122
Zustand der Cultur und Literatur.
Tvcho de
Brahe
1-1601.
Kevler
1571—
1631.
Galilei
156-1—
1642.
Grundlage beruhe. In seiner Wohnung am Dom zu Frauenburg betrachtete er
die Höhen der Planeten, des Mondes, der Sonne und der Fixsterne mit sehr
unzulänglichen Instrumenten und kam durch genaue Beobachtung und Berech-
nung der Erscheinungen und Bewegungen an der Himmelskugel zu der Ueberzeu-
gung, daß die Sonne im Mittelpunkt des Planetensystems ruhe und sich nur um
ihre Axe drehe, die Erde aber, gleich den übrigen Planeten, außer der Axendre-
hung auch noch eine höchst regelmäßige Kreisbewegung um die Sonne habe und
den Mond zum Trabanten. Aufs Gewaltigste durchbrach Copernicus die Welt
des Scheins und war dabei so weit von Ruhmsucht und Ehrbegierde entfernt,
daß er lange seine Ideen nur mündlich vortrug und sich erst kurz vor seinem Tode
durch einen seiner Schüler bewegen ließ, seine Entdeckung schriftlich bekannt zu
machen. Sein System setzte die Welt in Erstaunen und führte mehrere begabte
Männer auf dieselbe Bahn. Unter diesen hat der dänische Edelmann Tycho
de Brahe, den Kaiser Rudolf Ii. nach Prag berief, den größten Ruhm erlangt
und die glänzendste Laufbahn gemacht, aber der arme Kepler, der ihm als
Rechner und Gehülfe beigegeben ward, war ihm an Talent, Genialität und
Wissen weit überlegen. Jener setzte der von Copernicus entdeckten wahren Welt-
ordnung ein fabelhaftes, auf Schein und Aderglauben beruhendes System ent-
gegen, und wurde der Begründer oder Erneuerer der astro logischen Träu-
mereien, die aus der Stellung der Gestirne (Constellation) die Schicksale des
Menschen errathen zu können vermeinten, eine Ansicht, der die größten Fürsten
und Staatsmänner jener Zeit huldigten. Rur durch seine genauen, in den Ru-
dolsinischen Tafeln niedergelegten Beobachtungen und Berechnungen der Erschei-
nungen am Himmelsgebäude förderte er die astronomische Wissenschaft, die jedoch
erst durch Kepler einen höhern Schwung und eine philosophische Grundlage erhielt.
Unter drückenden Nahrungssorgen und mechanischen Rechnungsarbeiten für Lo-
garithmen und Sonnentafeln erforschte Kepler die Gesetze des Planetenlaufs und
suchte in Platons Geist seine astronomischen Entdeckungen und Demonstra-
tionen mit den Gebilden einer schaffenden Phantasie zu verbinden. Dieß geschah
besonders in seiner „W elrharmonie" und in „Keplers Traum," wo seine
dichterische Seele und sein bildender Geist Ideen aufsteute, die, wenn sie auch
nicht alle von Jrrthum und Schwärmerei frei waren, immerhin den größten und
erhabensten Schöpfungen des menschlichen Geistes beigezahlt werden müssen.
Kepler, „der lieber hungern wollte als abfallen von der augsburgischen Confession,
wurde als ein ungesundes Schaaf von der Heerde des Herrn weggewiesen, weil
er sich weigerte, die Verdammung der Calvinisten zu unterschreiben und die All-
gegenwart des Leibes Christi bezweifelte. Seine Mutter starb, als Hexe ange-
klagt, in Ketten." Keplers Zeitgenosse Ga lilei aus Pisa war einer der erfin-
dungsreichsten Köpfe im Gebiete der Physik, Mathematik und Astronomie. Ec
entdeckte die Gesetze der P en d elschw ingung en und des Falls, erfand oder
verbesserte das Thermometer und war einer der ersten Begründer der wissen-
schaftlichen Physik. Mit Hülfe des kurz zuvor in Holland erfundenen Fern-
rohrs, das er zuerst gen Himmel richtete, entdeckte er die Trabanten des Jupiter
und andere noch unbekannte Erscheinungen; da er aber in einer in Gesprächsform
abgefaßten Schrift dem copernicanischen System den Vorzug vor dem ptolemäi-
schen zuerkannte, gab er den von Neid erfüllten Anhängern des Alten, die ihn
schon wegen seiner Bekämpfung der aristotelisch-scholastischen Philosophie anfein-
deten, Gelegenheit zur Klage. Von der Inquisition zur Verantwortung gezogen,
mußte Galilei knieend seine Ansicht von der Bewegung der Erde als irrig und
schriftwidrig abschwören, wäbrend diese mit ihm und seinen Richtern im Fluge
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TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
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Extrahierte Personennamen: Copernicus Rudolf_Ii Rudolf Copernicus Schaaf
168
Das siebenzehnte Jahrhundert.
