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1. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 176

1888 - Habelschwerdt : Franke
176 1305 seinen Sitz nach Avignon verlegte („babylonische Gefangenschaft" 1305—77) und die Päpste ihren Einfluß auf die politischen Berhält-nisse in Deutschland verloren. 2. Er strebte nach Vergrößerung seiner Hausmacht. Doch vergebens suchte er Holland und Thüringen zu gewinnen. Böhmen kam vorübergehend in seine Gewalt. Albrecht wurde von seinem Neffen Johann Parricida 1308 ermordet. Historisches über die Kämpfe in der Schweiz. In den sogenannten Waldstätten Schwyz, Uri, Unterwalden hatte sich ein freier Bauernstand erhalten. Seit dem 12. Jahrhunderte hatten jedoch die Grafen von Habsburg Vogteirechte in diesen Landgemeinden erworben. Aber der Freiheitssinn der Bevölkerung stellte sich ihnen entgegen, und Friedrich Ii. stellte die Reichsunmittelbarkeit wieder her. Zwar wußte Rudols von Habsburg die alten Vogteirechte wiederzugewinnen, aber nach seinem Tode traten die Waldstätte zu einer Eidgenossenschaft zusammen, deren Freiheiten Adolf von Nassau und Albrecht anerkannten. (Sagen von dem Drucke der österreichischen Vögte, vom Schwure auf dem Rütli, von Tell.) Iv. Heinrich Vii. von Luxemburg, 1308—1313. Er war ein Lehnsträger der französischen Krone und wurde vou der geistlichen Partei gewählt. 1. Gründung einer Hausmacht. In Böhmen hatte sich eine mit der Regierung des Königs (Heinrich von Kärnthen) unzufriedene Adelspartei gebildet, welche Heinrich Vii. die Krone anbot. Dieser belehnte damit seinen eigenen Sohn Johann, den er mit einer böhmischen Prinzessin vermählte. 2. Sein Zug nach Italien. Bon den romantischen Jdecen des Rittertums durchdrungen, begeisterte sich Heinrich noch einmal für die mit der deutschen Krone sich verbindende Anschauung von der Herrschaft der Welt. Daher unternahm er einen Zng nach Italien, um dort das kaiserliche Ansehen wieder herzustellen. Bon den italienischen Patrioten, besonders von dem Dichter Dante Alighieri, begrüßt, erwarb er iu Mailand die lombardische Krone und stellte auch die Kaiserwürde nach 62jähriger Unterbrechung wieder her, 1312. Aber er konnte die Guelfeu, mit welchem Namen jetzt die republikanische Partei bezeichnet wurde, nicht unterwerfen, und als er sich zu einem Feldzuge gegen Neapel rüstete, starb er. V. Ariedrich von Österreich, 1314—1330, und Ludwig

2. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrerseminare - S. 261

1904 - Habelschwerdt : Franke
261 dieselbe unbedingte Hingabe fr das Staatswohl, die er selbst zeigte. Friedrich Wilhelm duldete keinen Widerspruch, und vor seinem Zorne zitterte hoch und niedrig. Er arbeitete vom frhen Morgen an und gnnte sich nur wenig Schlaf. Keine Arbeit, keine Reise ging ihm schnell genug. Alljhrlich besuchte er die Provinzen. Er lie sich weder durch die Ungunst des Wetters, noch durch schlechte Wege zurckhalten. Seine Sparsamkeit, Einfachheit und Sitteureinheit- stehen in schnem Gegensatze zu dem verschwenderischen und ausschweifenden Leben, das damals an den meisten Frstenhsen gefhrt wurde. Die Gemahliu Friedrich Wilhelms I. war Sophie Dorothea von Hannover. Als Friedrich Wilhelm zur Regierung kam, schaffte er bald den glnzenden Hofstaat ab, entlie einen groen Teil der Hofbeamten und setzte die Kosten fr deu kniglichen Haushalt auf ein Zehntel herab. Auf die knigliche Tafel durften keine anderen Gerichte kommen, als auf den Tisch wohlhabender Brger oder Gutsbesitzer. Die glnzenden Hoffeste wurden abgeschafft. Der König fand seine Erholung auf der Jagd und im Tabakskollegium, in welchem er eine Anzahl von Offizieren und Staatsmnnern zu einer vollstndig zwanglosen Unterhaltung vereinigte. Bei einem Glase Bier und einer Pfeife Tabak wurden die Tagesereignisse, wie auch wichtige Staatsangelegenheiten besprochen. Jeder uerte frei seine Meinung, und selbst derbe Scherze waren gestattet. Der Kuig war ein Feind der franzsischen Mode. Er trug stets deu einfachen Offiziersrock und machte das Soldatenkleid zum Rock des Knigs". Wer vor ihm erscheinen wollte, mute in der damaligen deutschen Tracht kommen. Diese bestand in dem ein-fachen Tuchrock, der laugeu Weste, deu knappen Kniehosen und dem dreieckigen Hut; die Haare wurden in einen steifen Zopf geflochten. Die Regierung Friedrich Wilhelms I. war streng absolut; aber er hatte stets das Beste seines Volkes im Auge, und durch seine Manahmen wurde er der Schpfer des preuischen Geistes. Sein Wahlspruch lautete: Nec soli cedit/' d. h. er (der preuische Adler) weicht der Sonne nicht (sondern strebt nach dem Hchsten). 2. Auswrtige Politik. Beim Regierungsantritte Friedrich Wilhelms I. waren noch zwei Kriege in vollem Gange, die ihm schlielich ansehnliche Erwerbungen einbrachten. a. Im Frieden zu Utrecht (1713), der dem Spanischen Erb-folgekriege ein Ende machte, erhielt er Obergeldern, teils als Ent-Schdigung fr das zur oranischen Erbschaft gehrende Orange (S. 256), teils auf Grund alter Ansprche, die Kleve auf dieses Gebiet hatte. Ergnzungen Nr. 11,

3. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrerseminare - S. 303

1904 - Habelschwerdt : Franke
30 Lebensauffassung (vgl. S. 257) lebten die meisten Brger bei fleiiger Arbeit sehr zurckgezogen. Der Verkehr beschrnkte sich fast nur auf die Familienangehrigen. In der Tracht trat an Stelle der Percken der von Friedrich Wilhelm I. eingefhrte Zopf, und die Kleiduug wurde einfacher als in der Rokokozeit (S. 257). Um 1780 kam der blaue Frack mit gelben Kupfen und der runde Spitzhut, die sogenannte Wert her-tracht, auf. Bei deu Frauen wich allmhlich der Reifrock einer nach griechischen Vorbildern geschaffenen Kleidung. 2. Geistiges Leben. a. Milosoplne. Die gebildeten Brgerkreise, die von aller Teil-nhme an der stdtischen Verwaltung und dem politischen Leben ans-geschlossen waren, fanden die staatliche Bevormundung sehr drckend und wandten sich einer neuen von England der Frankreich in Deutschland eiudriugeudeu Philosophie zu, die allmhlich eine Wandlung in der Lebensauffassung hervorbrachte. Ihre Anhnger machten sich mehr und mehr vom Christentum los und lieen nur das gelten, was ihre eigene Vernunft als recht anerkannte, und was die Prfung durch den sog. gefunden Meuscheuverstaud" aushielt. Man nennt diese philosophische Richtung Rationalismus (tum ratio=Vernuiist) oder Aufklrung. Die Rationalisten traten in bewuten Gegensah zu den berlieferten Anschauungen. Sie nahmen ein allgemein gltiges Naturrecht" an, das berall ohne Rcksicht ans das geschichtlich gewordene Recht zur Geltung kommen msse, und behaupteten, da der Staat durch einen Vertrag zwischen einem Mchtigen und einer Anzahl Schutzbedrftiger entstanden fei. Darum verlangten sie, da die Regierungsgewalt zum Wohle des ganzen Volkes ausgebt werde. (Ronsseaus Gesellschaftsvertrag".) Whrend in der Philosophie die franzsischen Aufklrer meist dem Materialismus huldigten, d. h. jener Ansicht, da es kein bersinnliches Leben gebe, und da das Geistige nur ans der Ttigkeit der Krperwelt hervorgehe, stellte Leibniz (1646 1716) in seiner Theodiee (Rechtfertigung Gottes) die christliche Glaubenslehre nicht als wider-natrlich, sondern als bernatrlich hin. Er bezeichnete die bestehende Welt als die beste der mglichen Welten. Der Professor Christian Wolff (t 1752) in Halle schuf im Anschlu an Leibniz ein allgemein verstndliches System der Philosophie. Er lie die religise Offen-barnng auf sich beruhen und suchte die Philosophie vou der Theologie unabhngig zu machen. Der Wolfffche Rationalismus, dem anfangs auch Friedrich der Groe anhing, wurde von Immanuel Kant Lehmanns kulturgeschichtliche Bilder: Aus der Rokokozeit.

