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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 12

1901 - Glogau : Flemming
— 12 — man hat den kolossalen Palast, nachdem er seiner ursprünglichen Be- stimmung gedient hatte, in weit vergrößertem Maßstabe wieder in Sydenham aufgebaut, um die Kühnheit des imposanten Baues zu ver- ewigen. Dort bleibt er nun dem staunenden Blick der Bewunderer- modernster Architektur erhalten und ausbewahrt. Die hohen Türme der Notredamekirche in Paris könnten sich recht gut unter dem Mittel- teil des Palastes bergen, und als das Handeltest in London gefeiert wurde, haben in dem Gebäude 30000 Zuhörer Platz gesunden. England hat in dem eben abgelaufenen Biktorianischen Zeitalter des 19. Jahrhunderts den Höhepunkt seiner glänzenden Entwickelung gehabt, und es ist eingetroffen, was Thomson in der ersten Hülste des 18. Jahrhunderts in dem Liede sang, das seitdem das berühmte englische Nationallied Rule Britannia geworden ist: thy cities shall with commerce shine All thine shall be the subject inain And eyery shore it circles, thine.1 Das Charakteristische ist, daß die Engländer zum größten Teil ein städtisches Leben sichren. Großbritannien, das eine kolossale Volksdichte besitzt, hat von seinen ca. 40 Millionen Einwohnern ein Drittel in den 24 Großstädten wohnen, und ebenfalls nur ein Drittel in den Landorten. Jeder siebente Engländer endlich ist Londoner, und damit kommen wir auf dieses Unikum im Weltenrund zu sprechen, von dem der Franzose sehr richtig gesagt hat: Londres n'est plus une yille, c'est une province couverte de maisons. lind diese ganz singuläre Bedeutung verdankt London seiner einzigartigen Lage; es ist die ,,Schifssstadt" (von dem eeltischen lhong Schiff), und schon Tacitus muß es nennen eopia ns^otiatoi-uni et comineatiium celebre, berühmt durch die Menge der Kausleute und den Handelsverkehr. Die ganze Fläche der Stadt umsaßt über 5 ^M., also etwa so viel wie das ganze Fürstentum Reuß ä. L., und daraus stehen die Häuser — so viel wie in der ganzen Lombardei —, von der mansion des Adligen bis zur cottage des Arbeiters. So ist es in Wahrheit das caput et compendium totius regni, wie es die alten Geographen nannten, und zwar spiegelt es in seinen einzelnen Stadtteilen die Zustände und Lebensäußerungen des gesamten Königreichs wieder. In Westminster und Westend ist es der Sitz des Hoses und des Parlaments, in der City vereinigt es den Großhandel, in South- wark ist es Fabrikstadt und in Eastend der erste Seehasen des Landes, der mehr Kaussahrteischisfe besitzt als ganz Frankreich. Natürlich sehten auch nicht die Schattenseiten einer so riesigen Menschen- * „Der Städte Pracht vor Handel glänzt, Ja dir nur lauscht das Meer — dir nur, Und jeder Strand, der es umkränzt!" in der Nagelschen Ubersetzung.

2. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 73

1901 - Glogau : Flemming
— 73 — spricht, und von diesem inneren Kerne aus wachsen strahlenförmig die Vorstädte (faubourgs) ins Land hinaus. Der größte Schmuck der Stadt ist der Ring mit seinen heutigen Palästen. Es ist dies der eingeebnete alte Mauergürtel mit dem Glacis, und der Name der schönsten und lebhaftesten Straße in Wien, der Graben, erinnert noch an die frühere Bestimmung. Hier auf dem Ringe reiht sich nun Prachtgebäude an Prachtgebäude; das Parlamentshaus, das Hofburgtheater, das Opernhaus und berühmte Kirchen legen Zeugnis ab von dem technischen Geschick und dem künstlerisch veredelten Ge- schmack der Wiener Architekten. Berlin hat ja Wien an Einwohner- zahl überflügelt; aber es ist doch ein ganz neuer Eindruck, ein Ein- blick in das Weltgetriebe, wenn man das Wiener Straßenleben be- obachtet. Berlin hat vorwiegend norddeutsches Gepräge, in Wien treten uns alle die orientalischen Kostüme entgegen, und wir merken, daß wir hier an der Grenzscheide stehen, wo Occident und Orient sich berühren. Wenn Schiller von der Donaustadt dichtete: mich umwohnt mit glänzendem Aug' das Volk der Phäaken, immer ist's Sonntag, es dreht immer am Herd sich der Spieß — so hat er wirklich den leichtlebigen Sinn des Wiener Bölkchens auss trefflichste gezeichnet. Als auf dem Wiener Kongresse nach den Frei- heitskriegen die ernsten Arbeiten der Neuordnung der Welt über- wuchert zu werden schienen von endlosen Festen, Redouten und Schmausereien, sprach man von „einem Capua der Geister", und diese einlullende, vergnügungssüchtige Atmosphäre hat Wien bis auf den heutigen Tag bewahrt. Zwischen der Stadt und der Donau liegt der berühmte Prater, ein Luftwald, ähnlich dem Berliner Tier- garten. Hier beobachte man das Völkchen, entweder am Praterfest des 1. Mai oder auf den Abgrenzungen des „Wurstelpraters"; man wird erstaunen über die ungenierte Lebenslust, das frohbewegte Treiben und die schallende Fröhlichkeit. Mitten in der Stadt liegt der Stephans- dom mit seinem berühmten Turme, der lange Zeit als höchstes Vau- werk der Welt galt. Man hat gespottet, daß das Äußere doch etwas plump erscheint und daß man wohl durch übereinander getürmte Steine das Martyrium des Heiligen habe andeuten wollen; Ste- phanus wurde nämlich gesteinigt. Aber es ist doch ein Gotteshaus von imposantester Wirkung und mit der Geschichte der Stadt und des Staates auss innigste verslochten. Hier stand Rüdiger von Stahremberg, um die Zeltlager der Türken zu durchmustern, hier wurde gegen die Türken der Kreuzzug gepredigt, und welche Wirkung volkstümliche Predigt haben konnte, sehen wir an dem Wirken des Abraham a Santa Clara, der den Wienern vom Höchsten bis zum Geringsten mächtig das Gewissen rührte. — Wien ist eine wichtige Station der Dampfer, die jetzt nach den Sprengungen im Eisernen

3. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 74

1901 - Glogau : Flemming
— 74 — Thor den ganzen Donaufluß befahren, und man kann sich denken, wie Handel und Perkehr sich an dieser wichtigen Erdstelle konzentriert. Die Industrie ist darum in der Stadt auch großartig entwickelt, und z. B. die Wiener Shawls haben seit alter Zeit ihren Weltruf be- hauptet. Weltruf haben ferner die kostbaren Sammlungen Wiens und die medizinischen Kollegien und Anstalten der uralten berühmten Universität; kurzum man fühlt es dem Österreicher nach, wenn er voll Stolz singt und dichtet: es giebt nur a Kaiserstadt, es giebt nur a Wien! Und nun erst die Umgebungen der Stadt! Bis mitten in die Stadt sollen der Sage nach die Ausläuser der Alpen hineingereicht haben, und da steht als Merkpsahl „der Stock im Eisen", das Wahr- zeichen der Handwerksgesellen. An die Vorhöhen der Alpen hinan ziehen sich Villen, Lustorte, Schlösser und Klöster. Schönbrunn, Laxenburg und Hietzing sind bekannte Namen, und in diesen para- diesischen Stätten haben mit Vorliebe die depossedierten Fürsten ihre Wohnsitze genommen, sowohl die italienischen, wie die Bourbons und Estes, als auch die deutschen, wie die Familie des früheren Königs von Hannover. Die Wiener unternehmen in Extrazügen oft eintägige Ausflüge nach Mürzzuschlag; wir wollen sie begleiten. Zunächst durchfährt der Zug das schöne und reiche Österreich und kommt dann nach Steiermark. Hier lernen wir den Anziehungspunkt der ganzen Reise kennen, nämlich den Semmeringpaß. Der Semmering ist nicht hoch (980 111), und in jenen älteren Tagen begnügte man sich damit, diese Berghindernisse in endlosen Serpentinen zu ersteigen, während man heute den Tunnelbau vorgezogen hat. Am Fuße des Berges sieht man den höchsten Punkt bei Gloggnitz eigentlich ganz nahe und deutlich vor sich liegen; es dauert aber noch zwei Stunden, ehe man über Viadukten und in stetiger bedeutender Steigung den Gipfel des Berges erklommen hat. Aus den Stationen werden Sträuße von Edelweiß seilgeboten, und man empsängt in ihnen den ersten Alpen- grüß. In Mürzzuschlag kann man recht das muntere Treiben der Steiermärker beobachten; die überschäumende Lebenslust tobt sich in Jodlern, Gesängen und lebhasten Tänzen aus, und der Norddeutsche wird dessen inne, daß hier doch ein anderer Menschenschlag wohnt wie zu Hause unter dem bleiernen Himmel und bei der kümmerlicheren Vegetation. Grün ist die Steiermark durch ihre Wiesen, grün der Anzug des Steirers, grün und freudig seine Lebensführung. Die Hauptstadt des Landes ist Graz an der Mur. Der Franzose macht hier ein witziges Wortspiel und spricht von der ville des graces sur la riviere de Tamour. Die Stadt mit ihrer Universität ist eine wackere Vertreterin des Deutschtums. Bald hinter Graz beginnt dann

4. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 86

1901 - Glogau : Flemming
— 86 — Deutschen, ein musikalischer Sinn und eine Begabung und Leiden- schastlichkeit in der Ausübung musikalischer Fertigkeiten, daß diese Allgemeinheit der Musikempfänglichkeit ganz ohnegleichen dasteht. Ter Jodler in den Alpen, der Tiroler mit der Zither, der ungarische Zigeuner mit der Geige, das böhmische Harsenmädchen verraten eine ^ Liebe zur Musik und eine staunenswerte Begabung, daß der Fremde wie vor einem Wunder steht. Es ist, als wenn der ganzen Nation noch ein besonderer sechster Sinn für die Anempsindung und An- Passung an Naturlaut und Naturweben eigens angeboren wäre, wie man denn beim Jodeln darauf hinweisen will, daß es besonders der Erweckung des Echos angepaßt sei und daß sozusagen „Straußsche Walzer als die verklärten Töne des Jodelns" erschienen. Wiederum sind die ungarischen Tänze und Czardas ein ganz eigenartiges Musik- stück mit ihrer bald schwermütigen Melodie und ihren bald in rasenden Rhythmen dahineilenden Kadenzen. — Es ist naturgemäß, daß es bei einem so musikalischen Volke auch an gottbegnadeten Musikern und Komponisten nicht gefehlt hat, und so ist denn Wien zu- nächst ausgezeichnet durch die drei großen Klassiker Haydn, Mozart, Beethoven, denen Berlin jetzt ein gemeinsames Gruppendenkmal setzen will. Beneidenswertes Land, in dem drei solcher Geister wohnen und sich glücklich sühlen konnten, und beneidenswertes Europa, dem drei solcher musikalischen Schöpfungen beschieden wurden, wie die Schöpfung, der Don Juan und die Beethovenfchen Symphonieen! Wir sind dem Staate und Volke, das solche Geister sein eigen nennen durfte, ewigen Dank schuldig. . Und nach diesem Dreigestirn kompo- nierte Franz Schubert noch seine Lieder! Wenn Schiller von den Schöpfungen des wahren Künstlers dichtet: Nicht der Masse qualvoll abgerungen, Schlank und leicht, wie aus dem Nichts gesprungen Steht das Bild vor dem entzückten Blick — so war bei diesen Künstlern von Gottes Gnaden die Forderung des Dichters erfüllt. Noch in blutjungen Jahren warf Schubert in größter Eile eine Komposition aus das Papier, und ohne daß er nachher nötig gehabt hätte, daran zu feilen oder Takte zu ändern, ist so der unsterbliche „Erlkönig" der Nachwelt geschenkt. Und des- gleichen hat Mozart seine Ouvertüre zum Don Juan erst kurz vor der Ausführung hastig komponieren müssen, so daß die Orchestermitglieder sie noch von den nassen Blättern extempore spielten, und wieviel Herzen haben sich heute an diesen meisterhaften Klängen erfreut! So hat jedes Volk seine Vorzüge und seine geniale Beanlagung, und aus dem Zusammenklange dieser Kulturthaten ist das erwachsen, was wir heute unsere abendländische Civilisation nennen.

5. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 29

1901 - Glogau : Flemming
— 29 — gleichen. Übrigens wurde von Calais aus das erste Kabel im pas de Calais 1850 gelegt. Westlich von den eben genannten Provinzen kommen wir an eine hochinteressante Landschaft, das Mündungsland der Seine, die Normandie. Dies Land erinnert an die nordischen Vikinger des 9. und 10. Jahrhunderts, denen endlich Karl der Einfältige diesen Küstensaum abtrat, um ihren Räubereien Maß und Ziel zu setzen. Die nordischen Söhne wurden bald zu Franzosen, lassen aber noch immer durch ihre Körpergröße und ihre gelben Haare die einstige Herkunft erkennen. Von hier zogen die unruhigen Krieger nach England und Unteritalien auf Eroberungen aus und bilden mit ihren Seeexpeditionen und ihrer Gabe, sich überall als einflußreichstes Ve- Völkerungselement festzusetzen, eine der interessantesten Episoden des Mittelalters. Die Normandie spielt übrigens, wie man das sehr glücklich verglichen hat, der Jsle de France gegenüber mit Paris dieselbe Rolle, wie etwa Pommern im Verhältnis zu Brandenburg. Für die sehlenden Reben und den Traubensaft entschädigen sich die Bewohner durch ihre schönen Obstweine, den cidre (Apfel-Wein) und Birnen-Wein (poire). Die Klippenreihe Calvados, die sich an der ttitste entlang zieht, will man von einem Schiffe der berüchtigten spanischen Armada herleiten, das hier 1588 gescheitert sein soll. Neben der Normandie liegt die Bretagne, ein merkwürdiges Land, das immer ein Sonderdasein geführt hat. Es hieß ja in alten Chroniken Britannia cismarina, ist von den Briten der gegenüber- liegenden Küste besiedelt und hat sich bis aus den heutigen Tag in seiner celtischen Ursprünglichkeit erhalten. Auch geologisch finden wir hier Besonderheiten. Es enthält ein altes Rumpfgebirge, dessen höchster Punkt aber kaum 400 m übersteigt. Die übergroße Feuchtig- keit erzeugt hier eine kräftige Vegetation, die im Verein mit den grotesk ins Meer vorspringenden und ausgezackten Steilküsten dem Lande einen eigenen romantischen Zauber verleiht. Fast überall kann man die Druidensteine und Dolmen beobachten, die kräftigen Bauern haben etwas Verstecktes, lieben aber leidenschaftlich den Tanz, den sie abends in den Schenken nach dem Vimu oder Dudelsack ausführen.1 Was die Geschichte des Landes betrifft, so waren die Bretonen früher berüchtigte Seeräuber. Auch lebten sie vom Strandrecht und scheuten sich nicht, durch irreleitende Feuer die Schiffe absichtlich ins Ver- derben zu locken. Ihre abgeschlossene Sinnesart ließ sie am Alten hangen; deshalb wollten sie in der Revolutionszeit auch nichts von der neuen Völkerbeglückung hören. Unter ihrem Führer Chouan (= Chat huant, Eule, daher sie selbst Chouans genannt), leisteten sie tapferen Widerstand und waren auch 1813 und 1815 noch immer ' Man zeigt auch noch den Wald Brasilian, bekannt aus der Artussage.