von Greifenfeld erhobenen Peter Schumacher die neue Regierungsweise
vollständig organisirt. Ein neu geschaffener Grafen- und Freiherrenstand
*671. mit bestimmten Privilegien und die Errichtung des D a n e b r o g - O r d e n s
vernichtete vollends die alte Adelsmacht. Menschliche Eitelkeit griff
begierig nach dem Spiel werk und verhüllte die Ohnmacht
mit einem vom Throne verliehenen Schimmer. — Greifenfeld selbst
fühlte das Gewicht einer despotischen Königsgewalt. Denn er mußte 23 Jahre
lang in enger Gefangenschaft schmachten, weil es einer Adelsfaction gelang, den
König zu tauschen und gegen seinen Kanzler aufzubringen. —
Schwe- Diese Vorgänge blieben nicht ohne Einfluß auf S ch w e d en, wo indeffen
stattxi. Karl Xi., ein kluger, sparsamer und strenger Fürst, die Zügel der Herrschaft in
*660-97. die eigene Hand genommen. Durch die mit Harte ausgeführte Einforderung alles
entfremdeten Kronguts, wobei freilich mancher Edelmann Hab und Gut verlor,
erhöhte der König die Staatseinnahmen so, daß die Schuldenlast gemindert und
die Steuern erleichtert werden konnten. Dem Reichsrath entzog er die unbefugte
Gewalt und zwang ihn, innerhalb der Schranken einer berathenden Behörde zu
bleiben; aber den Reichstag (die Stande) ließ er bestehen und erkannte das
Steuerbewilligungsrecht deffelben an. Karlxi. regierte fast eben so unumschränkt
wie die dänischen Könige; aber die Institutionen blieben und gaben dem Adel
späterhin Gelegenheit, die alte Macht wieder an sich zu bringen.
Hk. Die englische Thronumwälzung.
t. Die beiden ersten Stuarts.
Jakobi. tz. 590. Jakobs I. Charakter und Grundsätze. Maria's Sohn
1603-25. ^^Eob I. war von der Natur körperlich und geistig verkürzt worden. Mit häß-
licher Gestalt und ungraziösem Wesen verband er einen beschrankten Verstand,
einen unbegrenzten Hochmuts) und eine verschrobene Bildung. Ausgewachsen
unter dem Gezanke presbyterianischer Prediger war er besonders mit theologischer
Gelehrsamkeit ausgerüstet und befaßte sich gerne mit kirchlichen Streitfragen.
Sein Geist hatte eine einseitige, pedantische Richtung genommen, und wahrend
er sich in Schrift und Rede als einen tiefen Gelehrten zeigte, war er als Staats-
mann und Herrscher in kurzsichtiger Verblendung befangen. Aus Furchtsamkeit
friedliebend brachte er der äußern Ruhe die Ehre des Landes zum Opfer; und
unwürdige Günstlinge (besonders der zum Herzog von Somerset erhobene
Robert Carc und der als Herzog von Buckingham bekannte G. Villiers),
die durch körperliche Wohlgestalt den schwachen Monarchen zu feffeln wußten, wurden
mit Ehren und Reichthümern überschüttet und nach dem Tode des umsichtigen
Rob. Cecil (Lord Burleigh) bei Besetzung einflußreicher Staatsamter den ver-
dientesten Männern vorgezogen. — Sein häusliches und sittliches Leben war
vorwurfsfrei, Neigung zu Verschwendung und Trunk abgerechnet; aber Adel der
Gesinnung gebrach ihm eben so, wie praktische Klugheit im Leben und Staat. —
Von der Königs macht hegte er die übertriebensten Vorstellungen; er war fest
überzeugt, daß sie unmittelbar von Gott herrühre und unumschränkt sei, und
suchte die Beweise für diese Ansicht im alten Testamente. „Indem er aber seine
Beredsamkeit anstrengte, um das unumschränkte Recht der Könige zu
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183
Die englische Thronumwälzung.
herrschende; aber bei der religiösen Aufregung entstanden eine Menge Sekten,
unter denen die von dem Schuster Georg Fox gestiftete Gesellschaft der 1649.
Freunde, vom Volke Quaker (Zitterer) genannt, zu großem Ansehen ge-
langte. „In Felle gekleidet zog Fox durch England, predigte auf den Straßen
und in den Hausern Buße und Evangelium, klagte über die Sünden der Christen
und verkündigte ein neues Gottesreich."
Die Quäker glauben: „daß das religiöse Bewußtsein unmittelbar vom göttlichen
Geiste bewirkt werde, daß Jeder, der diesen ernstlich suche, durch stille Beschaulichkeit und
andächtige Einkehr in sich der göttlichen Offenbarung theilhaftig werden und das innere
Licht in sich entzünden könne. Das innere Wort, wie sie dies Licht nennen, stellen sie
daher neben und zum Theil noch über das äußere oder die Bibel." — „Sie halten die
Sakramente nur für Sinnbilder innerer Zustände, nicht mehr äußerlich zu vollziehen, ver-
werfen das Predigtamt sammt aller Theologie als Menschenwerk und wollen nur eine
Geistkirche. Ihre religiöse Entschiedenheit verwirft Kriegsdienst, Eid, Zehnten und die
Moden der geselligen Welt." In England lange verfolgt, fanden sie endlich eine Frei-
stätte in Nordamerika, als William Penn (ff 1718) das Land am Delaware kaufte
und den Staat Pennsylvanien, „die Wiege der Freiheit für die Neger und die Welt," zur
Hälfte aus Quäkcrcolonisten gründete. Zuletzt erwarben sie sich auch in England Duldung,
nachdem Rob. Barclay (ch 1690) ihre Lehre wissenschaftlich ausgebildet.
a) Irland. Die Nachricht von des Königs Tod erzeugte in Schott-
land und Irland eine furchtbare Aufregung. Dort hatte der hochherzige
Montrose das königliche Banner in den Hochlanden lange aufrecht erhal-
ten; endlich erlag er den Heeren der Covenanters und mußte für seine An-
hänglichkeit an das Königthum einen entsetzlichen Tod erleiden. Sein Haupt 1650.
und seine Glieder wurden als schreckliche Warnung über den Thoren der vier
größten Städte Schottlands befestigt. Dennoch wurde nach einiger Zeit der
inhollandweilendeprinz von Wales herbeigerufen undalskönigkarlii.
anerkannt, mußte aber zuvor den Covenant unterzeichnen und der presby-
terianischen Kirche beitreten, so sehr auch der kalte Fanatismus der schottischen
Geistlichen dem leichtsinnigen, genußsüchtigen Fürsten zuwider war und ihre
stundenlangen Gebete und strengen Predigten über die Sünden und Frevel-
thaten seines Hauses ihm das Leben verbitterten. — Auch Irland erkannte den
neuen König an und griff zu den Waffen. Da zog Cromwell an der Spitze E.
eines entschlossenen republikanischen Heeres gegen die ungehorsame Insel.
