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Stiftung Gleichzeitig mit dem Papstthum ward auch die Eidgenossen-
emer^clveti- bet Schweizer zertrümmert. In den Freistaaten der Schweiz
Republik, hatten sich mancherlei Verfaffungsformen gebildet, die alle einander darin
ähnlich waren, daß die obrigkeitliche Gewalt nicht der lasse aller ein-
zelnen Bewohner zustand, sondern nur einer bald größeren, bald gerin-
geren Zahl von erblich angesessenen Bürgern. Selbst die kleineren Kan-
tone, die für wahre Demokratien galten, weil alle ins Bürgerrecht auf-
genommene Haukväter zur Landsgemeinde gerufen wurden, hatten doch
auch Schutzverwandte und Dienstleute, die das Bürgerrecht nicht besaßen,
sowie unterthänige Ortschaften und Landvogteien, über welche die Ge-
meinde Herrschaftsrechte ausübte. In den größeren Kantonen gemischter
oder ganz aristokratischer Verfassung trat die oligarchische Richtung noch
mehr hervor. In Bern, dem größten der verbündeten Kantone, waren
die sämmtlichen Einwohner deß Landgebietes Unterthanen der Haupt-
stadt, aber unter den Bürgern der letzteren hatten nur etwa drittehalb
hundert Familien das Recht, in den Rath erwählt werden zu können;
die Zahl derer aber, auf welche sich die Wahl zu beschränken pflegte,
belief sich 1785 auf neun und sechzig Familien. Das Stadtadelsregi-
ment bot manche schöne Seiten dar, und die väterliche Regierung der
gnädigen Herrn von Bern konnte für musterhaft gelten. Doch machten
sich auch manche Gebrechen bemerkbar, wie in der regimentßfähigen
Bürgerschaft ein dein Adelstölze ähnlicher Dünkel und dagegen in den
von der Regierung ausgeschlossenen Klassen ein Geist der Unzufriedenheit
und des Mißmuths, der in dem bestehenden Verhältnisse der Regierenden
und der Regierten die entschiedenste Ungerechtigkeit sah. Am ungünstig-
sten war die Stimmung in dem wälschen Theile des becner Gebiets, in
der 1536 dem Herzoge von Savoien entrissenen Landschaft Waat. Die
Bewohner, den Franzosen durch Sprache und Denkweise verwandt, be-
gannen zu Anfange der Revolution ihre Ausschließung vom Staats-
regiment als einen Zustand arger Unterdrückung zu betrachten, und wur-
den revolutionären Entwürfen und Grundsätzen geneigt. Die Patrioten
des Waatlandes richteten Vorstellungen an den Senat zu Bern und
baten, der Provinz die Rechte zu gewähren, die ihr bei dem Regierungs-
wechsel zugesichert worden waren. Die Weigerung veranlaßte Unruhen,
in deren Folge mehrere der Bittsteller auswanderten und über einige die
Acht ausgesprochen ward. Ausgewanderte Waatländer wandten sich an
daß Direktorium, und dieses nahm das Hülfegesuch freundlich auf. So-
bald ein kleines französisches Heer an der Grenze erschien, stand das
Waatland auf und sagte sich von dem Rathe zu Bern los. Der regie-
rende Rath wurde durch Furcht gelähmt und meinte durch Unterhand-
lungen das Vaterland retten zu können. Der Anführer der bernischen
im Waatlande stehenden Kriegsmacht, Oberst Weiß, wurde auf ein un-
bedingt friedliches Verhalten angewiesen. Ebenso herrschte Unentschlos-
senheit auf der Tagsatzung, welche nach Aarau ausgeschrieben war, um
über die von der Gesammtheit zu stellende Hülfe zu rathschlagen. Zu
dem Mangel kräftiger Einheit, der den erschlafften Bund der Eidgenos-
sen 'zum Widerstande gegen einen auswärtigen Feind ungeschickt machte,
kam noch die in den Kantonen herrschende politische Gehrung, die von
dem französischen Geschäftsträger zu Basel, Mengaud, durch alle
Künste des Jakobinismus genährt wurde. Ueberall gab es Schweizer,
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Mengaud
Extrahierte Ortsnamen: Schweiz
Republik Bern Bern Basel
781
die eine Veränderung der alten Verfassungen entweder aus Eigennutz
wünschten oder dieselbe für unvermeidlich hielten. In Lau 1 an ne ver-
einigten sich die Revolutionsfreunde zu einer Generalversammlung des
waatländischen Volkes und steckten eine Fabne auf mit der Aufschrift:
Lemanische Republik. In Basel brach eine Revolution aus; das
bisher dem Rathe und der Bürgerschaft unterthänige Landvolk zog in
die Stadt, schaffte die Stadtverfaffung ab und rief eine neue demokrati-
sche aus. Die Regierung von Bern entschloß sich, um ähnlichen Auf-
tritten zuvorzukommen, allen ihren Mitbürgern, ohne Unterschied der
Geburt und des Wobnorts, gleiche Rechte einzuräumen. Luzern, Frei-
burg, Solothurn und Schaff Hausen kündigten durch Bekannt-
machungen gleiche Vorsätze an.