4. Theil 3 - S. 73

1880 - Stuttgart : Heitz
Huldreich Zwingli. 73 seiner Wohnung auf dem Stiftplatze sammelte sich das Kriegsvolk. Das Pferd, welches ihn tragen sollte, ward herbeigeführt; er schnallte sich den Panzer um und sprach nun zu seiner treuen Frau: „Die Stunde ist gekommen, daß wir uns trennen! Es sei so! Der Herr will es so! Er sei mit dir, mit mir und mit den Unsern!" Und als er sie zum letzten Mal in seine Arme schloß und sie vor Schmerz kaum sprechen konnte, blickte sie weinend gen Himmel und fragte: „Und wir sehen uns wieder?" — „Wenn der Herr es will!" antwortete Zwingli voll festen Vertrauens, „sein Wille geschehe!" — „Und was bringst du zurück, wenn du kömmst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Dann küßte er die Kleinen, riß sich los und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit gepreßtem Herzen nach, und als er um die Ecke der Straße bog und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte — da hatten sich beide hienieden das letzte Mal gesehen. Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen Kammer auf die Kniee und betete zu dem, der im Gebete Kraft giebt: „Vater, nicht mein, dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekommen sei. . Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappel, zwischen Zürich und Zug, am südlichen Abhange des Albis, zur Schlacht gekommen, die Züricher wurden von der Uebermacht der katholischen Cantons besiegt; auch Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wunden bedeckt, sein Pferd getödtet; zuletzt sank er selbst nieder. Eben erst hatte er einem Sterbenden trostreiche Worte zugerufen. Mehrere der Feinde umstanden den edlen Mann, der mit heiterm Gesicht, den Blick gen Himmel gerichtet, dalag, und fragten ihn, ob er einen Beichtiger verlange? Da er dies, so wie die Anrufung der Heiligen, die man ihm zumuthete, ablehnte, rief ihm der Haupt-mann Vockinger aus Unterwalden zu: „So mußt du sterben, du hartnäckiger Ketzer!" und durchstach sein treues Herz. Erst nach der That erkannte man ihn, und nun strömten auf die Nachricht, der Ketzer Zwingli liege draußen erschlagen, Unzählige herbei und starrten mit wahrer Schadenfreude die Leiche des braven Mannes an. Nur ein Einziger zeigte Gefühl, ein Eonventual; ihm traten die Thränen in die Augen und gerührt sprach er: „Welches auch dein Glaube gewesen ist, ich weiß, daß du ein frommer Eidgenosse warst. Gott sei deiner Seele gnädig!" Der Leichnam wurde noch