Drogheda wurde nach drei Stürmen erobert und die royalistischebesatzung
bis auf den letzten Mann niedergehauen. Ueber Blut und Leichen ging des
Siegers Weg. Cromwells Schwiegersohn Ire ton schritt auf derselben
Bahn fort, und als ihn ein schneller Tod dahin raffte, vollendete Fleet-
wood das begonnene Werk in ähnlichem Geist. In drei Jahren war der
drohendste Aufstand erstickt; aber Irland war ein entvölkertes, von rechtlosen
Bettlern bewohntes Land.
Als das Schwert ruhte, wüthete ein hoher Gerichtshof mit Beil und Verbannung
gegen die Häuptlinge; Tausende verließen das Land ihrer Väter und suchten in den katho-
lischen Ländern Europas und in Amerika neue Wohnsitze; alle Kriegsgefangenen und eine
große Zahl von Weibern und Kindern-wurden nach Westindien gebracht und in Jamaica
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Extrahierte Ortsnamen: England England Nordamerika Pennsylvanien England Irland Schott- Irland Schottlands Wales Irland Cromwells Irland Europas Amerika Westindien
242
Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.
„Die Macht und der Reichthum Englands wuchs mit jedem Jahr, das Fabriksystem,
die Gewerbe, alles, was Geld giebt und mit Geld bewirkt wird, blühte, die Reisenden
konnten nicht satt werden, zu loben und zu bewundern, sie sahen nur die Oberfläche, die
mit Goldblech bedeckt war. Den Jammer der Millionen Irlands vergaß man über Pracht-
gebäuden , Gallerien, Bewirthung der wenigen Reichen; die Lhräncn der von speculiren-
den Pächtern vertriebenen Schotten flössen im Stillen; das Elend, die Qual und die
Laster der Tausende vonkindern und unglücklichen Arbeitern in den Fabriken bemerkte Nie-
mand, denn die Paläste der Fabrikherren und die Aussuhrlisten blendeten den gierigen
Hausen. Unstreitig verbreitete sich damals mehr wie jetzt auch über den Mittelstand große
Behaglichkeit und selbst Reichthum; aber dieser Mittelstand gewöhnte sich zugleich an ein-
gebildete und künstliche conventionelle Bedürfnisse und ward Affe und Sclave der Reichen.
Mit dem wachsenden Reichthum mehrten sich die Lasten, und die Erfinder aller Maschinen
erfanden endlich eine Maschine der Besteuerung, die früher oder später in allen Ländern
allen Besitz in die Hände weniger Reichen, Wucherer, Speculanten, der Regierung und
ihrer Creaturen bringen wird."----- „Schottland ward inniger mit England vereinigt,
die ödesten Gegenden wurden angebaut, große Capitalien angewendet, um nach neuem
System, nach den Grundsätzen einer ganz neuen Wissenschaft zu benutzen, was bisher gar
nicht, oder nur nach alter Sitte unvollkommen bebaut war. Die Cultur Englands ver-
breitete sich über ganz Schottland, bequemes und behagliches Leben trat in ganzen Gegen-
den an die Stelle der Armseligkeit und des Mangels, welche sie vorher gedrückt hatte. Der
Reisende bewunderte die umgeschaffenen Haiden und Moore, der Wohlstand, die Reinlich-
keit und Nettigkeit entzückte ihn, er verkündigte bei seiner Rückkehr im Vaterlande die
Blüthe der Manufacturen und Fabriken. Reichthum, Glanz, Gastfreundschaft englischer
Gutsbesitzer waren sprichwörtlich, ein reicher, großartiger Engländer Theatergott aller
Romane; aber gerade über das, worüber die Reisenden und die Menge jauchzen, klagt der
denkende und einsame Forscher, daß alle Poesie des Lebens dem Gelbe gewichen sei. Die
einst glücklichen, wenn gleich sehr armen Vasallen der Güterbesitzer mußten nach wenigen
Jahren den geliebten Boden neuen betriebsamen Pächtern überlassen, sie schieden im Jam-
mer von den Gräbern der Väter und von der Erinnerung der Vorzeit, um in Amerika eine
Freiheit ohne Geschichte, ein Glück ohne Poesie zu suchen. Mit dem Patriarchalischen und
Wilden entwich der heroische Sinn, verschwand das Leben der Armuth und Natur; Geld
ward überall einziges Ziel des Strebens, und jetzt gilt von der Tiber bis zum äußersten
Thule nur Geld allein, es herrscht nur Schmutz des Erwerbs."
2. Der Norden und Osten Europa's.
r») Der große nordische Krieg 0*4»**—1918).