Die Unentschlossenheit wirkte auch auf die Kciegsoperationen. Das
Heer der Schweizer war anfangs dem französischen überlegen, aber die
Schweizer ließen sich durch trügerische Unterhandlungen so lange hin-
halten, bis der französische Feldherr Brune durch die Ankunft neuer
Truppen unter Schauenburg verstärkt war. Nun nahmen die Fran-
zosen Solothurn und Freiburg mit Slurm und« drangen gegen
Bern vor. Zwar wurde von mehreren bernischen Heerhaufen tapfer
gefochten, aber die Franzosen gelangten bis vor die Thore von Bern,
und die Regierung suchte nun durch eine Kapitulation Leben und Eigen-
thum der Bewohner zu retten. Die Schweizertruppen zerstreuten sich
jetzt, fielen aber vorher über ihre Anführer her und tödteten mehrere,
weil sie glaubten, daß ihre Niederlage nur das Werk der Vecrätherei
sein könne.
Die Franzosen bemächtigten sich zunächst in Bern des Schatzes und
des Zeughauses; dann dehnten sie das Plünderungssystem auch auf an-
dere Kantone aus. Die schweizerische Eidgenoffenschaft wurde für eine
untheilbare helvetische Republik erklärt und ihr die Einführung
einer Verfassung nach französischem Zuschnitt anbefohlen. Das Land
wurde mit dem Unterhalte und der Bekleidung der französischen Armee
belastet, mit starken Schatzungen belegt und die Arsenale, Magazine
und die Staatskassen ausgeplündert. Zu Aarau versammelten sich die
Abgeordneten von zehn Kantonen, und am 27. April 1798 wurde ein
helvetisches Direktorium eingeführt. Aber die kleinen demokrati-
schen Kantone, Schwytz, Uri, Appenzell, Glarus, Zug und Untermal-
den, wollten von der neuen Verfassung nichts wissen, und auch die Be-
wohner neuer Kantone, wie Thurgau und St. Gallen, theilten die Ab-
neigung gegen die neue Verfassung. Es kam zu mehreren blutigen Tref-
fen, am Zürcher See und in den benachbarten Thälern, zum Theil an
den Stellen früherer Freiheitßkämpfe, bei Morgarten, Küßnacht, Rap-
perswyl und anderen, und die Enkel der alten Eidgenossen bewiesen,
daß die alte Schweizerkraft noch nicht erloschen war. Aber endlich muß.
ten die Schweizer doch die neue Verfassung annehmen.
Der republikanische Haushalt kostete noch mehr als der monarchi- gsks
lche, und das Direktorium juchte deßhalb durch Unterjochungß- und Paris zurück
Plünderungskriege außerordentliche Zuschüsse zu erhalten, um das Miß- nwgypttn
Verhältniß der .Einkünfte gegen die Ausgaben zu decken. Auch bemühte
es sich durch äußere politische Größe die innere Gebrechlichkeit zu ver-
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15
ihre Gesänge und dachten mit Scheu und Ehrfurcht an die geheim-
nißvolle Macht dieser Jungfrauen. Ein anderes Orakel befand sich
auf einer dem Volke der Nanneten (Nantes) gehörenden und in der
Mündung der Loire liegenden Insel, welche kein männlicher Fuß
betreten durfte. Diese Priesterinnen waren verpflichtet, zu gewissen
Zeiten das Dach ihres Tempels zu zerstören und es dann in einer
Nacht wieder aufzubauen. Wenn eine derselben von den Materia-
lien etwas fallen ließ, so wurde sie, wie man erzählte, von ihren
Gefährtinnen auf der Stelle zerrissen. Diese Priesterinnen waren
verheirathet und besuchten einige Male im Jahre ihre Männer,
welche auf dem der Insel gegenüber liegenden Lande wohnten, ver-
ließen sie aber wieder vor Tages Anbruch. Die Inseln an der
Küste von Armorika waren bei den Alten wegen der magischen
Künste der Druiden berühmt. Auf manchen derselben hörten die
Schifffahrer zu gewissen Zeilen lärmende Gesänge und Klänge der
Cymbeln. Als der römische Feldherr Paulinus Suetonius die brit-
tische Insel Mona (Anglesea) angriff, standen Druiden am Ufer
und sprachen mit aufgehobenen Händen Verwünschungen gegen die
Römer aus, während Druidinnen in Trauerkleidern, mit aufgelöstem
Haar, brennende Fackeln schwangen. Die Druiden waren beson-
ders wegen ihrer Weissagungen berühmt, der Vorstellung der Kel-
ten und Germanen gemäß, die der weiblichen Natur und besonders
der jungfräulichen ein tieferes Gefühl für das Leben des Alls und
somit einen Blick in die Zukunft zuschrieben. Bei den Kelten gal-
ten jedoch die Frauen weniger als bei den Germanen, und es ist
keine Spur vorhanden, daß eine Druidin eine Bedeutung erlangt
hat, wie Aurinia, Velcda und andere bei den alten Deutschen.
