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1. Theil 3 - S. 289

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl Xis. in der Türkei. 289 Sorge zu äußern pflegte, und selbst über seine Wunde und über das Unglück bei Pnltawa nicht die geringste Gemüthsverstimmung zeigte; aber dieser Verlust rührte sein Herz so sehr, daß Augen, Hände und Sprache die tiefste Traurigkeit verriethen und er lange in diesem Zustande blieb." An seine jüngere Schwester schrieb er bald daraus: „Meine einzige Hoffnung ist, daß meine Herzensschwester sich bei fester Gesundheit befinden möge. Unser Herr erhalte sie ferner und mache mich einst so glücklich, sie noch einmal zu sehen. Diese Hoffnung macht mir das Leben noch einigermaßen werth, seit ich die Betrübniß erduldet habe, die ich nicht zu überleben glaubte. Denn mit frohem Muthe würde ich alles ertragen haben, wenn ich nur so glücklich gewesen wäre, von uns drei Geschwistern der erste zu sein, der sein ihm abgestecktes Ziel erreicht hätte. Nun hoffe ich wenigstens nicht so unglücklich zu sein, der letzte von uns zu werden." Bis so weit war Karl gekommen; aber was sollte nun weiter geschehen? — Ohne Heer sich durch Polen oder Deutschland nach Schweden zurückzuschleichen, war für den stolzen Mann ein entsetzlicher Gedenke. „Wie?" dachte er, „wenn du den Sultan zu einem Kriege gegen Rußland bewegen könntest?" — Und nun bot er alles dazu auf. Anfangs hatte Achmet keine Ohren dafür; aber Karl brachte es dahin, daß zwei Veziere, die vom Kriege abriethen, abgesetzt wurden, und selbst die Mutter des Sultans wurde bestochen. „Wann willst du," fragte sie ihren Sohn, „endlich meinem Löwen beistehen, daß er den Czar verschlinge?" — Achmet ernannte einen neuen Großvezier, Baltadschi Mehernet, und befahl ihm: „Führe das Heer gegen die Russen!" — „Gut," sagte Mehernet, „mein Schwert in der einen und den König an der andern Hand, will ich ihn an der Spitze von 200,000'Mcrntt nach Moskau führen!" — Im Geiste sah sich Karl schon in Moskau, und beinahe wäre es auch so weit gekommen. Czar Peter hatte indessen in Moskau einen herrlichen Triumph gehalten. Durch sieben Triumphpforten zog er ein. Hinter ihm her wurden nicht nur die gemeinen schwedischen Gefangenen, sondern selbst die berühmten Generale Karls geführt; ein großer Verstoß gegen das Zartgefühl, mit dem man jeden Unglücklichen behandeln muß.*) Auch sah man unter der Beute den zerschossenen Trag- *) Ein Augenzeuge erzählt: Mm dritten Tage nach unserer Ankunft in Moskau war der Triumphzug mit allen schwedischen Gefangenen. Der Marsch Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 19

