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119. Rußland.
Rußland, seit Wladimir dem Großen (1015),
oft und vielfach gctheilt, büßte die aus Constantinopel
mit dem Christenthum gewonnene Cultur ganz wieder
ein wahrend der langwierigen drückenden Herrschaft der
Mongolen, die nach Besiegung des größten Theils von
Asien zuerst 1224 an der Kalka unter Tschutschi, dem
Sohn Temudschin (des Dschingis-Chan), dann
unter Batu, dessen Enkel, 1238 die Russen schlugen,
und deren goldene Horde zwischen dem Dnepr und
Iaik sich niedcrließ. Bis 1477, wo Iwan I. sich
unabhängig machte, dauerte diese harte Fremdherr-
schaft, aus welcher die befreiten Russen in großer Roh-
heit hcrvorgingen.
120. Polen.
Auch Polen, obwohl noch nicht fest und immer
mit Littaucn vereinigt, aber doch in sich abgerundet und
ohne die frühere Vereinzelung, wurde mächtig, und
überflügelte die deutschen Herren in Preußen bereits seit
dem Siege bei Tannenberg 1410. Als in der Folge
dem Orden seine eigenen Städte nicht mehr gehorchen
wollten, und sich 1454 dem Könige Kasimir Iv.
(1447 —1492) unterwarfen, erwarb Polen im Frie-
den zu Thorn 1466 das westliche Preußen und die
Oberlehnsherrschaft über das östliche.
121. Dänemark.
Dänemark hatte bereits im 12. Jahrhundert
-ine bedeutende Seeherrschaft erreicht unter Walde-
mar I. (1157—1181), dem Zeitgenossen des deut-
schen Friedrichs I., und unter Knud Vi. (1181 —
1202). Rügen, die mecklenburgischen, pommerschcn
und esthlandischen Küsten waren den Danen unterwor-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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83
fen, auf kurze Zeit. Denn schon unter des Letztem
Bruder Waldemar Ii. zerfiel die Macht unwieder-
bringlich; und nachdem in der Folge Waldemar Iii.
(1340 —1376) sein Reich von der gänzlichen Auflö-
sung gerettet hatte, unterwarf seine Tochter Marga-
rethe, Königin von Norwegen und von Damen, auch
Schweden 1389, und suchte alle 3 Reiche durch die
Union von Cal mar 1397 auf immer zu verbinden,
welcher Plan mühsam auszuführen war und zuletzt
(1324) ganz aufgegeben wurde.
122. Die Oströmer.
In dem Byzantinischen Reiche waren auf die Zei-
ten der Bilderstürmer Bedrängnisse von Seiten der
Bulgaren gefolgt, die 888 Macedonien eroberten, und
erst 1019 von Basilius Ii. unterworfen wurden.
Kreta und einige Besitzungen in Kleinasien hatte man
den Arabern wieder entrissen. Allein der Verfall des
Reichs, die Feigheit und Jämmerlichkeit des Volkes
wurde immer sichtbarer, wenn auch während der Kreuz-
zügcgute Regenten, wie die Comnenen Alexius, Jo-
hann und Manuel, die Gewalt noch einige Zeit zu
halten und zu heben schienen. Bald siel die feste .
Hauptstadt in die Gewalt entschlossener Abendländer, ^
die hier ein lateinisches Kaiserthum stifteten 1204,
das bis 1261 bestand, wo die Paläologen aus
Nicäa zurückkehrten.
123. Nachtheilc der Wahlverfassung für
Deutsch land.
Von anderer Art war der Verfall im Reich der
Deutschen, das jetzt so gut als ohne Oberhaupt war,
daher die Macht der Fürsten ungebührlich wuchs.
Nach Friedrichs Ii. Tode (1250) hatte dessen Sohn
6*
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Waldemar_Ii Waldemar_Iii Basilius Alexius Manuel Friedrichs
100
des Wohlstandes ihres Reichs machte, Jacob
Stuart zum Thron gelangt 1603, wodurch Schott-
land auf immer mit England vereinigt wurde. Auch
hier wurde der (herrschenden) protestantischen Kirche
noch immer im Stillen cntgcgengewirkt. Pulverver-
schwörung 1605. Karl I. schien überspannten Puri-
tanern die Katholiken zu milde zu behandeln. (Blut-
bad in Irland 1641). Sein Streit und Krieg mit
dem Parlament führte ihn 1647 in Gefangenschaft,
1649 auf das Blutgerüst. England war einstweilen
eine Republik unter Oliver Cromwell, als
Protektor.
