
Als die Nachricht von der Eroberung von Jerusalem durch
Saladin nach Europa gekommen war, gelobten der damals
schon bejahrte Heinrich 2. und der junge König von Frankreich
Philipp August, Ludwigs 7. Sohn, einen Kreuzzug, und
Beseitigung ihrer Streitigkeiten während desselben. Während
sie sich noch dazu rüsteten, starb Heinrich vor Aerger über seine
Söhne. Richard Löwenherz hieß der eine, Johann ohne
Land der andere. Die Beinamen erhielten sie erst später.
Diesen hatte der Vater vor dem doch besser gesinnten Richard
begünstigt. Darum empörte sich Richard gegen seinen Vater.
Heinrich bekämpfte mannhaft den ungehorsamen Sohn. Als
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Extrahierte Personennamen: Philipp_August Philipp August Richard_Löwenherz Heinrich_6.
König_Ludwig_7._von_Frankreich Heinrich Ludwig Heinrich
Plantagenet_von_Anjou Heinrich Heinrich Heinrich Ludwig Ludwig Eleonora Heinrich Heinrich Philipp_August Philipp August Ludwigs Ludwigs Heinrich Heinrich Richard_Löwenherz Johann Richard Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreichs England Frankreich Frankreich Frankreich Frankreich Jerusalem Europa Frankreich
200
72. Karl L. 1519 —1556. -- Fortgang der
N e f o r m a t i o n.
Die Geschichte keines Kaisers ist so merkwürdig als die
Karls 5. Leider können wir hier aber nur die Hauptbegeben-
heiten erzählen.
Sein Vater war Philipp der Schöne von Oestreich,
ein Sohn Maximilians 1., und seine Mutter Johanna, eine
Tochter Ferdinands des Katholischen und der Jsabella. Als Ferdi-
nand 1516 gestorben war, wurde Karl, erst 16 Jahre alt, König
von Spanien, Neapel und Sicilien, und erhielt durch die glück-
lichen Entdeckungen des Columbus, Sortez und andrer Seefah-
rer auch die reichen Länder Amerika's. Endlich starb 1519 auch
fein andrer Großvater, der Kaiser Maximilian, und machte ihn
zum Erben der öftreichischen Länder und der Niederlande. Daß
ihn die Deutschen auf Friedrichs des Weisen Rath zum Kaiser
wählten, ist schon gesagt worden. Dadurch aber machte er sich
den König Franz 1. von Frankreich, der sich auch darum be-
worben hatte, zu seinem unversöhnlichen Feinde, und sie haben
uachmals vier erbitterte Kriege mit einander geführt.
Der erste Krieg wurde von 1521 — 25 größtentheils in
Italien geführt. Karl war nicht selbst dabei gegenwärtig, son-
dern ließ ihn durch seine Generale führen, während er selbst in
Spanien war. Franz dagegen, ein sehr ritterlicher König, voll
Muth und Ehrbegierde, führte seyn Heer selbst. Unter demsel-
den befand sich der berühmte Bayard, der Ritter ohne Furcht
und Tadel. Einen tapfrern, geschicktern und rechtschaffenern
Ritter hat es nicht leicht gegeben; dabei war er die Bescheiden-
heit und Herzensgute selbst. Von seinen Thaten ließe sich viel
erzählen, wenn es der Raum gestattete.*) Dennoch richtete
*) Hier nur ein Fall. Noch vor Franzens Regierung stand ein
französisches Heer im Königreich Neapel, bei dem sich auch Bayard
befand- Eines Tages hörte er, daß ein Wagen, mitgelh beladen,
im feindlichen Lager erwartet werde. Sogleich nahm er 20 seiner
Reiter, und legte sich in einen Hinterhalt, einen seiner Camera-
den, Tardieu, aber schickte er mit 2b Mann auf einen andern
Weg, den der Wagen auch nehmen konnte. Allein der Zufall
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Extrahierte Personennamen: Karl_L. Karl Karls Philipp_der_Schöne_von_Oestreich Philipp Maximilians Johanna Ferdinands Karl Karl Maximilian Maximilian Friedrichs Franz_1._von_Frankreich Franz Karl Karl Franz Franz Muth Bayard Franzens Bayard
265
gab er an, daß er den König gehaßt, weil er den Papst ge-
täuscht habe, und ein Freund der Hugenotten gewesen sey.