5. Theil 3 - S. 9

1880 - Stuttgart : Heitz
Luther. Leo X. Ablaßzettel. Tezel. 9 eigener Münze bezahlt. In Jüterbogk meldete sich bei ihm ein Ritter, der einen Ablaßzettel begehrte, weil er jemanden auf der Landstraße berauben wollte; denn auch Sünden, die man noch begehen wollte, konnte man schon im voraus abkaufen. Tezel forderte einen tüchtigen Preis. Dann reiste er ab. Aber als er durch einen Wald fuhr, sprengte plötzlich ein Ritter mit mehreren Knechten herbei, hielt seinen Wagen an und nahm ihm seinen schweren Geldkasten ab. Tezel schrie wie besessen und verfluchte den Räuber bis in den Abgrund der Hölle. „Sachte! sachte!" rief der Ritter und holte den Ablaßzettel heraus, „kennst du mich nicht mehr? Hier ist ja dein Ablaß!" — Der leere Kasten wird noch auf dem Rathhause von Jüterbogk aufbewahrt. Der Handel 'mit diesen Ablaßzetteln machte die Leute ganz gewissenlos; denn sie mußten am Ende glauben, eine Sünde habe weiter nicht viel zu bedeuten, man könnte sie ja mit einigen Groschen, höchstens einigen Thalern abkaufen. Und diesen Glauben suchte Tezel durch seine unverschämten Predigten noch zu vermehren. Er lehrte geradezu: der Ablaß sei die höchste und allerwertheste Gabe Gottes; denn dadurch könne man ohne Reue und Buße selig werden. Das Ablaßkreuz mit des Papstes Wappen vermöge eben so viel als Christi Kreuz. Das niedere Volk hat von jeher einen Hang zum Aberglauben und war damals in religiösen Dingen höchst unwissend. Kein Wunder, daß eine Menge von Leuten dem Tezel nachlies und seinen Ablaß kaufte. Manche kamen damit auch wohl zu Luther und fragten ihn, was er dazu meinte? Dieser ergrimmte über diese schändliche Betrügerei nicht wenig. Sein ganzes frommes Gemüth empörte sich, wenn er daran dachte, wie man die Einfalt des armen Volkes mißbrauchte, es um sein Gewissen und sein Geld zugleich zu betrügen. In diesem edeln Eifer vergaß er ganz, wie unbedeutend er,-ein armer und noch junger Mönch, damals noch war, und wie wenig Hoffnung er hatte, gegen den mächtigen Papst etwas auszurichten. Aber danach fragt ein von edler Begeisterung ergriffenes Gemüth nicht. „Zu der Zeit," sagt Luther selbst, „war ich Prediger allhie im Kloster und ein junger Doctor, neulich aus der Esse kommen, hitzig und lustig in der heiligen Schrift. Als nun viel Volks von Wittenberg lies dem Ablaß nach, und ich, so wahr mich mein Herr Christus erlöset hat, nicht wußte, was der Ablaß wäre, wie es denn kein Mensch nicht wußte, fing ich säuberlich an zu predigen, man könnte wohl Besseres thun, das gewisser

6. Theil 4 - S. 447

1880 - Stuttgart : Heitz
Der Kulturkampf in Deutschland, der Schweiz und Italien. 447 das deutsche Vaterland an Macht und Ehre ungekränkt und unbeschädigt das Ziel des Friedens erreichen möge. In der Schweiz war der von der Hierarchie veranlaßte Kampf mit der Staatsgewalt von dieser ebenfalls in energischer Weise aufgenommen worden. Es lag in der Natur des republi-canischen Staatswesens, daß die Betheiligung und Mitwirkung des Volkes dabei lebhafter sichtbar wurde. Genf und das Bisthum Basel waren die Ausgangspuncte des Streites. Der Papst hatte den Canton Genf von der Diöcese Lausanne abgezweigt und den Pfarrer Mermillod in Genf zum dortigen Bischof ernannt. Der Staatsrath des Cantons verweigerte dieser Maßregel seine Anerkennung, und als darauf Mermillod vom Papste als apostolischer Vicar mit den Rechten eines Bischofs eingesetzt wurde, erklärte der Bundesrath, die oberste Behörde der Schweiz, daß eine solche ohne die Zustimmung der Staatsbehörde vorgenommene Veränderung in der kirchlichen Verfassung des Cantons null und nichtig sei. Mermillod beharrte bei seiner päpstlichen Beauftragung und wurde darauf aus der Schweiz ausgewiesen. Der Canton Genf stellte nun durch ein Gesetz fest, daß die Wahl neu anzustellender Pfarrer von den katholischen Bürgern vorzunehmen sei, daß sie dem Staate den Eid leisten und von ihm besoldet werden sollten. Auch in andern Kantonen schritt man zu ähnlichen Maßregeln. Im Bisthum Basel hatte der Bischof Lachat, dessen Wohnsitz in Solothurn war, einen Pfarrer abgesetzt, weil derselbe das Dogma von der Unfehlbarkeit nicht annehmen wollte. Darüber war der Bischof nicht nur mit der Gemeinde des Pfarrers, sondern auch mit den Behörden von Solothurn in Widerspruch gerathen. Das neue Dogma wurde von letzteren nicht anerkannt, und als Bischof Lachat dasselbe dennoch verkündigen ließ, erfolgte seine Absetzung und später auch die Aufhebung des Domkapitels von Basel. Ultramontaner Widerspruch fehlte freilich auch in der Schweiz nicht. Im Berner Jura mußte eine ganze Anzahl Geistlicher, welche den vaterländischen Gesetzen sich nicht fügen wollten, abgesetzt werden. Aber in dem größeren Theile der Schweiz wurde das Verlangen nach dem Ende der geistlichen Abhängigkeit von Rom laut ausgesprochen; es solle, forderte man, ein schweizerisches Nationalbisthnm ohne alle Mitwirkung Roms errichtet werden. Die Erreichung eines solchen Zieles lag jedoch noch in der Ferne; vorläufig ge-