159. Verhältnisse der nordischen Reiche.
Im skandischen Norden war ein wahrend des deut-
schen Krieges abermals erfolgter Ausbruch dänischer
Feindseligkeiten in Kurzem siegreich von den Schweden
durch den Frieden zu Brömscbroo 1645 bcigelcgt.
Rußland aber hatte unter Wasilei 1521 zum letzten
Male einen Anfall der Tartaren erduldet. Iwan 1l.
roh und hart, wie sein Volk, unterwarf Kasan 1552,
und kämpfte mit unablässiger, obwohl vergeblicher,
Anstrengung um den Besitz des schönen Livlands, das
sich in den Schutz Polens begab (Vertrag zu Wilna
1561), so wie Esthland sich Schweden damals unter-
worfen hatte. Aber obwohl Polen dadurch der größte
und mächtigste Staat des Nordens wurde, so erwei-
terte doch auch Rußland sein Gebiet ungemein durch die
Eroberung von Sibirien gegen Ende des 16. Jahr-
hunderts. Übrigens lag in der Verfassung Polens der
Keim nothwendiger Auflösung, während Rußland
selbst in den inncrn Unruhen, die nach Feodor's
Tode (1598) cingetrcien waren, mehr Einheit und
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Extrahierte Personennamen: Jacob
Stuart Karl_I. Oliver_Cromwell Iwan
Extrahierte Ortsnamen: England Irland England Schweden Kasan Polens Wilna Sibirien Polens
81
töpfern Richard/ abdrangcn. Schon seit 1283 er-
langte das Parlament allmählig seine vollständigere
Ausbildung durch das Haus der Gemeinen.
117. Wiederaufleben christlicher Reiche
in Spanien.
In Spanien hakten sich in den asturischen Gebir-
gen und längs der Pyrenäen aus den Abkömmlingen
geflüchteter Wcstgothen allmahlig im 10. und 11. Jahr-
hundert die kleinen Königreiche von Leon, Navarra,
Burgos und Aragon gebildet/ die im Kampf mit den
mächtigen aber oft uneinigen Saraccnen sich nach und
nach vergrößerten. Seit 1109 kommt Portugal als
besonderer Staat hinzu; Burgos aber und Leon
verschmolzen zu Einem Reiche (Castilien) seit 1252.
Großer Sieg Alphonso's Viii. von Castilien über die
Araber beitolosa 1212, und Eroberung von Sevilla
und.cadiz durch Ferdinand Iii. 1250. Aragonien
wachst durch die Balearen 1229, durch Valencia,
und 1282 kam Sicilien, 1326 Sardinien hinzu. Nur
Grenada blieb seitdem den Moslim.
118. Der Norden.
In den Nordischen Reichen war nach vielen ver-
geblichen Versuchen das Christcnthum im Anfänge des
11. Jahrhunderts eingeführt worden. Doch hatten die
Slaven in Polen bereits 964, die in Rußland 988 das
Christenthum angenommen. Die Preußen sollten durch
den Kreuzzug der deutschen Ritter (1230 — 1283)
dazu ^bekehrt werden; doch fanden die meisten im Wi-
derstande den Untergang oder flohen nach Littauen, wo-
hin der Christenglaube erst 1386 drang, als Großfürst
Iagello sich mit der Königin Hedwig von Polen,
Ludwigs des Großen Tochter, vermählte.
6
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Extrahierte Personennamen: Leon Ferdinand_Iii Ferdinand Großfürst
Iagello Hedwig_von_Polen Ludwigs
74
Die Entdeckung des Albert N'yanza.
ins Hinterteil des Kanoe ein Lager, bohrte unterhalb desselben mit
dem großen Bohrer ein Loch und band mit einem Riemen von
roher Haut, den ich von meiner mit Wasser gesättigten Bettdecke
abschnitt, ein Ruder fest. So machte ich ein höchst wirksames
Steuerruder. Von meiner Mannschaft hatte mir keiner geholfen.