2. Theil 3 - S. 292

1880 - Stuttgart : Heitz
292 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Rußland. in deine Hände." — Aber Mehemet blieb dabei: „Der Friede ist geschlossen und er mnß bestehen." — Wüthend vor Zorn verließ Karl ohne Abschied das Zelt des Veziers und verklagte ihn beim Snltan. Dieser setzte ihn ab und verwies ihn; im folgenden Jahre schon starb er. Was hatte er nun von seiner Treulosigkeit? Der Friede mit Rußland wurde nicht umgestoßen. Keiner hatte sich mehr über Karls Niederlage bei Pultawa gefreut als — August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwungen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem Czaren und verjagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinsky vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark erklärte den Schweden wieder den Krieg. Alle drei fielen nun über die schwedischen Provinzen her, und wären die braven Schweden nicht so tapfer gewesen, so hätte Kart jetzt sein ganzes Land verloren. Karl saß indessen ruhig in seinem Lager bei Bender und entwars Riesenpläne, von denen kein einziger ausgeführt wurde. Vergebens ließ der Reichsrath ihn bitten, zurückzukommen. Karl antwortete: „Wenn der Reichsrath eines Präsidenten bedarf, so werde ich ihm einen meiner Stiefeln schicken." Seine Lage wurde von Tag zu Tage schwieriger. Zu seinen drei Feinden gesellten sich noch drei: Preußen, England und Holland. Alle seine Mühe, den Sultan zu einem neuen Kriege gegen Rußland zu bewegen, war vergeblich. Dagegen widerstand Achmet allen Aufforderungen des Czars, ihn auszuliefern. Endlich bot Peter Ms Millionen für den König. Aber Achmet antwortete: Peter fei durch nichts in der Welt im Stande, ihn zu einem so großen Verbrechen gegen die Gastfreundschaft zu bewegen; ein türkischer Kaiser habe eine noblere Seele. Zuletzt aber ließ Achmet Kartn geradezu merken, sein langer Aufenthalt sei ihm lästig, er möge doch endlich an die Abreise denken. Aber Karl war so erbittert auf ihn, daß er alle, ihm erwiesene Gastfreundschaft vergaß und gerade ihm zum Aerger bleiben wollte. Endlich drohte man ihm mit Gewalt, und da Karl immer hartnäckiger wurde und sich mit feiner Handvoll Schweden — es waren jetzt 196 Mann — in Vertheidigungsstand setzte, so besaht der Sultan dem Juffuf Pascha, sich Karls todt oder lebendig zu bemächtigen. Mit Thränen in den Augen zog der Pascha die Janitfcharen zusammen. Die Kanonen donnerten; seine Verschanzungen wurden erstiegen. Da beschloß Karl, sich in seinem hölzernen Hause bis auss äußerste zu vertheidigen. Er hieb sich durch 40 Janitfcharen,

3. Theil 3 - S. 140

1880 - Stuttgart : Heitz
140 Neue Geschichte. 1. Periode. Deutschland. Friede im Lande nicht gestört wurde, wenn er auch nicht vermochte, die ängstliche Spannung aufzuheben, die in den Gemüthern herrschte. Das einzige, was man ihm vielleicht vorwerfen kann, ist die große Härte gegen den Herzog von Gotha. Der unglückliche Johann Friedrich von Sachsen hatte einen noch unglücklichem Sohn, der auch Johann Friedrich hieß und Herzog von Gotha war. Dieser ließ sich mit einem Ritter, Wilhelm von Grumbach, einem raubsüchtigen Menschen, ein und schützte ihn gegen den ausdrücklichen Befehl des Kaisers, ihn auszuliefern. Die Folge davon war, daß Gotha belagert, eingenommen und der Herzog gefangen wurde. Da er gegen wiederholte Warnungen taub gewesen war, so ließ ihn der Kaiser Maximilian Ii. (1567) nach Wien bringen, auf einem offenen Wagen, einen Strohhut auf dem Kopfe, durch die Straßen führen und dann ins Gefängniß werfen. Seine Frau Elisabeth, eine Tochter Friedrichs Iii. von der Pfalz, war trostlos über das unglückliche Schicksal ihres Mannes. Statt sich — sie war erst 27 Jahre alt — etwa durch Vergnügen zu zerstreuen, dachte sie nur an ihn, und hatte nirgends Ruhe und Rast. Fünf Jahre lang hörte sie nicht auf, flehentlich zu bitten, man möchte sie doch nur zu ihrem lieben Manne lassen. Endlich wurde es ihr bewilligt, aber nur auf einige Monate. Wie freute sie sich, als sie ihn wiedersah! Nun konnte sie ihn doch pflegen und ihm seine Einsamkeit erleichtern; denn eine andere Freude kannte das gute Weib nicht. Nach Verlauf einiger Monate sollte sie ihn wieder verlassen; aber sie bat den Kaiser so lange, bis er ihr endlich erlaubte, sich bei ihm einsperren zu lassen; nur unter dieser Bedingung wurde ihr gewährt. Aber das war ihr ein kleines Opfer für das Glück, seine Leiden zu theilen und zu erleichtern. So ist sie auch bei ihm geblieben, bis sie nach einer 22jährigen Gefangenschaft in den Armen ihres dankbaren Mannes starb. Viele Fürsten hatten oft und dringend den Kaiser um seine Freilassung gebeten; aber vergebens. Er saß noch bis ins folgende Jahr (1595) gefangen; dann entführte ihn der Tod ins Land der ewigen Freiheit, nachdem er 28 Jahre eingesperrt gewesen war. Um die- Zeit der Grumbach'scheu Händel (1566) ereignete sich eine berühmte Waffeuthat in Ungarn: die Vertheidigung von Szigeth durch Zrini. Der alte Suleimau der Prächtige lebte noch; er war wieder in Ungarn eingefallen und belagerte da Szigeth an der Theiß. Hier war der tapfere Zrini Commandant; er beschloß mit seiner kleinen Schaar den Platz bis aufs äußerste

