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1. Theil 3 - S. 350

1880 - Stuttgart : Heitz
350 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. in andern Gegenden fehlte es wenigstens an Männern, so daß Weiber das Feld bestellen mußten. Manche Striche waren so darniedergetreten, daß man keine Spur von je angebautem Acker bemerken konnte. Ein Offizier schrieb, er sei durch sieben hessische Dörfer geritten und habe darin nur einen einzigen Menschen gefunden, und in den preußischen Staaten rechnete man an 30,000 Menschen, die durch die Russen und Franzosen wehrlos ums Leben gekommen waren.*) Wie viel war da nicht wieder gut zu machen! Wie viel wieder aufzubauen und zu vergüten! Nicht leicht hat ein Fürst so viel Fleiß auf die Emporbringung seines Landes gewandt als Friedrich. Es würde zu weit führen, alle seine trefflichen Einrichtungen aufzuzählen; hier nur einiges davon. Vor allem sorgte er dafür, den Ackerbau wieder emporzubringen. Das für den folgenden Feldzug aufgeschüttete Korn ließ er unter die verarmten Bauern vertheilen und gab ihnen auch die zum Dienst jetzt unnöthigen Artilleriepferde zurück. Sodann erließ er nicht nur den meisten heruntergekommenen Provinzen die Abgaben auf mehrere Jahre, sondern theilte von seinen Privatersparnissen selbst bedeutende Summen aus. Besonders wandte er viel darauf, unbebaute und morastige Gegenden urbar zu machen. Solche waren sonst an der Oder und an der Warthe in der Mark. Er ließ hier Gräben und Kanäle anlegen, Dämme auswerfen, und als alles endlich vollendet war und er von einem Damme des Oderbruchs die nun blühende Gegend übersah, rief er freudig aus: „Ich habe eine Provinz gewonnen!" Den Gutsbesitzern gab er ansehnliche Summen, entweder als Geschenk, oder als Darlehn ohne Zinsen, um damit ihre Güter zu verbessern. Für die Bauern hatte er eine große Vorliebe; er sprach gern mit ihnen und bestrafte jede willkürliche Bedrückung dieser Leute, die er erfuhr, mit Strenge. Wenn wohlfeile Zeiten waren, ließ er Getreide aufkaufen und in Magazinen aufschütten, und diese öffnete er, wenn Mißwachs eintrat. Dies war in den Jahren 1771 und 1772 der Fall. Die Jahre vorher waren so fruchtbringend gewesen, daß die Bauern an manchen Orten das Korn zum Theil auf dem Felde hatten umkommen lassen, weil sie die Menge nicht zu lassen wußten, und doch trat nun eine solche Noth ein, daß man allein in Sachsen 150,000 Menschen zählte, die durch Hunger *) Man kann annehmen, daß der siebenjährige Krieg über eine Million Menschen das Leben gekostet hat, wovon etwa 700,000 auf Deutschland kommen. Welch ungeheure Menschenverluste!