7. Theil 4 - S. 437

1880 - Stuttgart : Heitz
Der Culturkampf in Deutschland, der Schweiz und Italien. 437 Ebenso vorübergehend wie der damalige Kampf der preußischen Slaatsregierung gegen die kirchlichen Eingriffe in die Staatsgesetze war der aus dem Volke entspringende Angriff auf die römische Kirche, welchen der Kaplan Ronge in Schlesien unternahm (siehe S. 189). Aber die Kühnheit des Mannes, welcher sich zum Führer auswarf, war größer, als seine reformatorische Kraft; der Anprall der Woge verlief ohne nachhaltige Wirkung. Doch hatten das großartige Aufsehen, welches Ronge hervorrief, und die Aufnahme, welche er bei dem deutschen Volke fand, urplötzlich und überraschend die Möglichkeit eines Abfalls von Rom offenkundig gemacht. Von der Zeit an verdoppelte Rom seine Wachsamkeit und seine Anstrengungen, um solche Abfallgedanken gründlich auszurotten. Diese Bemühungen sind in hohem Grade gelungen. Niemals seit den Zeiten der Gegenreformation war der deutsche Klerus stärker von dem Gedanken durchdrungen: „unser Heil liegt jenseits der Berge"; nie war in der römisch-katholischen Bevölkerung Deutschlands das Gefühl der Zugehörigkeit an Rom so überwiegend, wie nach der Beseitigung des ersten Eindrucks der Ronge'schen Bewegung. Hieraus erklärt sich auch die Thatsache, daß der nach dem römischen Concil in Deutschland auftretende Altkatholicismus ein so zögerndes Entgegenkommen fand. Die Haltung der Staatsregierungen und ihre Maßregeln gegen die deutsch-katholische Bewegung hatte die römische Kirche zu Dank verpflichtet; sie trug ihn ihrerseits in dem einflußreichen Beistände ab, welchen sie den Regierungen gewährte,, als es galt, die durch die Volksbewegungen von 1848 erschütterte Staatsordnung neu zu befestigen. Die Kirche wurde dabei als ein mächtiger und sicherer Bundesgenosse der Staatsgewalt angesehen und behandelt, und sie benutzte die günstige Situation zu ihrem Vortheil. Diese Verhältnisse hörten auf, als das durch die Ereignisse von 1866 und von 1870/71 verjüngte nationale Leben sich festere Ziele steckte, und als der Staat durch die Verkündigung der päpstlichen Unfehlbarkeit genöthigt wurde, eine Abgrenzung zwischen seinen Rechten und denen der Kirche zu suchen. In Baiern wurde die amtliche Verkündigung des neuen Glaubenssatzes verboten; die Regierungen von Baden und Württemberg erklärten, daß alle Folgerungen, welche aus der neuen Lehre auf Staatsverhältnisse hergeleitet werden sollten, ungültig seien. In Preußen wurde jene Abgrenzung durch neue, die Befugnisse des Staates sichernde Gesetze .(Maigesetze) festgestellt. Die Bischöfe versuchten, das Zu-