§.640. Karl Xii. und seine Gegner. Schweden stand bei dem
Tode Karls Xi. auf dem Höhepunkt seiner Macht. Der staatskluge
Despotismus des Königs hatte der Krone unumschränkte Gewalt verliehen,
die vollständige Einziehung des entfremdeten Kronguts (§. 589.), verbunden
mit der Sparsamkeit des Monarchen, hatte die Staatskasse gefüllt und die
Abtragung der Schulden und die treffliche Ausrüstung des Heeres und der
Flotte möglich gemacht. Im Besitze der Küstenländer und der reichen Städte
Wismar,Stralsund, Stettin,Riga und Reval beherrschte Schwe-
den den Handel der Ostsee und deckte die Armuth des eigenen Landes durch
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Karls
Extrahierte Ortsnamen: Englands Irlands England Englands Schottland Amerika Europa's Karls Stettin Ostsee
210
Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts.
Seitdem hörte Ungarn auf ein Wahlreich zu sein und die königliche Würde
wurde dem Habsburger Mannstamm erblich zuerkannt. Die übrigen Rechte ver-
blieben der Nation und mußten bei jedem Thronwechsel vom Herrscher beschworen
werden. Aber die Klagen der Protestanten über die Bekehrungslist der Jesuiten
fanden kein Gehör. „Die evangelische Kirche wurde durch ein unblutiges
Martyrerthum über die Halste vermindert." Tököli flüchtete sich zu den Tür-
ken, wo ec lange in Ketten gehalten wurde.
Die Osmanen, von den Venetianern in Morea und in dem alten
Hellas glücklich bekriegt und von den Oestreichern aus Ungarn und Sie-
benbürgen getrieben, stürzten ihren Sultan vom Thron und erhoben einen
andern; aber Karl von Lothringen, Prinz Eugen und Ludwig von
Baden hielten den Sieg bei Oestreichs Fahnen fest. Erst als der Großvezier
Kbprili die Leitung des Kriegs übernahm, schwankte eine Zeitlang das
1688. Glück; das mit den größten Anstrengungen eroberte Belgrad kam wieder
an die Türken. Allein Ludwigs von Baden glorreicher Sieg bei
*691- Salankemen, wo 26,000 türkische Leichen, darunter der kräftige Groß-
es?. vezier selbst, die Wahlstatt bedeckten, und die blutige Schlacht von Zentha
an der Theiß, in der Prinz Eugen sein überlegenes Feldherrntalent ent-
1699. wickelte, zwang endlich die Pforte, den Carlowitzer Frieden einzugehen.
Siebenbürgen und alles Land zwischen der Donau und Theiß wurde
an Oestreich abgetreten, Morea und einige Inseln sielen an Venedig; Ruß-
land, das zuletzt gleichfalls am Krieg Theil genommen, behielt das eroberte
Asow. So ging Oestreich ruhmvoll aus einem Kampfe, der so gefahrdrohend
begonnen hatte.
5. England unter den beiden letzten Stuarts.
^0-85 §.621. Karl Ii. Die Regierungszeit des leichtsinnigen, charakterlosen
und wollüstigen Karls 11. war für England verhängnißvoll. Weder das
Schicksal seines Vaters, noch die eigenen schweren Lebensgeschicke dienten
ihm zur Lehre und Warnung. An dem fröhlichen Hofe von Whitehall ge-
dachte man weniger als irgendwo sonst der ernsten Vergangenheit. Kaum
war die Rache der Royalisten an den Puritanern und Republikanern ge-
stillt (§. 604.), so wurde das Reich von schweren Drangsalen heimgesucht.
1665. Eine ansteckende Krankheit stürzte in einem einzigen Sommer 100,000 Be-
wohner der Hauptstadt ins Grab; im nächsten Jahr verzehrten die Flam-
1666. men zwei Drittel von London (43,000 Hauser,89 Kirchen) und bald darauf
befuhr die holländische Flotte die Themse, verbrannte die Kriegsschiffe und
raubte Fahrzeuge und Gut. Den leichtsinnigen König focht dies wenig an;
am Tage des Flottenbrandes jagte er mit seinen Buhlerinnen in kindischem
Getändel einer Motte nach; ohne Vaterlandsliebe und Ehrgefühl verkaufte
er an Frankreich das von Cromwell erworbene Dünkirchen und „verjubelte
den Kaufpreis;" und als seine verschwenderische Hofhaltung Schulden und
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Lothringen Karl Eugen Eugen Ludwig_von
Baden Ludwig Ludwigs Eugen Eugen Oestreich Morea Oestreich Karl_Ii Karl Karls Hauser Cromwell
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Morea Ungarn Belgrad Donau Venedig Karls England Whitehall London Frankreich
Das Zeitalter Ludwigs Xiv. 211
Geldnoth mehrte und das Parlament, bei dem der erste Enthusiasmus für
das Königthum bald vorüberging, in seinen Bewilligungen nicht so freige-
big war, als der König wünschte, so horchte Karl auf die lockende Stimme
Frankreichs und verkaufte an Ludwig Xiv. die Ehre und den Vortheil des
Landes und den eigenen Glauben um Jahrgelder und Mätressen (§. 613).
Die damals an dem tonangebenden französischen Hose herrschende Sitte,
durch Religionswechsel und Proselytenmachen seine vornehme Bildung und
feine Lebensart zu beurkunden, hatte bereits auch in England Wurzel gefaßt.