Indessen ist sehr wahrscheinlich, daß die Feinde Heinrichs sich
seiner nur als Werkzeugs bedient hatten; ja manche meinten
selbst, seine eigene Frau, Maria von Medicis, habe darum
gewußt.
Heinrich war erst 56 Jahre alt, und von solcher Gesund-
heit, daß er ein hohes Älter hätte erreichen können. Noch jetzt
ist sein Andenken in Frankreich gesegnet. Sein Nachfolger war
Ludwig 13., auf welchem keineswegs der Geist seines Vaters
ruhte.
80. Elisabeth von England und Maria Stuart.
Nach Heinrichs 8. Tode 1547 hatte zunächst sein einziger
Sohn Eduard 6., ein zehnjähriger, gutgearteter Knabe, sechs
Jahre lang regiert. Zu seiner Nachfolgerin ernannte dieser die
Johanna Gray, eine Enkeltochter der jüngern Schwester
Heinrichs 8., und überging also Maria, die Tochter Hein-
richs 8. und der Katharina von Aragonien. Johanna war erst
46 Jahr, und eben so gelehrt und liebenswürdig, als beschei-
den. Ihr Gemahl war Guilford Dudley (sprich Gilford
Doddli), mit dem sie in der glücklichsten Ehe lebte. Aber ihr
Unglück war, daß sowohl ihr Vater, als ihr Schwiegervater,
beide sehr ehrgeizige Männer, allgemein gehaßt wurden. Sie
saß daher kaum eine Woche auf dem Throne; dann fiel das
Volk der
Maria zu. Johanna, ihr Gemahl, und die Väter bei-
der mußten das Blutgerüste besteigen, und sie starb mit der
Fassung und Ergebung, welche großen Seelen eigen ist. Unter
Mariens Regierung war England nicht glücklich. Sie hatte
von ihrer Mutter die Vorliebe für den katholischen Glauben
geerbt, verbot sogleich die Ausübung des von ihrem Vater ein-
geführten Gottesdienstes, und ließ die, welche ihre Religion
nicht wie ein Kleid wechseln wollten, grausam hinrichten. Es
wurden allein 270 Personen verbrannt. Daß sie den stolzen
und herzlosen Philipp 2. von Spanien heirathete, vermehrte den
Haß gegen sie, und als sie nach einer fünfjährigen Regierung
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Doddli Maria Johanna Philipp_2._von_Spanien Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Maria Mariens England
405
“Tmbbkzz >
gewann. Je öfter er sie sprach, sie immer lieber. Sie war zwar
weder jung noch schön; aber sie wußte mit großer Klarheit
über alle Dinge zu reden, und da der König bei herannahen-
dem Alter über seine frühern Vergehungen Gewissensbisse fühlte,
so beruhigte ihn nichts so sehr, als mit ihr über religiöse Ge-
genstände sich zu unterhalten, und je mehr er mit ihr sprach,
desto mehr wandte er sich vom Leichtsinn zur Frömmigkeit.