2. Theil 3 - S. 351

1880 - Stuttgart : Heitz
Friedrichs des Großen Verwaltung. 351 und daraus entstandene Seuchen ihr Leben verloren. Eine nützliche Warnung, auch im größten Ueberflusse mit unsern Vorräthen nicht verschwenderisch umzugehen; denn solcher Uebermuth bleibt nie unbestraft. Jetzt ließ Friedrich seine Magazine öffnen und verkaufte sein Korn zu billigen Preisen. Daher kam es, daß in Preußen kein Mensch durch Hunger umkam. Aber er that noch mehr. Er theilte seine Vorräthe auch dem benachbarten Sachsen mit und wurde so der Wohlthäter und Erhalter seiner Nachbarn. Mit Freude zog er fremde Colonisten in sein Land; im Magdeburgischen allein ließen sich 2000 neue Familien nieder. Städte, welche im Kriege abgebrannt waren, erhielten Summen zum Wiederaufbau, z. B. Landshut 200,000 Thaler, Striegau, Halle und Halberstadt jede 40,000 Thaler, und in Oberschlesien wurden 213 neue Dörfer angelegt. Jährlich pflegte er in verschiedenen Provinzen Musterungen vorzunehmen. Bei der Gelegenheit erkundigte er sich genau nach allem, was ihm auffiel. So schnell auch sein Reisewagen über die Landstraße hinflog, so mußten doch die Landräthe und Dorfschulzen nebenher reiten und ihm über alles, was er wissen wollte, Auskunft geben, und wehe dem, den er auf einer Gewissenlosigkeit oder Nachlässigkeit ertappte! Ein Mann, welcher ihn genau kannte, schildert Friedrichs Charakter mit folgenden Worten: „Wahrheit, Offenheit, Biederkeit, eine natürliche Neigung, in allen Fällen gerecht und edel zu handeln, feuriger Trieb, sich in allem, was brav und gut war, auszuzeichnen und die Achtung der Menschen von einigem Werthe zu verdienen, waren von früher Jugend an die Grundzüge seines Charakters. Verstellung und Schleichwege waren ihm sehr zuwider und er hatte eine große Abneigung gegen allen Trug, Schein, Lüge und affectirtes Wesen. Er liebte in allen Dingen das Gerade und Einfache, Bestimmtheit in den Ideen, Kürze und Klarheit in dem Vortrage anderer, und er strebte, diese Tugenden selbst zu haben. Wortschwall, weitschweifige Reden, äußerer Prunk und unnütze Ceremonien waren ihm sehr zuwider." Hart, grausam und rachsüchtig war Friedrich nie, so leicht er auch auffahren konnte. Auch bei großen Vergehungen hat er nie harte Strafen ausgeübt, eher zu große Gelindigkeit bewiesen. Einem Kammerhusaren, der eingestehen mußte, die ihm anvertraute Privatkasse fast ganz ausgeleert zu haben, gab er das wenige, was noch darin war, noch dazu und entließ ihn dann mit den Worten: „ Nun lauf, daß du aus dem Lande kommst; sonst hängen sie dich."

3. Theil 4 - S. 91

1880 - Stuttgart : Heitz
Krieg der Verbündeten gegen Frankreich. 91 war, erhob sich zuerst, um seinen Rang unter den freien Völkern wiederzugewinnen; Preußen hatte soeben erst die zahllosen und glänzenden Schaareu des französischen Eroberers durch seine Provinzen hinziehen gesehen, und ein Theil seiner eigenen Armee hatte mit gegen Rußland ausziehen müssen; jetzt aber waren dieselben Provinzen, welche kurz vorher die Macht des gewaltigen Kriegsherrn angestaunt hatten, auch die ersten Zeugen der kläglichen und schimpflichen Flucht der zerstreuten französischen Armee. Bei diesem Anblick erwachte in den Herzen aller Patrioten die Hoffnung, daß nun die Zeit gekommen wäre, das verhaßte Joch der Franzosen abzuschütteln. Die Zeit der Unterdrückung selbst war in Preußen nicht unbenutzt geblieben, um eine bessere Zukunft anzubahnen; durch viele innere Einrichtungen war man vielmehr bedacht, die Keime innern Gedeihens und echter Volkskraft zu befruchten und den Tag der Wiedererhebung aus der vorübergehenden Ohnmacht vorzubereiten. Zwar lastete auf dem unglücklichen Lande, insoweit es dem preußischen Fürstenhause belassen worden war, in jeder Beziehung ein schwerer Druck: eine Kriegsentschädigung und Kontributionen aller Art waren bis zu einer säst unerschwinglichen Höhe zu leisten, französische Besatzungen blieben in den preußischen Festungen und bei seinen Kriegszügen durch preußisches Gebiet stellte Napoleon immer neue willkürliche Forderungen an das schwer geprüfte Sand; auch wachte der fremde Gewalthaber mit strenger, eifersüchtiger Vorsorge darüber, daß Preußen kein größeres als das ihm beim Friedensschluß zugestandene Heer unterhielt. Aber ungeachtet dieser Schwierigkeiten wußte die warme ernste Vaterlandsliebe des Königs und einer Reihe von patriotischen Männern die geeigneten Mittel und Wege zu finden, um die innere Entwickelung und Erstarkung Preußens zu fördern. Neben der Opferwilligkeit aller Classen der Einwohner diente eine musterhafte Finanzverwaltung dazu, trotz der großen Kriegskosten die Hülfsmittel des Landes wieder zu heben und zu vervielfältigen, — nicht weniger war man bemüht, den freudigen Patriotismus aller Volksklassen durch die Gewährung gewisser bisher entbehrter Rechte und Freiheiten zu entwickeln. Unter den Ministern von Stein und Fürst von Hardenberg wurden den Bauern manche drückende Lasten der alten Erbunter-thänigkeit abgenommen, den Bürgern durch die Einführung einer freisinnigen Städteordnung eine höhere Theilnahme am Gemeinwohl eingeflößt. Viele geistliche Güter und Kapitel, deren Ein-