4. Theil 3 - S. 291

1880 - Stuttgart : Heitz
Katharina I., Gemahlin Peters des Großen. 291 das Zimmer ging, fiel ihre Schönheit ihm so auf, daß er sie gleich zu sich nahm. Er ließ ihr anständige Kleidung machen, gab ihr Dienerschaft und sorgte sür ihre Ausbildung. Weniger durch ihre Schönheit als durch ihr sehr einnehmendes, sanftes Betragen wußte sie sich sein ganzes Vertrauen zu verschaffen, bis er sie endlich gar zu seiner Gemahlin erhob.*) Sie begleitete ihn auch jetzt in den Krieg. — Die Russen fielen unter Scheremetjew in die Moldau ein und zogen längs dem Pruth hinab. Plötzlich sahen sie sich beim Dorfe Falczin von allen Seiten von ungeheuern Schwärmen von Türken und Tataren eingeschlossen. Sie konnten weder vor- noch rückwärts und alle Lebensmittel waren ausgegangen. Der Großvezier vernichtete in einer dreitägigen Schlacht 40,000 Russen. Peter sah den Augenblick sich nähern, wo er mit allen den Seinigen verhungern oder sich den Feinden ergeben müßte. Er schrieb an den russischen Senat einen Brief, in welchem er seine Lage schilderte und gestand, daß er ohne besondere göttliche Hülse nichts erwarten könne als den Tod oder Gefangenschaft. Aber der Mensch muß nie verzweifeln. Strengt er seinen Verstand im Unglück an, so zeigt ihm auch Gott gewiß einen Ausweg. So auch hier. Peter schloß sich mißmuthig in sein Zelt ein; kaum Kathinka wagte vor ihm zu erscheinen, so übellaunig war er. Aber sie eben half ihm. Sie wußte, wie leicht die türkischen Großen sich bestechen lassen, und schickte einen Friedensboten an den Großvezier mit ihrem Juwelenkästchen und einer guten Summe Geldes ab. Das wirkte. Die Augen Mehemets wurden von den glänzenden Steinen so geblendet, daß er die hoffnungslose Lage der Russen nicht mehr sah — und mit Peter so schnell einen Frieden schloß, daß Karl ihn nicht mehr zu hindern im Stande war. Auf die erste Nachricht davon warf sich Karl auf sein Pferd, jagte 15 Meilen weit in einem Ritt bis ins türkische Lager und bot Himmel und Hölle auf, den Vezier zu bewegen, daß er den Frieden bräche. „Vertraue mir," sprach er, „20,000 deiner Janitscharen, und ich liefere dir den Czar noch *) Der alte Gluck war damals schon todt, aber seine Wittwe und deren Kinder lebten in Moskau in Armuth. Kathinka ließ sie gleich nach Petersburg kommen, machte den Sohn zum Kammerjunker, die eine Tochter zur Ehrendame und verheirathete die beiden andern an Offiziere, und als der ehemalige Hauslehrer des Gluck'schen Hauses sich ihr einst vorstellen ließ, erkannte sie ihn gleich, nahm ihn sehr freundlich auf und setzte ihm eine Pension aus. Ihren ersten Mann sah sie nie wieder; er wurde wenige Jahre nach ihrer Trennung im Kriege erschossen.