8. Theil 4 - S. 438

1880 - Stuttgart : Heitz
438 Neueste Geschichte. 3. Periode. standekommen der neuen Gesetze zu verhindern, und als dies nicht gelang, versagten sie ihre Mitwirkung bei Ausführung derselben. So brach der Kampf zwischen der Staatsregierung und der Hierarchie aus. Diesen Kampf in seinem an Wechselwirkungen so reichem Verlaufe und in feinen Steigerungen zu verfolgen, kann nicht Aufgabe unsrer Geschichtserzählung sein. Es wird genügen, an die hervorragendsten Momente zu erinnern. An Kaiser Wilhelm war bald nach der Proclamiruug des deutschen Reiches eine Adresse gerichtet worden, daß er für die Wiederherstellung des Kirchenstaates und die weltliche Souverainetät des Papstes eintreten möge. Ernstliche Hoffnungen auf die Erfüllung dieser Bitte sind schwerlich gehegt worden; die preußische Regierung zögerte auch nicht, bei gegebener Veranlassung zu erklären, daß die Beschlüsse des vaticanischen Concils für sie nicht verbindlich, seien; sie werde also nicht aufhören, katholische Geistliche und Lehrer ihrerseits auch in dem Falle fortgesetzt als solche anzuerkennen, wenn dieselben das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit nicht annähmen. Nun ließen Conflicte nicht lange auf sich warten. Zu Braunsberg in Preußen untersagte der Bischof von Ermeland dem Religionslehrer am Gymnasium, welcher das neue Dogma nicht annahm, die Weiterführung seines Amtes und stieß ihn aus der Kirchengemeinschaft aus, während die Staatsbehörde fortfuhr, ihn in seinem Amte als katholischer Religionslehrer zu belassen. Der Bischof erklärte, daß das kirchliche Recht süir ihn verbindlicher sei, als das bürgerliche Gesetz; strenge Maßregeln der Regierung gegen ihn waren die Folge. Aehnliche Fälle ereigneten sich in Schlesien, am Rhein und in Posen. Die römische Priesterschaft kam in Verwickelungen mit den Gegnern des neuen Dogma's und gerieth dann auch in Widerspruch mit der Staatsbehörde. Dieser Widerstand gegen das Unfehlbarkeits-Dogma innerhalb der katholischen Kirche selbst gewann bald unter dem Namen „Altkatholicismus" eine Gestaltung. Die Bewegung war von den Universitäten ausgegangen. Angesehene Professoren, unter ihnen Lehrer der katholischen Theologie (Professor Döllinger in München) hatten sich gegen die Einführung jenes neuen Glaubenssatzes erklärt; sie fanden weitere Zustimmung und nannten sich Altkatholiken, weil sie meinten, bei der alten, vor der Neuerung des römischen Concils bestehenden Kirchenlehre zu verbleiben. Die Ab-

9. Theil 4 - S. 448

1880 - Stuttgart : Heitz
448 Neueste Geschichte. 3. Periode. nehmigte der Bundesrath die Gründung einer altkatholischen Fa-cnltät an der Universität Bern und eines allkatholischen Bisthums, zu dessen Bischof die Synode den Pfarrer Herzog erwählte. Vorher schon hatte die päpstliche Nuntiatur aufgehört; der Nuntius hatte Bern im Februar 1874 verlassen. Pius Ix. sprach im Jahre darauf seinen Zorn über die Vorgänge in der Schweiz aus. Leo Xiii. dagegen richtete am Tage seiner Thronbesteigung, wie an den deutschen Kaiser, so auch an den Bundesrath der Schweiz ein Schreiben, in welchem er die obwaltenden kirchlichen Differenzen beklagte. Der Bundesrath erwiederte in Ehrerbietung, aber mit Festigkeit: „Die Lage der katholischen Religion in der Schweiz, sei nicht als beklagenswerth zu bezeichnen, sie genieße, wie alle andern Glaubensbekenntnisse die Freiheit, welche durch die Bundesverfassung gewährleistet und nur durch den Vorbehalt beschränkt sei, daß die kirchlichen Behörden weder in die Rechte und Befugnisse des Staates, noch in die Rechte und Freiheiten der Bürger übergreifen dürfen." Auch in der Schweiz wird also nicht eine unftuchtbare Auseinandersetzung über gegenseitige Berechtigungen und Ansprüche zum Ziele führen, sondern der Friede zwischen Staat und Kirche wird nur durch unbefangene Erkenntniß der richtigen Verbindung des religiösen und des nationalen Lebens gefördert werden. Anfänge dazu sind schon wahrnehmbar geworden. Der Culturkampf in Italien wird außer den Gegensätzen, welche diesen Streit überall charakterisiren, noch durch andre Verhältnisse beeinflußt, welche ihm hier ein ganz eigenthümliches Gepräge verleihen. Das Königreich Italien hatte der weltlichen Herrschaft des Papstthumes ein Ende gemacht, es hatte ihm den Kirchenstaat und mit ihm die landesfürstliche Hoheit genommen. Früher durch staatlichen Besitz Mitglied unter den Souverainen Europas hatte nun der Papst zwar den Rang und die persönlichen Rechte eines Sonverains behalten, aber die Grundlage dieses Rechtes, die Herrschaft über Land und Leute, war ihm doch entzogen. Diese Thatsachen hatten sich unter dem Schutz der Ereignisse von 1870 vollendet; Rom selbst hatte den Herrscher gewechselt, es war die Residenz des Königs von Italien geworden. Pins Ix. protestirte natürlich gegen alle diese von der italienischen Regierung vollzogenen Handlungen, welche er als Attentate der piemonteftschen Regierung bezeichnet?. Er verweigerte die Annahme der ihm über-