Während ich hart arbeitete, waren sie unter ihren eingeweichten Fellen
liegen geblieben und hatten ihre kurzen Pfeifen geraucht. Sie waren
vor Verzweiflung völlig gefühllos, da ihre lächerlichen Anstrengungen
beim Rudern am vorhergehenden Abend alle Hoffnung in ihnen voll-
ständig vernichtet hatten. Sie hatten sich ganz in ihr Schicksal er-
geben und betrachteten sich als der Geographie geopfert.
Ich warf ihnen den Bohrer hin und erklärte, daß ich zum Auf-
bruch fertig sei und auf niemanden warten würde. Ich schnitt zwei
Bambusrohre ab, machte einen Mast und eine Segelstange und be-
festigte einen großen schottischen Plaid als Segel daran. Wir stießen
das Boot ab. Glücklicherweise hatten wir zwei oder drei Reserve-
rüder; das zum Steuer verwendete Ruder wurde daher nicht ver-
mißt. Ich nahm das Steuer und ermahnte meine Mannschaft, an
nichts zu denken als an starkes Rudern. Fort ging's mit uns so
gerade wie ein Pfeil zum größten Vergnügen meiner Leute. Es war
sehr wenig Wind, aber ein leichtes Lüftchen füllte den Plaid und
trieb uns sanft vorwärts.
Als wir um das Vorgebirge herum waren, befanden wir uns
in einer großen Bai; das gegenüberliegende Vorgebirge war in einer
Entfernung von acht bis zehn Meilen sichtbar. Wollten wir an der
Küste der Bai hinfahren, fo hätten wir zwei Tage gebraucht. Weiter
hinein war noch ein anderes kleines Vorgebirge; ich beschloß daher,
direkt nach diesem Punkte zu steuern, ehe ich mich in gerader Linie
von einem Vorgebirge zum andern wagte.
Als ich mich umsah, bemerkte ich, daß unser zweites Kanoe
etwa eine Meile zurück war und sich die Zeit damit vertrieb, daß
es nach allen Gegenden des Kompasses zeigte; — die faule Mann-
schaft hatte sich nicht die Mühe genommen, das Steuer anzuwenden,
wie ich ihr befohlen hatte.
Wir reisten etwa vier Meilen in der Stunde, und meine Leute
waren so aufgeblasen, daß sie sich bereit erklärten, ohne Beistand bis
zur Nilmündung zu rudern. Das Waffer war vollkommen ruhig,
und als wir um das nächste Vorgebirge herum waren, hatte ich die
Freude, in einer bequemen kleinen Bai ein Dorf und eine große
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Die Krokodilengrotte von Maabdeh. 181
seine und seines arabischen Pferdes schöne Formen und Gelenkigkeit
zu zeigen.
Abends und die halbe Nacht hindurch sind die sonst um diese
Zeit toten und menschenleeren Straßen Kairos mit Hunderten von
Spaziergängern belebt, welche nach der Esbekieh strömen, sich frei
fühlend von dem lästigen Laternengesetz und von den beobachtenden
Blicken der türkischen Polizeisoldaten, welche selbst in umfangreicher
Weise Ramadan feiern. Die Kaffeehäuser in der Stadt sind geöffnet
und lange bis nach Mitternacht besucht.
(Nach W. Winkler.)
6. Die Krokodilengrotte von Maabdeh.
Die Windstille hielt uns seit drei Tagen vor Anker bei Amabdi
fest. Der Aufenthalt in der Kajüte wurde unter dem glühenden
Sonnenbrande immer unerträglicher; wir waren des ewigen Rauchens
und Faulenzens müde und sehnten den Khamsin herbei, dessen
Staubwolken seit mehreren Tagen am westlichen Horizonte zu drohen
schienen. Da schlug uns Hassan, unser Dragoman, vor, die einige
Meilen von unserem Ankerplatze entfernten Grotten von Maabdeh
zu besuchen. Ich erinnerte mich des schrecklichen Abenteuers, welches
das Parlamentsmitglied Herr Leigh dort bestanden hatte, und nahm
trotzdem den Vorschlag an, ja ich beschloß sogar, ungeachtet der
dringenden Mahnungen Hassans, in das Innere der Grotten einzu-
dringen.
Es gelang uns, in Amabdi einige Esel und zwei junge Bursche
als Führer auszutreiben. Bei Tagesanbruch sollten wir (ich und
mein Bruder) aufbrechen.