In naher Verbindung mit den Druiden standen die Barden
oder Sänger. Sie hatten nicht nur die Lehren der Druiden in
Verse gebracht, sondern dichteten auch von der Abstammung der
Fürsten, und neben der didaktischen und epischen Poesie fehlten auch
lyrische Lieder nicht. Die Barden bedienten sich bei ihren Vorträ-
gen eines Instrumentes, welches im Kimrischen Kruit, irisch Cro-
tha, deutsch Grota oder Rota genannt wird. Das Instrument war
einer Violine ähnlich, nur etwas größer und hatte sechs Saiten,
von denen vier mit dem Bogen gestrichen wurden. Wälsche und
Irländer oder Schotten waren die Meister der Harfe und Rota im
ganzen Mittelalter.
Die Religion der Kelten war Naturreligion. Die Gallier ver- Diereilgivn.
ehrten in dem Gotte Teutates die schaffende Kraft der Natur.
Teutates hieß im Galischen Vater des Volkes, und dieser Gott
wurde als Stammvater des keltischen oder gallischen Völkerzweiges
gedacht. Wenn Cäsar berichtet, daß die Gallier von dem Dis pater
abzustammen behauptet hätten, so ist sein Irrthum daher entstan-
den, daß im Galischen Di Gott hieß und er diesen Namen für den
Dis pater genommen hat. Die Gallier dachten in dem Teutates
sehr mannigfaltige Begriffe vereinigt, welche später als besondere
Aeußerungen seiner Macht getrennt und als besondere Götter auf-
gefaßt wurden. Teutates war der Stifter des bürgerlichen Lebens,
des Handels, der Wissenschaften und Künste und wird von Cäsar
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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62
Wichte und
Elbe.
mit den Männern; das Geschäft und die Bestimmung der Halb-
göttinnen ist, daß sie den obern Göttern dienen und den Men-
schen deren Willen verkündigen. Das Amt der Halbgöttinnen ist
bedeutsamer und von tieferem Einfluß auf das Leben und Treiben
der Menschen als die Thaten der Helden; ihr Ansehen und ihr
Kultus ist größer als die Verehrung der Heroen. Von jeher wurde
bei den Deutschen die Frau mit Achtung und Ehrfurcht behandelt;
die Deutschen glaubten, daß den Frauen etwas Göttliches und Vor-
ahnendes inwohne, daß Zauber und Weissagung besonders ihre
Gaben seien. Dies galt nun in besonders hohem Grade von den
halbgöttlichen Frauen, welche daher kluge, weise Frauen hie-
ßen. Unter diesen stehen obenan die drei Schicksalsgöttinnen, die
Moiren der Griechen, die Parzen der Römer, unsere Norni:
Wurt, Werdandi und Skuld, das Gewordene, das Werdende,
das Werdensollende, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wurt,
die Vergangenheit, war von Herzen gütig und durch ihr Alter ehr-
würdig ; sie wurde vorzugsweise verehrt und war gleichsam die
Vorsteherin der drei Nornen. Ganz das Gegentheil von ihr war
die jüngste, Skuld; jugendlich rasch naht sie heran und im Nahen
verschwindet sie schon wieder, ihrer zweiten Schwester Platz zu
machen. Ihrer ewigen Beweglichkeit ist die Ruhe der älteren Schwe-
ster verhaßt; was sie im Schilde führt, weiß Niemand.
Die Walküren, die göttlichen Botinnen Allvaters, waren
es, welche den Wal (die Erschlagenen auf dem Schlachtfelde) kü-
ren, kiesen, holen, in Empfang nehmen und die Helden in die
göttliche Wohnung Wuotans tragen. Von diesem Walten in der
Schlacht heißen sie auch Schlachtmädchen, und weil sie gerüstet mit
Schild und Helm ausziehen, Schildjungfrauen, Helmjungfrauen.
Sie sind die Schutzgeister der Helden. Wie die Nornen, so spin-
nen und weben auch die ihnen verwandten Walküren, und zwar
nicht nur die Geschicke der Schlacht, sondern sie spinnen auch am
Seestrande fitzend köstlichen Flachs. Dann ziehen sie Schwanhemden
an. Oft finden die Helden sie auch, wann sie sich in der kühlen
Fluth baden, nehmen das am Ufer liegende Schwangewand und
bringen dadurch die Jungfrauen in ihre Gewalt. Die Seen, an
welchen die Schwanjungfrauen erscheinen, liegen meist in
den tiefen, geheimen Schatten eines Waldes und deshalb heißen
die Jungfrauen auch Waldfrauen, Waldminnen, Meer-
minnen.