5. Theil 4 - S. 458

1880 - Stuttgart : Heitz
458 Neueste Geschichte. 3. Periode. bereit; auch an der russisch-türkischen Grenze in Asien sollte der Kampf beginnen. Die Türkei hatte, die Unvermeidlichst des Krieges voraussehend, alle ihre Streitkräfte aufgeboten, um ihre Existenz in Europa mannhaft zu vertheidigen. Der Krieg erhielt hier den Charakter eines Kampfes für die Religion; der Sultan erhob die heilige Fahne des Propheten und nahm den Titel Gazis d. H. Glanbens-kümpfer an; der Scherif in der jedem Mnhamedaner ehrwürdigen Stadt Mekka erklärte den Kampf gegen Rußland als ein Gebot der Religion. Von den tunesischen bis zu den arabischen Grenzen der Wüste, vom Nillande bis zum Euphrat und Tigris hin eilten die Bekenner des Halbmonds unter die an der Donau sich sammelnden Schaaren. Wir beschränken uns auf einen den Verlauf der Kriegsereignisse andeutenden Ueberblick. Es Lann auch hier nicht Aufgabe dieser Erzählung sein, bei den erhebenden wie bei den erschütternden Vorfällen und Thaten dieses Krieges zu verweilen, so reich er auch an denkwürdigen Tagen und an dem Wechsel des Schlachten-Mcks war. Am 24. April 1877 begannen die Russen ihre kriegerischen Bewegungen, indem sie den Pruth überschritten. Kaiser Alexander Ii. hatte am Tage zuvor au's User des Flusses sich begeben und in schweigendem Sinnen hinübergeblickt, ehe seine letzten Befehle den tückischen, wilden Dämon des Krieges entfesselten. Die großherzigen Bewegungsgründe, welche ihn zu diesem Kriege trieben, legte der Czar seinen Völkern und der staunenden Welt in einem Manifeste vor. Selten, außer den Kreuzzügen, hat die Geschichte ein kriegerisches Unternehmen mit so idealen, selbstlosen Zielen bezeichnet gesehen. Daß aber die politischen Ideale von den „Wirbeln der Zeitgewalt" erfaßt werden und nach der Erkenntniß der Täuschungen ermüdet am Ziele ankommen, das sollte Kaiser Alexander Ii. auch erfahren. Er reiste jetzt nach St. Petersburg zurück und begab sich erst im Juni zur Armee. Rumänien hatte den Durchzug der russischen Heeresmassen und ihr erstes Verweilen zu überstehen. Dieses Land, bisher ein Vasallenstaat der Türkei, war entschlossen, dieses Verhältniß zu lösen. Es mußte dies in einem Augenblicke thun, wo es von Rußland, unter dessen vormuudschastlicher Protection es unleugbar gestanden hatte, gleichsam besetzt war. Die Lage war schwierig, aber Fürst Karl, vertrauend ans die Uebereinstimmung mit seinem

6. Theil 4 - S. 81

1880 - Stuttgart : Heitz
Frieden von Wien. 81 der Friede in Wien, den am 14. October Napoleon und Franz miteinander schlossen, zwangen die braven Tiroler, sich den Franzosen wieder zu unterwerfen. Sie erhielten Verzeihung; nur die Anführer nicht. Speckbacher hatte sich mit großer Gefahr über die Gebirge nach Oestreich gerettet. Aber Hofer wurde aus einem Schneeberge oberhalb des Passeyerthales im Januar 1810 in einer Sennhütte entdeckt. Ein falscher Freund hatte seinen Aufenthalt dem Feinde verrathen. Man führte ihn nach Mantua ab. Wo er in Tirol durchkam, lief das Volk herbei, weinte und segnete ihn. In Mantua ließ ihn Napoleon zum Erschießen verurtheileu. Die dort eingesperrten Tiroler erfüllten das ganze Gebäude des Gefängnisses mit dumpfem Heulen und Jammern, und als er bei ihren Kerkerthüren vorbeigeführt wurde, lagen sie auf den Knieen, beteten und weinten. Als er auf dem Richtplatze niederknien sollte, sprach er: „Ich stehe vor dem, der mich erschaffen hat, und stehend will ich meinen Geist aufgeben." Dann rief er selbst: „Gebt Feuer!" In Innsbruck in der Franciscanerkirche, unfern vom Grab Maximilians I., ruht seine Asche und über ihr steht ein schönes Marmordenkmal.*) . Im Frieden von Wien verlor Oestreich an 2000 Quadratmeilen. Jetzt gaben alle Gutgesinnten die Hoffnung auf, von der Tyrannei Frankreichs errettet zu werden. Mit Oestreich war die letzte Stütze gefallen; denn Preußen erlag fast unter den Lasten, die Napoleon ihm unaufhörlich auflegte, mußte sich gehorsam in seine Launen fügen, und von dem entfernten Rußland war keine Hülfe zu erwarten. Zwei Männer, die im Jahre 1809 redlich alles daran setzten, Deutschland von dem Unterdrücker zu befreien, verdienen hier noch genannt zu werden. Ein preußischer Husarenmajor, von Schill, *) Als Hofer am 15. August 1809 in Innsbruck war und sich vor seinem Quartier, dem goldenen Adler, viele Tausend Tiroler versammelt hatten, hielt er folgende naive Anrede: „Grüeß enck Gott, meine lieb'n S'brucker! Weil ös mi zum Oberkomme-danten g'wöllt hobt, so bin i holt do; es sein ober a viel Andere do, dö koani S'brucker sein. Alle dö unter meine Waffenbruder sein wöll'n, dö müesten für Gott, Koaser und Voterland als toapsre, rödte und brafe T'roler streiten, dö meine Waffenbrüder wern wöll'n. Dö ober dös nit thüen wöll'n, dö soll'n haim gien, t roth encks, und dö mit mir gien, dö soll'n mi nit verlass'n; i wer enck a nit verlass'n, so wohr i Andere Hofer hoaß. G'sogt hob i encks, g'söchen hob's mi, b'fied enck Gott!" Weltgeschichte für Töchter. Iv. 16. Aufl. 6