6. Band 1 - S. 81

1900 - Glogau : Flemming
Der Sternenhimmel nut> unser Sonnensystem. ^l^as Zwanzigste Jahrhundert hat begonnen, und wenn dein vorauf- gehenden durch die Bevorzugung der ideellen und humanistischen Wissenschaften die Signatur ausgeprägt war, hat es allen Anschein, als ob bei dem gegenwärtigen Säkulum die Erstndungen der Technik und der experimentellen Erfahrungen die vornehmste Rolle über- nehmen werden. Das voraufgehende Jahrhundert war groß in der Ausgabe von Büchern — jährlich rechneten z. B. die deutschen Buch- händlerkataloge über 15000 Nummern — und in der Riesenzahl der Zeitungen; das gegenwärtige sucht seinen Vorgänger zu über- trumpfen und verewigt nicht nur den toten Buchstaben, sondern gal- vanisiert sozusagen die abgeschiedenen Menschen, so daß ihr Gebärden- spiel im Kinematographen für alle Zukunft festgehalten ist und der Tonfall und Klang der Rede noch nach Jahrhunderten vermittelst des Phonographen fast gespensterhast das Ohr des Hörers trifft. Gleichwie in der alexandrinischen Bibliothek unzählige Rollen die Säle füllten und den Wissensstoff der vorangegangenen Geschlechter ausspeicherten, wird man in Zukunft Tausende und aber Tausende von Walzen nebeneinander lagern, und die Neugier der Nachkommen kann sich den Genuß verschaffen, durch Einstellung derselben in die akustische Maschine die Reden unserer Parlamentarier, die Vorträge der Koryphäen der Wissenschaft, die Arien berühmter Sänger rc. sich einfach reproduzieren zu lassen. Wenn man weiter die Perspek- tive verfolgt, die sich an die Entdeckung der flüssigen Lust und ihrer in Aussicht gestellten Benutzbarkeit als Vewegungsmittel und Ex- plosivstoff knüpft, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es schließlich doch noch gelingen wird, die Kraft irgendwie aufzuspeichern und sie wie eine Ware in beliebigen Quantitäten zu verkaufen, — so schwin- delt es uns fast bei diesem Zukunstsbilde stets sich erneuernder Entdeckungen, stets sich wandelnder Bedingungen äußern Daseins und materieller Wohlfahrt, und mehr denn je wird der Spruch des alten Philosophen zur Wahrheit navra gel. In dieser stets fluk- tuierenden Bewegung der äußeren menschlichen Geschicke sehnt sich H anncke, Erdkundl. Aufsätze. u

7. Mit einem Titelkupfer - S. 124

1821 - Stuttgart : Steinkopf
Stille Ergebung festes Vertrauen auf die Vorsehung, besonders in sol- chen Fällen, wo menschliche Kräfte nicht ausreichen. Bey diesem Vertrauen machte ihm seine zahlreiche Fa- milie keinen Kummer, wenn er dachte, daß er vielleicht frühzeitig von ihr durch den Tod getrennt würde: wie er denn auch nur ein Alter von 44 Jahren erreichte. 89. Philipp von Morn ay(Mornäh), Französischer Staats-Minister, der nicht nur als Krieger, Staatsmann und Gelehrter, sondern auch als der aufgeklärteste und tugendhafteste Christ gleich groß und liebenswürdig war, verlor bey der Belagerung von Geldern im I. i6o5. seinen einzigen Sohn, und im folgenden Jahre seine geliebte Gattin. Der erste Schlag zwang ihn, wie er sich ausdrückte, zum Schreien, und der andere machte ihn ganz sprachlos. Seine Gott-Ergebenheit siegte aber doch zuletzt über die Natur, und statt sein Leben un- thätig zu verscufzen, widmete er es jetzt von Neuem ganz dem Dienste seines Vaterlandes. Der Tod seines guten Königes, Heinrich Iv. im Jahr i5io, beraubte ihn nicht nur seiner Statthalterschaft, sondern auch aller Gelegenheit, dem Vatcrlande ferner nützlich zu seyn. Er verlor sogar auch das einzige noch übrig gehabte Vergnügen, seine Bibliothek. Als ein christlicher Weiser drückte er sich über diese äusserste Kränkung also aus: „Man redet viel von meinen Verdiensten um den Staat, behandelt mich aber dabey auf eine ganz entgegengesetzte Weise. Jedoch, ich habe mich längst daran gewöhnt, alle Belohnung in mir selbst zu suchen, und überdicß nahet ja die Zeit heran, da ich sie auch bey Gott finden werde." Nur die Bedrängniffe seiner Glaubens-Genossen, die immer mehr zunahmen, hielten ihn noch in seinem undankbaren Vaterlaude zurück, daß er nicht in England odlr Holland diejenige Ruhe suchte, welche man ihm wetteifernd anbot. Er fand sie im Jahre 1623. b^y Gott,