Von den Halbgöttern unterscheidet sich eine ganze Reihe von
Wesen hauptsächlich dadurch, daß sie nicht wie jene von den Men-
schen ausgehen, sondern gleichsam ein Reich für sich bilden und nur
durch Zufall oder Drang der Umstände bewogen werden, mit Men-
schen zu verkehren. Sie besitzen die Kraft den Menschen zu schaden
und zu helfen, scheuen sich aber vor ihm, weil sie ihm leiblich nicht
gewachsen sind. Entweder find sie weit unter menschlicher Größe
oder ungestalt. Die weiblichen Wesen erscheinen edler und gleichen
den Göttinnen und weisen Frauen; die männlichen Geister scheiden
sich bestimmter ab von Göttern wie von Helden. Die Namen dieser
Wesen find Wichte, Elbe oder Elben, und es giebt weiße,
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72
Zauberei und
Weissagung.
Leben, wie auf der Erde, nur daß alles viel schöner und herrlicher
erscheint, alles ist aus Gold gemacht, wenn es gleich den blöden
Augen der Sterblichen nicht darnach aussieht. An der Spitze der
in solchen Bergen wohnenden Helden stehen die alten Fürsten und
Könige wie z. B. Siegfried und Dietrich von Bern und aus spä-
terer, christlicher Zeit Karl der Große, Otto der Große und Fried-
rich Barbarossa. Fast alle, denen es vergönnt war, die alten Kaiser
zu schauen, fanden sie schlafend. Mitunter erwacht der Kaiser und
fragt den Eintretenden, ob die Raben noch um den Berg flögen?
Auf die Bejahung der Frage erwiedert er: So muß ich hundert
Jahre länger schlafen. Auch Sagen von Frauen und Jungfrauen,
die in Berge verwünscht sind, werden fast auf allen deutschen Ber-
gen, die eine Burg tragen, erzählt. Diese verwünschten Frauen
und Jungfrauen sind schneeweiß gekleidet und tragen in der Hand
oder am Gürtel ein Bund Schlüssel, oft auch einen Strauß weißer
oder blauer Blumen. Sie erscheinen am liebsten Schäfern und Hir-
tenknaben, die ihre Heerden in der Nähe der Burgen weiden. Mit
wem sie zusammentreffen, den beschenken sie mit scheinbar werthlosen
Dingen, die sich bei näherem Zusehen in Gold verwandeln. Alle
Verwünschten sehnen sich nach Erlösung. Mit dem in die Berghöhle
entrückten Helden ist meistens ein ungeheurer Hort (Schatz) versenkt,
den Schlangen, Drachen oder abscheuliche Hunde hüten. Eine Blume,
die Springwurzel oder die Wünschelruthe bringt in den Besitz des
Schatzes, sie sprengt die Wände der Berge, sie ist der Schlüssel
zum Schatz.
Aus den heiligsten Geschäften, Gottesdienst und Dichtkunst,
muß der Ursprung der Zauberei hergeleitet werden. Priester und
Dichter, Vertraute der Götter und göttlicher Eingebung theilhaft,
grenzen an Weissager und Zauberer. Neben dem Götterkultus stand
finstere Zauberei. Der Zauber wurde im Alterthum von Männern
wie von Frauen geübt, jedoch vorzugsweise den letzteren zugeschrie-
den. Daher kam es, daß die Hexerei d. i. die alte Zauberkunst
meist von Frauen getrieben wurde. Der Zauberer hat das Vermö-
gen sich unsichtbar zu machen oder in Thiergestalten zu schlüpfen.
Zauberer verwandeln sich in Wölfe, Zauberinnen in Katzen; die letz-
teren nehmen auch Vogelgestalt an, gewöhnlich die der Gans d. i.
des Schwans.
Von jeher hat der Mensch den Schleier zu lüften gesucht, den
Zeit und Raum über seine wichtigsten Angelegenheiten geworfen
haben. Durch Anwendung geheimer Mittel glaubt er Auskunft zu
erlangen. Erlaubte und unerlaubte Weissagungen waren von
jeher ein Geschäft des Priesters und des Zauberers. Die priesterliche,
heilige Weissagung scheint, wie der Priesterstand selbst, in gewissen
Geschlechtern fortgeerbt worden zu sein. Auch konnte jemand die
Gabe der Weissagung dadurch erlangen, daß er dem, welcher sie
besaß, auf den rechten Fuß trat und über die linke Schulter schaute.
Auch die Glückskinder, die mit der Glückshaube, mit einer Haut
um den Kopf, geboren waren, sahen Geister. Zur Erforschung des
Geschehenen dienten in den Gerichtsverhandlungen die Gottesurtheile,
bei denen der Angeschuldigte selbst den Ritus vornehmen mußte.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Siegfried Siegfried Karl_der_Große Karl Otto Barbarossa Barbarossa
2v4
(1178 — 1241) genannt, enthält die Erzählung der Göttersagen
der älteren Edda und Erklärungen der Bilder und Versarten der
heidnischen Dichtersprache. Nach der Mythologie der Skandinavier
giebt es mehrere in bestimmten Zeiträumen sich wiederholende Welt-
schöpfungen, bei denen jedes Mal die frühere Welt zu Grunde geht.