4. Theil 4 - S. 94

1880 - Stuttgart : Heitz
94 Neueste Geschichte. 1. Periode. Freiheitskampf. wort des ganzen preußischen Volks auf diesen königlichen Ruf: das gesammle Volk empfand mit dem König, daß kein Opfer zu groß sei, die hehren Güter der nationalen Freiheit wieder zu erkämpfen, und alltz brannten vor Begier, sich an diesem heiligen Kampfe zu betheiligen. Bald waren alle Kräfte in Bewegung, um die Rüstung zu dem großen Unternehmen fördern zu helfen; wer irgend im Stande war, die Waffen zu tragen, von dem Jünglinge, der die Hörsäle der Universitäten oder die höheren Lehranstalten verließ, bis hinauf zu dem ergrauten Manne an der Grenze des Greifen-alters, Leute aus allen Ständen, von dem schlichten Bauer und Handwerker bis zum ernsten Gelehrten oder dem reichen Gutsbesitzer, alles strömte herbei, um die Reihen der Krieger zu vermehren. Gatten und Familienväter rissen sich mit Freudenthränen los von den segnenden Händen der ihrigen, mittellose Männer überließen Weib und Kind dem Schutz des Höchsten, um nicht zurückzubleiben bei dem allgemeinen begeisterten Beginnen. Wer aber am Kampfe selbst nicht Theil nehmen konnte, die Greise, die Kinder und besonders die Frauen, sie wetteiferten dennoch in Thaten freudiger Hingebung für das gemeinsame Werk: willig opferten sie ihr Hab und Gut, oder halfen mit ihrer Hände Arbeit die zahlreichen Kriegsbedürfnisse für die fo schnell gerüstete Armee beschaffen. Die Frauen legten ihr silbernes Geräthe und ihren Schmuck auf dem Altar des Vaterlandes nieder, die Kinder gaben ftendig ihre kleinen Ersparnisse hin, selbst die Jungfrauen, bis zur Dienstmagd herab, opferten, was sie irgend darzubringen vermochten, und diejenigen, welche gar nichts anderes hatten, schnitten ihr Haar ab, um den Preis des daraus gefertigten künstlichen Geflechts für das Vaterland hinzugeben. *) Ueberall aber halfen die Frauen den Muth und die Be- *) So that ein junges Mädchen, Ferdinand« von Sch mettau, in der Nähe von Breslau. Der Vater, Oberst a. D., früher Commandeur des 2. westpreußischen Infanterie-Regiments, lebte mit 11 Kindern, im Alter von 21 bis zu 1 Jahre, von 600 Thalern Pension und einer Erbpacht im Klostergut Bergel bei Ohlau, in bedrängten Umständen. Als nun die öffentliche Aufforderung kam, opferte der Vater seine aufbewahrte Staatsschabracke^ Mutter und Schwestern gaben ihre Ringe und kleinen Pretiosen, Ferdinanda, damals 16 Jahre alt, hatte gar nichts zu geben und war darüber untröstlich. Sie sann nach, was sie darbringen könnte. Sie war im Besitz eines schönen, langen Haares, welches man oft vergebens ihr hatte abkaufen wollen. Sie opferte dasselbe, um das gelöste Geld den Freiwilligen zukommen zu lassen. Die edle Dame lebte noch im Jahre 1863 und erschien bei dem großen, in Berlin veranstalteten Jubelfeste, wo sie der Gegenstand der mannigfachsten Auszeichnungen ward.