8. Theil 3 - S. 51

1821 - Stuttgart : Steinkopf
V aterlands - Vertheidiger. 5a genug da zum Löschen. Näherte der Feind sich den Wäl- len, oder machte irgendwo eine wichtige Anstatt, so war alles voll Eifer, den Feind anzufallen, sein Unternehmen zu vereiteln, und ihn zu verjagen. Oesters wurden Aus- fälle zu Lande gemacht, vornehmlich unter Ylefeldts und Gyldenlöwes Anführung, wobey die Studenten eine Tapferkeit zeigten, die ihnen Ehre machte, so wie auck zu Wasser unter Anführung der wackern Seehelden Helt und Bretahl, welche bey Nacht auszogen, nnv eine Menge Schiffe, die bestimmt waren, Schwedische Völcker nach Amack hinüber zu bringen, verbrannten und versenkten. Der König selbst gieng umher, ermunterte, gab Befehle und belohnte, wen er am arbeitsamsten und beherztesten sah. Er ließ sich ein Zelt bey dem Osterthore aufschlagen, worin er Nachts schlief, und seine Mahlzeit einnahm, welche nicht besser als die des gemeinen Mannes war. So verstrich der erste Monat der Belagerung. Man arbeitete, um der Gefahr zu begegnen, und kämpfte ge- gen die Unfälle, stets in der Hoffnung, daß die Holländi-« fche Flotte zu Hülfe kommen werde. Im folgenden Mo- nate aber wuchs Pie Noth, und die Hoffnung nahm ab. Die Festung Kronburg (einer von den Schlüsseln Däne- marks) wurde erobert, und also der Sund noch mehr ge- sperrt. Die Lebensmittel, die nie im Ueberflnsse vorhan- den gewesen waren, wurden nun selten und theuer. Ein Theil des zu Kronburg dem Feinde in die Hände gefalle- nen Geschützes wurde von dort abgeführt, und gegen Koppenhagcn gerichtet, um das Feuer zu verdoppeln; der andere Theil desselben wurde in Bereitschaft gehalten, alle die Schiffe damit zu beschießen, welche, um der Stadt Lebensmittel zu bringen, durch den Sund gehen wollten. Es schien nun fast unmöglich, daß die Holländische Flotte glücklich hindurch kommen könnte. Gleichwohl dauerten Muth und Kraft, noch innerhalb der Wälle Kopenhagens fort. Immer noch war alles auf der Hut, Alle wie zuvor für^s allgemeine Beste eifrig besorgt. Die Reichen schon- ten nichts von dem, was sie über die Nothdurfl hatten, /, *