Die Asen oder zwölf Hauptgötter, an deren Spitze Odin steht,
sind von einem fernen Lande in Skandinavien eingewandert, ha-
den die frühere Welt zerstört, die Götter und Riesen derselben an
das äußerste Ende der Welt vertrieben und die Erde oder Mann-
heim d. i. die Heimath der Menschen zum Wohnsitze der Men-
schen eingerichtet. Die Burg der Götter, Asgard, liegt in der
Mitte der Welt. Dort ist auch Odin's Palast, Walhalla, wo
er die im Kampfe gefallenen Helden um sich versammelt, während
diejenigen Freien, welche eines natürlichen Todes sterben, und böse
Menschen in dem kalten, von dem Höllenstrom umflossenen Hel-
heim ein trauriges Schattenleben führen, die Frauen aber zu der
Göttin Freia, die Sklaven zum Gott Thor kommen. Die Helden
setzen in Walhalla ihr kriegerisches Leben fort, und während sie
schmausen und zechen, singt ihnen Bragi, der Skalde der Götter,
von den Heldenthaten der Vorzeit. Man gab dem gefallenen Hel-
den außer seiner Rüstung auch noch allerhand Kostbarkeiten mit
auf den Scheiterhaufen, damit sein Einzug in Walhalla desto glän-
zender und sein Leben dort geehrt und herrlich sei. Einst kömmt
für Odin's Welt die Stunde des Untergangs. Außerhalb der ei-
gentlichen Götter- und Menschenwelt liegt im äußersten Süden, mit
eigenen Göttern und Dämonen bevölkert, eine Feuerwelt, Mus-
pelheim. Von hier geht die Zerstörung am Ende der Zeiten aus.
Nach gräulichen Vorzeichen, nachdem entsetzliche Dämonen, die bis
dahin von den Göttern gefesselt gehalten worden sind, sich befreit
haben, entspinnt sich ein Kampf zwischen den Dämonen der Feuer-
welt und ihrem Gefolge von Riesen, Kobolden, Unthieren aller
Art und den himmlischen Göttern; alle fallen im Kampfe, und zu-
letzt verschlingt die unaufhaltsam hervorbrechende Flamme alles, was
vorhanden ist. Aber die Welt wird wieder geboren. Aus dem
Meere hebt sich eine schöne, grüne Erde, auf welcher Korn wächst,
ohne daß es gcsäet worden ist. Ein Mann und eine Frau, Lif
und Lifthrasir (Leben und Lebenswärme) haben sich aus den Flam-
men gerettet, und von ihnen stammt die neue Bevölkerung der
Erde. Auch die Asen werden wieder geboren. Und so wohnen
Götter und Menschen wieder zusammen. Gebannt ist aus der Welt
das Uebel, gebrochen die Macht des Bösen.
Kr^erischcr Krieg, Jagd und Waffenübung, Trinkgelage und das Anhören
Skandinavier, der Erzählungen von früheren Heldenthaten waren die Beschäfti-
gungen der nordischen Helden. Nur Sklaven betrieben Ackerbau
und Viehzucht. Die Heldensagen hatten einen düsteren Charakter;
sie hatten nicht bloß Kampf und Sieg, sondern meistens auch die
Schuld und den schrecklichen Untergang gepriesener Helden zum In-
halt. Der Werth des Lebens ward gering angeschlagen; mehr noch
als Tapferkeit wurde kalte Todesverachtung geehrt. Die Tapferkeit
steigerte sich zuweilen bis zur Raserei, und ohne Waffen und Klei-
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land]]
455
den sich wo nicht völlig gleiche, doch ähnliche Einrichtungen. Die
Tüchtigkeit eines jeden zu seinem Geschäft, seine Meisterschaft, wurde
nur durch eine bestimmte Art von Erlernung und Bildung für mög-
lich gehalten, die nach einer vorgeschriebenen Abstufung geregelt
war, und auch das Ritterthum hatte eine solche. Auf den Kreuz-
züzen, wo sich Kämpfer aus allen Ländern Europa's zusammen-
fanden, wo sie Gefahren und Schlachten bestanden, durch das Ziel
des Krieges und durch das Vorbild der geistlichen Ritterorden bil-
dete sich der Gedanke einer höheren Ordnung und Verbindung der-
jenigen, welche das Waffenhandwerk kunstmäßig üben und den Vor-
schriften der Religion und der Kirche, der Ehre und der Lehng-
treue genügen wollten. Um sich der Aufnahme in die große Rit-
terverbindung fähig zu machen, wurde der Sohn des ritterbürtigen
Mannes schon als Knabe (Page, Bube) an den Hof eines an-
deren Ritters, gewöhnlich des Lehnsherrn, geschickt, um neben an-
gemessenen Leibesübungen im Dienst der edlen Frauen Anstand und
