83
fen, auf kurze Zeit. Denn schon unter des Letztem
Bruder Waldemar Ii. zerfiel die Macht unwieder-
bringlich; und nachdem in der Folge Waldemar Iii.
(1340 —1376) sein Reich von der gänzlichen Auflö-
sung gerettet hatte, unterwarf seine Tochter Marga-
rethe, Königin von Norwegen und von Damen, auch
Schweden 1389, und suchte alle 3 Reiche durch die
Union von Cal mar 1397 auf immer zu verbinden,
welcher Plan mühsam auszuführen war und zuletzt
(1324) ganz aufgegeben wurde.
122. Die Oströmer.
In dem Byzantinischen Reiche waren auf die Zei-
ten der Bilderstürmer Bedrängnisse von Seiten der
Bulgaren gefolgt, die 888 Macedonien eroberten, und
erst 1019 von Basilius Ii. unterworfen wurden.
Kreta und einige Besitzungen in Kleinasien hatte man
den Arabern wieder entrissen. Allein der Verfall des
Reichs, die Feigheit und Jämmerlichkeit des Volkes
wurde immer sichtbarer, wenn auch während der Kreuz-
zügcgute Regenten, wie die Comnenen Alexius, Jo-
hann und Manuel, die Gewalt noch einige Zeit zu
halten und zu heben schienen. Bald siel die feste .
Hauptstadt in die Gewalt entschlossener Abendländer, ^
die hier ein lateinisches Kaiserthum stifteten 1204,
das bis 1261 bestand, wo die Paläologen aus
Nicäa zurückkehrten.
123. Nachtheilc der Wahlverfassung für
Deutsch land.
Von anderer Art war der Verfall im Reich der
Deutschen, das jetzt so gut als ohne Oberhaupt war,
daher die Macht der Fürsten ungebührlich wuchs.
Nach Friedrichs Ii. Tode (1250) hatte dessen Sohn
6*
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Waldemar_Ii Waldemar_Iii Basilius Alexius Manuel Friedrichs
101
Kraft entwickelte. Unter dem Hause Romanow
(seit 1613) erhob es sich bereits auf Kosten Polens.
160. Die Türken.
Ungern stand noch immer unter der Abhängigkeit
von den Türken, die über Land und Meer, von der
Theiß bis Nubien herrschten. Denn Selim I. hatte
1517 Ägypten, Selim Ii. 1571 Cyprus erobert. In-
deß ward die türkische Flotte bei Lepanto 1571 von den
Spaniern bereits besiegt, und hatte den Ruf der Un-
überwindlichkeit verloren, den in der folgenden Periode
auch die Landheere der Pforte einbüßten.
16t. C u l t u r.
Der Streit in Neligionssachen belebte den Eifer in
wissenschaftlichen Forschungen, wobei insonderheit die
historischen und Alterthumsstudien sehr gewannen.
(R e u ch l i n, Erasmus, M e l a n ch t h o n, Came-
rarius, Muretus, Lipsius, Scaliger, Ste-
phanus, Gronow u. v. a.). Daneben erreichte
die schöne National-Literatur der europäischen Völker,
insonderheit die spanische (Cervantes, Lope
de Vega), portugiesische, italianische
(Ariosto, Torquato Tasso), englische (Sha-
kespeare um 1600) eine Hobe Trefflichkeit. Die
Naturwissenschaften machten große Fortschritte, be-
sonders die Astronomie durch Kopernicuö (-j- 1543),
Kcppler, Tycho de Brühe, Galilei (ff-1642).
Otto von Guerike (1650) erfand die Luftpumpe.
Non der fortschreitenden und allgemeiner verbreiteten
wissenschaftlichen Bildung zeugt auch die sehr zuneh-
mende Zahl der in dieser Periode gestifteten Universitä-
ten. — In den Künsten erreichten unsterblichen Ruhm
die Maler Raphael, Michael Angelo, Cor-
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Lipsius Gronow Vega Otto Raphael Michael_Angelo
13 —
König Johann (Benckelßen) von Leyden, hielt sich noch eine Zeitlang gegen den ihn belagernden Bischof, wurde aber 1535 bei einem Anssall gefangen genommen und endete unter Martern. Das Täufertum wurde darauf mit Gewalt unterdrückt, lebte aber uoch in der von Menno Simonis (f 1561) gestifteten Sekte fort und wnrde auch nach England verpflanzt, wo es später noch einmal zu großer Bedeutung gelangte (Independenten).