5. Theil 4 - S. 112

1880 - Stuttgart : Heitz
112 Neueste Geschichte. 1. Periode. mit erblichen Mitgliedern und eine Deputirtenkammer errichtet und ihnen das Recht der Steuerbewilligung gegeben wurde. Aber die neue Regierung versäumte es, den Geist der Nation, welcher der napoleonischen Herrschaft noch in vieler Beziehung zugeneigt war, zu schonen. Mit großer Uebereilung drängten die Freunde der zurückgekehrten Königsfamilie alle bisherigen Anhänger des vertriebenen Kaisers zurück, besonders aber verletzten sie die Armee und das Volk durch geringschätzige Behandlung der Soldaten, zumal der Garden des Kaiserreichs, und als die zahlreichen Kriegsgefangenen, welche nach dem Friedensschluß aus der fremden Haft entlassen waren, nach Frankreich zurückkehrten, fanden sie in der Mißstimmung des Volks bereits einen günstigen Boden, um ihre Vorliebe für den verbannten Bonaparte wieder zu verbreiten. Diese Stimmung der Gemüther in Frankreich blieb dem auf Elba gefangen gehaltenen, aber nicht streng bewachten Helden nicht unbekannt; viele seiner früheren treuen Diener, besonders der Polizeiminister Fouche, der Marschall Davoust, der Kriegsminister Carnot n. a. ermunterten ihn zu einem neuen kühnen Streich, und da er gleichzeitig erfuhr, daß die Fürsten und Staatsmänner in Wien über die Ländervertheilnng gerade in heftigem Zwiespalt waren, so hielt er den Augenblick für günstig zu einem neuen Versuch, die verlorene Herrschaft wieder zu erlangen. Am 26. Februar 1815 verließ Napoleon Elba mit etwa 1100 alten Soldaten; glücklich entging er den im Mittelmeer kreuzenden Schiffen der Engländer und Franzosen und stieg am 1. März bei Cannes in der Provence ans Land. Bald zeigte es sich, daß er in Bezug auf die Stimmung der Franzosen nicht falsch gerechnet hatte; denn überall im Süden wurde er mit Begeisterung aufgenommen, von Schritt zu Schritt wuchs die Anzahl seiner Getreuen. Mit seiner alten Zuversicht rief er aus: „Mein Adler wird von einem Kirch-thurm zum andern durch Frankreich vor mir herfliegen, bis er sich auf dem Thurme von Notre-Dame in Paris niederlassen wird." Vergeblich sandte Ludwig Xviii. die Generale gegen ihn aus, welche er für die treuesten hielt; kaum befanden sie sich im Angesicht ihres alten, ruhmgekrönten-Kriegsherrn, allste unwiderstehlich zu ihm hinübergezogen wurden, wie auch alle Truppen und Befehlshaber auf dem ganzen Wege von Cannes bis Paris • eben so zu ihm übergingen. In 20 Tagen legte der todtgeglaubte Löwe den Triumphmarsch zurück, und nachdem Ludwig Xviii. von allen, die ihm so eben Treue geschworen, verlassen, nach Gent in

6. Theil 4 - S. 272

1880 - Stuttgart : Heitz
272 - Neueste Geschichte. 3. Periode. Der minder bedeutende Conflict mit Neapel, welcher sich während des Krieges den Westmächten abgeneigt gezeigt hatte, ist nur darum bemerkenswerth, weil der Pariser Congreß, als die italienische Frage dort auftauchte, dem Könige von Neapel Maßregeln der Milde und Gerechtigkeit im Interesse der Ruhe Italiens anempfahl. König Ferdinand Ii. wies diese Vorstellungen, als einen Eingriff in seine Sonveränetätsrechte, entrüstet zurück; die italienische Nationalpartei aber wurde in ihren Hoffnungen auf den Beistand des Auslandes gestärkt. 146. Der Snndzoll und die Neuenburger Angelegenheit. Seit Jahrhunderten beanspruchte Dänemark von den durch den Sund und die Belte fahrenden Schiffen eine Abgabe, und zwar vom Schiff wie von der Ladung, welche sowohl in ihrem Rechts-titel als in ihrer Bemessung zu verschiedenen Zeiten bestritten, allmählich zu einem vertragsmäßigen Recht geworden war, obwohl die Ostseeschifffahrt dadurch unendlichen Nachtheil erlitt. Eben deshalb hatte Preußen wiederholentlich Schritte gethan, um eine Ablösung des Zolls herbeizuführen, ohne bei Dänemark große Geneigtheit zu finden. Da brachte Nordamerika die Sache zur Entscheidung. Der Vertrag der Regierung von Nordamerika mit Dänemark ging im April 1856 zu Ende und dieselbe erklärte, daß sie ihn weder erneuern noch fernerhin einen Zoll zahlen, einer etwaigen Behinderung ihrer Schifffahrt aber mit Gewalt begegnen werde. Diese Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht und veranlaßte Dänmarke, alle beim Sundzoll interessirten Staaten zu einer Conferenz nach Eopenhagen einzuladen, um die Frage gütlich zu lösen. Daber erklärte sich Dänemark zum voraus bereit, auf eine Capitalisiruug der Abgabe einzugehen, welche Summen dann auf die betreffenden Staaten repartirt werden sollten. Die Conferenz kam auch wirklich zu Stande und das Resultat derselben war ein unterm 14. März 1857 abgeschlossener Vertrag, wodurch die Sund- und Beltzölle gegen eine Totalsumme von 30,376,325 Reichsthaler (wovon 4,440,027 Reichsthaler auf Preußen kamen) abgelöst wurden. Die Neuenburger Angelegenheit war seit dem Jahr 1848 als ein untergeordneter Gegenstand in der Schwebe geblieben. ) *) Die Geschichte der preußischen Souverainetät über Neuenburg ist folgende: Das Schloß Neuenburg, im 9. Jahrhundert erbaut, kam mit dem burgundischen