feine Sitte zu lernen. War er, in einem Alter von 15 bis 18
Jahren, hinlänglich erstarkt, so wurde er zur Wehrhaftmachung von
den Eltern zum Altar geführt und vom Priester mit dem einge-
segneten Schwerte umgürtet. Nun hieß er Knappe oder Jun-
ker, war der Waffenträger seines Herrn, sorgte für die Pferde,
die Waffen, die Tafel und begleitete seinen Herrn auf dessen Zü-
gen. Hatte sich der Knappe durch Tapferkeit, Frömmigkeit, ehrer-
bietigen Anstand gegen die Frauen hinlänglich bewährt, so wurde er
zum Ritter geschlagen. Diese Aufnahme in den Ritterstand ge-
schah mit großer Feierlichkeit in der Kirche oder bei großen Hof-
festen, in einer glänzenden Versammlung von Fürsten, Edelfrauen
und Geistlichen. Gewöhnlich fastete der Aufzunehmende Tages zu-
vor, brachte die Nacht in der Kirche in Andacht und unter Gebet
zu und nahm am folgenden Morgen ein Bad. Nachdem er dann
gelobt hatte, den Pflichten eines Ritters treu, das Schwert zum
Schutz der Kirche, der Frauen, der Bedrängten zu führen, erhielt
er von einem berühmten Ritter, oft von Königen und Fürsten, ei-
nen oder drei Schläge mit dem flachen Schwert auf den Nacken,
gewöhnlich mit den Worten: Im Namen Gottes, des heiligen Mi-
chael und des heiligen Georg mache ich dich zum Ritter. Ein
Schmaus und andere Festlichkeiten beschlossen die Feier. Oft wurde
der Ritterschlag nach einer gewonnenen Schlacht unmittelbar auf
der Walstatt einer Anzahl von tapferen Jünglingen ertheilt.
Ein Hauptmittel zur Erhaltung des ritterlichen Sinnes waren
die im 11. Jahrhundert entstehenden Turniere. Sie wurden ge-
wöhnlich zur Ehre eines festlichen Tages veranstaltet, und bei ihnen
fanden sich aus der Nähe und Ferne viele tapfere Ritter ein. Diese
waren geschmückt mit Sarpmet, Seide, Gold und feinem Pelzwcrk,
aber beim Kampfspiel trugen sie eiserne Rüstungen und auch die
Pferde waren mit glänzendem Eisenblech bedeckt. Jeder Ritter
mußte bei den Kampfrichtern seine Turnierfähigkeit erweisen. Der
Kampfplatz war mit Schranken umgeben; auf Balkönen und Ge-
rüsten saßen die Damen und vornehmen Zuschauer; rings umher
stand das Volk. Unter kriegerischer Musik ritten die Ritter paar-
weis in die Schranken. Ein Herold rief die Paare auf, wenn
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
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zu einer bestimmten Zeit des Jahres kamen Abgeordnete aller Gaue
oder Völkerschaften zu gemeinschaftlichen Berathungen zusammen,
wahrscheinlich nur um in Betreff der Kriegsaugelegenheiten Beschlüsse
zu fassen. Es bestand eine demokratische Verfassung mit gewählten
Fürsten an der Spitze. Jede Völkerschaft zerfiel in Edle, Freie
und Lassen oder Halbfreie. Je einfacher und freier diese Einrich-
tungen waren, um so größer mußte das Widerstreben der Sachsen
sein, sich durch Unterwerfung unter den fränkischen König in eine
Staatseinrichtung zu fügen, welche ihnen nicht nur ihren vaterlän-
dischen Götterdienst, sondern auch einen großen Theil der Freiheit
raubte.
Mit einem wohlgerüsteten Heere eroberte Karl im Frühjahr
772 einen großen Theil des Berglandes an der Weser und die
Eres bürg, einen heiligen, mit Mauern und Wällen umgebenen
Göttersitz. (Der Kriegsgott Zio, der bei den Sachsen Eor hieß,
wurde hier verehrt.) Dann zerstörte er ein anderes gleichfalls an
einem umfriedeten, befestigten Ort gelegenes Nationalheiligthum, die
Jrminsul, oder die allgemeine, alles tragende Säule. Sie war
ein Symbol des ungeheuren Weltbaumes, welcher Himmel, Erde
und Hölle verbindet, und dessen Aeste durch die ganze Welt treiben
und über den Himmel hinausreichen. Beim weiteren Vorrücken
nöthigte Karl die Sachsen um Frieden zu bitten und als Bürg-
schaft desselben zwölf Geiseln zu geben. In Eresburg wurde an
der Stelle des heidnischen Heiligthums eine christliche Kirche erbaut
und dem Apostel Petrus geweiht. Auch wurden hier und an an-
deren Orten Geistliche zur Bekehrung der Sachsen zurückgelassen.