Unglücklich eudete auch der Versuch Lübecks, die Verhältnisse des europäischer! Nordens in demokratischem Sinne umzugestalten. Der letzte Unionskönig Christian Ii.. welcher die Macht der privilegierten Stände, des Adels und der Geistlichkeit, zu brechen und seine Herrschaft auf das Volk zu stützen suchte, wurde 1523 aus Schweden durch Gustav Wasa, aus Dänemark und Norwegen durch seinen Oheim Friedrich vou Holstein verdrängt. Die neuen Herrscher führten die Reformation ein und hoben die Privilegien! der Hansa auf. Um diese wiederzugewinnen, suchte der Lübecker Bürgermeister Jürgen Wullenwever, welcher durch eine Erhebung der Demokratie 1533 in den Rat gekommen war, 1534 mit Hilfe der Demokratie in den nordischen Reichen und der Bauern den entthronten König wiedereinzusetzen. Aber die Parteinahme der deutschen Fürsten für Friedrichs Sohn Christian Iii. führte die Niederlage Lübecks und den Sturz der Demokratie herbei; Wulleu-wever selbst wurde 1537 bei Wolfenbüttel enthauptet. Damit war die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit der nordischen Staaten gesichert, die letzte demokratische Erhebung niedergeschlagen.
Inzwischen wurde der Kaiser durch die Plünderungen der türkischen Flotte an der Küste von Neapel zu einem Zuge gegen Chaireddin Barbarossa nach Tunis 1535 genötigt, wo er Goletta und ^uuis einnahm und tausende von Christensklaven besreite. Nach seiner Rückkehr beschäftigte ihn auf längere Zeit der dritte Krieg mit Franz I (1536—1538), welcher nach Sforzas Tode wiederum Ansprüche aus Mailand erhob. Auch später hinderte ihn trotz des Abschlusses eiites katholischen Bündnisses zu Nürnberg die drohende Haltung der Türken an bewaffnetem Einschreiten gegen die Protestanten. Vergebens suchte er durch Religionsgespräche (Regensburg 1541) eine Einigung herbeizuführen, die Gegensätze waren bereits zu schroff geworden. Dagegen gelang es ihm,
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Johann Menno_Simonis Christian_Ii Gustav_Wasa Gustav Friedrich Friedrich Friedrichs Christian_Iii Barbarossa Barbarossa Christensklaven Franz_I Franz
— 84 —
aus dem Großgrundbesitz, kam zu einer größeren Bedeutung. Die Bauern, anfangs teils vollfrei, teils frondend, teils unfrei, gerieten durch die Saft dei Abgaben und das herrschende Jagdrecht immer mehr in Unfreiheit. Die Geistlichen waren meist Abendländer, die Bürger der Städte vielfach Deutsche, namentlich in dem allmählich ganz germanisierten und mit dem Reiche vereinigten Schlesien.
Die Normannen in Nordeuropa bewahrten am längsten von allen germanischen Völkern die altgermanische Verfassung; das Feudalsystem fand bei ihnen keinen Eingang. Später entstanden drei gesonderte Reiche, Dänemarck, Schweden und Norwegen. Durch ihre Wikingerzüge wurden die Normannen der Schrecken ganz Europas; anfangs nur plündernd, gründeten sie später dauernde Niederlassungen. So wurden die Normandie (911 Rollo), England anfangs vorübergehend (Kanut der Große, f 1035), dann dauernd (Wilhelm der Eroberer 1066), Unteritalien (die Söhne Tankreds von Hanteville 1016), Rußland (Runs 862) und Island von ihnen besiedelt. Das Christentum und die Ansänge der abendländischen Kultur erhielten die Normannen in Nordeuropa vom deutschen Reiche, von dem sie anfangs politisch und kirchlich, länger noch wirtschaftlich abhängig blieben.
Dritte Periode:
Die Auflösung von Staat und Kirche des Mittelalters und die Neugestaltung Europas durch die Bildung nationaler Staaten.