Der Herzog von Pork, des Königs Bruder, trat zur römischen Kirche
über und brachte auch seine Gemahlin, die Tochter des Ministers Claren-
don, des royalistischen Geschichtschreibers der englischen „Rebellion" zu dem-
selben Schritt, und daß Karl Ii. seine katholische Ueberzeugung in seiner
Brust verschloß und lieber den unheimlichen Pfad der Heuchelei und Falsch-
heit wandelte, rührte von dem Rathe Ludwigs Xiv. her, der von einem
raschen Uebertritt Gefahr für den Thron und Schaden für seine eigenen In-
teressen fürchtete und darum die unbesonnene Kundmachung der Glaubens-
änderung Hintertrieb. Das Volk ahnte wohl, was in des Königs Herzen vor-
gegangen; Gewißheit erlangte es aber erst, als Karl bei seinem Tode die
katholischen Sterbesacramente nahm. Durch die Teftakte, welche festsetztc,
daß jeder, der ein Amt oder eine Militärstelle bekleide, der englischen Kirche
angehören müsse, suchte das Parlament den anglikanischen Glauben gegen
die Ränke des Hofs sicher zu stellen.
Die Erinnerung an die Härte der presbyterischen Geistlichen während seiner verhäng-
nißvollcn Jugendjahre, die Abneigung des genußsüchtigen Fürsten gegen die ascetische
Strenge der Puritaner, und das Bedürsniß, für ein wollüstiges und lastervolles Leben
eine leichte Absolution zu erlangen und durch eine kraftlose Buße den Fortgenuß
aller sinnlichen Freuden zu erkaufen — dies waren die Motive, die Karl Ii. dem Katholi-
cismus geneigt machten und ihn auf eine Bahn führten, auf der er Heuchelei, Doppel-
züngigkeit, Falschheit und Wortbrüchigkcit nicht vermeiden konnte. Die vor seiner Rück-
kehr erlassene Zusicherung der Gewissensfreiheit blieb unbeachtet, so lange die
englische Nation und ihre unduldsame Geistlichkeit ihren Zorn gegen die Puritaner
richteten, an denen sie die erlittene Schmach rächen wollten. Er duldete, daß die Uni-
sormitätsakte 2000 puritanische Geistliche ihrer Stellen beraubte und sie mit Weib
und Kind dem Elende Preis gab; und als diese bei ihren bisherigen Pfarrkindern Mit-
leid, Hülfe und Anhänglichkeit fanden und heimliche Bet- und Andachtsstunden anordne-
ten , wurden durch die C o n v en tikel-Akte alle religiösen Zusammenkünfte von mehr
als fünf Personen, wobei nicht das allgemeine Gebetbuch zu Grunde gelegt wäre, für
ungesetzlich und aufrührerisch erklärt und die Theilnehmer mit schweren Strafen bedroht.
Diese Eonventikel-Akte wurde auch nach Schottland ausgedehnt, wo das Episcopalsystem
in aller Strenge eingeführt und den gemäßigten Presbyterianern eine halbeduldung unter
dem Namen I n d u l g e n z gewährt wurde. „Aber cs gab viele ungestüme und entschlos-
sene Männer (sagt Macaulay), besonders in den westlichen Niederlanden, welche der Mei-
nung waren, daß die Verpflichtung, den Covenant zu halten, höher stehe als die Verpflich-
tung, der Obrigkeit zu gehorchen. Diese Menschen fuhren fort, im Widerspruch mit dem
Gesetz Versammlungen zu halten, und Gott auf ihre Weise zu verehren. Die Jndulgenz
14*
1673.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Karl Karl Ludwig_Xiv Ludwig Karl_Ii Karl Ludwigs Karl Karl Karl_Ii Karl Macaulay
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs England Ludwigs_Xiv Schottland
296
Das Revolutions-Zeitalter.
4. Juli
1776.
1776.
Herbst
1777.
15. Oft.
1777.
solchen Enthusiasmus für Freiheit und Demokratie, daß der junge,
reiche Marquis von Lafayelle und andere gleichgesinnte Edelleute in edler
Begeisterung übers Meer setzten, um Gut und Blut für den amerikanischen
Freiheitskampf zu wagen, durch welchen sie Rousseau's Ideale verwirklicht zu
sehen glaubten. Im Vertrauen auf diese in Frankreich herrschende Stim-
mung sprachen die Abgeordneten der 13 vereinigten Staaten die Unab-
hängigkeit der amerikanischenkolonien von England aus.
Diese von dem klugen amerikanischen Staatsmann Jefferson ausgearbei-
tete Unabhangigkeitserklarung stellte das Recht der Amerikaner in ein so helles
Licht, daß ihr Kampf in Europa allgemeine Theilnahme fand, daß sich aus ver-
schiedenen Landern freisinnige Männer ihrer Sache anschloffen (Kalb, Steu-
den, Kosciuszko, Laroche foucauld, die Brüder Lam eth, Rocham-
beau u. A. m.) und daß alle für Freiheit empfängliche Herzen dem Ausgange
eines Kriegs, den man als Kampf der Vernunft und Menschenrechte gegen ver-
jährte angemaßte Ansprüche betrachtete, erwartungsvoll entgegenschlugen.