7. Theil 2 - S. 104

1880 - Stuttgart : Heitz
104 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. griechische Kaiser in Constantinopel bat den Papst Gregor Vii., doch die abendländlichen Fürsten zum Beistände gegen den übermächtigen Feind des christlichen Glaubens aufzufordern; denn die Seldschncken hatten ihm ganz Klein-Asien weggenommen. Aber Gregor hatte damals keine Zeit, viel an die Noth des heiligen Landes zu denken; Heinrich Iv. machte ihm so viel zu schaffen, daß er bald alles Andere darüber vergaß, und so blieb denn der Wunsch, das heilige Grab den Händen der Ungläubigen zu entreißen, ein sogenannter frommer Wunsch. Darüber starb Gregor. Urban Ii. folgte ihm. Eines Tages (1094) ließ sich bei ihm ein Männchen in einem grauen Pilgerrocke und von sonderbarem Aussehen melden und verlangte durchaus vorgelassen zu werden. Urban ließ ihn eintreten. Es war Peter von Amiens, gewöhnlich Kntten-Peter oder Knkupeter genannt. Der trat vor ihn hin, sagte, er käme unmittelbar aus Jerusalem, und überreichte ihm ein Empfehlungsschreiben vom griechischen Patriarchen daselbst. Dann erzählte er ihm mit funkelnden Augen und einem hinreißenden Feuer der Beredsamkeit von dem unglücklichen Zustande der Christen im heiligen Lande: wie er früherhin ein Einsiedler gewesen; wie es ihm in seiner Zelle zu enge geworden; wie Ihn der Prang, das heilige Grab zu sehen, nach Jerusalem getrieben; wie er dort mit Inbrunst am Grabe des Erlösers gebetet, aber mit herzzerreißendem Jammer den Ueber-muth der Ungläubigen und die Mißhandlungen der armen Christen gesehen habe; und wie endlich der feste Wille in ihm entstanden sei, zurückzugehen nach Europa und alle Völker und ihre Fürsten aufzufordern, daß sie das Grab des Heilandes von der Schmach befreiten, von den Ungläubigen entehrt zu werden. Urban hörte mit Erstaunen den flammenden Worten des Feuerkopfes zu und erkannte bald, daß das der rechte Mann sei, um die Völker zu einem solchen Zuge nach Jerusalem aufzuregen. Er sah ihn freund* lich an, befahl ihm, Italien und Frankreich zu durchziehen und die Gemüther auf einey solchen Zug vorzubereiten; er selbst würde dann schon das Uebrige thun. Kukupeter bestieg seinen bescheidenen Esel und reiste damit durch Italien und Frankreich. Von allen Seiten strömten die Leute herbei, wenn sie seinen sonderbaren Auszug sahen. Wirklich hatte man einen so seltsamen Mann noch nicht gesehen. Auf einem kleinen Esel.saß ein kleines, halbvertrocknetes Männchen, welches fast nur aus Haut und Knochen bestand, obgleich erst 41 Jahre