1. Die Zerrüttung des deutschen Reiches.
Mit dem Untergange der Hohenstaufen war auch die Idee des kaiserlichen Universalstaates zu Falle gebracht, und das deutsche Reich mußte die Führung unter den Nationen an Frankreich abgeben. Um aber eine weitere Ausdehnung des französischen Einflusses, welcher bereits in Burgund und Italien überwog, zu verhindern, betrieb Papst Gregor X. nach dem Tode Richards von Cornwallis bei den Kurfürsten eifrig die Wahl eines neuen deutschen Königs. In dem Bestreben, durch die Erhebung eines schwachen Herrschers ihre eigene Macht zu befestigen, wählten diese
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Extrahierte Personennamen: Rollo Wilhelm Tankreds Gregor_X Gregor Richards_von_Cornwallis
Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Nordeuropa Schweden Norwegen Europas England Unteritalien Island Nordeuropa Europas Frankreich Burgund Italien
110 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
Ungern, ein zwar nun schon christliches, aber doch noch sehr rohes
Volk, ließen den Walther mit seiner Horde zwar ein, und ihr
König K.olomann versprach auch, die nöthigen Lebensmittel ge-
gen Bezahlung zu liefern. Aber um Ordnung zu halten, war
das Gesindel nicht ausgezogen. Sie zerstreuten sich im Lande,
plünderten — und wurden zum Theil todtgeschlagen. Noch
schlimmer ging es ihnen im Lande der Bulgaren, so daß nur ein
kleines Hänschen bei Constantinopel ankam, welches froh war, daß
der griechische Kaiser Alexius Comnenus ihm die Erlaubniß gab,
bis zur Ankunst Peters ein Lager vor den Thoren aufschlagen
zu können.
Nun kam Peter mit 40,000 nach, die nicht viel besser als
des Walthers Leute waren. Doch ging anfangs Alles gut. Die
Ungern hielten Friede, weil Peter Ordnung hielt. Schon war
dieser fast an die letzte Grenze gekommen, da hörte er, daß in
einer vor ihm liegenden Stadt (Semlin) 16 Kreuzfahrer von
Walthers Haufen, weil sie geplündert hatten, von den entrüste-
ten Einwohnern erschlagen worden wären. Dies hören und die
Stadt stürmen lassen, war Eins. Die armen Einwohner, die
meist an jener That ganz unschuldig waren, wurden säst alle er-
mordet, die Stadt fünf Tage lang geplündert und ein entsetz-
liches Blutbad angerichtet. Das that der heilige Peter. Frei-
lich mußte er nun eilen, daß er über die ungarische Grenze kam;
denn schon war der König im Anzuge, die Greuelthat zu rächen.
Auch in Bulgarien benahm sich Peter so unklug, daß er sich mit
den Einwohnern ganz überwarf. Er erlitt eine ungeheuere
Niederlage; der vierte Theil seiner Leute lag blutend aus dem
Wahlplatze, und sein ganzes Gepäck und eine Menge mitgezogener
Weiber, Kinder, selbst Nonnen, fielen in die Hände der wilden
Bulgaren. Gedemüthigt kam er mit dem Ueberreste bei Con-
stantinopel an, und er und Walther klagten sich nun gegenseitig
das erlittene Unglück, an dem sie doch beide allein schuld waren.
Auch Petern erlaubte der Kaiser, das Heer Gottfrieds zu erwarten.
Aber diese beiden Haufen waren nicht die einzigen. Auch
in Deutschland erhob sich die Begeisterung und wurde von
schwärmerischen Geistlichen zur lichten Flamme angeblasen. Der
Eine hatte um die Zeit der Versammlung in Clermont Sterne
vom Himmel regnen gesehen; ein Anderer zwei Männer zu Pferde,
die am hellen Tage am Himmel miteinander kämpften und von
denen der eine den andern mit einem großen Kreuze niederschlug;
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Alexius_Comnenus Peters Peter Peter Walthers Peter Peter
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Bulgarien Heer_Gottfrieds Deutschland Clermont
Wilhelm der Eroberer.
99
Harold eilte herbei. Es kam zu einer blutigen Schlacht bei
Hastings (Hehstings) an der Südküste (1066). Die Rormän-
ner gewannen einen großen Sieg; Harold fiel mit zweien seiner
Brüder und einem großen Theil der sächsischell Ritterschaft. Wil-
helm der Eroberer — so wurde er nun genannt — wurde
nun ohne Widerspruch König von England; ein kräftiger Mann
mit einer starken Seele, aber rauh, stolz und hart. Anfangs re-
gierte er strenggerecht; er duldete keine Unordnung, suchte Nor-
männer und Engländer durch Heirathen einander näher zu brin-
gen und hörte jeden Unterthan an. Aber das änderte sich bald,
als er nach der Normandie zurückreiste. Die nach England über-
gesiedelten Normänner ließen die unterworfenen Engländer ihren
Uebermuth fühlen; der Haß gegen die Fremden wuchs, und schon
war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst
die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm schleunig
nach England zurück und hielt nun strenges Gericht über die
Uebelthäter. Jeder neue Aufstand führte neue Härten herbei.
Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbe-
sitzungen und übertrug sie seinem normännischen Adel. Mit
eiserner Hand drückte er die Engländer in Sklaverei nieder und
wandte Ehre, Reichthümer und Vertrauen nur den Normännern
Zu. Rur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen
Empörungen zurück. Als er nach 21jähriger Regierung starb
(1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue,
die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemü-
ther nicht mit seinem Andenken versöhnen.
seitdem die heilige Helena, Constantin des Großen Mutter,
die herrliche Kirche über dem heiligen Grabe erbaut und sie und
ihr mächtiger Sohn bei der prachtvollen Einweihung derselben,
auf den Knieen demüthig im Staube liegend, dort ihr andächti-
Hom Anfange der Kreuzige bis zur Reformation^
1096 — 1517.
63. Der erste Kreuzzug, 1096.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Helena Constantin
112
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
ließ. Hier traf sie die Strafe für ihre Greuelthaten. Sie wagten
sich zu weit vor in die Bergschluchten, an denen Klein-Asien so
reich ist, fielen hier den lauernden Seldschucken in die Hände
und wurden bis auf 3000 niedergemetzelt. Walther Habenichts
war unter den Todten; er war, tapfer fechtend, gefallen. Peter
entrann mit dem kläglichen Ueberreste zurück nach Constantinopel.
Dagegen benähn: sich das Hauptheer, das aus dem Kerne
der französischen Ritterschaft bestand, ganz anders. Am 15. Au-
gust (1096) war es, hauptsächlich unter Gottfrieds von
Bouillon Leitung, ausgebrochen. Dieser Gottfried war ein
Mann, der unter seinen Zeitgenossen auf eine recht ausgezeich-
nete Weise sich hervorthat. Damals war er erst 35 Jahre alt,
galt aber für den tapfersten Ritter seiner Zeit, war dabei ge-
lassen und bescheiden und von einer ungeheuchelten Frömmigkeit.
Von seiner Stärke und Tapferkeit wußte man sich viel Geschichten
zu erzählen. Hier nur eine davon: Als er 15 Jahre alt war,
wollte ihm ein Verwandter seine Güter streitig machen. Es kam
zur Klage und die Richter verlangten, daß das Gottesurtheil
entscheiden sollte. Beide sollten miteinander kämpfen, und er-
schienen auch ganz bepanzert, jeder mit Schild und Schwert be-
waffnet. Der Kaiser Heinrich Iv. war selbst zugegen. Da
führte Gottfried einen so kräftigen Hieb auf seinen Feind, daß
er ihn gespalten, wenn dieser nicht geschwind den Schild vor-
gehalten hätte. An diesem zersprang sein Schwert bis nahe am
Hefte, und schon gaben Alle die Sache Gottfrieds verloren; nur
er nicht. Rasch fiel er seinen Gegner mit dem Stummel von
Schwert an und versetzte ihm damit einen solchen Hieb an die
Schläfe, daß er taumelnd und sinnlos zu Boden stürzte. Aber
sogleich war auch Gottfrieds Feindschaft verschwunden; er sprang
schnell zu, leistete dem Ueberwundenen die nöthige Hülse und
ruhte nicht eher, bis er ihn unter guter Pflege sah.