Der Mond war untergegangen, und der dichte ägyptische Nebel
umhüllte die Landschaft, als wir geräuschlos über den Strom fuhren
und auf dem Sande des andern Ufers ans Land stiegen. Die Luft
war inzwischen erstickend heiß geworden, denn der Khamsin näherte
sich und verschleierte bereits den Horizont. Vor uns erhoben sich
Granathügel, die sich unter den Staubwirbeln wellenförmig zu be-
wegen schienen; hinter uns, zwischen nahen Ufern eingezwängt,
wälzte der Nil brausend und reißend schnell seine gelben Wellen.
Die Führer erschienen, als eben die Sonne aufging. Der Weg
führte uns zwei Stunden lang durch reiche Getreide-, Hanf- und
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96 Die Somal.
zwischen Abefsinien und dem Äquator, der Ostküste einerseits und
dem Stromgebiet des oberen Nillaufes andererseits. Da das ganze
Volk streng mohammedanischer Religion ist, hat es sich gegen die
Nachbarvölker fast ganz abgeschlossen und nur an den Landesgrenzen
etwas vermischt.
Nur vorübergehend sind in einigen Küstenplätzen Araber und
Hindus als Kaufleute geduldet worden. Da es niemals Reisenden
außer dem Baron Claus v. d. Decken, der leider ein so rasches und
unglückliches Ende nahm, geglückt ist, mit dem unvermischten Volke
in Freundschaft zu leben, so haben sich bis in die neueste Zeit die
unglaublichsten Fabeln von diesem Volksstamme erhalten. Wenn
ich auch nur 6 Wochen hier gelebt habe, also vielleicht kein kompe-
tentes Urteil besitze, so kann ich doch versichern, daß alle diese Er-
Zählungen wirkliche Fabeln sind. Die Somal sind durchweg ein sehr
liebenswürdiger, ordentlicher, reinlicher Menschenschlag, der aber
leider eine unbeschreibliche Habgier, die zu zügeln nicht immer ganz
leicht ist, besitzt. Das Volk ist nach seiner Lebensweise in Hirten
und Städter einzuteilen.
Die Hirtenbevölkerung nomadisiert im ganzen Inneren mit ihren
großen Herden und hat keine festen Wohnsitze, während sich die
Städter in größeren und kleineren Ortschaften an der Küste nieder-
gelassen haben. Jene ist sehr kriegerisch und unternimmt fast jähr-
lich Raubzüge gegen die Nachbarvölker, um Menschen und Vieh zu
rauben und diese Leute dann bei den Städtern gegen Geld, Kleider
und andere Handelsgegenstände einzutauschen. Die Städter dagegen
treiben Handel nach Indien und Arabien, beschäftigen sich viel mit
Haifischsang und Perlenfischerei. Bei den Städtern hat sich die
Sitte, alles Fremde zu plündern, dahin gemildert, daß sie zur Zeit
nur noch das Strandrecht an ihrer Küste ausüben und von allen
ankommenden fremden Schiffen eine gewisse Steuer erheben, welche
in Reis oder Matama (indisches Korn) besteht. Diese Abgabe (oder
Geschenk) erbittet sehr bescheiden, aber bestimmt, einer der älteren
auf das Schiff kommenden Somal. Höchst interessant ist es, die
Bevölkerung zu beobachten, wenn sich ein Schiff vor dem Hafen zeigt.