Nur Schade, daß er, eine Folge seiner religiösen Erziehung,
die Frömmigkeit nicht in Liebe zur Tugend und Wahrheit, son-
dern in genaue und ängstliche Beobachtung der Gebräuche der
katholischen Kirche setzte. Endlich war ihm die Maintenon so
theuer geworden, daß ec sie — er war gerade Wittwcr — zu
heirathen beschloß. Louvois, der damals noch lebte, und dem
er seine Absicht bekannt machte, rief erschrocken aus: „ist eö
möglich? der größte König der Erde will sich so erniedrigen,
die Wittwe Scarron zu heirathen?" Ec beschwor ihn fuß-
fällig, von diesem Gedanken abzustehn. „Sind Sie denn när-
risch," sagte der König empfindlich; „stehen Sie auf!" Lud-
wig beharrte zwar auf seinem Vorsatze, gab aber darin nach,
daß er die Trauung in der Stille vollziehen ließ, und obgleich
Zeder wußte, daß sie seine Frau war, so wurde sie doch nie
Königin genannt, genoß aber von ihm und allen Andern am
Hofe königliche Ehre. Er erwies ihr jederzeit die größte Hoch-
achtung, und überhaupt hatte sie großen Einfluß auf ihn, den
sie aber, die Aufhebung des Edicls von Nantes abgerechnet,
nie gemißbraucht hat. Leider konnte sie, nach dem Geiste ih-
rer Zeit, nicht begreifen, daß Zeder, der recht thut, und Gott
mir treuem Herzen sucht, ihm lieb ist, er mag ihn nun auf
katholische oder evangelische, oder jede andere Weise verehren,
und daß der wahre christliche Sinn sich nur in einem duldsa-
men Herzen befinden kann. Sonst war sie eine sehr achtungs-
würdige Frau, und zeichnete sich durch ihre Wohlthätigkeit
aus. Zn einem Dorfe bei Versailles, St. Cyr, baute sie
ein prächtiges Haus, in welchem sie 250 arme Fräuleins von
06 Nonnen bis ins 20ste Jahr erziehen und unterrichten ließ,
und das waren ihre glücklichsten Stunden, die sie hier zu-
brachte. Sie überlebte den König um 4 Jahre, und erreichte
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451
weder komm in acht Tagen zu mir, oder schreibe mir, in wel-
ches Kloster du gehen, und an welchem Tage du eintrctcn
willst." Wirklich reiste auch Alcxei ab, aber — nicht zum
Czar, sondern nach Wien. Hier bat er Kaiser Joseph 1. um
Schutz, und erhielt erst eine einsame Burg in Tyrol, hernach
ein Schloß in Neapel zum verborgenen Aufenthalte. Aber der
russische Gesandte brachte seinen Schlupfwinkel heraus. Peter
schrieb sogleich eigenhändig an den Kaiser, und verlangte als
Monarch und als Vater die Auslieferung des Sohnes. Zugleich
schrieb er an diesen, und bedrohte ihn mit seinem Fluche, wenn
er nicht sogleich zurückkchre, versprach ihm aber Vergebung,
wenn er sich durch Gehorsam und Rückkehr seinem Willen un-
terwürfe. Alexei ließ sich bereden, nach Rußland zurückzukeh-
ren, und die Verzeihung seines Vatcrs anzufiehcn. Er entsagte
nun seinen Ansprüchen auf die Erbfolge zu Gunsten seines
Stiefbruders, den Kathinka einige Jahre vorher gcbohrcn hatte,
und erhielt dagegen Verzeihung unter der Bedingung, daß er
ohne Rückhalt seine Mitwisser anzeige. Das that nun zwar
auch Alcxei, und cs wurden dadurch viele, angesehene Männer
um Glück und Leben gebracht, aber es ergab sich bei der wei-
tern Untersuchung, daß er doch noch vieles verborgen, ja daß
er die Absicht gehabt hätte, seinen Vater zu entthronen. Da-
durch machte er sich der ihm verheißenen Begnadigung verlu-
stig, und Peter ernannte nun ein geistliches und ein weltliches
Gericht, welches über ihn Recht sprechen sollte. Die weltlichen
Richter erklärten ihn des Todes schuldig; die geistlichen dage-
gen thaten folgenden schönen Ausspruch: „will unser Herr den
Gefallenen nach seinen Thaten strafen, so hat er die Beispiele
des alten Testaments für sich. Will er aber Barmherzigkeit
üben, so hat er für sich das Beispiel Zcsu Christi, welcher den
verlorenen Sohn aufnimmt, und mehr Gefallen hat an Barm-
herzigkeit als an Opfer." Was sollte nun Peter thun? Lange
schwankte er; endlich bestimmte ihn die Bcsorgniß, daß nach
seinem Tode durch Alexei leicht Unruhen entstehen könnten,
das Todeöurtheil zu bestätigen. Als es dem Sohne ongekün-
digt wurde, machte es solchen Eindruck auf sein Gemüth, daß
er augenblicklich in eine gefährliche Krankheit verfiel, und da er
29*
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Extrahierte Personennamen: Joseph Alexei Kathinka Peter Peter
57q
solche Gefühle in uns aufnehmen, die unfrcr Denkungsart ge-
mäß sind.