Unter diesem herrlichen Manne, der allein ein ganzes Heer
Werth war, brach nun das Krenzheer auf. Das war ein anderer
Hause als die frühern! An schlechten Leuten fehlte es zwar
auch nicht; wo wären -auch diese nicht zu finden? Aber man
sah hier die Blüthe des französischen und deutschen Adels, eine
Menge der tapfersten Ritter, die vor Begierde brannten, große
Thaten zu verrichten, und allein an 10,000 berittene Knechte
(Reisige). Daß dies ganz andere Leute waren als die vorher
geschilderten, sah man schon auf ihrem Marsche. Ueberall hielten
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Gottfried Heinrich_Iv Heinrich Gottfried Gottfrieds
254
Keiner hatte sich mehr über Karls Niederlage bei Poltawa
gefreut als — August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte
er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwun-
gen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem
Czaren, und jagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinski
vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark
erklärte den Schweden wieder den Krieg. Alle drei sielen nun
über die schwedischen Provinzen her, und wären nicht die bra-
ven Schweden so tapfer gewesen, so hätte Karl jetzt sein ganzes
Land verloren. Karl sasi indessen ruhig in seinem Lager bei
Bender, und entwarf Riesenpläne, von denen kein einziger aus-
geführt wurde. Seine Lage wurde von Tage zu Tage schwie-
riger. Zu seinen drei Feinden gesellten sich späterhin noch drei:
Preußen, England und Holland. Alle seine Mühe, den Sultan
zu einem neuen Kriege gegen Rußland zu bewegen, war ver-
geblich. Dagegen widerstand Achmet allen Aufforderungen des
Czars, ihn auszuliefern. Endlich bot Peter fünf Millionen für
den König. Aber Achmet antwortete: Peter scy durch nichts in
der Welt im Stande, ihn zu einem so großen Verbrechen gegen
die Gastfreundschaft zu bewegen; ein türkischer Kaiser habe eine
noblere Seele. Zuletzt ließ ihm Achmet geradezu merken, sein
langer Aufenthalt scy ihm lästig; er möchte doch endlich an die
Abreise denken. Aber Karl nvar so erbittert auf rhn, daß er
alle ihm erwiesene Gastfreundschaft vergaß, und gerade ihm zum
Aerger bleiben wollte. Endlich drohte man mit Gewalt, und
da Karl immer hartnäckiger wurde, und sich mit seiner Handvoll
Schweden — es waren jetzt 196 Mann — in Vertheidigungs-
stand setzte, so befahl der Sultan dem ehrlichen Jussuf Pascha,
sich Karls todt oder lebendig zu bemächtigen. Mit Thränen in
den Augen zog der Pascha die Janitscharen zusammen. Die
Kanonen donnerten; seine Verschanzungen wurden erstiegen. Da
beschloß Karl, sich in seinem hölzernen Hause bis aufs Aeußerste
zu vertheidigen. Er hieb sich durch 40 Janitscharen, die ihn
umringten, biis zu der Hausthüre durch. Hier raffte er einige
Soldaten, Ofsiciere und Knechte, 50 an der Zahl, zusammen,
trieb die Janitscharen, die sein Haus schon plünderten,, heraus,
und verrammelte sich. Er wehrte sich sieben Stunden lang.
Eine Menge todter und verwundeter Türken lag schon umher.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte]]
Extrahierte Personennamen: Karls August Karl Karl Stanislaus_Lesczinski Friedrich_Iv Friedrich Karl Karl Karl_sasi Karl Bender Peter_fünf Peter_scy Karl Karl Karl Karl Jussuf_Pascha Karls Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Poltawa Polen Schweden Schweden England Holland Schweden Karls
41
hatten diese eine solche Furcht vor den wilden Barbaren, daß sie
sich nicht an sie herantrauten. Da hielt er es für besser, erst
seine Sachsen nach und nach an den Krieg zu gewöhnen, und
ging mit den Ungern einen 9jährigen Waffenstillstand ein, wofür
er ihnen jährlich einen Tribut bezahlte. Diese neun Jahre be-
nutzte er nun herrlich, thrils seine Leute im Kriege gegen andere
Feinde zu üben, sie in Reihe und Glied streiten zu lassen, theils
die Städte seines Landes mit Mauern zu umgeben. Er wird
daher auch wohl der Städteerbauer genannt. Auch legte er viele
neue Schlösser und Städte an. Damit nun diese bevölkert wür-
den, befahl er, daß von den Landbewohnern immer der neunte
Mann nach der Stadt zöge, und da für hinlängliche Wohnun-
gen sorgte, damit, wenn die Ungern einmal wiederkämen, die an-
dern acht mit ihren Sachen hineinfliehen könnten. Dafür muß-
ten sie aber auch dem Stadtbewohner den 3ten Theil ihres Kor-
nes geben, welches er theils für sich gebrauchte, theils für den
Nothfall für Alle aufbewahrte. Wahrlich eine treffliche Einrich-
tung! Dadurch ist Heinrich recht eigentlich der Stifter des Bür-
gerstandes geworden.