9. Bd. 2 - S. 349

1863 - Stuttgart Calw : Vereinsbuchh. [u.a.]
§'12. Kunst u. Wissenschaft im 12. n. 13. Jahrh. 349 luil gcii lied für daö größte Epos des deutschen Volkes. Meine werthen Leserinnen werden aber doch, fürchte ich, keinen rechten Geschmack daran finden, denn es kommt gar zu Arges und Gräßliches darin vor. Ein liebliches Gegenstück ist „das Lied von Gud- run," einer Friesischen Königstochter, gleichfalls von einem unbekannten Verfasser. Da sehen wir statt einer stolzen, wilden, schrecklichen Kriemhild ein edelweibliches, demüthigduldendes, feste Treue haltendes Frauenbild. Die „Gudrun" ist gewiß eine der schönsten Blumen im deutschen Dichtergarten. Walther von der Vogelweide hat nur lyrische Gedichte verfaßt, aber vortreffliche, und darin namentlich auch die Ehre des deutschen Vaterlands und die Herrlichkeit der Kirche gepriesen. Er meint aber nicht die Kirche, wie sie damals war, sondern die unver- derbte, erkennt viel von ihrem Verderben und tritt in- sonderheit den päpstlichen Anmaßungen mit Kraft ent- gegen. Ueberhaupt standen manche dieser Dich- ter auch bezüglich der Religion ans einer h ö h e r n Stufe und findet sich bei ihnen noch oder schon mancher Strahl des evangelischen Lichtes. Die Dichter hielten sich häufig an den Höfen gesang- liebender Fürsten auf. So waren die vier genannten und noch andere im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts am glänzenden Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen auf der Wartburg beisam- men und sangen da ihre holden Lieder zum Saitenspiele, daß die Herzen der Hörer sich wonniglich ergötzten. Sie hielten poetische Wettkämpfe miteinander, woraus die Sage „vom großen Dichterkrieg auf der Wart- burg" (1207) entstand. Aber die Fürsten dichteten auch selbst mit; der Züricher Rathsherr Rüdger von Ma- ri esse hat um 1300 eine große Sammlung von Minne- liedern herausgegeben, worunter sich viele von fürstlichen Verfassern befinden. Es gab auch „fahrende Sänger," von geringerer

10. Bd. 2 - S. 507

1863 - Stuttgart Calw : Vereinsbuchh. [u.a.]
§ 18. Entdeckungen neuer Lander und Meereswege. 507 Söhne Hueökar und Atahualpa kämpften mit ein. ander über der Nachfolge, und eben nahm der Jüngere den Aeltern gefangen. Bei dieser Verwirrung im Reiche konnte Pizarro ohne Widerstand vordringen. Als die beiden Prinzen von der Ankunft furchtbar bewaffneter Fremdlinge hörten, sandte jeder zu ihnen, um sie auf seine Seite zu bringen. Pizarro versprach seinen Bei- stand dem Atahualpa, weil ihm dieser gleich reiche Ge- schenke mitgesandt hatte. Sie veranstalten daraus eine Zusammenkunft in einem Peruanischen Flecken. Der junge Inka kommt auf einem herrltchen Tragsessel in Mitte eines glänzenden Hofstaates und ein Heer von 30,000 Kriegern hinter sich. Pizarro's Feldpater (Priester) hält eine Anrede an ihn, worin er vom ch ristlichen Glau- den, vom Pa pste und vom Sp a nisch en Kö nig e handelt und es ihm als seine Pflicht vorhält, sich diesen Dreien zu unterwerfen. Diese dem Prinzen seltsame Sache mochte durch die Dolmetschung noch seltsamer ge- worden sein und er schültelt verwundert und ungläubig den Kopf. Der Pater schlägt zornig aus sein Evange- lienbuch und ruft: „Hierftehts! Hier stehts!" Atahualpa hält das Buch aus Ohr und horcht und spricht dann: „Es schweigt! Es sagt mir nichts!" und wirft es gleich- gültig zur Erde. „Ha, Verhöhnung des allerheiligsten Gottesworts!" schreit der Priester. Pizarro winkt seinen Leuten und plötzlich sind alle Säbel entblößt; sie hauen die nächste Umgebung des Inka nieder und nehmen ihn selbst gefangen. Draußen sprengt die Reiterei auf das Heer ein und die Kanonen blitzen und donnern hinein, und die ganze Peruanische Armee enlfleucht. Der gefangene Atahualpa war sehr bestürzt und nie- dergeschlagen. Als er aber die unmäßige Goldgier der Spanier wahrnahm, hoffte er noch seine'freiheit, indem er für dieselbe das ganze Zimmer seines Gefäng- nis s e s v oll Gold bot, so weit man mit der Hand hinaufreichen könne. Die Spanier erstarren hiebei vor freudigem Schreck. Pizarro streckt seinen Arm lang 22*
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