Aber trotz dieser Sympathien, die selbst von den englischen Oppositions-
Häuptern Pitt, Fox u. A. getheilt wurden, und trotz der Anstrengung der
hochherzigen Führer des jungen Staats schien doch die Sache der Amerikaner
einen schlimmen Ausgang zu nehmen, als die englische Regierung Vertrage
mit mehreren deutschen Fürsten abschloß und ein großes Heer von Hessen,
Hannoveranern, Wald eckern u. a. auf schmähliche Weise durchwer-
der zusammengetriebenen und um Geld an England verkauften Deutschen
über das Meer geführt wurde, um ihre europäische Kriegskunst an den freien
Söhnen der neuen Welt zu erproben. Mit Mannschaft und Kriegsbedarf
aufs Beste versehen gelang es nunmehr dem englischen Feldherrn Ho w e sich
Neu-Porks zu bemächtigen und die Feinde aus den angrenzenden Provinzen
zu verdrängen, während andere Führer in Canada den Amerikanern, die
auch dieses Land zum Abfall zu bringen suchten und darum einige Truppen
dahin geschickt hatten, mit Glück widerstanden. Aber durch die Sorglosigkeit
Howe's, der im Winter seinen Vergnügungen nachging, glückte es dem wach-
samen Washington um Weihnachten unvermerkt über den gefrornen Dela-
ware zu setzen, eine Truppenabtheilung Hessen (bei Trenton) gefangen zu
nehmen und die Engländer (bei Princetown) zu schlagen. Die dadurch er-
langten Vortheile gingen zwar wieder verloren, indem Washington von dem
wackern englischen General Corn wa l lis am Flusse Bran dp wi ne be-
siegt und dann Philadelphia eingenommen wurde; aber die bald darauf
erfolgte Capitulation vor Saratoga, wodurch 7000 Mann englische
Truppen, die bisher unter Bourgoyne in Canada einen höchst beschwerlichen
Feldzug gemacht, nebst dem ganzen Kriegsvorrath in die Gewalt des ameri-
kanischen Generals Gates sielen, änderte die Lage der Dinge so sehr zum
Vortheil des jungen Freistaats, daß jetzt die Franzosen, welche die wachsende
Blüthe der englischen Colonien schon längst mit Neid und Aerger betrachtet
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Jefferson Kosciuszko
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Europa Hessen England Hessen Trenton Bran Philadelphia
290
Das Revolutions-Zeitalter.
und andere europäische Länder kennen gelernt, verfaßt wurde, ist in einem gemäßigteren
und ernstern Ton gehalten. Um so wirksamer waren die mit Ruhe und Klarheit niedcrge-
lcgten Lehren von einer vernünftigen Freiheit. Bei der Darstellung der verschiedenen Staats-
formen wird die r e p u b li k a n i s ch e als Ideal obenangestellt, die aber nur bei hoher Bür-
gcrtugcnd .möglich sei. Nach ihr kommt die c o n stitu tio n elle Verfassung Englands,
mit scharfer Trennung der drei Gewalten, der gesetzgebenden, ausübenden und
richtenden, und zuletzt die ab so l u t e, die leicht in D esp o ti e umschlage und als Ur-
sache aller Entartung und alles Sittenverderbs anzusehen sei. Dabei wurden das Gerichts-
verfahren, das Besteuerungswesen und andere in Frankreich herrschende Mißstände stark
gerügt und das Fehlerhafte in der Regierungsweise aller Staaten des europäischen Fest-
landes hcrvorgehoben, Religion und Kirche dagegen mehr geschont als in den persischen
Briefen.
Rousseau. Den größten Einfluß auf die Umgestaltung der Ansichten und Meinungen
seiner Zeit, hatte I o h. I a k. R o u s s e a u. Er war in Genf geboren und zu dem Gewerbe
seines Vaters, eines Uhrmachers, bestimmt, entfloh aber der Strenge seines Lehrmeisters
und führte von dem an ein vielbewegtes, erfahrungsreiches Leben, bald in Savoyen und
Oberitalien, bald in Paris oder in der ländlichen Stille von Montmorenci, bald als ver-
folgter Flüchtling auf der Petersinsel im Vieler-See, im Neuenburger Kanton unter dem
Schutze Friedrichs Ii., in England bei dem Geschichtschreiber Hume, bis er, gedrückt von
Schwermuth und Lebensüberdruß, plötzlich aus dem Gute eines seiner Verehrer unweit
Paris starb. Er selbst hat alle Umstände seines äußern und innern Lebens in seinen Be-
kenntnissen mit seltener Offenheit und Aufrichtigkeit der Welt dargelegt, eine Lebensge-
schichle, die um so wichtiger ist, als sich die Richtung seiner Ansichten daraus erklären läßt.
Frühe seiner Mutter beraubt erhielt er eine mangelhafte Erziehung. Er las mit seinem
Vater eine Menge von Romanen ohne alle Auswahl, wodurch sein Gefühl überreizt, seine
Phantasie mit unwahren und idealen Gebilden angefüllt wurde, indeß sein Geist ohne ge-
diegene Kenntnisse und echte Belehrung blieb. Durch seine Geburt und Erziehung war er
an Einfachheit, an bürgerliche Zucht gewöhnt und blieb daher sein Leben lang ein Feind
des Luxus und der Ungleichheit der Güter. Aus seinen Wanderungen sah er den Druck der
Armuth, die Mißhandlung der dienenden und arbeitenden Klasse durch die Reichen und
Vornehmen, und sein Gemüth empörte sich über diese Ungerechtigkeit. Die bürgerlichen
Zustände mit ihrer Standesverschiedenheit und den großen Unterschieden des Ranges und
Vermögens kamen ihm verkehrt und unnatürlich vor; er fand die Ursache dieser Gebrechen
in der gesteigerten Civilksation und stellte daher in seinen zwei ersten Schriften die Künste
und Wissenschaften als die verderblichsten u n b unheilvollsten Güter
der Menschheit dar. Ein eingebildeter Naturzustand wurde von ihm als die Heimath
der Freiheit und der Unschuld gepriesen und nur in dem Rückgänge zu diesem und in der
Abschüttelung aller Fesseln, die Bildung , Erziehung und Gewohnheit geschlungen, sah er
das Heil der Welt. In einem andern Buche, dessen Grundsätze auf den Gang der franzö-
sischen Revolution vom größten Einflüsse waren, in dem Gesellschastsvertrag (contrat
social) stellt er die Gleichheit aller Menschcn als Bedingung jedes Staats dar und
findet nicht wie der von ihm bekämpfte Montesquieu in einer constitutionellen Verfassung,,
sondern in der völligen Demokratie mit gesetzgebenden Volksversammlun-
gen die würdigste Staatsform und in dem leiblichen Wohlbefinden des Volks den höchsten
Zweck des Staats. — Wie Rousseau hierin die bestehenden Regierungsformen erschütterte,
so in seinen berühmtesten Werken: die neue Heloise und Emil die Sitten, Gewohnhei-
ten, Lebensweise und Erziehung der damaligen Zeit. In dem erster« schildert er in poeti-
scher Sprache und in der Form eines in Briefen geschriebenen Romans die Vorzüge eines
sentimentalen Naturlebens vor den verschrobenen Verhältnissen der Wirklichkeit und durch
das letztere suchte er eine auf Natur und Elternliebe beruhende vernünftige Erziehung zu
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Englands Frankreich Genf Oberitalien Paris Montmorenci Vieler-See Friedrichs England Paris
476
Neuere und neueste Literatur des Allslandes.