Denn jedes neue Glied, welches dem fränkischen Reichskörper ange-
fügt wurde, mußte sich auch von dem kirchlichen Geiste durchdrin-
gen lassen, welcher das Ganze beseelte. Der zu große Eifer der
Missionäre schadete aber und bewog die Sachsen sich zur Verthei-
digung ihrer Götter und ihrer Freiheit sowohl unter einander, als
auch mit den benachbarten, ebenfalls noch nicht ganz bekehrten Friesen
enger zu verbinden und den Kampf bald wieder zu beginnen.
Unterwerfung- Im folgenden Jahre (773) unternahm Karl einen Zug ge-
dischcnrcichs^ gen die Longobarden nach Italien. Karl war mit Desiderata,
der Tochter des Longobardenkönigs Desiderius, vermählt ge-
wesen, hatte sie aber schon nach einem Jahre 771 ihrem Vater zu-
rückgeschickt. Später (772) hatte Desiderius (756—774), Aistulfs
Nachfolger, Karlmanns Wittwe und Söhne bei sich aufgenommen
und verlangte vom Papste Hadrian I., er solle die Söhne
Karlmanns zu Königen der Franken salben. Der Papst verweigerte
aber dieses Ansinnen um so mehr, da Desiderius zu gleicher Zeit
die römischen Landschaften verwüstete und die Städte wegnahm. Er
forderte nämlich Entschädigung für die Dienste, welche er dem Vor-
gänger Hadrian's einst geleistet hatte, indem er ihn mit Heeres-
macht gegen eine ihm feindliche Partei der Römer auf seinem Stuhle
befestigt hatte. Auf den Hülferuf des Papstes beschloß Karl den
Zug nach Italien. In zwei Heereszügen brachen die Franken 773
in Italien ein. Die Longobarden wagten keine Feldschlacht, son-
dern zogen sich in ihre Hauptstadt Pavia zurück. Sieben Monate
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Apostel Petrus Karl Karl Karl Karlmanns Karlmanns Karlmanns Karl Karl
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vermerkt in die Stellen der alten Freien ein. Sie behielten, im
Gegensatz zu den Bauern, das volle Waffenrecht, dessen Abzeichen
der Kriegsgürtel (unguium militare} war, und wurden dadurch zu
einem scharf unterschiedenen Ehrenstand. Der Zutritt zu demselben
stand anfangs jedem Manne freier Abkunft offen, der sich der krie-
gerischen Lebensart widmete. Nachdem aber durch die Erblichkeit
der Lehen der höhere Kriegerstand erblich geworden und ritterliche
Geschlechter aufgekommen waren, bildete sich die Ansicht aus, daß
nur derjenige dieses Standes theilhaftig wäre, der nicht bloß selbst
Nittersmann, sondern auch von ritterlichem Geschlechte, also we-
nigstens vom Vater und Großvater her ritterlicher Abkunft wäre.
Söhne aus anderen Ständen, wie gern sie auch die Ritter spielten,
durften den Kriegsgürtel nicht haben, außer mit kaiserlicher Er-
laubniß. So entstand ein neuer Stand, die Ritterbürtigen,
die als solche, auch wenn sie keine Kriegsdienste thaten, vor den ge-
meinen Freien ausgezeichnet waren. Ein nicht ritterbürtiger Freier
konnte zwar noch Kriegsmann werden, aber nur als Knappe oder
Knecht eines Herrn. Doch konnte er von diesem ein Lehn erhal-
ten, und seine Nachkommen durch fortgesetzte kriegerische Lebensart
in den Ritterstand gelangen.
Es bildete sich eine feste Form, nach welcher ein waffenfähiger
Mann zum Ritter gemacht wurde. Der alten Wehrhaftmachung
entsprechend, geschah die Umgürtung mit dem Waffenschmuck
in feierlicher Weise. Selbst der Jüngling edelster Abkunft mußte
eine gewisse Probezeit als Knappe oder Knecht bestehen, nach
deren Ablauf er mit den ritterlichen Waffen umgürtet und durch
den Ritterschlag in den Ritterstand aufgenommen wurde. Vor-
her mußte er geloben, sich der Ehre des Standes durch Treue, ehr-
bare Sitten, Muth und Hingebung an höhere Lebenszwecke würdig
zu erweisen. Der Ritterstand gestaltete sich zu einer allgemeinen
Genossenschaft, in welcher die edelsten Keime des germanischen Cha-
rakters, Ehre, Treue, Tapferkeit, Religion, Aufopferung sich zur
schönsten Blüthe entwickelten. Aber nicht alle zur Ritterwürde be-
fähigten, wenn sie auch wirkliche Kriegsleute waren, suchten den
Rittergrad nach, sondern viele blieben ihr Leben lang Knappen.
Auch waren diese Grade etwas rein Persönliches und standen mit
einem Lehen in keiner nothwendigen Beziehung. Es konnte Ritter
geben, die keine Lehen hatten, und umgekehrt konnten auch Knap-
pen Lehen und Aemter erwerben. Daher bestand unter den Vasal-
len der Unterschied zwischen Rittern und Knappen.