7. Theil 4 - S. 431

1880 - Stuttgart : Heitz
Die Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserreiches. 6. M. zusammen und hier wurde das Friedenswerk am 10. Mai 1871 vollendet. Durch diesen Frieden erwarb Deutschland Provinzen zurück, welche ihm vor langer Zeit durch eigene Schwäche und die Schlauheit Frankreichs verloren gegangen waren. Einer der größten Kriege aller Zeiten, seit vielen Jahrhunderten der erste, welchen Deutschland allein aus seiner Kraft durchgestritten hatte, war siegreich beendet*), und — dieses war der herrlichste Siegespreis — das deutsche Volk hatte sich in den Kämpfen und Siegen selbst wiedergefunden. — 161. Die Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserreiches. Die Erinnerung an das alte deutsche Reich war im deutschen Volke nie erstorben. Freilich war das Reich in den legten Jahrhunderten seines Bestehens nur ein Schatten seines früheren Wesens, aber auch das Volk war in seiner Zersplitterung und Vereinzelung und in seiner Verlassenheit von aller vereinigenden Macht nur ein Schatten seiner Kraft. In wunderbarer Verschwörung dauerte das Reich wie das Volk dahin, und das Volk wie das Reich. Napoleon I. zerschlug das morsche Gebilde. Als aber durch dessen Besiegung und nach den Friedensschlüssen 1814/15 der Hauch einer frischeren Gegenwart über das zerrissene Deutschland hinwehte, wurde sogleich in dem deutschen Volke das Verlangen nach einer Einigung der verschiedenen Stämme und nach einer Erneuerung des Kaisertumes laut. Die damals im Bereiche der großen Politik geltenden Anschauungen beachteten diesen Drang des Volkes nicht. Deutschland, ebenso auch Italien, blieben sehr unfertige, unzureichende Gestaltungen in der damaligen Wiederherstellung des europäischen Staatengebäudes, und es hat sich gezeigt, daß in diesem Gebäude Sicherheit und Ruhe nicht heimisch werden konnten, so lange der zum Erwachen gekommene und bald *) -jn diesem Kriege haben die Deutschen 17 große. Schlachten und 156 größere oder kleinere Treffen und Gefechte geliefert, 26 Festungen zur Ueberaabe gezwungen, 11,600 Officiere und 363,000 Soldaten der französischen Armee gefangen genommen und über 6700 Geschütze und 120 Adler erbeutet. — Groß-artig waren auch die Leistungen der Liebesthätigkeit des Volkes, soweit dieselbe sich in Zahlen ausdrücken läßt. Die Einnahme der Vereine zur Pflege verwundeter und erkrankter Krieger betrug aus Deutschland über 10 Millionen, aus dem Auslande, d. h. aus allen Erdtheilen, Millionen Thaler. Der Werth der Naturalgaben belief sich außerdem noch auf über 5 Millionen Thaler.