nalen Wiedergeburt, daher auch die französischen Republikaner Anfangs mit freudiger Be-
geisterung ausgenommen wurden, bis sich die Italiener überzeugten, daß das geträumte
Glück und die ersehnte Freiheit nicht durch fremde Bajonette gebracht würde. Doch blieb
die französische Herrschaft nicht ohne wohlthätige Folgen; sie beförderte den Aufschwung
der Nation, der auch noch fortdauerte, als Napoleon's Machtherrschaft gebrochen war und
die auf dem Wiener Congreß geschaffenen Einrichtungen die geistigen und nationalen Re-
gungen niederhielten. Und an diesem Aufschwung hatte die Literatur keinen geringen An-
theil. Die neue Romantik, die auf die große Zeit des italienischen Mittelalters hinwies,
"eepardi belebte das Nationalgesühl und die vaterländische Gesinnung. Der klassisch gebildete Graf
1798— Giacomo Leopardi aus dermark Ankona, Platensfreund und Gesinnungsgenosse, gab in
J83/' seinem „Canto an Italien" und in seinen Betrachtungen über ein dem Dante zu errichten-
des Monument diesen Gefühlen Worte, daher auch das Gedicht mit der größten Begeiste-
rung ausgenommen wurde. Noch kräftiger und schwungvoller war sein „Canto an Angelo
Mai, als er Cicero's Bücher de republica aufgefunden hatte", ein Gedicht, das zu den
edelsten Erzeugnissen der italienischen Lyrik gehört, in welchem der Dichter seinem gepreß-
ten Herzen über die traurige Lage seines Vaterlandes und über die Entartung der Zeit-
genossen in klagenden und zürnenden Worten Lust macht und zugleich durch die Hinweisung
auf eine ruhmreiche Vergangenheit Muth, Stolz und Selbstvertrauen zu wecken sucht.
Sein an hellenischer Weisheit und römischem Republikanismus genährter Geist wurde
Siiccotinii>ur^ ^en äußerer Verhältnisse wenn auch niedergebeugt, doch nicht gebrochen. Giov.
geb. 3!. Battista Niccolirii aus der Umgebung von Pisa, als Professor und Bibliothekar in Flo-
renz wohnhaft, hat durch seine Trag ödien aus der vaterländischen Geschichte zur Er-
weckung des Freiheitssinnes und Nationalgefühls' wesentlich beigetragen. In seinen ersten
der alten Geschichte und Mythologie entlehnten Stücken (Polyxena, Medea und Oedipus
u. a.) trat er in Alsieri's Spuren, erlangte aber erst Ruhm und Beifall, als er sich der
Romantik zuwandte und in „Antonio Foscarini"; „Giovanni da Procida;" „Ludovico
Moro"; „Filippo Strozzi" und besonders in seinem gepriesenen „Arnaldo da Brescia"
vaterländische Stoffe mit Freimuth und patriotischer Gesinnung behandelte. Silvio
^elli'co Pellico aus Saluzzo, eine weiche, elegische Natur, erwarb sich zuerst dichterischen Ruhm
geb. 1789. durch seine Tragödien, unter denen die dem Dante entnommene „Francesca da Rimini"
die vorzüglichste ist. Von Foscolo's Dichtungen angeregt widmete er dann seine Kräfte den
vaterländischen Bestrebungen und gründete zu demzweck in Mailand eine Zeitschrift, mußte
aber, gleich dem Dichter Mar on celli, für seinen Freimuth und seine nationale Gesinnung
lange Jahre unter den Bleidächern von Venedig und in den Kerkern des Spielbergs büßen.
Die Leiden seiner zehnjährigen schrecklichen Gefangenschaft hat er selbst in dem vielgelesenen
Bliche „meine Hast" (Io wie prigioni) rührend und anziehend dargcstellt. Gebrochen an
Körper und Geist erlangte er endlich seine Freiheit, aber seine ergreifenden Schilderungen
Berchct steigerten in feinen Landsleuten die Sehnsucht nach Erlösung von dem entsetzlichen Drucke.