8. Theil 2 - S. 99

1880 - Stuttgart : Heitz
Wilhelm der Eroberer. 99 Wilhelm persönlich und hatte eine große Vorliebe für ihn und alle Normannen. Als Eduard 1066 starb, bemächtigte sich Harald, Herzog von Mercia und Kent, der reichste und mächtigste der englischen Großen, des Thrones und wurde allgemein anerkannt. Wihelm fuhr zornig auf und verlangte Abtretung des Thrones, und da Harald die Forderung abschlug, so rüstete er sich. Pie.normänner waren die tapfersten Krieger jener Zeit; außerdem boten die kriegslustigen Ritter anderer Länder dem Herzoge ihre Dienste an. Aus einer zahlreichen Flotte setzte dieser nach der Südküste Englands über und landete glücklich. Als er ans Ufer sprang, fiel er. „Ein übles Vorzeichen!" murrten die Umstehenden. Aber er faßte sich schnell und ries, als wenn er absichtlich sich hingeworfen hätte: „So nehme ich von diesem Lande Besitz!" Harald eilte herbei. Es kam zu einer blutigen Schlacht bei Hastings (Hehstings) an der Südküste (1066). Die Normänner gewannen einen großen Sieg; Harald fiel mit zweien seiner Brüder und einem großen Theil der sächsischen Ritterschaft. Wilhelm der Eroberer — so wurde er nun genannt — wurde nun ohne Widerspruch König von England; ein kräftiger Mann mit einer starken Seele, aber rauh, stolz und hart. Anfangs regierte er strenggerecht; er duldete keine Unordnung, suchte Normänner und Engländer durch Heirathen einander näher zu bringen und hörte jeden Unterthan an. Aber das änderte sich bald, als er nach der Normandie zurückreiste. Die nach England übergesiedelten Normänner ließen die unterworfenen Engländer ihren Uebermuth fühlen; der Haß gegen die Fremden, wuchs, und schon war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm schleunig nach England zurück und hielt ein strenges Gericht über die Uebelthäter. Jeder neue Aufftand führte neue Härten herbei. Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbesitznngen und übertrug sie seinem normannischen Adel. Mit eiserner Hand drückte er die Engländer in Sklaverei nieder und wandte Ehre, Reichthümer und Vertrauen nur den Normännern zu. Nur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen Empörungen zurück. Als er nach 21 jähriger Regierung starb (1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue, die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemüther nicht mit seinem Andenken versöhnen.

9. Theil 2 - S. 128

1880 - Stuttgart : Heitz
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. rief er mit lauter Stimme: „O es giebt im Himmel einen gerechten Richter, den der Unterdrückte nicht vergebens anrufen darf. Vor diesen fordere ich dich, römischer Papst, binnen 40 Tagen. Und du, Philipp, o mein König! ich verzeihe dir zwar; aber vergebens! Dein Leben ist verwirkt; binnen Jahresfrist finde ich dich vor Gottes Throne!" — Und wirklich, ehe noch 40 Tage entschwunden waren, starb der Papst, der in die Aufhebung des Ordens gewilligt' hatte, mit bitterer Reue über die gegen den Orden verübte Gewaltthat, und König Philipp lebte nur noch ein Jahr. Er siechte seit Molai's Verbrennung dem Tode entgegen, ohne daß die Aerzte die Quelle des Uebels entdeckt hätten. Ein anderer Bericht sagt, er sei auf der Jagd mit dem Pferde gestürzt; dies habe ihn noch eine Strecke fortgeschleift und furchtbar zerrissen nach Fontaineblau gebracht, wo er seinen Geist aufgegeben. Zu einem dritten Orden noch gaben die Kreuzzüge Veranlassung, zum deutschen Orden. Unter den vielen Klöstern und Krankenhäusern, die in Jerusalem angelegt waren, befand sich auch eins für deutsche Pilger. Die Gesellschaft, welche sich zu dieser wohlthätigen Stiftung vereinigt hatte, nannte sich die Brüderschaft des deutschen Hauses unserer lieben Frauen zu Jerusalem. Mit diesem Vereine verband sich nachher eine ähnliche Anstalt, die von einigen Kaufleuten und Pilgern aus Lübeck und Bremen bei der Belagerung von Acre gestiftet war, und hieraus entstand nun aber erst 100 Jahre juch dem ersten Kreuzzuge — ein Ritterorden, der sich der deutsche Orden nannte, und auch reiche Geschenke an Gütern, besonders in Deutschland, erhielt. Nachdem die Ritter aus Palästina verdrängt worden und nach Deutschland zurückgekehrt waren, fehlte ihnen Beschäftigung. Da kam ihnen der Antrag eines Herzogs im heutigen Polen (Konrad von Ma-sovien) sehr gelegen, der dem damaligen Großmeister, Hermann von Salza, vorschlug, ihm gegen die heidnischen Preußen seine Gehör und sprach, als Richter und Volk in erwartungsvoller Stille auf ihn blickten, mit fester Stimme: „Auf der Schwelle des Todes, wo auch die leiseste Lüge schwer wiegt, gestehe ich im Angesichte des Himmels und der Erde, daß ich eine große Sünde begangen, weil ich. mein Leben zu retten und dem Uebermaße der Martern zu entgehen, zugleich durch Schmeichelworte des Königs und des Papstes verlockt, gegen meinen Orden mich erhoben habe. Jetzt aber, obgleich ich weiß, welches Loos meiner harrt, will ich keine neue Lüge zu der alten häufen, und indem ich erkläre, daß der Orden sich stets rein von Schandthaten erhalten hat, verzichte ich freudig auf mein Leben."