8. Theil 2 - S. 96

1880 - Stuttgart : Heitz
96 Mittlere Geschichte. 2. Periode. England. zu kämpfen, da immer neue Schaaren wie aus dem Meere aufstiegen. Vergebens rief Alsred seine Unterthanen zu einem neuen Kampfe auf. Manche flohen in die Berge, Andere über die See, und die Uebrigeu unterwarfen sich den Siegern. Alfred, von Allen verlassen, von den Dänen ausgesucht, entließ seine Hofleute und flüchtete sich in Bauernkleidern. Er trat als Knecht in die Dienste eines seiner Rinderhirten, eines treuen Menschen, der nicht einmal seiner Frau den hohen Stand seines Gastes verrieth. Als er nun hier bemerkte, daß die Dänen nicht mehr so eifrig Ihn aufsuchten, begab er sich nach einem Versteck in Somersetshire (im südlichen England am Kanal von Bristol). Hier war eine von kleinen Flüssen, Morästen und Buschwerk umgebene Gegend, die Insel Athelney. Diese befestigte er; und dazu war hier Alles so unwegsam, daß Niemand ahnte, daß sich hier Menschen aufhielten. Von hier aus griff er mit einem gesammelten Haufen ' Sachsen öfters die Dänen an, die daraus wohl sahen, daß er noch da sei, aber nicht erfahren konnten, wo er sich aufhalle. Endlich hörte er, daß ein sächsischer Graf den Dänen eine Niederlage beigebracht und ihnen ihre Zauberfahne weggenommen habe, auf welcher von drei Schwestern unter Zaubersprüchen ein Rabe gestickt war und die durch ihr Wehen Kriegsglück und Unglück verkündigte. Nun wollte auch er offen hervortreten, vorher aber ))as Lager der Feinde erspähen. Als Harfenspieler verkleidet begab er sich dahin, er spielte ihnen vor und erwarb durch heitere Scherze ihr Vertrauen so, daß sie ihn überall frei umhergehen ließen, ja daß sogar einer ihrer Prinzen ihn mehrere Tage in seinem Zelte behielt. Da er ihre große Sicherheit bemerkte, war schnell sein Plan gemacht. Er verschwand aus dem dänischen Lager und schickte heimlich Boten zu den Angesehensten der Sachsen: daß sie sich an einem bestimmten Tage in einem dazu ihnen angewiesenen Walde einfinden möchten. Da sie längst die Tyrannei der Dänen unerträglich gefunden hatten, so kamen sie und empfingen den geliebten König freudig in ihrer Mitte. Sie versprachen ihm Treue und Gehorsam. Er benutzte ihre Begeisterung und führte sie sogleich gegen die Dänen. Diese waren überrascht von der Erscheinung der Sachsen, die sie ganz muthlos geglaubt hatten, und über das Wiederauftreten Alfreds. Sie erlitten bei Eddington unweit Bristol eine vollständige Niederlage, flüchteten sich in eine Festung und mußten sich hier an Alfred ergeben. Dieser war so großmüthig, sie im Lande zu behalten; er wies sie nach dem Norden Englands (Ostangeln und

9. Theil 2 - S. 95

1880 - Stuttgart : Heitz
Alfred von England. 95 62. Alfred von England (871—901) und Wilhelm der Eroberer (1066). Von England ist am Schluffe der alten Geschichte erzählt worden, daß 449 ein Schwarm Angelsachsen unter Hengift und Horsa auf Bitten der Briten aus Deutschland herübergekommen sei und ihnen zwar gegen deren Feinde, die Pikten und Skoten, beigestanden, sich aber dann in England festgesetzt und die Briten unterworfen habe. Es waren immer neue Schwärme nachgekommen und die Häuptlinge derselben errichteten sieben Königreiche in England, die sogenannte Heptarchie (Siebenherrschaft). Es war dies eine unglückliche Zeit; denn die unterdrückten Briten machten unaufhörliche Versuche, das ihnen aufgelegte Joch der Angelsachsen wieder abzuwerfen, und erst nach und nach fanden- sie sich in ihr Schicksal oder zogen sich in die Berge von Wales oder Cornwall zurück. Endlich vereinigte ein König von Wefsex (in Süd-England), Egbert, alle sieben Reiche (827) und machte also der Heptarchie ein Ende. Er war als Prinz, um sich vor den Verfolgungen seiner eigenen Verwandten zu retten, nach Frankreich geflohen und hatte am Hofe Karls des Großen seine Ausbildung erhalten. Mit Kenntnissen und Erfahrungen bereichert, kam er zurück, und mit ihm begann für England eine ruhigere Zeit. Doch wurde die Ruhe manchmal durch die Landung der Dänen oder Normänner, kühner Seeräuber, die von Dänemark und Norwegen aus das Meer durchschifften, gestört. Sie raubten Menschen und Güter, und schifften dann reich beladen nach Hause. Noch großem Ruhm als Egbert erlangte sein Enkel, Alfred, den man auch wohl den Großen genannt, und der von 871 bis 901 über England regierte. Als Knabe hatte er nichts gelernt, weil ihn sein schwacher Vater (Ethelwolf) verzärtelte; aber seine Mutier Judith, eine Tochter Karls des Kahlen, lehrte ihm die altsächsischen Lieder. Diese machten auf sein Gemüth einen wunderbaren Eindruck und entwickelten in ihm die Begeisterung für alles Edle und Große, die er hernach als König überall zeigte. Kaum hatte er den Thron bestiegen, so landeten neue Haufen von Dänen, die damals die Küsten nicht nur Englands, sondern auch Frankreichs und Deutschlands zu verwüsten pflegten. Nach mehrern vergeblichen Kämpfen verloren die Angelsachsen den Muth, ferner

