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selten ein glückliches, ganz ungestörtes Familienleben finden, so
verschönert der Dichter die Wirklichkeit. Eigentliche Helden treten
darin freilich nicht ans, sondern der Held oder die Heldin des
Gedichts erscheint geschmückt mit den Tugenden, welche den Men-
schen wahrhaft beglücken: inniger Frömmigkeit, herzlicher Liebe zu
den Seinigen, treuer Freundschaft, warmer Empfänglichkeit für
die Schönheiten der Natur und die Freuden stiller Häuslichkeit.
Darum ist auch die Sprache eines solchen Epos natürlich und
einfach. Solcher Gedichte haben wir mehrere recht gelungene:
Luise von Voß, Jukunde von Kosegarten, die Jnselfahrt von dem-
selben, die Parthenais von Baggesen, Hannchen und die Küchlein
von Eberhard, aber das trefflichste von allen bleibt Göthe's „Her-
mann und Dorothea", weil es wahrhaft auf dem Volksleben be-
ruht und aus dessen Anschauungen hervorgegangen ist. Hier zur
Probe eine Stelle aus Kosegarten's (gest. 1818 als Professor in
Greifswald) Jukunde:
Und das Dunkel zerfloß. Ein wehender, glänzender Morgen
Folgt' auf die fternige Nacht. Aus den funkenstäubenden Fluthen
Tauchet entwölkt hervor und schimmerrollend die Sonne.
Freude wirbelnd begrüßte die Lerche den heiligen Sabbath,
Welcher gewünscht erschien den arbeitseligen Menschen,
Die, von den Schweißen der Woch' erschöpft und den Lasten der Ernte,
Länger heute der Ruh' und des Schlummers pflegten. Auch wachend
Dehnten sie noch wollüstig auf hartem Pfühle die Glieder.
Du nur, Bote des Herrn, ehrwürdiger Pfarrer von Medow,
Frühe geweckt von der innern Glut, und dem mächtigen Drange,
Deine Brüder das Recht und die Tugend zu lehren, den Lüstling
Aufzuschrecken vom geistigen Schlaf durch die Donner des Wortes,
Gnade hingegen und Heil zu verkünden dem reuigen Sünder,
Darzuhalten dem Wackern im Streit die Krön' und den Palmzweig —
Du nur standest bereits anbetend am offenen Fenster.
Froh des gefristeten Seins, dich weidend am Jubel der Schöpfung,
Athmend die Frisch' und den Duft des Balsam hauchenden Gartens,
Lüstern schlürfend den flüssigen Strahl des unendlichen Aethers,
Standest du, hoch aufschauend zmn Vater des Lichts und des Lebens,
Flamm' im Auge, die Lippe geregt von betender Inbrunst.
Lang' schon stand betrachtend also und begeistert der Lehrer,
Anzustimmen gedacht' er so eben den preisenden Hymnus,
Siehe, da trat wie die Frühe so frisch, wie der röthliche Morgen
Blühend zur Thüre herein sein erstgeborenes Mägdlein.
Blumen, so eben entblüht, von den Tropfen noch blinkend der Frühe,
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23. A n einen Virtuose n. (Von dems.)
Daß er durch mächtigen Gesang
Der Löwen Grimm, der Felsen Härte zwang,
Der Ruhm war einst dem Orpheus eigen.
Doch du thust mehr, — du machst die Damen schweigen.
21. Misogyn*) ans die weibliche Zunge.
(Don G'ötz.)
Daß ohne Zung' ein Mädchen schweigen kann,
Das glaubet man;
Daß mit der Zung' ein Mädchen schweigen kann,
Geht schwerlich an.
26. Aus dem Testament eines Zechers.
(Von Ioh. Charlotte Unzer.)
Es soll auf meinem Leichenstein
So vielmal stehn, als Platz wird sein:
Wein! Wein! Wein! Wein! Wein! Wein! Wein!
26. In lins Cäsar.
(Don der Dichterin Karsch, geb. Dürrbach, gest. 1791 in Berlin.)
Daß Cäsar den Pompejus überwand,
War blos ein Werk des Glücks, der Götter Rath.
Doch daß er nach dem Sieg die Menschlichkeit empfand,
Und jeden Tag sich selbst für seine Feinde bat,
Dies war des Helden große That.
27. Das königliche Geschenk. (Von dcrs.) * **)
Zwei Thaler giebt kein großer König;
Ein solch Geschenk vergrößert nicht mein Glück.
Nein, es erniedrigt mich ein wenig;
Drum geb' ich es zurück.
28. Die Schwätzer.
(Von Klopstock.)
Widriger sind mir die redenden, als die schreibenden Schwätzer,
Diese leg' ich weg, jenen entslieh' ich nicht stets.
*)'Weiberfeind.
**) Friedrich d. Gr. batte diese Dichterin, die Tochter bäurischer Eltern, einst
rufen lassen, und ihr dabei Hoffnung gemacht, für sie zu sorgen. Sie erinnerte
ihn zehn Jahre später daran durch einen Brief, woraus er ihr 2 Thlr. schickte,
mit der Aufschrift: 2 Tblr. zum Geschenk für Deutschlands Dichterin. Sie nahm
dies aber übel, und sandte ihm das Geld mit dem folgenden Epigramm zurück,
das ibr indeß keine größere Unterstützung verschaffte.
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Extrahierte Personennamen: Grimm Charlotte_Unzer Cäsar Karsch Cäsar Klopstock Friedrich_d Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Dürrbach Berlin Deutschlands
„Ich sitz' am lieben Platze
„Beim Rocken wandellos.
„Meine alte, blinde Katze,
„Die spinnt auf meinem Schooß.
„Lange, lange Lehrgedichte,
„Die spinn' ich recht mit Fleiß,
„Flächsene Heldengedichte,
„Die haspl' ich schnellerweis'.
„Mein Kater maut Tragödie,
„Mein Rad hat lyrischen Schwung,
„Meine Spindel spielt Komödie
„Mit Tanzbelustigung."
Die Fürstin thät erbleichen,
Als man von Spindeln sprach;
Sie wollte siugs entweichen,
Die Spindel sprang ihr nach;
Und an der morschen Schwelle
Da siel das Fräulein jach;
Die Spindel auf der Stelle
Sie in die Verse stach.
Was war das für ein Schrecken,
Als man sie Morgens traf!
Sie war nicht mehr zu wecken,
Sie schlief den Zauberschlaf.
Ein Lager ward bereitet
Im hohen Rittersaal,
Goldstoffe drauf gebreitet
Und Rosen ohne Zahl.
So schlief sie in der Halle,
Die Fürstin, reich geschmückt;
Bald hatte die Andern alle
Der gleiche Schlaf berückt;
Die Sänger, schon in Träumen,
Rührten die Saiten bang,
Bis in des Schlosses Räumen
Der letzte Laut verklang.
Die Alte spann noch immer
Im stillen Kämmerlein;
Es woben in jedem Zimmer
Die Spinnen, groß und klein.
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