10. Theil 2 - S. 238

1880 - Stuttgart : Heitz
238 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. Vogt der Stadt Kostnitz, und befahl ihm, Hnß in seinem und des Königs Namen als einen Ketzer zu verbrennen. Der Vogt übergab den armen Mann dem Scharfrichter und den Rathsknechten, mit dem Befehle, ihn hinauszuführen, ihn aber nicht dessen, was er an sich trage, zu berauben. Huß hatte zwei schwarze Gewänder von gutem Tuche an, um den Leib einen Gürtel mit Silber beschlagen, an welchem zwei Messer in einer Scheide hingen. So wurde er abgeführt, ohne Fesseln; auf jeder Seite führte ihn ein Diener des Pfalzgrafen, vor und hinter ihm gingen zwei Kriegsknechte und mehr als 3000 Bewaffnete zu Fuß; der Pfalzgraf, eine Menge der Fürsten und Herren, auch viele Geistliche folgten zu Pferde nach. So ging der Trauerzug zum Thore hinaus. Es war eine so ungeheure Menge Volks herbeigelaufen, die Todesqualen des redlichen Huß mit anzusehen, daß man einen andern als den gewöhnlichen Weg einschlagen mußte, und besorgt war, die Brücke möchte einbrechen. Huß ging gefaßt einher; der Gedanke an das Beispiel Jesu und das Bewußtsein seiner Unschuld hielten ihn aufrecht. Mehrere Male sprach er auf lateinisch die Worte: „Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich meiner!" Auch wandte er sich zuweilen in deutscher Sprache an das nebenher laufende Volk und versicherte, daß er nicht um seiner Ketzerei, sondern um der Ungerechtigkeit seiner Feinde willen den Tod leiden müße. Als er bei dem bischöflichen Paläste vorbeikam, sah er, wie man seine Bücher aus einem Scheiterhaufen verbrannte, und lächelte dazu. Nun kam er auf den Platz, auf welchem der für ihn bestimmte Holzstoß stand. Da fiel er quf seine Knie, empfahl sich der Barmherzigkeit Gottes und rief zu Jesus, ihn in sein Reich aufzunehmen. Dann wollte er zu dem Volke noch einige Worte reden, aber der Pfalzgraf verbot es und befahl, die Hinrichtung zu beschleunigen. Noch einmal fiel Huß auf die Knie und betete andächtig, dankte darauf seinen Kerkermeistern für die gegen ihn bewiesene Freundlichkeit — er hatte vom 28. November 1414 bis zum 6. Juli 1415, dem Tage seiner Verbrennung, im Gefängnisse gesessen — und sagte: sie wären ihm wie Brüder, nicht wie Wächter gewesen. Dann schleppten ihn die Knechte auf den Holzstoß, stellten ihn auf einen Schemel und banden ihn an einen hohen Pfahl mit sechs Stricken an. So stand er, als Einige bemerkten, es schicke sich nicht, daß ein so nichtswürdiger Ketzer mit dem Gesichte nach
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