10. Theil 2 - S. 130

1880 - Stuttgart : Heitz
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. nommen worden, und es ließe sich viel davon erzählen, wenn wir uns nicht auf die Hauptsachen beschränken müßten. Gottfried von Bouillon und seine Begleiter hatten zwar Jerusalem erobert, aber der Sultan von Aegypten, dem das umliegende Land gehörte, ließ den Kreuzfahrern in Jerusalem keine Ruhe; denn sie konnten ihm die Umgegend nicht abnehmen, und immer näher rückte er an die Thore heran. Nie konnten die Lateiner — so nannte man gewöhnlich die in Jerusalem wohnenden Christen — das Schwert in die Scheide stecken, und die nach dem heiligen Grabe Jahr aus Jahr ein aus den Abendländern wallfahrtenden Christen wurden unaufhörlich gemißhandelt, ehe sie die Thore der heiligen Stadt erreichen konnten. Endlich traf die Lateiner ein großes Unglück: der seldschuckische Fürst von Aleppo, Nnreddin, eroberte die Stadt Edessa in Syrien, welche den Kreuzfahrern auch gehörte, und 46,000 Einwohner wurden dabei niedergehauen. Da bat der Papst die abendländischen Fürsten wieder, den bedrängten Lateinern zu Hülse zu kommen. Wirklich entschlossen sich auch zwei Fürsten dazu. Es waren der König Ludwig Vii. von Frankreich und der deutsche Kaiser Konrad Iii. Aber es wurde nicht viel ausgerichtet. Sie zogen zwar 1147 aus, kamen auch nach Klein-Asien, hatten aber mit so vielem Ungemach zu kämpfen, daß Konrad schon hier nach Constantinopel wieder umkehrte. Ludwig ging zwar vollends bis Palästina, wohin auch Konrad zur See ihm nachfolgte, aber ohne daß beide der Sache der Lateiner etwas helfen konnten. Nach zwei Jahren kehrten beide unverrichteter Sache in ihre Länder zurück. Daher geschah denn das, was man lange gefürchtet hatte — Jerusalem wurde 1187 von den Ungläubigen den Christen entrissen. Saladin, Sultan von Aegypten, ein höchst mnthiger und dabei edelmüthiger Krieger, hatte es eingenommen. Als diese Nachricht nach den Abendländern kam, entstand ein allgemeines Wehklagen. Es war, als wenn jeder sein Liebstes verloren hätte, und wenig fehlte, daß nicht gleich ganze Haufen wieder nach Palästina gezogen wären. Aber so schnell ging es nicht; man wußte nun schon, daß ein solcher Zug mehr als eine Lustreise sei. Damals (fast 100 Jahre nach dem ersten Kreuzzuge) regierte in Deutschland ein alter ehrwürdiger Kaiser, Friedrich I. von Hohenstaufen (1152—90). Man nannte ihn gewöhnlich den Rothbart oder Barbarossa, weil er einen langen röthlichen Bart hatte. Dieser Mann vergaß über dem Schmerze wegen des
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