+ 185j>Cc ®toüann' Berchet, geboren zu Mailand gegen das Ende der achtziger Jahre, gehörte mit
S ilv io P e ll i c o, T o m aso G r ossi (Verfasser des durch Wahrheit dercharaktcrzeich-
nung bedeutenden Gedichtes „die Lombarden beim ersten Kreuzzug") und Andern zu dem
»jungen Italien," dessen Ansichten in der Zeitschrift „Conciliatore" verbreitet wurden. Nach
der gescheiterten Revolution von 1820—21 traf ihn ein langjähriges Exil, das er abwech-
selnd in Frankreich, Belgien, England verlebte. Auch in Bonn und Berlin hielt er sich
eine Zeitlang aus, im Umgang mit dem aus gleicher Veranlassung verbannten Marchese
Arco na ti Visconti, mit welchem er auch, als gegen Ende der dreißiger Jahre mildere
Ansichten bei der östreichischen Regierung vorwaltcten, nach Italien zurückkehrte. Seine
politischen Gedichte, die den Geist des Carbonarismus athmen, fanden in der Folge unter
veränderten Zeitereignissen wenig Beachtung; dagegen gehört die erzählende Dichtung „die
Flüchtlinge von Parga," worin in Romanzcnform der heldenmüthige Untergang
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
478
Neuere und neueste Literatur des Auslandes.
Generalcommandant von Sicilien, seiner konstitutionellen Ansichten wegen als
Staatsgefangener nach Brünn gebracht, wo seine sonst felsenfeste Gesundheit zu
schwinden begann, so daß man ihm endlich gestattete, die letzten Jahre seines Lebens
in Florenz zuzubringen. Hier verfaßte er die treffliche „Geschichte des Königreichs
Neapel von 1734—1825", die aber erst nach seinem Tode herauskam. Die Ge-
Amciri. schichte der „si ci li a ni sch en Vesper" von Mich. Ama r i schien der neapolita-
nischen Regierung so gefährlich, daß der Verfaffer sich den ihm drohenden Ver-
folgungen durch die Flucht entziehen zu muffen glaubte.
B. England (vergl. §. 557 f. §. 670). In der zweiten Halste des
18. Jahrhunderts machte sich die englische Literatur allmählich frei von dem
französischen Einfluß und Regelzwang, und kehrte wieder zu ihrer nationalen
Eigenthümlichkeit und zu den einheimischen Stoffen und Dichtern zurück. Auf
diese Wendung des Geschmacks übte die neue Romantik, der sich auch England
nicht zu entziehen vermochte, einen großen Einfluß, aber der gesunde, jeder Ueber-
treibung widerstrebende Sinn der Nation bewahrte die Literatur vor der krank-
haften Entartung, in welche die französische und deutsche Romantik verfiel. Das
Zurückgehen auf die Vergangenheit hatte in England zunächst die Folge, daß man
das Mittelalter mit seinem poetischen Reichthum dem jüngern Geschlechts nahe zu füh-
ren suchte, indem man die alten Balladen und Volksdichtungen sammelte
(Macpherson'sossian; Th. Percy's Volksballadenu.a. m.) oderinroma-
nen und geschichtlichen Schilderungen das Leben der untergegangenen Welt in allen
seinen Erscheinungen zur Anschauung brachte, daß man den während der Herrschaft
des französischen Geschmacks ganz vernachlässigten Dichtungen Shakespeare's
wieder die gebührende Anerkennung zollte, zumal seitdem man in Deutschland
diesen Dichterhelden so hoch stellte und der große englische Schauspieler David Gar-
rick (1716—1779)durch sein meisterhaftes Spiel der Nation die ganze Tiefe und
den unendlichen Reichthum der Shakespeareschen Dramen zum Verständlich brachte.
Am ersten ging man von dem französischen Geschmack in Schottland
ab, wo überhaupt die conventionelle Poesie die heimische Volksdichtung nie ganz
zu verdrängen vermocht, und wo eine reiche Fülle von volksthümlichen Geschich-
ten, Sagen, Balladen und Liedern sich von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt
hatte. Eine Reihe von schottischen Dichtern, zum Theil den untern Ständen an-
gehörig, setzten der englisch - französischen Kunstpoesie eine einfache, gemüthvolle
Naturdichtung entgegen; die reiche Natur und das sinnige Seelenleben des Volks
sowohl in der Wirklichkeit als in den alten Nationalgesängen, war die unversieg-
bare Quelle ihrer literarischen und dichterischen Thätigkeit. Der erste, der diese
Bahn einschlug, war Allan Ramsay, Anfangs Perückenmacher, dann Buch-
händler in Edinburg; er dichtete in schottischer Mundart ein Hirtenspiel (,,the
gentle shepherd“) voll treuer und lebendiger Naturschilderung und sammelte
viele altschottische Lieder. Sein Beispiel wurde nachgeahmt von dem unglücklichen
Ferqussonin Folge einer Gehirnerschütterung im Jrrenhause jung gestorbenen Rob. Fer-
1/51—74. guffon, in dessen schottischen Gesängen sich ein innig poetisches Leben kund
^^E^'gibt und von Lady Anna Barnard, ged. Lindsay, in der schönen Ballade „der
1750 — alte Rob in Gray." Aber der eigentliche schottische Nationalsänger und Volkslieb-
Burn's ling war Rob. Bur ns, ein armer Bauer aus der Grafschaft Ayr. Die drücken-
175s-96. den Verhältnisse, unter denen er sein ganzes Leben hindurch zu leiden hatte, ver-
mochten das angeborene poetische Talent nicht zu ersticken, doch hemmten sie seinen
Flug und füllten seine lebensfrohe, musikalische Natur mit Schwcrmuth und
Kummer. Seine irr zahllosen Ausgaben und Uebersetzungen verbreiteten Gedichte
sind echte Naturlaute voll Wärme, Frische und Klarheit und von einer Mannich-
Schott-
land.
Ramsay
1686 —
1758.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: David_Gar- David Allan_Ramsay Anfangs_Perückenmacher Anna_Barnard Ramsay
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Florenz England England England Deutschland Schottland Edinburg Volkslieb-
Burn's Schott-