Einige Tage vor dem Feste war Orleans aus England
zurückgekehrt, von seinen Anhängern mit lauter Freude empfan-
gen worden, und eilte nun auch gleich, neue Ranke anzuspin-
nen. Nur mit Mühe hielt La Fayctte den Pöbel im Zaum,
und verhinderte zunächst neue Gewaltstrciche. Aber sichtbar
war eine große Gährung in Paris, und im übrigen Reiche
entstanden, bald hier bald da Meutereien gegen die Obrigkeit.
Das war eben die unselige Folge der Revolution, daß Zeder
bcfthlcn und Keiner gehorchen wollte^ Auch gegen den guten
König erhob sich wieder Mißtrauen. Die Nationalversamm-
lung hatte nämlich beschlossen, daß die Geistlichen fortan nicht
mehr unter dem Papste stehen, und daß sie, bei Strafe des
Verlustes ihres Amtes, dem Gesetze, dem Könige und der neuen
Verfassung Treue schwören sollten. Anfangs weigerte sich der
König, diesen Beschluß zu bestätigen; endlich that er es mit
den widcrstrebendsten Gefühlen, nur um Unruhen zu verhüten.
Aber die meisten Geistlichen bewiesen größere Festigkeit; sie ver-
weigerten großcntheils den Eid, weit er gegen ihr Gewissen
sey, und so entstanden unter ihnen zwei Partheien, die beei-
digten und unbeeidigten Priester, und wenn jene allein vor
den Beleidigungen des Pöbels sicher waren, so wurden diese
allein vom Papste Pius 6. für ächte Priester anerkannt, und
die beeidigten von ihm für abgcsctzt erklärt.
Am Ende des Jahres 1790 hatte die Revolution große
Fortschritte gemacht. Das Ansehen des Königs war neuer-
dings wieder mehr gesunken, indem Orleans und seine Freunde
ausbreitetcn, Ludwig gehe mit geheimen Planen um, die Frei-
heit zu unterdrücken, und die vorige Unumschränktheit seiner
Gewalt wieder einzuführen; nur darum sey er so nachgiebig
gegen alle Beschlüsse der Nationalversammlung* Die Lage des
armen Mannes wurde von Tage zu Tage peinlicher. Wenige
meinten es gut mit ihm, und diese Wenigen hatten keine
Macht. Ein Mann nur hätte ihn retten, und der Vermittler
zwischen ihm und dem Volke feyn können, Mirabeau, und
wirklich war dieser in der letzten Zeit auf die Seite des Königs
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60
der Häuser der Gibeninen und der Guelfen brach wieder aus.
Jene wählten den Bruder Heinrichs 6., P h i l i p p v o n S ch w a-
den, und diese den Sohn Heinrichs des Löwen, Otto 4. von
Braunschweig.
Philipp regierte nur von 1199 bis 1208. In diesem
Jahre wurde er vom Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, den er
beleidigt hatte, aus Rache ermordet. Otto wurde nun zwar
von allen Deutschen als Kaiser anerkannt, aber viel hat er nie
bedeutet. Mit dem schlauen und ehrgeizigen Papst Innocenz 3.,
der ihn doch ganz besonders begünstigt hatte, überwarf er sich,
und dieser beförderte daher die Wahl des jungen Friedrichs,
der auch wirklich 1215 zum deutschen Kaiser gewählt wurde.