Zuerst streitet Jung und Alt, ob es weiter geht oder einläuft, sobald
letzteres klar ist, von welcher Station es ist, und was es wohl
bringen mag. Nachdem alles hin und her erwogen, stürzt die Ju-
gend in das Meer, um schwimmend das Schiff zu erreichen, während
die Männer mit ihren Booten an dasselbe fahren. Auf dem Schiff
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Das unbekannte Land zwischen der Goldküste und dem oberen Niger. 285
Aschante, der auch im Kriege eine Rolle gespielt, auf eigene Faust
den sagenhaften Ort aufzusuchen und dort Milchkühe, deren Mangel
an der ganzen Küste so schwer empfunden wird, auch Pferde und
Schafe einzuhandeln. Sobald sein Projekt bekannt wurde, riet man
ihm von allen Seiten ab, das Unternehmen zu wagen, da die Ein-
wohner im höchsten Grade unduldsam und räuberisch, und die Ge-
genden, die zu durchschreiten seien, teils nnwirtbar, teils voll von
Elefanten, Löwen und Leoparden seien. Auch müsse man ganze
Tagereisen durch eine menschenleere Wüste ziehen. Blieb Aschante
nun auch fest, so war es um so schwerer, die nötigen Träger und
Begleiter zu finden und mußte er dann auch mit nur wenig Ge-
treuen die monatelange Reise am 18. Januar von der Station
Kjebi aus antreten. Als Mundvorrat hatte er hauptsächlich Choko-
lade, Brot, Mais und Bodennüsse bei sich, ferner Cognac und
Chinin, das notwendige Übel auf einer Afrikareife. Nach drei Tagen
erreichte die kleine Karawane die nördlichste Baseler Station Abetifi,
nordöstlich von Kumassi gelegen, und pflegte da einige Tage der
Ruhe; neue Schwierigkeiten erhoben sich hier, da sich keine Träger
nach Salaga engagieren lassen wollten und die finanzielle Ausrüstung
unseres Reisenden 20 L. nicht viel überstieg. Doch regelten sich
diese Sachen endlich zu leidlicher Befriedigung, und nun wurde die
Reise durch die ehemals zu Aschanti gehörige Provinz Okwau in
nordöstlicher Richtung fortgesetzt. Die erste Tagereise brachte die
Reisenden nach Nkwantanan, dem letzten Okwaudorf, und die
nächstfolgende an den wegen feines Fischreichtums berühmten Fluß
Afram, den schon 1869 die gefangenen Misstonare Ramseyer und
Kühne mit den Aschanti zu Fuß passiert hatten. Derselbe ist etwa
80 Schritte breit und kann in der nassen Jahreszeit nur auf Booten
passiert werden, da er sehr reißend ist. Derselbe ist jedenfalls ein
Nebenfluß des Volta.
Jenseits des Afram beginnt eine weite, ganz unbewohnte Gras-
ebene, eben jene Wüste, vor der man David Aschante gewarnt hatte.
Dieselbe muß aber die letztere Bezeichnung jedenfalls mit Unrecht
tragen. Denn nach Afchantes Schilderung ist diese Ebene nicht
allein mit hohem Gras und Gebüsch bewachsen, sondern überaus
reich an Wasser und deshalb auch ein wahres Paradies für Ele-
fanten, Antilopen und Gewild aller Art, aber natürlich auch für
Löwen und Leoparden. Aschante vergleicht diese Gegend mit der
Akkra-Ebene zwischen Akuapem und der Küste; nur findet er sie
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Das unbekannte Land zwischen der Goldküste und dem oberen Niger. 287
energisches Auftreten war nötiger als je. Das Volk ist zahlreicher
als die Pae, schmutzig und bigott im höchsten Grade. Ihre runden
Häuser besitzen weder Gehöfte noch Schattenbäume, noch Zäune,
weil der Fetisch dieselben nicht leiden will. Der König hat fast gar
keinen Einfluß, umsomehr aber der Fetischpriester, der das ganze
Volk in Sklaverei hält. Weder Pferde noch Esel werden in der
Gegend geduldet, auch ist es streng verboten, nachts ein Licht anzu-
zünden, da das vom Fetisch ebenfalls ungern gesehen wird. Zwil-
finge werden über einen bestimmten Felsen in den Volta geworfen
und selbst die Bezeichnung derselben — Ata — darf nie ausge-
sprochen werden. Zeigt sich der Fetischpriester, so schreit alles aus
Leibeskräften — der große Vater kommt, er kommt —, denn es
würde auf ein wenig lautes und eifriges Schreien eine arge Strafe
folgen. Man kann sich daher vorstellen, was es für eine Erregung
gab, als Afchaute nachts ein Licht anzündete und trotz aller könig-
lichen Botschaften nicht löschte, und als er gar am andern Tage vor
dem Hause des Fetisches predigte. Sogar seine Leute gaben ihn
verloren und waren überaus erstaunt, als sich an seinem ruhigen
und festen Auftreten die Wellen des Volksanflaufes brachen.