10. Theil 2 - S. 98

1880 - Stuttgart : Heitz
98 Mittlere Geschichte. 2. Periode. England. behandelte Dänen und Sachsen mit gleicher Gerechtigkeit und suchte beide Völker einander näher zu bringen. Nach seinem Tode (1035) regierten seine beiden irnfähigeu Söhne (Harald Hasenfuß und Hartiknnt) sechs Jahre lang. Als der letzte derselben (Hartiknnt) starb, benutzten die Engländer die Abwesenheit des einzigen Sohnes Kannts, der König von Dänemark und Norwegen war, und wählten einen einheimischen Prinzen, Eduard denbekenner, einen Bruder Edmunds Jronside. Die in England wohnenden Dänen widersetzten sich der Wahl nicht, weil sie unter sich uneinig und überdies mit den Sachsen ziemlich ausgesöhnt waren. Eduard erhielt seinen Beinamen (des Bekenners, d. i. des Heiligen) von seiner strengen Enthaltsamkeit, die man damals für einen Beweis von Frömmigkeit nahm. Er war der letzte sächsische König, und da er keine Kinder hatte, so setzte er den jungen Herzog der Normandie, Wilhelm, zu seinem Nachfolger ein.*) Dieser Wilhelm war ein Sohn Roberts, der wegen der Wildheit, mit welcher er die Länder seiner Nachbarn verwüstete, unter dem Beinamen des Teufels bekannt ist und auf einer Pilgerreise nach Jerusalem gestorben war.**) Eduard hatte vor seiner Thronbesteigung am herzoglichen Hofe in Rouen gelebt, kannte den Herzog *) Ein tapferer Normannenanführer, Rollo, hatte unter den schwachen karolingischen Königen von Frankreich (911) die Normandie als Lehen erhalten und dort ein normannisches Fürstenhaus gegründet. **) Besonders arg trieb er es in seiner Jugend, wo er unaufhörlich Fehden suchte, Dörfer, Städte und Schlösser zerstörte und Alle, die sich ihm widersetzten, ermordete. Sein eigener Vater zog gegen ihn zu Felde, konnte aber den Sohn nicht bändigen, und starb endlich vor Gram, indem er über ihn den Fluch aussprach. Robert aber setzte sein wüstes Leben fort. Die Sage erzählt: Einst drang er mit seiner Rotte in ein Schloß ein, das seine Bewohner bis auf die Burgfrau und einige Diener aus Furcht verlassen hatten. Er verlangte Wein und befahl, als Alle berauscht waren, daß die Burgfrau vor ihm erscheinen sollte. Sie trat verschleiert in den Saal. Robert gebot ihr herrisch, den Schleier zu heben, und als sie es that, erblickte er — seine Mutter vor sich stehen. Mit Thränen hielt sie dem entsetzten Sohne sein schlechtes Leben vor, verkündigte ihm den Fluch des sterbenden Vaters und forderte ihn auf, nun auch die Mutter zu morden, wie er den Vater in die Grube gebracht habe. Außer sich sank er auf die Kniee nieder und flehte sie an, ihren und des Vaters Fluch von ihm zu nehmen. „Ich selbst," antwortete sie, „will dir nicht fluchen; aber den Fluch deines Vaters kann nur die Kirche aufheben; an diese wende dich, aber erst bessere dein Leben und versöhne dich durch Reue und Buße mit dem Himmel." Robert entsagte sogleich allen Fehden, ließ seine Bande auseinandergehen, legte ein härenes Gewand an und pilgerte nach Jerusalem, um seiner Sünden quitt zu werden.
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