Otto ließ sich das ruhig gefallen, ging auf seine Familiengüter,
und starb da 1218.
Friedrich 2., ein Enkel Friedrichs 1., war ein feinge-
bildeter, Künste und Wissenschaften liebender, ritterlicher König,
und gewiß würde er Deutschland recht glücklich regiert haben,
wäre er nicht auch König von Neapel und Sicilien gewesen.
Diese Länder, die damals noch weit blühender waren, als jetzt,
lagen ihm sehr am Herzen, und verwickelten ihn in Streit mit
dem Papste, dem er zuletzt unterlag.
Als Friedrich 2. 1215- zum deutschen Könige gewählt wurde,
war Innocenz 3. Papst, einer der schlausten Männer, die je
auf dem päpstlichen Stuhle saßen. Er gab die Wahl Friedrichs
nur unter der Bedingung zu, daß er versprach, seinem Sohne
Heinrich die Regierung feiner Länder in Italien zu übergeben,
damit ja nicht ein und derselbe Mann über Deutschland und
jener schönen Lände gebiete, — und einen Kreuzzug so bald als
möglich zu unternehmen. Innocenz starb schon im folgenden
Jahre. Sein Nachfolger Honorius 3. war ein sanfter, fried-
liebender Mann. Er erinnerte zwar Friedrich oft an seine Ver-
sprechungen, aber er ließ sich durch dessen Versicherung, bald ,
einen Kreuzzug zu veranstalten, immer wieder beruhigen. Wirk-
lich wäre es auch thörigt gewesen, wenn Friedrich, der in
Deutschland alle Hände voll zu thun hatte, die Streitigkeiten
der Großen zu schlichten, jetzt nach Palästina hätte ziehen wollen.
Weit mehr lag ihm am Herzen, seinen ältesten Sohn Heinrich
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Extrahierte Ortsnamen: Braunschweig Friedrichs Friedrichs Deutschland Neapel Sicilien Italien Deutschland Deutschland Palästina
82
dem Jünglinge, der sie treu befolgt! denn Gott wird immerdar
mit ihm seyn.
55. Untergang der Hohenstaufen 1268.— Sicilia-
nische Vesper 1282.
Wahrend sich Frankreich der väterlichen Regierung Lud-
wigs 9. zu erfreuen hatte, ging es in Deutschland nicht so ru-
hig zu. Als nämlich Friedrich 2. ftarb, lebte noch der von sei-
nen Feinden gewählte Gegenkönig, Wilhelm von Holland.
Aber die Parthei der Hohenstaufen erkannte ihn nicht an, son-
dern wählte Friedrichs ältesten Sohn, Conrad 4., und so gab
es also wieder zwei Oberhäupter des Reichs. Für Deutschland
hat Conrad so gut wie nichts gethan; denn er begab sich schon
im folgenden Jahre nach Neapel und Sicilien, welche Länder
ihm mehr am Herzen lagen. Mit ihnen zugleich hatte er aber
von seinem erlauchten Vater den Haß des Papstes Innocenz 4.
geerbt, der einen Hohenstaufen nicht als Nachbar dulden wollte,
und jene Länder ausbot. Aber mehrere Fürsten schlugen sie
aus, weil es ihnen mißlich schien, Länder anzunehmen, die dem
Papste doch nicht gehörten, und die sie auf jeden Fall erst ero-
bern mußten. Während dieser Streitigkeiten starb Conrad, erst
26 Jahre alt, sehr unerwartet, 1254.
Was zunächst in Deutschland geschah, davon nachher. Erst
die Begebenheiten in Italien.