Schon zur Zeit der Karolinger bildeten sich die Senioren
Kriegerschaaren aus Unfreien, welche geehrt und mit Lehen ausge-
stattet wurden und zu Pferde den Herrn begleiteten (S. 176). Die
Nothwendigkeit, in den stürmischen Zeiten eine zuverlässige Umge-
bung zu haben, das Bedürfniß einer geübten berittenen Kriegs-
mannschaft für den Reichsdienst, endlich die mit der wachsenden
Fürstenmacht hervortretende Unentbehrlichkeit einer zahlreichen und
an feineres Benehmen gewöhnten Dienerschaft führten auf die festere
Ausbildung dieser Einrichtung hin. Die Bischöfe und Aebte son-
derten von ihren Unfreien, da diese durch Treue und Dankbarkeit
Die
Ministerin
len.
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395
Schritt zurückwich. Die Zeit vom Herbst bis zum Frühling des
Jahres (1192) brachte Richard mit der Herstellung der Festungs-
werke von Joppe und Askalon zu, und das wirkte nachtheilig auf
den Enthusiasmus vieler Kreuzfahrer. Richard selbst kämpfte in
den Gefechten mit tollkühner Tapferkeit; mehr als einmal wandten
sich die türkischen Reiter bei seinem Anblick unter dem Geschrei:
„König Richard kömmt!" zu schleuniger Flucht: aber als Feldherr
war er Saladin nicht gewachsen, und Mangel an Lebensmitteln,
die sich vermindernde Zahl tüchtiger Krieger und Zwistigkeiten mit
den Franzosen bewirkten, daß die Eroberung Jerusalem's nicht er-
reicht wurde. Denn als sich Richard endlich (im Juni 1192) der
heiligen Stadt bis auf einige Meilen näherte, erklärten die Fran-
zosen die Eroberung von Jerusalem für unmöglich, und Richard
mußte den Rückzug antreten. Dieser wollte die schutzlosen Christen
und die heiligen Orte von Palästina nicht dadurch, daß er sie vor
Beendigung des Krieges verließ, der Willkür der Ungläubigen preis-
geben und knüpfte deshalb Unterhandlungen mit Saladin an. Wäh-
rend derselben setzte er aber den Krieg fort. Auf die Nachricht,
Saladiu bedränge Joppe, ging er sogleich dorthin unter Segel und
trieb die Türken im ersten Anlauf aus der bereits eroberten Stadt.
Als er darauf mit höchstens 1000 Mann und elf Pferden bei Joppe
lag, wurde er plötzlich von einem mehr als zehnfach überlegenen
Heere angegriffen, in welchem sich allein 7000 Manu Reiterei be-
fanden. Richard ließ die Ritter dicht zusammentreten, auf das Knie
fallen, die Schilder vorstellen und die Lanzen schräg gegen den
Boden stemmen. Hinter den Rittern standen die Armbrustschützen.
Sechsmal rückten die Türken gegen die festgeschlossene Schaar vor
und sechsmal wurden sie zurückgetrieben. Richard selbst mit seinen
zehn Rittern sprengte mitten unter die Feinde, alles vor sich nieder-
werfend. Einem Feinde hieb er mit einem Schlage seines Schwer-
tes, trotz der Rüstung, Kopf, Schulter und Arm herunter. Mitten
im wüthendsten Kämpfen meldete ihm ein Bote, die Türken seien in
die Stadt gedrungen. Richard gebot ihm Schweigen und sppengte
mit seinem Bannerträger und fünf Rittern durch das Thor, rannte
in der ersten Straße drei Türken nieder und verbreitete einen sol-
chen Schrecken, daß alle vor ihm flohen. So reinigte er die Stadt
von den Feinden und behauptete das Schlachtfeld.
Bald nach diesem Treffen kam ein dreijähriger Waffen-
stillstand mit Saladin zu Stande. Die Christen behielten alle
Küstenstädte von Tyrus bis Joppe, und die Pilger durften unge-
hindert zum heiligen Grabe wallfahrten. Guido von Lusignan
erhielt Cypern als englisches Lehen, und zum König des christlichen
Reiches wurde Graf Heinrich von Champagne gewählt. Im
Oetober 1192 segelte Richard Löwenherz nach Europa zurück.
Im März 1193 starb auch der treffliche Saladin.
Große Schaaren von Kreuzfahrern zogen 1197 aus Deutsch-
land nach Palästina; sie kehrten jedoch bald wieder zurück, ohne
etwas Bedeutendes ausgeführt zu haben. Auf Betreiben des Pap-
stes Jnnoeenz 111. verbanden sich der Markgraf Bonifacius von
Montserrat, der Graf Balduin von Flandern und mehrere
Der Kreuzzug
gegen Eon-
stanlinopel.
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Extrahierte Personennamen: Richard Richard Palästina Richard Guido_von_Lusignan Heinrich_von_Champagne Heinrich Richard_Löwenherz Bonifacius_von
Montserrat Balduin_von_Flandern