Nun waren die neun Jahre um. Heinrich berief seine Sach-
sen zu einer großen Volksversammlung. „Jetzt ¡¡1," sprach er,
„das Reich beruhigt; nur die Ungern sind noch unbezwungen.
Bisher habe ich euch besteuern müssen, um diesen Feind zu berei-
chern; nun muß ich gar Kirchen und Geistlichkeit berauben, um
ihrer Raubsucht zu genügen, bis uns zuletzt nichts als das nackte
Leben übrig bleibt. Wollt ihr nun, daß ich den Gott geweihten
Schatz angreife und den Feinden der Christenheit gebe, oder ihn
vielmehr zur Ehre Gottes anwende?" — Da rief das Volk laut,
es begehre, daß das Geld dem heiligen Gotte geweiht werde. Es
hob die Hände gen Himmel, und gelobte dem Könige treuen Bei-
stand. Nun kamen die Gesandten der Ungern, und verlangten
den Tribut. Aber Heinrich gab ihnen einen räudigen Hund, dem
Ohren und Schwanz verstümmelt waren, mit dem Beifügen:
wenn die Ungern einen andern Zins begehrten, so möchten sie
ihn mit den Schwertern holen. *) Drohend gingen die Boten
*) Recht naiv drückt sich darüber eine Chronik aus dem 15ten Jahrhun-
dert in dem damals gebräuchlichen Dialekt aus: „Do zcogin dy Un-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
90
führte Gottfried einen so kräftigen Hieb auf seinen Feind, daß er
ihn gespalten hatte, wenn dieser nicht geschwind den Schild vor-
gehalten. An diesem zersprang unglücklicherweise sein Schwert
bis nahe am Hefte, und schon gaben Alle die Sache Gottfrieds
verloren. Nur er nicht. Rasch siel er seinen Gegner mit dem
Stummel vom Schwert an, und versetzte ihm damit einen sol-
chen Hieb an die Schläfe, daß er taumelnd und sinnlos zu Boden
stürzte. Aber sogleich war auch Gottfrieds Feindschaft verschwun-
den; er sprang schnell zu, leistete dem Ueberwundenen die nö-
thige Hülfe, und ruhte nicht eher, bis er ihn unter guter Wege
sah.
Unter diesem herrlichen Manne, der allein ein ganzes Heer
werth war, brach nun das Kreuzheer auf. Das war ein andrer
Haufe als die früheren! An schlechten Leuten fehlte es zwar auch
nicht; wo wären auch diese nicht zu finden? Aber man sah
hier die Blüthe des französischen und deutschen Adels, eine Menge
der tapfersten Ritter, die vor Begierde brannten, große Thaten
zu verrichten, und allein an 10,000 berittene Knechte (Reisige).
Daß dies ganz andre Leute waren, als die vorher geschilderten,
sah man schon auf ihrem Marsche. Ueberall hielten sie die schönste
Mannszucht, und wurden daher auch von den Ungern sowohl,
als von den Bulgaren mit Lebensmitteln reichlich versehen. Aber
in Griechenland ging es ihm so gut nicht. Der Kaiser Alexius
hatte zwar die abendländischen Fürsten um Hülfe gebeten; aber
er hatte Heere gewünscht, die seinen Befehlen willig folgen wür-
den. Nun hörte er, daß die ausgesuchtesten Ritter und Fürsten
des Abendlandes unterwegs wären, und Alle bei Constantinopcl
Zusammentreffen würden. Mißtrauisch wie er war, sing er an
zu fürchten, die Eroberung des heiligen Grabes möchte nur ein
Vorwand, und es eigentlich auf sein Reich gemünzt seyn. So-
gleich gab er Befehl, den Kreuzfahrern alle Lebensmittel zu ent-
ziehen. Aber da kam er bei Gottfried schlecht an. Dieser ließ
seine Leute wacker zugreifen, und nach einigen Tagen schon er-
schienen Gesandte des Kaisers, die ums Himmels willen baten,
aufzuhören; er wollte ja gern Lebensmittel in Ueberfluß herbei-
schaffen. Das that er denn auch, und so kam der Zug, reichlich
genährt, nach Constantinopel. Hier ruhten sie eine Weile, und
hatten indessen wieder manche Probe von der Tücke des Kaisers
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Extrahierte Personennamen: Gottfried Gottfrieds Alexius Constantinopcl Gottfried