Conrad 4. hinterließ ein Söhnchen von zwei Jahren, Con-
radin. Ihn erkannten die Neapolitaner gleich als Kaiser an,
und Manfred, der trefflichste Sohn Kaiser Friedrichs'2., sollte
die Regentschaft führen. Zwar that der Papst alles Mögliche,
beide zu verdrängen; aber die Einwohner hielten meist treu an
ihm, und wählten ihn endlich gar zum König, weil Conradin
noch zu jung sey, und sich in Deutschland aufhalte. Manfred
nahm die Krone an, doch so, daß sie nach seinem einstigen Tode
an seinen Neffen Conradin falle, und wußte sie auch kräftig
gegen den Papst, der ihn mit dem Banne belegte, und alle
Empörer lange zu behaupten. Indessen hörte der Papst nicht
auf, sie hier und da auszubieten. Er wandte sich an Ludwig 9.,
und forderte ihn auf, sie für einen seiner Söhne in Besitz zu
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Wilhelm Friedrichs Conrad_4. Conrad Innocenz Innocenz Conrad Conrad Manfred Manfred Ludwig_9. Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Holland Friedrichs Deutschland Neapel Sicilien Deutschland Italien Deutschland
228
befand sich unter chm, vb er gleich ein Freund und Beförderer
der Künste und Wissenschaften war, nicht glücklich; denn die
höchste Klugheit ist die, das zu thun, was unser Gewissen bil,
ligt. Er starb, noch nicht 53 Jahre alt, 1547, an den Folgen
jugendlicher Ausschweifungen.
Ganz zu derselben Zeit^, von 1509 — 1547, war in Eng-
land Heinrich 6. König, ein Sohn jenes Heinrich 7., der
den abscheulichen Richard 3. vom Throne stürzte. Heinrichs
Charakter war aus Stolz, Mißtrauen und Eigensinn zusammen-
gesetzt, lauter Eigenschaften, welche ihn weder beliebt, noch seine
Unterthanen glücklich machen konnten. In der ersten Zeit fei-
ner Negierung hatte er einen ausnehmend brauchbaren Minister
an dem Kardinal Wolsey. Dieser Mann war durch seine
Klugheit und Gewandtheit aus dem Staube cmporgeftiegen;
denn sein Vater war ein Fleischer in einer kleinen englischen
Stadt. Aber dergleichen Leute pflegen leicht übermüthig zu
werden, und zu vergessen, daß Gott, der sie erhob, sie auch
wieder in den Staub stürzen kann. Davon ist auch dieser Wol-
sey ein Beispiel. Wenn er an hohen Festtagen Messe las, ließ
er sich nur von Bischöfen und Aebten bedienen, und die ange-
sehensten Edelleute mußten ihm bei dem Sprengen des Weih-
wassers Becken und Handtuch reichen. Auf der Straße hatte
er zuweilen ein Gefolge von 800 Personen hinter sich; König
Franz und Kaiser Karl bewarben sich, weil sie seinen Einfluß
auf seinen «König kannten, um seine Gunst, und machten ihm
große Geschenke, ja wenig fehlte, daß man ihn zum Papst ge-
wählt hätte. Und doch verlor er nach langjährigen treuen Dien-
sten die Gnade seines Herrn. Er verlor seine hohen Stellen,
und man ging gar damit um, ihn aufs Blutgerüste zu bringen.
Sein Sturz betrübte ihn so, daß er das Jahr darauf starb.
Schon in seinem 18ten Jahre war Heinrich von seinem
Vater gezwungen worden, seines Bruders Wittwe, Katha-
rina von Aragonien, zu heirathen. Er hatte von ihr
eine Tochter Maria, und lebte mit ihr ziemlich verträglich. Da
fiel es ihm plötzlich nach einer 20jährigen Ehe ein, sich von ihr
zu trennen, um Anna Boleyn (sprich Bulen), eine ihrer
Hofdamen, heirathen zu können. Dazu war aber nöthig, daß
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_6._König Heinrich Heinrich_7. Heinrich Heinrichs Heinrichs Wolsey Franz Franz Karl Karl Heinrich Heinrich Maria Maria Anna_Boleyn