Die Hauptstadt Karakye liegt am Volta auf felsigem Boden
und ist ein sehr besuchter Wallfahrtsort. Handel und Viehzucht
werden wenig betrieben, obfchon in Karakye alle Schiffe, die den
Volta hinauf nach Salaga Waren bringen, wegen der großen Strom-
schnellen, deren Brausen man in Karakye beständig hört, umgeladen
werden müssen. Die Händler beladen oberhalb des Falles die
Schiffe wieder und führen dieselben dann den Volta hinauf, bis
2 Tagereisen vor Salaga, das etwas abseits vom Volta liegt; oder
sie führen die Waren aus dem Landweg in 5 Tagereisen nach Salaga.
Am 5. Februar marschierte Aschante, nachdem er in Karakye
seinen Leuten eine Ruhezeit gegönnt, wieder in nördlicher Richtung
weiter und kam nach 2 Tagen in das Gebiet der Ndschumuru.
Dieses Volk ist weniger zahlreich als die Karakyeer, diesen aber in
Sprache und Beschäftigung fast ganz ähnlich. Auch hier wird der
Küstendial?kt Kyerepong noch dann und wann gesprochen. Die
Ndschumuru tätowieren sich sorgfältig. Ihre Toten begraben sie
vor den Häusern, was die Karakyeer nie thun, die besondere Be-
gräbnisstätten haben. Die Hauptstadt ist Bagyamso, die wahr-
scheinlich identisch ist mit dem Orte Bediamesso der neuen Andree-
schen Karte nach den Angaben des französischen Händlers Bonnat,
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366
Deutsch-Äquatorial-Afrika.
denken, wie sehr die Weiber sich beeilten, die Feuerstellen zuzudecken.
Die Windstöße waren so heftig, daß in einem Nu mehrere Hütten
weggeführt und Gott weiß wohin geweht wurden. Glücklicherweise
lag unsere Hütte zwischen anderen so geschützt, daß wir nicht zu
fürchten brauchten, fortgeweht zu werden. Das hinderte aber nicht,
daß, als die Wolken an zu brechen fingen, Ströme Wassers von
oben und unten hereinfluteten, so daß wir in einem Augenblicke
durchnäßt waren. Es ist gut, daß dergleichen Unwetter in der heißen
Zone nie lange anhalten; nach einigen Stunden hatten wir einen
vollkommen sternhellen und unnmwölkten Himmel, und am andern
Morgen tauchte die Sonne wie neu aus dem Benue, dessen früher
staubige, dunkelbuschige Ufer jetzt durch den Regen rein gewaschen
waren und wie im Frühlingsgrün prangten. Bei uns in Europa
hat man keine Idee davon, wie rafch belebend der erste Regen auf
die tote Natur einwirkt. Schon nach einigen Tagen sproßt alles
neu und frisch aus dem Boden, welcher sich wie durch Zauber in
einen grünen Teppich voll bunter Blumen umwandelt. Und sobald
die Pflanzenwelt erwacht, thnt es nicht minder die kleine Tierwelt;
Schmetterlinge und Käser, die man sonst nur in Thälern, wo immer
fließende Bäche und Rinnsäle rieseln, bemerkt, treiben sich überall
herum.
Am andern Morgen endlich nahmen wir von unseren Bassa-
freunden in Loko Abschied und bestiegen unsern hohlen Baum.
Dieser Kahn war gerade groß genug, um uns beherbergen zu
können; nur ein Neger stand auf dem Hinterteile, um mit einer
Schausel das schnell stromabwärts treibende Schiffchen zu lenken.
In seinem Munde hatte er eine lange Pfeife, die bis auf den Boden
ging und nur von Zeit zu Zeit fortgelegt wurde, wenn die Lenkung
des Schiffchens vielleicht mehr Aufmerksamkeit wie gewöhnlich er-
heischte. Wenn uns ein anderer Kahn begegnete, dann wurde sicher
beigelegt, um einige Züge gemeinschaftlich zu schmauchen. Die meisten
hatten sogar ein kleines Feuer in einem irdenen Topse auf dem
Vorderteile des Kahnes brennen, teils um Fische im Rauche des
Feuers vor Fäulnis zu bewahren, teils um die Pfeifen anzünden
zu können.
Es ist die Sitte des Rauchens hier bemerkenswert genug;
während z. B. in ganz Nord-Central-Afrika, Uadai, Bornu, Hauffa,
Bambara zc., überall Tabak gezogen wird, verwenden die dortigen
Einwohner dies Kraut nur zum Kauen, indem sie es pulverisiert
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Nord-Central-Afrika Bornu Hauffa Bambara